Spirale von ausreichender Vitamin-D

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Hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Cholecalciferol
gab es: http://d.mp3vhs.de/vonabisw/DOM/D3/D10.docx
Dieser Artikel behandelt Vitamin D3, für andere Vertreter der Vitamin-D-Gruppe siehe Vitamin D
(Begriffsklärung)
Strukturformel
Allgemeines
Trivialname
Vitamin D3



Colecalciferol
Calciol
(3β,5Z,7E)-9,10Secocholesta- 5,7,10(19)trien-3-ol
3-[2-[7a-Methyl-1-(6methylheptan-2-yl)2,3,3a,5,6,7-hexahydro- 1Hinden-4-yliden] ethyliden]-4methyliden- cyclohexan-1-ol
Andere Namen

Summenformel
C27H44O
CAS-Nummer
67-97-0
PubChem
5280795
ATC-Code
DrugBank
A11CC05
DB00169
1
Kurzbeschreibung farbloser Feststoff
Vorkommen
nicht-pflanzliche Eukaryoten
Physiologie
Funktion
Vorstufe des Calcitriol, als solches:
Regulierung des Calcium-Haushalts,
Reifung von Immunzellen
Täglicher Bedarf
4600 IE täglich (Summe aus
Hautproduktion und
Nahrungsaufnahme)
Folgen bei Mangel Rachitis, Osteomalazie


Überdosis
25 µg/Tag (0–10. Lj.)
50 µg/Tag (>10. Lj.)[1]
Eigenschaften
Molare Masse
384,64 g·mol−1
Aggregatzustand
fest
Schmelzpunkt
84–85 °C[2]
Siedepunkt
Löslichkeit
Zersetzung
fettlöslich, im Blut zu 50–80 %
proteingebunden (an VDBP)
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus EUVerordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [3]
Gefahr
H: 330‐311‐301‐372
H- und P-Sätze
P: 280‐304+340‐302+352‐309‐310
[4]
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [5] aus EUVerordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [3]
2
T+
Sehr giftig
R: 24/25‐26‐48/25
R- und S-Sätze
S: (1/2)‐28‐36/37‐45
LD50
42 mg·kg−1 (Ratte, peroral)[4]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten
verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen
Daten bei Standardbedingungen.
Cholecalciferol (auch Colecalciferol oder kurz Calciol), Vitamin D3 ist das physiologisch
(auf die Lebensvorgänge im Organismus bezogen) in allen nichtpflanzlichen Eukaryoten
(Lebewesen, deren Zellen einen Zellkern besitzen, z. B. Tiere) und so auch im Menschen
vorkommende Vitamin D. Da das Secosteroid im Körper mit Hilfe von ultraviolettem Licht
(UV-B) in der Haut aus 7-Dehydrocholesterol gebildet werden kann, ist der historische
Begriff Vitamin der Definition nach nicht völlig zutreffend.
In der Nahrung kommt es vor allem in Fettfischen vor oder wird den Lebensmitteln als
Nahrungsergänzungsmittel zugefügt. Es hat im Körper die Funktion eines Prohormons und
wird über eine Zwischenstufe zu dem Hormon Calcitriol umgewandelt.
Vitamin D spielt eine wesentliche Rolle bei der Regulierung des Calcium-Spiegels im Blut
und beim Knochenaufbau. Ein Vitamin-D-Mangel führt mittelfristig bei Kindern zu Rachitis
und bei Erwachsenen zu Osteomalazie.
Inhaltsverzeichnis


1 Einfluss auf die Gesundheit
o 1.1 Kardiovaskuläre Erkrankungen durch Unterversorgung mit Vitamin D
o 1.2 Allergien, Asthma und Autoimmunkrankheiten
o 1.3 Erkrankungen mit Häufung bei älteren Menschen
o 1.4 Krebs und weitere Erkrankungen
2 Physiologie
o 2.1 Biosynthese von Vitamin D3
 2.1.1 Lichtinduzierte Bildung
 2.1.2 Selbstregulation der lichtinduzierten Synthese
o 2.2 Funktion
 2.2.1 Vitamin D3
 2.2.2 25(OH)Vitamin D3
 2.2.3 Aktivierung von 25(OH)Vitamin D3 zu Calcitriol
 2.2.4 Funktion von Calcitriol
o 2.3 Abbau von Vitamin D3
o 2.4 Vitamin-D-Stoffwechsel bei Erkrankungen
3
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3 Formen und Quellen
o 3.1 Formen von Vitamin D
o 3.2 Aufnahme von Vitamin D3 aus der Nahrung
 3.2.1 Vitamin D in Muttermilch
 3.2.2 Vitamin D3 in Nahrungsmitteln
o 3.3 Technische Synthese von Vitamin D
4 Vitamin-D-Zufuhrempfehlungen
o 4.1 Supplementierung bzw. Substitution
o 4.2 Überdosierung und Toxizität
o 4.3 Vitamin-D3-Mangel
 4.3.1 Symptome
 4.3.2 Mangel an Sonnenlicht (UVB-Strahlung)
 4.3.3 Einfluss der Hautbeschaffenheit
o 4.4 Laborwerte
 4.4.1 Bewertung des 25(OH)Vitamin-D3-Spiegels
 4.4.2 Häufigkeit niedriger 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel
5 Geschichte
6 Siehe auch
7 Literatur
8 Weblinks
9 Einzelnachweise
Einfluss auf die Gesundheit
Seit den 1990er Jahren wurde gezeigt, dass das Vitamin-D-System in verschiedenen anderen
Geweben insbesondere autokrine Funktionen hat, welche die Zelldifferenzierung, die
Hemmung der Zellproliferation, die Apoptose, die Immunmodulation und die Kontrolle
anderer hormonaler Systeme umfasst.
Das Jesuskind in Albrecht Dürers Gemälde Maria mit der Birnenschnitte (1512,
Kunsthistorischen Museums in Wien) weist charakteristische Merkmale eines Vitamin-D4
Mangels auf: Vorspringen von Stirn und Scheitelhöcker mit Hinterhauptabflachung (Caput
quadratum), schlaffer Bauchdecke, Thoraxdeformation und Aufreibung der Epiphysen an
Hand- und Fußgelenken.[6]
Kardiovaskuläre Erkrankungen durch Unterversorgung mit Vitamin D

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
Bluthochdruck[7][8]
Kardiovaskuläre Erkrankungen[9][10][11]
Metabolisches Syndrom[9][12] als der entscheidende Risikofaktor für koronare
Herzkrankheiten
Myokardinfarkt-Risiko bei niedrigen Vitamin-D-Werten
In der Health Professionals Follow-up Study war das Risiko für einen Myokardinfarkt
bei Männern mit Vitamin-D-Mangel (Plasma-25-OH-Vitamin D von höchstens
15 ng/ml) um den Faktor 2,4 höher als bei Gleichaltrigen mit ausreichender VitaminD-Versorgung (Plasma-25(OH) D von mindestens 30 ng/ml). Selbst unter
Berücksichtigung von KHK-Risikofaktoren wie positive Familienanamnese,
Hypertonie, ungünstiges Lipidprofil und Übergewicht war das Myokardinfarkt-Risiko
bei niedrigen Vitamin-D-Werten immer noch verdoppelt.[7] Erhoben wurden diese
Studiendaten bei 18.225 Männern im Alter zwischen 40 und 75 Jahren, deren Blut
untersucht worden war. Zu Studienbeginn hatte noch keiner der Männer eine koronare
Herzkrankheit (KHK). Innerhalb der nächsten zehn Jahre hatten 454
Studienteilnehmer einen nichttödlichen Herzinfarkt oder ein tödliches KHK-Ereignis
erlitten.
In einer anderen Studie mit mehr als 3000 Männern und Frauen waren bei denen mit
niedrigen Vitamin-D-Werten (median 7,7 und 13,3 ng/ml) innerhalb von 7,7 Jahren
die kardiovaskuläre sowie auch die Gesamtsterberate verdoppelt.[10] Als Vergleich
dienten Teilnehmer mit guter Vitamin-D-Versorgung (median 28,4 ng/ml).[13]
Dass ein hoher Vitamin D-Spiegel mit stark reduziertem Sterberisiko verbunden ist, ergab
2012 eine Metaanalyse des Copenhagen University Hospital mit einer Beobachtungszeit von
29 Jahren und insgesamt 10.170 Probanden, die zum Ergebnis hatte, dass ein hoher Spiegel an
Vitamin D eine 81% geringere Wahrscheinlichkeit einem tödlichen Herzinfarkt zu erliegen
bedeutet.[14]
Allergien, Asthma und Autoimmunkrankheiten
Eine Unterversorgung mit Vitamin D scheint nach bisherigen Untersuchungen ein
Risikofaktor für folgende Erkrankungen zu sein:


Autoimmunkrankheiten[15] (wie z. B. Multiple Sklerose,[16] Morbus Crohn,[17] Diabetes
mellitus Typ 1,[9] Systemischer Lupus erythematodes[18])
Asthma: 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel unter 30 ng/ml sind bei Asthma von
Erwachsenen typisch und am stärksten ausgeprägt bei Patienten mit schwerem
und/oder unkontrolliertem Asthma. Diese Tatsache unterstützt die Hypothese, dass das
Anheben zu niedriger Vitamin-D-Spiegel in der Prävention und Behandlung von
Asthma wirksam sein könnte.[19] In einer an der University of Colorado
5
durchgeführten Studie an knapp 19.000 Personen zeigte sich, dass Menschen mit stark
verringertem Vitamin-D-Spiegel ein um etwa ein Drittel erhöhtes Risiko für
Atemwegsinfekte besitzen. Bei Asthma steigt das Risiko sogar auf das Fünffache
an.[20]
Es gibt Studien, die eine Supplementierung mit Vitamin D in Zusammenhang mit der
Entstehung von Allergien bringen.[21] Ob das auch für andere Autoimmunerkrankungen gilt,
ist umstritten. Insbesondere betrachten einige Autoren den „Vitamin-D-Mangel“ als eine
Folge der Erkrankung selbst.[22] Allerdings ist die wirkungsvolle Therapie von Allergien
durch Vitamin-D-erzeugende UVB-Strahlen kein Gegenargument, da sich die orale
Aufnahme pharmakologisch erheblich von der endogenen Produktion in der Haut
unterscheidet.[23][24][25][26]
Erkrankungen mit Häufung bei älteren Menschen
Eine Unterversorgung mit Vitamin D scheint nach bisherigen Untersuchungen ein
Risikofaktor für folgende Erkrankungen zu sein:
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Osteopenie und Osteoporose
Sturzrisiko. Durch Supplementation von Vitamin D lässt sich die Anzahl der Stürze
von Menschen über 65 Jahren reduzieren. Die Einnahme von 700 bis 1000 IE
reduzierte das Sturzrisiko um 19 Prozent. Serumspiegel von 25-Hydroxy-Vitamin-D
unter 60 nmol/l (≈24 ng/ml) hatten keinen Schutzeffekt.[27]
Allgemein erhöhte Sterblichkeit[10]
Demenz und Parkinson-Krankheit[28]
Hirnleistungsstörung[29]
Krebs und weitere Erkrankungen
Eine Unterversorgung mit Vitamin D scheint nach bisherigen Untersuchungen darüber hinaus
ein Risikofaktor für folgende Erkrankungen zu sein:
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
Muskelschwäche und -schmerzen und Fibromyalgie[30][31]
Infektionskrankheiten wie Tuberkulose oder Atemwegsinfekte[32][33][34]
Vitamin D und Calcium sind protektiv bezüglich Dickdarmkrebs[35]
Eine Vielzahl weiterer Krebsarten,[36][37] wie z. B. Brustkrebs,[38] Leukämie,
Nierenkrebs, Ovarialkarzinom, Pankreaskarzinom sowie Karzinome des Halses, des
Kopfes und des Oesophagus.
Parodontitis bei Schwangeren.[39]
Ferner ist das Vitamin-D-System wichtig für die Entwicklung und Funktion des
Nerven- und Muskelsystems. Das Syndrom des akuten Vitamin-D-Mangels ist in
seinem Vollbild durch Myalgie, Adynamie, neurologische Störungen, Orthostatische
Dysregulation und Skelettbeschwerden charakterisiert (Akronym M-A-N-O-S).[40][41]
Physiologie
Biosynthese von Vitamin D3
6
Die meisten Wirbeltiere einschließlich des Menschen decken einen Großteil ihres Vitamin-DBedarfs durch Sonnenbestrahlung ihrer Haut; dies kommt auch bei bestimmten Planktonarten
vor (Phytoplankton coccolithophor Emeliani huxleii).[42]
Definitionsgemäß sind Vitamine Substanzen, die der Körper selbst nicht herstellen kann, aber
zum Leben benötigt werden und daher zugeführt werden müssen. Die Vorstufen des
sogenannten Vitamin D werden aber vom Körper selbst hergestellt. Zum im Körper
vorhandenen Provitamin 7-Dehydrocholesterol (der Ausgangssubstanz der Vitamin-DSynthese) muss dann allerdings noch Sonnenlicht hinzukommen. Vitamin D3 wird also aus
historischen Gründen als Vitamin bezeichnet. Aufgrund seiner endogenen Synthese und der
Tatsache, dass seine Wirkung neben dem Syntheseort auch andere Gewebe betrifft, müsste
Vitamin D3 als Prohormon bezeichnet werden.
Lichtinduzierte Bildung
In der Haut sind die höchsten Konzentrationen des 7-Dehydrocholesterols im Stratum
spinosum und Stratum basale vorhanden. Beim Menschen und den meisten Säugetieren ist 7Dehydrocholesterol für die Vitamin-D-Bildung reichlich vorhanden (eine Ausnahme sind
z. B. Hauskatzen).
Metabolite des 7-Dehydrocholesterols in der Haut (vereinfacht nach[42] und[43])
1. Wird 7-Dehydrocholesterol mit UV-Licht mit Wellenlängen im Bereich 290–315 nm
(UV-B-Strahlung) und mindestens 18 mJ/cm²[44] bestrahlt, kann im 7Dehydrocholesterol durch eine fotochemisch induzierte 6-Elektronen-konrotatorische
elektrocyclische Reaktion der B-Ring aufgebrochen werden: Es entsteht
Prävitamin D3.[45]
2. Das Prävitamin D3 ist thermodynamisch instabil und erfährt einen (1-7)sigmatropen
Shift eines Protons von C-19 nach C-9 mit nachfolgender Isomerisation: Es entsteht
Vitamin D3. Das Vitamin D3 gelangt in das Blut und wird dort vor allem an das
Vitamin-D-bindende Protein (DBP) gebunden zur Leber transportiert, wo es weiter zu
25(OH)Vitamin D3 hydroxyliert wird. Im Reagenzglas sind nach drei Tagen 80 % des
Prävitamin D3 zu Vitamin D3 isomerisiert, in der Haut ist dies nach acht Stunden
geschehen.[42]
Selbstregulation der lichtinduzierten Synthese
Wenn eine bestimmte Menge 7-Dehydrocholesterol im Reagenzglasversuch mit simuliertem
äquatorialen Sonnenlicht bestrahlt wird, ist nach einigen Minuten ca. 20 % der
7
Ausgangsmenge zu Prävitamin D3 umgewandelt. Diese Menge an Prävitamin D3 bleibt bei
weiterer Bestrahlung in einem konstanten Gleichgewicht, denn auch Prävitamin D3 ist
photolabil und wird durch weitergehende UV-B-Bestrahlung während der nächsten acht
Stunden zum physiologisch inaktiven Lumisterol und zu Tachysterol abgebaut, bevor es zu
Vitamin D3 isomerisiert. In dieser Zeit sinkt das 7-Dehydrocholesterol auf ca. 30 % der
Ausgangsmenge ab. Unter unnatürlicher Schmalspektrum-UV-B-Bestrahlung mit einer
Wellenlänge von 290 bis 300 nm wird dagegen 65 % des ursprünglichen 7Dehydrocholesterols in Prävitamin D3 umgewandelt.[42]
Auch das aus Prävitamin D3 entstandene Vitamin D3 ist photolabil: Kann das Vitamin D3
nicht schnell genug im Blut abtransportiert werden, entstehen aus ihm durch UV-B- und UVA-Strahlung (bis zu 345 nm) mindestens drei weitere unwirksame Produkte: Suprasterol-1
und -2 und 5,6-Transvitamin D3.
So wird bei einer kurzen Sonnenlichtbestrahlung (mit genügend hohem UV-B-Anteil) über
einige Minuten ähnlich viel Vitamin D3 gebildet wie bei einer vergleichbaren Bestrahlung
über längere Zeit. Hierdurch ist der Körper kurzfristig vor einer Vitamin-D-Intoxikation durch
zu viel Licht geschützt.
Langfristig ergibt sich ein Schutz vor einer Vitamin-D-Intoxikation durch eine vermehrte
Bildung von Melanin in der Haut, welches UV-Licht der Wellenlängen 290–320 nm
resorbiert (Bräunung, dunkler Hauttyp in südlichen Ländern).
Der 7-Dehydrocholesterolgehalt der Haut sinkt mit dem Alter. Ferner nimmt beim Menschen
im Alter die Fähigkeit der Haut, Vitamin D3 zu bilden, ungefähr um den Faktor 3 ab im
Vergleich zu einem 20-jährigen Menschen.[42]
Für die blasse Haut eines hellhäutigen, jungen, erwachsenen Menschen ist die minimale
Erythemdosis (MED) (wenn die Haut anfängt, rot zu werden) an einem sonnigen
Sommermittag auf 42° Breite in Meereshöhe (entsprechend Boston, Barcelona oder Rom)
nach 10 bis 12 Minuten erreicht, ein dunkelhäutiger Mensch benötigt entsprechend 120
Minuten. Wird die Haut dieser Menschen entsprechend ganzkörperbestrahlt, gibt sie innerhalb
der nächsten 24 Stunden eine Menge vergleichbar mit 10.000 bis 20.000 IE (250 µg bis
500 µg) Vitamin D3 aus Nahrungsmitteln an das Blut ab, ein Vielfaches der
Nahrungsempfehlungen von 200–500 IE Vitamin D3 täglich.[44] Eine starke Vitamin-D3Bildung in der Haut ist also schon bei einer kurzen, aber intensiven Sonnenbestrahlung mit
hohem UV-B-Anteil möglich.
Da die Knochendichte bei dunkelhäutigen Menschen von der etwas verminderten Vitamin-DBildung aufgrund der geringeren Durchlässigkeit der Haut für UV-Strahlen nicht vermindert
ist, wird davon ausgegangen dass Dunkelhäutige eine geringere Konzentration des VitaminD-bindenden Proteins aufweisen[46].
Funktion
Vitamin D3
8
25-Hydroxylierung des Vitamin D3
Vitamin D3 wird, vor allem gebunden an das Vitamin-D-bindende Protein, über das Blut in
die Leber transportiert. Dort wird es von dem Enzym Cytochrom P450 2R1 in den
Mikrosomen zu Calcidiol (25(OH)Vitamin D3) hydroxyliert. Eine frühere Vermutung, dass
diese Reaktion auch in den Mitochondrien stattfindet, wurde inzwischen widerlegt.[47][48]
Calcidiol (25(OH)Vitamin-D3) wird in der Leber wieder an Vitamin-D-bindendes Protein
gebunden und in das Blut abgegeben. Dort hat es eine Halbwertszeit von ca. 19 Tagen.[2]
Diese enzymatische Reaktion ist wahrscheinlich keiner nennenswerten Regulation
unterworfen, da der 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel im Blut ziemlich genau die längerfristige
Vitamin-D3-Versorgung der letzten drei bis vier Monate widerspiegelt, während der VitaminD3-Spiegel die Versorgung der letzten Stunden bis Tage anzeigt.
25(OH)Vitamin D3
25(OH)Vitamin D3 (Calcidiol) ist also so etwas wie eine Speicherform des Vitamin D3. Eine
solche muss es geben, um die großen Spitzen und Pausen der hauptsächlichen Vitamin-DVersorgung durch das Licht abfangen zu können. Die mittel- bis längerfristige Vitamin-DVersorgung eines Organismus lässt sich am besten über den Blutspiegel des
25(OH)Vitamin D3 bestimmen (Näheres siehe unten).
Das so gebildete 25(OH)D3 gelangt nun, hauptsächlich wieder an das Vitamin-D-bindende
Protein gebunden, zu seinen Zielgeweben, zum Beispiel zu den Nieren, wo es dann zum
Calcitriol (1α,25(OH)2Vitamin D3) aktiviert wird (siehe unten). Dieses erst ist der
hauptsächlich aktivierende Ligand für den Vitamin-D-Rezeptor. Dieser letzte
Aktivierungsschritt ist auf vielen Ebenen redundant und von Gewebe zu Gewebe
unterschiedlich reguliert, um immer an den momentanen Bedarf des Körpers und des
Zielgewebes an die Vitamin-D-Wirkung angepasst zu sein.
25(OH)Vitamin D3 kann wahrscheinlich selbst auch, jedoch ca. hundertmal weniger als
Calcitriol, den Vitamin-D-Rezeptor aktivieren. Dies kommt bei einer Vergiftung mit
Vitamin D3 zum Tragen, wenn die letzte Regelung der Aktivierung des Vitamin D3 durch
überhöhte 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel übergangen wird.[49]
Aktivierung von 25(OH)Vitamin D3 zu Calcitriol
9
Die Vitamin-D-Metabolite werden als Komplex zusammen mit dem Vitamin-D-bindenden
Protein (VDBP) im Blutplasma transportiert. In den Glomerula der Nieren bindet dieser
Komplex an Cubilin-Moleküle in der Zellmembran von proximalen Tubuluszellen, und wird
anschließend mithilfe des Megalins in die Zelle verfrachtet und dort freigesetzt. In den
Lysosomen wird der Komplex durch Peptidasen wieder getrennt, wodurch 25(OH)Vitamin D3
frei im Zytosol diffundiert.[50]
An der Plasmamembran der Mitochondrien der Zellen des proximalen Tubulus der Nieren
kann das 25(OH)Vitamin D3 durch 1α-Hydroxylase zum biologisch aktiven
1,25(OH)2Vitamin D3 (Calcitriol) weiter hydroxyliert oder durch die gegensätzlich regulierte
24-Hydroxylase zum 24R,25(OH)2Vitamin D3 inaktiviert werden oder die Nierenzelle
unverändert wieder in das Blut verlassen (um dort erneut an VDBP gebunden zu werden).
Die Bildung des 1,25(OH)2Vitamin D3 in der Niere ist fein reguliert: die wichtigsten
Faktoren, die seine enzymatische Bildung über eine Aktivierung der 1α-Hydroxylase direkt
fördern, sind unabhängig voneinander ein erhöhtes Parathormon, ein verringerter
Calciumspiegel und ein niedriger Phosphatspiegel im Blut. 1,25(OH)2D3 selber hemmt die
1α-Hydroxylase und aktiviert die 24-Hydroxylase. Indirekt, zumeist über das Parathormon,
beeinflussen unter anderem Calcium, Östrogen, Glucocorticoide, Calcitonin, Somatotropin
und Prolactin die Calcitriolbildung. Glucocorticoide bewirken einen Mangel an Calcitriol.
(Deshalb ist es während einer systemischen Corticoidtherapie, wenn Vitamin D genommen
werden muss, notwendig, Vitamin D in aktiver Form als Alphacalcidol (derzeitige
Medikamente in Deutschland: „EinsAlpha“, „Bondiol“, „Doss“), zu verwenden.) All diese
Regulationen dienen dazu, gerade soviel Vitamin D zu synthetisieren, dass der Körper in
seiner momentanen Situation seinen Calcium- und Phosphatbedarf decken kann. Die
Regulation der 24R,25(OH)2D3-Bildung erfolgt durch die gleichen Faktoren, jedoch in
umgekehrter Richtung.[49]
In anderen Geweben wird die Aktivierung des 25(OH)Vitamin D3 zu 1α,25(OH)2Vitamin D3
durch andere Faktoren geregelt: Zytokine, Wachstumsfaktoren usw.[49]
1,25(OH)2D3 liegt in sehr viel geringerer Konzentration als 25(OH)D3 und auch hauptsächlich
an DBP gebunden im Blut vor. Die Konzentration insbesondere von freiem 1,25(OH)2D3
(Calcitriol) ist streng geregelt und weitgehend mit seiner Aktivität korreliert. Sie ist ferner
weitgehend unabhängig von der Konzentration seines Vorläufers 25-Hydroxy-Cholecalciferol
(Calcidiol) oder des VDBP.[49]
Funktion von Calcitriol
→ Hauptartikel: Calcitriol
In den Zellen der Zielorgane wirkt 1,25(OH)2D3 (Calcitriol) wie ein Steroidhormon: Es wird
an ein intrazelluläres Rezeptorprotein, den Vitamin-D-Rezeptor (VDR), gebunden und in den
Zellkern transportiert. Dort assoziiert der Vitamin-Rezeptor-Komplex an die DNA und
verändert die Transkription verschiedener hormonsensibler Gene, was schließlich zu
Änderungen in der Proteinsynthese mit entsprechenden biologischen Wirkungen führt.
Abbau von Vitamin D3
10
1,25(OH)2D3 (Calcitriol) wird durch 24-Hydroxylase zur wasserlöslichen Calcitroinsäure
abgebaut, die über die Galle ausgeschieden wird.[51] Die 24-Hydroxylase wird durch das Gen
CYP24A1[52] codiert.
Vitamin-D-Stoffwechsel bei Erkrankungen
Patienten mit Tuberkulose, Sarkoidose und anderen granulomatösen Erkrankungen und
gelegentlich auch Krebserkrankungen aktivieren das 25(OH)Vitamin D3 z. B. in den
Makrophagen stärker zu 1,25(OH)2Vitamin D3 und können so funktionell in eine Vitamin-DHypervitaminose mit Hypercalcämie kommen.[53] Dem liegt ein ursprünglich zumeist
sinnvoller Mechanismus der Immunologie zugrunde (näheres siehe unter Calcitriol).
Patienten mit Williams-Beuren-Syndrom haben zu 15 % eine Hypercalcämie. Es gab viele
Vermutungen zu einem Zusammenhang mit dem Vitamin-D-Stoffwechsel, die Ergebnisse
entsprechender Beobachtungen waren jedoch widersprüchlich.[54]
Bei Patienten mit Smith-Lemli-Opitz-Syndrom ist der Abbau des Vitamin-D-Vorläufers 7Dehydrocholesterol zu Cholesterin durch Mutationen in der 7-Dehydrocholesterol-Reduktase
gestört. In ihrem Stoffwechsel staut sich zwar das 7-Dehydrocholesterol; ihre Haut ist
manchmal photosensibel, aber ihr Vitamin-D-Status ist dennoch vergleichbar mit der
Normalbevölkerung.[55]
Bei der „Idiopathischen infantilen Hyperkalzämie“ handelt es sich um eine Mutation im Gen
CYP24A1, wodurch der Abbau von Vitamin D gehemmt wird. Betroffene Kinder entwickeln
unter Vitamin-D-Substitution eine schwere Hyperkalzämie mit Wachstumsverzögerung,
Erbrechen, Dehydratation, Fieberschüben und Nephrokalzinose.[56]
Formen und Quellen
Formen von Vitamin D
Neben Vitamin D3 werden die folgenden Substanzen aus der Vitamin-D-Klasse
unterschieden:




Vitamin D1: Verbindung von Ergocalciferol (D2) und Lumisterol, 1:1
Vitamin D2: Calciferol, genauer: Ergocalciferol (synthetisiert aus Ergosterol)
Vitamin D4: 22,23-Dihydroergocalciferol (gesättigte Form von Vitamin D2)
Vitamin D5: Sitocalciferol (synthetisiert aus 7-Dehydrositosterol)
Aufnahme von Vitamin D3 aus der Nahrung
Vitamin D3 ist kein gewöhnlicher Nahrungsbestandteil. Erst in den letzten 10 Jahren wird
zunehmend erkannt, mit welchen Zivilisationskrankheiten (außer der Rachitis und
Osteomalazie) der endemische Lichtmangel der modernen Gesellschaften einhergeht (siehe
unter Calcitriol). Daher wird der öffentlich zu empfehlende Tagesbedarf (RDA) an
Vitamin D3 unter Wissenschaftlern und Verantwortlichen für die Gesundheitsversorgung
lebhaft diskutiert. Die derzeitigen Empfehlungen werden von Forschern auf diesem Gebiet als
entweder irrelevant (für ausreichend UVB-lichtexponierte Personen) oder unzureichend (für
die Mehrzahl der Bevölkerung in zivilisierten Gesellschaften höherer Breiten) angesehen.
11
Der Bedarf an Vitamin D über die Nahrung wird umso größer, je kürzer die Zeit ist, die ein
Mensch im direkten Tages- bzw. Sonnenlicht verbringt. Dabei ist die Synthese in der Haut
nicht unbedingt proportional zu deren Sonnenexpositionszeit, sondern hängt unter anderem
auch ab vom Gehalt der Haut an der Vorstufe 7-DHC. Die zunehmende Verwendung von
Sonnenschutzcreme vermindert darüber hinaus auch bei Aufenthalten in der Sonne die
Synthese von Vitamin D. Daher ist das Argument, die Aufnahme von Vitamin D sei neben
der Eigenproduktion nur von sekundärer Bedeutung, nicht zutreffend.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat Richtwerte für die Vitamin-D-Menge
angegeben, die alimentär (das heißt durch Nahrungszufuhr) abgedeckt werden sollte.[57] Sie
empfiehlt darin für Säuglinge im ersten Lebensjahr täglich 10 µg und für die anderen Kinder
und Erwachsenen 20 µg Vitamin D3.[58] In Deutschland werden den meisten Säuglingen im
ersten Lebensjahr und eventuell noch im zweiten Winter täglich eine Tablette mit 12,5 µg
Vitamin D3 (500 IE) zur Rachitisprophylaxe gegeben.
In Europa gelten zum Teil höhere Referenzwerte für Kinder und Jugendliche. In offiziellen
Empfehlungen sind die Angaben zur maximalen täglichen Zufuhr beispielsweise für die
Altersgruppe von 4 bis 10 Jahren doppelt so hoch, für die Altersgruppe der 11- bis 17Jährigen dreimal so hoch: Säuglinge (6–11 Monate): 10–25 µg pro Tag, Kleinkinder (1–3
Jahre): 10 µg pro Tag, Kinder (4–10 Jahre): 0–10 µg pro Tag und Jugendliche (11–17 Jahre):
0–15 µg pro Tag.[59]
Aktuelle Leitlinien in den USA empfehlen 5 µg (200 IE) täglich für Kinder und jüngere
Erwachsene, 10 µg für 50–70-Jährige und 15 µg für Über-70-Jährige.
Im Winter sind lediglich 500–1000 IE nötig, weil der Rest des Bedarfs hierfür aus den
körpereigenen Speichern gedeckt wird.[60]
Man hat abgeschätzt, dass die tägliche Zufuhr von 1 IE Vitamin D3 bei Erwachsenen den
25(OH)Vitamin-D3-Spiegel im Blut um ca. 0,007 ng/ml steigert (unterschiedlich je nach
Vitamin-D-Status). Es bedarf bei ca. 80 kg schweren Erwachsenen täglich ca. 114 µg
(4600 IE) Vitamin D3, um einen ausreichenden 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel von 80 nmol/l =
32 ng/ml im Blut langfristig zu halten, sofern keine Vitamin-D-Bildung durch Licht
hinzukommt.[60]
Wenn eine stillende Mutter täglich 100 µg = 4000 IE Vitamin D einnimmt (wenn sie keinem
UV-B-Licht ausgesetzt ist), erscheint in ihrer Muttermilch genug Vitamin-D-Aktivität, dass
der Säugling vor einem Vitamin-D-Mangel ohne weitere Zufuhr sicher geschützt ist. Bei
50 µg = 2000 IE ist dies noch nicht sicher der Fall (die Anzahl der untersuchten Frauen war
aber gering).[61]
Vitamin D in Muttermilch
Der Muttermilchgehalt an Vitamin-D-wirksamen Komponenten ist bemerkenswert knapp. Er
ist sehr von dem Vitamin-D-Status der Mutter abhängig. Bereits hydroxyliertes
25(OH)Vitamin D3 macht den größten Anteil der antirachitischen Aktivität der Muttermilch
aus. Der Vitamin-D-Gehalt in der fetthaltigeren Hintermilch (die der Säugling zuletzt trinkt)
ist größer als in der Vordermilch. Wenn die in höheren Breiten lebenden Mütter 50 µg
(2000 IE) Vitamin D3 täglich im Winter einnehmen, erreicht ihre Muttermilch die
12
antirachitische Aktivität unsupplementierter Mütter im Sommer, die Antwort ist jedoch
individuell sehr unterschiedlich.[1]
Haben Mütter einen für sie subklinischen Vitamin-D-Mangel (wie die meisten Frauen in
zivilisierten Gesellschaften fernab des Äquators im Winter und vor allem auch in islamischen
Gesellschaften), so haben die Säuglinge ein wesentlich höheres Risiko, rasch einen relevanten
Vitamin-D-Mangel zu entwickeln. So wird in einer kürzlich vom „National Institute of Child
Health and Human Development“ in den USA durchgeführten und im „The Archives of
Pediatrics & Adolescent Medicine“ im Juni 2008 erschienenen Studie behauptet, dass in den
USA im Winter bis zu 78 % von mit Muttermilch gestillten Babys im Winter an Vitamin-DMangel leiden könnten. Insgesamt scheint aber auch für den Säugling die Bildung des
Vitamin D3 in der Haut den natürlichen Hauptrachitisschutz darzustellen. Nach einigen
Studien ist nicht nur ein Vitamin-D-Mangel gefährlich für Babys, zu viel Vitamin D wird mit
einem erhöhten Auftreten von Schizophrenie in Verbindung gebracht.[62]
Möglicherweise geht das aktuell im Blut der Mutter vorhandene Vitamin D3 wesentlich besser
in die Muttermilch über (30–80 %) als das bereits hydroxylierte 25(OH)Vitamin D3 (0,5 %);
ob dies so stimmt, wird noch erforscht.
Vitamin D3 in Nahrungsmitteln
Unter nicht immer und überall gegebenen optimalen Bedingungen (siehe oben) kann die Haut
eines jungen erwachsenen Menschen 10.000 bis 20.000 IE (also 250 bis 500 µg) Vitamin D
täglich bilden. Dagegen enthalten nur wenige Nahrungsmittel Vitamin D3 in vergleichbaren
Mengen. Es findet sich vor allem in Fettfischen, Innereien, Eiern und in begrenztem Maße
auch in Milchprodukten.
In Pilzen (z. B. Hefen) ist das Mycosterin Ergosterin enthalten, das sich bei ausreichender
UV-Licht-Bestrahlung in biologisch aktives Ergocalciferol (Vitamin D2) umwandeln kann.
Auch einige Pflanzen enthalten dies in Spuren.
Der Vitamin-D3-Gehalt einiger ausgewählter Lebensmittel zeigt die meistens geringe Rolle
der Nahrung für die Vitamin-D-Versorgung (1 µg entspricht 40 IE):
Nahrungsmittel
µg/100 g
Referenz
170 bis 3800
[63]
Matjeshering, gesalzen
27
[64]
Räucheraal
21
[65]
Lachs
16
[65]
Sardine
11
[65]
Kalbfleisch
3,8
[66]
Lebertran
13
Nahrungsmittel
µg/100 g
Referenz
Avocado
3,43
[67]
Hühnerei
2,9
[65]
Champignons
1,9
[65]
Leber (Rind)
1,7
[66]
Butter
1,2
[65]
Sahne
1,1
[66]
Emmentaler
1,1
[65]
Gorgonzola
1
[65]
Edamer 40 % Fett i. Tr.
0,29
[65]
Speisequark 40 % Fett i. Tr.
0,19
[65]
Vollmilch mind. 3,5 % Fett
0,088
[65]
Joghurt mind. 3,5 % Fett
0,062
[65]
industriell hergestellte Säuglingsmilch in Deutschland 1–2 µg/100 kcal
[1]
Muttermilch
[1]
0,01–0,12
Bei den Angaben muss berücksichtigt werden, dass nicht alle Lebensmittel in gleicher Menge
konsumiert werden. Lebertran ist zwar eine reichhaltige Vitamin-D-Quelle, wird aber
bekanntlich nur in ausgesprochen geringen Mengen verzehrt. Auf der Basis dieser Daten
können neben fettreichen Fischen auch Pilze, Milchprodukte und angereicherte Speisefette
einen guten Beitrag zur Vitamin D3-Versorgung leisten.
Die EsKiMo-Studie hat zwischen 2003 und 2006 das Ernährungsverhalten von 2500 Kindern
im Alter von 6 bis 11 Jahren in ganz Deutschland untersucht. Dabei wurde für die tägliche
Vitamin D3-Aufnahme der niedrigste Wert aller untersuchten Nährstoffe in Bezug zum
jeweils empfohlenen Wert gemessen. Demnach beträgt die tatsächliche Vitamin D3Aufnahme nur etwa 30 % der DGE-Empfehlung. Die Autoren folgern: „Die Zufuhr an
Vitamin D ist … suboptimal und kann bei Kindern, die sich kaum im Freien aufhalten, schnell
zu einer echten Mangelsituation mit langfristig negativen Folgen für die Knochengesundheit
führen.“[68] Die im September 2008 veröffentlichte DONALD-Ernährungsstudie vom
Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) bestätigte die Vitamin-D3-Unterversorgung
bei Kindern. Bei den 598 Studienteilnehmern im Alter von 1 bis 12 Jahren ergab die
14
Auswertung nach Einzelprotokollen, dass acht von zehn Kindern die Empfehlung der DGE
für Vitamin D nicht erreichen.[69]
Bislang wurde hierzulande neben industriell hergestellter Säuglingsmilch nur Margarine mit
2,5 µg Vitamin D3 pro 100 g angereichert, um eine ausreichende Versorgung der
Bevölkerung sicherzustellen. Dagegen ist das fettlösliche Vitamin nicht in fertigen
Multivitaminsäften erhältlich, sondern nur in (Brause-)Tabletten.
Die Unterversorgung mit Vitamin D3 ist in vielen Ländern mit mäßiger Sonneneinstrahlung,
langen Wintern und nur mäßigem Fettfischkonsum ein rege diskutiertes Problem. Eine
Lösung besteht darin, Vitamin-D-haltige Lebensmittel täglich aufzunehmen und so oft wie
möglich in die Sonne zu gehen. Darüber hinaus wird durch die Anreicherung von
Lebensmitteln mit Vitamin D3 in vielen Ländern eine Erhöhung der Zufuhr aus der Nahrung
angestrebt.
Die tägliche Vitamin-D-Aufnahme mit der Nahrung in verschiedenen Ländern ist ungefähr
wie folgt (1 µg entspricht 40 IE Vitamin D3):
tägliche Vitamin-D3Aufnahme
davon supplementiertes
Vitamin D3
Referenz
junge, weiße amerikanische
Männer
8,1 µg
5,1 µg
[70]
junge, weiße amerikanische
Frauen
7,3 µg
3,1 µg
[70]
schwarze amerikanische
Erwachsene
6,2 µg
4,3 µg
[70]
britische Männer
4,2 µg
1,4 µg
[70]
britische Frauen
3,7 µg
1,1 µg
[70]
japanische Frauen
7,1 µg
0 µg
[70]
norwegische Männer
6,8 µg
2,9 µg
[70]
norwegische Frauen
5,9 µg
2,9 µg
[70]
Bevölkerungsgruppe
spanische Männer
ca. 4 µg
[70]
spanische Frauen
ca. 3 µg
[70]
deutsche Männer
2,9 µg
0 µg
[1]
deutsche Frauen
2,2 µg
0 µg
[1]
15
italienische Haushalte
3,0 µg
[1]
Innerhalb dieser Bevölkerungsgruppen und zwischen den ausgewerteten Studien variieren
diese Durchschnittsangaben aber erheblich.[70]
In Deutschland ist die Vitamin-D3-Supplementierung bei Erwachsenen bislang nicht üblich.
Die Ergebnisse der nationalen Verzehrstudie 2008 zeigen, dass nur etwa 3 % aller befragten
Frauen und weniger als 2 % der befragten Männer zusätzlich 5 µg Vitamin-D3 pro Tag
aufnehmen.[71]
In den USA und in Kanada wird die Trinkmilch regelmäßig mit 10 µg Vitamin D3 pro Liter
supplementiert. In Großbritannien, Irland und Australien dürfen Frühstückscerealien und
Margarine mit Vitamin D3 supplementiert werden. In Norwegen und Japan trägt der
Fettfischkonsum zur Vitamin-D-Versorgung durch die Nahrung bei. In Norwegen ist darüber
hinaus die Einnahme von Lebertran als Nahrungsergänzungsmittel noch immer sehr weit
verbreitet. In den meisten anderen Ländern wird mit der Nahrung kaum Vitamin D3
aufgenommen.
Industriell hergestellte Säuglingsmilch muss in den USA mit 1 bis 2,5 µg / 100 kcal
supplementiert sein. Säuglinge, die gestillt werden oder weniger als 500 ml dieser
Formelnahrung trinken, sollen täglich 200 IE (5 µg) Vitamin D3 bekommen.[72]
Mit der Nahrung aufgenommenes Vitamin D wird rasch im Dünndarm resorbiert und gelangt
mit den Fetten zusammen über die Lymphe in die Blutbahn. Dort hat es eine Halbwertszeit
von 19 bis 25 Stunden.[2] In dieser Zeit wird es entweder im Fettgewebe abgelagert oder in der
Leber zu 25(OH)Vitamin D3 hydroxyliert.
Technische Synthese von Vitamin D
Die photochemische Synthese von Vitamin D2 wurde erstmals 1927 vom Göttinger Chemiker
Adolf Windaus entdeckt und untersucht. Seine Arbeiten ermöglichten die Fabrikation des
antirachitischen Vitamins D2 durch die Pharmaunternehmen E. Merck und Bayer
(Markenname Vigantol), wodurch der Vitaminmangel vieler Kinder therapiert werden konnte.
Seit einigen Jahren werden vermehrt Nahrungsergänzungsmittel auch mit Vitamin D3
angereichert. Die Anreicherung von Lebensmitteln des täglichen Bedarfs mit Vitamin D ist
aufgrund seiner Toxizität in Deutschland derzeit hingegen verboten. Da Butter einen natürlich
hohen Gehalt hat, gibt es eine einzige Ausnahmegenehmigung für Margarine, um sie ihrem
Vorbild gleichwertig zu machen.
Bei der technischen Synthese des Vitamins D2 geht man vom Ergosterol aus, welches aus
Hefe gewonnen wird, und setzt es der UV-Strahlung einer Quecksilberdampflampe aus,
wobei alle Wellenlängen außerhalb des Bandes 270–300 nm ausgefiltert werden. Das
entstehende Gemisch aus Prävitamin und Vitamin kann je nach Temperatur des Ansatzes eine
hohe Konzentration Vitamin D2 enthalten, das chromatografisch abgetrennt wird.[73] Auch bei
der Herstellung von Vitamin D3 wird von derselben Vorstufe ausgegangen, wie sie auch im
Körper vorkommt, dem 7-Dehydrocholesterol,[74] welches seinerseits durch Bromierung eines
Cholesterol-Esters mit anschließender Dehydrobromierung und Verseifung erhalten wird.[75]
16
Beide photochemischen Reaktionen werden zweckmäßigerweise in Mikroreaktoren
durchgeführt.[76]
Vitamin-D-Zufuhrempfehlungen
D-A-CH Referenzwerte der DGE, ÖGE, SGE/SVE
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat die empfohlene Aufnahmemenge für Vitamin D
im Januar 2012 erhöht.[77] Sie gibt diese nun als „Schätzwerte für eine angemessene Zufuhr
bei fehlender endogener Synthese“ an; die bis 2012 geltenden „Zufuhrempfehlungen“ wurden
ohne Berücksichtigung der Eigensynthese ausgesprochen und waren im Mittel um den
Faktor 4 geringer. Im Jahr 2012 wurden die folgenden Werte veröffentlicht:
Säuglinge (0 bis unter 12 Monaten): 10 µg/Tag (Schätzwert)
Kinder (1 Jahr bis unter 15 Jahre): 20 µg/Tag
Jugendliche und Erwachsene (15 Jahre bis unter 65 Jahren): 20 µg/Tag
Erwachsene ab 65 Jahren: 20 µg/Tag
Schwangere Frau: 20 µg/Tag
Stillende Frau: 20 µg/Tag
Zusammengefasst: Alle Personen 20 µg/Tag, Säuglinge bis 1 Jahr alt, die Hälfte dieser Dosis.
1 µg = 40 Internationale Einheiten (IE); 1 IE = 0,025 µg
Die US-Gesundheitsorganisation Institute of Medicine (IOM) untersuchte zwischen 2008 und
2010 das bis dato vorhandene Datenmaterial über Vitamin D und seine Folgen für die
menschliche Gesundheit. Ziel der Studie war es, konkrete, auf wissenschaftlichen Studien
basierte Empfehlungen bezüglich Vitamin D zu geben. Die Studie ergab, dass gesundheitliche
Vorteile über die Knochengesundheit hinaus für Vitamin-D-Werte höher als 20 μg/l
wissenschaftlich umstritten sind. Der Tagesbedarf an Vitamin D wurde damit auf nicht mehr
als 600 I.E. festgelegt, wobei die maximale tägliche Dosis auf 4000 I.E. angehoben wurde.
Die Empfehlung basiert auf dem Studium von mehr als 1000 Veröffentlichungen zu
Vitamin D und ist damit die größte Vitamin-D-Untersuchung des letzten Jahrzehnts.[78]
Supplementierung bzw. Substitution
Die generelle Empfehlung für Schwangere, Vitamin D zu substituieren, wird durch eine
Groß-Studie an 3960 Mutter-Kind-Paaren in Frage gestellt, in der der mütterliche CalciferolSpiegel nahezu keinen Einfluss auf die kindliche Knochendichte hatte[79][80].
Während der Schwangerschaft kann eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D beitragen,
das Risiko von Lebensmittelallergien bei Kindern im ersten Lebensjahr signifikant zu
senken[81]. Zudem gibt es einen Zusammenhang zwischen einer ausreichenden Vitamin-DVersorgung in der Schwangerschaft und der Muskelkraft der Kinder[82]. Vitamin D scheint die
intrauterine Muskelentwicklung zu stärken.
17
Dem allerdings widersprechen die Ergebnisse der LiNA Studie[83], die zwischen 2006 und
2008 an 622 Müttern und deren 629 Kindern durchgeführt wurde. Wurde bei den werdenden
Müttern während der Schwangerschaft und nach der Geburt ein niedriger Vitamin-D-Spiegel
im Blut nachgewiesen, so traten bei ihren zweijährigen Kindern Nahrungsmittelallergien
seltener auf als bei werdenden Müttern mit einem hohen Vitamin-D-Spiegel. Die Forscherin
Kristin Weiße folgert aus den Ergebnissen, dass ein hoher Vitamin-D-Spiegel das Risiko bei
Zweijährigen erhöht, an einer Nahrungsmittelallergie (z.B. gegen Hühnereiweiß,
Milcheiweiß, Weizenmehl, Erdnuss oder Sojabohne) zu erkranken.[84] Die Ergebnisse der
LiNA Studie werden wegen der Fokussierung auf die "ärztlich diagnostizierte
Nahrungsmittelallergie" kontrovers diskutiert. [85] Wegen gegenteiliger Ergebnisse, nämlich
vorteilhafter Beeinflussung der regulierenden T-Zellen wurde sogar ein Schutz des Kindes vor
Allergien postuliert. [86][87]
Die Beeinflussung dieses Risikofaktors Vitamin-D-Mangel durch landesweite
Supplementierung lässt in der Summe eine Reduktion der Mortalität erwarten (Hochrechnung
für Deutschland).[88] Nach einer dänischen Studie (2012) wurde hingegen die niedrigste
Mortalität bei Vitamin-D-Konzentrationen im Blutserum von 20–24 μg/l festgestellt. Höhere
Werte korrelierten überraschenderweise mit einer erhöhten Mortalität.[89] Epidemiologische
Studien über Vitamin D werden durch das Sonnenbaden der Teilnehmer in ihren Resultaten
beeinflusst.[90]
Überdosierung und Toxizität
→ Hauptartikel: Hypervitaminose D
Eine akute oder chronische Vitamin-D-Überdosierung kann zu einer Vitamin-DHypervitaminose führen. Der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der Europäischen
Kommission hat 2002 folgendermaßen zu der Sicherheit des Vitamin D3 Stellung genommen:
Eine maximale tägliche Dosis von 50 µg (2000 IE) für Jugendliche und Erwachsene
(inklusive Schwangere und stillende Mütter) und 25 µg (1000 IE) für Kinder in den
ersten 10 Lebensjahren sind von Gesunden ohne Risiko von Nebenwirkungen auch
ohne medizinische Aufsicht langfristig einnehmbar.
Diese Angabe ist zumindest für Erwachsene vorsichtig und mit einem
Sicherheitsfaktor von 2 versehen, das heißt, dass eigentlich erst bei über doppelt so
hohen Dosen Nebenwirkungen beobachtet wurden. Gemessen an den üblichen
Vitamin-D-Dosierungen scheint diese Stellungnahme für Erwachsene einen
ausreichenden Spielraum zu lassen. Bei Kleinkindern ist dieser Sicherheitsbereich
geringer.[1]
Von den meisten Autoren wird für Erwachsene eine tägliche Zufuhr bis zu 100 µg (4000 IE)
Vitamin D3 über sechs Monate als sicher angesehen, das heißt ohne nachprüfbare
Nebenwirkungen wie eine erhöhte Calciumausscheidung im Urin.[91][92]
Die Packungsbeilagen von apothekenpflichtigen Vitamin-D-Präparaten geben dagegen eine
Überdosierungschwelle zwischen 40.000 und 100.000 IE für Erwachsene an, die über ein bis
18
zwei Monate eingenommen werden müssen. Die Packungsbeilage eines Medikaments gilt
normalerweise sowohl medizinisch als auch juristisch als ausschlaggebend.[93]
Vitamin-D3-Mangel
Symptome
Aufgrund der unterschiedlichen Ursachen für Vitamin-D-Mangel gibt es eine Vielzahl an
Symptomen. Diese finden sich sowohl am Skelett- als auch am Nervensystem. Dazu kommen
noch ein paar weitere Punkte, die weder dem einen noch dem anderen System zuzuordnen
sind. Die eindrucksvollsten Symptome, die krankheitskennzeichnend sind, findet man am
menschlichen Skelett. An erster Stelle stehen hier die Skelettschmerzen und
Knochenverbiegungen, welche durch Diaphysenschäden entstehen. Des Weiteren kommt es
zu Achsenabweichungen, die durch Knieverformungen zustande kommen, und Auftreibung
bzw. Brechung der metaphysären Wachstumsfugen. Durch diese Veränderungen im
Skelettsystem entstehen klinische Bilder wie die Skoliose, der Glockenthorax, der rachitische
Rosenkranz (umschriebene Rippenschwellung an der Knorpel-Knochen-Grenze) oder die
Kyphose. Der zweite Symptomkreis beruht auf Veränderungen im Nervensystem. Hier
werden vor allem eine Neigung zur Tetanie, eine muskuläre Hypotonie und auch eine
allgemeine motorische Entwicklungsverzögerung beobachtet. Darüber hinaus können
Patienten mit Vitamin-D-Mangel epileptische Anfälle haben. Weitere Symptome sind
Herzrhythmusstörungen, die durch eine Hypokalzämie entstehen können, eine allgemein
erhöhte Infektanfälligkeit und eine Zahnfleischwucherung, die sogenannte
Gingivahyperplasie.[94]
Mangel an Sonnenlicht (UVB-Strahlung)
Die Höhe des Sonnenstands ist unter anderem ein entscheidender Faktor für die Vitamin-D3Bildung in der Haut.[42] Wird sie bei sonst guten Lichtbedingungen ganztägig so
unterschritten, dass kein Vitamin D3 mehr in der Haut gebildet werden kann, spricht man von
dem „Vitamin-D-Winter“. Zudem spielen für die Lichtintensität eine Rolle: die Bewölkung,
das Ozon, die Höhe über dem Meeresspiegel, die Beschaffenheit der Erdoberfläche usw. Ab
einer bestimmten Summe UV-B-Licht-absorbierender Faktoren ist die Lichtintensität zu
gering, um noch Vitamin D3 in der Haut bilden zu können.[95]
In den gemäßigten Breiten steigt die Vitamin-D-Bildung in der Haut mit der Höhe des
Sonnenstands exponentiell an und ist daher stark jahreszeitabhängig. Bei niedrigem
Sonnenstand mit vorwiegendem UVA-Anteil des Sonnenlichts ist die Grenze zwischen
effektiver Vitamin-D-Bildung in der Haut und Sonnenbrand schmal oder eben gar nicht
erreichbar.
Nördlich des 52. Breitengrads (London, Ruhrgebiet) und nach anderen Forschungen schon
des 42. Breitengrads (Barcelona, Norditalien) kann im Winter kein Vitamin D3 in der Haut
gebildet werden. Unterhalb des 37. Breitengrads (Los Angeles, Sizilien) sei dagegen eine
ausreichende Vitamin-D-Biosynthese sicher über das ganze Jahr möglich.[42][91][95]
Einfluss der Hautbeschaffenheit
19
Je heller die Haut, desto besser kann UV-B-Strahlung für die Vitamin-D-Bildung genutzt
werden. Menschen, die im Laufe der Ausbreitung des Menschen von Afrika in nördliche
Breiten ausgewandert sind, entwickelten helle Haut.[44] Die einzige Ausnahme bilden die
Inuit, die erst seit relativ kurzer Zeit die Arktis bewohnen und ihren Vitamin-D-Bedarf durch
die Nahrung decken (Fettfische).
Nicht angepasst sind wir an vergleichsweise sehr moderne Lebensumstände: Weitgehendes
Leben in geschlossenen Räumen, unter Glas, bei künstlichem Licht, unter einer UV-B-Licht
filternden Smogglocke, konsequente Benutzung von Sonnencreme oder weitgehend
vollständige Bedeckung der Haut mit Kleidern unter freiem Himmel. Schon im alten Rom
war die Mangelerkrankung Rachitis beschrieben worden; besonders zu den Zeiten der
beginnenden Industrialisierung im 19. Jahrhundert und Anfang des 20. Jahrhunderts – und zu
dieser Zeit insbesondere in den Industriestädten Europas und Nordamerikas – war sie weit
verbreitet.[96] In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erkannte man den Zusammenhang
zwischen Rachitis, Sonnenlicht und Vitamin D3.
Auch heute noch ist die Vitamin-D-Versorgung in vielen Ländern nicht optimal, wie
epidemiologische Untersuchungen ergeben haben.[91][97] Je nach Risikogruppe kann der
Mangel auch in Deutschland beträchtlich sein: So wurde in der EsKiMo-Studie (Teilstudie
der KiGGS-Studie des Robert-Koch-Instituts) bei sechs- bis elfjährigen Kindern, für die
aufgrund ihres Größenwachstums Vitamin D (und Calcium) besonders wichtig sind, ein
Defizit an zugeführtem Vitamin D ermittelt:[68] Die durchschnittliche Aufnahme für Kinder in
Deutschland lag bei 1,5 µg Vitamin D pro Tag, während die deutsche Gesellschaft für
Ernährung (DGE) 10 µg in ihren Leitlinien empfiehlt (siehe Kapitel Vitamin D3 in
Nahrungsmitteln weiter oben). Eine zu geringe Vitamin-D-Versorgung spiegelt sich auch in
den in KIGGS erfassten Serumwerten von 25(OH)Vitamin D3 wider.[98]
Wenn Menschen mit dunkler Haut heute in höheren Breiten leben, vergrößert sich ihr Risiko
für einen Vitamin-D-Mangel zusätzlich. Besonders während der Schwangerschaft kann der
Mangel entstehen. Die Supplementation von Vitamin D in der Schwangerschaft kann wegen
des hohen Bedarfs unzureichend sein. Einen Mangel fanden Lisa Bodnar und Kollegen in
einer Studie bei 80 Prozent der Afroamerikanerinnen und knapp der Hälfte der weißen USamerikanischen Frauen, und dies, obwohl neun von zehn der insgesamt 400 Schwangeren
eine Vitamin-Supplementation betrieben.[99]
Trotz eines im Mittel niedrigeren Vitamin-D-Spiegels bei Afroamerikanern ist deren
Knochendichte durchschnittlich höher und das Risiko osteoporotischer Frakturen niedriger als
bei weißen Amerikanern. In einer amerikanischen Kohortenstudie mit über 2000
Teilnehmern, zur Hälfte aus beiden Ethnien, fand sich ein mittlerer 25-OH-Vitamin-DSpiegel von 15,6 ng/ml bei den Afroamerikanern und von 25,8 ng/ml bei den weißen
Amerikanern. Auch das Vitamin-D-bindende Protein (VDBP) war bei Afroamerikanern mit
mittleren 168 µg/ml gegen 337 µg/ml deutlich niedriger, während das freie und bioverfügbare
25-OH-Vitamin D mit 2,9 ng/ml gegen 3,1 ng/ml bei beiden Ethnien identisch war und die
Afroamerikaner eine signifikant höhere Schenkelhals-Knochendichte von mittleren 1,05
g/cm² gegen 0,94 g/cm² aufwiesen. Dabei können die drei Phänotypen des VDBP, die in
beiden Ethnien sehr unterschiedlich verteilt sind, fast 80% der Variationen des VDBPSpiegels und 9,9% der Variationen des Vitamin-D-Spiegels erklären, während die Ethnie für
weitere 0,1% bzw. 7,3% der Variationen verantwortlich ist, und die saisonalen
Veränderungen weitere 10,5% der Vitamin-D-Variationen erklären können. Somit lassen sich
die angegebenen Grenzwerte nur eingeschränkt auf nichtweiße Ethnien übertragen.[100]
20
Laborwerte
Die Bestimmung des Vitamin-D3-Spiegels im Blutserum reflektiert nur die Vitamin-DAufnahme mit der Nahrung bzw. die Eigensynthese in der Haut während der letzten Stunden
bis Tage. Für eine Untersuchung des längerfristigen Vitamin-D-Status ist die Bestimmung des
25(OH)Vitamin-D3-Spiegels im Blut, in das das Vitamin D3 in der Leber rasch umgewandelt
wird (siehe oben), sinnvoller. Die Halbwertszeit des 25(OH) Vitamin D3 in der
Blutzirkulation ist je nach Vitamin-D-Gesamtstatus 1–2 Monate. Bis sich nach einer
Änderung der täglichen Vitamin-D-Zufuhr ein neues Fließgleichgewicht mit einem dann
wieder stabilen Serumwert einstellt, vergehen bis zu vier Monate.[1]
Das 25(OH)D3 lässt sich seit Anfang der 1980er Jahre bestimmen und ermöglichte ein
weitergehendes Verständnis für die Physiologie des Vitamin D3. Die Angabe der Meßwerte
erfolgt entweder in Gewichts- oder molaren Konzentrationseinheiten, wobei 1 ng/ml etwa
2,5 nmol/l entspricht.
Bewertung des 25(OH)Vitamin-D3-Spiegels
Spirale von ausreichender Vitamin-D-Versorgung bis zur klinisch manifesten Rachitis
(nach[44])
Menschen aus südlichen Ländern, die viel der Sonne ausgesetzt sind und ihre Haut nicht
komplett bedecken, haben häufig Serumkonzentrationen von 50 bis 90 ng/ml.[91] Bei den noch
ursprünglich lebenden Massai und Hadza wurde ein mittlerer 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel von
46 ng/ml gemessen.[101]
Ab einer Serumkonzentration von unter 30 ng/ml kompensiert der Körper mangelnde
Vitamin-D-Wirkungen auf den Calciumhaushalt mit einem erhöhten Parathormon (s. u.). Die
Calciumabsorption im Darm ist im Wesentlichen von der aktiven Form
1α,25(OH)2Vitamin D3) beeinflusst und unabhängig vom 25 (OH) Vitamin-D3 Spiegel.[102]
Ältere Studien hatten angenommen, dass die Calciumabsorption im Darm ab einem
25(OH)Vitamin-D3-Spiegel unter 30 ng/ml gebremst wird.[103]
Die Definition des Vitamin-D-Mangels anhand des 25-OH-Vitamin-D-Spiegels ist weiterhin
kontrovers und das amerikanische Institute of Medicine benennt weiterhin als unteren
Grenzwert 20 ng/ml.[104] Andere gehen von folgender Bewertung der Serumkonzentration für
25(OH)D3 aus:
21







Werte unter 11 ng/ml bedeuten eine ernste Rachitisgefahr für Kleinkinder und
Säuglinge sowie eine Osteomalaziegefahr für den Erwachsenen.
Werte unter 20 ng/ml bedeuten einen langfristig relevanten Vitamin-D-Mangel (auch
wenn eine manifeste Rachitis oder Osteomalazie nicht zwangsläufig auftritt).
Werte zwischen 20 und 30 ng/ml bedeuten einen relativen Mangel („Insuffizienz“).
Werte zwischen 30 und 60 ng/ml bedeuten eine physiologisch sicher ausreichende
Versorgung.
Werte über 88 ng/ml bedeuten eine Vitamin-D-Überversorgung.
Werte über 150 ng/ml bedeuten eine Vitamin-D-Intoxikation.[44][91]
Werte über 280 ng/ml führen zu ernsthaften Störungen in der Calciumhomöostase.[92]
Bezüglich dieser Normwerte differieren die Literaturangaben. In der sechsten Auflage des
Buches Labor und Diagnose werden folgende Referenzbereiche für Vitamin D 25 OH
genannt: Alter bis 50 Jahre: 50 bis 175 nmol/l (20 bis 70 ng/ml), Alter ab 50 Jahre: 63 bis
175 nmol/l (26 bis 70 ng/ml).[105]
Der Blutspiegel wird über einen weiten Dosisbereich täglicher Vitamin-D-Zufuhr von 20 µg
(800 IE) bis 250–500 µg (10.000–20.000 IE) bei Erwachsenen in einem Bereich von 30 bis
88 ng/ml gehalten und steigt erst bei noch höherer Zufuhr an. Diese obere Grenze (20.000 IE)
entspricht der maximalen täglichen Bildung des Vitamin D3 in der Haut.[1]
Häufigkeit niedriger 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel
Je nach Jahreszeit, geografischer Breite, Nahrungsgewohnheiten, Bevölkerungsgruppe und
Lebensstil fällt der 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel in Bereiche, bei denen man von einem
Vitamin-D-Mangel ausgehen muss. Niedrige Vitamin-D-Spiegel sind ein unabhängiger und
langfristiger Risikofaktor für eine Reihe von Krankheiten (Krebserkrankungen,
Autoimmunerkrankungen, Infektanfälligkeit, brüchigere Knochen). Da (wie oben erklärt) ein
niedriger Vitamin-D-Spiegel zivilisationsbedingt ist, ist er zwar oft normal, aber deshalb noch
nicht gesund. Folgende Werte fanden sich in verschiedenen Studien:
Ort
geogr.
Breite
Gruppe, Alter
Sommer /
Herbst
(ng/ml ± SD)
Winter /
Frühjahr
Ref.
(ng/ml ± SD)
Miami (Florida)
26°
über 18. Lj.
26,8 ± 10,3
(Männer)
25,0 ± 9,4
(Frauen)
Boston
(Massachusetts)
43°
weiße Frauen 20.–
40. Lj.
34,2 ± 13,2
24,0 ± 8,6
[91]
Boston
(Massachusetts)
43°
schwarze Frauen
20.–40. Lj.
16,4 ± 6,6
12,1 ± 7,9
[91]
Paris
49°
männliche
23,4 ± 8,0
8,2 ± 2,8
[91]
22
23,3 ± 8,4
[91]
Jugendliche
Calgary (Alberta)
51°
27.–89. Lj.
28,6 ± 9,4
22,9 ± 8,5
[91]
Paris wurde als Vertreter mitteleuropäischer Verhältnisse bezüglich geografischer Breite,
Nahrungsgewohnheiten und Supplementation in die Tabelle aufgenommen. Hier fällt
insbesondere der äußerst niedrige Wert im Winter auf. Zu bedenken ist jedoch u. a. die
Reduktion der UV-Strahlung durch Smog.
Die Auswirkung unterschiedlicher Hautpigmentierung wird am Beispiel aus Boston deutlich.
Geschichte
Die Entdeckung von Vitamin D ist mit der Suche nach einem Heilmittel für Rachitis
verknüpft.[106] Im Jahre 1919 konnte gezeigt werden, dass die Heilung von Rachitis durch
Bestrahlung mit künstlich erzeugtem UV-Licht möglich ist,[107] zwei Jahre später wurde dies
ebenfalls durch die Bestrahlung mit normalem Sonnenlicht nachgewiesen.[108] Unabhängig
von diesen Erkenntnissen war etwa zeitgleich der britische Arzt Sir Edward Mellanby davon
überzeugt, dass Rachitis durch ein Ernährungsdefizit ausgelöst werde und konnte ebenfalls
1919 an Experimenten mit Hunden zeigen, dass Rachitis durch Butter, Milch und
insbesondere Lebertran geheilt werden konnte. Er hielt daraufhin das erst kurz zuvor in
Lebertran entdeckte Vitamin A für den auslösenden Faktor. Es war bekannt, dass Vitamin A
durch Oxidation zerstört wird. Lebertran verliert deshalb nach oxidativer Behandlung die
Fähigkeit, Nachtblindheit zu heilen. So behandelter Lebertran war jedoch weiterhin in der
Lage, Rachitis zu kurieren. Der Chemiker Elmer Verner McCollum (in Zusammenarbeit mit
dem Kinderarzt John Howland) schloss daraus, dass ein weiterer Stoff, unabhängig vom
bekannten Vitamin A, für diese Wirkung verantwortlich war.[109] Als das vierte gefundene
Vitamin (nach den Vitaminen A, B und C) wurde es daraufhin „Vitamin D“ genannt.
Es gibt eine Initiative, den 2. November zum Vitamin-D-Tag zu erklären und damit darauf
hinzuweisen, wie groß das Vitamin-D-Mangel-Problem weltweit ist.[110]
Siehe auch



Calcitriol für die Wirkungen des aktivierten Vitamin D
Ergocalciferol
Hypovitaminose (Unterversorgung), Hypervitaminose (Überversorgung)
Literatur



J. Haas: Vigantol – Adolf Windaus und die Geschichte des Vitamin D. Stuttgart 2007.
ISBN 3-8047-2223-7
Birte Hintzpeter: Vitamin D Status in Germany: Prevalence of Vitamin D Deficiency,
Determinants and Potential Health Implications. Der Andere Verlag,
Tönning/Lübeck/Marburg 2008, ISBN 978-3-89959-782-0
A.S. Dusso, A.J. Brown, E. Slatopolsky: Vitamin D. In: American journal of
physiology. Renal physiology (Am J Physiol Renal Physiol). Bethesda MD (289)
2005,1 (Jul), F8–28 (Review). PMID 15951480 ISSN 1931-857X
23


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Vortrag mit 140 wiss. Grafiken: Schwangerschaft und Vitamin D (Download-Option
12 MB)
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dieses Stoffes für die Einstufung von Zubereitungen herangezogen werden,
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