Universität Leipzig Historisches Seminar Hauptseminar: Der Dreißigjährige Krieg – Konfessionalität, Gesellschaft und europäisches Staatensystem im 17. Jahrhundert Wintersemester 04/05 Breitenfeld 1631 Eine Schlacht mit weitreichenden Folgen Lehramt Gymnasium Geschichte – Latein 5. Fachsemester Inhaltsverzeichnis I. Einleitung ............................................................................................................. 3 II. Der Weg zur Schlacht von Breitenfeld .............................................................. 4 III. Die Schlacht beginnt ............................................................................................ 8 IV. Breitenfeld und seine Folgen 1. Die Schlacht eröffnet neue Optionen .............................................................. 10 2. Die Bündnispolitik erfährt einen Wandel ....................................................... 11 3. Die französische Diplomatie liegt am Boden ................................................. 14 4. Die Wirkungskraft von Breitenfeld erlischt .................................................... 15 V. Abschließende Beurteilung ................................................................................. 16 VI. Quellen- und Literaturverzeichnis .................................................................... 17 2 I. Einleitung Der Dreißigjährige Krieg, der als eine ständisch-religiöse Auseinandersetzung in Böhmen begann, wütete seit 1618 im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. In der ersten Phase, dem Böhmisch-Pfälzischen Krieg (1618-1623), gelang es den katholischen Ligatruppen die Aufständischen nach der Schlacht am Weißen Berg vom 8. November 1620 niederzuringen und Kaiser Ferdinand II. die Rekatholisierung Böhmens zu ermöglichen. Nach diesen Ereignissen marschierten die Ligatruppen nach Norden, um sich in den evangelischen Gebieten zu verpflegen, wo sich ihnen 1625 der Dänenkönig Christian IV. als Oberster des Niedersächsischen Reichskreises entgegenstellte und die zweite Phase, den NiedersächsischDänischen Krieg (1625-1629), einleitete. Doch auch dieser Gegner konnte 1626 in der Schlacht bei Lutter am Barenberge von ligistischen Truppen geschlagen werden, woraufhin der Heerführer Albrecht von Wallenstein, den der Kaiser mit der Aufstellung eines Söldnerheeres beauftragt hatte, zusammen mit dem Ligaheer den norddeutschen Raum unterwerfen und den Dänenkönig zum Frieden von Lübeck vom 22. Mai 1629 zwingen konnte, in dem dieser auf jede weitere Einmischung verzichtete. Damit hatte die kaiserliche Macht eine enorme Ausweitung erhalten und Kaiser Ferdinand II. war in der Lage im gesamtdeutschen Raum die Rekatholisierung durch das Restitutionsedikt voranzutreiben und somit den Protestantismus in große Gefahr zu bringen. Diese enorm gewachsene Machtstellung des Kaisers rief Schweden auf den Plan, das seine Hegemoniebestrebungen und Handelsinteressen im Ostseeraum gefährdet sah. Mit seinem Eingreifen leitete es die dritte Phase des Krieges, den Schwedischen Krieg (1630-1635), ein. Ein entscheidendes, vielleicht sogar das entscheidende Moment dieser Kriegsphase herauszugreifen und näher zu beleuchten, soll nun Aufgabe dieser Arbeit sein. Es handelt sich dabei um die Schlacht von Breitenfeld am 17. September 1631, einer Schlacht, die zu den größten und blutigsten Kämpfen des ganzen Krieges zählt. Geoffrey Parker bezeichnet Breitenfeld als „den ersten großen Sieg der Protestanten auf dem Schlachtfeld seit Beginn des Krieges“ und stellt sich die Frage: „Wie konnte er genutzt werden?“1 Mit dieser Frage und mit den weiteren Folgen der Schlacht wird sich das Hauptkapitel der Arbeit beschäftigen. Dabei wird auf ihre Bedeutung für das weitere Kriegsgeschehen und auf ihre Auswirkungen auf die schwedische Bündnispolitik und auf die französische Deutschlandpolitik näher eingegangen. Zunächst aber werden die Stationen, die zu der Auseinandersetzung geführt haben, dargestellt und ein kurzer Überblick über die Kamphandlungen selbst gegeben. 1 Parker, Geoffrey, Der Dreißigjährige Krieg, Frankfurt am Main/New York 1991, S. 206. 3 II. Der Weg zur Schlacht von Breitenfeld Zu der Zeit, als die kaiserlichen und ligistischen Heere den Norden Deutschlands unterwarfen, war es Schweden nicht möglich einzugreifen, da seine Kräfte noch im schwedisch-polnischen Krieg (1621-1629) gebunden waren. Erst nach dem von Frankreich 1629 ausgehandelten Waffenstillstand von Altmark zwischen Schweden und Polen war der schwedische König Gustav II. Adolf in der Lage, gegen die kaiserlichen Truppen vorzugehen und landete am 6. Juli 1630 mit seinen Truppen auf Usedom.2 Zu diesem Schritt veranlassten den lutherischen Gustav Adolf neben den Gefahren für die schwedischen Hegemoniebestrebungen und Handelsinteressen im Ostseeraum, neben der Unterstützung für Polen durch den Kaiser im schwedisch-polnischen Krieg3 auch die religiöse Seite. So trat er als Retter des Protestantismus auf und ließ durch eigene Publizisten verbreiten, dass er gekommen sei, um das kaiserliche Restitutionsedikt zu bekämpfen und den inneren Frieden und die innere Ordnung, also die ständische Libertät, auf der Grundlage von 1555 wiederherzustellen. Als Gustav Adolf an der deutschen Küste landete, konnte er nur Stralsund zu seinen Verbündeten im Reich zählen und verfügte lediglich über ein Expeditionsheer von ca. 16.000 Mann. Es gelang ihm zunächst große Teile Pommerns unter Kontrolle zu bringen und mit der Einnahme Stettins den Herzog von Pommern, Bogislaw XIV., zu einem Bündnis zu bewegen. Aber in den nächsten Monaten konnte er nur die für sich gewinnen, die vertrieben worden waren, wie die Herzöge von Mecklenburg und von Sachsen-Weimar oder die unmittelbar vom Kaiser bedroht waren, wie der Landgraf von Hessen-Kassel oder die Stadt Magdeburg. Außerdem ging der Truppen- und Materialnachschub von der Heimat nur sehr schleppend voran. Erst mit dem Vertrag von Bärwalde am 23. Januar 1631 zwischen Schweden und Frankreich wurde Gustav Adolf in die Lage versetzt, in Deutschland weiter vorzugehen. Der französische Kardinal Richelieu sicherte Subsidien in der Höhe von 400.000 Reichstalern zu. Schweden verpflichtete sich im Gegenzug ein Heer von 36.000 Mann aufzustellen, den Katholiken Glaubensfreiheit zu gewähren und die Gebiete der Ligamitglieder als neutral zu behandeln, solange sie sich nicht feindselig zeigen würden. 2 Trotz der neuen Bedrohung wurde Wallenstein im Oktober 1630 auf Betreiben der Reichsfürsten abgesetzt. Drei Viertel seines Heeres wurde entlassen, der Rest mit dem Ligaheer Tillys vereint. 3 Gustav Adolf gibt dies als einen der Gründe in seiner Deduktion vom Juni 1630 an: „... eine grosse Armee/vnder dem Commando des Hertzogen von Holstein der Cron Polen zu Hülff in Preussen außgefertiget/ vnd zwar nicht vnder jhrem oder der Cron Polen/ sondern vnder der Roemischen Keyserlichen Mayestat FahnenZeichen“ (zit. n. Abelin, Johann Philipp u.a. (Hrsg.), Theatrum Europaeum oder außführliche und wahrhafftige Beschreibung aller und jeder denckwürdigen Geschichten, so sich hin und wider in der Welt, fürnämlich aber in Europa und teutschen Landen sowohl im Religions- als im Prophanwesen von Anno Christi 1629. biß auf das Jahr 1633. zugetragen haben, Frankfurt am Main 1646, S. 230). 4 Es gelang Schweden aber noch immer nicht weitere Verbündete im Reich zu werben, da die meisten protestantischen Reichsstände es nicht für ihren Retter hielten, sondern sein Eingreifen und seine Ausbreitung verhindern wollten. So einigten sich die beiden wichtigsten protestantischen Reichsstände Sachsen und Brandenburg darauf einen Leipziger Konvent einzuberufen und verhandelten dort vom Februar bis zum April 1631 zusammen mit ca. 160 protestantischen Fürsten und Städten über die Schaffung einer dritten neutralen bewaffneten Kraft. Der Gedanke war, ein Heer von 40.000 Mann aufzustellen, das die evangelischen Interessen im Reich verteidigen sollte. Dieser Versuch richtete sich aber nicht ausschließlich gegen Schweden, sondern es war auch eine deutliche Warnung an Ferdinand II. und seine Verbündeten, dass die Protestanten eine weitere militärische Unterdrückung und Rekatholisierung nicht hinnehmen würden, wie die Forderung nach Aufgabe des Restitutionsedikts deutlich zeigte. „Im Grunde ist ihre Schwedenpolitik in unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer Reichspolitik zu sehen: Beide waren darauf gerichtet, die Unversehrtheit und die Verfassung des Reiches im allgemeinen und die Rechte und Freiheiten der protestantischen Länder im besonderen zu wahren“.4 Trotz der Absage und des Verbots Kaiser Ferdinands II., sich zu bewaffnen, unterzeichneten die protestantischen Fürsten Mitte April das Leipziger Manifest, mit dem der Leipziger Bund ins Leben gerufen wurde. Jedoch wurden die neu formierten Truppen nicht unter einen einheitlichen Oberbefehl gestellt, womit die gewünschte Machtstellung nicht erreicht werden konnte. Das katholische Gegenstück, welches ebenso eine dritte neutrale Macht schaffen und eine Ausweitung des Krieges verhindern wollte, war das Geheimabkommen von Fontainebleau zwischen Frankreich und Bayern vom 8. Mai 1631. Der bayrische Kurfürst Maximilian sah seine Interessen und die Reichsverfassung durch die schwedische Bedrohung in Gefahr, besonders nach dem Vertrag von Bärwalde. Sie sicherten sich gegenseitige Hilfe im Falle eines Angriffes zu und es wurde bestimmt, dass sie weder einander angreifen noch gegnerische Mächte des Partners unterstützen. Weiterhin akzeptierte Frankreich die Erblichkeit der Kurwürde und die verfassungsmäßigen Pflichten Maximilians gegenüber Kaiser und Reich. Angesichts dieser Situation war es Gustav Adolf nur möglich, die protestantischen Landesherren in Bündnisse zu zwingen. So fiel er im April in Brandenburg ein und eroberte Küstrin und Frankfurt/Oder. Aber erst die Eroberung und Zerstörung Magdeburgs durch das Ligaheer unter Generalleutnant Johann Tserclaes Graf von Tilly und Gottfried Heinrich Graf zu Pappenheim war das ausschlaggebende Moment für ein Bündnis zwischen Schweden und 4 Parker, Dreißigjährige Krieg, S. 193. 5 Brandenburg. Magdeburg hatte sich unter seinem Administrator, dem Markgrafen Christian Wilhelm, einem Onkel des Kurfürsten von Brandenburg, der Rekatholizierung widersetzt und war zu einem Vorposten des Protestantismus geworden. Als der Schwedenkönig auf deutschen Boden übersetzte, nutzte der inzwischen abgesetzte Christian Wilhelm die Gelegenheit und ging am 11. August 1630 ein Bündnis mit Gustav Adolf ein. Es gelang ihm, die Bevölkerung zum Sturz des Rates zu bewegen und wieder die Führung zu übernehmen. Gustav Adolf hoffte durch das Bündnis mit dem seit 1629 von Kaiserlichen sporadisch blockierten Madgeburg, dem er ein unumschränktes Hilfsversprechen zusagte, das aber anhand der militärischen Situation und schlechten Bündnislage äußerst schwierig zu erfüllen war, den Startschuss für eine allgemeine Erhebung in Deutschland zu geben. Schließlich entschied sich Tilly Anfang April 1631 für eine ernsthafte Belagerung Magdeburgs und im Mai begann er die Stadt, in der eine große Menge an Vorräten vermutet wurden, zu erstürmen, um seine Truppen, die sich in einem sehr schlechten Zustand befanden, zu versorgen. Gustav Adolf befand sich zu dieser Zeit noch in Brandenburg und ersuchte Sachsen und Brandenburg um Durchmarscherlaubnis, um deren Neutralität nicht zu verletzen.5 Daher konnten die schwedischen Truppen den Sturmangriff auf die Stadt, den Pappenheim eigenmächtig am 20. Mai 1631 befohlen hatte, nicht verhindern und Magdeburg fiel nach harter Gegenwehr in kaiserliche Hände. Die Stadt wurde geplündert und ging in Flammen auf, wobei ca. 20.000 Menschen umkamen. Dieser Brand und das schreckliche Ausmaß der Eroberung wurden dem katholischen Feldherren Tilly zur Last gelegt.6 Die Kunde von der Zerstörung Magdeburgs durch die Ligatruppen breitete sich wie ein Lauffeuer aus und wurde von den Schweden propagandistisch ausgenutzt. So konnte man den Kurfürsten Georg Wilhelm von Brandenburg, einen Schwager Gustav Adolfs, am 21. Juni 1631 zu einem Bündnis mit Schweden drängen. Es wurde dem schwedischen Kontributionssystem hinzugefügt und musste somit einen Teil der Versorgung der 5 Aus einem Schreiben von Gustav Adolf an Johann Georg wird auch erkenntlich, dass er seine Armee für zu schwach hielt, um es mit Tilly aufzunehmen: „Ich sehe mich jetzt genöthigt, meine Segel bei Zeit einzuziehen und mich nicht weiter vorzuwagen. Denn ehe die Rekruten, welche ich täglich erwarte, angekommen sind, getraue ich mir nicht, mit einem während des ganzen Winters hart angestrengten Heere auf den Feind loszugehen. Es wäre gegen die Regeln des Krieges gehandelt, wollte ich zwischen zwei so unsichern Freunden eine Stellung nehmen, oder die Ströme verlassen auf welchen meine Zufuhr beruht.“ (zit. n. La Roche, Carl du Jarrys, Der Dreißigjährige Krieg vom militärischen Standpunkt aus beleuchtet, 3 Bde., Bd. 2, Schaffhausen 1851, S. 57f.). 6 Es ist unwahrscheinlich, dass Tilly diesen Brand absichtlich gelegt hat, da er aus einem kaiserlich besetzten Magdeburg großen Nutzen hätte ziehen können und auch wollte. Daraus ergeben sich zwei Möglichkeiten: zum einen können die Verteidiger den Brand selbst gelegt haben, um die Stadt dem Gegner nicht unversehrt zu überlassen, und zum anderen können die Brände aus spontanen Brandlegungen während der Straßenkämpfe hervorgegangen sein. „Wer [aber] könnte heute zuverlässig den Gang der Ereignisse vor dem Brand und die Schuldfrage klären, wo doch die verfügbaren Quellen stets den jeweiligen Partei-Standpunkt vertreten?“ (Barudio, Günter, Der Teutsche Krieg 1618-1648, Franfurt am Main 1985, S. 371). 6 schwedischen Truppen übernehmen, sowie alles Kriegsgerät und alle Festungen den Schweden ausliefern. Durch den Brand war die Stadt Magdeburg für Tilly und Pappenheim als Ausgangsbasis und Versorgungsstützpunkt nutzlos geworden. Sie marschierten nun den Schweden entgegen und es kam zu einem ersten Aufeinandertreffen bei Werben (westlich von Havelberg) am 7. August 1631, aus dem Gustav Adolf siegreich hervorging und ihm anschließend die weitgehende Eroberung Mecklenburgs gelang. Nun war die katholische Armee gezwungen gegen Kursachsen zu marschieren, um sich dort zu versorgen und es an einer weiteren Aufrüstung infolge des Leipziger Bundes zu hindern. Tilly fiel am 4. September, nachdem ihn eine Verstärkung aus dem Süden erreicht hatte, in Sachsen ein und plünderte es. Daraufhin verbündete sich Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen mit den Schweden. Die beiden Oberhäupter traten in Verhandlungen und schlossen am 11. September 1631 ein Bündnis, mit dem Sachsen seine Truppen dem schwedischen Heer anschloss, Gustav Adolf für die Zeit der Notlage den Oberbefehl übertrug und sich bereit erklärte, das Gebiet zwischen Oder und Elbe zu kontrollieren. Gustav Adolf verpflichtete sich, seine Truppen von Plünderungen abzuhalten, Sachsen von den Feinden zu säubern und die Kriegshandlungen auf sächsischem Territorium so weit wie möglich zu begrenzen. Damit hatte er nun den gesamten protestantischen Norden durch Bündnisse an sich gebunden und war mit einem Heer von nunmehr ca. 40.000 Soldaten in der Lage, die Entscheidungsschlacht gegen die katholischen Ligatruppen zu suchen. 7 III. Die Schlacht beginnt Tilly nahm am 14. September die Feste Pleißenberg bei Leipzig ein und wollte zunächst auf Verstärkung warten. Doch bereits am 17. September 1631 war er zu einer offene Feldschlacht gegen die vereinigte schwedisch-sächsische Armee bei Breitenfeld nahe Leipzig gezwungen, da Pappenheim mit seinem Truppen bei einem Erkundungsritt auf das schwedische Lager gestoßen war und die Schweden eigenmächtig in heftige Kämpfe verwickelt hatte. Es standen sich 31.000 kaiserliche und 40.000 schwedisch-sächsische Soldaten gegenüber. Tilly bildete ein Treffen und hatte seine Infanterie in üblicher Form von Tercios, die die Anordnung Musketiere-Pikeniere-Musketiere aufwiesen und ca. 1.500 Soldaten umfassten7, im Zentrum positioniert und die Masse seiner Reiter auf die Flügel verteilt. Gustav Adolf ließ ebenso wie Tilly sein Heer in der Aufteilung Kavallerie-Infanterie-Kavallerie Stellung beziehen und die sächsischen Truppen positionierte er am linken Flügel. Im Gegensatz zu Tilly bildete er zwei Treffen – ein starkes vorn, ein schwächeres dahinter – und ließ die Kavallerie mit kleineren Musketierabteilungen untersetzen. Für die Aufstellung seiner Infanterie nutzte Gustav Adolf eine neue taktische Ordnung, die von Moritz von Nassau nach 1590 in der holländischen Armee entwickelt und von ihm selbst weiterentwickelt worden war. Die Infanterie positionierte sich in Form von schwedischen Brigaden, in denen 3 Abteilungen von Pikenieren eine Art Pfeilformation bildeten. Die Musketiere bezogen an den Flügel und hinter der vorderen Pikenierabteilung Stellung.8 Zudem verfügte solch eine Einheit über sechs bis neun leichte Feldgeschütze. Die Soldaten standen dabei sechs Mann tief gestaffelt, wodurch sie beweglicher waren als die Kaiserlichen und sich die Schlachtreihe ausdehnte. Die Musketiere hatten hierbei einen solchen Drill erfahren, dass sie gliedweise in Doppelsalven schossen. Das Schlachtgetümmel begann mit einem massiven Reiterangriff Pappenheims auf den rechten schwedischen Flügel, den der schwedische Feldmarschall Johan Banér mit der kombinierten Wirkung von Kavallerie und Musketieren abwehren konnte. Währenddessen unternahm Tilly mit seinem Zentrum und dem rechten Flügel einen heftigen Angriff auf die 7 Über die Tiefenstaffelung und somit die Breitenausdehnung von Tillys Tercios gibt es unterschiedliche Darstellungen. So differieren die Angaben über die Tiefenstaffelung zwischen 10 und 30 Mann. 8 Nach Lord Rea wird diese Brigadestellung als halbe Brigade bezeichnet und eine ausführlichere Darstellung findet sich bei Heilmann, Johann, Das Kriegswesen der Kaiserlichen und Schweden zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges mit besonderer Rücksichtnahme auf Aufbringung, Ergänzung, Unterhalt und Kriegszucht der Truppen, nebst den Schlachten bei Breitenfeld und Lützen, Leipzig/Meißen 1850, S. 23-28, sowie bei de LaRoche, Carl DuJarrys, Der Dreißigjährige Krieg vom militärischen Standpunkt aus beleuchtet, 3 Bde., Bd. 3, Schaffhausen 1851, S. 480f. 8 im Kampf unerprobten Sachsen. Somit hatte Tilly das schwere schwedische Artilleriefeuer umgangen und den linken schwedischen Flügel unter Gustav Horn überrascht, der den Sachsen nicht rechtzeitig zur Hilfe kommen konnte. Die sächsische Armee hielt dem Ansturm nicht stand und floh. In dieser Notsituation machte Horn mit seinem linken Flügel eine Schwenkung und fiel den angreifenden Truppen in die Flanke, unterstützt von Gustav Adolfs zweitem Treffen aus dem Zentrum, und zersprengte die Gegner. Bis zum Abend gelang es den Schweden, die kaiserlichen Truppen vollends aufzureiben und der verwundete Tilly konnte sich mit Mühe und Not nach Halle retten. Tilly hatte mit 7.600 gefallenen und 9.000 gefangen genommenen oder desertierten Soldaten zwei Drittel seiner Infanterie, die Hälfte der Reiterei, seine gesamte Artillerie und die gesamte Kriegkasse verloren. Er zog sich nach Niedersachsen zurück und Pappenheim nach Westfalen. Das schwedisch-sächsische Heer hatte ca. 5.000 Tote und Verwundete zu beklagen. 9 IV. Breitenfeld und seine Folgen 1. Die Schlacht eröffnet neue Optionen Mit dem Ausgang der Schlacht war Schweden innerhalb eines Tages zur führenden Militärmacht in Europa aufgestiegen und hatte vorerst keine entscheidende Gegenwehr zu befürchten, da das Ligaheer völlig zerschlagen war. „Die in elf Jahren militärischer Anstrengungen und Siege aufgebaute Übermacht des Kaisers und der Katholischen Liga lag in Trümmern, Spanien musste fürchten, in den Sog der Niederlage hineingerissen zu werden, der Abstieg Dänemarks zu militärischer und politischer Zweitklassigkeit war noch einmal schlagend bestätigt worden, Sachsen, Brandenburg und die anderen protestantischen Reichsstände sahen sich einem dominierenden Schutzherren ausgeliefert...“.9 Das unmittelbare Kriegsziel, die Ostsee für Schweden zu sichern, war erfolgreich ausgeführt worden, doch darüber hinaus hatte der König vermutlich keine Pläne gefasst, wie die Tatsache beweist, dass er „nicht einmal über genaue Karten für die Gebiete südlich von Brandenburg oder westliche von Magdeburg“ verfügte.10 Den Schweden standen mehrere Optionen für das weitere Vorgehen offen. Sie konnten die geschlagene Hauptarmee des Gegners verfolgen und vollständig aufreiben, um damit den Nordwesten des Reiches unter schwedische Kontrolle zu bringen. Gustav Adolf entschied sich aber gegen dieses Vorhaben und gab damit dem Gegner die Möglichkeit, ungestört ein neues schlagkräftiges Heer aufzubauen, das die, wie noch auszuführen ist, im Süden agierenden Schweden und die Bundesgenossen in Nord- und Mitteldeutschland bedrohen sollte. Eine zweite Option ergab sich durch den Rat Johann Georgs und des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna, über die Erblande nach Wien zu marschieren, um nach der Kaiserkrone zu streben und einen Diktatfrieden zu erzwingen. So soll der sächsische Kurfürst zu Gustav Adolf gesagt haben, „er wolle treulich raten und helfen, daß S. Majestät die römische Krone aufs Haupt gesetzt werde“11. Aber der Schwedenkönig erkannte die Gefahren, die Oxenstierna und Johann Georg als reine Staatsmänner nicht wahrnahmen. Denn ein Winterfeldzug wäre nur mit großem Aufwand und unter größten Entbehrungen ausführbar gewesen. Erschwerend wäre hinzugekommen, dass man sich mit einem Zug über die 9 Junkelmann, Marcus, Gustav Adolf (1595-1632). Schwedens Aufstieg zur Großmacht, Regensburg 1993, S. 361. 10 Parker, Dreißigjährige Krieg, S. 206. Siehe ebd. auch Anm. 102. 11 Öhquist, Johannes, Das nordische Dreigestirn, Stuttgart 1941, S. 172. 10 Erblande auf dünn besiedeltes und hauptsächlich katholisch geprägtes Gebiet begeben würde. Bisher hatte man sich aber zumeist auf protestantischem Boden bewegt, wo man mit Unterstützung, wie Kontributionen und Söldnern rechnen konnte. In den neuen Gebieten würden sich dagegen Nachschubprobleme ergeben und Kontributionen müssten gewaltsam eingezogen werden, wodurch es zu einer enormen Verlangsamung des gesamten Feldzuges käme. Weiterhin könnte eine Ausdünnung des Heeres nicht verhindert werden, da auf dem Marsch ständig Schlüsselpositionen, wie Festungen und Pässe, besetzt werden müssten, womit die Gefahr bestände, dass man schließlich mit keiner ausreichend großen Truppe vor Wien stehen würde, wenn man überhaupt soweit käme. Ebenso wäre der Norden größtenteils sich selbst überlassen gewesen und Johann Georg von Sachsen, der in der Vergangenheit schon öfters auf kaiserlicher Seite gestanden hat, war mit seinem unerfahrenen Heer kein zuverlässiger Bündnispartner. Gustav Adolf entschied schließlich mit dem Kriegsrat, dass die sächsischen Truppen in Böhmen einfallen und Prag besetzen sollten. Dies gelang dem sächsischen Befehlshaber Hans Georg von Arnim am 15. November. Die schwedischen Truppen hingegen marschierten nach Südwesten in Richtung der katholisch-geistlichen Gebiete entlang der so genannten „Pfaffengasse“, um dort günstige Winterquartiere zu beziehen. Hier hoffte Gustav Adolf zum einen auf neue Verbündete und mit der Einnahme der geistlichen Fürstentümer auf hohe Kontributionen, die wichtig waren für den Truppenaufbau. Mit ausreichend Truppen im Rücken, die in Nord- und Mitteldeutschland stationiert waren, wandte er sich mit seiner Hauptarmee gen Thüringen und zog im Oktober in Erfurt ein. Mitte Oktober nahm er Würzburg, danach Frankfurt am Main, Oppenheim und schließlich am 22. Dezember Mainz, die Residenz des Reichserzkanzlers. Inzwischen war Tilly mit einem reorganisierten und verstärktem Heer von 25.000 Mann von Niedersachsen nach Süddeutschland marschiert, umging jedoch noch eine direkte Auseinandersetzung. 2. Die Bündnispolitik erfährt einen Wandel Infolge dieser Triumphe im Südwesten wurde Gustav Adolf von der protestantischen Bevölkerung stets im Jubel empfangen, jedoch gelang es Schweden nicht, Bundesgenossen in nennenswerter Zahl an sich zu ziehen, außer diesen, die nichts zu verlieren hatten, wie die Reichsritter, Gebieter über winzige Territorien. Daher begann Gustav Adolf, sich der schwedischen Macht bewusst, Herrscher mit größerer Machtfülle in missliebige Verträge zu 11 zwingen. Ihnen blieb nur die Wahl sich Schweden anzuschließen oder als Feind unterworfen zu werden. So gehörte zum neuen Charakteristikum der schwedischen Bündnispolitik, dass die eroberten Städte und Gebiete ihre Neutralität aufgeben, dem Kaiser den Krieg erklären und einen Eid auf Schweden leisten mussten, der sie zu Gehorsam verpflichtete. Weiterhin musste Schwedens Schutz und Kriegsdirektorium anerkannt, Festungen abgegeben, Truppen verfügbar gemacht und der Unterhalt der Truppen bezahlt werden. So erging es neben den Reichsstädten Nürnberg, Ulm und Straßburg auch dem Markgrafen Christian von Brandenburg-Kulmbach oder dem Landgrafen Georg von Hessen-Darmstadt. Weiterhin wurde den Herzögen von Mecklenburg ein Vertrag aufgezwungen, der sie dazu verpflichtete Wismar und Warnemünde den Schweden zu übergeben, die Zölle der Häfen der schwedischen Krone zukommen zu lassen, das schwedische Kupfergeld zuzulassen und Gustav Adolf als Oberherrn anzuerkennen. Dieser Vertrag war auf ewige Zeit angelegt. Ebenso unverfroren ging Schweden mit den Herzögen von Braunschweig-Lüneburg um. Nach verschiedenen Unterredungen mit der schwedischen Seite sahen sie sich durch die Schlacht von Breitenfeld zu konkreteren Verhandlungen genötigt. Dabei verhandelte der schwedische Gesandte Johann Adler Salvius getrennt mit den beiden Herrschaftshäusern und schloss Bündnisse, die zunächst zu Gunsten der Herzöge ausfielen, danach jedoch verschärft wurden. So kam es immer wieder zu Verhandlungen, und ohne Wissen der Vertragspartner wurden bereits ausgearbeitete Verträge nicht vom König ratifiziert. Durch diese Verzögerungspolitik und aufgrund ihrer schlechten Verhandlungsposition waren den schwedischen Vertragspartnern die Hände gebunden – sie mussten der Erfüllung ihrer Verpflichtungen nachkommen. Gustav Adolf hingegen hatte die Möglichkeit frei zu entscheiden, ob er seinen Versprechen erfülle oder nicht. Dieses Vorgehen machte Gustav Adolf zum System für die folgenden Allianzverträge, wodurch er bei den deutschen Protestanten einen sehr negativen Eindruck hinterließ und nicht dazu beitrug, Schweden als Retter des Protestantismus zu betrachten. Es hatte eher den Anschein, dass er sich rechtlich an die Stelle des Kaisers setzen wolle. Dieser Eindruck wurde bestärkt durch die immer wieder per iure belli12 beanspruchte Lehenshoheit über die vom Kaiser zurückeroberten Gebiete. Gustav Adolf versuchte auch in Verträgen festzusetzen, dass verschiedene Gebiete von ihm rekognosziert werden sollten, wie die Verträge mit den Herzögen von Mecklenburg und die Vertragsentwürfe bei den Verhandlungen mit Braunschweig-Lüneburg zeigen. Auf der anderen Seite versuchte Gustav Adolf verdiente Feldherren und Verbündete durch eine ausgeprägte Donationspolitik, in Form der Belehnung mit eroberten Gebieten, zu 12 Gustav Adolf konnte durch das ius belli vollen Anspruch auf eroberte Gebiete erheben und darüber Gewalt ausüben, wie Hugo Grotius 1625 in seinem Werk De jure belli ac pacis libri tres dargelegt hatte. 12 belohnen und fester an sich zu binden, indem er die Donation stets mit dem ius superioritatis verknüpfte und damit seinen Einfluss auf diese Gebiete wahrte. So erhielt der schwedische General Gustaf Horn die Stadt Mergentheim, Besitzung des Deutschen Ordens, zugesprochen. Durch die Donationspolitik „fand eine gewaltige Besitzumverteilung statt, durch die nicht nur die Ergebnisse des Restitutionsedikts rückgängig gemacht wurden, sondern auch unanfechtbarer geistlicher Besitz nach Beuterecht säkularisiert und an neue Herren vergeben wurde. [Die Abtei Fulda, das Stift Corvey] und die Bistümer Paderborn und Münster gingen an Gustav Adolfs treuen Bundesgenossen Wilhelm von Hessen-Kassel ... Gustav Gustavsson, des Königs natürlicher Sohn, erhielt das Bistum Osnabrück, Oxenstierna die Abtei Ebersbach ... Bernhard von Weimar wurde das aus den fränkischen Bistümern bestehende Herzogtum Franken versprochen ...“.13 Damit zeigten sich deutliche Veränderungen der schwedischen Kriegsziele, denn der Ostseeraum und das protestantische Nordostdeutschland waren, wie schon erwähnt, längst von kaiserlich-ligistischen Truppen befreit und es bestand keine unmittelbare Gefahr für den Norden. Gustav Adolf aber glaubte, beflügelt durch die Erfolge, mehr erreichen zu können. Seine Vorstellung war es, ein corpus Evangelicorum, sowohl mit militärischer als auch mit politischer Komponente, unter schwedischer Vorherrschaft zu schaffen, dessen Machtbasis sich am Mittelrhein befinden würde, mit Mainz als Zentrum. Aus den Reihen der Mitglieder sollte ein einheitlich organisiertes Heer aufgebaut und unter schwedischen Oberbefehl gestellt werden, um so Kriegszüge in den Süden zu starten und letztlich den Krieg für sich zu entscheiden. Politisch sollte so, v.a. nach Beendigung des Krieges, für Schweden eine ständige Einflussmöglichkeit auf die Geschehnisse im Deutschen Reich geschaffen werden, indem der schwedische König selbst die Führung dieses corpus übernähme und über die militärische, außenpolitische und finanzielle Hoheit verfüge. Die Krone Schwedens wollte auf diesem Wege Reichsstand werden. Welche Auswirkung dieses Vorhaben hätte, beschreibt Friedrich Schiller in seiner „Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs“: „Aber es war nicht mehr der Wohlthäter Deutschlands, der bey Lützen sank [17. November 1632]. Die wohlthätige Hälfte seiner Laufbahn hatte Gustav Adolph geendigt, und der größte Dienst, den er der Freyheit des Deutschen Reiches noch erzeigen kann, ist – zu sterben. ... Unverkennbar strebte der Ehrgeitz des Schwedischen Monarchen nach einer Gewalt in Deutschland, die mit der Freyheit der Stände unvereinbar war, und nach einer bleibenden Besitzung im Mittelpunkt des Reiches.“14 13 Junkelmann, Gustav Adolf, S. 392. Schiller, Friedrich, Geschichte des Dreyssigjährigen Kriegs, in: Schillers Werke. Nationalausgabe, Bd. 18, hrsg. von Karl-Heinz Hahn, Weimar 1976, S. 280. 14 13 3. Die französische Diplomatie liegt am Boden Frankreich versuchte stets mit seiner Politik die Umklammerung durch die Habsburger zu lösen. Ein wichtiger Bestandteil war der Versuch, eine überkonfessionelle dritte Macht in Deutschland aufzubauen, mit Frankreich als Schutzmacht. Dies wurde durch den Vertrag von Fontainebleau noch einmal deutlich. Schwedens Vorgehen in Deutschland war als eine weitere Möglichkeit, die Habsburger zu schwächen, begrüßt und aktiv gefördert wurden. Doch nach der Schlacht von Breitenfeld wurde Richelieu deutlich, dass Schweden keinesfalls ein willfähriges Werkzeug Frankreichs war und sah sich angesichts des fortschreitenden Erfolges in Zugzwang, die Neutralität Bayerns zu wahren und ein weitere Ausweitung der Machtfülle Schwedens zu verhindern. Hierzu traten französische Gesandte Ende des Jahres 1631 in parallele Verhandlungen mit Maximilian und Gustav Adolf, um diese von der französischen Linie zu überzeugen. Angesichts der Umstände war der bayrische Herzog bereit unter bestimmten Bedingungen auf die Vermittlung Frankreichs einzugehen: Räumung der besetzten Ligagebiete von den Schweden, Anerkennung seines Anspruchs auf die Kurwürde und die Ober- und Unterpfalz, freier Abzug für die Kaiserlichen in die Erblande. Die Verhandlungen mit Gustav Adolf gestalteten sich dagegen schwieriger. Nach mehreren emotionsgeladenen Gesprächen und der Drohung, dass der französische König mit 40.000 Soldaten aufmarschieren könne, die Gustav Adolf aber in keiner Weise beeindruckte, lenkte Gustav Adolf geringfügig ein. Er forderte, dass die Truppen der Liga auf 12.000 Mann beschränkt und verteilt werden sollten. Alle protestantischen Gebiete müssten geräumt und jegliche Unterstützung des Kaisers unterlassen werden. Im Gegenzug war Gustav Adolf bereit Teile der Unterpfalz und die besetzten trierischen und kölnischen Gebiete aufzugeben. Frankreich sollte für das Wohlverhalten der Liga bürgen. Die Gesandten nahmen notgedrungen an und es wurde ein Waffenstillstand von 2 Wochen vereinbart, um die Ligafürsten zur Zusage zu bewegen. Trier und Köln erklärten sich mit der Neutralität einverstanden und auch Bayern wollte wohl nachgeben. Verhindert wurde eine Übereinkunft schließlich von einem abgefangenen Schreiben Maximilians an Pappenheim, in dem er diesen aufforderte, sich vom Waffenstillstand nicht beeindrucken zu lassen. Frankreich musste sich nun zwischen einem der beiden Vertragspartner entscheiden. Nach dem Vertrag von Fontainebleau war es im Falle eines Angriffes auf Bayern zur militärischen Hilfe für das Herzogtum verpflichtet. Jedoch waren die Truppen nicht in der Lage einen Kampf gegen Schweden zu führen und es hätte gegen die Grundsätze der französischen antihabsburgischen Politik verstoßen. Man entschied sich daher für die Schweden und erklärte 14 Maximilian, dass das Geheimabkommen in diesem Fall keine Gültigkeit besitze, da er als Angreifer auftrat.15 Der Sieg in der Schlacht von Breitenfeld hatte Schweden also solch eine Übermacht und solch ein Selbstbewusstsein zuteil werden lassen, dass Frankreich vorerst seines Einflusses im deutschen Raum beraubt worden war und Schweden ungehindert das Geschehen im Reich bestimmte. 4. Die Wirkungskraft von Breitenfeld erlischt Zum Ende des Jahres 1631 befand sich Kaiser Ferdinand II. in einer äußerst misslichen Lage, da die Ligatruppen ihre alte Schlagkraft noch nicht erreicht hatten und der Truppennachschub aus Italien aufgrund einer Pestepidemie versiegte. Zudem war Spanien als Verbündeter des Kaisers in den Niederlanden wegen den Unabhängigkeitsbestrebungen des Landes gebunden. In dieser Situation sah Ferdinand II. keinen anderen Ausweg, als die erneute Berufung Wallensteins zum General, um ein neues kaiserliches Heer aufzubauen. Zunächst aber startete im Frühjahr 1632 Gustav Adolf einen Siegeszug durch Süddeutschland, der endgültig erkennbar werden ließ, dass er Schwedens Einfluss auf ganz Deutschland ausweiten wollte. Nach dem Einzug in Nürnberg und der Einnahme Donauwörths erzwang er am 15. April bei Rain den Übergang über den Lech gegen das neu formierte Ligaheer unter Tilly. Dabei wurde Tilly verwundet und erlag später seiner Verletzung. Aber es gelang Gustav Adolf nicht, die gegnerischen Truppen aufzureiben, die sich in Ingolstadt verschanzen und Ende April einer Belagerung durch schwedische Truppen standhalten konnten. Aber einer Verheerung des Herzogtum Bayerns stand nun nichts mehr im Wege und am 17. Mai 1632 zog der Schwedenkönig in München ein, dem Bollwerk der Gegenreformation. Jedoch veränderte sich die Situation immer mehr zu Ungunsten des Schwedenkönigs, denn Pappenheim agierte erfolgreich im nordwestdeutschen Raum gegen die Schweden und Wallenstein setzte sein neu formiertes Heer in Bewegung und nahm am 25. Mai Prag ein. Angesichts der Bedrohung für die Sachsen entschied sich Gustav Adolf, ihnen zu Hilfe zu eilen, doch werden mit dem nunmehrigen Ausweiten der Aktionen Wallensteins auf ganz Deutschland die Rollen neu verteilt – Gustav Adolf wird vom Handelnden zum Reagierenden. Die Wirkungskraft der Schlacht von Breitenfeld war aufgebraucht. 15 Junkelmann, Gustav Adolf, S. 375-378. 15 V. Abschließende Beurteilung Gustav II. Adolf von Schweden sah sich zu Beginn seiner Unternehmungen einer überaus großen Ablehnung ausgesetzt und konnte nur unter schwierigsten Bedingungen agieren. Eine effektive Änderung dieser Situation erfolgte erst durch den Ausgang der Schlacht von Breitenfeld 1631. Sie ermöglichte es Schweden in militärischer Hinsicht frei zu agieren und machte das nordische Reich zur führenden Militärmacht in Europa. Nur durch die verheerende Niederlage der Ligatruppen konnte Gustav Adolf mit seiner Armee den deutschen Südwesten und Süden niederzwingen. Diese Erfolge bewirkten aber gleichzeitig eine Änderung der schwedischen Kriegsziele. Der Ostseeraum war längst von kaiserlichem Einfluss befreit und doch führte Gustav Adolf seine Truppen weiter nach Süden. Er wollte mehr erreichen – er strebte einen ständigen Einfluss im Kaiserreich an. Um dieses zu erreichen musste Schweden auch seine Bündnispolitik ändern, da die Schlacht von Breitenfeld in diesem Punkt nicht die erhoffte Sogwirkung auf die protestantischen Fürsten hatte, obwohl es doch als Retter des Protestantismus und Bewahrer der deutschen Libertät gekommen war. Der schwedische König konnte die Großzahl der protestantischen Landesherren nur durch Druck und mit der Drohung militärischen Eingreifens seinem Bündnissystem einverleiben. Dass eine gewisse Skepsis gegenüber dem schwedischen Retter begründet war, zeigte sich am deutlichsten in den nach Breitenfeld abgeschlossen Verträgen und in den einzelnen Verhandlungen. Hierbei verlangte Gustav Adolf oft eine Rekognoszierung von Gebieten durch die schwedische Krone, wie die Beispiele Mecklenburg und Braunschweig-Lüneburg zeigten. Er war keineswegs bestrebt, die deutsche Libertät und die Verfassung auf der Grundlage von 1555 wiederherzustellen. Eroberte Gebiete wurden per iure belli als Lehen betrachtet und der König ging frei mit ihnen um, indem er diese an verdiente Anhänger oder Feldherren vergab. Der angestrebte Einfluss auf die deutsche Politik manifestierte sich in den Vorstellungen von einem corpus Evangelicorum, dem der König als Führer voran stehen würde und das eine starke Einschränkung der Fürstenlibertät bedeutet und die Verfassungsstruktur des Reiches vollkommen verändert hätte. Auf der anderen Seite muss aber ebenso festgehalten werden, dass ohne das schwedische Eingreifen die Gefahr für den Protestantismus auf deutschem Boden wohl kaum abgewendet worden wäre. Der Schwedenkönig verschaffte dem Protestantismus den ersten großen Sieg seit Beginn des Krieges und rettete die evangelischen Landesfürsten vor der Rekatholisierung und dem kaiserlichen Restitutionsedikt. 16 VI. Literaturverzeichnis Quellen: Abelin, Johann Philipp u.a. 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