Grosser Rat 172. Sitzung 24. März 2009, 10.00 Uhr (Art. 2283–2308

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Grosser Rat
172. Sitzung
24. März 2009, 10.00 Uhr
Vorsitzender:
Walter Markwalder, Würenlos
Protokollführung:
Rahel Ommerli, Ratssekretär Stellvertreterin
Präsenz:
Anwesend 135 Mitglieder
(Art. 2283–2308)
Abwesend mit Entschuldigung 5 Mitglieder
Entschuldigt abwesend: Fredy Böni, Möhlin; Jonas Fricker, Baden; Sandra-Anne
Göbelbecker, Baden; Kurt Rüegger, Rothrist; Kurt Wiederkehr, Baden
Die Protokolle der 165. und 166. Sitzungen sind vom Büro genehmigt.
Behandelte Traktanden
Seite
2283
Mitteilungen
4758
2284
Neueingänge
4758
2285
Interpellation Dieter Egli, Windisch, vom 24. März 2009 betreffend Änderungen im kantonalen
Finanzausgleichssystem zugunsten von Gemeinden mit geringer Pro-Kopf-Steuerkraft; Einreichung und
schriftliche Begründung
4758
2286
Interpellation Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, Windisch (Sprecher), Jörg Hunn, Riniken, Richard Plüss, Lupfig,
Marianna Mattenberger, Birr, vom 24. März 2009 betreffend Aufarbeitung der Grabungsbefunde und
Abgeltung der durch die archäologische Forschung verursachten Standortnachteile; Einreichung und
schriftliche Begründung
4758
2287
Interpellation Peter Voser, Killwangen, vom 24. März 2009 betreffend Änderung der Zahlungsmodalitäten
des Kantons; Einreichung und schriftliche Begründung
4759
2288
Wahl des Präsidiums und der Mitglieder der Wahlaktenprüfungskommission für die Legislaturperiode
2009/2013 (Grossratswahlen vom 8. März 2009)
4759
2289
Wahlen; Andreas Senn, Würenlingen, und Rita Boeck, Brugg als Mitglieder für die interparlamentarische
GPK der interkantonalen Polizeischule in Hitzkirch für die Legislaturperiode 2009/2013
4759
2290
Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel
(Jagdgesetz des Kantons Aargau, AJSG); Redaktionslesung)
4759
2291
Antrag auf Direktbeschluss Thierry Burkart, Baden, vom 17. März 2009 betreffend Abklärung von Abläufen
und Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt "Lucie T."; Erheblicherklärung;
Zuweisung an die Kommission für öffentliche Sicherheit (SIK)
4759
2292
Einbürgerungen; Kenntnisnahme
4760
2293
Begnadigungen; Kenntnisnahme bzw. Zustimmung zur Behandlung eines Gesuches durch die Kommission
für Justiz (JUS)
4761
2294
Interpellation Max Chopard-Acklin, Obersiggenthal (Sprecher), und Nicole Meier Doka, Baden, vom 25. 47612
November 2008 betreffend Arbeitsweise von Inkassofirmen im Kanton Aargau; Beantwortung und
Erledigung
2295
Motion der SP-Fraktion vom 16. Dezember 2008 betreffend Änderung des Gesetzes über das Kantons- und
Gemeindebürgerrecht vom 22. Dezember 1992; Umwandlung in ein Postulat; Ablehnung
4763
2296
Postulat Martin Christen, Turgi (Sprecher), und Sandra-Anne Göbelbecker, Baden, vom 16. Dezember 2008
betreffend Durchführung kantonaler oder lokaler Staatskundekurse im Rahmen der Einbürgerungsverfahren;
Überweisung an den Regierungsrat
4765
4756
24. März 2009
2297
Gesetz über die Verantwortlichkeit der öffentlichen Beamten und Angestellten und über die Haftung des
Staates und der Gemeinden für ihre Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz); Totalrevision; Verfassung des
Kantons Aargau; Änderung; Haftungsgesetz (HG); 2. Beratung; Eintreten, Detailberatung und
Schlussabstimmungen; Verabschiedung zuhanden der Volksabstimmung bzw. fakultatives Referendum;
Auftrag an Staatskanzlei
4767
2298
Interpellation der FDP-Fraktion vom 9. September 2008 betreffend Vergabe eines CHF 60 Mio. Auftrags der
Aargauischen Kantonalbank AKB ausserhalb des Kantons; Beantwortung und Erledigung
4773
2299
Interpellation der CVP-Fraktion vom 11. November 2008 betreffend finanzpolitisches Umfeld der
Aargauischen Kantonalbank (AKB); Beantwortung und Erledigung
4775
2300
Interpellation der FDP-Fraktion vom 4. November 2008 betreffend gesamtwirtschaftliche Verantwortung der
Aargauischen Kantonalbank in Bezug Interbankengeschäft und Werbung mit der Staatsgarantie;
Beantwortung und Erledigung
4776
2301
Motion Marie-Louise Nussbaumer Marty, Obersiggenthal, vom 28. Oktober 2008 betreffend Anpassung von 47778
§ 30 Abs. 1 lit. b des kantonalen Steuergesetzes für die unterpreisliche Vermietung an nahestehende
Personen; Umwandlung in ein Postulat; Ablehnung
2302
Motion der FDP-Fraktion vom 16. Dezember 2008 betreffend Aufhebung der Dumont-Praxis im
Steuergesetz; Überweisung an den Regierungsrat
4779
2303
Interpellation der SVP-Fraktion vom 28. Oktober 2008 betreffend Wegleitung zur Bewertung von
Wertpapieren ohne Kurswert für die Vermögenssteuer; Beantwortung und Erledigung
4780
2304
Interpellation Katharina Kerr Rüesch, Aarau, vom 4. November 2008 betreffend anzuwendende Kriterien bei
der durchschnittlichen prozentualen Erhöhung der Löhne; Beantwortung und Erledigung
4781
2305
Interpellation der SP-Fraktion vom 2. Dezember 2008 betreffend Berechnung der Lohnsummenerhöhung im
Vergleich mit anderen Kantonen, insbesondere der Kantone der Nordwestschweiz SO, BL, BS;
Beantwortung und Erledigung
4783
2306
Postulat der SP-Fraktion vom 28. Oktober 2008 betreffend Konsequenzen aus der Finanzkrise; Überweisung
an den Regierungsrat
4784
2307
Interpellation der SP-Fraktion vom 28. Oktober 2008 betreffend Auswirkungen der Finanzkrise respektive
des UBS-Rettungsplans auf den Kanton Aargau; Beantwortung und Erledigung
4785
2308
Postulat Martin Christen, Turgi, vom 28. Oktober 2008 betreffend kantonales "Rettungspaket" zugunsten der 47878
Ärmsten dieser Welt sowie zugunsten des tropischen Regenwalds; Ablehnung
4757
Art. 2284–2286
Vorsitzender: Ich begrüsse Sie ganz herzlich
172. Sitzung der laufenden Legislaturperiode.
2284
24. März 2009
zur
Mitteilungen
Vorsitzender: Ich darf heute Hansjörg Knecht, Leibstadt,
zum Geburtstag gratulieren: Herzliche Gratulation!
Zum Ablauf der nächsten Dienstagnachmittagssitzung, der
letzten Sitzung in dieser Legislaturperiode: Im Anschluss an
den Abschluss der Legislaturperiode findet im Ratskeller ein
Apéro riche statt. Dazu sind Sie, die Regierungsräte, die
Leute der Medien sowie der Parlamentsdienst ganz herzlich
eingeladen. Ich bitte Sie, diesen Nachmittag zu reservieren.
2284
Neueingänge
1. Kantonsarchäologie Aargau; Ausgrabungen im Areal des
zukünftigen
Fachhochschul-Campus
Brugg-Windisch;
Zusatzkredit; Bewilligung. Vorlage des Regierungsrats vom
11. März 2009. – Geht an die Kommission für Bildung,
Kultur und Sport (BKS)
2. Aufhebung verschiedener kantonaler Nutzungspläne.
Vorlage des Regierungsrats vom 11. März 2009. – Geht an
die Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und
Raumordnung (UBV)
3. Gemeinde Niederwil; Nutzungsplanung Siedlung und
Kulturland; Genehmigung. Vorlage des Regierungsrats vom
11. März 2009. – Geht an die Kommission für Umwelt, Bau,
Verkehr, Energie und Raumordnung (UBV)
2285
Interpellation Dieter Egli, Windisch, betreffend
Änderungen im kantonalen Finanzausgleichssystem
zugunsten von Gemeinden mit geringer Pro-KopfSteuerkraft; Einreichung und schriftliche Begründung
Von Dieter Egli, SP, Windisch, und 23 mitunterzeichnenden
Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Seit einiger Zeit geht die "Steuerfuss-Schere" im Kanton
Aargau
auseinander:
Einerseits
können
grosse
Zentrumsgemeinden und kleinere Gemeinden ihre
Steuerfüsse regelmässig herabsetzen. Andererseits fällt auf,
dass mittelgrosse Agglomerationsgemeinden, welche viele
Zentrumspflichten haben, aber nur wenig von der
Zentrumslage profitieren, in immer grössere strukturelle
Finanzprobleme abrutschen – vor allem wegen der
soziodemografisch bedingten geringen Pro-Kopf-Steuerkraft
der privaten Haushalte und der geringen Steuereinnahmen
von juristischen Personen.
Eigentlich sollte der kantonale Finanz- und Lastenausgleich
diese
Disparitäten
ausgleichen.
Da
im
Finanzausgleichsgesetz aber nur die absolute Steuerkraft der
Gemeinden explizit erwähnt wird und Faktoren für die ProKopf-Steuerkraft nur indirekt miteingerechnet werden,
vermag das Finanzausgleichssystem den eigentlich
intendierten Ausgleich nicht zu leisten. Erschwerend kommt
hinzu, dass vom Kanton an die Gemeinden überwälzte
finanzielle Verpflichtungen (Anteile an wirtschaftliche
Sozialhilfe,
Alimentenbevorschussung
und
Elternschaftsbeihilfe sowie Restkosten Sonderschulung,
Heime
und
Werkstätten)
jeweils
nach
einer
Gesamteinschätzung aller Gemeinden verteilt werden. Dass
dabei die genannten steuerschwachen Gemeinden
benachteiligt werden, ist offensichtlich.
Die Regierung des Kantons Zürich hat dem Kantonsrat ein
neues Finanzausgleichsgesetz vorgelegt, in dessen Zentrum
der Ausgleich der relativen Steuerkraft, also der Pro-KopfSteuerkraft der einzelnen Gemeinden, steht.
In diesem Zusammenhang bitte ich den Regierungsrat um
Stellungnahme zu folgenden Fragen:
1. Wie beurteilt der Regierungsrat Funktion und Wirkung
des aktuellen Finanzausgleichsgesetzes im Kanton
Aargau?
2. a)
Wie beurteilt der Regierungsrat die Tatsache, dass
die Steuerfüsse einzelner kleinerer Gemeinden und
grosser Zentrumsgemeinden laufend gesenkt werden,
während
die
Steuerfüsse
der
mittelgrossen
Agglomerationsgemeinden tendenziell erhöht werden
müssen?
b)
Liegt aus Sicht des Regierungsrats die Begründung
für diese "Steuerfuss-Schere" im Finanzausgleich oder
gibt es dafür andere Gründe?
3. Ist für den Regierungsrat eine Systemänderung im
kantonalen Finanzausgleich mit Korrektur der Pro-KopfSteuerkraft in den Gemeinden, so wie sie momentan im
Kanton Zürich in Arbeit ist, denkbar?
4. Sieht der Regierungsrat andere Möglichkeiten, die
speziellen
finanziellen
Belastungen
und
die
soziodemografischen
Nachteile
der
Agglomerationsgemeinden aufgrund ihrer Lage im
"Schatten der Zentren" auszugleichen oder zu mildern?
2286
Interpellation Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg,
Windisch (Sprecher), Jörg Hunn, Riniken, Richard
Plüss, Lupfig, Marianna Mattenberger, Birr, betreffend
Aufarbeitung der Grabungsbefunde und Abgeltung der
durch die archäologische Forschung verursachten
Standortnachteile;
Einreichung
und
schriftliche
Begründung
Von Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP, Windisch (Sprecher),
Jörg Hunn, SVP, Riniken, Richard Plüss, Lupfig, Marianna
Mattenberger, SVP, Birr, und 28 mitunterzeichnenden
Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Der Grosse Rat hat in aufgeschlossener Weise in den
vergangenen Jahren grosse Aufwendungen für die
archäologische Forschung bewilligt. Die Resultate dürfen
sich sehen lassen und bestätigen die vom Parlament und
auch vom Regierungsrat eingeschlagene Richtung. Daraus
ergeben sich nun allerdings verschiedene neue Fragen, die
nach einer Antwort verlangen. Um diese Antworten wird der
Regierungsrat hiermit höflich gebeten:
1. Welche zeitliche Prognose stellt der Regierungsrat für die
4758
24. März 2009
vollständige wissenschaftliche Aufarbeitung der heute
bereits vorhandenen Grabungsbefunde?
2. Wäre es nicht zweckmässig, diese Aufarbeitung zu
beschleunigen, um zu verhindern, dass unersetzliches
Fachwissen, welches bei den Grabungsequipen
vorhanden ist, durch den Prozess des Vergessens und die
weiteren Karrieren der Verantwortlichen verloren geht?
3. Wie können die Standortnachteile, welche sich für die
von der Archäologie besonders betroffenen Gemeinden
und Privaten ergeben, besser abgegolten werden, da ja die
gemeinsame Geschichte eine gemeinsame Aufgabe aller
ist und nicht dem zufälligen heutigen Eigentümer einer
fundreichen Parzelle aufgebürdet werden soll?
2287
Interpellation Peter Voser, Killwangen, vom
24. März
2009
betreffend
Änderung
der
Zahlungsmodalitäten des Kantons; Einreichung und
schriftliche Begründung
Von
Peter
Voser,
CVP,
Killwangen,
und
21 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende
Interpellation eingereicht:
Text und Begründung:
Die momentane schwierige Situation in unserer
Realwirtschaft fordert unkomplizierte und vor allem schnell
umsetzbare Massnahmen zur Stützung der Aargauer
Unternehmen. Die Liquidität der Firmen spielt dabei eine
entscheidende Rolle. In diesem Zusammenhang stellen sich
einige Fragen an den Regierungsrat.
1. Wie sind die Zahlungsmodalitäten bei der Begleichung
von Rechnungen der Privatwirtschaft an den Kanton?
2. Ist eine Beschleunigung der Begleichung von
Rechnungen auf eine Woche umsetzbar?
3. Welche negativen Auswirkungen für den Kanton wären
damit verbunden?
4. Wäre der Regierungsrat bereit, die Änderung der
Zahlungsmodalitäten raschmöglichst umzusetzen?
2288
Wahl des Präsidiums und der Mitglieder der
Wahlaktenprüfungskommission für die Legislaturperiode 2009/2013 (Grossratswahlen vom 8. März 2009)
Gemäss § 2 Abs. 3 GVG wird aus wiedergewählten
Mitgliedern nach Vorschlägen des Büros folgende
Wahlaktenprüfungskommission gewählt:
Ergebnis der Wahl: ausgeteilte Wahlzettel: 133;
eingegangene Wahlzettel: 131; leere und ungültige
Wahlzettel: 1; total gültige Wahlzettel: 130; absolutes Mehr:
66.
Stimmen haben erhalten und sind gewählt: Lilian Studer,
Wettingen, als Präsidentin 129; Mitglieder: Jörg Hunn,
Riniken 128; Christine Haller, Reinach 126; Andreas Senn,
Würenlingen 130: Renate Gautschy, Gontenschwil 128; Eva
Eliassen Vecko, Obersiggenthal 126; Dr. Peter
Schuhmacher, Wettingen 126.
4759
Art. 2287–2291
2289
Wahlen; Andreas Senn, Würenlingen, und Rita
Boeck,
Brugg
als
Mitglieder
für
die
interparlamentarische
GPK
der
interkantonalen
Polizeischule in Hitzkirch für die Legislaturperiode
2009/2013
Vorschläge des Büros des Grossen Rats vom 17. März 2009:
Rita Boeck, Brugg, SP-Fraktion, und Andreas Senn,
Würenlingen, CVP-Fraktion.
Ausgeteilte Wahlzettel: 133; eingegangene Wahlzettel: 133;
leere und ungültige Wahlzettel: 1; total gültige Wahlzettel:
132; absolutes Mehr: 67.
Stimmen haben erhalten und sind gewählt: Andreas Senn,
Würenlingen 127; Rita Boeck, Brugg 125.
2290
Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die
Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel
(Jagdgesetz
des
Kantons
Aargau,
AJSG);
Redaktionslesung
(Anträge des Regierungsrats vom 18. März 2009)
Vorsitzender: Wir unterziehen das in der Sitzung vom
24. Februar
2009
verabschiedete
Gesetz
der
Redaktionslesung.
§ 25 Abs. 2
Richner Sämi, EVP, Auenstein: Es ist vielleicht nicht so
wahnsinnig wichtig. Es fragt sich, wie wichtig
Redaktionsänderungen sind. Ich bin aber der Meinung, dass
wir konsequent sein müssen. In § 25 (Seite 9) haben wir drei
Absätze. Der erste Absatz fängt mit "Der Kanton" an, der
zweite und der dritte auch. Der dritte Absatz wurde nun auf
"Er kann" geändert. Mein Antrag lautet: Der zweite Absatz
soll konsequenterweise auch mit "Er " anfangen.
Landammann Peter C. Beyeler, FDP: Ich darf Herrn Richner
zu seiner Findigkeit gratulieren. Die Begründung ist logisch
und konsequent. Somit kann man diesem Antrag zustimmen.
Abstimmung:
Der regierungsrätliche Antrag wird unter Berücksichtigung
des Änderungsantrags Richner mit 120 gegen 0 Stimmen
gutgeheissen.
Beschluss
Das Ergebnis der redaktionellen Überprüfung des
Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Jagd und
den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (Jagdgesetz
des Kantons Aargau, AJSG) vom 24. Februar 2009 wird, wie
es aus den Beratungen hervorgegangen ist, genehmigt.
2291
Antrag auf Direktbeschluss Thierry Burkart,
Baden, vom 17. März 2009 betreffend Abklärung von
Abläufen und Verantwortlichkeiten im Zusammenhang
mit dem Tötungsdelikt "Lucie T."; Erheblicherklärung;
Zuweisung an die Kommission für öffentliche Sicherheit
(SIK)
Art. 2292
(vgl. Art. 2256 hievor)
Burkart Thierry, FDP, Baden: Vorab möchte ich den
Verantwortlichen für die umgehende Traktandierung dieses
Geschäfts herzlich danken. In der Tat handelt es sich um
eine Angelegenheit, die keinen langen Aufschub verträgt.
Das Tötungsdelikt an der 16-jährigen Lucie T. macht sehr
betroffen. Ich gehe davon aus, dass ich im Namen aller hier
Anwesenden spreche. Sie musste ihr noch junges Leben
lassen, weil voraussichtlich ein bereits verurteilter Straftäter
auf Bewährung wiederum straffällig wurde. Fast täglich sind
in den letzten Tagen über die Medien Ungereimtheiten
bekannt geworden hinsichtlich der gegenüber dem
mutmasslichen, geständigen Täter verfügten Massnahmen
beziehungsweise Auflagen sowie deren Vollzug und
Kontrolle durch die Behörden. Es werden Schuldige gesucht.
Öffentliche Verurteilungen finden indes statt, ohne dass der
Sachverhalt tatsächlich geklärt wäre. Klar ist aber, irgendwo
ist etwas schief gelaufen, sonst wäre dieser tragische Fall
wahrscheinlich nicht passiert. Lassen Sie uns also lernen und
verbessern! Lassen Sie uns gemeinsam derartige Fälle nach
Möglichkeit verhindern, auch wenn wir wissen, dass eine
absolute Sicherheit nicht erreicht werden kann! Um
möglichst viele derartige Fälle zu verhindern, bedarf es aber
der Offenlegung sämtlicher Tätigkeiten durch die Behörden
im Zusammenhang mit der Entlassung des mutmasslichen
Täters aus der Arbeitserziehung sowie den Bewährungsauflagen und deren Vollzug und Kontrolle.
Der Innendirektor hat zwar, einen Tag nachdem ich diesen
Vorstoss in der Aargauer Zeitung angekündigt habe,
anlässlich einer Medienkonferenz am 12. März 2009 bereits
darüber informiert, dass eine Überprüfung durchgeführt
werde. Gleichzeitig hat er aber bereits sein Urteil gefällt und
ausgeführt, dass die Vollzugsbehörden und die
Bewährungshilfe beim Massnahmenvollzug des geständigen
Täters "rechtlich korrekt und zweckmässig" gehandelt
hätten. Damit die Überprüfung unabhängig erfolgen kann,
muss indes auch der Auftraggeber unabhängig sein. Der
Innendirektor ist aber als oberster Verantwortlicher der
Strafvollzugsbehörden keineswegs unabhängig. Eine
unvoreingenommene Aufarbeitung dieses Falls sowie die
Ortung von eventuellen Fehlern beziehungsweise
gesetzlichen und systemischen Schwachstellen ist
Voraussetzung, um derartige Fälle verhindern oder
wenigstens minimieren zu können. Daher muss die
Abklärung durch den Grossen Rat beziehungsweise einer
seiner Kommissionen durchgeführt werden – analog zum
Vorgehen bei der Überprüfung des Strassenverkehrsamts.
Selbstverständlich
ist
denkbar,
dass
eine
enge
Zusammenarbeit mit dem durch den Innendirektor
beauftragten externen Gutachter angestrebt wird oder der
Gutachter als Auftragnehmer gar der grossrätlichen
Kommission unterstellt wird. Das entsprechende Vorgehen
ist durch die Kommission festzulegen.
Es stellen sich im Zusammenhang mit dem mutmasslichen,
geständigen Täter verschiedene Fragen, welche die
einzusetzende grossrätliche Kommission ohne Weiteres
ergänzen kann. Ich habe sie im Vorstoss aufgeführt. Ich
nenne beispielsweise:
- Welche Bewährungsauflagen wurden gegenüber dem
mutmasslichen Täter angeordnet und wie wurden die
Auflagen vollzogen beziehungsweise deren Einhaltung
kontrolliert?
- Weshalb haben die Behörden nicht sofort gehandelt, als
24. März 2009
bekannt wurde, dass der mutmassliche Täter in Bezug auf
Drogen und Alkohol rückfällig wurde und deshalb gar seinen
Arbeitsplatz verlor?
- Wie können Informations-, Entscheidungs- und
Verantwortlichkeitsprozesse zwischen den verschiedenen
Behörden im Kanton wie auch zwischen den Kantonen
beziehungsweise zwischen dem Kanton und dem Bund
optimiert werden, damit derartige Risiken vermindert
werden können?
Ich bin sicher, dass wir als oberste Aufsichtsbehörde die
Pflicht haben zu klären und zu handeln. Ich bitte Sie,
geschätzte Kolleginnen und Kollegen: Lassen Sie uns eine
unabhängige grossrätliche Kommission mit der Klärung des
Sachverhalts und der Formulierung allfälliger Massnahmen
beauftragen! Im Zentrum steht nicht die Frage, wer die
Schuld an eventuellen Fehlern trägt, sondern vielmehr,
welche Massnahmen, auf welchen Ebenen und in welchem
Zeitraum getroffen werden sollten, damit Wiederholungen
ähnlicher Vorfälle künftig vermieden werden können. Wir
sind es unserer Bevölkerung schuldig. Ich bitte um
Zustimmung zum Antrag auf Direktbeschluss.
Hunn Jörg, SVP, Riniken: Nachdem unsere Fraktion bereits
am 10. März 2009 einen Vorstoss in ähnlicher Zielrichtung
eingereicht hat, sind wir selbstverständlich mit dem Antrag
von Grossrat Thierry Burkart einverstanden. Es ist richtig,
wenn sich eine Kommission des Grossen Rats vertieft mit
diesem Fall und dem Gefährdungsproblem befasst. Die
Angehörigen des Opfers und die Öffentlichkeit haben
Anspruch darauf, dass die Abläufe genau abgeklärt und dass
allfällige Schwachstellen schonungslos aufgedeckt werden.
Dabei darf der Fokus nicht alleine auf diese schändliche Tat
gelegt werden. Die Abklärungen sollen auch das
Risikopotenzial von bereits straffällig gewordenen
Gewalttätern umfassen, die vor der Entlassung stehen, sich
in offenen Anstalten oder bereits auf freiem Fuss befinden.
Weiter
soll
die
Kommission Massnahmen
zur
grösstmöglichen Verhinderung von Wiederholungstaten in
die Wege leiten. Die SVP stimmt der Erheblicherklärung zu.
Abstimmung:
Der Antrag auf Direktbeschluss wird mit 125 gegen
0 Stimmen erheblich erklärt.
Vorsitzender: Das Geschäft wird der Kommission für
öffentliche Sicherheit SIK zugewiesen mit dem Auftrag, bis
31. August 2009 Bericht und Antrag zu unterbreiten.
2292
Einbürgerungen; Kenntnisnahme
Gemäss schriftliche Mitteilung hat die Kommission für
Justiz (JUS) an ihrer Sitzung vom 26. Februar 2009 gestützt
auf § 20 Abs. 1 des Dekretes über die Geschäftsführung des
Grossen Rates (GO) die Einbürgerung vom 284
ausländischern Staatsangehörigen und die Ablehnung der
Einbürgerung von 10 ausländischen Staatsangehörigen
beschlossen.
Groux Rosmarie, SP, Berikon: Liebe Schweizerinnen und
Schweizer. Erlauben Sie mir, einen kurzen Eindruck aus den
vergangenen 4 Jahren der Mitarbeit in der Kommission für
Justiz und im Speziellen in der Subkommission
4760
24. März 2009
Einbürgerungen zu schildern. In früheren Beratungen
konnten wir einzelne, kritische Dossiers in der
Subkommission und in der Justizkommission zurückstellen,
um genauere Auskünfte zu verlangen, oder die Probezeit
nach einem Strafregistereintrag und die Löschung im
Strafregister abwarten, bevor wir das Dossier wieder prüfen
mussten. Heute häufen sich die Anträge auf Ablehnung der
Einbürgerungsgesuche.
Warum?
Entgegen
der
Subkommission ist die mehrheitliche Justizkommission der
Meinung, dass alle Gesuche mit Strafregistereinträgen, und
mit Vergehen, welche während dem Einbürgerungsverfahren
erfolgten, sofort abgelehnt werden müssen. Als Mitglied der
Subkommission möchte ich aber alle Gesuche, auch
diejenigen mit Einträgen im Strafregister detailliert prüfen.
Einzelne Gesuche werden vom Departement Volkswirtschaft
und Inneres bereits zur Ablehnung empfohlen: zum Beispiel,
wenn die eidgenössische Bewilligung nicht eingeholt werden
kann oder die Mitwirkungspflicht der Gesuchsteller nicht
erfüllt ist. Die lange Verfahrensdauer der einzelnen Dossiers
und vor wie langer Zeit das Gesuch vor der
Gemeindeversammlung behandelt und genehmigt wurde,
wird dabei nicht berücksichtigt. Es ist ein Unterschied, ob
ein Gesuch vom Kanton für 1 Jahr oder weniger
zurückgestellt wird oder ob ein Gesuchsteller wieder ein
Gesuch auf Gemeindeebene einreichen muss. Die
Einbürgerungsbedingungen sind streng und häufig sehr lang.
Wir sollten den Einbürgerungswilligen die Chance geben,
dass ihr Gesuch nach einer Rückstellung auf kantonaler
Ebene weiterbehandelt wird, wenn die Probezeit nach einem
Vergehen mit Strafregistereintrag erfüllt ist. Die SP wünscht
eine detaillierte Auflistung der Straftaten, damit auf jedes
einzelne Gesuch speziell eingegangen werden kann.
Schoch Adrian, SVP, Fislisbach: Grundsätzlich ist
festzuhalten, dass die Kommission für Justiz am Anfang der
Legislaturperiode die Richtlinien erarbeitet hat. Dort steht,
dass jemand, der einen Strafregistereintrag hat, nicht
eingebürgert wird. Wenn wir das nicht mehr wollen, müssen
wir die Richtlinien ändern. Das liegt in der Kompetenz der
Kommission. Die Kommission für Justiz der nächsten
Legislaturperiode muss das nochmals überdenken und
vielleicht wird eine Änderung vorgenommen.
Christen Martin, SP, Turgi: Einigen ist es vielleicht
aufgefallen, Wenige hat es vielleicht gestört, niemand sagt
etwas. Ich sage etwas, obwohl es sich um ein ganz winziges
Detail handelt: Wenn eine Person, die sich einbürgern lassen
möchte, erklärt: "Ich kommen von Türkei, ich sein gerne in
Schweiz", dann sehen wir über diesen Sprachfehler hinweg,
sofern sich diese Person sonst verständlich ausdrücken kann.
Wenn nun aber der Kanton von den Leuten, die sich
einbürgern lassen möchten, sprachliche Integration verlangt,
dann sollte sich dieser Kanton selber auch einer korrekten
Sprache bedienen und nicht die gleichen Fehler machen,
sondern Vorbild sein. Schauen Sie sich die Botschaft der
Kommission für Justiz etwas genauer an. Was steht denn da?
Woher stammen all diese Menschen? "Von Türkei", steht
mehrmals hier, "von Ukraine", steht zweimal, "von
Vereinigte Staaten", Seite 25, "von Vereinigtes Königreich",
Seite 25; du von Schweiz? Ja, ich von Aargau!
Art. 2293
2293
Begnadigungen;
Kenntnisnahme
bzw.
Zustimmung zur Behandlung eines Gesuches durch die
Kommission für Justiz (JUS)
Schoch Adrian, SVP, Fislisbach: Begnadigung Fall Nr. 18,
Kompetenzkommission für Justiz: Urteil vom 13. Januar
2006, Führen eines Motorfahrzeugs in alkoholisiertem und
übermüdetem Zustand, Verletzung von Verkehrsregeln,
21 Tage Gefängnis, Probezeit 2 Jahre und Busse 800
Franken; 2. Oktober 2006, Urteil Amtsgericht Lörrach,
fahrlässiges Führen eines Motorfahrzeugs in fahrunfähigem
Zustand (qualifizierte Blutalkoholkonzentration), Geldstrafe
30 Tagessätze zu € 40.–; Strafbefehl vom 7. April 2008,
Nichtbewährung in der Probezeit, Widerruf der
Gefängnisstrafe von 21 Tagen gemäss Entscheid vom
13. Januar 2006.
Betreffend Sachverhalt verzichte ich auf die Wiedergabe
dessen und verweise dabei auf die Aktenauflage. Mit
Eingabe vom 15. Oktober 2008 beantragt der Gesuchsteller
die Aufhebung des Widerrufsentscheids vom 07. April 2008
oder mindestens die Bewilligung, die widerrufene
Gefängnisstrafe von 21 Tagen sei gnadenhalber in 84
Stunden gemeinnützige Arbeit umzuwandeln.
Die Diskussionen in der Kommission verliefen sehr
kontrovers. Wenn auch die Minderheit der Kommission dem
Antrag des DVI auf gnadenweisen Erlass der 21 Tage Haft
in 84 Stunden gemeinnützige Arbeit folgen konnte, kam die
Mehrheit der Kommission zur Ansicht, dass der
Gesuchsteller zweimal beim Autofahren in alkoholisiertem
Zustand erwischt worden ist. Dabei hat er einmal einen
Selbstunfall verursacht und das andere Mal wurde er beim
Grenzübertritt aus Deutschland angehalten. Die Strafe lautet
drei Wochen Gefängnis, die er in Halbgefangenschaft
absolvieren kann. Als Begründung für das Gnadengesuch
schreibt der Petent, sein soziales Umfeld leide unter der
Gefängnisstrafe. Bei einer so kurzen Halbgefangenschaft ist
dies schwer nachvollziehbar und die Strafe ist zumutbar.
Der Gesuchsteller wurde aufgrund schwerer Verkehrsdelikte
verurteilt. Wenn wir hier eine Begnadigung gutheissen,
setzen wir ein falsches Signal. In Halbgefangenschaft sind
21 Tage sehr rasch vorbei. Der Petent hat mit seinem
Verhalten Menschenleben gefährdet. Es handelt sich somit
nicht um ein Kavaliersdelikt. Bei bestimmten Fällen kann
gemeinnützige Arbeit durchaus als sinnvoll erachtet werden,
jedoch nicht im vorliegenden Fall. Der Nutzen für die
Gesellschaft sollte zudem differenzierter betrachtet werden.
Bei der gemeinnützigen Arbeit muss am Einsatzort jeweils
ein Mitarbeiter die Verantwortung übernehmen und den
Straftäter beaufsichtigen. Geben wir diesem Gesuch nach,
müssen wir in den kommenden Jahren mit etlichen, ähnlich
gelagerten Begnadigungsgesuchen rechnen. Es handelt sich
hier um einen Sonderfall, da wir uns in der Übergangsphase
vom alten zum neuen Recht befinden. Der Fall wurde nach
altem Recht beurteilt. Wäre das neue Recht zur Anwendung
gekommen, hätte bereits der Richter gemeinnützige Arbeit
verfügen können. Trotzdem war die Kommission nicht der
Ansicht, dass man auf das Gesuch eingehen soll.
Die Kommission für Justiz lehnt das Begnadigungsgesuch
auf Umwandlung der 21 Tage Gefängnisstrafe in 84 Stunden
gemeinnützige Arbeit mit 7 gegen 4 Stimmen, bei 11
Anwesenden, ab.
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
4761
Art. 2294
2294
Interpellation
Max
Chopard-Acklin,
Obersiggenthal (Sprecher), und Nicole Meier Doka,
Baden, vom 25. November 2008 betreffend Arbeitsweise
von Inkassofirmen im Kanton Aargau; Beantwortung
und Erledigung
(vgl. Art. 1998 hievor)
Antwort des Regierungsrats vom 18. Februar 2009:
Vorbemerkung: Der Bereich Schuldbetreibung ist eine
kommunale Angelegenheit. Der Gemeinderat am Sitz des
Betreibungsamts stellt die Betreibungsbeamtin oder den
Betreibungsbeamten respektive die Stellvertretungen an. Die
Aufsicht wird durch die Justizbehörden wahrgenommen.
Die Leitung des Konkursamts wird durch die
Schuldbetreibungsund
Konkurskommission
des
Obergerichts bestellt.
Hingegen sind die in der Interpellation angesprochenen
Inkassounternehmen privatrechtliche Unternehmen, für die
im Rahmen der Rechtsordnung die Wirtschaftsfreiheit gilt.
Der Regierungsrat vertritt die Ansicht, dass eine gute
Zahlungsmoral ein bedeutender Faktor für eine
funktionierende Wirtschaft ist. Unternehmen sind gefordert,
ein effizientes Debitorenmanagement zu betreiben. Der
Einsatz von Inkassofirmen kann dabei durchaus
gerechtfertigt sein. Diese müssen jedoch korrekt vorgehen
und die Schranken der Rechtsordnung beachten.
Zur Frage 1: Für die Beurteilung der Verschuldungssituation
der aargauischen Bevölkerung stützt sich der Regierungsrat
auf die Betreibungsstatistik sowie die Statistik der
Konkurseröffnungen, welche als indirekte Hinweise
herangezogen werden können. In den Jahren 2004 - 2007
lässt sich dabei keine signifikante Zunahme feststellen. Auch
aufgrund der Steuerstatistik ist keine übermässige
Verschuldung auszumachen. Diese Daten liegen allerdings
jeweils nur mit starker Verzögerung vor und haben daher für
die aktuelle Situation keine absolut zuverlässige
Aussagekraft.
Zur Frage 2: Im Kanton Aargau sind zurzeit insgesamt elf
Inkasso-Unternehmen bekannt.
Zur Frage 3: Dem Regierungsrat sind dazu keine Details
bekannt.
Zur Frage 4: Nach den verfügbaren Informationen gibt es
keine solchen Auftragsverhältnisse.
Zur Frage 5: Inkassofirmen sind private Schuldeneintreiber,
die gegen Bezahlung seitens des Auftraggebers Forderungen
geltend machen. Für Inkassofirmen gelten die gleichen
Regeln wie für andere Unternehmen.
Inkassofirmen geniessen somit keine Sonderstellung,
sondern müssen sich im Rahmen der geltenden Gesetze
bewegen. Das bedeutet, dass sie zum Beispiel nicht ohne
Erlaubnis ein Haus betreten sowie weder Gewalt noch
Drohungen oder Nötigungen anwenden dürfen. Wer die
Grenzen der Legalität überschreitet, kann angezeigt und
strafrechtlich verfolgt werden.
Zur Frage 6: Der Regierungsrat verurteilt jegliches
24. März 2009
Ausnutzen einer Angstsituation. Die Strafverfolgungsbehörden und die Gerichte können Drohungen und
Nötigungen jedoch nur ahnden, wenn sie aufgrund von
Anzeigen der Betroffenen über die nötigen Informationen für
die Einleitung und Durchführung eines Strafverfahrens
verfügen.
Zur Frage 7: Auch gegenüber der Inkassofirma, die
Gegenstand des AZ-Artikels war, kann die Polizei nur
aufgrund von konkreten Hinweisen auf Straftaten tätig
werden. Grundsätzlich ist eine Anwerbung von Personal auf
die erwähnte Art nicht verboten, auch wenn sie befremdend
wirkt.
Zur Frage 8: Die geltenden rechtlichen Bestimmungen,
wonach die Zwangsvollstreckung von Forderungen den
Betreibungs- und Konkursbehörden vorbehalten ist und die
rechtswidrige Anwendung von Zwang durch Inkassofirmen
strafrechtlich geahndet wird, sind ausreichend. Die
Einführung einer Bewilligungspflicht und einer staatlichen
Aufsicht für Inkassofirmen wäre unverhältnismässig.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'399.–.
Chopard-Acklin Max, SP, Obersiggenthal: Mit der
Zahlungsmoral in der Schweiz steht es nicht gut. Gemäss
Auskunft von Thomas Karst, Präsident des Verbandes
Schweizerischer Inkassotreuhandinstitute, anlässlich einer
Medienkonferenz im Januar 2008 hat sich das
Zahlungsverhalten in der Schweiz dramatisch verschlechtert.
Zu lesen war auch, dass 7 Prozent der Unternehmer wegen
der schlechten Zahlungsmoral sogar massiv in ihrer Existenz
bedroht sind. Betroffen sind offenbar insbesondere KMU. Es
ist davon auszugehen, dass die aktuelle wirtschaftliche Lage
die Situation zusätzlich verschärft. Nicole Meier und ich
haben die Sache angeschaut und sie bereitet uns Sorge.
Keine Sorge bereitet diese Situation offenbar dem
Regierungsrat. Denn auf unsere Frage, wie der Regierungsrat
die Verschuldungssituation der aargauischen Bevölkerung
beurteile, kommt eine "Nullantwort", also keine Antwort.
Dies wird damit begründet, dass die aktuelle Statistik für die
aktuelle Situation keine zuverlässige Aussagekraft hätte.
Auch ansonsten ist die Interpellationsbeantwortung eher
spärlich ausgefallen, Herr Regierungsrat. So wollten wir mit
unseren Fragen auch Genaueres über die Arbeitsweise von
Inkassofirmen im Aargau wissen und wie überprüft wird, ob
diese sich an rechtliche Bestimmungen halten. Denn
Medienberichte in der "Aargauer Zeitung" und in "Tele
Züri" vom 22. Oktober 2008 über eine Badener Inkassofirma
zeigten, dass sich zur Schuldeneintreibung ungewöhnliche
Methoden etabliert haben. Die Grenzen zwischen legalen
und illegalen Methoden scheinen auch gemäss Aussagen der
Kantonspolizei manchmal fliessend zu sein. Doch auch hier
sieht der Regierungsrat offenbar keinen Handlungsbedarf. Er
verurteilt zwar jegliche Ausnutzung einer Angstsituation
durch eine Inkassofirma, verweist aber ansonsten auf den
notwendigen Rechtsweg, der eine Anzeige der
Direktbetroffenen voraussetze. Der Regierungsrat lässt mit
dieser Interpellationsbeantwortung Zweifel an seinem
politischen Fingerspitzengefühl in diesem sensiblen Bereich
aufkommen.
Nicole Meier und ich fordern den Regierungsrat hiermit auf,
den im Aargau aktiven Inkassofirmen ein klares Signal
4762
24. März 2009
zukommen zu lassen, indem diese zur Achtung des
Rechtsstaates und der Verhältnismässigkeit aufgerufen
werden. Von Inkassofirmen, die mit schwarz gekleideten
Kriegsveteranen
und
"Möchtegern-Rambos"
mit
Hundebegleitung Drohkulissen aufbauen, halten wir
überhaupt nichts. Mit der Beantwortung dieser Interpellation
sind wir nicht zufrieden.
Vorsitzender: Max Chopard-Acklin, Baden, erklärt sich im
Namen der Interpellanten von der Antwort nicht befriedigt.
Das Geschäft ist erledigt.
2295
Motion der SP-Fraktion vom 16. Dezember
2008 betreffend Änderung des Gesetzes über das
Kantons- und Gemeindebürgerrecht vom 22. Dezember
1992; Unwandlung in ein Postulat; Ablehnung
(vgl. Art. 2105 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 4. März 2009:
Der Regierungsrat lehnt die Motion mit folgender
Begründung ab beziehungsweise ist bereit, die Motion als
Postulat entgegenzunehmen:
a) Ausgangslage: Die aargauische Bürgerrechtsgesetzgebung behandelt jugendliche ausländische Staatsangehörige
nur insofern bevorzugt, als sie bei Einreichung des
Einbürgerungsgesuchs nur drei und nicht fünf Jahre im
Aargau gewohnt haben müssen. Weitere Vergünstigungen
wie die Einräumung eines Rechtsanspruchs auf
Einbürgerung,
niedrigere
Pauschalgebühren
und
Verfahrenserleichterungen für jugendliche Bürgerrechtsbewerberinnen und Bürgerrechtsbewerber sind dem
aargauischen Recht fremd. Die Mehrzahl der Kantone
gewährt indessen diesen Gesuchstellenden den einen oder
anderen oder sogar gleichzeitig mehrere dieser Vorteile.
Die aargauische Bürgerrechtsgesetzgebung kennt auch keine
Erledigungsfristen für die einzelnen Verfahrensschritte im
Einbürgerungsverfahren, weder auf der kommunalen noch
auf der kantonalen Ebene. Über die Verfahrensdauer auf der
kommunalen Ebene liegen keine statistischen Zahlen vor. Es
ist jedoch bekannt, dass die Verfahren aus verschiedenen
Gründen zum Teil unangemessen lang bei den Gemeinden
hängig sind. Auf kantonaler Ebene sind im Jahr 2008 85.5 %
der Gesuche innert acht Monaten an die Kommission für
Justiz weitergeleitet worden.
b) Erleichterungen für Jugendliche: Durch eine frühe
Einbürgerung kann eine Festigung der Integration
jugendlicher Ausländerinnen und Ausländer ermöglicht
werden. Dies ist wünschenswert. In den Jahren 1983, 1994
und 2004 wurden in eidgenössischen Volksabstimmungen
Verfassungsänderungen
betreffend
die
erleichterte
Einbürgerung junger, in der Schweiz aufgewachsener
Ausländerinnen und Ausländer abgelehnt. Auch die
aargauischen Stimmberechtigten haben alle drei Vorlagen
abgelehnt. Angesichts dieser Abstimmungsresultate ist es
angezeigt, allfällige Einbürgerungserleichterungen sehr
sorgfältig zu prüfen.
c) Bearbeitungsfristen:
Die
Einführung
von
Bearbeitungsfristen im Einbürgerungsverfahren ist im
4763
Art. 2295
Aargau namentlich auf Gemeindeebene zu prüfen. Gemäss
Art. 29 Abs. 1 der Bundesverfassung (BV) hat jede Person
Anspruch auf Beurteilung ihres Gesuchs innert
angemessener Frist. Ordnungsfristen erscheinen geeignet,
diesem Anspruch Nachachtung zu verschaffen. Auch wenn
sie nicht in allen Fällen die gewünschte Wirkung zeitigen
werden, geben sie doch den Massstab ab für die Beurteilung
von Rechtsverzögerungsbeschwerden.
Nicht jede Verzögerung in der Bearbeitung ist jedoch den
Behörden zuzuschieben. Es ist leider eine Tatsache, dass die
Bewerberinnen und Bewerber um das Schweizer Bürgerrecht
ihrer Mitwirkungspflicht nicht selten nur schleppend
nachkommen.
Eine
allfällige
Regelung
der
Bearbeitungsfristen darf somit die Mitwirkungspflicht der
Verfahrensbeteiligten nicht ausser Acht lassen.
d) Fazit: Beide mit der Motion vorgebrachten Anliegen sind
prüfenswert. Es stellen sich aber dazu einige Fragen, die
vertieft angegangen werden müssen. Der Regierungsrat lehnt
deshalb die Motion ab und ist bereit, diese als Postulat
entgegenzunehmen. Eine Prüfung der Anliegen soll im
Rahmen der vorgesehenen Totalrevision der aargauischen
Bürgerrechtsgesetzgebung erfolgen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'045.–.
Vorsitzender: Die SP-Fraktion ist mit der Umwandlung in
ein Postulat einverstanden.
Christen Martin, SP, Turgi: Der Präsident hat es Ihnen
bereits mitgeteilt: Die SP-Fraktion ist mit der Umwandlung
in ein Postulat einverstanden, um dem Regierungsrat mehr
Spielraum gewähren zu können. Uns ist bewusst, dass das
Volk vor 5 Jahren die erleichterte Einbürgerung von jungen
Ausländerinnen und Ausländern der zweiten und dritten
Generation abgelehnt hat. Trotzdem sind wir der Ansicht,
dass auch der Kanton Aargau – wie das inzwischen schon
viele Kantone getan haben – jenen jungen Menschen, die
hier aufgewachsen sind, die sich hier zu Hause fühlen, die
gar keine andere Heimat als die unsere kennen, die bestens
integriert sind, die in Wirklichkeit Einheimische sind,
ebenfalls gewisse Einbürgerungserleichterungen verschaffen
sollte. Wir haben das auch in der Motion respektive nun im
Postulat an verschiedenen Beispielen aufgezeigt: zum
Beispiel mit einem bestehenden Rechtsanspruch auf
Einbürgerung, mit niedrigeren Pauschalgebühren, mit
kürzeren kommunalen und kantonalen Wohnsitzfristen. Es
gäbe aber auch andere Möglichkeiten wie zum Beispiel
weitergehende Erleichterungen für Jugendliche der dritten
Generation oder selbstständige Einbürgerungsmöglichkeiten
beispielsweise schon vom 10. Lebensjahr an. Ebenso wichtig
erscheint uns aber die Festlegung kommunaler
Verfahrensfristen wie auch kantonaler. Hier kann es zu
unzumutbaren Verzögerungen kommen, die gerade junge
Menschen in Ausbildung ungebührlich hart treffen können.
Ich erinnere hier an den Fall der jungen Frau aus Menziken:
Dort blieb das Gesuch während 3 ½ Jahren auf kommunaler
Ebene liegen. Es soll aargauische Gemeinden geben, die
Gesuche von Jugendlichen zweitrangig und besonders
schleppend behandeln. Ob das stimmt, weiss ich nicht; ich
kann das jedoch gar nicht glauben. Traurige Tatsache ist
aber, dass verschiedene Gemeinden nur eine bestimmte
Maximalzahl von Gesuchen behandeln und die überzähligen
Art. 2295
mindestens ein halbes Jahr oder noch länger schubladisieren
mit der Begründung, ein Gemeinderat könne seiner
Gemeindeversammlung höchstens eine gewisse Anzahl
Einbürgerungsgesuche und kein einziges mehr zumuten.
Eine solche Haltung widerspricht ganz klar Art. 29 der
Bundesverfassung, wie der Regierungsrat in seiner
Begründung auch feststellt. Als Beispiel für einen Kanton
mit solchen Fristen erwähne ich hier den Kanton Baselland,
der auf Gemeindeebene zum Beispiel Folgendes vorschreibt:
Für die Prüfung der eingereichten Gesuche sind höchstens
6 Wochen zulässig. Ein Antrag an die Bürgergemeindeversammlung muss dann innert 6 Monaten erfolgen. Die
Weiterleitung an den Kanton hat danach innert 30 Tagen zu
erfolgen. Auf Kantonsebene gibt es ebenfalls Fristen, die
eingehalten werden müssen: Die Antragstellung des
Regierungsrats an den Landrat soll innerhalb von 3 Monaten
erfolgen und der Landrat hat seinen Beschluss dann innert
10 Wochen zu fassen.
Alle Menschen, meine Damen und Herren, die sich
einbürgern lassen möchten, haben Anspruch auf ein faires,
gerechtes Verfahren innerhalb eines zumutbaren Zeitraums.
Der Kanton hat hier einen Rahmen festzulegen, der im
ganzen Kanton Gültigkeit haben muss. Es soll nicht
Glücksache sein, ob man in einer Gemeinde wohnt, welche
die Gesuche speditiv behandelt oder eben nicht. In meiner
langjährigen Tätigkeit als Lehrer habe ich schon mehrere
hundert ausländische Kinder und Jugendliche unterrichtet.
Bei weitaus den meisten von ihnen wäre ich nicht auf die
Idee gekommen, sie könnten Fremde und nicht Einheimische
sein. Es könnten junge Schweizerinnen und Schweizer sein,
die keinen Pass haben. Ich bitte Sie, unseren Vorstoss zu
unterstützen.
Hunn Jörg, SVP, Riniken: Die SVP-Fraktion lehnt sowohl
die Motion wie auch deren Überweisung als Postulat aus
folgenden Gründen ab: Es besteht nach unserer Auffassung
kein Bedarf, die Einbürgerung von jugendlichen
Ausländerinnen und Ausländern weiter zu erleichtern. Die
bestehenden Erleichterungen sind durchaus genügend und
ermöglichen es den in der Schweiz geborenen Kindern,
bereits im Alter von 11 Jahren selbstständig ein
Einbürgerungsgesuch zu stellen. Jugendliche, die zum
Beispiel im 10. Altersjahr in die Schweiz einreisen, können
sich bereits mit 16 Jahren einbürgern lassen. Werden
unmündige Kinder mit den Eltern eingebürgert, gibt es keine
Hindernisse. Da sehen wir beim besten Willen kein
Handicap für einbürgerungswillige Jugendliche. Auch die
Gebühren bewegen sich in einem moderaten Rahmen. Bei
Jugendlichen machen die Gemeinden in der Regel von der
Möglichkeit der Gebührenreduktion Gebrauch. Die
Motionärin schreibt, dass Jugendliche kaum noch eine
Beziehung zu ihrem Heimatstaat und dessen Kultur hätten.
Leider sieht die Praxis anders aus. Die Jugendlichen aus dem
Balkan beispielsweise bewegen sich meistens nur unter
ihresgleichen und sprechen ihre Muttersprache, so wie sie
auch zu Hause in ihrer Landessprache sprechen müssen.
Wenn die Voraussetzungen wie Sprache, Eingliederung,
Verhalten in der Schule usw. erfüllt sind, ist die ordentliche
Einbürgerung von Jugendlichen kein Problem. Wichtig ist
aber – und dies zeigen die vielen unrühmlichen
Vorkommnisse von Gewalt –, dass die Erfüllung der
Voraussetzungen in einem ordentlichen Verfahren genau
geprüft wird. Da ist kein Platz für Erleichterungen. Es kann
nicht unser Ziel sein, möglichst viele Ausländer
24. März 2009
einzubürgern, nur um die Zahl der ausländischen
Bevölkerung zu reduzieren. Es sollen auch bei den
Jugendlichen nur jene eingebürgert werden, die mit unseren
Sitten und Gebräuchen und mit unserer Kultur vertraut sind
oder sie mindestens respektieren.
Zur Verfahrensdauer: Es trifft zu, dass einzelne
Einbürgerungsverfahren sehr lange dauern. Allerdings liegt
die Verantwortung dafür meistens nicht bei den Gemeinden,
sondern bei den Gesuchstellern selber. Es mag sein, dass es
in grossen Gemeinden mit vielen Gesuchen hin und wieder
zu Einbürgerungs-Staus kommen kann. In den kleinen und
mittleren Gemeinden werden die Gesuche in der Regel
jedoch zügig behandelt. Ich erwähne zwei Beispiele für
selbstverschuldete Verzögerungen, die häufig vorkommen
und die ich aus eigener Erfahrung und aus Gesprächen mit
Gemeindeschreiberkollegen kenne: Erstens werden häufig
unvollständige Gesuche eingereicht. Bis alle Unterlagen
korrekt vorliegen, kann es gut und gerne bis zu einem Jahr
dauern. Oft reagieren die Gesuchsteller auf die
Nachforderungen von Unterlagen überhaupt nicht. Da muss
man teils mehrmals nachfragen, bis alles in Ordnung ist.
Zweitens müssen jeweils einige Dokumente aktualisiert
werden,
wenn
das
Bürgerrecht
von
der
Gemeindeversammlung oder vom Einwohnerrat zugesichert
worden ist, beispielsweise die Abklärung von hängigen
Strafverfahren und die Bestätigung über die Erfüllung der
finanziellen Verpflichtungen. Nicht selten wird dabei
festgestellt, dass es zwischenzeitlich zu Steuerschulden,
Betreibungen oder Strafverfahren gekommen ist. In solchen
Fällen muss die Weiterleitung des Gesuchs auf Eis gelegt
werden, bis das Problem beseitigt ist, sprich bis die Steuern
bezahlt sind. Das kann sehr lange dauern. Die SVP-Fraktion
ist gegen die Einführung von Bearbeitungsfristen; sie
gefährden die seriöse Behandlung der Gesuche und führen
zu oberflächlichen Abklärungen. Geschätzte Kolleginnen
und Kollegen, bitte lehnen Sie auch das Postulat ab.
Dr. Scholl Bernhard, FDP, Möhlin: Die FDP-Fraktion lehnt
den Vorstoss auch in der Form eines Postulats ab. Zur
erleichterten
Einbürgerung:
Die
aargauische
Bürgerrechtsgesetzgebung kennt keine Verfahrenserleichterung für jugendliche Bürgerrechtsbewerberinnen und bewerber, mit einer Ausnahme, dass jugendliche
ausländische Staatsangehörige bei der Einreichung des
Einbürgerungsgesuchs nur 3 statt der üblichen 5 Jahre im
Kanton Aargau wohnhaft sein müssen. Weitere
Vergünstigungen, die andere Kantone zum Teil gewähren,
sind dem aargauischen Recht fremd, wie die Einräumung
eines Rechtsanspruchs auf Einbürgerung, niedrige
Pauschalgebühren
und
Verfahrenserleichterungen.
Erleichterte Einbürgerungen von jungen, in der Schweiz
aufgewachsenen Ausländerinnen und Ausländern wurden
vom Volk dreimal in drei eidgenössischen Abstimmungen
abgelehnt: 1983, 1994 und 2004, also somit nicht nur einmal
vor 5 Jahren. Auch die aargauischen Stimmberechtigten
haben dreimal Nein gesagt. Der Grosse Rat sollte sich an den
Volkswillen halten und jetzt nicht Erleichterungen
beschliessen, die das Volk schon dreimal abgelehnt hat.
Dazu besteht keine Notwendigkeit.
Zur Einführung von verbindlichen Fristen: Die aargauische
Bürgerrechtsgesetzgebung kennt keine Erledigungsfristen für
die einzelnen Verfahrensschritte im Einbürgerungsverfahren,
weder auf der kommunalen noch auf der kantonalen Ebene.
Auf der Ebene des Kantons hat die Justizkommission in
4764
24. März 2009
Zusammenarbeit mit der Sektion Bürgerrecht und
Personenstand die Bearbeitungsfristen erfolgreich gekürzt.
Ein Verfahren dauert im Kanton in der Regel kein Jahr mehr.
Probleme gibt es allerdings noch bei einzelnen Gemeinden –
ich unterstreiche hier "einzelne" Gemeinden. Ich kann als
Präsident der Subkommission für Einbürgerungen die
Angaben, die der Regierungsrat zur Länge der Fristen macht,
nur bestätigen. Es ist eine Fehlbeurteilung seitens der
Motionärin, dass die Verfahren generell zu lange dauern. Bei
einer allfälligen Diskussion über die Einführung von Fristen
für die Behörden sollten aber auch die Fristen für die
Gesuchsteller diskutiert werden. Viele Verfahren sind
arbeitsaufwendig, komplex und dauern sehr lange, weil
längst nicht alle Bewerber die Mitwirkungspflicht sehr ernst
nehmen. Ein Ansatz wäre, dass das Einbürgerungsgesuch
sofort verfällt, wenn die Mitwirkungspflicht materiell und
zeitlich nicht erfüllt wird. Wie erwähnt lehnt die FDPFraktion den Vorstoss auch als Postulat ab. Ich bitte Sie,
dasselbe zu tun.
Studer Lilian, EVP, Wettingen: Die EVP-Fraktion ist sich
bewusst, dass wir bezüglich diesem Vorstoss erst kürzlich
wieder eine nationale Abstimmung hatten. Trotzdem
möchten wir dieses Postulat überweisen. Wir alle wissen,
dass es für eine gelungene Integration zwei Seiten braucht.
Ich möchte Sie aber darauf hinweisen, dass es bei
Einbürgerungen oder Einbürgerungswilligen um Menschen
geht, die schon integriert sind oder integriert sein sollten.
Das prüfen wir.
Dieser Vorstoss enthält zwei Fragen: Bei der ersten geht es
darum, dass junge Menschen, die hier geboren wurden,
erleichtert eingebürgert werden können. Diese Menschen
sind Schweizer und Schweizerinnen, liebe Kolleginnen und
Kollegen; das wissen wir: Sie kennen nichts anderes, ihr
Lebenszentrum ist hier in der Schweiz. Trotzdem werden sie
immer wieder ausgegrenzt. Dies geschieht einerseits, weil
sie auch ein anderes Land kennen und von diesem Land
geprägt sind, da ein oder zwei Elternteile von dort kommen,
andererseits, weil sie auch gefühlsmässig einen anderen
Status haben oder weil sie gefühlsmässig für die vollständige
Bürgschaft noch nicht akzeptiert sind. Das kann zu inneren
Konflikten führen. Und hier können wir unseren Beitrag
dazu leisten, dass die Integration so schnell wie möglich
vonstattengeht. Wichtig ist, dass ein Verfahren bei
erleichterter Einbürgerung schon nach sechs Jahren
stattfinden muss. Ich bin dafür, dass es hier keinen Aufschub
geben soll, denn ich habe oft festgestellt, wie die
Einbürgerung diesen jungen Menschen gut tut.
Bei der zweiten Frage geht es um die Bearbeitungsfrist. Wir
in der Kommission haben immer wieder erlebt, dass die Frist
angemessen war. Aber es gab auch Ausnahmen. Diese gaben
uns in der Kommission zum Staunen Anlass. Sanktionen
konnten wir nicht ergreifen. Wohl konnten wir einmal einen
Brief schreiben, aber sonst hatten wir nichts in der Hand.
Eine Einbürgerung, die 7 oder 8 Jahre dauert, muss gerügt
werden können. Ich und mit mir die EVP-Fraktion bitten Sie,
diesem Anliegen gerecht zu werden und diesen Vorstoss zu
überweisen.
Senn Andreas, CVP, Würenlingen: Die CVP-Fraktion wird
der Umwandlung in ein Postulat zustimmen. Nach Ansicht
der CVP-Fraktion sind beide vorgebrachten Anliegen
prüfenswert. Die aufgeworfenen Fragen müssen jedoch
vertieft und gründlich geprüft werden. Die Prüfung der
4765
Art. 2296
Anliegen soll im Rahmen der vorgesehenen Totalrevision
der aargauischen Bürgerrechtsgesetzgebung erfolgen. Wir
laden Sie ein, dem Postulat zuzustimmen.
Regierungsrat Kurt Wernli, parteilos: Wie ich feststelle, sind
die Meinungen nach diesem Grabensystem einmal mehr
gemacht; so zeigt es sich zumindest. Der Regierungsrat steht
dieser Motion auch kritisch gegenüber. Wir sind aber der
Meinung, dass die Anliegen durchaus auch prüfenswert sind,
da insbesondere bei jungen Kindern und jugendlichen
Ausländerinnen und Ausländern die Integration das
Hauptziel ist. Diese Integration soll ermöglicht werden.
Wenn sie bereits seit Jahren hier leben oder sogar hier
geboren wurden und hier aufgewachsen sind, dann
beschleunigt die vorzeitige Einbürgerung die Integration –
das ist bestätigt worden. Deshalb sind wir der Meinung, dass
in diesen Fällen eine allfällige Einbürgerungserleichterung
sorgfältig zu prüfen ist. Es muss selbstverständlich geprüft
werden, ob es weitere Kriterien braucht.
Bezüglich Bearbeitungsfristen haben Sie sich bereits
mehrfach geäussert. Es gibt Gemeinden, die solche Gesuche
über Jahre hinweg verschleppen – das kann ich bestätigen.
Die Schuld liegt jedoch nicht immer bei den Gemeinden –
das möchte ich ebenfalls bestätigen. Manchmal kommen die
Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller ihrer Mitwirkungspflicht nur schleppend nach. Deshalb müssen einige Fragen
sorgfältig geprüft werden: Wenn man Fristen setzt, unter
welchen Voraussetzungen können diese dann vollzogen
werden? Muss die Mitwirkungspflicht nicht auch
selbstverständlich vorausgesetzt werden? Es ist weiter richtig
gesagt worden, dass wir diese umfassende Prüfung so oder
so im Rahmen der vorgesehenen Totalrevision der
aargauischen Bürgerrechtsgesetzgebung vornehmen werden.
Abstimmung:
Das Postulat wird mit 65 gegen 48 Stimmen abgelehnt.
2296
Postulat Martin Christen, Turgi (Sprecher),
und
Sandra-Anne
Göbelbecker,
Baden,
vom
16. Dezember 2008 betreffend Durchführung kantonaler
oder lokaler Staatskundekurse im Rahmen der
Einbürgerungsverfahren;
Überweisung
an
den
Regierungsrat
(vgl. Art. 2106 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 4. März 2009:
Der Regierungsrat ist bereit, das Postulat mit folgender
Erklärung entgegenzunehmen:
In der Postulatsbegründung wird die heutige Situation in den
aargauischen Gemeinden zutreffend dargestellt. In der Tat
beurteilen die Gemeinden die Staatskundekenntnisse der
Bewerberinnen und Bewerber auf unterschiedlichste Art und
Weise. Die Bandbreite reicht vom Gespräch über das
politische Tagesgeschehen bis zur systematischen
schriftlichen Prüfung. Unterschiedlich ist auch das
Informationsmaterial, das zur Vorbereitung abgegeben wird.
Empfohlen
wird
vereinzelt
der
Besuch
eines
Staatskundekurses.
Angesichts der unterschiedlichen Organisation der
Art. 2296
Gemeinden hat der Kanton bis anhin den Gemeinden die Art
und Weise der Feststellung der Einbürgerungsvoraussetzungen weitgehend freigestellt. Vorgeschrieben sind
einzig die sogenannten Berichtspunkte (§ 8 Verordnung über
Einbürgerungen und Bürgerrechtsentlassungen; SAR
121.111). Darin enthalten sind unter anderem Angaben über:
- Beachtung der Rechtsordnung (strafrechtlicher und
betreibungsrechtlicher
Leumund,
Erfüllung
der
Steuerpflicht,
Erfüllung
der
familienrechtlichen
Unterhaltsverpflichtungen)
- Integration (Vertrautheit mit den schweizerischen,
kantonalen und örtlichen Lebensgewohnheiten)
- genügend Sprachkenntnisse (Verständigung in Mundart
oder Schriftsprache)
Der Vorteil kantonal einheitlicher Kurse liegt hauptsächlich
in der rechtsgleichen Behandlung aller ausländischen
Staatsangehörigen, die sich im Kanton Aargau um das
Schweizer Bürgerrecht bewerben.
Der Kanton Solothurn hat staatsbürgerliche Kurse für
ausländische Staatsangehörige, die sich um das Bürgerrecht
bewerben, per Gesetz für obligatorisch erklärt. Gemäss
Aussage des Leiters des solothurnischen Bürgerrechtsdiensts
hat der Kanton Solothurn mit diesen Kursen gute
Erfahrungen gemacht.
Kostenlos, wie im Postulat gefordert, sind die Kurse im
Kanton Solothurn indessen nicht. Pro Person wird eine
Kursgebühr von Fr. 300.– erhoben. Die durch diesen Beitrag
nicht gedeckten Kosten werden durch den Kanton finanziert.
Im Postulat nicht angesprochen sind zudem Ausnahmen vom
Obligatorium. Im Kanton Solothurn kann das zuständige
Departement vom Kursbesuch befreien, wenn die
vorausgesetzten Kenntnisse auf andere Weise nachgewiesen
werden (vor allem staatsbürgerlicher Unterricht in der
Schule). Darüber hinaus sind Ausnahmen denkbar bei
geistigen Behinderungen, altersbedingten Lernschwächen
und intellektuellen Einschränkungen.
Das Postulat vertritt ein grundsätzlich begrüssenswertes
Anliegen. Der Regierungsrat ist deshalb bereit, das Postulat
entgegenzunehmen. Vorbehalte sind anzubringen bezüglich
der verlangten Kostenlosigkeit und der fehlenden
Dispensationsmöglichkeiten. Die Umsetzung soll im
Rahmen der anstehenden Totalrevision der aargauischen
Bürgerrechtsgesetzgebung geprüft werden.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'045.–.
Hunn Jörg, SVP, Riniken: Es ist in der Tat nicht von der
Hand
zu
weisen,
dass
die
Prüfung
der
Einbürgerungserfordernisse und der Staatskundekenntnisse
in den Aargauer Gemeinden auf unterschiedliche Art erfolgt:
an einigen Orten etwas strenger, an andern Orten leider
etwas zu large. Das führt zu rechtsungleichen Behandlungen.
Die SVP verkennt deshalb nicht, dass zur Erreichung einer
höheren Rechtsgleichheit eine gewisse Standardisierung der
Einbürgerungsprüfungen herbeigeführt werden sollte.
Ebenfalls wäre eine einheitliche Einbürgerungsbroschüre mit
den wichtigsten Informationen zur Staats- und Heimatkunde
sehr hilfreich.
Das Postulat verlangt aber ausdrücklich die Einführung von
kostenlosen,
kantonalen
und
kommunalen
Staatskundekursen. Dafür können wir uns absolut nicht
erwärmen. Es liegt in der Eigenverantwortung und am
eigenen Willen der Bürgerrechtsbewerber, sich in unsere
24. März 2009
Verhältnisse einzugliedern, sich mit den hiesigen Sitten und
Gebräuchen vertraut zu machen und sich minimale
Rechtskundekenntnisse anzueignen. Es ist völlig falsch, die
Anforderungen für die Einbürgerung auf dem Silbertablett
gratis zu servieren. Staatskundekurse werden heute schon
von privater Seite angeboten, zum Beispiel vom HEKS oder
von Berufsschulen. Mir ist das Angebot des Berufs- und
Weiterbildungszentrums Brugg bekannt. Wer diesen Kurs
besucht hat, kann in der Regel den Einbürgerungstest
erfolgreich bestehen. Es gibt keinen Grund, diese Kurse zu
verstaatlichen. Auch ein Obligatorium, wie es der
Regierungsrat in seiner Antwort skizziert, kann nicht die
Lösung sein, weil die Behandlung der Ausnahmen einen
zusätzlichen bürokratischen Aufwand produzieren würde.
Aus diesen Gründen kann die SVP dem Postulat nicht
zustimmen.
Dr. Scholl Bernhard, FDP, Möhlin: Gute Kenntnisse der
Staatskunde sind eine Voraussetzung für die Einbürgerung.
Das
ist
bekannt.
Die
Gemeinden
testen
die
Staatskundekenntnisse auf sehr unterschiedliche Weise. Die
Bandbreite reicht von schriftlichen Prüfungen bis zu
mündlichen Befragungen zu sehr unterschiedlichen Themen.
Je nach Gemeinde wird vorher auch Unterrichtsmaterial
abgegeben. Eine Einführung von kantonal einheitlichen
Kursen würde hier Abhilfe und Verbesserung bringen,
insbesondere
eine
rechtsgleiche
Behandlung
der
Gesuchsteller. Eine einheitliche Vorgabe bedeutet aber auch
einen Eingriff in die Gemeindeautonomie. Die
schweizerische Bürgerrechtsgesetzgebung basiert auf dem
dreistufigen Bürgerrecht
(Gemeinde-, Kantons- und Schweizerbürgerrecht).
Es gibt Kantone, wie zum Beispiel der Kanton Solothurn, wo
solche Kurse obligatorisch sind und der Kanton laut
Regierungsrat offenbar gute Erfahrungen gemacht hat. Ich
habe keine andere Meinung dazu gehört. Der Kanton
Solothurn verlangt aber pro Kurs 300 Franken. Es ist also
nicht obligatorisch und gleichzeitig kostenlos, finanziert aber
auch einen Teil der ungedeckten Kosten. Dieser Anteil ist
mir nicht bekannt. Der Kanton hat aber auch Ausnahmen
vom Obligatorium erklärt, wenn die vorausgesetzten
Kenntnisse nachgewiesen werden können, zum Beispiel
staatsbürgerlicher Unterricht in der Schule oder
umständehalber nicht verlangt werden können (zum Beispiel
intellektuelle Einschränkung, geistige Behinderung etc). Das
fehlt hier auch.
Das Anliegen kann bei der anstehenden Totalrevision der
aargauischen Bürgerrechtsgesetzgebung eingebracht werden,
allerdings nur, wenn folgende 3 Bedingungen erfüllt sind:
die Gemeinden einverstanden und einbezogen sind, die
Kostenfrage geklärt ist und die Dispensationsgründe
definiert sind. In diesem Sinne ist eine Mehrheit der FDPFraktion für die Überweisung des Postulats. Ich stimme mit
einer grösseren Mehrheit dagegen.
Christen Martin, SP, Turgi: Ich möchte Sie bitten, dass Sie
unserem Postulat zustimmen. Es erstaunt mich etwas, dass
die SVP und die FDP hier Gründe gefunden haben, die
gegen einen solchen Vorschlag sprechen sollen. Es handelt
sich um ein Postulat, welches geprüft werden soll. Die
Resultate der Prüfung müssen nachher nicht genau
wortwörtlich ausgeführt werden – wie im Postulat
vorgeschlagen. Immerhin geben Sie zu, dass in diesem
Gebiet gewisse Missstände herrschen und dass im Kanton
4766
24. März 2009
Aargau Rechtsungleichheit vorkommt. Wir müssen jedoch
alles dafür tun, dass diese Rechtsungleichheit so gut wie
möglich aufgehoben werden kann.
Ich selber kenne die Situation ziemlich genau. Ich bin seit
mehreren Jahren in der Einbürgerungskommission in Turgi
tätig. Ich gebe seit mehreren Jahren Staatskundekurse, zuerst
in Spreitenbach an der Volkshochschule und nun in Turgi im
Rahmen dieser Einbürgerungssitzungen. Wir haben damit
sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Menschen, die sich
einbürgern lassen möchten, sind wirklich gewillt, etwas zu
lernen. Sie sind motiviert, möchten unser Staatssystem näher
kennen lernen und sei es auch noch so kompliziert für sie.
Sie tun sehr viel dafür.
Leider sind sehr viele Menschen nicht in der Lage, sich
dieses Wissen selbstständig anzueignen. Jede Gemeinde gibt
irgendwelche Unterlagen ab. Es gibt Gemeinden, die selber
Broschüren konzipiert und hergestellt haben, welche aber für
Menschen, die vielleicht nur 4 oder 5 Jahre Schulbildung
hatten, noch zu kompliziert sind. In Turgi werden alle Leute,
die sich einbürgern lassen möchten, obligatorisch zu zwei
Kursabenden aufgeboten. Sie können nur an einem
Einbürgerungsgespräch teilnehmen, wenn sie vorher diese
Kursabende besucht haben. Natürlich gibt es auch
Ausnahmen. Das haben wir jetzt im Postulat nicht
festgehalten. Für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe der
Volksschule ist es nicht obligatorisch, ebenso für
Schülerinnen und Schüler, die in Ausbildung sind und an
ihren Ausbildungsorten Geschichts- oder Staatskundeunterricht haben.
Wichtig erscheint uns auch, dass es keine schriftlichen
Prüfungen gibt, weil damit sehr viele Leute überfordert sind.
Wir machen diese Prüfung in Form eines Gesprächs, wie das
auch in vielen Gemeinden der Fall ist. Aber wir haben eine
Mindesthürde. Wir schreiben vor, was diese Menschen
genau wissen müssen. An den Kursabenden, an denen immer
die ganze Kommission teilnimmt, versuchen wir, die Leute
zu motivieren, und fordern sie auf, auch aktive
Staatsbürgerinnen und Staatsbürger zu werden sowie an den
Abstimmungen, Wahlen und Gemeindeversammlungen
teilzunehmen. Somit können wir dahingehend wirken, dass
sich vielleicht die Stimmbeteiligung etwas erhöht, wenn
diese Menschen, die eingebürgert wurden, tatsächlich aktiv
an unserem politischen Leben mitwirken. Nicht jede einzelne
Gemeinde muss ein eigenes Verfahren entwickeln. Es wäre
richtig und sinnvoll, wenn der Kanton ein Verfahren
vorschlagen würde, welches im ganzen Kanton eine gewisse
Gleichwertigkeit bringt. Ich bitte Sie, unserem Postulat
zuzustimmen.
Eliassen Vecko Eva, Grüne, Obersiggenthal: Auch ich war
schon in einer sehr grossen Gemeinde im Kanton Aargau in
einer Einbürgerungskommission auf Gemeindeebene. Jetzt
bin
ich
beim
Kanton
in
der
Justizkommission/Subkommmission Einbürgerungen und
stelle fest, dass die Voraussetzungen von Gemeinde zu
Gemeinde sehr unterschiedlich sind. Es werden den Leuten
unterschiedliche Unterlagen angeboten, zugeschickt und
vorgelegt. Es gibt auch Gemeinden, die selber
Staatskundeunterricht bräuchten, weil sie offensichtlich die
Einbürgerungsgesetze nicht so ganz kennen. Aber das ist ein
anderes Thema.
Ich höre immer nur, dass man es offensichtlich den
zukünftigen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern erschweren
möchte. Man möchte verhindern, dass Leute eingebürgert
4767
Art. 2297
werden. Wieso eigentlich? Wir profitieren davon, wenn wir
informierte Staatsbürgerinnen und Staatsbürger haben. Wir
wollen gute Schweizer einbürgern. Wir wollen nicht
"halbpatzige" Leute einbürgern, die keine Ahnung von
unserem Staatswesen haben und bei Abstimmungen und
Wahlen nicht verstehen, um was es geht. Es wird immer
kritisiert, die Einzubürgernden seien schlecht vorbereitet und
schlecht integriert. Aber wir tun ja offensichtlich alles, um
sie daran zu hindern, sich gut zu informieren. Sie wissen alle
selber, wie schwierig unsere Unterlagen an den
Abstimmungen und Wahlen manchmal sind, wie schwierig
und einmalig unser System ist. Deshalb wollen wir Leute,
die mitarbeiten und mitbestimmen. Ich möchte meinen
lieben Kollegen, zum Beispiel vom rechtsbürgerlichen
Flügel, sagen, dass viele neu Eingebürgerte ihr Stimmvolk
sind. Weshalb wehren Sie sich dauernd dagegen? Sie
müssten Freude daran haben, dass wir möglichst viele Leute
einbürgern, die nachher SVP wählen. Bitte unterstützen Sie
das Postulat.
Regierungsrat Kurt Wernli, parteilos: Ich möchte nur noch
eine Sache klarstellen. Wenn wir das Postulat
entgegennehmen, prüfen wir natürlich ebenfalls die Kosten.
Das haben wir in unserer Erklärung auch festgehalten. Wir
werden ebenfalls die Möglichkeit der Dispensation von
solchen Kursobligatorien prüfen. Es gibt Gründe für
Ausnahmen, die wir bei den Einbürgerungen jetzt schon
berücksichtigen wollen und müssen. Diese Frage wird
sowieso in Bezug auf die Totalrevision der aargauischen
Bürgerrechtsgesetzgebung geprüft.
Eine letzte Bemerkung an Herrn Grossrat Scholl: Es gibt
kein sogenanntes Gemeindebürgerrecht. Die Dreistufigkeit
ist nicht korrekt. Die eidgenössische Gesetzgebung spricht
nur vom Schweizer Bürgerrecht. Das möchte ich nur
festgehalten wissen.
Vorsitzender: Der Regierungsrat ist bereit, das Postulat
entgegenzunehmen. Die SVP votiert gegen die
Entgegennahme.
Abstimmung:
Das Postulat wird mit 61 gegen 56 Stimmen an den
Regierungsrat überwiesen.
2297
Gesetz über die Verantwortlichkeit der
öffentlichen Beamten und Angestellten und über die
Haftung des Staates und der Gemeinden für ihre
Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz); Totalrevision;
Verfassung
des
Kantons
Aargau;
Änderung;
Haftungsgesetz
(HG);
2.
Beratung;
Eintreten,
Detailberatung
und
Schlussabstimmungen;
Verabschiedung zuhanden der Volksabstimmung bzw.
fakultatives Referendum; Auftrag an Staatskanzlei
(Vorlage des Regierungsrats vom 21. Januar 2009)
Kerr Rüesch Katharina, SP, Aarau, Präsidentin der
Kommission für Allgemeine Verwaltung AVW: Am
28. Oktober 2008 hiess der Grosse Rat in 1. Beratung die
Änderung von § 75 Abs. 1–3 und von § 100 Abs. 3 der
Kantonsverfassung (KV) einstimmig gut. In 2. Lesung
schlägt der Regierungsrat diese Regelung unverändert vor.
Art. 2297
Mit dem neu geschaffenen Haftungsgesetz, das das
bestehende Verantwortlichkeitsgesetz ersetzen soll, werden
3 Prinzipien gesetzlich verankert: die bereits in der
Kantonsverfassung (in § 75 Abs. 1–3 bisher) festgesetzte
Kausalhaftung, das öffentlich-rechtliche Verfahren unter
Einbezug des Verwaltungsgerichts und die 4 in der Botschaft
zur 1. Lesung umschriebenen Haftungsgrundsätze, die
Haftungsvarianten. Die Haftung der Mitarbeitenden für den
Schaden, den sie dem Kanton als Arbeitgeber zufügen, und
die Haftung des Kantons für Schäden, die seinen
Mitarbeitenden
im
Zusammenhang
mit
ihrer
Aufgabenerfüllung entstehen, bleiben nach wie vor je im
Personalgesetz (§ 31 beziehungsweise § 21 PersG) und
entsprechend im Gesetz über die Anstellung von
Lehrpersonen (GAL) geregelt. Hingegen regelt das
Haftungsgesetz den Rückgriff auf Angestellte des
Gemeinwesens inklusive Lehrpersonen, wenn Dritte
geschädigt werden. Wir haben bereits in der 1. Lesung
festgestellt, dass mit der Kausalhaftung das Prinzip der
verschuldensunabhängigen Haftung im Vordergrund steht.
Das
durch
das
Haftungsgesetz
zu
ersetzende
Verantwortlichkeitsgesetz hatte noch das Prinzip der
Verschuldenshaftung gekannt, nach der die Geschädigten
das Verschulden der Staatsstelle nachweisen mussten. Diese
Regelung war aber seit der neuen Kantonsverfassung von
1980 nicht mehr verfassungskonform.
In 1. Lesung wurde das Haftungsgesetz mit 11 gegen
5 Stimmen gutgeheissen. Prüfungsaufträge an den
Regierungsrat wurden keine überwiesen. Trotzdem
überprüfte der Regierungsrat 2 Regelungen, die in der
Beratung im Plenum zu Diskussionen geführt hatten. Es
betrifft dies § 1 Abs. 2 und § 7 Abs. 2. In § 1 Abs. 2 wird
eine "risikogerechte Haftpflichtversicherung" in den Fällen
gefordert, wo das Gemeinwesen Aufgaben an Private
überträgt und mit dieser Aufgabenübertragung die "Gefahr
einer erheblichen Schädigung von Dritten" besteht, für die
das Gemeinwesen nicht durch Sonderregelung haftet. In § 7
Abs. 2 schlägt der Regierungsrat nun vor, die in 1. Lesung
vorgeschlagene Kann-Formulierung im Falle der Haftung für
rechtmässig verursachten Schaden durch eine verpflichtende
Regelung zu ersetzen. Diese entspricht der Regelung in § 75
Abs. 1 KV, dort heisst es: "Sie haften auch für rechtmässig
verursachte Schäden, wenn Einzelne davon schwer betroffen
sind und ihnen nicht zugemutet werden kann, den Schaden
selbst zu tragen."
Die Kommission AVW hat das Geschäft am 27. Februar
2009 beraten. Als Vertreter von Regierungsrat und
Verwaltung waren die Herren Regierungsrat Roland Brogli,
Vorsteher DFR, und Hans-Peter Amrein, Leiter Rechtsdienst
DFR, anwesend.
Zum Eintreten: Eintreten war unbestritten und erfolgte
stillschweigend. Jedoch wurde von einer Seite Kritik an der
verbindlicheren Formulierung von § 1 Abs. 2 geübt: Diese
schränke das Gemeinwesen in seiner Autonomie zu sehr ein.
Dem wurde jedoch von allen anderen Votierenden
widersprochen: Mit Vorteil werde ein Unternehmen von sich
aus eine entsprechende Versicherung abschliessen; zudem
stehe die Kundschaft des Gemeinwesens im Vordergrund.
Die Legislative habe nicht die Aufgabe, es den Gemeinden
oder dem Kanton möglichst einfach zu machen. Die
Hauptaufgabe sei es, den Menschen eine gute Grundlage zu
bieten. Weiter wurden Vorbehalte gegen § 11 Abs. 3 und bei
§ 1 Abs. 3 gegen die Formulierung der Sonderregelungen
geäussert. Zu § 1 Abs. 3 ergab sich zuletzt eine Diskussion,
24. März 2009
die zu einer erneuten Überprüfung der Formulierung durch
das DFR führte.
Eintreten
Vorsitzender: Stillschweigend treten die Fraktionen der CVP
und der EVP auf die Vorlage ein.
Dr. Guignard Marcel, FDP, Aarau: Ich kann es kurz
machen. Die FDP-Fraktion hat die Totalrevision schon in der
1. Lesung unterstützt. Die Präzisierungen und Ergänzungen,
welche der Regierungsrat in den § 1 Abs. 2 und § 7 Abs. 2 in
der 2. Lesung vorschlägt, finden unsere Zustimmung. Der in
§ 1 Abs. 2 geforderte Versicherungsnachweis liegt sowohl
im Interesse des auftraggebenden Gemeinwesens als auch im
Interesse des betroffenen Dritten. Der Wechsel von der
Kann- zur Muss-Formulierung in § 7 Abs. 2 ist
verfassungsrechtlich geboten. Die von mir angezettelte
Diskussion in der Kommission, ob die Haftungsbestimmung
in § 1 Abs. 3 bezüglich kantonalem Recht
verfassungskonform sei oder nicht, hat sich erledigt. Die
Kommission AVW ist mit zusätzlichen Erläuterungen
seitens des DFR bedient worden. Wie wohl der Begriff
"kantonales Recht" neben Gesetzen auch Dekrete und
Verordnungen umfasst, besteht hier nicht die Meinung, dass
Dekrete
und
Verordnungen
neben
dem
Verantwortlichkeitsgesetz
selbstständig
neue
Haftungsgrundsätze festlegen können. Für diese Dekrete und
Verordnungen gilt wie in der gesamten kantonalen
Rechtssetzung die Vorgabe, dass sie einer Grundlage in
einem übergeordneten Gesetz bedürfen und inhaltlich
lediglich ausführender Natur sein dürfen. Eine Ausnahme
besteht
lediglich
bei
den
wenigen,
sogenannt
"verfassungsunmittelbaren" Dekreten. Abschliessend darf
aus Sicht der FDP festgehalten werden, dass es sich um eine
geglückte Totalrevision handelt. Die FDP wird das
Behördenreferendum nicht beantragen und empfiehlt Ihnen,
dem Gesetz zuzustimmen.
Leuenberger Beat, SVP, Schöftland: Ich spreche im Namen
der SVP-Fraktion. Die SVP-Fraktion tritt auf dieses Geschäft
ein und wird in der Schlussabstimmung grossmehrheitlich
zustimmen. Mit diesem Gesetz hat der Kanton Aargau
erstmals ein Gesetz geschaffen, das übergeordnet die
Verantwortlichkeit der öffentlichen Beamten und
Angestellten über die Haftung des Staates und der
Gemeinden für ihre Beamten verantwortlich zeichnet. So ist
die Verantwortlichkeit und Haftung einer Hausfrau geregelt,
die als Aufsichtsperson eine Schulklasse auf der Schulreise
begleitet, aber auch die Tätigkeit der Gemeinderäte ist
bezüglich Haftung abgedeckt, ebenso das Aufstellen einer
Bauabschrankung durch den Unterhaltsbetrieb des BVU.
Dieses Gesetz ist sehr weitreichend und umfasst auch
Sonderopfer-Regelungen.
In allen anderen Gesetzen müssen von nun an die
Verantwortlichkeit und die Haftung nicht mehr explizit
erwähnt sein. Die Kommissionspräsidentin hat im
Kommissionsreferat bereits ausführlich berichtet. Einzig zu
§ 1 Abs. 2 und § 7 Abs. 2 gab es in der Kommission AVW
nochmals Voten. Von der einen Seite wurde befürchtet, dass
die Gemeinden gemäss § 1 Abs. 2 einen erheblichen
Mehraufwand hätten, wenn sie den Nachweis einer
Versicherung beim Unternehmer verlangen müssten.
Befürchtungen zu § 7 Abs. 2 konnten nach nochmaligem
4768
24. März 2009
Vergleich mit § 75 KV ausgemerzt werden. Nicht
diesem Gesetz abgedeckt sind die Verantwortlichkeiten
die Haftung der eigenständigen Aktiengesellschaften
Kantons
Aargau,
wie
die
Kantonalbank,
Spitalgesellschaften usw. Ich danke Ihnen für
Zustimmung zu diesem Gesetz und zur Teilrevision
Verfassung.
Art. 2297
mit
und
des
die
die
der
Nussbaumer Marty Marie-Louise, SP, Obersiggenthal: Die
SP-Fraktion tritt auf das Geschäft ein und wird der
Verfassungsänderung und dem Haftungsgesetz zustimmen.
Wir begrüssen insbesondere die gegenüber der 1. Lesung
verbindlichere Formulierung in § 1 Abs. 2 für eine
risikogerechte Haftpflichtversicherung in den Fällen, wo das
Gemeinwesen Aufgaben an Private überträgt. Natürlich
müsste es für Auftragnehmende eine Selbstverständlichkeit
sein, sich mit einer Haftpflichtversicherung abzusichern.
Was geschieht aber, wenn sie dies nicht tun? Mit der nun
vorgeschlagenen Überprüfung durch das Gemeinwesen, ob
diese Versicherung tatsächlich abgeschlossen ist, gibt es für
mögliche Geschädigte nun eine etwas grössere Sicherheit.
Diese Bestimmung macht es uns tatsächlich leichter, die
Vorlage zu unterstützen.
Damit schliessen wir hier im Grossen Rat – so hoffe ich –
sehr einvernehmlich das letzte Geschäft der "neuen" AVWKommission ab. Wir waren uns in den insgesamt 60
Sitzungen selten einig, wenn es um politisch bedeutsame
Geschäfte ging. Trotzdem waren es meist gute Sitzungen.
Dafür bedanke ich mich im Namen der SPFraktionsmitglieder und der Kommission bei all denen, die
mitgestritten haben, sei es aus dem Regierungsrat oder dem
Parlament. Ganz ohne Vorbehalte ist unser Dank an
Verwaltung und Parlamentsdienst: Danke für die stets
kompetente und prompte Organisation und Begleitung der
Kommission. Wir treten ein und stimmen zu.
Landstatthalter Roland Brogli, CVP: Ich danke Ihnen für die
gute Aufnahme der Vorlage. Wir haben Ihnen in § 1 Abs. 2
einen richtigen und guten Kompromiss unterbreitet. Ich habe
Ihren Eintretensvoten nichts mehr beizufügen. Ich bitte Sie,
auf das Geschäft einzutreten und den Anträgen des
Regierungsrats, welche auch die vorberatende Kommission
einstimmig gutheisst, zuzustimmen. Damit würde ein
Gesetzgebungsprozess in einer nicht zu unterschätzenden
Angelegenheit, in einer komplexen Materie, der mit der
Motion Studer 1987 eingeleitet wurde, heute rechtzeitig vor
Legislaturende relativ still und leise einem guten Ende
zugeführt. Das hat man auf Bundesebene bei dieser Materie
noch nicht geschafft.
Vorsitzender: Eintreten ist unbestritten.
Detailberatung
Kerr Rüesch Katharina, SP, Aarau, Präsidentin der
Kommission für Allgemeine Verwaltung AVW: Die
Kommission beriet die Synopsen, ohne materielle
Änderungen zu verlangen. Zwei redaktionelle Änderungen
von Fehlern, nämlich die Trennung in § 1 Abs. 2 und in § 8
das Wort "schwer" mit zwei "e" wurden für die
Redaktionslesung deponiert.
Verfassung des Kantons Aargau; Änderung
Titel, I. § 75 Abs. 1–3, § 100 Abs. 3, II.
4769
Kerr Rüesch Katharina, SP, Aarau, Präsidentin der
Kommission für Allgemeine Verwaltung AVW: Die
Verfassungsänderungen wurden stillschweigend genehmigt.
Zustimmung
Haftungsgesetz (HG)
Titel und Ingress, I., § 1
Kerr Rüesch Katharina, SP, Aarau, Präsidentin der
Kommission für Allgemeine Verwaltung AVW: § 1 Abs. 1
wurde stillschweigend genehmigt. Zu § 1 Abs. 2 wurde der
Antrag gestellt, dass die Ergänzungen zu § 1 Abs. 2
gestrichen werden und das Ergebnis der 1. Beratung belassen
wird. Mit der Präzisierung werde die Gemeindeautonomie
eingeschränkt. Dem wurde widersprochen. Es sei für die
Auftragnehmenden heute selbstverständlich, sich für
Haftungsfälle abzusichern. Es gehe lediglich darum, dass das
Gemeinwesen überprüft, ob eine Haftpflichtversicherung
vorhanden ist. Dadurch werde auch der Auftragnehmer
entlastet. Die Gemeinde hat ihre Sorgfaltspflicht dann
gewahrt, wenn sie überprüft, ob der Beauftragte eine
Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat. Die möglichen
Geschädigten sollen dadurch eine grössere Sicherheit
erhalten. Der Teilstreichungsantrag wurde mit 12 gegen 1
Stimme abgelehnt. § 1 Abs. 2 wurde mit 12 gegen 1 Stimme
genehmigt. Zu § 1 Abs. 3 gab es die Diskussion, die Marcel
Guignard vorhin angesprochen hat. Dort heisst es:
"Vorbehalten bleiben die besonderen Haftungsbestimmungen des kantonalen Rechts". Dazu wurde die Frage
aufgeworfen, ob es sich dabei um eine Delegationsnorm
handle, also um eine Norm, die einen Regelungsbereich an
andere überträgt. Weiter wurde gefragt, ob hier lediglich
Gesetze oder auch Dekrete gemeint seien. In der Botschaft
sind die Notariatsordnung – das ist ein Dekret – und das
Dekret über Bodenverbesserungen erwähnt. Basieren diese
Dekrete auf Gesetzen, die spezielle Haftungsregelungen
festlegen, oder widersprechen diese Dekrete dem neuen
Haftungsgesetz?
Können
auf
Dekretsebene
Haftungsänderungen gegenüber dem Haftungsgesetz
vorgenommen werden? Es wurde eine neue Formulierung
von Abs. 3 vorgeschlagen: "Vorbehalten bleiben die
besonderen Haftungsbestimmungen in anderen kantonalen
Gesetzen."
Der Sachverhalt wurde nach längerer Diskussion in der
Kommission nach der Kommissionssitzung vom DFR erneut
geprüft. Mit Schreiben vom 5. März 2009 teilte der
Vorsteher DFR der Kommission mit, es handle sich nicht um
eine Delegationsnorm und die vom Regierungsrat
vorgeschlagene Formulierung sei richtig. Keine Regelung
auf Dekrets- oder Verordnungsstufe dürfe übergeordnetem
Recht auf Verfassungs- oder Gesetzesstufe widersprechen.
Das ist selbstverständlich. Jedoch werden dem Grossen Rat
nach § 82 Abs. 1 KV verfassungsunmittelbare
Zuständigkeiten eingeräumt. So getroffene Regelungen
basieren direkt auf der Verfassung und bedürfen keiner
gesetzlichen Grundlage. Um solche handelt es sich zum
Beispiel beim Dekret für die Aargauische Pensionskasse, den
Regelungen der vom Kanton ausgerichteten Besoldungen
oder beim öffentlichen Beschaffungswesen wie beim
Submissionsdekret SAR 150.910. Daraus folge, dass die in
der Kommission AVW vorgeschlagene Formulierung zu
einschränkend wäre, da sie die Verfassungsunmittelbarkeit
Art. 2297
nicht einbezieht.
Die Fragesteller, die beiden Juristen in der Kommission,
gaben sich mit dieser Auskunft zufrieden und verlangten
keine erneute Aussprache in der Kommission. Ein gewisses
Unbehagen blieb allerdings bestehen, das aber im Rahmen
des Haftungsgesetzes nicht weiter ausgebreitet werden soll.
§ 1 Abs. 3 wurde stillschweigend genehmigt.
Zustimmung
§§ 2–19
Auch die §§ 2 - 7 Abs. 1 wurden stillschweigend genehmigt.
Zu § 7 Abs. 2 wurde der Antrag gestellt, dass das dieser
Absatz gemäss der 1. Beratung belassen werde. Einzelfälle
müssten individuell gelöst werden, es werde eine flexiblere
Handhabung befürwortet. Dem wurde entgegnet, es könne
nicht von der Verfassung abgewichen werden, die hier eine
Verpflichtung und keine Kann-Formulierung festlegt. Der
Antrag wurde dann zurückgezogen und § 7 Abs. 2
stillschweigend genehmigt. Ebenso wurden die §§ 8–19
stillschweigend genehmigt.
Zustimmung
II., 1.–7., III., IV.
Kerr Rüesch Katharina, SP, Aarau, Präsidentin der
Kommission für Allgemeine Verwaltung AVW: Zu den
gesetzestechnischen Anpassungen zwischen den Ziffern II.
und III.: Das seit Oktober 2007 bestehende Forum für
Rechtsetzung
ist
ein
Netzwerk
innerhalb
der
Bundesverwaltung für alle Fragen rund um die
Gesetzgebung. Gemeinsames Ziel der Mitglieder des Forums
ist es, die Qualität der Rechtsetzung zu verbessern. Das
Forum befasst sich auch mit Redaktionsfragen. Aufgrund
unterschiedlicher Handhabung wurde im letzten Herbst
beschlossen, dass in Zukunft auf Fremdänderungen
beziehungsweise auf Fremdaufhebungen in gleicher Weise
hingewiesen wird. Inhaltlich hat sich im Haftungsgesetz
gegenüber der 1. Lesung nichts geändert, es handelt sich
lediglich um redaktionelle Anpassungen. In der 1. Beratung
war diese Weisung noch nicht bekannt. Durch die neue
Handhabung entsteht eine übersichtlichere Gestaltung. Unter
Ziffer II. werden Gesetze aufgeführt, die Änderungen
erfahren. Unter Ziffer III. werden nur die vollständig
aufgehobenen Gesetze aufgeführt.
Die Ziffern II. – IV. wurden stillschweigend genehmigt.
Zur Anpassung der Dekrete: Die Kommission AVW legt
Wert darauf festzustellen, dass die Überprüfung der
kantonalen Dekrete ergeben hat, dass es keine
Haftungsbestimmungen gibt, die der Konzeption des
Haftungsgesetzes widersprechen beziehungsweise die sofort
angepasst werden müssten.
24. März 2009
Ich danke den Herren Regierungsrat Roland Brogli und
Hans-Peter Amrein für die Unterstützung und die
Zusatzabklärungen, der Sekretärin der Kommission AVW,
Frau Rebecca Jacquat-Borner, für die kompetente
Organisation und Protokollierung der Beratungen sowie der
Kommission für die sachliche Diskussion.
Damit wurde eine heisse Kartoffel endlich, endlich gegessen,
die sage und schreibe 22 Jahre lang zwischen den
Departementen hin und her geschoben wurde, nämlich die
Motion Dr. Benno Studer (CVP, Frick), die am 24. März
1987 vom Grossen Rat überwiesen worden ist. Das Gesetz
besteht. Wir danken. Es hat viel gebraucht und es möge doch
jemand so gut sein und Dr. Benno Studer ausrichten, dass
seine frühen Bemühungen endlich Früchte getragen haben.
Schlussabstimmungen:
Antrag 1 wird mit 111 gegen 2 Stimmen gutgeheissen.
Name
Abbt-Mock
Ackermann
Agustoni
Alder
AndermattBürgler
BachmannSteiner
Bader Biland
Beck-Matti
Berger
Bhend
Bialek
Biffiger
Binder
Boeck
Böni
Breitschmid
Brun
Vorname
Alexandra
Christina
Adrian
Roland
Rolf
Astrid
Wohnort
Islisberg
Abstimmung
Ja
Kaisten
Magden
Brugg AG
Lengnau
Ja
Ja
Ja
Ja
Regula
Magden
Ja
Sybille
Beatrice
Erwin
Martin
Roland
Gregor
Andreas
Rita
Fredy
Manfred
Christoph
Friedrich
Lothar
Tägerig
Schafisheim
Boswil
Oftringen
Buchs AG
Berikon
Baden
Brugg
Möhlin
Bremgarten
Brugg
Ja
–
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
–
Ja
–
Zofingen
Ja
BrünisholzKämpfer
Brunner
Andreas
Bühler
Hans Ulrich
Burgener Brogli Elisabeth
Burgherr-Leu Thomas
Burgherr
Patrick
Burkart
Thierry
Bütler
Lukas
Martin
Walter
Irène
Oberentfelden –
Stein
Ja
Gipf-Oberfrick –
Wiliberg
Ja
Rheinfelden
–
Baden
Ja
Beinwil
–
(Freiamt)
Baden
Ja
Nussbaumen b. Ja
Baden
Turgi
Ja
Tegerfelden
–
Seon
Ja
Hans
Manfred
Dieter
Seon
Zofingen
Windisch
Caflisch
Jürg
Chopard-Acklin Max
Zustimmung
Zu den Anträgen
Kerr Rüesch Katharina, SP, Aarau, Präsidentin der
Kommission für Allgemeine Verwaltung AVW: Zu den
Anträgen: Den Anträgen auf Seite 6 der Botschaft wurde wie
folgt zugestimmt: Anträge 1 und 2 wurden einstimmig
genehmigt.
Christen
Deppeler-Lang
DösseggerHeuberger
Dössegger
Dubach
Egli
Ja
Ja
Ja
4770
24. März 2009
Art. 2297
Eliassen Vecko Eva
Emmenegger Kurt
FischerDoris
Taeschler
Flury
Oliver
Forrer
Walter
Frei
Cécile
Fricker
Jonas
Fricker
Roger
Friker-Kaspar Vreni
Frunz
Eugen
Fuchs-Holliger Udo
Füglistaller
Lieni
Furer
Pascal
Gautschy
Renate
Gebhard-Schöni Esther
Giezendanner
Glarner
Göbelbecker
Gosteli
Groux
Guignard
Haeny
Haller
Härri
Heller
Hochuli
Hofer
Hollinger
Hunn
HuonderAschwanden
Hürzeler
Jean-Richard
Jost
Keller
Kerr Rüesch
Keusch
Klöti
Knecht
Kohler
Koller
Läng
Lenzburg
Oberkulm
Remigen
Baden
Oberhof
Oberentfelden
Obersiggenthal
Oberentfelden
Rudolfstetten
Staufen
Gontenschwil
MörikenWildegg
Benjamin Rothrist
Andreas A. Oberwil-Lieli
SandraBaden
Anne
Patrick
Kleindöttingen
Rosmarie
Berikon
Marcel
Aarau
Urs
Oberwil-Lieli
Christine
Reinach
Max
Birrwil
Daniel
Erlinsbach
Heinrich
Aarau
Liliane
Zofingen
Franz
Brugg
Jörg
Riniken
Trudi
Egliswil
4771
Ja
–
–
Ja
Ja
Ja
–
Ja
–
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
–
–
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
–
Ja
–
Ja
Ja
Bernhard
Peter
Rudolf
Martin Paul
Schöftland
Ja
Aarau
Ja
Villmergen
–
Nussbaumen b. Ja
Baden
Katharina Aarau
Ja
Linus
Villmergen
Ja
Rainer Ernst Auenstein
Ja
Hansjörg
Leibstadt
Ja
Ueli
Baden
–
Peter
Rheinfelden
Ja
Max
Nussbaumen
Ja
b.Baden
Regina
Reitnau
Ja
LehmannWälchli
Leitch-Frey
Thomas
Lepori-Scherrer Theres
Leuenberger
Beat
Leuenberger
Urs
Liechti-Wagner Alice
Lüem
Daniel
Lüpold
Thomas
Lüscher
Lüscher
Markwalder
Nussbaumen
b.Baden
Baden
Seengen
Brunette
Rudolf
Walter
Wohlen
Berikon
Schöftland
Widen
Wölflinswil
Hendschiken
MörikenWildegg
Magden
Laufenburg
Würenlos
Ja
Ja
Ja
Ja
–
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Mattenberger- Marianna
Schmitter
Mazzocco
Renato
Meier Doka
Nicole
Mettler
Hansruedi
MollAndrea
Reutercrona
Morach
Annerose
Moser
Ernst
Müller-Killer Erika
NadlerKathrin
Debrunner
Nebel
Franz
Nussbaumer
MarieMarty
Louise
Ochsner
Bettina
Plüss-Mathys Richard
Rhiner
Robert
Richner
Sämi
Riner
Christoph
Roth
Barbara
Rüegger
Kurt
RüetschiBeat
Hartmann
Schibli
Erika
Schmid-Schmid Heidi
Schoch
Adrian
Scholl
Bernhard
Scholl
Herbert H.
Schöni
Heinrich
SchreiberPatricia
Rebmann
Schuhmacher Peter
Schweizer
Annalise
Senn
Andreas
Soldati
Emanuele
Sommerhalder Martin
Birr
Ja
Aarau
Baden
Dürrenäsch
Fenkrieden
Ja
–
Ja
Ja
Obersiggenthal
Würenlos
Lengnau
Lenzburg
–
Ja
Ja
Ja
Bad Zurzach
Ja
Obersiggenthal Ja
Oberlunkhofen
Lupfig
Zofingen
Auenstein
Zeihen
Erlinsbach
Rothrist
Suhr
Ja
Ja
Ja
Ja
–
Ja
–
Ja
Wohlenschwil
Muri
Fislisbach
Möhlin
Zofingen
Oftringen
Wegenstetten
Ja
Ja
Ja
–
Ja
Ja
Ja
Ja
–
Ja
Ja
Nein
Spielmann
Stierli-Popp
Alois
Walter
StöckliAmmann
Strebel
Studer
StüssiLauterburg
Ungricht
Unternährer
Villiger-Matter
Villiger
Vogt
Vögtli
Voser
Vulliamy
Wanner
Weber
Wehrli-Löffel
Wernli
Wertli
Wiederkehr
Milly
Wettingen
Zufikon
Würenlingen
Staufen
SchmiedruedWalde
Aarburg
FischbachGöslikon
Muri
Herbert
Lilian
Jürg
Muri
Wettingen
Windisch
Ja
Ja
Nein
Gusti
Beat
Andreas
Jörg
Franz
Theo
Peter
Daniel
Maja
Guido
Peter
Bernhard
Otto
Kurt
Bergdietikon
Unterentfelden
Sins
Aarburg
Leimbach
Kleindöttingen
Killwangen
Rheinfelden
Würenlos
Spreitenbach
Küttigen
Rothrist
Aarau
Baden
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
–
Ja
–
Ja
Art. 2297
Wittwer
Wullschleger
Wyss
24. März 2009
Hansjörg
Stephan
Kurt
Zollinger-Keller Ursula
Abstimmungsresultate:
JA:
NEIN:
ENTHALTEN:
ABWESEND:
Aarau
Ja
Strengelbach Ja
LeuggernJa
Gippingen
Untersiggenthal Ja
111
002
000
027
FischerDoris
Taeschler
Flury
Oliver
Forrer
Walter
Frei
Cécile
Fricker
Jonas
Fricker
Roger
Friker-Kaspar Vreni
Frunz
Eugen
Fuchs-Holliger Udo
Füglistaller
Lieni
Furer
Pascal
Gautschy
Renate
Gebhard-Schöni Esther
Antrag 2 wird mit 110 gegen 0 Stimmen gutgeheissen.
Name
Abbt-Mock
Ackermann
Agustoni
Alder
AndermattBürgler
BachmannSteiner
Bader Biland
Beck-Matti
Berger
Bhend
Bialek
Biffiger
Binder
Boeck
Böni
Breitschmid
Brun
Vorname
Alexandra
Christina
Adrian
Roland
Rolf
Astrid
Wohnort
Islisberg
Abstimmung
Ja
Kaisten
Magden
Brugg AG
Lengnau
Ja
Ja
Ja
Ja
Regula
Magden
Ja
Sybille
Beatrice
Erwin
Martin
Roland
Gregor
Andreas
Rita
Fredy
Manfred
Christoph
Friedrich
Lothar
Tägerig
Schafisheim
Boswil
Oftringen
Buchs AG
Berikon
Baden
Brugg
Möhlin
Bremgarten
Brugg
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
–
Ja
–
Zofingen
Ja
BrünisholzKämpfer
Brunner
Andreas
Bühler
Hans Ulrich
Burgener Brogli Elisabeth
Burgherr-Leu Thomas
Burgherr
Patrick
Burkart
Thierry
Bütler
Lukas
Caflisch
Jürg
Chopard-Acklin Max
Christen
Deppeler-Lang
DösseggerHeuberger
Dössegger
Dubach
Egli
Eliassen Vecko
Martin
Walter
Irène
Emmenegger
Kurt
Hans
Manfred
Dieter
Eva
Oberentfelden –
Stein
Ja
Gipf-Oberfrick Ja
Wiliberg
Ja
Rheinfelden
–
Baden
Ja
Beinwil
–
(Freiamt)
Baden
Ja
Nussbaumen b. Ja
Baden
Turgi
Ja
Tegerfelden
–
Seon
Ja
Seon
Zofingen
Windisch
Nussbaumen
b.Baden
Baden
Ja
Ja
Ja
Ja
–
Giezendanner
Glarner
Göbelbecker
Gosteli
Groux
Guignard
Haeny
Haller
Härri
Heller
Hochuli
Hofer
Hollinger
Hunn
HuonderAschwanden
Hürzeler
Jean-Richard
Jost
Keller
Kerr Rüesch
Keusch
Klöti
Knecht
Kohler
Koller
Läng
Lenzburg
Oberkulm
Remigen
Baden
Oberhof
Oberentfelden
Obersiggenthal
Oberentfelden
Rudolfstetten
Staufen
Gontenschwil
MörikenWildegg
Benjamin Rothrist
Andreas A. Oberwil-Lieli
SandraBaden
Anne
Patrick
Kleindöttingen
Rosmarie
Berikon
Marcel
Aarau
Urs
Oberwil-Lieli
Christine
Reinach
Max
Birrwil
Daniel
Erlinsbach
Heinrich
Aarau
Liliane
Zofingen
Franz
Brugg
Jörg
Riniken
Trudi
Egliswil
–
Ja
Ja
Ja
–
Ja
–
–
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
–
–
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
–
Ja
–
Ja
–
Bernhard
Peter
Rudolf
Martin Paul
Schöftland
Ja
Aarau
Ja
Villmergen
–
Nussbaumen b. Ja
Baden
Katharina Aarau
Ja
Linus
Villmergen
–
Rainer Ernst Auenstein
Ja
Hansjörg
Leibstadt
Ja
Ueli
Baden
–
Peter
Rheinfelden
Ja
Max
Nussbaumen
Ja
b.Baden
Regina
Reitnau
Ja
LehmannWälchli
Leitch-Frey
Thomas
Lepori-Scherrer Theres
Leuenberger
Beat
Leuenberger
Urs
Liechti-Wagner Alice
Lüem
Daniel
Lüpold
Thomas
Lüscher
Lüscher
Markwalder
MattenbergerSchmitter
Mazzocco
Seengen
Ja
Ja
Ja
Ja
–
Ja
Ja
Brunette
Rudolf
Walter
Marianna
Wohlen
Berikon
Schöftland
Widen
Wölflinswil
Hendschiken
MörikenWildegg
Magden
Laufenburg
Würenlos
Birr
Renato
Aarau
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
4772
24. März 2009
Art. 2298
Meier Doka
Nicole
Mettler
Hansruedi
MollAndrea
Reutercrona
Morach
Annerose
Moser
Ernst
Müller-Killer Erika
NadlerKathrin
Debrunner
Nebel
Franz
Nussbaumer
MarieMarty
Louise
Ochsner
Bettina
Plüss-Mathys Richard
Rhiner
Robert
Richner
Sämi
Riner
Christoph
Roth
Barbara
Rüegger
Kurt
RüetschiBeat
Hartmann
Schibli
Erika
Schmid-Schmid Heidi
Schoch
Adrian
Scholl
Bernhard
Scholl
Herbert H.
Schöni
Heinrich
SchreiberPatricia
Rebmann
Schuhmacher Peter
Schweizer
Annalise
Senn
Andreas
Soldati
Emanuele
Sommerhalder Martin
Baden
Dürrenäsch
Fenkrieden
–
Ja
Ja
Zollinger-Keller Ursula
Obersiggenthal
Würenlos
Lengnau
Lenzburg
–
Ja
Ja
Ja
Abstimmungsresultate:
JA:
NEIN:
ENTHALTEN:
ABWESEND:
110
000
001
029
Bad Zurzach
Ja
Obersiggenthal Ja
Oberlunkhofen
Lupfig
Zofingen
Auenstein
Zeihen
Erlinsbach
Rothrist
Suhr
Ja
Ja
Ja
Ja
–
Ja
–
Ja
Wohlenschwil
Muri
Fislisbach
Möhlin
Zofingen
Oftringen
Wegenstetten
Ja
Ja
Ja
–
Ja
Ja
Ja
Ja
–
Ja
Ja
Ja
Spielmann
Stierli-Popp
Alois
Walter
StöckliAmmann
Strebel
Studer
StüssiLauterburg
Ungricht
Unternährer
Villiger-Matter
Villiger
Vogt
Vögtli
Voser
Vulliamy
Wanner
Weber
Wehrli-Löffel
Wernli
Wertli
Wiederkehr
Wittwer
Wullschleger
Wyss
Milly
Wettingen
Zufikon
Würenlingen
Staufen
SchmiedruedWalde
Aarburg
FischbachGöslikon
Muri
Herbert
Lilian
Jürg
Gusti
Beat
Andreas
Jörg
Franz
Theo
Peter
Daniel
Maja
Guido
Peter
Bernhard
Otto
Kurt
Hansjörg
Stephan
Kurt
4773
Gippingen
Untersiggenthal Ja
Vorsitzender: Ich danke der Kommission für die Bearbeitung
und der Kommissionspräsidentin für die Berichterstattung.
Beschluss
1. Der Entwurf zur Änderung der Kantonsverfassung (KV)
wird in 2. Beratung zum Beschluss erhoben und zuhanden
der Volksabstimmung verabschiedet.
2. Der Entwurf der Totalrevision des Gesetzes über die
Verantwortlichkeit der öffentlichen Beamten und
Angestellten und über die Haftung des Staates und der
Gemeinden für ihre Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz):
Haftungsgesetz (HG) wird in 2. Beratung zum Beschluss
erhoben.
Fakultatives Referendum
Der Beschluss unter Ziffer 2 untersteht gemäss § 63 Abs. 1
lit. a der Kantonsverfassung dem fakultativen Referendum. Die Staatskanzlei wird mit der Publikation im Amtsblatt
beauftragt.
Ja
–
2298
Interpellation
der
FDP-Fraktion
vom
9. September 2008 betreffend Vergabe eines CHF 60
Mio. Auftrags der Aargauischen Kantonalbank AKB
ausserhalb des Kantons; Beantwortung und Erledigung
–
(vgl. Art. 1851 hievor)
Muri
Wettingen
Windisch
Ja
Ja
Enth
Antwort des Regierungsrats vom 26. November 2008:
Bergdietikon
Unterentfelden
Sins
Aarburg
Leimbach
Kleindöttingen
Killwangen
Rheinfelden
Würenlos
Spreitenbach
Küttigen
Rothrist
Aarau
Baden
Aarau
Strengelbach
Leuggern-
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
–
Ja
Ja
Ja
Zur Frage 1: Nein, formell hätte die erwähnte
Auftragsvergabe
gemäss
den
Bestimmungen
des
Submissionsdekrets
(SubmD)
zu
erfolgen.
Eine
grundsätzliche Bevorzugung von einzelnen Lieferanten
durch die staatliche Verwaltung oder durch öffentlichrechtliche Anstalten ist aufgrund des Submissionsdekrets
und aufgrund von Art. 5 des eidgenössischen
Binnenmarktgesetzes unzulässig.
Zur Frage 2: Nein, die Auftragsvergabe durch die
Aargauische Kantonalbank (AKB) hat den Vorgaben des
SubmD zu genügen und somit unabhängig von
anderweitigen Überlegungen zu erfolgen. Gemäss § 18 Abs.
2 SubmD ist der Preis nicht das einzige massgebliche
Zuschlagskriterium.
Zur Frage 3: Vgl. Antwort zu den Fragen 1 und 2.
Zur
Frage
4:
Der
Regierungsrat
hat
im
Vernehmlassungsverfahren zum Planungsbericht über die
Art. 2298
Eigentümerstrategie zur AKB auch die AKB begrüsst. Ihre
Stellungnahme und die darin geäusserten Anliegen wurden
im Planungsbericht breit diskutiert. Mit Abschluss des
Vernehmlassungsverfahrens betrachtet der Regierungsrat die
Diskussion
über
die
künftige
Ausrichtung
der
Eigentümerstrategie nun grundsätzlich als Sache der Politik,
respektive des Gesetzgebers, was auch für die Bank
unbestritten ist.
Zur Frage 5: § 2 Abs. 2 AKBG besagt, dass die AKB die
wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Kantons fördern
und dabei besonders die Bedürfnisse seiner Bevölkerung
berücksichtigen soll. Aus Sicht des Regierungsrats ist eine
leistungsfähige und den Erfordernissen des Markts
angepasste Bankeninfrastruktur Grundlage zur Erfüllung von
§ 2 Abs. 2. AKBG. Diese fällt in die Zuständigkeit und
Verantwortung der Bankorgane.
Im Rahmen der gegenwärtigen Finanzmarktkrise werden die
Risiken im Bankensektor deutlich sichtbar. Ebenso zeigt es
sich, dass die heute unterschiedlichen Ausgestaltungen des
Einlegerschutzes innerhalb des Schweizer Binnenmarkts
eine verzerrende Wirkung auf das Schweizer Bankensystem
entfaltet.
Die
Funktionsfähigkeit
des
Schweizer
Bankensystems wird dadurch verschlechtert, dass den
Banken mit im Vergleich zu anderen Banken höherem
Einlegerschutz in der gegenwärtigen Finanzmarktkrise
Kundengelder zufliessen, die dann teilweise auf dem
Interbankenmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen, sondern
bei der Schweizerischen Nationalbank deponiert werden.
Dadurch muss die Schweizerische Nationalbank letztlich die
Funktion des Interbankenmarkts alleine erfüllen. Der
Regierungsrat ist deshalb überzeugt, dass für den gesamten
Binnenmarkt
neue
und
insbesondere
einheitliche
regulatorische Vorgaben gemacht werden sollten, die
insbesondere
einen
einheitlichen,
verzerrungsfreien
Einlegerschutz beinhalten. In diesem Zusammenhang ist es –
unabhängig
vom
bisherigen
Planungsbericht
zur
Eigentümerstrategie für die AKB – unausweichlich, Inhalt
und Ausgestaltung von § 2 AKBG und das künftige System
zur Wahrung der Eigentümerinteressen gegenüber der AKB
zu überdenken. Je nach künftiger Ausgestaltung der
Staatsgarantie dürfte ein im Vergleich zu heute stärkeres
Regulativ
seitens
des
Kantons
als
Eigentümer
möglicherweise angezeigt sein. Der Regierungsrat bereitet
die notwendigen Entscheidungsgrundlagen auf. Das
Vorgehen muss jedoch auf Aktivitäten des Bundes zur
Neuordnung der schweizerischen Bankenregulierung
abgestimmt werden. Der Regierungsrat wird die Thematik
analysieren und dem Parlament zu gegebener Zeit
Lösungsvorschläge unterbreiten.
Zur Frage 6: Die AKB ist eine selbstständige Anstalt des
kantonalen
öffentlichen
Rechts
mit
eigener
Rechtspersönlichkeit (§ 1 AKBG). Als selbstständige Anstalt
des kantonalen öffentlichen Rechts untersteht sie
grundsätzlich der Pflicht, ein Submissionsverfahren
durchzuführen (§ 5 Abs. 1 lit. a SubmD). In der
Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche
Beschaffungswesen (IVöB; SAR 150.950) werden die
Kantonalbanken nicht von der Submissionspflicht
ausgenommen. Auch das Submissionsdekret enthält keine
Bestimmung, welche die AKB von der Submissionspflicht
ausnimmt. Aus der Botschaft vom 22. Mai 1996 zum
Submissionsdekret geht unter Ziffer 4.1.4 'Selbständige
24. März 2009
Staatsanstalten'
hervor,
dass
im
Rahmen
des
Vernehmlassungsverfahrens beantragt worden war, auf eine
Unterstellung der AKB ganz zu verzichten. In den
Ausführungen zu den einzelnen Bestimmungen des
Dekretsentwurfs wird unter Ziffer 5.1.2. klar festgehalten,
dass die Anstalten wie bis anhin unterstellt bleiben. Es sei
aber selbstverständlich, "dass bei einer allfälligen
Privatisierung der AKB und AEW die Unterstellung neu
beurteilt werden" müsse. Die AKB untersteht somit
zweifelsfrei dem Submissionsdekret.
Zur Frage 7: Der Regierungsrat verweist diesbezüglich auf
den oben erwähnten Beschluss des Grossen Rats (respektive
auf die zugehörige Botschaft), wonach eine Neuüberprüfung
der Unterstellung unter das Submissionsdekret im Rahmen
der
Diskussionen
um
eine
Rechtsformänderung
beziehungsweise Teilprivatisierung der Staatsanstalt
vorzunehmen sei. Der Regierungsrat sieht deshalb zum
gegenwärtigen Zeitpunkt keine Veranlassung, auf diesen
Beschluss des Grossen Rats zurückzukommen.
Der Grosse Rat hat zudem dem regierungsrätlichen
zweistufigen Vorgehensvorschlag zugestimmt, wonach
vorerst eine Totalrevision des Kantonalbankgesetzes unter
Beibehaltung der Rechtsform der Staatsanstalt erfolgen sollte
und in einem zweiten Schritt ab 2009 eine weitere Revision
sich mit dem Fragenkomplex Rechtsform, Staatsgarantie,
Leistungsauftrag und Teilprivatisierung zu befassen habe.
Der Regierungsrat hat in seinem Planungsbericht zur
Eigentümerstrategie für die AKB dem Grossen Rat denn
auch vorgeschlagen, die Rechtsform der AKB zu ändern
sowie die Staatsgarantie und den Leistungsauftrag einer
Prüfung zu unterziehen.
Aufgrund der jüngeren Ereignisse auf den Finanzmärkten hat
der Regierungsrat dem Büro des Grossen Rats den Rückzug
der Botschaft zu den Eigentümerstrategien beantragt. Der
Regierungsrat wird die Auswirkungen der Finanzmarktkrise
auf die Beteiligungen analysieren und auf dieser Basis eine
erneute Beurteilung vornehmen. Danach wird er dem
Grossen Rat erneut eine Vorlage zustellen. Im Rahmen
dieser Arbeiten wird der Regierungsrat auch die Frage der
Unterstellung unter das Submissionsdekret behandeln,
insbesondere
auch
unter
Berücksichtigung
des
eidgenössischen Binnenmarktgesetzes. Aufgrund der
inhaltlichen
Verknüpfung
der
Themenbereiche
Rechtsformänderung, Leistungsauftrag und Submissionsrecht sieht der Regierungsrat deshalb keine Veranlassung,
zum jetzigen Zeitpunkt und ausserhalb der Diskussion um
die Rechtsformänderung am heutigen Status etwas zu
ändern.
Die AKB betrachtet die Unterstellung unter das
Submissionsdekret als eine Benachteiligung im Vergleich zu
anderen Banken. Der Regierungsrat hat in seinem
Planungsbericht zur
Eigentümerstrategie dargestellt, dass er bestrebt ist, die
Wettbewerbsbedingungen der AKB denjenigen der anderen
Banken anzugleichen. Angesichts der offensichtlichen
Wettbewerbsverzerrungen auf dem Schweizer Finanzmarkt,
die in jüngster Zeit zu einer Verschlechterung der
Funktionsfähigkeit des Schweizer Bankensystems geführt
haben (vgl. Antwort zur Frage 5), wird der Regierungsrat in
seiner Analyse deshalb auch die Frage der gleichen
Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer aufgrund
der aktuellsten Ereignisse neu beurteilen.
4774
24. März 2009
Zur Frage 8: Der Regierungsrat hat in seinem
Planungsbericht zur Eigentümerstrategie für die AKB sein
Bestreben erläutert, die Wettbewerbsbedingungen der AKB
an diejenigen der anderen Akteure auf dem Bankenmarkt
anzugleichen und somit der AKB ein nachhaltiges
Wachstum zu ermöglichen. Er möchte der AKB weiterhin
als starker Mehrheitsaktionär zur Verfügung stehen und die
Marke „Kantonalbank“ auch langfristig erhalten.
Die AKB nimmt weder hoheitliche Aufgaben wahr noch hat
sie Rechtsetzungskompetenzen, was ihre Ausgestaltung als
öffentlich-rechtliche Anstalt und somit als Bestandteil der
erweiterten Kantonsverwaltung begründen könnte. Die
Umwandlung der Rechtsform ermöglicht eine weitergehende
Trennung von Politik und Beteiligung, wie sie auch in den
Richtlinien des Regierungsrats zur Public Corporate
Governance vom 7. März 2007 vorgesehen ist. Die Bank soll
sich dadurch konsequent auf die Bedürfnisse des Markts
respektive ihrer Kundschaft ausrichten können.
Der Regierungsrat wird auch diese Punkte einer weiteren
vertieften Analyse unterziehen und dem Parlament
Lösungsvorschläge in einer Botschaft unterbreiten (vgl.
Antwort zur Frage 7).
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 2’461.–.
Dr. Heller Daniel, FDP, Erlinsbach: Die FDP-Fraktion ist
mit der Antwort des Regierungsrats sehr zufrieden. Er
bestätigt, dass die Bank bei der Vergabe gegen das
Submissionsdekret verstossen und damit nicht korrekt
gehandelt hat. Er bestätigt ebenfalls, dass die AKB nicht
klug handelt, wenn sie ihre IT im Nachbarkanton einkauft.
Das Ausschlagen der günstigeren aargauischen Angebote
steht im eklatanten Widerspruch zur Eigendarstellung der
AKB als Förderbank der aargauischen Volkswirtschaft. Als
Eigner – und die vertreten letztlich wir und der
Regierungsrat – müssen wir uns fragen, was vom Gebaren
der Bankleitung zu halten ist. Einerseits reklamiert man alle
Vorteile der Staatsanstalt und der Staatsgarantie und man
beruft sich auf den gesetzlichen Förderauftrag, die AKB
müsse sich für die aargauische Volkswirtschaft engagieren.
Andererseits führt man sich auf wie eine beliebige Bank:
Man kauft ein, wo man will. Diejenige Volkswirtschaft,
deren Interessen man zu fördern vorgibt, lässt man trotz
günstigerem Angebot leer ausgehen, und das in der grössten
Wirtschaftskrise seit 60 Jahren. Die AKB missachtet für
einen 60-Millionen-Auftrag das Submissionsdekret. Diese
vom Regierungsrat festgestellte Tatsache wirft die Frage auf,
was die von uns in den Bankrat gewählten Juristen dort
eigentlich für eine Rolle spielen. Immerhin anerkennen wir,
dass die AKB anders als etwa die Deutschen Landesbanken
sich bisher in der Finanzmarktkrise nicht verspekuliert hat.
Die 7 deutschen Staatsinstitute schreiben bis jetzt zusammen
über 20 Milliarden Euro ab. Immerhin muss man ebenfalls
anerkennen, dass die AKB – soweit erkennbar – auch nicht
Leuten Kredite nachwirft, die nicht kreditwürdig sind.
Die AKB-Führung agiert selbstherrlich und widersprüchlich.
Sie will das Weggli und den Batzen. Sie desavouiert mit
ihrem Verhalten die eigene Argumentation. Vorläufig hat die
AKB
politisch
eine
Gnadenfrist
erhalten.
Die
Finanzmarktkrise hat das unmögliche Konstrukt in Form
einer Staatsanstalt noch einmal gerettet. So wird der Kanton
Aargau weiterhin eine Bank besitzen, die in Form einer
Staatsanstalt mit politisch besetzten Leitungsorganen
4775
Art. 2299
funktioniert, die dank Staatsgarantie gegenüber den anderen
Banken ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile geniesst und
dem aargauischen Steuerzahler für seine uneingeschränkte
Haftung dankt, indem sie mitten in der grossen Krise die
Investitionen lieber nicht im eigenen Kanton tätigt. Wir sind
von der Antwort befriedigt.
Vorsitzender: Dr. Daniel Heller, Erlinsbach, erklärt sich im
Namen der Interpellantin von der Antwort befriedigt. Das
Geschäft ist erledigt.
2299
Interpellation
der
CVP-Fraktion
vom
11. November 2008 betreffend finanzpolitisches Umfeld
der Aargauischen Kantonalbank (AKB); Beantwortung
und Erledigung
(Art. 1952 hievor)
Antwort des Regierungsrats vom 17. Dezember 2008:
Zur Frage 1: Die Zunahme der Kundengelder bei der
Aargauischen Kantonalbank (AKB) beträgt zwischen Januar
und Oktober 2008 insgesamt 820 Mio. Franken.
Zur Frage 2: Die Kundengelder werden je nach Fristigkeit
zur Refinanzierung im Aktivgeschäft und zur Anlage im
Interbankengeschäft eingesetzt sowie seit Oktober 2008 auch
bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) in Form von
SNB-Bills angelegt.
Zur Frage 3: Die AKB setzt alles daran, im Rahmen der
Bonitätskriterien namentlich auch die KMU-Betriebe zu
unterstützen.
Zur Frage 4: Im Rahmen der gegenwärtigen
Finanzmarktkrise werden die Risiken im Bankensektor
deutlich sichtbar. Ebenso zeigt es sich, dass die heute
unterschiedlichen Ausgestaltungen des Einlegerschutzes
innerhalb des Schweizer Bankenmarkts eine verzerrende
Wirkung auf das Schweizer Bankensystem entfalten. Die
Funktionsfähigkeit des Schweizer Bankensystems wird
dadurch verschlechtert, dass – abgesehen von den
Regionalbanken
–
der
Postfinance
sowie
den
Kantonalbanken mit im Vergleich zu anderen Banken
höherem
Einlegerschutz
in
der
Finanzmarktkrise
Kundengelder zufliessen, die dann teilweise auf dem
Interbankenmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen, sondern
bei der Schweizerischen Nationalbank deponiert werden.
Dadurch muss die Schweizerische Nationalbank letztlich die
Funktion des Interbankenmarkts alleine erfüllen.
Aufgrund seiner unbegrenzten Staatsgarantie für die AKB,
die auch im Kanton Aargau
teilweise zu den beschriebenen Effekten geführt hat, trägt
somit auch der Kanton Aargau – nebst den meisten anderen
Kantonen mit vergleichbarer Staatsgarantie für ihre
Kantonalbanken – ungewollt eine gewisse Verantwortung
für einen Teil der destabilisierenden Effekte im
Bankenmarkt während der aktuellen Finanzmarktkrise, auch
wenn die eigentlichen Ursachen der Finanzmarktkrise mit
Gewissheit nicht im Kanton Aargau zu lokalisieren sind.
Solche Effekte können die Probleme anderer Banken noch
weiter akzentuieren und die Lösung akuter Probleme seitens
der Nationalbank erschweren. Der Regierungsrat gewichtet
Art. 2300
seine volkswirtschaftliche Verantwortung für eine gute
Funktionsfähigkeit des Schweizer Bankensystems als Stütze
für eine stabile Konjunktur sehr hoch. Aufgrund dieser
gesamtwirtschaftlichen Verantwortung des Kantons sollte
aus Sicht des Regierungsrats die schwierige aktuelle Lage
nicht dazu führen, dass der Kanton und damit auch die
Kantonalbank zulasten von anderen Banken davon
profitieren.
Am 2. November 2008 wurde der beschriebene Sachverhalt
auch vom Vizepräsidenten der Nationalbank, Dr. Philipp
Hildebrand, in der Zeitung „Sonntag“ aufgeworfen. Während
Bund und Nationalbank dem Schweizer Finanzplatz mit
Milliarden unter die Arme greifen, „bewirkten die Kantone
über ihre Banken das Gegenteil“. Dies darum, weil die
Kantonalbanken dank aktiver Werbung mit ihrer
Staatsgarantie verunsicherte Grossbankkunden zu einem
Wechsel zur Kantonalbank verleiteten, während sie
gleichzeitig auf dem Interbankenmarkt der UBS Kredit
verweigerten. Dieses Verhalten sei destabilisierend und aus
Sicht des Steuerzahlers absurd und verhindere zudem eine
effektive Konjunkturbelebung durch die Geldpolitik der
Nationalbank, da die Kantonalbanken ihr Geld horteten und
dadurch die Geldpolitik der Nationalbank erschwerten.
Dieser Zustand müsse dringend ändern. Vor diesem
Hintergrund regte er einen "Ehrenkodex zur Rettung des
Finanzplatzes" an, der besagen würde, destabilisierendes
Verhalten zu unterlassen, gegenseitig unter den Banken Geld
auszuleihen und bei der Abwerbung von Kunden
Zurückhaltung zu üben.
Der Regierungsrat hat Verständnis für die Idee eines solchen
Ehrenkodexes als ersten Schritt, soweit dadurch nicht die
Risikoexposition der AKB und somit aufgrund der
Eigentümerschaft und der Staatsgarantie indirekt auch
diejenige des Kantons verschlechtert wird. Er ist jedoch
überzeugt, dass in einem zweiten Schritt für den gesamten
Binnenmarkt
neue
und
insbesondere
einheitliche
regulatorische Vorgaben gemacht werden sollten, die
insbesondere
einen
einheitlichen,
verzerrungsfreien
Einlegerschutz beinhalten.
Zur Frage 5: Die AKB ist auf den Interbankenmarkt
angewiesen und in diesem – zur Risikominimierung in
reduziertem Umfang – weiterhin tätig. Die Höhe der
Kreditlimiten wird im Rahmen der Bonitätskriterien
festgelegt. Auf die Ausleihungen (Aktivseite) an andere
Banken hat die Staatsgarantie der AKB keinen Einfluss.
Zur Frage 6: Auf der AKB werden Boni ausbezahlt
beziehungsweise können Boni ausbezahlt werden. Diese sind
von Geschäftsgang und Leistung abhängig. Der Bankrat
erhält keinen Bonus. Er entscheidet über das
Bonusreglement,
die
zur
Verfügung
stehende
Bonusgesamtsumme, die Zuteilungskriterien sowie über die
Boni der Geschäftsleitung. Diese beschliesst oder genehmigt
die Höhe der Boni der übrigen Mitarbeitenden.
Zur Frage 7: Dem Regierungsrat sind einzelne
Bankgeschäfte nicht bekannt. Über die Risiko- und
Kreditpolitik des Bankrats mit dem entsprechenden
Reporting auch an den Vorsteher des Departements für
Finanzen und Ressourcen wird bislang sichergestellt, dass im
Sinne von § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Aargauische
Kantonalbank (AKBG; SAR 681.100) auch ausserhalb des
Kantons Aargau keine unverhältnismässigen Risiken
24. März 2009
eingegangen werden. Für die Zukunft ist zu überprüfen,
inwiefern
seitens
des
Kantons
ein
generelles
Risikomanagement in Bezug auf seine Beteiligungen
institutionalisiert werden soll.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1’399.–.
Villiger-Matter Andreas, CVP, Sins: Die Finanzmärkte
werden gegenwärtig von einer vor kurzer Zeit noch nicht
vorstellbaren Krise heimgesucht und in der Folge gleitet
auch die reale Wirtschaft immer tiefer in eine Rezession ab.
Als Folge des frappanten Vertrauensverlusts unserer
Grossbanken fliessen unseren Kantonalbanken massive
Geldmittel zu. Der CVP ging es mit ihrer Interpellation nicht
darum, in irgendeiner Art und Weise ins Tagesgeschäft
unserer Kantonalbank einzugreifen oder eine Diskussion um
die Beteiligung des Kantons zu diskutieren. Vielmehr
machen wir uns Sorgen um die Zukunft unserer Wirtschaft
und unseres Finanzplatzes.
Aus Sicht der CVP sind die Versorgung der Wirtschaft und
vor allem der KMU mit genügend Krediten ein zentrales
Anliegen für die Stärkung der Wirtschaft. Die Versorgung
unserer Wirtschaft mit genügend Krediten durch die Banken
sieht die CVP als zentrales Mittel zur Stützung unserer
Wirtschaft. Dies hat eine viel nachhaltigere Wirkung als
kurzfristige Konjunkturprogramme. Aus Sicht der CVP
erhalten die Kantonalbanken mit Staatsgarantie und durch
die enormen Kapitalzuflüsse eine starke regionale und
nationale Verantwortung für den Finanz- und Werkplatz
Schweiz. Die CVP ist mit der Antwort des Regierungsrats
zufrieden, wird aber das Geschäft weiterhin aufmerksam
verfolgen.
Vorsitzender: Andreas Villiger, Sins, erklärt sich im Namen
der Interpellantin von der Antwort befriedigt. Das Geschäft
ist erledigt.
2300
Interpellation
der
FDP-Fraktion
vom
4. November 2008 betreffend gesamtwirtschaftliche
Verantwortung der Aargauischen Kantonalbank in
Bezug Interbankengeschäft und Werbung mit der
Staatsgarantie; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 1935 hievor)
Antwort des Regierungsrat vom 17. Dezember 2008:
Zur Frage 1: Die Aargauische Kantonalbank (AKB)
verzeichnete von Januar bis Oktober 2008 eine
Zunahme der Kundengelder von insgesamt 820 Mio.
Franken. Der monatliche Geldabfluss oder Geldzufluss in
dieser Periode beträgt zwischen minus 150.8 Mio. Franken
und plus 395 Mio. Franken (Oktober).
Zur Frage 2: Die Forderungen gegenüber Banken bewegten
sich von Januar bis Oktober 2008 zwischen 2.566 Mia.
Franken und 1.641 Mia. Franken (Oktober). Der höchste
monatliche Zuwachs beträgt 403.5 Mio. Franken, die höchste
Abnahme 925 Mio. Franken (Oktober).
Zur Frage 3: Die AKB hält bei der Schweizerischen
Nationalbank (SNB) ihre Liquiditätsreserve. Der Saldo
4776
24. März 2009
beträgt zwischen Januar und Oktober 2008 zwischen 146
Mio. Franken und 98 Mio. Franken (Oktober). Seit Oktober
2008 legt die AKB zudem Gelder bei der Schweizerischen
Nationalbank in Form vom SNB-Bills an; per 31. Oktober
2008 umfassen diese 1.35 Mia. Franken.
Zur Frage 4: Die AKB hat aus Risikoüberlegungen zwar
Bankenlimiten reduziert respektive geschlossen, im
Gegensatz auch zu den meisten Kantonalbanken aber nicht
vollständig. Die Bank pflegt im Verhältnis zu ihrer
Risikofähigkeit weiterhin Beziehungen zu den wesentlichen
Banken in der Schweiz und nimmt damit sowohl
volkswirtschaftliche Verantwortung wie auch Verantwortung
in Bezug auf die Risikominimierung wahr.
Im Rahmen der gegenwärtigen Finanzmarktkrise werden die
Risiken im Bankensektor deutlich sichtbar. Ebenso zeigt es
sich, dass die heute unterschiedlichen Ausgestaltungen des
Einlegerschutzes innerhalb des Schweizer Bankenmarkts
eine verzerrende Wirkung auf das Schweizer Bankensystem
entfalten.
Die
Funktionsfähigkeit
des
Schweizer
Bankensystems wird dadurch verschlechtert, dass –
abgesehen von den Regionalbanken – der Postfinance sowie
den Kantonalbanken mit im Vergleich zu anderen Banken
höherem
Einlegerschutz
in
der
Finanzmarktkrise
Kundengelder zufliessen, die dann teilweise auf dem
Interbankenmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen, sondern
bei der Schweizerischen Nationalbank deponiert werden.
Dadurch muss die Schweizerische Nationalbank letztlich die
Funktion des Interbankenmarkts alleine erfüllen.
Der Regierungsrat gewichtet seine volkswirtschaftliche
Verantwortung für eine gute Funktionsfähigkeit des
Schweizer Bankensystems als Stütze für eine stabile
Konjunktur sehr hoch. Der Regierungsrat ist deshalb
überzeugt, dass für den gesamten Schweizer Bankenmarkt
neue und insbesondere einheitliche regulatorische Vorgaben
gemacht werden sollten, die insbesondere einen
einheitlichen, verzerrungsfreien Einlegerschutz beinhalten.
Zur Frage 5: Das Gesetz über die Aargauische Kantonalbank
(AKBG) vom 27. März 2007 enthält eine klare
Kompetenzregelung: Gemäss § 10 AKBG obliegt die oberste
Leitung der Bank und die Überwachung der
Geschäftsführung dem Bankrat, der gewisse Aufgaben an die
Geschäftsleitung delegiert. Die gesetzliche Rolle des
Regierungsrats beschränkt sich auf diejenige des
Eigentümers im Sinne eines Aktionärs; er nimmt keinen
direkten Einfluss auf die tägliche Geschäftspolitik der AKB
und somit auf kurzfristige Entscheide wie die Festlegung von
Zinssätzen. Hintergrund dafür ist die Absicht, dass sich die
AKB möglichst marktnah verhalten soll, ohne von der
Politik zu stark gesteuert zu werden. Dadurch soll die Gefahr
beschränkt werden, dass die AKB aufgrund von politisch
gesteuertem, marktfernem Verhalten längerfristig gegenüber
ihren Konkurrenten geschwächt wird. Den Bankorganen sind
aber die Positionen des Regierungsrats sehr wohl bekannt.
Der Regierungsrat ist der Überzeugung, dass aus der
aktuellen Finanzmarktkrise Lehren gezogen werden müssen,
die sich in einer Verbesserung des gegenwärtigen
Finanzmarktsystems niederschlagen müssen. Er weist jedoch
darauf hin, dass die genaue Kenntnis der Ursachen und
Vorgänge der aktuellen Finanzmarktkrise Grundlage von
Neuregulierungen des Systems sein müssen. Von sofortigen
definitiven Massnahmen ist abzusehen, da die langfristigen
4777
Art. 2300
Auswirkungen neuer Regulierungsmassnahmen zuerst genau
durchdacht werden müssen. Der Regierungsrat äussert sich
deshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht zu
konkreten Massnahmen.
Zuständig für die Regulierung des schweizerischen
Finanzmarkts ist der Bund. Der Regierungsrat wird die ihm
im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens auf Bundesebene
offen stehenden Möglichkeiten zur Einflussnahme im
geäusserten Sinn wahrnehmen.
In Analogie dazu wird der Regierungsrat auf kantonaler
Ebene die Art seiner Einflussnahme auf die Geschäftspolitik
der AKB einer genauen Prüfung unterziehen. Dabei sind
unter
anderem
auch
die
Risikoexposition,
die
Unabhängigkeit
der
Bankenorgane
sowie
eine
Einflussnahme auf die Lohnsysteme zu untersuchen, was
möglicherweise zu einem im Vergleich zu heute stärkeren
Regulativ seitens des Kantons gegenüber der AKB führen
könnte. Der Regierungsrat wird die entsprechenden
Entscheidgrundlagen vorbereiten und dabei die gesetzlichen
Veränderungen auf Bundesebene in Betracht ziehen. Er wird
dem Parlament zu gegebener Zeit Lösungsvorschläge
unterbreiten.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1’399.–.
Haeny Urs, FDP, Oberwil-Lieli: Die FDP-Fraktion ist nur
teilweise mit der Antwort zufrieden. Der Regierungsrat hat
die Fragen nicht detailliert beantwortet. Das wäre eigentlich
der Sinn der Interpellation gewesen. Wenn nach den
monatlichen Zahlen gefragt wird, helfen summarische
Angaben nicht. So bleibt unsere Einschätzung, dass die
Antwort einiges enthüllt, Wesentliches aber verdeckt.
Hingegen sind wir mit der Antwort des Regierungsrats über
die gesamtwirtschaftliche Verantwortung der AKB
zufrieden. Die Gelder, welche der AKB zugeflossen sind,
sollten wieder in den Geldkreislauf zurückfliessen. Am
besten wäre es, wenn sie dorthin gelangten, wo sie vor dem
Rückzug lagen. Ein Beispiel mag das verdeutlichen: Die
Firma Alsthom produziert Turbinen für Kraftwerke. Die
grossen
schweizerischen
Banken
finanzieren
Kraftwerkbauten im Ausland. Wegen des Abflusses von
Kundengeldern reduziert sich das für Kredite zur Verfügung
stehende Kreditvolumen. Kredite an ausländische
Kraftwerke werden nur noch gegen sehr hohe Zinsen und
entsprechende Garantien und Sicherheiten gewährt. Das
führt dazu, dass auf den Bau von neuen Kraftwerken
verzichtet wird. Leidtragende sind die Zulieferfirmen wie
Alsthom und ABB, was über kurz oder lang zu einem Abbau
von Arbeitsplätzen im Kanton Aargau führt. Dabei ist es der
AKB zu Recht verwehrt, anstelle der Grossbanken die
entsprechenden Kredite zu gewähren. Dafür ist die AKB
nicht vorgesehen und sie hat nicht das entsprechende
Wissen. Das Werben mit der wettbewerbsverzerrenden
Staatsgarantie schadet daher dem Werkplatz Aargau ganz
direkt und muss unterlassen werden. Dagegen liegt es im
gesamtwirtschaftlichen Interesse, dass das Geld dorthin
zurückfliesst, wo es hergekommen ist. Die FDP-Fraktion ist
mit Antwort nur teilweise zufrieden.
Vorsitzender: Urs Haeny, Oberwil-Lieli, erklärt sich im
Namen der Interpellantin von der Antwort teilweise
befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
Art. 2301
2301
Motion Marie-Louise Nussbaumer Marty,
Obersiggenthal, vom 28. Oktober 2008 betreffend
Anpassung von § 30 Abs. 1 lit. b des kantonalen
Steuergesetzes für die unterpreisliche Vermietung an
nahestehende Personen; Umwandlung in ein Postulat;
Ablehnung
(vgl. Art. 1902 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 17. Dezember 2008:
Der Regierungsrat lehnt die Motion mit folgender
Begründung ab beziehungsweise ist bereit, die Motion als
Postulat entgegenzunehmen:
Nach geltendem Recht sind alle Einkünfte aus Vermietung,
Verpachtung, Nutzniessung oder sonstiger Nutzung
steuerbar (§ 30 Abs. 1 lit. a Steuergesetz, StG). Zudem ist
gemäss § 30 Abs. 1 lit. b StG der Mietwert von
Liegenschaften
oder
Liegenschaftsteilen,
die
der
steuerpflichtigen Person aufgrund von Eigentum oder eines
unentgeltlichen Nutzungsrechts für den Eigengebrauch zur
Verfügung stehen, zu versteuern. Wird die eigene
Liegenschaft zu einem unterpreislichen Mietzins an eine
nahestehende
Person
vermietet
(sogenannter
"Verwandtschaftspreis"), so resultiert daraus eine unter dem
Eigenmietwert liegende Steuer. Dabei kann sich die Frage
der Steuerumgehung stellen.
Das Bundesgericht hat in mehreren Entscheiden zur
unterpreislichen Vermietung an nahestehende Personen
Stellung genommen. Es hat dabei festgehalten, dass die im
Vertrag zwischen dem Eigentümer und seinen Verwandten
festgelegte Miete so lange massgeblich bleibt, als dass keine
Steuerumgehung vorliegt. Eine Steuerumgehung kann
angenommen werden, wenn der vereinbarte Mietzins
weniger als 50 % des Eigenmietwerts beträgt. Liegt der
vereinbarte Mietzins unter dem Eigenmietwert, aber über 50
% des Eigenmietwerts, wird keine Steuerumgehung
angenommen. In diesem Bereich ist eine gesetzliche
Grundlage erforderlich, um die Differenz zwischen dem
unterpreislichen Mietzins und dem höheren Eigenmietwert
als steuerbares Einkommen zu qualifizieren. Verschiedene
Kantone kennen eine solche Regelung.
Die Praxis des Kantons Aargau lehnt sich eng an die
Rechtsprechung des Bundesgerichts an. Liegt die von den
Parteien vereinbarte Miete unter 50 % des Eigenmietwerts,
wird das konkrete Mietverhältnis unter dem Aspekt der
Steuerumgehung geprüft. Liegt im Einzelfall eine
Steuerumgehung vor, wird bereits heute nicht auf die
vereinbarte Miete abgestellt. Liegt die vereinbarte Miete
dagegen höher als 50 % des Eigenmietwerts und besteht
auch keine weitere Gegenleistung der Mieterin respektive
des Mieters, wird lediglich die vereinbarte Miete besteuert.
Im Kanton Aargau gibt es keine statistische Aussage zur
Anzahl von unterpreislichen Vermietungen an nahestehende
Personen; es dürfte sich jedoch um Einzelfälle handeln.
Die mit der Motion beantragte Gesetzesänderung hätte zur
Folge, dass in allen Fällen von unterpreislichen Mieten statt
auf diese unterpreisliche Miete auf den Eigenmietwert
abgestellt würde. Das heisst, die Vermieterin respektive der
Vermieter hätte als Mietertrag in jedem Fall den Betrag des
Eigenmietwerts zu versteuern. Dies hätte zur Folge, dass
steuerlich alle Eigentümerinnen respektive Eigentümer
24. März 2009
gleich behandelt werden. Auf der anderen Seite müsste eine
Eigentümerin respektive ein Eigentümer in gewissen Fällen
eine Einnahme auf einem Objekt versteuern, das er
respektive sie selber nicht benutzen kann und für das er
respektive sie keinen entsprechenden Mietzins erhält.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'163.–.
Moll-Reutercrona Andrea, FDP, Sins: Die FDP-Fraktion ist
mehrheitlich gegen die Überweisung dieser Motion, auch die
Überweisung als Postulat unterstützen wir nicht. Wir sehen
aus nachfolgenden Gründen keinen Handlungsbedarf für
eine Anpassung des kantonalen Steuergesetzes betreffend
unterpreisliche Vermietung an nahestehende Personen: Der
Kanton Aargau stützt sich im Bereich unterpreisliche
Vermietung auf das Bundesrecht. Das heisst: Wird die Miete
unter 50 Prozent des Eigenmietwerts festgelegt, liegt eine
Steuerumgehung vor. Bereits heute wird nicht auf die
vereinbarte Miete abgestellt. Entsprechende Massnahmen
von Seiten des Steuersamts werden getroffen. Die geforderte
Gesetzesänderung ist demnach unnötig und zielt unseres
Erachtens zu weit, da so in jedem Fall der Mietertrag des
Eigenmietwerts versteuert werden müsste, auch wenn dieser
Ertrag – aus welchen Gründen auch immer – gar nicht erzielt
werden kann. Dies würde zu stark in den Wettbewerb
eingreifen und zu einer unfairen Regelung führen. In diesem
Sinn lehnt die FDP-Fraktion diesen Vorstoss auch als
Postulat ab, wohlwissend, dass bereits jetzt der
Steuerumgehung mit der Bundesgesetzgebung im Kanton
Aargau ein Riegel geschoben wird,
Knecht Hansjörg, SVP, Leibstadt: In der Frage der
unterpreislichen Vermietung an nahestehende Personen
stützt sich der Kanton Aargau auf die gängige
Rechtssprechung des Bundesgerichts ab, das heisst: Es liegt
eine Steuerumgehung vor, wenn der vereinbarte Mietzins
unter 50 Prozent des Eigenmietwerts angesetzt wird. Diese
Usanz soll so beibehalten werden. Es ist keine neue
Gesetzesanpassung vorzunehmen, welche die unterpreisliche
Vermietung dem Eigengebrauch gleichstellt. Dies auch
darum, da es sich ohnehin nur um Einzelfälle handeln dürfte.
Zu beachten ist auch, dass mit einer allfälligen
Gesetzesänderung eine neue Ungerechtigkeit geschaffen
würde. In gewissen Fällen könnte der Fall eintreten, dass ein
Eigentümer eine Einnahme auf einem Objekt versteuern
müsste, das er nicht selbst nutzen kann und für das er keinen
entsprechenden Mietzins bekommt. Deshalb lehnt die SVPFraktion auch die Entgegennahme als Postulat ab.
Nussbaumer Marty Marie-Louise, SP, Obersiggenthal: Ich
bin natürlich – und das wird Sie wohl kaum erstaunen – für
die Motion gewesen und meine, dass der Regierungsrat
selbst dafür das beste Argument liefert, schreibt er doch in
seiner Antwort auf Seite 2 dazu: "Dies" – nämlich die
Motion – "hätte zur Folge, dass steuerlich alle
Eigentümerinnen und Eigentümer gleich behandelt werden."
Ja und? Wieso denn hier und in diesem Zusammenhang
nicht? Wieso soll man nicht alle Leute gleich behandeln?
Steuergerechtigkeit ist in diesem Zusammenhang wieder
einmal das Stichwort. Wer als Arbeitnehmerin oder
Arbeitnehmer mit einem ganz gewöhnlichen Lohnausweis
kommt, muss jeden Franken und Rappen der Auslagen für
den Transport zum Arbeitsplatz, für die Weiterbildung oder
4778
24. März 2009
Art. 2302
die
Kinderbetreuung
ausweisen.
Wer
hingegen
Liegenschaftsbesitzerin oder Liegenschaftsbesitzer ist, kann
diese ganz offen zu einem Preis bis weit unter dem
Eigenmietwert abgeben – "vermieten" muss man in diesem
Zusammenhang ja eher in Anführungszeichen setzen – und
wird dabei noch massiv steuerlich begünstigt. Ich weise Sie
besonders darauf hin, dass das Bundesgericht die
Gesetzesbestimmung des Kantons Thurgau, wonach die
unterpreisliche
Vermietung
dem
Eigenmietwert
gleichgestellt werden kann, gestützt hat. Bereits 8 Kantone
haben diese Bestimmung aufgenommen. Da würde es uns
sehr gut anstehen, wenn wir uns anschlössen.
Mit Ihrem Sich-Wehren gegen eine Überweisung – auch als
Postulat – sprechen Sie sich nach meiner Meinung ganz
offen für eine Steuerumgehung aus. Da sollen also
Liegenschaftseigentümerinnen und -eigentümer nicht nur so
steuerlich bevorzugt werden, wie es das Bundesgericht
allenfalls toleriert, sondern noch weit mehr. Das ist
unverfroren und ein Hohn für alle anständigen und ehrlichen
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.
Grundsätzlich – und hier werden Sie mir ja wohl kaum
widersprechen – gehen wir natürlich noch davon aus, dass es
zusätzlich auch noch die Fälle der einerseits gegenüber dem
Fiskus dargelegten "Vermietung" und dem andererseits
tatsächlich bezahlten Zins gibt. Steuerumgehung,
Steuerhinterziehung oder darf es sogar noch etwas mehr
sein? Ich bitte Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, bei
Verwandtschaftspreisen, Günstlingswirtschaft und ähnlichen
Machenschaften nicht mitzumachen, den Anstand zu wahren
und meinen Vorstoss mindestens als Postulat zu überweisen.
hingewiesen worden, dass verschiedene Kantone eine solche
Regelung bereits kennen, beispielsweise AppenzellInnerrhoden, Appenzell-Ausserrhoden, Graubünden, Jura,
Nidwalden, Obwalden, Thurgau und St. Gallen.
Der Kanton Aargau befolgt die Rechtssprechung des
Bundesgerichts. Wir haben bisher keine weitergehende
präzisierende gesetzliche Regelung. Es gibt keine statistische
Aussage zur Anzahl von unterpreislichen Vermietungen an
nahestehende Personen. Es dürfte sich jedoch um Einzelfälle
handeln. Eine gesetzliche Präzisierung des Motionsanliegens
würde wohl Klarheit schaffen, indem immer mindestens auf
den Eigenmietwert abgestellt würde. Auf der anderen Seite –
und das ist eben auch zu berücksichtigen – sind aber nach
der vorgeschlagenen gesetzlichen Regelung Fälle denkbar, in
denen ein Eigentümer eine Mietzinseinnahme versteuern
muss, die er in dieser Höhe effektiv nicht erhalten hat. Er
müsste es als ein fiktives Einkommen versteuern. Der
Regierungsrat ist aus all diesen Gründen bereit, die Motion
als Postulat zu übernehmen. Er lehnt hingegen die
Überweisung als Motion ab.
Ungricht Gusti, SVP, Bergdietikon: Diese Motion wirft viele
Fragen auf, aber ganz besonders eine: Wo ist die Grenze?
Wen betrifft es: Lehrlinge und Studenten, die noch Zuhause
wohnen, ab 16 Jahren, ab 18 Jahren, ab 20 Jahren oder noch
später? Was ist mit dem Vierzigjährigen, der immer noch das
“Hotel-Mama” geniesst? Wo ist die Grenze? Was ist
gemeint: das Kinder- und Jugendzimmer, ein Teil im
Mehrgenerationenhaus,
die
Einliegerwohnung
im
Einfamilienhaus oder eine externe separate Wohnung? Wo
ist die Grenze? Was ist mit Verwandten- und
Bedürftigenunterstützung? Wer darf von einem grosszügigen
Vermieter profitieren? Wieso soll private Sozialhilfe bestraft
werden? Wo ist hier die Grenze? Lehnen Sie die Motion und
das Postulat ab. Dieser Vorstoss macht keinen Sinn und ist in
der Praxis, sprich im richtigen Leben, nicht anwendbar.
2302
Motion der FDP-Fraktion vom 16. Dezember
2008 betreffend Aufhebung der Dumont-Praxis im
Steuergesetz; Überweisung an den Regierungsrat
Landstatthalter Roland Brogli, CVP: Das Bundesgericht hat
schon in mehreren Entscheiden zur unterpreislichen
Vermietung Stellung genommen. Das Bundesgericht hat
festgelegt, dass eine Steuerumgehung angenommen werden
kann, wenn ein vereinbarter Mietzins weniger als 50 Prozent
des Eigenmietwerts beträgt.
Marie-Louise Nussbaumer, wir gehen davon aus, dass das
Bundesgericht dabei den Grundsatz der Steuergerechtigkeit
befolgt. Beträgt der Mietzins mehr als 50 Prozent des
Eigenmietwerts und liegt aber gleichzeitig immer noch unter
dem Eigenmietwert, so ist dieser steuerlich zu akzeptieren,
es sei denn, es besteht für solche Fälle eine spezielle
gesetzliche Grundlage. So hat das Bundesrecht entschieden.
Mit einer solchen gesetzlichen Grundlage könnte die
Differenz zwischen unterpreislicher Miete und dem
Eigenmietwert beim Vermieter respektive Eigentümer als
Einkommen besteuert werden. Es ist schon darauf
4779
Vorsitzender: Die Motionärin erklärt sich mit der
Überweisung als Postulat einverstanden, wie es der
Regierungsrat vorschlägt. Die Fraktionen der FDP und der
SVP votieren gegen die Übernahme.
Abstimmung:
Das Postulat wird mit 79 gegen 50 Stimmen abgelehnt.
(Art. 2104 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 25. Februar 2009:
Der Regierungsrat ist bereit, die Motion mit folgender
Erklärung entgegenzunehmen.
Die Eidgenössischen Räte haben die sogenannte DumontPraxis mit dem Bundesgesetz über die steuerliche
Behandlung von Instandstellungskosten bei Liegenschaften
vom 3. Oktober 2008 abgeschafft. Damit können auch nach
dem
Kauf
einer
älteren
Liegenschaft
alle
Instandstellungskosten von der Steuer abgezogen werden.
Die neue Regelung kommt bei der direkten Bundessteuer
wie auch bei den Kantons- und Gemeindesteuern zur
Anwendung. Beim Bund gilt sie ab dem 1. Januar 2010; die
Kantone müssen ihre Steuergesetze bis spätestens am
1. Januar 2012 anpassen. Falls das kantonale Recht bis 2012
nicht angepasst ist, findet ab diesem Zeitpunkt die
entsprechende Norm des Steuerharmonisierungsgesetzes
direkte Anwendung.
Die Anpassung wird im Kanton Aargau umgehend mit der
nächsten formellen Teilrevision des aargauischen
Steuergesetzes vorgenommen. Um eine Disharmonisierung
zwischen dem Inkrafttreten der Norm der direkten
Bundessteuer und der kantonalen Norm zu vermeiden,
beabsichtigt das Kantonale Steueramt, die Dumont-Praxis
Art. 2303
wie beim Bund spätestens ab der Steuerperiode 2010 nicht
mehr anzuwenden.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 809.–.
Vorsitzender: Die Motion ist unbestritten. Der Rat überweist
sie stillschweigend an den Regierungsrat.
2303
Interpellation
der
SVP-Fraktion
vom
28. Oktober 2008 betreffend Wegleitung zur Bewertung
von
Wertpapieren
ohne
Kurswert
für
die
Vermögenssteuer; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 1907 hievor)
Antwort des Regierungsrats vom 17. Dezember 2008:
Vorbemerkungen: Gemäss § 50 Abs. 1 des Steuergesetzes
(StG) sind Wertpapiere nach dem Verkehrswert zu bewerten.
Dieser entspricht dem Kurswert oder, wenn kein solcher
besteht, dem sogenannten inneren Wert.
Der Wert einer Beteiligung an einem Unternehmen
unterliegt wie andere Vermögenswerte der Vermögenssteuer.
Massgebend ist der Verkehrswert der Beteiligung am Ende
des Kalenderjahrs. Bei börsenkotierten Unternehmen kann
man auf den Schlusskurs des letzten Börsentags im Jahr
abstellen; bei regelmässig ausserbörslich gehandelten Titeln
auf den letzten verfügbaren Kurs. Für die Unternehmen ohne
Kurswert muss man eine eigene Bewertung vornehmen. Die
Wegleitung zur Bewertung von Wertpapieren ohne
Kurswert, welche in Form eines Kreisschreibens der
Schweizerischen Steuerkonferenz herausgegeben wird, legt
die Modalitäten dazu fest.
Bis Ende der 90er-Jahre wurden für einen grossen Teil der
Kantone die Bewertungen durch die Eidgenössische
Steuerverwaltung vorgenommen. Mit dem Übertrag der
Bewertungsaufgabe an die Sitzkantone wurden in
verschiedenen Kantonen eigene, von der Wegleitung
abweichende Bewertungskriterien eingeführt. Dies führte zu
rechtsungleicher
Behandlung
von
Steuerpflichtigen
innerhalb eines Kantons, da der der Veranlagung zugrunde
liegende Wert auch davon beeinflusst wird, in welchem
Kanton die Unternehmung ihren Sitz hatte. Um diesen
stossenden Zustand zu beseitigen, ist eine Überarbeitung der
Wegleitung zum Zweck einer gesamtschweizerisch
einheitlichen Bewertung in die Wege geleitet worden. Dabei
werden die aus der Praxis bekannten Mängel bestmöglich
behoben.
Die Überarbeitung des Kreisschreibens erfolgte durch eine
Arbeitsgruppe der Schweizerischen Steuerkonferenz unter
Mitwirkung
der
Vereinigung
der
privaten
Aktiengesellschaften (VPAG) und wurde schliesslich vom
Vorstand
der
Schweizerischen
Steuerkonferenz
verabschiedet. Dabei wurde dem Begehren der VPAG, die
nun umstrittene Mindestwertbestimmung erst mit einer
Verzögerung in Kraft zu setzen, entsprochen. Diese
Bestimmung tritt erst auf den 1. Januar 2011 in Kraft.
Materiell wesentliche Anpassungen der revidierten
Wegleitung sind:
- Erhöhung des Kapitalisierungszinssatzes und damit
tieferer Ertragswert.
24. März 2009
-
Höhere Flexibilität für die Gesellschaft durch
Wahlmöglichkeit von Bewertungsmodellen.
- Festsetzung des Substanzwerts als Mindestwert.
- Reduktion Quote für latente Steuern von 20 % auf 15 %
(aufgrund reduzierter Gewinnsteuerbelastung).
- Erhöhung der Grenzrendite für den Pauschalabzug. Neu
kann der Pauschalabzug von 30 % bis zu einer Rendite
von 4.2 % anstelle bisher 3.6 % geltend gemacht werden.
Diese wesentlichen Anpassungen wirken sich teils
steuererhöhend und teils steuermindernd aus.
In der Kritik steht dabei die Neuerung, dass als Mindestwert
der Substanzwert gilt. Die Formel für die Bewertung bleibt
zwar
unverändert,
wird
jedoch
mit
einer
Mindestwertregelung ergänzt. Betroffen ist dadurch die
Bewertung
von
Handels-,
Industrieund
Dienstleistungsgesellschaften. Keinen Einfluss hat die
Neuerung
auf
Holding-,
Vermögensverwaltungs-,
Finanzierungs- und Immobiliengesellschaften, denn diese
werden schon heute zum Substanzwert bewertet.
Grund für die Einführung einer Mindestwertregelung ist der
Umstand, dass heute Unternehmen ohne Ertragswert oder
mit sehr kleiner Rendite gemessen an ihrem Verkehrswert
meist viel zu tief bewertet werden. Bei Unternehmen mit
einem Ertragswert von 0 führt die bisherige Bewertung mit
dem zweifach gewichteten Ertragswert und dem einfach
gewichteten Substanzwert dazu, dass ein Unternehmenswert
von 1/3 des Substanzwerts resultiert. Unter normalen
Umständen kann der Unternehmenswert jedoch nicht bloss
ein Drittel des Eigenkapitals beziehungsweise des
Verkehrswerts betragen. Aus diesem Grund wurde die
Wegleitung mit der Mindestwertregelung ergänzt.
Zur Frage 1: Die Änderung der Wegleitung zur Bewertung
von Wertpapieren ohne Kurswert führt in der Tat bei der
Mehrheit der KMU zu einer Erhöhung der Vermögenssteuer
auf Seiten der Aktionäre. Betroffen sind die Inhaber von
KMU ohne steuerbaren Gewinn oder von KMU mit eher
tiefer Rendite. Auf der anderen Seite profitieren die Inhaber
von KMU mit eher hoher Rendite von den neuen
Regelungen.
Bei den Inhabern von KMU ohne steuerbaren Gewinn ist die
Erhöhung prozentual am stärksten. Eine Auswertung der
Steuerdaten für das Steuerjahr 2005 für Unternehmen mit
einem Eigenkapital von bis zu 10 Mio. Franken zeigt jedoch,
dass die durchschnittliche Erhöhung der Steuerlast für die
Eigentümer in Frankenwerten bescheiden ist. Sie beträgt pro
KMU rund Fr. 170.– (einfache Kantonssteuer). Die
Auswertung über alle KMU, deren Inhaber eine
Mehrbelastung erfahren (KMU ohne steuerbaren Gewinn
oder mit steuerbarem Gewinn bei eher tiefer Rendite), ergibt
eine zusätzliche Steuerlast von durchschnittlich Fr. 240.– pro
KMU.
Berücksichtigt man zudem, dass die durchschnittliche
Mehrbelastung pro Aktionär noch deutlich tiefer sein dürfte,
da viele KMU im Besitz von mehreren Aktionären sind,
relativiert sich die gemäss Interpellanten „massive Erhöhung
der fiskalischen Belastung der Mehrheit der KMU“
erheblich.
Zur Frage 2: Den steuerlichen Mehreinnahmen aufgrund der
Festsetzung des Substanzwerts als Mindestwert stehen
Mindereinnahmen gegenüber, welche diese grösstenteils
wieder wettmachen. Mindereinnahmen ergeben sich
einerseits aufgrund der tieferen Ertragswerte durch die
4780
24. März 2009
Erhöhung des Kapitalisierungssatzes sowie andererseits
aufgrund der Erhöhung der Grenzrendite für den
Pauschalabzug. Entlastet werden durch diese beiden
Änderungen insbesondere Aktionäre von nicht kotierten
Unternehmen mit eher hoher Rendite.
Stellt man diese Mehr- und Mindereinnahmen einander
gegenüber, so resultieren gemäss der bereits erwähnten
Auswertung der Steuerdaten für das Steuerjahr 2005 von den
Aktionären der rund 14'000 Unternehmen mit einem
Eigenkapital von bis zu 10 Mio. Franken per Saldo NettoMehreinnahmen von rund 0.4 Mio. Franken je für den
Kanton und die Gemeinden. Dazu kommen NettoMehreinnahmen von den Aktionären von nicht kotierten
grösseren Unternehmen in schätzungsweise etwa demselben
Umfang.
Zur Frage 3: Die gesetzliche Grundlage für die Bewertung
von Vermögen für die Vermögensbesteuerung befindet sich
in Art. 14 des Steuerharmonisierungsgesetzes respektive in
den §§ 50 und 54 Abs. 3 StG. Diese Bestimmungen
auszulegen ist Sache der Vollzugsbehörden. Ein Hilfsmittel
dazu ist das in Frage stehende Kreisschreiben der
Schweizerischen Steuerkonferenz. Die Schweizerische
Steuerkonferenz ist die Fachvereinigung aller kantonalen
Steuerämter und der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Ihr
obliegt insbesondere, Praxisfragen zu klären und einheitliche
Rechtsanwendungen in den Kantonen und beim Bund zu
gewährleisten. Eine Überprüfung der Gesetzesauslegung
durch die Vollzugsorgane ist im Streitfall Sache der
Justizbehörden.
Das bisherige Vorgehen entspricht somit der geltenden
Rechtsordnung. Der Gesetzesvollzug gehört nicht zu den
Aufgaben der politischen Gremien. Wollen diese eine andere
Lösung,
so
müssten
sie
die
entsprechenden
Gesetzesbestimmungen ändern.
Zur Frage 4: Wie aus der Beantwortung zur Frage 2
ersichtlich ist, erachtet der Regierungsrat die Überarbeitung
der Wegleitung nicht als derart einschneidende Massnahme
wie in der Interpellation dargestellt. Wenn zudem alle
Kantone die revidierte Wegleitung anwenden, ergibt sich für
den Kanton Aargau auch kein Wettbewerbsnachteil. Der
Kanton
Aargau
hat
im
Gegenteil
bei
der
Vermögensbesteuerung von Beteiligungen an nicht
börsenkotierten Unternehmen einen Standorttrumpf: Wer
eine Beteiligung an einem solchen Unternehmen besitzt,
muss darauf gemäss § 54 Abs. 3 StG nur 50 % des gemäss
Wegleitung berechneten Steuerwerts versteuern.
Zur Frage 5: Aufgrund der Kritik der Wirtschaft und Infolge
der Einreichung von verschiedenen parlamentarischen
Vorstössen auf Bundesebene hat der Vorstand der
Schweizerischen
Steuerkonferenz
beschlossen,
mit
Vertretern der Wirtschaftsverbände eine Aussprache
durchzuführen. Die Finanzdirektorenkonferenz unterstützt
dieses Vorgehen. Auch der Regierungsrat nimmt mit
Genugtuung zur Kenntnis, dass die Frage des
Mindeststeuerwerts nochmals diskutiert wird. Er wird sich
via die Finanzdirektorenkonferenz dafür einsetzen, dass eine
neue Lösung zur Zufriedenheit aller Beteiligten getroffen
wird.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1’281.–.
4781
Art. 2304
Knecht Hansjörg, SVP, Leibstadt: Zur Erinnerung: Die
schweizerische Steuerkonferenz (SSK) gab den kantonalen
Steuerverwaltungen eine Empfehlung zur neuartigen
Berechnung der Vermögenssteuer ab. Dieser Vorschlag hätte
nach
Schätzung
der
Vereinigung
privater
Aktiengesellschaften für rund 55 Prozent aller KMU eine
Verdreifachung des Steuerwerts gebracht und dies bei der
heutigen schwierigen Wirtschaftslage. Durch Vorstösse – im
Kanton Aargau ist neben vorliegender Interpellation auch die
Kommission Volkswirtschaft und Abgaben (VWA) mit einer
Empfehlung zuhanden des Regierungsrats vorstellig
geworden – konnte ein politischer Druck aufgebaut werden.
Dieser hatte zur Folge, dass die SSK vor rund einem Monat
in der Frage der Berechnung der Vermögenssteuer auf
Wertpapieren ohne Kurswert nachgegeben hat und die
umstrittene Randziffer 36 gestrichen hat. Der Kampf hat sich
demnach gelohnt. Mit dem Ergebnis, wie es nun
herausgekommen ist, bin ich zufrieden.
Was muss aber die Lehre für die Zukunft sein? Die Rolle der
SSK ist grundsätzlich zu klären. Es kann nicht sein, dass
Beamte Gesetze machen. Die Verantwortung darüber darf
einzig und allein bei der politischen Behörde liegen. In
diesem Sinne bin ich auch mit der Antwort des
Regierungsrats zu Frage 3 nicht zufrieden. Ich fordere die
Finanzdirektoren
als
politisch
Vorgesetzte
der
Steuerverwalter auf, der SSK künftig besser auf die Finger
zu schauen. Sie sollen auch dahingehend aktiv werden, dass
bei allen wichtigen Kreisschreiben zumindest die
Wirtschaftsverbände zwingend miteinbezogen werden. Fazit:
Ich bin mit der Interpellationsantwort teilweise zufrieden.
Vorsitzender: Hansjörg Knecht, Leibstadt, erklärt sich im
Namen der Interpellantin von der Antwort teilweise
befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
2304
Interpellation Katharina Kerr Rüesch, Aarau,
vom 4. November 2008 betreffend anzuwendende
Kriterien bei der durchschnittlichen prozentualen
Erhöhung der Löhne; Beantwortung und Erledigung
(vgl. Art. 1937 hievor)
Antwort des Regierungsrats vom 21. Januar 2009:
Zur Frage 1: Gemäss dem geltenden Lohnrecht (Lohndekret
§ 10; Lohndekret Lehrpersonen § 11) sind bei der
Lohnentwicklung zu berücksichtigen
a) die Finanzlage des Kantons
b) die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
c) die personalpolitischen Zielsetzungen
d) die Lohnentwicklung in der Wirtschaft
e) die Entwicklung des Indexes der Konsumentenpreise.
Der jährliche Vergleich der Lohnentwicklung mit anderen
Kantonen aber auch mit der Privatwirtschaft zeigt, dass im
Kanton Aargau die Löhne ähnlich sind. Insbesondere die
Erhöhungen für 2009 waren überdurchschnittlich. So zeigt
die UBS-Lohnentwicklungsprognose, dass in der
Privatwirtschaft mit Erhöhungen von rund 2.4 % gerechnet
wurde. Die Prognose der Aargauischen Industrie- und
Handelskammer (AIHK) Ende Jahr für 2008 betrug 2.5 %.
Angesichts des sich abzeichnenden starken Wirtschaftsrückgangs und der ansteigenden Arbeitslosenzahlen ist der
Regierungsrat überzeugt, dem Personal und den
Art. 2304
Lehrpersonen eine gute prozentuale Erhöhung der Löhne
gewährt zu haben.
Dem Regierungsrat ist es wichtig, für die Leistungsträger in
der kantonalen Verwaltung genügend Mittel zur Verfügung
zu stellen, um diese zu honorieren. Deshalb ist der
individuelle Anteil der Erhöhung der Löhne im Kanton
Aargau teilweise höher als in den umliegenden Kantonen.
Damit setzt der Kanton auch bewusst ein Zeichen. Der
Vergleich der Erhöhung der Löhne seit 2005 zeigt aber auch,
dass die Erhöhung der Löhne im Kanton Aargau diejenige
von anderen Kantonen übersteigt.
Durch eine generelle Erhöhung von 1.8 % hat der
Regierungsrat die hohe Teuerung während fast des ganzen
Jahrs 2008 berücksichtigt. Das Bundesamt für Statistik
(BFS) hat kürzlich die Ergebnis für das gesamte Jahr 2008
veröffentlicht: Die durchschnittliche Teuerung 2008
(monatliche Teuerung 2008 geteilt durch 12) betrug 2.4 %.
Es ist dabei jedoch auch zu beachten, dass Ende Jahr die
Teuerung wieder sehr stark zurückgegangen ist und die
Teuerung zwischen Dezember 2007 bis Dezember 2008 nur
noch 0.7 % betragen hat. Die Prognosen für 2009 sind auf
einen Wert von rund 1 % zurückgenommen worden.
Die Zielsetzung mit der Lohnpolitik auch die interne
Lohngerechtigkeit sicherzustellen, hat den Regierungsrat in
der Vergangenheit veranlasst, zusätzliche Mittel für
Anpassungen
im
Rahmen
der
Kohärenzprüfung
bereitzustellen.
Zur Frage 2: Dem Regierungsrat ist nicht bekannt, dass –
ausser bei vereinzelten Berufsgruppen (zum Beispiel
Ingenieure) – die Rekrutierungssituation prekär ist. Die
Lohnpolitik ist nur ein Element der Attraktivität des
Arbeitgebers.
Weiterbildungsmöglichkeiten,
Führung,
Arbeitsinhalte, Gestaltung der Arbeitsprozesse oder auch die
berufliche Vorsorge sind ebenso ganz wichtige Faktoren.
Der Regierungsrat setzt sich regelmässig mit diesen Fragen
auseinander und trifft dabei die notwendigen Entscheide. Für
besondere Berufsgruppen werden dabei auch spezifische
Lösungen gesucht.
Zur Frage 3: Die Differenzen zwischen unteren und oberen
Löhnen ist beim Kanton Aargau im Vergleich zu der
Privatwirtschaft sicher nicht gross. Marktvergleiche zeigen
immer wieder, dass die Lohnkurve beim Kanton und bei der
öffentlichen Verwaltung im Allgemeinen flacher ist als bei
der Privatwirtschaft. Der Regierungsrat ist sich der sozialen
Verantwortung in diesem Bereich bewusst. Er muss jedoch
die Attraktivität des Arbeitgebers für alle Berufsgruppen auf
allen Lohnstufen auch längerfristig sicherstellen.
Die Anfangslöhne liegen weder beim Staatspersonal noch
bei den Lehrpersonen grundsätzlich unter dem Niveau von
anderen vergleichbaren Kantonen. Teilweise liegen sie auch
über dem Durchschnitt. Neben den Anfangslöhnen müssen
auch die Durchschnittslöhne, die Lohnentwicklung über
mehrere Jahre und die Maximallöhne geprüft werden und
allenfalls angepasst werden. Der Regierungsrat hat erste
Entscheide getroffen, um notwendige Anpassungen
rechtzeitig beschliessen zu können.
Zur Frage 4: Der Regierungsrat hat dem Grossen Rat für den
1. Januar 2009 eine Lohnerhöhung von 2.8 % beantragt.
Trotz
der
Ende
November
deutlich sichtbaren
wirtschaftlichen
Unsicherheitsmomente
hat
der
Regierungsrat an diesem Antrag festgehalten und der Grosse
24. März 2009
Rat hat ebenfalls einen entsprechenden Entscheid gefällt.
Damit wurde ein deutliches Zeichen in Bezug auf die
Bedeutung der Kaufkraft gesetzt.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 986.–.
Kerr Rüesch Katharina, SP, Aarau: Seit 2002 waren die
Lohnerhöhungen für das vom Staat besoldete Personal nie
genügend und die offizielle Begründung dafür war immer
willkürlich: Willkürlich darum, weil der Regierungsrat je
nachdem mit dem Lohndekret in § 10 (im GAL § 11) oder
mit dem Vergleich zu anderen Kantonen argumentiert, und
letzteres leider selten mit den richtigen Zahlen – so auch
dieses Jahr. Das ist übrigens immer so, wenn über Löhne
beim Kanton in welchem Gremium auch immer diskutiert
wird, und das macht die Diskussion nicht nur schwierig,
sondern auch irgendwie unwürdig. Die Besoldeten und ihre
Verbände werden für dumm gehalten, die Argumente der
Verbände werden gar nicht gehört. Bei guter Konjunkturund Finanzlage ist vor allem der Benchmark relevant, da
man ja sonst die litterae a und b von § 10 Lohndekret
beachten müsste. Bei schlechter Wirtschaftslage aber werden
die Buchstaben a und b plötzlich sehr relevant. Vor allem
unerträglich sind jeweils die kollateralen Beteuerungen aus
dem DFR (Departement Finanzen und Ressourcen), es sei
wichtig, das Personal richtig zu honorieren, man habe gutes
Personal etc. Das Personal zuckt nur noch mit den Achseln.
Zum Beispiel lautet die Antwort zu Frage 1 dieser
Interpellation:
"Der
jährliche
Vergleich
der
Lohnentwicklung mit anderen Kantonen (Komma fehlt) aber
auch mit der Privatwirtschaft zeigt, dass im Kanton Aargau
die Löhne ähnlich sind. Insbesondere die Erhöhungen für
2009 waren überdurchschnittlich." Das stimmt, aber nicht im
Aargau. Ich habe andere Zahlen: Kanton St. Gallen, der
Lieblingsbenchmark des Aargaus: generell 3 Prozent,
individuell 1 Prozent, Beförderungen 0,4 Prozent, Total 4,4
Prozent; Kanton Appenzell Innerrhoden: generell 2 Prozent,
individuell 1 Prozent, Total 3 Prozent, dazu 1 Prozent für
strukturelle Anpassungen Kapo, Pflegebereich Spital und
Gymnasiallehrpersonen; Kanton Schaffhausen: generell 2,5
Prozent, individuell 1 Prozent, Leistungsprämie 0,2 Prozent,
Total 3,7 Prozent; ebenso der Kanton Solothurn mit generell
2,7 Prozent, Stufenanstieg 1 Prozent, 3,7 Prozent plus
individuelle Leistungsboni. Alle Zahlen höher als im
Aargau! Der Aargau hat dafür auf den 1.1.09 den
Ferienanspruch für die unter sechzig Jährigen erhöht.
In den Antworten auf die weiteren drei Fragen wird vor
allem abtempiert. Alles ist zum Besten in der besten aller
Welten. Wie konnte man nur solche Fragen stellen? Die
Fragen wurden aber gestellt, weil die Situation eben nicht so
ist, wie sie der Regierungsrat darstellt. Das Personal würde
es ja verstehen, wenn man ein gouvernementales Njet
vernehmen würde. Das wäre dann mal ein positionierter
Gegner. So aber wird vernebelt und verwedelt. Das ist keine
Diskussion. Das ist ein Eiertanz. Damit kann man nicht
zufrieden sein. Lohnvergleiche sind schwierig und jeweils
geprägt vom Auftraggeber und seinen Interessen. Wir
verlangen deshalb, dass der Lohnvergleich, auf den sich der
Kanton bezieht, offengelegt und die Lohnentwicklung über
einen längeren Zeitraum mit der Teuerungsentwicklung und
der Lohnentwicklung unserer Referenzkantone verglichen
wird. Die entsprechenden Vorstösse der Fraktion sind
eingereicht worden. Mein Nachfolger betreffend KASPV-
4782
24. März 2009
Art. 2305
Präsidium,
meine
Vertretung
dort
und
meine
Personalvertretungen werden das vertreten. Ich bin nicht
zufrieden.
Löhnen) um rund 1 % geringer. Wie hoch dieser Effekt
tatsächlich ist, kann erst im Nachhinein mit dem
Rechnungsabschluss nachgewiesen werden.
Vorsitzender: Katharina Kerr-Rüesch, Aarau, erklärt sich
von der Antwort nicht befriedigt. Das Geschäft ist erledigt.
Zur Frage 4: Nein. Werden die Erhöhungen in der Periode 1.
Januar 2006 bis 1. Januar 2009 (neues Lehrerlohndekret per
1. Januar 2005) verglichen, zeigt sich, dass der Kanton mit
8.8 % Erhöhung den höchsten Wert unter den 4 Kantonen
hat. Zusätzlich wären die Mittel für die Kohärenzprüfung zu
berücksichtigen. Der Kanton Basel-Stadt mit dem tiefsten
Wert hat die Löhne um 8 % erhöht.
2305
Interpellation
der
SP-Fraktion
vom
2. Dezember
2008
betreffend
Berechnung
der
Lohnsummenerhöhung im Vergleich mit anderen
Kantonen,
insbesondere
der
Kantone
der
Nordwestschweiz SO, BL, BS; Beantwortung und
Erledigung
(vgl. Art. 2029 hievor)
Antwort des Regierungsrats vom 21. Januar 2009:
Im Lohndekret werden in § 11 die begrifflichen Grundlagen
gelegt. Die Lohnsumme setzt sich zusammen aus den für die
Positionsanteile und die Leistungsanteile sowie für die
Grundlöhne und die Erfahrungsanteile vorgesehenen vier
Teilsummen. Diese sowie die Mittel für die Zulagen und für
neu schaffenden Stellen bilden die Gesamtlohnsumme.
Der Grosse Rat legt jeweils fest, um welchen prozentualen
Anteil sich die Lohnsumme verändert. Diese Erhöhung
schlägt sich jedoch nicht im gleichen Ausmass im Budget
nieder. Sie wird um die angenommene Fluktuationsreserve
vermindert. Die Löhne erhöhen sich also durchschnittlich
effektiv um den Satz, welcher der Grosse Rat beschliesst. Im
Budget ist allerdings die Erhöhung wegen der
Fluktuationsreserve geringer. Unter Fluktuationsreserve
versteht man allgemein, die Einsparungen bei den Löhnen,
welche wegen der Differenz zwischen Lohn des austretenden
Mitarbeitenden und dem Lohn des neu eintretenden
Mitarbeitenden entstehen sowie die Einsparungen, welche
wegen der vorübergehenden Nichtbesetzung der Stelle
anfallen.
Zur Frage 1: Nein. Wie verschiedentlich dargelegt, werden
seit vielen Jahren Vergleiche der prozentualen Erhöhung der
Löhne (vgl. Lohndekret § 10 und Lohndekret Lehrpersonen
§ 11: "durchschnittliche Erhöhung") vorgenommen. Solche
Vergleiche werden mit allen Kantonen und den grösseren
Städten in der Schweiz gemacht. Grundlage dieser
Vergleiche sind einheitliche Definitionen der Begriffe.
Zusätzlich erfolgen Vergleiche mit kleinen, mittleren und
grossen Unternehmungen in der Privatwirtschaft.
Die durchschnittliche prozentuale Erhöhung der Löhne sind
insofern nicht zu vergleichen respektive nicht ganz korrekt,
da der Kanton Aargau zusätzlich 2007 und 2008 noch
bedeutende Beträge beim Verwaltungspersonal und bei den
Lehrpersonen im Rahmen der Kohärenzprüfung zur
Verfügung gestellt hat.
Zur Frage 2: Nein, da diese Aussage falsch ist.
Zur Frage 3: Nein. Sie beträgt 2.8 %. Von dieser Erhöhung
der Lohnsumme ist die Veränderung der Gesamtlohnsumme
respektive des Personalaufwands im Budget zu
unterscheiden. Diese ist geringer. Diese ist gemäss Planung
aufgrund der Mutationen (Pensionierte mit höheren Löhnen
werden ersetzt mit jüngeren Mitarbeitende mit tieferen
4783
Zur Frage 5: Die Löhne wurden beim Verwaltungspersonal
per 1. April 2001 und bei den Lehrpersonen per 1. Januar
2005 neu festgelegt. Grundlage waren bei beiden
Personalgruppen umfangreiche Marktvergleiche. Der
Regierungsrat verfolgt die Zielsetzung ein attraktiver
Arbeitgeber zu sein. Dazu gehört auch, den
Verwaltungsangestellten
und
den
Lehrpersonen
marktgerechte Löhne zu zahlen.
Das geltende Lohnrecht kennt keinen eigentlichen
Teuerungsausgleich. Die Lohnentwicklung berücksichtigt
a) die Finanzlage des Kantons
b) die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
c) die personalpolitischen Zielsetzungen
d) die Lohnentwicklung in der Wirtschaft und im
Lehrbereich
e) die Entwicklung des Indexes der Konsumentenpreise.
Durch
generelle
Lohnerhöhungen
werden
allen
Mitarbeitenden und den Lehrpersonen eine Lohnentwicklung
gewährt. Auch Verwaltungsangestellte und Lehrpersonen
mit durchschnittlichen oder auch ungenügenden Leistungen
respektive Verhalten haben Anspruch auf eine generelle
Lohnentwicklung. Es ist deshalb nicht Absicht des Kantons,
die gesamte Teuerung jeden Jahrs durch die generelle
Erhöhung voll auszugleichen. Der Kanton hat seit 2001 jedes
Jahr – mit Ausnahme des Jahrs 2004 – eine generelle
Lohnentwicklung gewährt. Dies im Gegensatz zur
Privatwirtschaft. Per 1. Januar 2009 wurden 1.8 % generelle
Lohnerhöhung gewährt. Die Teuerung Dezember 2007 bis
Dezember 2008 belief sich – vor allem auch wegen
November- und Dezemberteuerungswerten – auf nur noch
0.7 %. Die durchschnittliche Teuerung für das ganze Jahr
2008 betrug 2.4 %. Gemäss dem Bundesamt für Statistik
betrug die Teuerung seit 1. Januar 2005 bis 31. Dezember
2008 3.4 %. Die generellen Erhöhungen in dieser Periode im
Kanton waren 3.6 %.
Durch die individuelle Lohnentwicklung werden die
Leistungen/das Verhalten respektive die Erfahrung belohnt.
Bei den Lehrpersonen und bei den Mitarbeitenden der
Verwaltung
mit
einem
Grundlohn
und
einem
Erfahrungsanteil erfolgt diese Erhöhung unabhängig von der
Leistung und dem Verhalten. Bei den Mitarbeitenden mit
Leistungsanteil wird durch eine durchschnittliche
individuelle Leistung und den damit verbundenen
individuellen Erhöhungen mindestens der Ausgleich der
Teuerung ermöglicht. Bei sehr guten Leistungen ist auch
eine überdurchschnittliche individuelle Erhöhung des Lohns
möglich. Die Summe der jährlichen Lohnsteigerungen
zwischen 2006 bis 2009 zeigt, dass dafür auch die Mittel zur
Verfügung standen.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 986.–.
Art. 2306
Nadler-Debrunner Kathrin, SP, Lenzburg: Und wieder wird
ein weiteres, unklares Kapitel in der Frage der Löhne
geschrieben. Weniges konnte geklärt werden. Wirklich
Klarheit besteht noch immer nicht. Wie soll dies möglich
sein,
wenn
unterschiedliche
Informationen
von
unterschiedlichen Stellen an unterschiedliche Personen
gelangen? Hier von Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit zu
sprechen, scheint uns etwas zu sehr verwegen.
Zur Frage 1, der direkten Vergleichbarkeit: Bei den
Ausführungen in der KAPF wurde beispielsweise der
Kanton Aargau mit Solothurn verglichen. Die Zahlen
lauteten: Aargau: 2,8 Prozent, Solothurn 2,7 Prozent. Diese
Aussage stimmt nachweislich nicht. Solothurn hat 3,7
Prozent gewährt. Der Stufenanstieg, also der individuelle
Teil, kommt hinzu, über den wird jedoch gar nicht
verhandelt, er ist automatisch dabei. Die veröffentlichten
Zahlen, in die wir Einblick erhalten und die von den
jeweiligen Kantonen mitgeteilt werden, sind aus unserem
Verständnis nicht wirklich vergleichbar, da die einzelnen
Spezialitäten: was wird eingerechnet und was nicht? nicht
immer und nicht überall ausgewiesen werden.
Zur Frage 2, der Einberechnung der Lohnsystempflege: Hier
besteht eine Patt-Situation, da scheinbar der Regierungsrat
andere Zahlen hat als wir. Zurzeit läuft ein
Schiedsgerichtsverfahren im Zusammenhang mit den
Löhnen an der Fachhochschule Nordwestschweiz, die genau
diese Fragen klären wird. Leider liegen die Resultate zurzeit
nicht vor.
Zur Frage 3, der effektiven Lohnsummenerhöhung: Hier
muss ich sagen, dass es eine Frage des Blickwinkels ist. Fakt
ist, dass einige Kantone die Systempflege nicht in die
Lohnsumme miteinbeziehen und dies automatisch geschieht.
Wir sind froh, haben wir bestätigt, dass der Mutationsgewinn
bei den Lehrpersonen nicht für die Systempflege genutzt
wird.
Zur Frage 4, Wachstum der Lohnsumme: Fakt ist, dass die
Positionslöhne im Kanton Aargau gegenüber den
Referenzkantonen seit der Einführung hinterherhinken und
so die Attraktivität dieses Berufs stetig sinkt.
Schwierig erscheint uns die Beantwortung zur Frage 5 der
personalpolitischen Zielsetzungen. Den Ausführungen
können wir folgen und diese bestreiten wir auch nicht. Nach
unserer Beurteilung jedoch wurde die Frage gar nicht
beantwortet. Bei den Lehrpersonen ist es gerade nicht so,
dass wie beim Staatspersonal die Teuerung bei einer
durchschnittlichen Leistung ausgeglichen werden kann. Wir
erwarteten ebenfalls Ausführungen zur Beurteilung der
sinkenden Kaufkraft. Hierzu wurde zwar ausgeführt, dass
der Kanton die gesamte Teuerung nicht auszahlen will.
Welche Überlegungen dahinterstehen, ist uns nicht klar
geworden.
Es bleiben Fragen und Unklarheiten. Es bleibt aber doch die
Hoffnung, dass darüber nun Gespräche stattfinden können,
die diese ausräumen, klären, und alle Fakten und alle Zahlen
auf dem Tisch liegen. Wir sind mit der Beantwortung nicht
zufrieden.
Vorsitzender: Kathrin Nadler, Lenzburg, erklärt sich im
Namen der Interpellantin von der Antwort nicht befriedigt.
Das Geschäft ist erledigt.
24. März 2009
2306
Postulat der SP-Fraktion vom 28. Oktober
2008 betreffend Konsequenzen aus der Finanzkrise;
Überweisung an den Regierungsrat
(vgl. Art. 1903 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 17. Dezember 2008:
Der Regierungsrat ist bereit, das Postulat mit folgender
Erklärung entgegenzunehmen:
1. Neue Regulierungen: Der Regierungsrat ist der
Überzeugung, dass aus der aktuellen Finanzmarktkrise
Lehren gezogen werden müssen, die sich in einer
Verbesserung des gegenwärtigen Finanzmarktsystems
niederschlagen müssen. Er weist jedoch darauf hin, dass die
genaue Kenntnis der Ursachen und Vorgänge der aktuellen
Finanzmarktkrise Grundlage von Neuregulierungen des
Systems sein müssen. Von sofortigen definitiven
Massnahmen ist abzusehen, da die langfristigen
Auswirkungen neuer Regulierungsmassnahmen zuerst genau
durchdacht werden müssen. Der Regierungsrat äussert sich
deshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht zu
konkreten Massnahmen.
Zuständig für die Regulierung des schweizerischen
Finanzmarkts ist der Bund. Der Regierungsrat wird die ihm
im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens auf Bundesebene
offen stehenden Möglichkeiten zur Einflussnahme im
geäusserten Sinn wahrnehmen.
2. Auswirkungen auf die Aargauische Kantonalbank
(AKB): In Analogie dazu wird der Regierungsrat auf
kantonaler Ebene die Art seiner Einflussnahme auf die
Geschäftspolitik der Aargauischen Kantonalbank (AKB)
einer genauen Prüfung unterziehen. Dabei sind entsprechend
den Forderungen des Postulats unter anderem die
Risikoexposition, die Unabhängigkeit der Bankenorgane
sowie eine Einflussnahme auf die Lohnsysteme zu
untersuchen, was möglicherweise zu einem im Vergleich zu
heute stärkeren Regulativ seitens des Kantons gegenüber der
AKB führen könnte. Der Regierungsrat wird die
entsprechenden Entscheidgrundlagen vorbereiten und dabei
die gesetzlichen Veränderungen auf Bundesebene in
Betracht ziehen. Er wird dem Parlament zu gegebener Zeit
Lösungsvorschläge unterbreiten.
Im Rahmen der gegenwärtigen Finanzmarktkrise werden die
Risiken im Bankensektor deutlich sichtbar. Ebenso zeigt es
sich, dass die heute unterschiedlichen Ausgestaltungen des
Einlegerschutzes innerhalb des Schweizer Bankenmarkts
eine verzerrende Wirkung auf das Schweizer Bankensystem
entfalten.
Die
Funktionsfähigkeit
des
Schweizer
Bankensystems wird dadurch verschlechtert, dass –
abgesehen von den Regionalbanken – der Postfinance sowie
den Kantonalbanken mit im Vergleich zu anderen Banken
höherem
Einlegerschutz
in
der
Finanzmarktkrise
Kundengelder zufliessen, die dann teilweise auf dem
Interbankenmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen, sondern
bei der Schweizerischen Nationalbank deponiert werden.
Dadurch muss die Schweizerische Nationalbank letztlich die
Funktion des Interbankenmarkts alleine erfüllen.
Aufgrund seiner unbegrenzten Staatsgarantie für die AKB,
die auch im Kanton Aargau teilweise zu den beschriebenen
Effekten geführt hat, trägt somit auch der Kanton Aargau –
nebst den meisten anderen Kantonen mit vergleichbarer
4784
24. März 2009
Staatsgarantie für ihre Kantonalbanken – ungewollt eine
gewisse Verantwortung für einen Teil der destabilisierenden
Effekte im Bankenmarkt während der aktuellen
Finanzmarktkrise, auch wenn die eigentlichen Ursachen der
Finanzmarktkrise mit Gewissheit nicht im Kanton Aargau zu
lokalisieren sind. Solche Effekte können die Probleme
anderer Banken noch weiter akzentuieren und die Lösung
akuter Probleme seitens der Nationalbank erschweren. Der
Regierungsrat
gewichtet
seine
volkswirtschaftliche
Verantwortung für eine gute Funktionsfähigkeit des
Schweizer Bankensystems als Stütze für eine stabile
Konjunktur
sehr
hoch.
Aufgrund
dieser
gesamtwirtschaftlichen Verantwortung des Kantons sollte
aus Sicht des Regierungsrats die schwierige aktuelle Lage
nicht dazu führen, dass der Kanton und damit auch die
Kantonalbank zulasten von anderen Banken davon
profitieren.
Der Regierungsrat ist deshalb überzeugt, dass für den
gesamten Schweizer Bankenmarkt neue und insbesondere
einheitliche regulatorische Vorgaben gemacht werden
sollten,
die
insbesondere
einen
einheitlichen,
verzerrungsfreien Einlegerschutz beinhalten.
3. Auswirkungen auf die Aargauische Pensionskasse
(APK): Die Art der Wahrnehmung der Aktionärsrechte
seitens der Aargauischen Pensionskasse (APK) ist
Bestandteil der Vermögensverwaltung. Gemäss § 16 Abs. 4
des Dekrets über die Aargauische Pensionskasse vom
5. Dezember 2006 (SAR 163.120) und Art. 18 Bst. e des
Organisationsreglements der APK ist der Vorstand der APK
zuständig für die Vermögensverwaltung.
Der Regierungsrat sieht von einer direkten politischen
Einflussnahme auf die Vermögensverwaltung der APK ab.
Die Vermögensverwaltung soll nach wirtschaftlichen
Kriterien erfolgen und somit im Interesse der Versicherten
liegen. Die APK ist frei, ihre Aktionärsrechte entsprechend
den Stossrichtungen des Postulats einzusetzen, sofern sie
dadurch längerfristig eine Verbesserung der Rendite auf dem
Vorsorgekapital erreichen kann. Der Regierungsrat geht
davon aus, dass die APK ihre Aktionärsrechte bewusst zur
langfristigen Verbesserung der Anlagerendite einsetzt.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1’517.–.
Vorsitzender: Das Postulat ist unbestritten. Der Rat
überweist es stillschweigend an den Regierungsrat.
2307
Interpellation
der
SP-Fraktion
vom
28. Oktober 2008 betreffend Auswirkungen der
Finanzkrise respektive des UBS-Rettungsplans auf den
Kanton Aargau; Beantwortung und Erledigung
(Art. 1906 hievor)
Antwort des Regierungsrats vom 17. Dezember 2008:
Zur Frage 1: Art. 5 des Bundesgesetzes über die
Schweizerische Nationalbank (NBG; SR 951.11) umschreibt
die Aufgaben der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Sie
hat insbesondere die Geld- und Währungspolitik im
Gesamtinteresse des Landes zu führen, die Preisstabilität zu
gewährleisten sowie der konjunkturellen Entwicklung
4785
Art. 2307
Rechnung zu tragen. In diesem Rahmen hat sie gemäss Art.
5 Abs. 2 Bst. e auch die Aufgabe, zur Stabilität des
Finanzsystems beizutragen. Art. 6 NBG legt zudem die
Unabhängigkeit der SNB bei der Erfüllung ihrer Aufgaben
fest. Dem Regierungsrat liegen aufgrund dieser
Rollenteilung keine weiteren Hintergrundinformationen zum
Massnahmenpaket der SNB vor. Der Regierungsrat geht
gemäss den öffentlich bekannten Informationen davon aus,
dass die SNB ihren gesetzlichen Auftrag erfüllt und das
Massnahmenpaket der SNB zur Stabilisierung des
Finanzmarkts beiträgt.
Der Regierungsrat geht davon aus, dass der Bund gar keine
andere Möglichkeit der effektiven Unterstützung hatte, als
diese Beiträge zu leisten und dass die Gewinnausschüttungen
der SNB an die Kantone durch diese Transaktion nicht
gefährdet sind.
Zur Frage 2: Am 13. August 2008 hat der Regierungsrat dem
Grossen Rat die Botschaft zum Aufgaben- und Finanzplan
(AFP) 2009 - 2012 mit Budget 2009 vorgelegt. Die
volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen basierten auf
Schätzungen vom 20. Juni 2008. Per Ende Oktober 2008 hat
der Regierungsrat eine Aktualisierung der Schätzungen
hinsichtlich des Wirtschaftswachstums vorgenommen, wobei
aufgrund
unterschiedlicher
Einschätzungen
der
Wirtschaftsentwicklung durch die Prognoseinstitute mit
einer gewissen Prognoseunsicherheit auch für den Kanton
Aargau zu rechnen ist (vgl. später). Eine weitere
Aktualisierung der Prognosen durch den Kanton erfolgt im
Januar 2009.
in Prozent
Nominale Veränderung
Volkseinkommen Kanton Aargau
Reale Veränderung
Volkseinkommen Kanton Aargau
Teuerung der Konsumentenpreise
Arbeitslosenquote Kanton Aargau
2006 2007 2008 2009
4.50
4.00
4.60
2.40
3.40
3.30
2.00
1.00
1.10
0.70
2.60
1.40
2.90
2.40
2.40
2.70
Für das Jahr 2008 ändern die Werte im Vergleich zur
Prognose gemäss AFP 2009 - 2012 nur wenig. Die
Entwicklung des realen Volkseinkommens bleibt mit 2.0 %
unverändert. Die Konsumententeuerung wurde leicht von
2.5 % auf 2.6 % und entsprechend auch das nominale
Volkseinkommen angehoben.
Für 2009 wird dagegen ein um 0.6 Prozentpunkte tieferes
Wachstum des realen Volkseinkommens im Kanton Aargau
auf noch 1.0 % prognostiziert. Die Teuerungsprognose für
2009 wird um 0.1 Prozentpunkte auf 1.4 % gesenkt.
Entsprechend sinkt das Wachstum des nominalen
Volkseinkommens um 0.7 Prozentpunkte auf noch 2.4 %.
Die Prognosen zur Arbeitslosenquote für 2009 wurden leicht
angepasst. Der Regierungsrat geht neu von einer
Arbeitslosenquote von 2.7 % aus. Dies entspricht einer
Erhöhung von 0.2 % gegenüber der Prognose gemäss AFP
2009 - 2012.
Während bei den Steuererträgen im Jahr 2008 hauptsächlich
aufgrund der Steuererträge von natürlichen Personen mit
Mehrerträgen von rund 70 Mio. Franken zu rechnen ist,
dürfte sich die jüngere wirtschaftliche Entwicklung ab 2009
auf die Steuern sowohl der natürlichen Personen als auch der
juristischen Personen niederschlagen. Bei den natürlichen
Art. 2307
Personen sind nicht nur die Einkommenssteuern, sondern
aufgrund tieferer Buchwerte auch die Vermögenssteuern
betroffen, was bereits im Rechnungsjahr 2009 Steuerausfälle
zur Folge haben wird. Bei den Einkommenssteuern wird der
zu
erwartende
Rückgang
von
erfolgsabhängigen
Lohnbestandteilen vor allem ab Rechnungsjahr 2010 seine
Spuren hinterlassen. Die erwartete konjunkturelle
Abkühlung wird je nach Ausmass auch das Wachstum der
Grundlöhne abschwächen und die Gewinne der selbstständig
Erwerbenden schmälern. Bei den juristischen Personen sind
die voraussichtlichen Ausfälle im Bankensektor im
vorliegenden Entwurf für den AFP 2009 - 2012 vom 13.
August 2008 bereits weitgehend berücksichtigt. Aufgrund
der seitherigen Zunahme der wirtschaftlichen Unsicherheiten
geht der Regierungsrat von einem weiteren Rückgang der
steuerbaren Gewinne in den Geschäftsjahren 2008 und 2009
aus, mit entsprechenden Mindereinnahmen insbesondere ab
Rechnungsjahr 2009, die sich 2010 noch etwas akzentuieren.
Im Weiteren wird davon ausgegangen, dass sich die
Gewinnsituation bei den Unternehmen ab Geschäftsjahr
2010 auf nach wie vor hohem Niveau stabilisiert. Insgesamt
rechnet der Regierungsrat derzeit in einem wahrscheinlichen
Szenario mit Rückgängen der Steuereinnahmen gegenüber
den Annahmen im AFP 2009 - 2012 von mindestens 33 Mio.
Franken (2009), 44 Mio. Franken (2010), 46 Mio. Franken
(2011) und 48 Mio. Franken (2012). Des Weiteren bestehen
Unsicherheiten
für
den Staatshaushalt bei
den
Ertragsausschüttungen der SNB an Bund und Kantone. Das
starke Engagement der SNB im Geldmarkt kann zu höheren
Erträgen der SNB führen. Offen sind die Auswirkungen des
Stabilisierungspakets der SNB für die UBS, das in einem
negativen Szenario zu hohen Verlusten der SNB führen
könnte.
Davon
wären
zuerst
die
zusätzlichen
Ausschüttungen der SNB betroffen, was die Abtragung der
Schulden der Spezialfinanzierung Sonderlasten in Frage
stellen würde.
Der Regierungsrat vertritt die Ansicht, dass die
prognostizierten Veränderungen im Finanzhaushalt zu keiner
Veränderung bei der Aufgabenerfüllung im Vergleich zum
AFP 2009 - 2012 führen sollen. Das dem Grossen Rat
vorgelegte Budget 2009 weist einen Überschuss von 16
Mio. Franken auf, wobei der Regierungsrat darin eine
Zuweisung von 80 Mio. Franken an die Spezialfinanzierung
Sonderlasten vorgesehen hat. Diese Zuweisung wurde
deshalb vorgenommen, um aufgrund der konjunkturbedingt
einmalig hohen Steuereinnahmen den Schuldenabbau zu
finanzieren. Der Grosse Rat hat mit Beschluss vom
2. Dezember 2008 den Überschuss auf 22 Mio. Franken
erhöht.
Die Aargauische Pensionskasse (APK) ist nicht direkt vom
UBS-Rettungsplan betroffen. Sie kann sich aber der
gegenwärtigen Finanzmarktkrise nicht entziehen, was sich in
der Abnahme der vorhandenen Wertschwankungsreserve
manifestiert. Der Deckungsgrad wird nur per Bilanzstichtag,
somit das nächste Mal per 31. Dezember 2008, berechnet, da
er sich aus der Gegenüberstellung von Verpflichtungen und
Vermögen ergibt. Die APK kommuniziert jedoch ihre
Performance, das heisst die prozentuale Wertveränderung
des
Vermögens,
monatlich
per
Internet
(http://www.agpk.ch/user/show.asp?inhalt=49&ad=).
Sowohl die Verpflichtungen als auch die Vermögensanlagen
bleiben innerhalb der Pensionskasse während Jahrzehnten in
etwa stabil. In dieser langen Zeit ergeben sich immer wieder
kleinere oder grössere Schwankungen. Seit die APK in
24. März 2009
Aktien anlegt, legt sie entsprechend Wert auf die
Wertschwankungsreserve. Doch selbst wenn diese – wie
aktuell – durch massive Veränderungen an den
Finanzmärkten aufgebraucht würde, müsste die APK keine
ihrer Wertschriften verkaufen. Solange kein Verkauf von
Wertschriften bei tiefen Kursen notwendig wird, wird der
Verlust nicht realisiert. Sobald die Kurse wieder steigen,
wird auch der Verlust automatisch wieder kleiner.
Zur Frage 3: Die Regulierung des Finanzmarkts, die
Finanzmarktaufsicht sowie die Geldpolitik liegen in der
Kompetenz des Bundes. Die konkrete Ausgestaltung dieser
Aufgaben ist Sache des Bundesgesetzgebers. Die Kantone
haben diesbezüglich kaum Einflussmöglichkeiten. Der
Regierungsrat vertritt die grundsätzliche Stossrichtung, dass
der Kanton Aargau dort finanziell beteiligt sein soll, wo er
auch konkret Einfluss ausüben kann. Der Regierungsrat
erachtet es als vordringlich, die Regulierung und Aufsicht
des Finanzmarkts hinsichtlich der Erkenntnisse aus der
Finanzmarktkrise
mittels
neuer
Regelungen
auf
Bundesebene und internationaler Ebene zu stärken. Aus
diesen Gründen erachtet der Regierungsrat eine Finanzierung
von Massnahmepaketen der SNB durch die Kantone nicht
als Kantonsaufgabe und soweit nicht zielführend.
Zur Frage 4: Der Regierungsrat hat dem Büro des Grossen
Rats den Rückzug der Botschaft zu den
Eigentümerstrategien beantragt. Das Büro des Grossen Rats
hat diesem Antrag am 11. November 2008 zugestimmt.
Der Regierungsrat wird die Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die Beteiligungen analysieren und neu aufgetauchte
Fragestellungen einer genauen Prüfung unterziehen. Der
Regierungsrat möchte zudem die Chance nutzen, um aktuelle
Erkenntnisse aufgrund der Finanzmarktkrise hinsichtlich
ihrer Auswirkungen auf den Kanton Aargau vertieft zu
prüfen. Der Regierungsrat wird allein schon aufgrund dieser
neuen Beurteilungen dem Grossen Rat eine Vorlage
unterbreiten. Dies ist dem Parlament in den letzten Wochen
mehrmals versprochen worden.
Zur Frage 5: Der Kanton Aargau hat mit dem Staatshaushalt
eine volkswirtschaftliche Aufgabe zu erfüllen (§ 116
Kantonsverfassung und Art. 100 Abs. 4 Bundesverfassung).
Angesichts der negativen Konjunktursignale hat der Kanton
alle Massnahmen zu vermeiden, die für die Konjunktur
negative Signale darstellen. Entsprechend sind eigentliche
Ausgabenkürzungsprogramme zu vermeiden.
Das Stimmvolk des Kantons Aargau hat der vorgezogenen
Inkraftsetzung der Steuergesetzrevision per 1. Januar 2009
zugestimmt. Diese Massnahme entlastet die Privatpersonen
dauerhaft und gibt ihnen dadurch ohne zeitliche
Verzögerung Spielraum für neue, zukunftsweisende
Investitionen sowie zusätzlichen Konsum. Sie können die
Gelder gemäss ihren Bedürfnissen dort einsetzen, wo es für
sie am sinnvollsten ist, was bei einem staatlichen Programm
nicht der Fall wäre. Es handelt sich somit um ein effektives,
gut durchführbares und schnell wirksames Mittel zur
Belebung der Konjunktur.
Zudem sind alle vom Kanton vorgesehenen Massnahmen
und Projekte mit Nachdruck umzusetzen. Dazu gehört
insbesondere die zügige Umsetzung von bereits geplanten
Projekten im Hochbau, Verkehr und Hochwasserschutz. Der
AFP 2009 - 2012 sieht im Baubereich schon eine deutliche
Budgetausweitung vor: Der Nettoaufwand der Immobilien
4786
24. März 2009
Aargau steigt von 63 Mio. Franken (2007) auf 68 Mio.
Franken (2008) und bis 80 Mio. Franken (2009), was eine
dauerhafte Ausweitung von 12 Mio. Franken gegenüber dem
diesjährigen Niveau bedeutet. Ab 2011 sinkt der
Nettoaufwand wieder leicht auf 77 Mio. Franken, was immer
noch ein Plus gegenüber 2008 von 9 Mio. Franken bedeutet.
Zusätzliches Bauvolumen wird mit den Bauvorhaben der
Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) im Umfang von
219 Mio. Franken ausgelöst, das der Kanton über die
Finanzierungsgesellschaft Campus finanziert. Diese Arbeiten
befinden sich teilweise seit kurzem in Ausführung oder
werden demnächst aufgenommen.
Ebenfalls baureif ist die Realisierung der Halbüberdeckung
A1 bei Lenzburg. Die Arbeiten könnten sofort
ausgeschrieben
werden
und
lösen
ca.
ein
Investitionsvolumen von 30 Mio. Franken aus. Dieses
Lärmschutzprojekt ist bereits koordiniert mit einem
allfälligen 6-Streifen-Ausbau der A1 zwischen der
Verzweigung Wiggertal und dem Birrfeld, welches der
Regierungsrat im Richtplan festsetzen will.
Selbstredend will sich der Regierungsrat wie bis anhin auch
weiterhin
intensiv
für
die
Verbesserung
der
Rahmenbedingungen für die Volkswirtschaft einsetzen.
Der Regierungsrat lehnt zusätzliche Investitionsprogramme
ab. Die Erfahrungen mit vergangenen Investitionsprogrammen zeigen, dass dieses Instrument die Erwartungen
bezüglich Wirksamkeit nicht zu erfüllen vermag. Das
Impulsprogramm 1997 des Bundes wurde vom
Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) nachgehend einer
Wirksamkeitsprüfung unterzogen. Die Gesamteffekte des
Programms waren viel geringer als erhofft, insbesondere
betrug der Stellenzuwachs nur 15 % der erhofften Menge
(3'600 statt 24'000 Vollzeitstellen), die BIP-Wirkung betrug
0.14 % statt erhoffte 0.7 %, und die Impulswirkung von
kumulativ rund 3.5 Mia. Franken wurde zu 70 % durch
zusätzliche Importe befriedigt (Verpuffung ins Ausland). Da
heute die Arbeitslosigkeit halb so hoch ist wie 1997, dürfte
die Wirkung eines Konjunkturprogramms noch geringer
sein, da nicht genug inländische Arbeitskräfte zur Verfügung
stehen, um durch den Staat zusätzlich ausgelöste Arbeiten
auszuführen. Es ist zudem zu bedenken, dass der Kanton
Aargau seine Aufträge aufgrund des nationalen
Binnenmarkts und der WTO-Richtlinien nicht auf kantonale
oder schweizerische Unternehmen beschränken könnte. Die
kantonalen Investitionen würden somit auch Unternehmen
anderer Kantone und dem Ausland zugute kommen. Des
Weiteren
ist
die
zeitliche
Wirkung
von
Investitionsprogrammen fraglich: Aufgrund der öffentlichen
Planungskapazitäten, der Planungsverfahren und der
Einsprachemöglichkeiten muss davon ausgegangen werden,
dass ein Investitionsprogramm erst dann greifen würde,
wenn sich die Konjunktur von selbst wieder verbessert hat
und die zusätzlichen Staatsausgaben somit unnötig geworden
wären. Schliesslich gilt es zu bedenken, dass
Investitionsprogramme stets Mitnahmeeffekte auslösen, das
heisst nur zu einem Teil zu zusätzlichen Investitionen
führen, während sie andererseits Projekte finanzieren, die
auch ohne Investitionsprogramm realisiert worden wären.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'694.–.
Egli Dieter, SP, Windisch: Lassen Sie mich eine Feststellung
machen: Mit der Finanzkrise ist eine Illusion gestorben. Es
4787
Art. 2307
ist nicht so, dass schon alles gut kommt, wenn man der
Wirtschaft nur alle Freiheit lässt. Mit dem Zusammenbruch
der Finanzsysteme wurden alle die Lügen gestraft, welche
die Politik und den Staat nur für lästige Nebenerscheinungen
in veralteten Volkswirtschaften hielten, welche die
Forderungen nach Mässigung oder sogar Fairness als
fehlgeleitetes Gutmenschentum oder in den allerzynischsten
Stellungnahmen als Neidkultur abtaten.
Lassen Sie mich noch eine Feststellung machen: Die SP hat
mit ihrer Wirtschaftspolitik und mit allem, was sie gesagt
hat, Recht behalten! Der Finanzmarkt hat sich mit seinen
Gier-Mechanismen, mit seinen ins Groteske gestiegenen
Löhnen und Entschädigungen selbst an den Rand des
Abgrunds und damit den Staat in Gefahr gebracht. Jedenfalls
reiben wir uns die Augen, wenn wir sehen, dass diejenigen,
die uns immer mangelnde Kompetenz vorwarfen, uns nun
gleichsam links überholen und staatsinterventionistische
Massnahmen fordern. Wir konstatieren, dass nicht die
vernünftigen, konstruktiven Kritiken von Links das
Bankgeheimnis zu Fall gebracht haben, vielmehr sind es die
Banken selbst mit ihrem Verhalten fernab von Realität,
Moral und manchmal auch Legalität, die den Finanzplatz
Schweiz und damit unsere Volkswirtschaft nun nachhaltig
gefährden.
Es bleibt die Frage, was wir im Kanton Aargau gegen die
Krise tun können, und damit die Frage nach einem
Investitionsprogramm, die der Regierungsrat mit viel zu viel
Zurückhaltung beantwortet. Es ist für uns unerträglich, dass
der Finanzdirektor angesichts der dramatisch ansteigenden
Arbeitslosenzahlen immer noch eine Beruhigungstaktik
verfolgt und höchstens über langfristige Massnahmen
sinniert. Dass in der Interpellationsantwort jeder Hinweis auf
Massnahmen im Arbeitsmarkt fehlt, ist nur ein Punkt, der
uns sauer aufstösst. Während Regierungen in ganz Europa
Investitionsprogramme in Millionenhöhe beschliessen,
konzentriert sich unsere Regierung darauf, nach Gründen,
aktuellen und veralteten, zu suchen, warum Investitionen
unter Umständen nicht zweckdienlich sein könnten. Wir
nehmen zwar zur Kenntnis, dass der Regierungsrat
verschiedene Bauvorhaben beschleunigen will. Für ein
klares Zeichen in schwierigen Zeiten, bräuchte es in unseren
Augen aber mehr! Zudem wäre es gerade jetzt absolut
angezeigt, die Kaufkraft der Bevölkerung zu steigern, zum
Beispiel mit höheren Kinderzulagen. Stattdessen wird auf die
vorgezogene
Steuersenkung
für
Besserverdienende
verwiesen, was aus unserer Sicht absolut falsch ist, denn
angesichts der Krise wird gerade dieses eingesparte Geld
eben nicht in den Konsum fliessen, sondern vermehrt im
Sparstrumpf landen.
Wir bitten den Regierungsrat, jetzt aktiv zu werden. Wir
haben schon im Oktober gesagt, dass die Aargauer
Bevölkerung ein Zeichen braucht. Das gilt leider immer
noch. Wobei einfach nur ein Zeichen wohl nicht mehr
genügen wird. Ich verweise dazu auch auf die Interpellation
von Kurt Emmenegger, die dieses Parlament nicht dringlich
gesprochen hat. Dieses Parlament hat sich also offenbar der
Passivität des Regierungsrats angeschlossen. Wir werden
heute Nachmittag über das Kinderzulagengesetz sprechen,
dort gibt es eine Möglichkeit, aktiv zu werden. Wir sind mit
der Antwort des Regierungsrats nicht zufrieden.
Vorsitzender: Dieter Egli, Windisch, erklärt sich im Namen
der Interpellantin von der Antwort nicht befriedigt. Das
Geschäft ist erledigt.
Art. 2308
2308
Postulat Martin Christen, Turgi, vom
28. Oktober 2008 betreffend kantonales “Rettungspaket”
zugunsten der Ärmsten dieser Welt sowie zugunsten des
tropischen Regenwalds; Ablehnung
(vgl. Art. 1914 hievor)
Antrag des Regierungsrats vom 17. Dezember 2008:
Der Regierungsrat lehnt das Postulat mit folgender
Begründung ab:
Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit unterstützt der
Regierungsrat Menschen in der dritten Welt mit jährlich
Fr. 800'000.–. Neben der regulären Entwicklungszusammenarbeit hat der Kanton Aargau in der Vergangenheit bei
Natur- und Umweltkatastrophen im In- und Ausland
Beiträge für die Humanitäre Hilfe aus dem Swisslos-Fonds
zur Verfügung gestellt. So wurden im Jahr 2006 Fr. 80'000.–
und im Jahr 2007 Fr. 25'000.– ausbezahlt. In diesem Jahr
wurde für die Nothilfe für Wirbelsturmopfer in Myanmar Fr.
50'000.– und für die Nothilfe der Überschwemmungen in
Asien und der Wirbelstürme in Haiti insgesamt Fr. 60'000.–
entrichtet. Der Regierungsrat spricht sich für eine
Erweiterung der Entwicklungszusammenarbeit aus. Im
Finanzplan 2008 - 2011 des Swisslos-Fonds ist eine
Erhöhung der Beiträge von Fr. 800'000.– auf 1 Mio. Franken
vorgesehen und für das Jahr 2009 wird eine Erhöhung der
Beitragssumme für ein bis drei Grossprojekte mit einem
Volumen von je über Fr. 100'000.– geprüft. Angesichts
dieser Vorhaben ist eine zusätzliche Aufstockung um rund
5.9 Mio. Franken, was Fr. 10.– pro Einwohnerin
beziehungsweise Einwohner des Kantons Aargau entspricht,
nicht vorgesehen. Entwicklungshilfe ist in erster Linie eine
Bundesangelegenheit. Auf kantonaler Ebene fehlt eine
gesetzliche Grundlage für die Alimentierung aus
ordentlichen Mitteln.
Der Umweltschutz ist ein grosses Anliegen des
Regierungsrats. Eine Umsetzung des Vorschlags, in
Zusammenarbeit mit Umweltschutzorganisationen das
Patronat über Schutzgebiete in tropischen Regenwäldern im
Umfang von mindestens 1'404 km2, was der Fläche des
Kantons Aargau entspricht, zu übernehmen, ist aber aus
rechtlicher Sicht nicht möglich. Gemäss Ziffer 3 Abs. 3 der
Lotteriefondsverordnung können Betriebsbeiträge sowie
wiederkehrende Leistungen nicht gewährt werden. Ein
Patronat zu übernehmen ist, damit es eine nachhaltige
Wirkung hat, zwingend ein langfristiges Engagement mit
wiederkehrenden
Leistungen. Um dem Anliegen trotzdem Rechnung zu tragen
prüft der Regierungsrat, ob die
sektorielle Schwerpunktsetzung, welche die Bereiche 'Schulund
Berufsbildung',
'Gesundheit
und
Soziales',
'Landwirtschaft', 'Infrastruktur, Wasser und Energie' und
'Handwerk, Industrie und Handel' umfasst, künftig mit dem
Sektor 'Umwelt- und Klimaschutz' erweitert werden soll.
Durch die Fokussierung auf diesen Bereich wird eine
Stärkung des Umwelt- und Klimaschutzes erreicht.
Die Kosten für die Beantwortung dieses Vorstosses betragen
Fr. 1'045.–.
Christen Martin, SP, Turgi: Laut NZZ am Sonntag vom
15. Februar dieses Jahres wurden bis zu jenem Zeitpunkt
24. März 2009
weltweit 11 324 Milliarden Franken Staatshilfe zugunsten
der kriselnden Finanzwirtschaft gewährt. Inzwischen dürften
noch einige 100 Milliarden Franken hinzugekommen sein.
Das ist eine Summe jenseits jeden Vorstellungsvermögens.
Das sind zum Beispiel etwas mehr als 166-mal mehr als
unsere 68 Milliarden-Hilfe an die UBS. Das sind, meine
Damen und Herren, rund 1665 Franken pro Erdbewohner
und Erdbewohnerin. Für mehr als 1 Milliarde Menschen, die
mit 1 Dollar pro Tag oder noch weniger auskommen müssen,
würden diese 1665 Franken ein riesiges Vermögen
darstellen, welches sie für Jahre vor dem Hungertod
bewahren würde. Das ist eine Ungeheuerlichkeit: Während
sich die Industriestaaten darin überbieten, gigantische
Milliardensummen auf den Finanzmarkt zu werfen,
verhungert alle 5 Sekunden ein Kind unter 10 Jahren!
Obwohl bei einer einigermassen fairen und gerechten
Verteilung weltweit genügend Nahrungsmittel für die ganze
Menschheit produziert werden, verhungern – wir gehen
gleich zum Mittagessen – jedes Jahr Millionen von
Menschen! Wo bleibt das Verantwortungsbewusstsein, die
Solidarität, die Humanität der Industrienationen? Wo bleiben
die Menschenrechte, das Recht auf Leben, das in Art. 25 der
UNO-Menschenrechtskonvention festgehaltene Recht auf
einen Lebensstandard, der den Menschen und ihren Familien
Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschliesslich
Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und
notwendige soziale Leistungen? Die Finanzkrise trifft nicht
in erster Linie die Reichen und Superreichen, sondern die
Ärmsten. Zitat von Alphonse Allais: "Wenn der Reiche
abmagert, verhungert der Arme." Und Jean Ziegler sagt zu
recht: "Ein Kind, das heute an Hunger stirbt, wird ermordet."
Dies kann zum Beispiel jenen Konzernen zugeschrieben
werden, die arme Länder und deren Bevölkerung weiterhin
ausbeuten, jenen Banken, die dank ihrem Bankgeheimnis
Fluchtgelder aus der 3. Welt horten, jenen Bankern, die mit
ihrem unverantwortlichen Tun die Weltwirtschaft in eine
Krise stürzen, jenen Staaten und Staatengemeinschaften, die
ihren Unternehmen und Bankeninstituten keine Grenzen
setzen, die lieber die Wirtschaftsfreiheit als die
Menschenrechte schützen. Nach Schätzungen der UNO und
der Weltbank hat die Finanzkrise bisher weitere 100
Millionen Menschen in tiefe Armut gestürzt und hunderte
von Millionen werden folgen, wenn die reichen Länder nicht
mehr Mittel für die Armutsbekämpfung freigeben. Wie
können wir da tatenlos zusehen? Wir sind Politiker und
Politikerinnen, weil wir einen Beitrag zur Verbesserung der
Lebenssituation der Menschen leisten möchten, vorab
natürlich im Kanton Aargau. Doch können wir auch ein
positives Zeichen setzen, ein Zeichen der Solidarität, der
Mitverantwortung, des guten Willens, ein Zeichen dafür,
dass uns das Schicksal der Millionen von Menschen nicht
egal ist, die durch die Finanzkrise unverschuldet in ein noch
tieferes Elend und in den Hungertod getrieben werden, dass
uns deren Schicksal nicht unberührt lässt, denn uns geht es
wirtschaftlich gut, sogar hervorragend, verglichen mit den
Armen dieser Welt. Aber dies hat doch schon Mani Matter
vor Jahrzehnten gewusst und gesungen. Und war er nicht
zahlendes Mitglied der FDP-Fraktion? "Dene wo’s guet geit,
gieng’s besser, gieng’s dene besser, wo’s weniger guet geit.
Was aber nid geit, ohni dass es dene weniger guet geit, wo’s
guet geit." Ich bitte vor allem auch Sie, meine Kolleginnen
und Kollegen, die heute zum zweitletzten Mal in diesem Saal
sitzen, leisten Sie es sich zum Abschluss Ihrer
Grossratskarriere, noch einmal grosszügig und solidarisch
4788
24. März 2009
mit den Ärmsten dieser Welt zu sein, tun Sie noch etwas
Positives, etwas Gutes zum Schluss!
Weber Guido, CVP, Spreitenbach: Sich zugunsten der
Ärmsten dieser Welt und zugunsten des tropischen
Regenwaldes einzusetzen, ist ein erstrebenswertes Ziel. Der
Regierungsrat äussert sich auch in dieser Richtung, dass er
im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit mit der
3. Welt den jährlichen Betrag um 200 000 Franken auf
1 Million Franken erhöht. Ebenfalls werden für
Nothilfeprojekte bei Natur- und Umweltkatastrophen Gelder
aus dem Swisslos-Fonds zur Verfügung gestellt. Eine
zusätzliche Aufstockung um rund 5,9 Millionen Franken,
was 10 Franken pro Einwohnerin und Einwohner entspricht,
wäre zwar wünschenswert aber unrealistisch. Klar kann man
in Anbetracht der Milliardenzahlung des Bundes zur UBSStützung argumentieren, es müsste noch etwas drinliegen.
Jede Gruppierung hat aber wieder ihre eigenen
Vorstellungen, wie solche Beträge eingesetzt werden
könnten.
Dass
der
Kanton
etwas
in
die
Entwicklungszusammenarbeit investiert, ist richtig. Aber für
grosse Summen ist der Bund zuständig. Wir unterstützen den
Regierungsrat in seiner Absicht, den Anliegen des Postulats
und dem Umweltschutz trotzdem Rechnung zu tragen, indem
er prüft, wie zu den bisherigen Schwerpunkten neu der
Sektor Umwelt- und Klimaschutz aufzunehmen ist. Im
Weiteren sehen wir zum Schutz des Urwaldes die
Möglichkeit, verstärkt darauf hinzuwirken, nur noch Holz
aus FSC-zertifizierten Wäldern zu kaufen. Damit haben wir
es selber auch in der Hand, aktiven Umweltschutz zu
betreiben und die nachhaltige Nutzung der Urwälder zu
fördern. Trotz den gut gemeinten Zielen lehnt aber die CVPFraktion das Postulat aus den genannten Begründungen ab.
Eliassen Vecko Eva, Grüne, Obersiggenthal: Zur ersten
Forderung: Im Jahr 2000 wurden die UNO-Millenniumsziele
unterschrieben, unter anderem auch von der Schweiz. Es ist
für die Grünen unerklärlich, wie die Schweiz als eines der
reichsten Länder der Welt bei der Entwicklungshilfe derart
knausern
kann.
Während
0,7
Prozent
des
Bruttoinlandproduktes festgesetzt wurden, um die
Millenniumsziele bis 2015 zu erreichen, gibt die Schweiz
lediglich 0,39 Prozent, also etwas mehr als die Hälfte ihres
Bruttoinlandsozialprodukts für Entwicklungshilfe aus.
Vergleichbare Länder wie Schweden, Norwegen,
Niederlande oder Dänemark wenden zwischen 0,8 bis 1
Prozent des BIP auf. Schauen wir mal, was der Kanton
Aargau dazu beiträgt. Laut Bundesamt für Statistik betrug
das Nettovolkseinkommen des Kantons Aargau im Jahre
2005 28 Milliarden Franken. Das sind 50 000 Franken pro
Einwohner. Der Kanton Aargau wendet im Rahmen der
Entwicklungszusammenarbeit laut Regierungsrat 1 Million
Franken jährlich auf, das sind gerade mal 0,03 Promille, kurz
gesagt praktisch nichts. Die Forderung von Martin Christen,
in
Zusammenarbeit
mit
verschiedenen
Entwicklungshilfeorganisationen ein Rettungspaket von
mindestens 10 Franken pro Kantonseinwohner zu schnüren,
entspricht 0,2 Promille des Nettovolkseinkommens des
Kantons Aargau im Jahr 2005. Das ist ein 35stel der Summe,
zu welcher sich die Schweiz mit der Unterzeichnung der
UNO-Millenniumsziele verpflichtet hat. Um das Verhältnis
zu veranschaulichen, folgendes Bild: Wenn der Kanton
Aargau 10 Franken pro Kantonseinwohnerin und
Kantonseinwohner investieren würde, würden wir zu dem
einen Liter Milch, welchen die Schweiz für jeden Aargauer
4789
Art. 2308
zu spenden versprochen hat, ein halbes Schnapsglas
zusätzlich beitragen. Meine Damen und Herren, das ist nicht
zu viel verlangt.
Zur zweiten Forderung: Die Grünen begrüssen den
Vorschlag des Regierungsrats, künftig die sektorielle
Schwerpunktsetzung mit dem Sektor Umwelt- und
Klimaschutz zu erweitern. Eine Stärkung des Klimaschutzes
ist unbedingt nötig. Das zeigen auch die vergangenen
Grossrats- und Regierungsratswahlen. Es freut die Grünen,
dass der Regierungsrat schreibt, Zitat: "Der Umweltschutz
ist ein grosses Anliegen des Regierungsrats." Wie Sie aber
denken können, reichen uns Grünen schöne Worte nicht. Wir
möchten Taten sehen. In der Begründung für die Ablehnung
steht wie bei der ersten Forderung, dass die rechtlichen
Grundlagen fehlen. Wir fragen uns: Was haben wir im
Aargau denn für rechtliche Grundlagen, wenn diese ein
solidarisches und umweltbewahrendes Handeln des Kantons
verunmöglichen? Müssen wir mit zwei Motionen aktiv
werden, damit diese minimalen Beiträge des Kantons Aargau
an die globale Solidarität möglich werden? Denken Sie
daran, liebe Kolleginnen und Kollegen, der ökologische
Fussabdruck pro Kopf der Schweiz ist 3 Mal so gross wie
unsere Bio-Kapazität. Wir würden 3 Erden brauchen, um die
Umwelt nicht zu übernutzen. Wir stehlen sie von den armen
Ländern in Afrika und von zukünftigen Generationen.
Zahlen wir mit der ersten Forderung den armen Ländern
einen Bruchteil der Umweltleistung zurück, die wir ihnen
gestohlen haben! Bewahren wir für die zukünftigen
Generationen mit der zweiten Forderung einen Bruchteil der
von uns verbrauchten Lebensgrundlage! Überweisen Sie
deshalb das Postulat von Martin Christen!
Studer Lilian, EVP, Wettingen: Ich persönlich hätte für
dieses Anliegen von Martin Christen eine andere
Formulierung gewählt. Wir müssen uns bewusst sein, wenn
wir mehr als 40 000 Franken pro Jahr verdienen – ich denke,
die meisten von uns verdienen einiges mehr pro Jahr –,
gehören wir zu den 4 Prozent reichsten Menschen der Welt.
Wir leben gut in der Schweiz. Ich bin dafür dankbar. Aber
wir brauchen auch eine globale Sicht auf unsere
Gesellschaft, in der wir leben. Was hat denn das mit dem
Aargau zu tun? Wir haben genügend Aufgaben zu erledigen,
wir haben eine Aufgabenteilung zwischen Bund und Kanton
und die Entwicklungshilfe ist klar eine Bundesangelegenheit.
Auf der anderen Seite möchte ich Sie daran erinnern, dass
wir, die Schweiz – wir gehören auch dazu – das
Millenniumsziel auch mitunterzeichnet haben und 0,7
Prozent vom Bruttoinlandprodukt beisteuern möchten, damit
dieses überhaupt erreicht werden kann. Ich weiss, der
Aargau ist für die Entwicklungshilfe nicht zuständig. Aber
wir sind trotzdem Mitbürger dieser Welt und können einen
kleinen Teil dazu beisteuern. Ich persönlich werde dieses
Anliegen unterstützen, weil ich der Entwicklungshilfe zum
Durchbruch verhelfen möchte, auch wenn es nur ein kleines
Zeichen ist und ich eine andere Formulierung gewählt hätte.
Ich bitte Sie, dasselbe zu tun.
Landstatthalter Roland Brogli, CVP: Die Entwicklungshilfe
ist in unserem föderalistischen Staat Aufgabe des Bundes.
Wir
unterstützen
auf
kantonaler
Ebene
die
Entwicklungszusammenarbeit aus dem Swisslos-Fonds. Wir
sind auch bereit – das haben Sie in der Antwort gelesen –
,diese Beiträge zu erhöhen. Im Weiteren wissen Sie – und
vergessen Sie das nicht –, dass auch Private im Kanton
Art. 2308
24. März 2009
Aargau enorme Beiträge an die Entwicklungshilfe leisten.
Die Umsetzung des Postulats – das haben wir bereits
geschrieben – ist nicht möglich, weil Betriebsbeiträge
zulasten des Swisslos-Fonds gar nicht möglich sind. Ich bitte
Sie deshalb im Namen des Regierungsrats, das Postulat
abzulehnen.
Das Postulat wird mit 87 gegen 34 Stimmen abgelehnt.
Vorsitzender: Hiermit schliesse ich die Morgensitzung. Wir
beginnen die Nachmittagssitzung um 14.15 Uhr.
(Schluss der Sitzung um 12.42 Uhr)
Abstimmung:
___________________________________________________
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