Wenn wir aus unserem Leben erzählen, hat das oft einen der folgenden Gründe/inneren Impulse: Verarbeiten von Alltagserfahrungen (sich mit Unbekanntem vertraut machen, Identität schaffen) - Ein lebensgeschichtliches Gespräch kann als Akt der Lebensgestaltung verstanden werden. Es schafft Ordnung, stiftet Sinn und hat für jeden eine individuelle Bedeutung. Inneres Ziel: Sich als Träger der Erfahrungen empfinden, Integration ins Selbstbild und in die eigene Lebensgeschichte Verwandeln und Gestalten (Unterstützung bei notwendigen entwicklungsbedingten Anpassungen) - Ein lebensgeschichtliches Gespräch gibt das augenblickliche Verständnis eines Menschen von sich und der Welt wieder. Inneres Ziel: Sich selbst ernst nehmen, sich mit den Ecken und Kanten des Lebens beschäftigen. Sich aussöhnen. Bewältigen von Ausnahmesituationen (Integration belastender Lebensaspekte) Ein lebensgeschichtliches Gespräch schafft den Raum, belastende Erfahrungen mit Hilfe von Geschichten neu- oder umzuschreiben. Dadurch können mehr oder weniger traumatische Situationen in einem anderen Licht gesehen und neue Entwicklungen angedeutet werden. Inneres Ziel: Das eigene Leben »bearbeiten« und Krisen verstehen lernen Zugang zu verschütteten Erlebnissen ( Verstehen, Reparieren) - Mit Hilfe lebensgeschichtlicher Gespräche können die weißen Flecken auf der Landkarte der Lebens-Erfahrungen Farbe gewinnen. Inneres Ziel: Verborgene Lebensfäden sichtbar machen, alte Kraftquellen erschließen. Verdrängtes aufarbeiten/in einem sicheren Rahmen durcharbeiten. Zurückblicken und Abrunden (Bewusstwerden einzelner Lebensstationen, »Ernte einbringen«, Sinn finden) - Im Erzählen der eigenen Lebens-Geschichte kann die Chance liegen, sich mit der Vergangenheit auszusöhnen und seinem Leben Sinn zu geben. Inneres Ziel: Dem eigenen Leben ein Motto, einen Bogen geben. Spuren suchen, die man hinterlassen hat. Sich annehmen, so wie man geworden ist Quelle: Monika Specht-Tomann: Biografiearbeit in der Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege. Springer Verlag, 2009 Bedeutung und Art erzählter Geschichten Wissensbildung: In »Kontingenzgeschichten« werden neue Erfahrungen in bereits bestehendes Wissen integriert Selbstrechtfertigung/Selbstschutz: Barbara Pachl-Eberhart – Meine Geschichte und ich In »Rechtfertigungsgeschichten« werden schuldhafte Verstrickungen und problematische (Mit)Verantwortungsthemen implizit oder explizit zurückgewiesen Entlastung: In »Geständnisgeschichten« kann belastendes persönliches Handeln dargestellt und verarbeitet werden Selbsterhöhung/Idealisierung: In »Heldengeschichten« werden positive Aspekte der eigenen Person oder der für die eigene Identität wichtigen Bezugsgruppen her- vorgehoben Abfuhr von Aggression: In »Aggressionsgeschichten« kommt Kritik an anderen Menschen und deren sozialem Umfeld zum Ausdruck Angstverarbeitung/Angstreduktion: In »Verarbeitungsgeschichten« werden aktuelle Ängste und Nöte thematisiert, wobei passiv Erlittenes im Erzählen aktiv (um)gestaltet wird Heilende Kraft: In »heilenden Geschichten« können durch ein Reaktivieren traumatische, negative oder belastende Lebenssituationen einer Bewältigung zugeführt werden Wunscherfüllung: In »Wunschgeschichten« wird Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges in freier Gestaltung entsprechend den eigenen Wünschen und Sehnsüchten dargestellt Erwartungen an die Zukunft: In »Zukunftsgeschichten« lassen sich persönliche Ziele, Ideen, Vorstellungen und Hoffnungen entwickeln – manchmal auch ohne den Anspruch auf deren Realisierung Quelle: Monika Specht-Tomann: Biografiearbeit in der Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege. Springer Verlag, 2009 Barbara Pachl-Eberhart – Meine Geschichte und ich Was in unserem Inneren passiert, wenn wir aus unserem Leben erzählen: Die innere Bilderwelt vergangener Jahre wird lebendig Vergangene Gefühlszustande werden wiederbelebt. Gefühle können noch einmal – oder endlich – angemessen nachgeholt und durchlebt werden Wir selbst gestalten, wählen die Form und die Akzente, entscheiden, was wichtig ist. Wir akzentuieren Gut und Böse, ordnen die Welt und unser Erleben nach unseren Werten Wir werden und unserer gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Wurzeln bewusst und verstehen, warum wir in unserer Zeit geworden sind, was wir sind, warum manches nicht und manches leicht ging und manches nicht hinterfragt wurde. Es öffnen sich Türen zu Verdrängtem Im Erzählen dürfen wir Bedeutsamkeit und Wertschätzung erleben (nachholen) – durch die Gegenwart des Zuhörers, der „trotz allem dableibt“ Unser Leben bekommt Ordnung, wir werden uns unserer Lebensstationen bewusst. Quelle: Monika Specht-Tomann: Biografiearbeit in der Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege. Springer Verlag, 2009 Barbara Pachl-Eberhart – Meine Geschichte und ich Wer ich bin von Frau B. Frau B. – eine stattliche Frau Frau B. – Mutter von drei Kindern Frau B. – Großmutter von fünf Enkelkindern Frau B. – Witwe nach langer glücklicher Ehe Frau B. – einziges Mädchen in einem Geschwisterverband von 4 Brüdern Frau B. – die Dorfschönheit Frau B. – kein »Kind von Traurigkeit« Frau B. – erfindungsreiche Essensbeschafferin in Kriegszeiten Frau B. – immer in Sorge um Mann und Brüder in der Kriegszeit Frau B. – eine Frau, die mit ihren Näh- und Strickarbeiten die Familienkasse aufbesserte Frau B. – eine Frau mit dem berühmten »grünen« Daumen Frau B. – Kennerin von zahlreichen Hausmitteln Frau B. – die Frau mit einem »großen Herz« Frau B. – ein Mensch, der seinen Glauben »verloren« hat Quelle: Monika Specht-Tomann: Biografiearbeit in der Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege. Springer Verlag, 2009 Barbara Pachl-Eberhart – Meine Geschichte und ich