Pressekonferenz „Heiße Kartoffel!“ Kinder- und Jugend-Rehabilitation in Österreich Donnerstag, 5. November 2009 in Wien Beitrag Univ.-Doz. Dr. Christina Peters, Bereichsleitende Oberärztin, 1A Stammzelltransplantations-Einheit, St. Anna Kinderspital „Stammzelltransplantation-Patienten haben zahlreiche belastende Behandlungen und lange Monate der Spitalsaufenthalte hinter sich. Die im St. Anna Kinderspital transplantierten Kinder und Jugendlichen werden in spezialisierte Reha-Einrichtungen nach Deutschland geschickt – für betroffene Familien ist die große Entfernung zum Wohnort oft ein unüberwindliches Hindernis!“, Univ.-Doz. Christina Peters. Rehabilitation für Kinder und Jugendliche nach Knochenmark/Stammzelltransplantation: Patientinnen und Patienten, die eine Stammzelltransplantation benötigen, haben entweder eine besonders bösartige Krebserkrankung, die mit Chemotherapie alleine nicht beherrschbar ist, oder eine Blut- oder Stoffwechselerkrankung, die nur durch die Übertragung eines gesunden Immunsystems heilbar ist. Das bedeutet, dass diese Kinder und Jugendlichen nicht nur belastende – unter Umständen jahrelange – Behandlungen hinter sich haben, sondern auch lange Monate der Spitalsbehandlung im Rahmen der Transplantation. In der Phase, wo die eigene Immunität ausgeschaltet werden muss und die transplantierte Abwehr noch nicht funktioniert, kommt es zu wesentlichen Einschränkungen einer kind-/jugendgerechten Lebenssituation: Man ist: weg von zu Hause; weg von seinen Geschwistern, Freunden und Schule; weg von Hobbies, Sport, Freizeit; ohne Haare; von den Schmerzmitteln müde und komisch im Kopf, nicht in der Lage, normal zu essen und zu trinken; mit einer Vielzahl von technischen Geräten umgeben; Tag und Nacht voller Angst, ob die transplantierten Zellen anwachsen, man keine Infektion bekommt, keine Abstoßung und keine schwere Entzündungsreaktionen entstehen. Wenn Kinder/Jugendliche nach einer Stammzelltransplantation nach Hause entlassen werden, müssen sie: - eine Vielzahl von Medikamenten einnehmen vor Infektionen geschützt werden (kein Kindergarten, keine Schule, keine öffentlichen Verkehrsmittel, keine Veranstaltungen) oft Blutkontrollen durchführen ihre Muskelkraft wieder aufbauen wieder Essen und Trinken lernen wieder Lernen lernen Eine transplantationsspezifische Nachsorge muss von einem Expertenteam durchgeführt werden, das einerseits mit den Gefahren der Immunsuppression vertraut ist, andererseits aber auch in der Lage ist, den Wiedereinstieg in den normalen Lebensalltag zu gestalten und zu begleiten. Für Kinder hat sich hier eine familienorientierte Rehabilitation besonders bewährt. Nicht nur die transplantierten Kinder sondern auch die besonders belasteten Eltern und Geschwister (die manchmal die lebensrettenden Knochenmarkspender sind) werden therapiert. Für Jugendliche ist eine Kleingruppenrehabilitation, bei der sie neben der physischen und psychologischen Behandlung auch wieder Kontakte zu Gleichaltrigen haben, ein etabliertes Modell. Die Erlangung von Entscheidungs- und Handlungsfreiheit ist ein wesentlicher Faktor zur Wiedereingliederung in einen Ausbildungs- oder Erwerbsprozess. Es gibt in Österreich keine Rehabilitationseinrichtung für Kinder und Jugendliche mit den spezifischen Bedürfnissen nach Stammzelltransplantation. Die im St. Anna Kinderspital transplantierten PatientInnen werden in spezialisierte Reha-Einrichtungen nach Deutschland geschickt. Für viele Familien ist die große Entfernung zum Wohnort ein unüberwindliches Hindernis. Die Behandlung der Familienangehörigen wird von manchen Krankenkassen nicht übernommen. Ein österreichisches Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche, das eine transplantationsspezifische Nachsorge ermöglicht, wäre ein wesentlicher Beitrag zur Re-Integration. Wien, 5. November 2009