Die Welt von morgen gehört dem, der heute eine Vision hat Die Apfelwerkstatt – eine Projektbeschreibung Ein Projekt der jahrgangsgemischten Klasse 5/6 der ehem. Hauptschule in Grafenau-Döffingen Allgemein Am Anfang eines neuen Schuljahres beginne ich mit der neu zusammengesetzten jahrgangsgemischten Klasse ein Projekt, das die neue Gemeinschaft stärkt und das ermöglicht von einander zu lernen. Obwohl ein Projekt im eigentlichen Sinne von den Schülern vorgeschlagen werden sollte, bin ich in den letzten Jahren dazu übergegangen, zu Beginn eines Schuljahres eine Idee bzw. ein Thema zu entwickeln und den Schülern vorzuschlagen. So kann ich bereits während der Sommerferien erste Vorbereitungen treffen: Was könnte den Schülern Freude bereiten und welches Thema ist geeignet, sich gemeinsam mit „Kopf, Herz und Hand“ auseinanderzusetzen? Die überaus erfolgreichen Anfangsprojekte der letzten Jahre (Olympische Sommerspiele in Sydney und das Harry-Potter-Projekt) bestätigten dies. Ideenfindung In diesem Jahr wollte ich ein Projekt auswählen, das die Schüler/-innen für das Thema Umwelt und Natur sensibilisiert. Nach einigen Ideen während der Sommerferien (z. B. Hundertwasser, Herbst), die ich dann aber aus verschiedenen Gründen wieder verwarf, trat der Zufall ins Spiel. In meinem Briefkasten fand ich eine Broschüre namens „Apfelrätsel“ mit einem Anschreiben des BUND-Ortsverbandes versehen. Beim Durchblättern dieser Rätsel bekam ich viele Ideen. Ich stellte den Apfel in den Mittelpunkt und begann in Gedanken eine Mind-Map zu erstellen. Meine Familie ist noch im Besitz einer Streuobstwiese. Dort könnten wir Äpfel sammeln. Eine Streuobstwiese verfügt über eine große Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren, insbesondere an Insekten. Wir könnten diese bestimmen. In unserem Ort gibt es eine kleine Mosterei. Dort könnten wir unsere Äpfel zu Saft pressen lassen. So entwickelte sich ein Gedanke nach dem anderen. Zu guter Letzt suchte ich auf einer Suchmaschine im Internet nach Begriffen wie beispielsweise „Apfelprojekt“ oder„Streuobstwiese“ nach ergänzenden Ideen und Informationen. Nun ging es an die Zielformulierung. Im Vordergrund sollte das ganzheitliche Erleben und Erarbeiten eines Themas und nicht das Präsentieren stehen. So wurde der Werkstattgedanke geboren. Eine Werkstatt bietet diesbezüglich vielerlei Möglichkeiten. Allerdings sollte dieses Projekt auch in den schulischen Kontext gestellt werden können. Welche Ideen zum Thema bietet der Bildungsplan? Welche Fächer und Fächerinhalte werden berührt bzw. können miteinbezogen werden? (siehe Grafik) Einstieg Nachdem ich mir dazu Gedanken gemacht hatte, ging es an die Realisation: Wie kann ich die Schülerinnen und Schüler von diesem Thema überzeugen? Zum Einstieg am Donnerstag, dem 19. September wählte ich eine Geschichte von Gudrun Pausewang. Im Stuhlkreis, dessen Mitte von mir mit einem Tuch, Kerzen, Äpfeln, einem Apfelgedicht und verschiedener passender Bilder ansprechend gestaltet wurde, las ich diese Geschichte vor. „Ich werd mal so wie Onkel Sepp“ erzählt von Michael, der nicht gerne zur Schule geht, da sie ihm so lebensfremd und kalt erscheint. Seine Ferien verbringt er bei seinem Onkel Sepp, in dessen Fußstapfen er einmal treten will. Onkel Sepp veredelt Apfelbäume. Seine Apfelbäume behandelt er wie seine Kinder. Er spricht mit ihnen und pflanzt sie nur an Stellen, an denen sie ungehindert wachsen können. Überhaupt ist sein Leben von einer starken Liebe und Ehrfurcht zur Natur geprägt. Viele seiner Mitmenschen halten ihn deshalb für verrückt. Erst als die Gemeinde den Preis im Wettbewerb „unser Dorf soll schöner werden“ gewinnt, bringt man ihm mehr Achtung entgegen. Während dieser Geschichte sprang der Funke über. Ich spürte, das Apfelprojekt konnte stattfinden. Aufgaben Nach dem Vorlesen sollte sich jeder für sich alleine nochmals mit der Geschichte beschäftigen. Es gab einige Fragen. Unter anderem schrieben die Schüler/innen auf, was ihnen am Onkel Sepp gefallen hat. Sie durften auch ein Bild dazu malen. Anschließend sprachen wir darüber. Am nächsten Tag erhielt ich von den Schülerinnen und Schülern endgültig „grünes Licht“ für die Apfelwerkstatt. Der Einstieg in ein Projekt erfolgt immer mit der Erstellung einer Mind-Map. Da die Schüler/innen der 6. Klasse diese Art der Ideensammlung schon kannten, bestand die Aufgabe darin, sich möglichst mit einem / einer Schüler/-in der 5. Klasse zusammenzusetzen und so ein Mind-Map in Partnerarbeit zu entwickeln. Teilweise ließ ich auch Dreiergruppen zu. Die Schüler/innen erhielten für die Entwicklung fünf Minuten Zeit. Anschließend sammelten wir die Vorschläge ebenfalls in Form einer Mind-Map an der Tafel. „Mind-Maps sind Gedanken-Landkarten. Der Gegenstand der Aufmerksamkeit steht in der Mitte. Die Hauptthemen des Gegenstands strahlen von diesem Begriff in der Mitte als Äste aus. Themen mit untergeordneter Bedeutung werden als Zweige, die mit den Ästen verbunden sind dargestellt. Der Vorteil besteht vor allem darin, dass sich auf diese Weise komplexe Sachverhalte anschaulich darstellen und jederzeit erweitern lassen. (Skizze)“ Für mich ist dabei immer wieder erstaunlich, wie sich die Vorschläge und Ideen der Schüler/innen mit meinen decken. So fand ich auch diese Mal die meisten Vorschläge der Schüler/innen auf meiner eigenen „Gedanken-Landkarte“ wieder. Gemeinsam wurden nun die wichtigsten „Äste“ ausgewählt. Diese Themen sollen von den Schülern in ihrem „Themenbuch“ verbindlich bearbeitet werden. Grobplanung Neben der Erstellung von Stationen wollte ich auch Experten ansprechen, die entweder in den Unterricht kommen bzw. eine Exkursion anbieten. Noch am selben Abend lud ich zur weiteren Planung die örtliche BUND-Vorsitzende Christel Bruder und den Sprecher der Bürgerinitiative für die Erhaltung der Kulturlandschaft und Lebensqualität in Grafenau, Maichingen und Darmsheim, Bernd Schmid zu mir nach Hause ein. Gemeinsam überlegten wir das weitere Vorgehen. Durch die feuchte Witterung in diesem Jahr trugen die Streuobstbäume nur wenige Äpfel. Auch auf dem Grundstück meiner Familie gab es keine. So musste erst einmal ein geeigneter Streuobstbesitzer gefunden werden. Ich bekam einige Namen genannt, die ich notierte. Von einigen Schüler/innen hatte ich erfahren, dass ihre Eltern im Besitz von Streuobstwiesen waren. Auch hier wollte ich nochmals nachfragen. Frau Bruder und Herr Schmid brachten viel Infomaterial mit. Streuobstbroschüren von verschiedenen Naturschutzorganisationen, Bücher zum Thema - u.a. Bestimmungsbücher für Apfelsorten, Poster und vieles mehr. Zum Kinderferienprogramm der Gemeinde hatten der BUND und die Bürgerinitiative eine Veranstaltung mit einem Geographen organisiert. Die Kinder streiften mit Lupengläsern ausgestattet, durch die Wiesen. Er bestimmte die Insekten und hatte allerlei Interessantes über den Lebensraum Streuobstwiese zu berichten. Dieser Geograph hat seine Diplomarbeit über Streuobstwiesen geschrieben. Frau Bruder wollte sich mit ihm in Verbindung setzen. Eventuelle Ausgaben würde die Bürgerinitiative übernehmen, versprach Herr Schmid. Von Frau Bruder erhielt ich außerdem eine Einladung des Landratsamts Böblingen zu einem Streuobstaktionstag. Dieser sollte im Rahmen der Kunst und Naturausstellung „Eigen-Art“ in Aidlingen-Lehenweiler stattfinden. Die Einladung klang viel versprechend „Apfelsaftpressen mit historischen Geräten, Fassherstellung, Obstsortenschau, Marktstände mit Streuobstprodukten, Exkursionen durch Streuobstbestände und allerlei Leckeres aus dem Backhaus“. Das war genau das, was wir benötigten. Nach dem Treffen mit Frau Bruder und Herrn Schmid war ich sehr zuversichtlich. Neue Ideen waren entstanden, außerdem hatte ich das Gefühl auf vielfältige Weise unterstützt zu werden. Feinplanung Noch am selben Wochenende schrieb ich eine Einladung für die Schüler/innen der Umwelt-EBA. Den Besuch dieses Aktionstags wollte ich allen interessierten Schüler/innen mit ihren Eltern ermöglichen. (siehe Einladung). Für die Arbeit der ersten Woche an der Apfelwerkstatt hatte ich einige Stationen vorbereitet. Außerdem hatte ich mir noch weitere „Apfelgeschichten“ besorgt, die ich der Klasse vorlesen wollte. Im Laufe dieser Woche knüpfte ich verschiedene Kontakte. Zuerst sprach ich mit Herrn Nuber, dem Leiter des Obst- und Gartenbauamtes im Landratsamt. Unter seiner Federführung wurde der Streuobsttag geplant. Er versprach mir, für den Sonntag weiteres Informationsmaterial mitzubringen, außerdem wollte er versuchen, bei der Exkursion durch die Streuobstbestände auf die Schüler/innen einzugehen. Die Eltern einer Schülerin sind Besitzer einer Streuobstwiese auf der genügend Äpfel vorhanden waren. Diese wollten mit uns sammeln und pressen und uns einen Teil des Saftes zur Verfügung stellen. Termin sollte entweder der 15. 10. oder falls es regnet, der 18. 10. sein. Die örtliche Mosterei hat nur am Samstagvormittag geöffnet. Herr Kauffmann, der Besitzer, erklärte sich aber bereit, die Mostherstellung nachmittags zu erklären und unsere Äpfel zu pressen. Umsetzung Sonntag, der 29. September war ein wunderschöner warmer Herbsttag. Am Treffpunkt erschienen nahezu 30 Kinder und Erwachsene, um gemeinsam zum Aktionstag zu radeln. In Aidlingen-Lehenweiler angekommen, sahen wir uns ein wenig um. Eine Attraktion war zweifellos die historische Obstpresse. Ihre Betreiber zeigten uns, wie früher Apfelsaft hergestellt wurde. Einer der Betreiber besorgte sogar extra für uns Gläser, so dass wir den frisch gepressten Apfelsaft direkt vom Saftablauf der Presse trinken konnten. Anschließend ging es zu Herrn Nuber. Er wartete schon auf uns. (Das Beschaffen der Gläser bei der Obstpresse hatte etwas länger gedauert.) Seine Exkursion führte uns direkt auf eine Streuobstwiese. Er erklärte den Teilnehmern die Geschichte des Streuobstanbaus, den ökologischen Nutzen solch einer Wiese und wie die verschiedenen Apfelsorten entstehen. Außerdem zeigten noch zwei „Sensenexperten“ den richtigen Umgang mit der Sense. Das war für manche Schüler, die nicht so lange zuhören konnten, eine gelungene Abwechslung. Und sie mähten anschließend rech fachmännisch. Es gab auch jede Menge Informationsmaterial, welches die Schüler mitnehmen konnten. So gegen 17 Uhr kamen wir alle geschafft aber zufrieden nach Hause. In der folgenden Woche arbeiteten die Schüler und Schülerinnen an den Apfelstationen. Ich knüpfte unterdessen Kontakte zum örtlichen Obst- und Gartenexperten, Franz Klamser, zum Geographen Jochen Walz, zum Imker, Helmut Heske. Alle erklärten sich bereit, in der folgenden Woche in den Unterricht zu kommen. Am Dienstag, dem 15. Oktober kam Herr Klamser. Er berichtete über die Geschichte des Streuobstanbaus. Ganz besonders aufmerksam wurden die Schüler, als er sich einen Gürtel mit allerlei Werkzeug umband. Dann zeigte er anhand eines kleinen Apfelbäumchens und eines Baumstammes, die verschiedenen Möglichkeiten, es zu veredeln. An diesem Tag brachte Bernd Schmid auch noch verschiedene Apfelsorten aus Streuobstbeständen vorbei. Er hatte sie bereits bestimmt. Die Schüler erhielten die Aufgabe, diese mit Apfelsortenbestimmungsbüchern zu bestimmen. Die Kontrollzettel lagen dann unter den jeweiligen Äpfeln. Außerdem brachte Herr Schmid eine Flasche Apfelessig mit in den Unterricht, viele interessante Bücher und ein Infoblatt zu den Themen: Apfelbaumherkunft, Geschichte, Arten und Verwendung, welches ich für die Schüler kopierte. Am Mittwoch erschien dann der Geograph Jochen Walz. Anhand eines Diavortrages erklärte er den Schülern den ökologischen Nutzen einer Streuobstwiese. Sehr eindrücklich vermittelte er den Zusammenhang zwischen Artensterben und Rückgang der Streuobstbestände. Nachmittags trafen wir uns, ausgerüstet mit Lupengläsern, Käschern und Eimern, vor der Schule. Zusammen mit Herrn Walz, Herrn Schmid und einigen Eltern gingen wir auf die Streuobstwiese der Familie Krüger. Während ein Teil der Schüler Äpfel sammelte, ging der andere Teil mit Herrn Walz auf Entdeckungstour. Da wir mal wieder sehr viel Glück mit dem Wetter hatten (es war richtig sonnenwarm) fanden sich viele verschiedene Insekten in den Käschern und Lupengläsern, wurden mit der Hilfe von Herrn Walz bestimmt und anschließend freigelassen. Der Rückweg dauerte dann entsprechend länger, da die Schüler und Schülerinnen auf dem Weg plötzlich ihre Umgebung anders wahrnahmen und viele Insekten am Wegesrand entdeckten, die ihnen normalerweise nicht aufgefallen wären. Ich fühlte dabei einem Ziel ein wenig näher gekommen zu sein: den Blick, für die Schönheit und die Wunder der Natur zu schärfen. Am Freitag, dem 18. Oktober kam Herr Heske in den Unterricht. Bereits beim Vorgespräch am Abend ließ ich mich von seiner Begeisterung für die Bienen anstecken. Er hatte sich eigens vom Imkerverband sehr schöne Folien beschafft, die er mir zeigen wollte. Gemeinsam suchten wir die aus, welche er in den Unterricht einbauen könnte. Herr Heske ist mit Leib und Seele Imker und das merkten die Schüler auch. Er erklärte den Schülern, wie wichtig die Bienen für die Befruchtung der Obstbäume sind und wie die Bienen ihren Nektar sammeln. Außerdem berichtete er allerlei Wissenswertes aus einem Bienenvolk. Die Schüler hatten noch sehr viele Fragen, so dass die Zeit, wie auch bei den anderen Vorträgen, sehr knapp wurde. Am Schluss gab es für alle Schüler noch eine interessante Broschüre und ein paar leckere Honigbonbons. Die Schüler sollten während den Vorträgen mitschreiben. Manche kamen pro Vortrag auf zwei bis drei Seiten, die sie mir dann ganz stolz zeigten. Am Samstag ging es dann weiter. Wir trafen uns um 15.15 Uhr vor der Schule und gingen gemeinsam zur Mosterei Kauffmann. Die Familie Krüger, eine Mutter eines Schülers und Herr Schmid waren auch dabei. Herr Kauffmann erkläre den Weg vom Apfelsaft zum Most. Anschließend wurden unsere Äpfel gewaschen, zerkleinert und gepresst. Hier durften die Schüler mithelfen und anschließend vom frisch gepressten Apfelsaft kosten. Danach füllten wir unser 15 l-Fass und 2 große Glasflaschen mit dem köstlichen Getränk. Dieses Getränk ist durch die Zugabe eines Konservierungsmittels drei Monate haltbar und erfrischt uns seither während den Pausen im Klassenzimmer. Der gesamte Unterricht drehte sich zum großen Teil um das Thema Apfel. Es gab Apfelgedichte, Apfelgeschichten, Übungsdiktate zum Thema, auch die Wortarten lernten wir mit Apfeltexten. Im Fach HTW backten die Schüler mit einigen der gesammelten Äpfel verschiedene leckere Apfelkuchen und luden ihre Mitschüler/-innen, die gerade Technik hatten, samt Lehrerinnen ein. Im Fach Technik wurden Nisthilfen für Wildbienen hergestellt. Im Fach Mathematik gab es Sachrechenaufgaben zum Thema. Für die Schüler/innen der Klasse 6 führte ich das Bruchrechnen ein, indem wir Äpfel teilten. Sie erhielten dazu ein Aufgabenblatt und mussten, indem sie einen Apfel halbierten, viertelten, achtelten usw., die jeweiligen Aufgaben lösen. Am Ende durften sie sich ihre „Apfelbruchteile“ schmecken lassen. Da Herr Klamser über den Obstbau- und Gartenverein Äpfelbäume besorgen konnte, bekam ich die Idee, einen Apfelbaum auf dem Schulgelände zu pflanzen. Ich sprach mit unserem Bürgermeister, Herrn Thüringer und konnte ihn von der Idee begeistern. Er versprach mir, dass die Gemeinde für die Kosten eines Hochstammes aufkommen würde. Auch unsere Schulleitung war einverstanden. So ließ ich die Schüler/innen einen geeigneten Platz suchen. Wie so ein Platz aussehen sollte, hatten sie ja bei der Einstiegsgeschichte und von Herrn Klamser gelernt. Dieser Platz wurde dann während der Herbstferien von Herrn Klamser und dem Obstexperten der Gemeinde, Herrn Mutschler bestätigt. Die Schülerinnen haben eine gute Wahl getroffen. Am Mittwoch, dem 6.11. war es soweit. Pünktlich um 9.15 Uhr versammelten wir uns an der vorgesehenen Stelle auf dem Schulgelände. Mit Mitarbeiter des Bauhofs hatten bereits das Loch gegraben und wieder locker aufgefüllt. Der Leiter des Bauhofes, Herr Wagner, ein Mitarbeiter und der Landschaftsgärtner und Obstexperte der Gemeinde, Herr Mutschler hatten Leiter, Schaufeln, Spaten und Gießkannen für die Aktion besorgt. Herr Klamser erklärte den Schülern und Schülerinnen den Ablauf. Zunächst hoben einige Schüler/innen das Pflanzloch aus. Es musste doppelt so groß wie die Wurzel des Bäumchens sein. Um das Bäumchen zu befestigen, wurde ein Pfahl in Hauptwindrichtung eingeschlagen. Beim Einsetzen musste darauf geachtet werden, dass die Veredlungsstelle 10 cm aus dem Boden herausragt. Nun wurde die Pflanzerde aufgefüllt, leicht angetreten und ein Gießrand erstellt. Am Ende wurde der Baum mit einem Kokosfaserstrick am Pfahl befestigt. Herr Klamser stieg auf die Leiter und führte den ersten wichtigen Pflanzschnitt aus. Er kürzte den Spitzentrieb, entfernte die Konkurrenztriebe. Auch die Seitenäste wurden gekürzt. Damit die Triebe nach außen wachsen, muss man darauf achten, dass das Triebauge nach außen zeigt. Am Ende band er die Seitenäste im 50- Grad-Winkel nach unten. Dadurch wird das Blühen des Baumes beschleunigt. Vielleicht trägt er in zwei bis drei Jahren schon die ersten Äpfel. Zum Abschluss durften die Schüler und Schülerinnen ihr Bäumchen gießen. Alle waren stolz auf ihr Apfelbäumchen und versprachen, auf es zu achten und regelmäßig zu gießen. Eines Tages, wenn der Baum groß und kräftig geworden ist, können diese Schüler und Schülerinnen einmal ihren eigenen Kindern sagen: „Diesen Apfelbaum haben wir damals mit unserer Klasse gepflanzt.“ Vielleicht gibt es noch andere Klassen, die diesem Beispiel folgen und dann könnte dort - vor der Schule in Grafenau-Döffingen - eine richtige Streuobstwiese entstehen. Mit der Pflanzung des Apfelbäumchens und der Abgabe der Themenbücher beendeten wir dieses Projekt. Es hat allen sehr viel Freude bereitet, was sich auch in den vielen schönen Büchern widerspiegelte. Ich hatte zudem den Eindruck, dass durch dieses Projekt der Blick für die Belange der Natur sensibilisiert wurde. Diesen Eindruck möchte ich zum Abschluss mit dem Text eines Schülers verdeutlichen. Der Apfelbaum Eines Abends ging ich aus dem Büro. Ich war sehr traurig. Zunächst wollte ich nach Hause. Doch nach einer Kreuzung kam ich an meinem Lieblingsbaum vorbei. Ich hielt an und stieg aus und ging zu meinem Baum. Ich umarmte ihn und spürte seine raue Rinde. Plötzlich fühlte ich neue Kraft in mir. Ich war mir sicher, der Baum hatte mir von seiner Kraft abgegeben. Ich saß noch bis spät in die Nacht unter ihm und bemerkte auf einmal, dass auch meine Traurigkeit wie weggeblasen war. Fröhlich fuhr ich nach Hause. Nach zwei Wochen wollte ich ihn wieder besuchen. Ich erschrak furchtbar. Er lag vor mir. Seine Wurzeln streckten sich in den Himmel. Seine Blätter waren abgefallen und die Äste teilweise abgehackt. Ich umarmte ihn das letzte Mal. Keine Kraft ging mehr von ihm aus – er war tot. Bald werden da, wo dieser Baum stand, Häuser und Straßen stehen. (Philip Grander) Antje Kopp-Wagener, im Herbst 2002