Anästhesie bei Patienten nach Organtransplantation

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Anästhesie bei Patienten nach
Organtransplantationen
Durch Fortschritte in der Medizin in den
letzten Jahren:
• ist die Häufigkeit der
Organtransplantationen gestiegen,
• die Überlebungsrate bei den
transplantierten Patienten höher und die
Lebensqualität besser
Besonderheiten bei Patienten nach
Transplantationen
• Infektionen
• Patophysiologische Besonderheiten des
transplantierten Organs
• Auswirkungen der Immunsuppressiva
• Abstoßungsreaktion
Präoperatives Vorgehen
Prämedikation:
• bei Anamnese und Patientenuntersuchung auf
klinische Zeichen einer Infektion achten
• Beurteilung der Funktion des transplantierten
Organs
• Beurteilung der Funktion anderer vitaler Organe
• nach Anhaltspunkten für eine Abstoßung suchen
• Einschätzung des psychischen Zustandes des
Patienten
Infektionen:
• präoperativ nach klinischen Zeichen einer Infektion
suchen (Fieber, Leukozytose etc.)
da Infektionen Hauptfaktor für die Morbidität
und Letalität bei Patienten sind
• nach Organtransplantationen: unmittelbar nach
den Operationen Infektionen mit dem CMV
(Zytomegalievirus), später bakterielle Infekte
• je stärker die Immunsuppression desto größere
Gefahr, das die klassische Symptome eines
Infektes fehlen
• Um hygienische Erfordernisse für diese Patienten besser
anzupassen ist die Notwendigkeit einer
Einzelzimmerunterbringung wichtig
• Eine perioperative antibiotische Abschirmung ab OP- Tag
bis einschl. 3. Tag postoperativ ist erforderlich (z.B.
Cephalosporine)
• Nephrotoxische Medikamente möglichst vermeiden
• Bei längerer Antibiose (nach Antibiogramm!!),
Rücksprache mit der Ambulanz wo der Patient
transplantiert wurde (Wechselwirkungen mit Cyclosporin
oder FK 506)
Die Indikation zur Transfusion von
Blutprodukten sehr streng stellen.
Immer wenn nötig Leukozyten depletierte
und mit 30 Gray bestrahlte ErythrozytenKonzentrate transfundieren
Die Tabelle zeigt die minimal erforderliche Untersuchungen für bessere
Einschätzung der Funktion des transplantierten Organs und anderen
Organsysteme
Eine Funktionsstörung des transplantierten
Organs weist auf eine Abstoßung oder auf
ein mechanisches Hindernis im Gefäßsystem
des transplantierten Organs.
Betäubungswahl:
• keine Kontraindikationen für Vollnarkose oder
Regionalbetäubung, allerdings bei Regionalbetäubung
auf eventuelle Thrombozytopenie achten
(Nebenwirkung von Azathioprin und
Antileukozytenglobulin)
• keine nicht steroidale Antiphlogistika (Verstärkung der
Nephrotoxizität von Cyclosporin), Blutungen im
gastrointestinalem Trakt (bei Steroidtherapie) und
Leberfunktionsstörungen
• Monitoring nach dem Risikoprofil
• Bei invasiven Maßnahmen absolut aseptisches
Vorgehen!!!
Besonderheiten nach Herztransplantation
Pathophysiologie:
• Das Transplantat ist denerviert: es fehlt die
sympathische-, parasympathische und
sensorische Innervation
• Der Barorezeptorreflex fehlt (Karotissinusmassage,
Valsalva- Manöver und z.B. Intubationsstress haben
kein Einfluss auf Herzfrequenz)
• Sinustachycardien bis 130/ min. sind auf Dauer
tolerabel und durch Denervation des Herzens
begründet
Bei der Belastung wird Herzminutenvolumen
durch Anstieg des Schlagvolumens erhöht.
Bei Belastung über 4-5 Min. kommt es zur
Katecholaminausschüttung aus dem
Nebennierenmark. Die Herzfrequenz
könnte steigen.
Eine partielle Reinnervation des Herzens ist
nach einem Jahr postoperativ möglich.
Es kommt postoperativ häufig zu Arrhythmien.
Die konventionelle Antiarrhythmika sind effektiv,
viele haben aber inotropnegative Wirkung.
Schrittmacher werden bei 11% Patienten
implantiert wegen Bradyarrhythmien
(Bradyarrhythmie kann auch Zeichen einer
Abstoßung sein).
Drei Monate nach der Transplantation
verschwinden in der Regel die Rhythmusstörungen.
Anästhesiologisches Management:
• 15- 30% aller herztransplantatierten Patienten
unterziehen sich nachher einem nichtkardialem
Eingriff
• diese Patientengruppe empfindet keine
pektanginöse Beschwerden
• kardiale Leistungsverminderung kann klinisch durch
Blutdruckmessung erfasst werden
(bei großen Eingriffen durch invasiven arteriellen
RR Messung).
• Das Aufrechtenhaltung eines stabilen Vorlast
ist nötig
(Schlagvolumen und damit auch
Herzminutenvolumen ist davon abhängig;
Gefäßdilatation kann auch nicht mit
Reflextachycardie kompensiert werden)
• Blutverlust und periphere Vasodilatation
sollen schnell und effizient behandelt werden
• keine Punktionen für ZVK- Anlage rechts,
diese Seite ist für Endomyocardbiopsien
reserviert
• die transösophageale Echocardiographie
kann Informationen über Füllungszustand,
Kontraktilität und Ischämie der Ventrikel
liefern
• Bradykardien mit Orciprenalin, Dobutamin
und Adrenalin behandeln (nur betaadrenerge
Substanzen sind wirksam)
• Eine in Notfallsituation erforderliche
Frequenzerhöhung durch Vagolyse ( Atropin),
ist nicht zu erreichen!!!
• Neostigmin, Pancuronium haben kein Einfluss
auf Herzfrequenz.
• Bei Regionalanästhesie beachten, dass die
Sympathikolyse zu einem Vor- und
Nachlastabfall führen kann
(Herztransplantierte tolerieren das sehr
schlecht !!)
Besonderheiten nach
Lungentransplantationen
Patophysiologie:
1. Bei Bilateraler- oder Einlungetransplantation bleibt
die Innervation von Carina erhalten, im Gegensatz
zur En- bloc- Transplantation von Herz und Lunge.
Bleibt die Innervation intakt sind Hustenreflex und
die mucoziliäre Clearance vorhanden.
Der Patient ist damit vor stiller Aspiration,
Sekretretension und Pneumonie geschützt.
Eine postoperative Reinnervation der Carina
konnte beim Menschen nicht nachgewiesen
werden.
2.Die Funktion und Tonus im Bronchialsystem wird
durch Innervation nicht beeinflusst, Atemfrequenz
und Atemrhythmus im Schlaf und in der Wachheit
wird nicht verändert.
3.Nach Einlungentransplantation wird die Perfusion
und die Ventilation umverteilt von bis zu 70% zu
Gunsten der transplantierten Lunge.
Die Hyperkapnie normalisiert sich nach einem
Monat postoperativ, die arterielle CO2 Antwort ist
nicht verändert und ebenso physiologische
Veränderungen der Atmung unter Hypoxie und
Hyperkapnie.
Die hypoxisch pulmonale Vasokonstriktion bleibt
auch unverändert.
Anästhesiologisches Management:
• Bei Patienten nach Lungentransplantation werden
oft Bronchoskopien, Lungenbiopsien, Lavagen,
Nasennebenhöhleneingriffe, OP bei Pancreatitis,
und Cholecystitis durchgeführt
• Immunsuppression ist bei diesen Patienten sehr
intensiv!!
(oft lymphoproliferative Erkrankungen)
• bei trockenem Husten und Dyspnoe 8-12 Monate
nach der Transplantation V. a. Bronchiolitis
obliterans
• dieses Krankheitsbild könnte auf eine chronische
oder akute Abstoßung hinweisen oder Zeichen
einer rezidivierenden Zytomegalievirusinfektion
sein
• vor allen elektiven Eingriffen soll diese Komplikation
ausgeschlossen werden!!!!
• um eine Abstoßung zu diagnostizieren muss oft
eine Biopsie durchgeführt werden
• Sollte eine Einlungenbeatmung mit
Doppellumentubus durchgeführt werden,
platziert man den Tubus visuell mit
Bronchoskop, um den Patienten vor
Verletzungen zu schützen
(oft postoperativ bei transplantierten
Bronchialstenosen, Bronchomalazie und
Granulationen)
• die vaskuläre Permeabilität in dem Transplantat bei
dieser Patientengruppe ist pathologisch mit Tendenz
zur Entwicklung von Lungenödem
(Bilanz, Flüssigkeitszufuhr)
• Monitoring dem Eingriff und dem Zustand des
Patienten anzupassen
• keine Kontraindikationen und Empfehlungen
bezüglich der Anästhetikawahl
Besonderheiten nach
Lebertransplantationen
Pathophysiologie
1. Die Leberdenervation verursacht wahrscheinlich
keine signifikante hämodynamische Probleme
2. Nach 2 Wochen erholt sich die Leberfunktion.
Wenn Bilirubinwerte nach 3 Monaten stark erhöht
sind besteht Verdacht auf Abstoßung, Hepatitis
oder Gallenwegobstruktion.
Erhöhte Transaminasen bei 50% Patienten bleiben
noch nach 1 Jahr
• Die Aktivität von den Gerinnungsfaktoren
normalisiert sich schnell, aber Anstieg von
Protein C, S und AT III verzögert sich doch ohne
klinischer Relevanz.
Auch die über mehrere Wochen noch
bestehende Thrombozytopenie verursacht keine
vermehrte Blutungsneigung.
• Die Nierenfunktion bei bevorstehendem
hepatorenalem Syndrom erholt sich postoperativ
schnell.
Anästhesiologisches Management:
• Von Inhalationsanäthetika nur Halothane
kontraindiziert. Propranolol und Cimetidin die auf
Leberperfusion negativen Einfluss haben, dürfen
bei dieser Patientengruppe doch angewendet
werden
• In der unmittelbaren Zeit nach der Transplantation
ist das anästhesiologische Management viel
anspruchsvoller
(Cave: Elektrolytenhaushalt, Gasaustausch,
Nierenfunktion)
• Präoperativ Leberfunktion überprüfen:
auf Fieber, Ikterus, Ödeme, Ascites;
Laborchemisch auf Werte von AST(GOT), Bilirubin,
PTT, Quick und Gesamteiweis achten
AST-Wert ist ein zuverlässiger Parameter zur
Einschätzung einer adäquater Immunsuppression
• Eine eindeutliche Diagnose:
Abstoßung, Infektion oder Gallenwegobstruktion
erreicht man oft nur durch histologischer Befund bei
Leberbiopsie.
Besonderheiten nach Nieren- und
Nierenpankreastransplantation
Pathophysiologie
1. Die renale Durchblutung und
Kaliumausscheidung bleiben trotz Denervation
konstant, nur Natrium und
Bikarbonatausscheidung sind erhöht
2. Art. Hypertonie, Proteinurie und
Azotämie können auf eine chronische
Abstoßung deuten
3. BZ- Werte normalisieren sich nach
Pankreastransplantation schnell doch wegen
Immunsuppression mit Kortikoiden muss man
oft Insulin exogen zusätzlich zufügen
Anästhesiologisches Management
• bei 50% Patienten nach Nierentransplantation
entwickelt sich postoperativ art. Hypertonie die
zusammen mit solchen Risikofaktoren wie
Hyperlipidämie, Diabetes mellitus und
Arteriosklerose das kardiovaskuläre Risiko stark
erhöht, so dass die kardiovaskuläre
Erkrankungen die häufigste Todesursache in
dieser Patientengruppe sind
• Hypovolämie und Hypotonie sollen schnell
diagnostiziert und therapiert werden
• keine nephrotoxisch wirkende Medikamente
verwenden, bei klinischen Zeichen einer
Hypovolämie keine Diuretika anwenden
• über den Einfluss von kolloidalen Lösungen auf
die Nierenfunktion nach einer Transplantation
gibt es keine gesicherten Daten
• Perioperative Diureseüberwachung ist in dieser
Patientengruppe nötig;
die Nierenfunktion nach Transplantation ist oft
um 20% reduziert
(Nephrotoxizität von Immunsuppressiva, chron.
Abstoßung)
• Propofol zur Narkoseeinleitung als Mittel der
Wahl
• als Muskelrelaxans: Nimbex oder Atracurium
• Metabolite von Morphin und Pethidin kumulieren
bei Nierentransplantierten
• bei Patienten treten nach kombinierten
Pankreas-Nieren-Transplantation am häufigsten
chirurgische Komplikationen auf
(intraabdominelle Infektionen, Abszesse,
Anastomosenleckage und Gefäßthrombosen)
Immunsuppressiva
• bei Auswahl, Kombination und Dosierung von
Immunsuppressiva bei den Transplantierten
soll sich der Anästhesist an dem aktuellen
Regime des betreuenden Zentrums
orientieren
1. Cyclosporin
Wirkung:
verhindert frühe T- Zellen Aktivierung und ihre
klonale Expansion
Nebenwirkungen:
Nephrotoxizität, Leberfunktionsstörungen,
art. Hypertonie, Neurotoxizität,
Gingivahyperplasie und Elektrolytstörungen
2. Tacrolimus (FK506)
Wirkung: (ähnlich wie bei Cyclosporin)
im Vergleich mit Cyclosporin war die Anzahl
von Abstoßung bei Tacrolimus geringer aber
das Neuauftreten von Diabetes mellitus
häufiger.
Nebenwirkungen:
Nephro- und Neurotoxizität mit Cyclosporin
vergleichbar
Kardiomyopathie, Anämie, Nausea und
chronische Diarrhö.
3. Sirolimus ist dem Tacrolimus strukturell
verwandt
Wirkung:
blockiert die Aktivierung von B- und T- Zellen
Nebenwirkungen:
Ödeme, Leukopenie, Thrombopenie,
Arthralgien und Nephrotoxizität.
Sirolimus ist die Wahl bei Patienten nach
Nierentransplantationen!!
4. Mycophenolat- Mofetil
Wirkung:
durch reversible Inhibition der InosinMonophosphat- Dehydrogenase bremst die
Proliferation von Lymphozyten
Nebenwirkungen:
Diarrhö, Erbrechen, Infektionen und
Leukopenie
5. Azathioprin
Wirkung:
ähnlich wie Mycophenolat- Mofetil
Nebenwirkungen:
Leberfunktionsstörungen, Pancreatitis,
Leukopenie, Thrombopenie
Knochenmarkdepression und Anämie
6. Monoklonale Antikörper
Wirkung:
durch Interaktion mit dem CD3- Rezeptor
Einfluss auf die Lymphozytenproliferation
Nebenwirkungen:
Fieber, Lungenödem, Niereninsuffizienz,
epileptische Anfälle
die neuen IL-2-Rezeptor-Antikörper haben
weniger Nebenwirkungen
7. Steroide
Wirkung:
auf mehreren Ebenen des Immunsystems vor
allem auf die T- Lymphozyten
Nebenwirkungen: (Dosis- und Zeitabhängig)
bei Behandlung Tendenz zur kontinuierlichen
Dosisreduktion, keine Langzeittherapie.
Abstoßungsreaktion als Indikation für
Prednisongabe (auch i.v. Gaben von 200- 300
mg Hydrocortison/ 24h bittet Schutz als
Übergang 2-3 Tage)
• Interaktionen zwischen Anästhetika und
Immunsuppressiva
Cyclosporin verzögert Magenentleerung
und verstärkt Wirkung von Muskelrelaxans
Transfusionen:
• Entscheidungen sehr kritisch bewerten; virale
Infektionen oder Graft- vs. -Host- Reaktion
können fatale Folgen für den Transplantierten
haben
• bei zu hohen Hämatokritwerten
Thrombosenrisiko in den Gefäßanastomosen
Erythrozytenkonzentrate nur
leukozytendepletiert und mit 30 Gy bestrahlt
auch Transfusion über Leukozytenfilter möglich
• Schwangerschaft kann bei den weiblichen
Organempfänger erfolgreich ausgetragen
werden ohne das transplantierte Organ zu
gefährden
• alle zu Therapie benutzte Immunsuppressiva
passieren die Plazenta
• Die Komplikationsrate für Präeklampsie,
Frühgeburt und postpartale Abstoßung ist
erhöht
• Tacrolimus verursacht wahrscheinlich weniger
Komplikationen als Cyclosporin in dieser
Patientengruppe
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