Themenbereich 7 1 Römische Kaiserzeit (Themenbereich 7) DER BEGINN DER RÖMISCHEN KAISERZEIT A) Die Errichtung und Festigung der Monarchie Augustus erste Sicherungsmaßnahme für seine Alleinherrschaft ist die Ermordung Caesarions Nach einer Neuordnung des Ostens kehrt er nach Rom zurück. Vor allem aus dem in den Händen des Octavian befindlichen ptolemäischen Staatsschatz erhielten seine Soldaten und die Bevölkerung von Rom umfangreiche Zuwendungen (Ägypten ist nämlich nicht eine Provinz im eigentlichen Sinne, sondern eine Krondomäne) Eine seiner wichtigsten Maßnahmen: Ansiedelung und Belohnung seiner Veteranen, und zwar nicht nur aus seinem Heer, sondern auch aus den Truppen des besiegten Gegners! 29 ließ Octavian erstmals seit 235 den Ianustempel schließen 28 wurde auf seine Initiative hin eine Personenbestandaufnahme der römischen Bevölkerung durchgeführt Neuansatz: statistische Erfassung des Imperiums durch einen Census 28/27 wird Augustus princeps senatus in Rom und Italien beruhte Octavians Stellung auf dem Konsulat, das ihm direkten Einfluss auf Senat, Volksversammlung und Verwaltung gewährte Die Gewalt über das Heer war die eigentliche Grundlage seiner Machtstellung, und diese hatte seit Auslaufen des Triumvirats 32 keine legale Basis mehr. 27 gab daher Octavian in einer großen Geste seine Ausnahmegewalt an Senat und Volk von Rom zurück er ist jetzt nur mehr einer der beiden Konsuln dafür erhält er das – vorerst auf 10 Jahre befristete – imperium proconsulare über die großen und dann den Grenzen gelegenen Provinzen des Reiches: Spanien, Gallien, Syrien, Kilikien und Cypern, Ägypten. Verbunden damit war die Befehlsgewalt über das römische Heer in Rom und Italien beruhte die Gewalt des Monarchen auf dem Konsulat, das er weiterhin jährlich bekleidete Schließlich werden ihm imperium consulare und die sogenannten ornamenta consularia auf Lebenszeit übertragen Octavian gewann damit zunehmend auch die Möglichkeit, in den Provinzen tätig zu werden, die seit 27 der unmittelbaren Gewalt des Senats überlassen waren (=senatorische Provinzen) Im Jänner 27 wurde ihm der Titel „Augustus“ (= „der Gesalbte“) übertragen Themenbereich 7 2 23 übernimmt er auch die tribunicia potestas, d.h. die Kompetenzen eines tribunus plebis (Volkstribunen), ohne dass er das Amt bekleidet Möglichkeit zu politischer Aktion in der Innenpolitik außerdem ist Augustus durch Senatsbeschluß von allen Gesetzen entbunden (legibus solutus) cura morum (Sittenaufsicht) 12 v.C. wird er zum pontifex maximus gewählt (das oberste Priesteramt, dass er neben anderen Priesterämtern inne hat) Im Jahr 2 v.C. erfolgte dann auch die Übertragung des Titels „pater patriae“ Beziehung zum Senat Anders als Caesar bemühte sich Augustus, die äußere Stellung des Senates zu respektieren Allerdings wurde mehrmals der Senat von unwürdigen Mitgliedern „gesäubert“ und Anhänger des Augustus stattdessen in den Senat gebracht. Neuregelung: nur wer im Senat sitzt, konnte sich von nun an um die oberen Ämter bewerben. Eine weitere Qualifikation musste durch den hohen Vermögenssatz von einer Million Sesterzen gegeben sein. Mit diesem Abschluss nach außen war der ordo senatorius erhöht und als privilegierte Gruppe herausgestellt Beziehung zu den Rittern Sie stellten mit ihrem wirtschaftlichen Interesse die gegebene Unterstützung eines Alleinherrschers dar, der Ordnung und Sicherheit brachte und ihre Besitzverhältnisse nicht minderte. Aus den Rittern machte Augustus mit der Qualifikation eines Mindestvermögens von 400 000 Sesterzen einen festen Stand, den ordo equestor Die Zugehhörigkeit zu diesem Stand war allerdings nicht erblich, sondern der Kaiser sprach sie jeweils aus und vollzog sie. Kult Während seiner gesamten Regierungszeit widmete er dem Kultus besondere Aufmerksamkeit Eine große Zahl von Tempeln und religiösen Festen wurde wiederhergestellt Andererseits verhielt sich Augustus orientalischen Kulten gegenüber (wie etwa dem ägyptischen Isiskult) ausgesprochen ablehnend und versuchte, deren Neueinführung in Rom zu verhindern. Ehepolitik V.a. Gesetze 9 n.C. Lex Iulia de adulteriis coercendis Lex Iulia de pudictia Lex Iulia de maritandis ordinibus Lex Papia Poppeia Themenbereich 7 3 Diese Gesetze stellten Ehebruch sowie unsittliches Verhalten unter Strafe und bekämpften Kinderlosigkeit in der Oberschicht B) Außenpolitik Tendenz zur Abrundung und Konsolidierung des Imperium Romanum Zu den wichtigsten Maßnahmen im Osten zählen das Vordringen des L. Cornelius Gallus 29 aus Ägypten nach Süden und die Schaffung einer Grenzzone für diese Provinz In Spanien werden die Asturer und Cantabrer endgültig unterworfen (26 – 19) 20 erzielt Augustus den Ausgleich mit den Parthern auf dem Verhandlungsweg. Er gewinnt dadurch die im Jahre 53 verlorengegangenen Legionsadler zurück das bedeutet einen Prestigegewinn für Augustus 15: Noricum (heute: Österreich ohne Tirol) wird als Klientelstaat in das Reich einbezogen Tiberius unterwirft vom Westen aus das Wallis und die Ostschweiz, während sein Bruder Drusus über die Zentralalpen nach Rätien vordrang 13-9 wird Pannonien gewonnen seit dem Jahr 12 dringt Drusus in mehreren Sommerfeldzügen über den Rhein ins freie Germanien vor und errichtet die Provinz Germania Nach dem Tod des Drusus im Jahre 9 wurde die Germanenpolitik durch Tiberius fortgesetzt, doch Augustus berief seinen Stiefsohn im Jahre 6 aus persönlichen Gründen ab Ein Abschluss der Germanenunternehmungen war offenbar für das Jahr 6 n.C. geplant, aber der Ausbruch eines großen Aufstands in Pannonien vereitelte dieses Unternehmen 9 n.C.: Schlacht im Teutoburger Wald --> Armenius und seine aufständischen Germanen vernichteten die Legionen des Varus Rom ist gezwungen, sich mit der Rheingrenze abzufinden. C) Rom am Anfang des Principats 1) Das Wesen des Augusteischen Principats in der vom ersten Princeps geschaffenen Staats- und Verfassungsorganisation gab es keine – verfassungsrechtlich – einheitliche Gewalt des Monarchen. Vielmehr bestand jene Gewalt aus der Summe von Einzelkompetenzen das Neue daran war die Kumulierung aller dieser Kompetenzen auf eine Person. Augustus erhielt die Bezeichnung „priceps“, der Erste im Senat bzw. im Staat, was kein ungewöhnlicher Ausdruck in den Zeiten der Republik war. Augustus sollte also als republikanischer Politiker gefasst werden Themenbereich 7 4 Man stellte Augustus als vindex liberatis (Retter der Freiheit) dar; „pater patriae“, „divi filius“ Augustus erfuhr ebenso Unterstützung von der Literatur (Vergil, Horaz, Livius) und auch in der bildenden Kunst Im Osten des Reiches wurde der princeps nach hellenistischer Tradition göttlich verehrt, im Westen wurden entsprechende Kultformen eingerichtet Nachfolgefrage Diese stellte ein besonderes Problem dar Da es die Monarchie staatsrechtlich gar nicht gab war eine rechtlich verbindliche Designation nicht denkbar Für eine Nachfolge musste also noch zu Lebzeiten des princeps Vorsorge getroffen werden Dieser musste einen Anteil an der staatlichen Macht des Princeps erhalten, damit der im Falle des Ablebens des Kaisers über sie verfügen konnte Für diese Ämter kamen das imperium proconsulare und die tribunicia potestas in Frage Außerdem musste gesichert sein, dass der Nachfolger über das Vermögen und die Klientel des Princeps verfügen konnte 2) Das Heer der Kaiserzeit Wesentliche Maßnahme des Augustus: aus dem Heer, das Marius am Ende des 2. Jhd. geschaffen hatte, schuf er nun endgültig ein stehendes Heer Hilfstruppen (auxilia) wurden vorwiegend aus den nichtrömischen Provinzbewohnern rekrutiert Die Prätorianer, 9 Kohorten stark, stellten die in und um Rom stationierte Elitetruppe dar, die eine sozial gehobene Position erlangte Daneben gab es auch die cohortes urbanae (Stadtpolizisten) Der Schwerpunkt der in den Grenzprovinzen stationierten römischen Truppen waren im Westen Spanien und Germanien, an der Donau Pannonien und im Osten Syrien Kam dem Heer auch eine soziale Funktion zu, vor allem unter den nichtrömischen Reichsbewohnern, da sie nach dem Ablauf einer 25jährigen Dienstzeit mit dem römischen Bürgerrecht ausgestattet werden konnten. Insofern trug das römische Heer zu einer gewissen inneren Vereinheitlichung des Reiches bei. 3) Die augusteische Kultur Maecenas-Kreis: P. Vergillius Maro (70 – 19v) Lyriker Q. Horatius Flaccus (65 – 8v): Römeroden, in denen Rom und der Princeps besungen wurden Themenbereich 7 5 Historiker T. Livius (59 – 17n): römische Geschichte von der Gründung der Stadt bis 9v, lobt die moralischen Werte der Frühzeit Sie alle wirkten als Propagandisten der Ordnung des Augustus Bildende Kunst: Friedensaltar des Augustus VOM TODE DES AUGUSTUS BIS ZUM ENDE DER SEVERER A) Der Innere Ablauf 1) Die Iulisch-Claudische Dynastie (14 – 68) Tiberius (14 – 37) Als 14 n.C. Tiberius das Principat übernahm, begann die Kaiserzeit im eigentlichen Sinne Er erwies sich in der Außenpolitik als Fachmann, außerdem verbesserte er den Zustand der Provinzen weiter Aufstand der Legionen in Germanien, der vor allem höheren Sold zum Ziel hatte wird vom jüngeren Drusus und von Germanicus niedergeschlagen. Bald zog er sich nach Capri (ab 26) zurück Seine Regierung wurde durch z.T blutige Auseinandersetzungen in der kaiserlichen Familie stark belastet Im Kreise des Senats gab es zunehmen Denunziationen und Majestätsprozesse, welche durch eine gewisse Passivität des Tiberius ermöglicht wurden Eine Rolle spielte dabei der Prätorianerpräfekt L. Aelius Seianus, der schließlich selbst die höchste Machtposition anstrebte Erst nach Unruhen in der Oberschicht wurde Seianus 31 abgeurteilt und hingerichtet Die Folge war ein große Anzahl von Majestätsprozessen und damit verbundenem Spitzelunwesen (Delatoren) Caligula (37 – 41) (=C. Julius Caesar) letzter Sohn des Germanicus wurde zum Princeps erhoben ohne Rücksicht auf den Senat stellte der Kaiser seine Macht heraus und forderte u.a. entgegen der Tradition des Augustus, auch in Rom göttliche Verehrung vergeudet den Staatsschatz und verwandelt Provinzen in Klientelfürstentümer zurück Themenbereich 7 6 seine Ausgabenpolitik stürzte den Staat in Kürze in eine wirtschaftliche Katastrophe es kommt zu Verschwörungen gegen den Kaiser, einer solchen fällt er 41 auch zum Opfer nach seinem Tod scheint sich nochmals die Möglichkeit zu eröffnen, zur libera res publica zurückzukehren, doch die Prätorianer machen Claudius zum Kaiser Claudius (41 – 54) (=Tiberius Claudius Nero) Bruder des Germanicus und Neffe des Tiberius Körperlich behindert, gelehrt Machte in der Regierung keine schlechte Figur, zeigt viel Verständnis für die Verwaltung des Reiches Auf ihn geht die endgültige Ordnung der ritterlichen Laufbahn zurück 43: (Wieder-)Eroberung Südenglands und Einrichtung der Provinz Britannia auch Noricum, bisher bloß okkupiert, wird in eine procuratorische Provinz umgewandelt Allerdings gab er den ehrgeizigen Interessen seiner Frauen (4 mal verheiratet) Messalina und – seit 49 – Iulia Agrippina (seine Nichte) Raum. Agrippina gelang es, ihren Sohn Domitius Nero vom Kaiser adoptieren zu lassen und ihn als Nachfolger des Claudius gerauszustellen Claudius wird 54 ermordet Nero (54 – 68) Von den Prätorianern zum Kaiser ausgerufen 55 beseitigt er seinen potentiellen Rivalen Britannicus Die ersten 5 Jahre der Regierung Neros galten als eine relativ glückliche Periode Das war nicht zuletzt der Verdienst seiner Berater, des Philosophen Seneca und des Prätorianerpräfekten Burrus Veranlasst die Tötung seiner Mutter und seiner Gattin Octavia und lässt sich im ganzen Reich als Sänger, Dichter und Wagenlenker feiern Zurückhaltung gegenüber dem Senat Seine Skrupellosigkeit wurde allerdings deutlich, als er nach einem großen Brand von Rom (64) den in der Hauptstadt lebenden Christen die Schuld in die Schuhe schob 65: Pisonische Verschwörung nach ihrer Aufdeckung versuchte Nero, seine Gegner brutal zu zerschlagen im Zuge der Verschwörung des L. Annius Vinicianus wird Seneca der Militärherrschaft verdächtigt und begeht Selbstmord) die Verschleuderung des Staatsschatzes sucht Nero durch Münzverschlechterungen zu kaschieren Das Jahr 68 brachte den endgültigen Sturz der iulisch-claudischen Dynastie Themenbereich 7 7 Einige Voraussetzungen: Entfremdung zwischen Kaiser und Heer, Versorgungskrise in Rom als Folge der Misswirtschaft des Kaisers Nero in seinen letzten Jahren Neros Andenken verfällt (wie bei Caligula) der damnatio memoriae. 2) Das Vierkaiserjahr (68/69) 68 traten zum ersten Mal die Provinzheere als bedeutende politische Macht auf das Vierkaiserjahr ist zu verstehen als Kampf verschiedener Heeresgruppen und ihrer Legati um die Macht, die Soldaten und Offizieren Gewinn und Einfluss zu bringen versprach ein wesentliches Ergebnis war, dass mit Vespasian der Angehörige einer munizipalen italischen Familie Zugang zum Principat erhielt, der nicht aus der Hauptstadt kam Anstoß für die Ereignisse kam aus Gallien, wo sich der Statthalter von Aquitanien, Iulius Vindex, im März 68 offen von Nero lossagte. An die Spitze der Bewegung setzte sich der Legat der Tarraconensis [Spanien?], Galba, der im Juli 68 in Rom zum Kaiser ausgerufen wurde. Mitte Jänner 69 wurde er von der Prätorianern durch Otho ersetzt. Inzwischen hatten die germanischen Heere den Stadthalter von Niedergermanien, Aulus Vitellius, zum Kaiser ausgerufen. Im April 69 schlugen dessen Truppen in Oberitalien Otho und seine Streitkräfte Das Verhalten der Rheinarmeen hatte die Legionen im Osten veranlasst, ihrerseits einen Prätendenten zu erheben: T. Flavius Vespasianus, den Feldherrn der römischen Truppen im Jüdischen Krieg Die Ost- und Donauprovinzen schlossen sich Vespasian an Die flavische Seite siegte in der Schlacht bei Cremona (Bedriacum), und Vespasian wurde umgehend vom Senat anerkannt. 3) Die Zeit der flavischen Kaiser (69 – 96) Diese Zeit brachte für Italien und viele Provinzen eine wirtschaftliche und administrative Konsolidierung Die strenge Aufsicht über die Verwaltung der Provinzen schützte diese vor Übergriffen der römischen Bevölkerung Vespasian (69 – 79) Im Verhältnis Vespasians zum Senat ergaben sich zunehmend Spannungen, weil der Kaiser entgegen senatorischen Forderungen nicht bereit war, die Anhänger Neros rigoros zu verfolgen Themenbereich 7 8 Außerdem bestimmt er offen seinen Sohn Titus zum Mitregenten und damit zum Nachfolger, was dem Wunsch des Senates, dass nur der Beste in Frage kam (Widerspruch zu dynastischem Gedanken) widersprach. Von nun an traten Provinzen und Provinziale weiter hervor – z.b. im Senat und in der Reichsverwaltung Der Princeps bringt viele homines novi in den höheren Staatsämtern unter Durch die Städtepolitik förderte Vespasian im Westen des Reiches, besonders in Spanien (Verleihung des latinischen Rechts) und Gallien, die Romanisierung Bataveraufstand des C. Iulius Civilis in der Belgica und am Niederrhein musste niedergeworfen werden 70 beendete Titus den seit 66 andauernden jüdischen Aufstand durch die Einnahme Jerusalems Titus (79 – 81) Es gelang ihm, das Verhältnis zum Senat durch sein kluges Verhalten zu bessern 79: Ausbruch des Vesuvs 80: großer Brand und darauffolgende Pest in Rom durch seine großzügige Hilfe gewann der die Sympathie der Bevölkerung und wurde in der Erinnerung der beliebteste Princeps außerdem gewinnt der die Gunst des Volkes, als er bei der Einweihung des Amphitheaters Flavium, bekannt als Colosseum, glänzende Spiele veranstaltet Domitian (81 – 96) (=T. Flavius Domitianus) Bruder des Titus, wurde umgehend nach dessen überraschenden Tod von den Prätorianern zum Kaiser ausgerufen Riesige Bauten Verantwortungsvolle Reichspolitik und Finanzverwaltung seiner Vorgänger werden fortgesetzt. Ebenso trat er für eine gerechte Rechtssprechung ein Eroberung von Britannien wird weiter vorangetrieben, Germanien neu organisiert (89 Provinzen Germania superior und inferior) Allerdings war er nicht der geeignete Mann für ein ausgewogenes Verhältnis zum Senat Inoffizielle Anrede „dominus et deius“ bedeutete für viele Senatoren das Eingeständnis der Tyrannenherrschaft Seit 87 kam es immer wieder zu Verschwörungen, seine Gegner wurde hingerichtet 89 mussten die Philosophen und Astrologen Rom, 93 auch Italien verlassen die Jahre 94 – 96 waren eine Schreckenszeit mit Verbannungen, Justizmorden und Konfiskationen Themenbereich 7 9 Domitian endete 96 durch eine Verschwörung und verfiel daraufhin der damnatio memoriae (Tilgung der Erinnerung) 4) Die Zeit der „aufgeklärten“ Kaiser (96 – 192) Man nennt es auch „humanitäres“ Kaisertum, bzw. Zeit der Adoptivkaiser Neues Verhältnis zwischen Kaiser und Oberschicht entsteht Der Konflikt zwischen Kaiser und Oberschicht bzw. Senat war im Grunde beigelegt Die Kaiser waren bis auf Marc Aurel kinderlos und bestimmten ihre Nachfolger durch Adoption Gesellschaft war unterteilt Oberschicht, Mittelschicht (Besitzbürgertum, Soldaten), und Unterschicht [Freigeborene (Ingenui) Freigelassene (liberti) Sklaven (plebs urbana = plebs rustica)] Nerva (96 – 98) Der Senat ernannte als erstes M. Cocceius Nerva zum Nachfolger, weil er sowohl Senator als auch kinderlos war und deshalb kaum Gefahr bestand, dass er eine Dynastie gründen könnte Vermindert die Steuern, sparsame Finanzverwaltung Finanziert aus der kaiserlichen Kasse die Erziehungsbeihilfe für bedürftige Kinder von Freigeborenen An die armen Bauern in Italien ließ er brachliegende Ländereien verteilen Gesetze gegen Luxus Keine Anklagen mehr wegen Gottlosigkeit Verbannten erlaubte er die Rückkehr und ließ ihnen ihr Vermögen teilweise rückerstatten Da seine finanziellen Maßnahmen zudem bei den Soldaten, besonders bei den Prästorianern, Unwillen erregten, adoptierte adoptierte den Stadthalter von Obergermanien, Armeekommandant und Senator, M. Ulpius Traianus und ernannte ihn zum Caesar Nerva stirbt im Jahr 98 Traian (98 – 117) Mit ihm gelangte der erste nicht aus Italien stammende Kaiser auf den Thron (spanische Provinz) Positive Beurteilung der Regierungszeit Traians Schuf u.a. die Alimentarstiftungen für die Waisen Dakische Kriege Errichtung der Provinz Dacia Traians Ausgabenpolitik (Straßen, Brücken, Kanäle, Anlage eines neuen Hafens in Ostia, etc.) war nicht zuletzt durch die Beute aus den Kriegen der beiden ersten Jahrzehnte des 2. Jhd., vor allem durch den Gewinn des dakischen Goldes, möglich. Themenbereich 7 10 Unter Traian erreichte das Reich seine größte Ausdehnung mit der an den Partherkrieg (114 – 117) anschließenden Errichtung der Provinzen Armenien, Assyrien und Mesopotamien Der personalintensive Ausbau der Reichsverwaltung (unter Heranziehung des Ritterstandes) verstärkte den Zentralismus Wegen des wachsenden Steuerdrucks gab es seit 115 Aufstände der Diasporajuden. Sie bildeten gemeinsam mit Einheimischen und den Parthern eine Einheitsfront gegen die Römer Die Aufstände konnten niedergeschlagen werden, doch es bereitete Rom wachsende Probleme, das Zwischenstromland zu halten Hadrian (117 – 138) (= Publius Aelius Hadrianus) Es ist bisher noch nicht genügend geklärt, wie Hadrian auf den Thron gelangte 117 schloss er Frieden mit den Parthern, gab Mesopotamien auf und begann mit einem gezielten Ausbau der Limessysteme Persönlich entsprach er in seinem nahen Verhältnis zur Philosophie, Literatur und bildenden Kunst der Zeit noch stärker dem Ideal des „aufgeklärten“ Kaisers als seine Vorgänger Er schuf nach parthischem Vorbild eine schwergepanzerte Reiterei, die Kataphrakten Konzentration auf die Innenpolitik Neuer jüdischer Krieg (132 – 135) Grund: Aufstand unter Bar-Kosba/Kochba, der sich als Messias ausgab Kleinkrieg Der hellenistisch aufgeklärte Hadrian begegnete mit Unverständnis einem fremden Glauben Hadrian zerstört Jerusalem abermals Ab 135 war es den Juden verboten, Jerusalem zu betreten. Eine harte Verfolgungszeit für die Juden war die Folge Er förderte besonders das Städtewesen Justizreform: das praetorianische Recht wird überarbeitet Weiter Ausbau des Beamenapparates, Neuorganisierung des kaiserlichen Beirates (concilium principis), der zunehmend mit Juristen aus dem Ritterstand besetzt wurde Der Einfluss der Senatoren und ihrer Söhne wurde zunehmend zugunsten von Rittern zurückgedrängt Antonius Pius (138 – 161) Er sollte Ursprünglich als Platzhalter für den erst 16(?)jährigen M. Annius Verus, den späteren Marc Anton, einspringen. Die beiden verstanden sich jedoch gut und erst nach dem Tod des Antonius Pius besteigt Marc Aurel den Thron Themenbereich 7 11 Das kodifizierte römische Recht wurde durch Bestimmungen, die den Sklavenstatus betrafen gemildert Die Erziehungsbeihilfe ließ der Kaiser auch auf Mädchen ausdehnen Einfälle an den Grenzen nahmen zu und es gab innere, aus wirtschaftliche oder religiösen Gründen ausgelöste Unruhen. Marc Aurel (161 – 180) (= Marcus Aurelius Antonius = M. Annius Verus) mit ihm gelangte ein Mann von hoher philosophischer Bildung an die Spitze des Reiches er regierte bis 169 zusammen mit seinem Adoptivbruder Lucius Verus unter den Herrschern des 2. Jhd. verkörpert er am ehesten das Bild des humanitären Kaisers er setzte die Reformen tatkräftig fort er hat mit seiner Frau FAUSTINA 12 Kinder, von denen nur Commodus das Erwachsenenalter erreicht parthischer Druck löste im römischen Vasallenstaat Armenien einen Putsch und der Abfall der nordmesopotamischen Klientelfürsten einen großen Partherkrieg aus (161 – 166) eine reihe germanischer Völkerschaften, Reiterstämme indogermanischiranischer Sprachzugehörigkeit (Jazygen) sowie die dakischen Kostoboken nutzten den Umstand, dass die Donaulegionen im Orient standen, zu einer Invasion ins römische Gebiet auf breitester Linie, die von Venetien bis nach Griechenland reichte durch die vom Partherkrieg heimkehrenden Truppen wurde die Pest ins Imperium eingeschleppt im 1ten Markomannenkrieg (172 – 174/5) gelang die Unterwerfung der Germanen und Jazygen. Wegen eines Gerüchtes vom angeblichen Tod des Marc Aurel erhob sich 175 Avidius Cassius in Syrien, dem sich auch Ägypten und Kleinasien anschlossen wird unterdrückt Im 2ten Markomannenkrieg (177 – 180), der sich zu einem großangelegten Eroberungsfeldzug nördlich der mittleren Donau auswuchs, starb der Kaiser. Commodus (180 – 192) Sohn des Marc Aurel Die Entscheidung Marc Aurels, Commodus zum Nachfolger zu machen, erwies sich als politischer Missgriff Er brach den Krieg der immensen Kosten wegen ab und schloss mit den Germanen auf der Basis von Klientelverträgen Frieden Er setzte die Maßnahmen seines Vaters nicht fort und schafft damit eine wichtige Voraussetzung für die spätere Schwäche des Reiches im Norden Er war im Grunde ein zum Regiment unfähiger Kaiser, der sich selbst als eine Inkarnation des Herkules verstand Themenbereich 7 12 Damit entsprach er dem religiösen Bedürfnis der Bevölkerung, auf die er sich wie auf die Prätorianer vor allem stützte Dagegen entstand ein offener Kriegszustand zwischen ihm und dem Senat Die Misswirtschaft des Kaisers und seiner Umgebung in den Provinzen machten sich kaum bemerkbar, da die Provinzen von fähigen Stadthaltern verwaltet wurden 192 fiel Commodus einem Anschlag aus seiner Umgebung zum Opfer 5) Die Zeit der Severischen Kaiser (193 – 235) 192/93 Fünfkeiserjahr (Pertinax, Didius Iulianus, Pescennius Niger, Clodius Albinus, Septimus Severus) Helvius Pertinax (193) zuerst sah es so aus, als ob mit Pertinax (vom Senat, dem Volk und den Praetorianern anerkannt) ein weiterer dieser aufgeklärten Kaiser werden konnte. Er sah es dann auch als seine Hauptaufgabe, die Staatsfinanzen zu sanieren, ohne das Volks durch weiteren Steuerdruck zu belasten Die von Commodus geleisteten Zahlungen an die Barbaren stellte er ein und vermochte dadurch u.a. die Auszahlung der alimentationes für verwaiste Kinder wieder aufzunehmen Die Gerichtsverdahren wegen Majestätsbeleidigung wurden eingestellt Pertinax’ strenges Ahnden der Zügellosigkeit in der Prätorianergarde hatte letztlich seine Ermordung 193 zu Folge, woraufhin ein 4 Jahre dauernder Bürgerkrieg begann, der das ganze Land in Mitleidenschaft zog Es kam zur Erhebung des korrupten Didius Severus Iulianus, der aber von Bevölkerung und Heer nicht anerkannt wurde Septimius Severus (193 – 211) Das syrische Heer rief seinen Legaten Pescennius Niger, das Heer von Oberpannonien den Statthalter Septimius Severus zum Kaiser aus Der gesamte Orient schloss sich Niger an Severus ernannte den Statthalter von Britannien, Decimus Clodius Septimus Albinus, dem die Gunst der dortigen Legionen gehörte, zum Caesar, um Niger in der Entscheidungsschlacht bei Issos (194) zu schlagen. 195 eroberte er in einem Partherkrieg Nordmesopotamien zurück in der Schlacht bei Lugudunum 197 errang er den Sieg über Albinus, dem sich inzwischen auch Gallien und Nordmesopotamien angeschlossen hatten Von nun an ruhte das römische Kaisertum endgültig nicht mehr auf einem Einvernehmen zwischen Kaiser und senatorischer Oberschicht Er sprach erstmals offen aus, dass man sich an die Soldaten zu halten habe Ritter konnten jetzt Positionen in Heer und Verwaltung bekleiden, die früher nur angehörigen des Senatorenstandes vorbehalten waren die alten aristokratischen Geschlechter verlieren an Einfluss und Bedeutung Themenbereich 7 13 Trotz einer nicht zu übersehenden Inflation sicherte die Riechspitze die Versorgung des Heeres Den Christen gegenüber wurde Toleranz geübt. Severus nahm sogar die Christen in seinem Hofstaat und solche unter den Patriziern gegen Anfeindungen in Schutz Als die Parther die verlorenen Gbiete zurückgewinnen wollten, erobnerte Severus im Gegenschlag (Partherkrieg 197 – 199) ganz Nordmesopotamien und richtet es als neue Provinz ein. Seine Frau Iulia Domna stammte aus einer syrischen Priesterfamilie, und es ist nicht zuletzt ihr Verdienst, dass am kaiserlichen Hof bedeutende Vertreter des geistigen Lebens der Zeit verkehrten. Endgültig schafft Severus die Steuerpacht ab und er verhalf dem dynastischen Gedanken zum Erfolg Die Herrschaft des Septimus Severus und seiner Nachfolger kann als Militärmonarchie bezeichnet werden. Die offene Förderung der Armee ist als Trendwende zu verstehen. Italiens und Roms Sonderstellung gegenüber den Provinzen wird aufgehoben Caracalla (211 – 217) (=Marcus Aurelius Antonius) Sohn des Severus Sein Charakter wird in der Überlieferung in düsteren Farben geschildert Seinen Bruder Geta, dem sein Vater die Mitregentschaft zugedacht hatte, ließ er 212 ermorden Die wichtigste Maßnahme seiner Regierung war die 212 erlassene Constitutio Antoniniana, durch die allen freien Reichsbewohnern mit gewissen Ausnahmen (halbhörige Bauern) das römische Bürgerrecht verliehen wurde Vorrücken neuer Germanenverbände Vertragsabschlüsse mit Zahlungsverpflichtungen von Seiten Roms 20 Jahre lang Frieden an dieser Grenze Der Geldwert sank indessen immer weiter. Durch Währungsmanipulation versuchte man die zusätzlichen Koste für Heer und Kaiser aufzubringen Während seine Mutter weitgehend die Regierung wahrnahm, hielt dich Caracalla im Felde auf. Auf einem Feldzug im Osten (216 ein von ihm selbst vom Zaun gebrochener Partherkrieg) wurde er 217 vom Gardepräfekten Marcus Opellius Macrinus ermordet. Dieser wird vom Heer zum Kaiser ausgerufen und schloss mit den Parthern und Armeniern Frieden, wobei die Provinz Mesopotamien römisch und Armenien ein römischer Klientelstaat bleiben. Die syrischen Legionen erhoben daraufhin 218 auf Betreiben der severischen Familie (Iulia Maesa, Schwester der Iulia Domna) gegen Macrinus einen Themenbereich 7 14 Angehörigen der Familie der Severer, den 14 jährigen Marcus Aurelius Antonius = Elagabal (218 – 222) (Enkel der Iulia Maesa) Tiefpunkt der römischen Kaiserzeit Severus Alexander (222 – 235) Die Garde beseitigte Elagabal und seine Mutter und ruft seinen Vetter Marcus Aurelius Alexander = Severus Alexander zum Kaiser aus Die Regierung wurde allerdings von seiner Mutter Iulia Mamaea und seiner Großmutter Iulia Maesa gemeinsam mit einem Staatsrat geführt Mehrmals kam es zu Übergriffen der Prätorianer in Rom, zu Meutereien der Provinzheere gegen ihre Legaten Im Westen überschritten die Alamannen den Limes, zeitweise sogar Rhein und Donau. zwingt Severus Alexander zu einem Germanenfeldzug, den der Kaiser nach anfänglichen militärischen Erfolgen durch Zahlungen beenden will 235 wurde Alexander Severus von seinen eigenen Soldaten erschlagen. B) Die außenpolitische Lage des Reiches in den beiden ersten Jahrhunderten der Kaiserzeit etwa 90: Provinzen Ober- und Niedergermanien sowie Rätien eingerichtet zur Zeit Caracallas wurde das System durch Graben und Wall, bzw. eine Steinmauer (in Rätien) ergänzt die Okkupation Britanniens wurde nach den ersten Versuchen Caesars von Claudius 43 und dann von Domitian, später von den genannten Kaisern des 2. Jhd. vorangetrieben diese Politik ist primär unter dem Aspekt der Sicherung des dem wichtigen Gallien gegenüberliegenden Britannien zu sehen Donaugrenze: Einfälle der Daker 1. und 2. dakischer Krieg (101 – 102; 105 – 106) Revolten in Mauretanien (145 – 152) sowie der ägyptischen Felachen (152 – 153) Markomanneneinfälle unter Marc Aurel 2 Markomannenkriege (167 – 175; 178 – 180) gegen die germanischen Markomannen und Quaden Marc Aurel gelingt es, diese Völker zurückzuschlagen Osten: Einrichtung der Provinz Arabia (Heute südliches Syrien und Jordanien) 106 durch Traian Auseinandersetzungen mit dem Partherreich Rom sieht sich an seiner Grenze zum Partherreich einer Großmacht mit entwickelter eigener Zivilisation gegenüber, die eine permanente Bedrohung darstellte Wichtig war hier die Frage des Einflusses auf Armenien, dass den Zugang zu Kleinasien und zum nordmesopotamischen Raum darstellte Themenbereich 7 15 Traian gelingt es, 113 Armenien zur Provinz zu machen (114 – 117) und 116 Mesopotamien (115 – 117) und Adiabene, wichtiges parthisches Gebiet zu annektieren allerdings nur für kurze Zeit Einen gewissen Erfolg kann erst wieder Septimus Severus verbuchen, als er 199 Nordmesopotamien als Provinz einrichten kann. C) Das Reich in den beiden ersten Jahrhunderten der Kaiserzeit 1) Verfassung, Wissenschaft und Wirtschaft Wenn man von den Ereignissen es Jahres 69/70 und zu Anfang der 90er Jahre des 2. Jhd. absieht gab es einen bestehenden dauernden Frieden Die Provinzen erlebten kaum Aufstandsbewegungen Das Kaisertum war im Reich unbestritten, ernstgemeinte republikanische Vorstellungen bestanden nicht mehr. Andererseits gab es keine verfassungsrechtliche Fixierung dessen, was der Monarch war Die erste Ordnung einer aus Freigelassenen bestehenden höchsten Regierungs- und Verwaltungseben, eines „Kabinetts“, geht auf Claudius zurück Die Angehörigen des Ritterstandes trugen seit Augustus die kaiserliche Finanzverwaltung Ritter waren auch die Stadthalter der kleineren, procuratorischen Provinzen und von Ägypten, bis zum 3ten Jahrhundert gehörten allerdings die Statthalter der größeren Provinzen zum ordo senatorius Die Gesetzgebung im eigentlichen Sinne war im 1. Jhd. von der immer unbedeutender werdenden Volksversammlung auf den Senat übergegangen, der dabei auch ledigleich den Willen des Kaisers vollzog Es hielten aber in den Provinzen besonders des Ostens einheimische „Volksrechte“ Immer mehr Angehörige des ordo senatorius und des ordo equestor kamen, besonders seit dem 2. Jhd. aus der munizipalen Oberschicht des Reiches Die Vereinheitlichung des Reiches ergab sich aus der sozialen Funktion des römischen Heeres der Kaiserzeit Zusammen mit dem Mangel an billigen Sklaven bewirkte auch seit dem 2. Jhd. die in der Oberschicht verbreitete stoische Weltsicht eine Milderung der Lage der Sklaven und auch des Sklavenrechts Recht auf Ehe und Besitz Theoretisch hatte Italien im Reichsverband eine Sonderstellung, tatsächlich wurde es allmählich Untertanenland Eine gewisse Privilegierung ergab sich aus der Freiheit von direkten Steuern, die in den Provinzen zu zahlen waren. Themenbereich 7 16 Von höchster Bedeutung war das Städtewesen: seine Oberschicht stellte das Reservoir für die Reichsaristokratie und die führenden Positionen in der Reichsverwaltung sowie im Heer dar Diese Gruppe stieg seit Claudius zum Bürgerrecht auf Eine auf dem Denar ruhende Reichswährung förderte den wirtschaftlichen Aufschwung. Dabei verlagerte sich der Schwerpunkt der Wirtscahft in die Provinzen Die Reichsverwaltung griff in die Wirtschaft nicht ein Wichtig: die Landwirtschaft bildete nach wie vor die Basis der allgemeinen Prosperität. 2) Religion, geistiges Leben und Kunst Religion Die offizielle römische Religionspolitik besaß ein hohes Maß von Toleranz gegenüber anderen Kulturen und Religionen Eine Ausnahme machte, abgesehen vom Christentum, das Judentum. Trotzdem galt es nicht als religio illicita, d.h. als verbotener Kult; die Juden waren von der Teilnahme am Kaiserkult befreit Die im östlichen Mysterienreligionen kamen im ganzen Reich besonders zur Geltung (v.a. der ägyptische Isiskult und der iranische Mithraskult) Der daneben existierende Volksglaube war charakterisiert u.a. durch das Auftreten von Wundermännern und den Zulauf zu Astrologen und Traumdeutern Literatur Die lateinische Literatur der nachaugusteischen Periode erlebte einen Höhepunkt in der neronsichen Zeit mit dem Satiriker Persius und dem Epiker Lucanus Auch der stoische Philosoph Seneca und der Erzähler Petronius („Satyricon“ ein Gesellschaftsroman) Die flavischen Zeit repräsentierten sowhol die Satiriker Iuvenal und Martial als auch der ältere Plinius mit seiner „historia naturalis“. In der Zeit der Adoptivkaiser, vor allem unter Traian und Hadrian erreichte die römisch-lateinische Historiographie noch einmal einen Höhepunkt: v.a.: Tacitus, C. Suetonius Tranquillus (Kaiserbiographien) Philosophie Die wichtigste philosophische Richung waren die Stoa und die Lehre der Kyniker Der Stoiker Epiket (55 – 135), ein ehemaliger Sklave Plutarch (45 – 125), Appian, Arrian (96 – 175) griechische Historiographie In severischer Zeit: Cassius Dio (ebenfalls Historiographie) Kunst Themenbereich 7 17 Im Porträt fand nach der augusteischen Klassik unter Nero und Domitian der Realismus neuen Einklang Das Porträt des 2. Jhd. erhielt durch den Philhellenismus der Kaiser starke Impulse! DIE KRISE DES REICHES IM 3. JHD (235 – 284) Nach dem Ende der severischen Dynastie begann eine Krise, die weitgehend von einer Anarchie begleitet war Häufig herrschten mehrere Kaiser nebeneinander Die Rhein-, Donau- und Ostgrenze waren permanent in Gefahr Außerdem stellte das 3. Jhd den Übergang von der Prinzipatszeit zur Spätantike dar (Zeit der Soldatenkaiser) A) Die innere Geschichte des Reiches Die römioschen Kaiser des 3. Jhd. waren nun endgültig ihrer Position nach Militärs und kamen nicht mehr aus der bisherigen Oberschicht, sondern direkt aus dem Heer Ein nicht unerheblicher Teil von ihnen stammte aus den Donauprovinzen „Thrax“ (235 – 238) (= C. Iulius Verus Maximinus) Sieg über die Alamannen Rücksichtslose Konfiskationen und Steuererhöhungen Aufstand in Afrika Wahl zweier gleichberechtigter Augusti und eines Caesars durch den sich gegen Maximius stellenden Senat All diese Leute wurden allerdings von den Prätorianern ermordet, die nun ihrerseits Gordian III. zum Augustus ausriefen (238 – 244). Ihm gelang es, die Gotengefahr zu bannen und die Sasaniden bis Mittelmesopotamien zurückzudrängen. In dieser Schacht fiel jedoch Gordian. „Arabs“ (244 – 249) (=Marcus Iulius Philippus) ihn erhoben die Truppen zum Nachfolger Friedenschluss mit Schapur auf dem status quo Bandenunwesen in Italien wurde beseitigt Toleranz gegenüber den Christen Decius (249 – 251) (= C. Messius Qunitus Traianus Decius) Themenbereich 7 18 Mit ihm kam der erste Illyrer auf den Kaiserthron Decius verschärfte den Kaiserkult und ließ seine Durchführung überwachen Seit 250 kam es zur ersten großangelegten staatlichen Christenverfolgung, (de facto wurde aber nur die Oberschicht „überprüft“) die aber bereits 251 aufgegeben wurde, als die weit auf die Balkaninsel eingedrungenen Goten zurückgedrängt werden mussten. Im Kampf gegen die Goten fiel Decius Ab 250 verbreitete sich eine Pestepidemie von Äthiopien aus im Reich, ab 253 eröffnete Schapur fast jährlich eine Offensive gegen die römischen Provinzen, 254 fielen Goten ein, Alamannen überschritten den Rhein, Franken stießen bis Paris vor und Mauren erhoben sich P. Licinius Valerianus (253 – 260) Er entschloss sich 275 die Christenverfolgungen wiederaufzunehmen Versammlungsverbot 260 geriet er auf einem Feldzug gegen die Neuperser in Gefangenschaft und die Christenverfolgungen wurden eingestellt er übertrug schon früh seinem vom Senat zum Caesar erhobenen Sohn Publius Licinius Gallienus (253 – 268) die Befehlsgewalt über Europa und Afrika und zog selber in den Orient. Gallienus (260 – 268) Seine Regierungszeit bedeutete einen wichtigen Einschnitt der römischen Geschichte Ritterliche, aus den Legionsdiensten hervorgegangene Offiziere erhielten die Führungspositionen des Heeres Damit waren Senatoren auch die Statthalterschaften in den Provinzen mit Legionsbesatzung verschlossen 260 stellte Gallienus die Christenverfolgungen ein und hob das Versammlungsverbot auf. Dieser Akt der Toleranz entsprach dem Philhellenismus des Gallienus es entstehen mehrere Sonderreiche auf römischem Reichsboden: nach neuen Aufständen in Mauretanien (258 – 262) und wegen der Ohnmacht der Zentralgewalt, rief Marcus Cassianus Latinius Postumus (Senator und Stadthalter Niedergermaniens) das gallische Sonderreich aus seit 259 regierte Postumus als Kaiser Gallien, Spanien und Britannien. Dieses Sonderreich hört 261 auf zu existieren doch Ägypten blieb unter seinem ehemaligen Statthalter weiterhin unabhängig Odaenathus war seit 265 Imperator und nach seinem Tod 296 brach seine Witwe Zenobia mit Rom und schuf mit ihrem Sohn Vaballathus ein von Gallienus unabhängiges Reich sie besetzte Zentralkleinasien und eroberte Anfang 270 Ägypten Themenbereich 7 19 Nach der Ermordung des Gallienus 268 bestanden die Sonderreich des Postumus und der Zenobia fort und sicherten das Reich im Westen und im Osten nach außen Marcus Aurelius Claudius II. «Gothicus» (268 – 270) konnte die gotischen Invasoren in der Vernichtungsschlacht bei Naissus schlagen. (296) Lucius Domitius Aurelianus (270 – 275) Konsolidierung des Reiches Nach einem neuerlichen Goten- und Alaneneinfall lässt er die Provinz Dacis 271 für immer räumen Kann die juthungischen Alamannen aus Oberitalien vertreiben Kam mit den Goten zu einer Einigung Schlug Zenobia im Oberitalien 273 auch Ende des gallischen Sonderreiches 274 Stellt die Reichseinheit dadurch endgültig wieder her Verkündet eine Amnestie für politische Verbrecher und geht gegen Korruption im Beamtenapparat vor Führt den Staatskult des Sol Invistus ein Annahme des Titels „dominus et deius“ Stadt erhielt angesichts der Alamannenbedrohung einen Schutz in der Aurelianischen Mauer Probus (276 – 282) (=Marcus Aurelius Probus) kann sämtliche Invasionen der Alamannen, Franken, Goten, Burgunder, Vandalen, Sarmanten nicht nur zurückschlagen, sondern auch wieder Klientelverträge mit ihnen schließen. Probus wird durch seine Offiziere ermordet Carus (282 – 283) (=Marcus Aurelius Carus) kann die neupersischen Truppen zurückschlagen mysteriöser Tod Numerianus (283 – 284) wird ebenfalls ermordet Daraufhin stellt sich die Armee gegen den unter Mordverdacht stehenden Prätorianerpräfekten Aper und auf die Seite der Leibwache Diokles Dieser erschlug Aper, wurde aber von dem inzwischen im Westen zum Augustus ausgerufenen Carinus (283 – 285) besiegt Als Carinus beseitigt wird, schloss sich auch die Armee dem Diokles als neuem Augustus an mit dem Namen C. Aurelius Valerius Diocletianus (284 – 305) B) Das römische Reich und seine Nachbarn zur Zeit der Krise Themenbereich 7 20 1) das Sassanidenreich Auf dem Gebiet des früheren Partherreiches entsteht durch die Sassaniden (sog. Neuperser) ein neues Machtgebilde. Ardaschir I. (223 – 241) schuf eine einheitliche Staatskirche im zoroastrischen Parsismus und reorganisierte den Staat Die persischen Soldaten besaßen u.a. an ihren Panzerreitern, den Kataphrakten, eine hervorragende Truppe 2) Die Germanen Urheimat: Südschweden, Dänemark, Schleswig – Holstein Um 1400 breiten sie sich nach Osten, Westen und Süden aus In den ersten beiden Jhd. n.C. gibt es folgende Gruppen: Nordgermanen in Südschweden; Ostgermanen, die nach Süden drangen; Westgermanen im späteren West- und Süddeutschland Die Züge der Kimbern und Teutonen nach Süden läuteten die Südwanderungen der Ostgermanen ein, d.h.: Vandalen nach Schlesien, Langobarden zur Unterelbe, Burgunder zur Weichsel, Goten und Gepiden zur Weichsel, dann Schwarzes Meer. Viehzucht steht im Mittelpunkt, Handel, vor allem mit den Römern, ist zu verzeichnen Gesellschaft war in Freie, Halbfreie und Sklaven gegliedert, wobei ein Adel die herausragende Rolle spielte Die Siedlungsgebiete bestanden aus Gauen. Die höchste Gewalt übten die Versammlungen der freien Volksgemeinde aus Im Zuge der Wanderungen bildete sich, besonders im 2. und 3. Jhd., aus dem Heerzug – Führer häufig ein Königtum mit sakraler Weihe aus Durch ihre Berührung vor allem mit den indoiranischen Alanen hatten sie das Pferd als Kampfmittel sowie eine spezifische Reittechnik übernommen Anfang des 3. Jhd. waren in den Alamannen und Franken aus kleineren Völkerschaften große Stämme mit entsprechend erhöhter politischer und militärischer Kraft entstanden. 3) die äußere Bedrohung des Römischen Reiches Maximinus Thrax (235 – 238) Germanen drangen mehrfach tief nach Gallien und sogar bis nach Spanien vor 261 stießen Alamannen bis nach Oberitalien vor und okkupierten 267 Rätien. 271 vertrieb sie Aurelian aus Italien unter Probus (267 – 282) konnten Rhein- und Donaugrenze wieder als gesichert gelten. 267 drangen Goten und Heruler in die Ägäis ein und plünderten Athen, Sparta und Olympia Themenbereich 7 21 sieg des Claudius II. „Gothicus“ 269 über die Goten bei Naissus (Nisch) 287/88 kam es unter Diocletian zum Friedensschluss mit den Persern. In Armenien regierte seitdem wieder ein römischer Klientelkönig C) Die Zustände im römischen Reich des 3. Jhd. 1) Heer römische Truppen rekrutierten sich nicht mehr wie ursprünglich aus der städtischen Bevölkerung, sondern aus den ländlichen Gebieten Gründe liegen zum einen in der Wehrunlust der städtischen Bevölkerung, zum anderen kam die ländliche Bevölkerung der Kernlande im 3. Jhd kaum für eine Aushebung in Frage, da sie vorwiegend für die Überwindung der wirtschaftlichen Krise benötigt wurde. „Barbarisierung“ des Heeres war mit ein Grund für den Rückgang von Disziplin und Ausbildungsstand des Heeres im 3. Jhd. 2) Wirtschaft und Gesellschaft Kennzeichen: Inflation und abnehmende wirtschaftliche Produktivität Diese Inflation, der kein entsprechender Anstieg der Löhne gegenüberstand, traf besonders die ärmere Bevölkerung. Schuld war die Münzpolitik des Staates, der den Feingehalt der Münzen verschlechterte und andererseits in immer größeren Mengen prägte Inflation verminderte die Kaufkraft, dazu ging die Bevölkerungszahl zurück Ganz stark litten die Städte unter dieser Entwicklung Zur Übernahme städtischer Ämter und zum Eintritt in die städtischen Senate bestand kaum noch Neigung, als die Machthaber dazu übergingen, bestimmte Gruppen im Stadtrat für die Abgaben der Stadt haftbar zu machen Die wohlhabende städtische Bevölkerung versuchte, ihre Belastungen nach unten auf ihre Pächter auf dem Lande abzuwälzen die landwirtschaftliche Produktion ging zurück. Es kam zur Landflucht und vereinzelten Aufstandsbewegungen, sowie Verödung weiter Landstriche Schwere Seuchen, Missernten, Hungersnöte Durch die rasante Geldentwertung teilweise Übergang zu naturalwirtschaftlichen Zahlungsmethoden Für das 3. Jhd. ist außerdem eine erhebliche Zunahme der Übertragung von staatlichem Besitz oder verlassenen Landes an kapitalkräftige Großgrundbesitzer kennzeichnend. 3) Religiöses und geistiges Leben Das empirisch-rationale Denken war im großen und ganzen zum Erliegen gekommen Religionen erlangten im 3. Jhd. einen vermehrten Zulauf von Gläubigen Themenbereich 7 22 Die neuplatonische Philosophie wurde zur herrschenden geistigen Richtung, während der Stoizismus zurücktrat (vor allem unter Gallienus: sog. „Gallienische Renaissance“) Zentral war der Gedanke, dass aus dem Ur-Einen (Gott) durch wesensnotwendige Ausstrahlung alle Seinsformen hervorgehen, Geist, Seele bis hinab zur Materie Auch der einfache Mensch konnte nun durch mystische Riten den Aufstieg zum Einen erreichen 4) Das Christentum Die Verbreitung des Christentums hatte im 2. Jhd. erheblich zugenommen Der neue Glaube drang auch in die oberen Gesellschaftsschichte ein Das frühe Christentum war wenig organisiert Die Gefahr der Zersplitterung wurde durch die Entstehung des monarchischen Episkopats (seit etwa 150) und die Kanonisierung (100 – 400) der Schriften vermieden. Es kam auch zur Übernahme von jüdischen, aber auch stoisch-kynischen Moralnormen Origines (185 – 253/54): Erneuerung des platonischen Denkens er setzte sich, z.b. im Gottesbegriff, auch vom Platonismus ab Überzeugung, dass die christliche Lehre ihren Ausdruck auch in der Philosophie findet Hat die Nachwelt erheblich beeinflusst Der Sohn, der Logos, muss als vom höchsten Wesen nicht getrennt gedacht werden, denn dieser sie wesenseins mit dem Vater. Der zentrale Unterschied zwischen den Mysterienkulten und dem Christentum war die Menschlichkeit Christi