Medienrohstoff_Wert_Gesundheitsdaten_0813

Werbung
Medienrohstoff
Den Wert von Gesundheitsdaten ausschöpfen
Gesundheitsinformationen werden heute in Arztpraxen und Spitälern aufbewahrt. Sie
werden kaum ausgetauscht und können so auch nicht ihren Nutzen entfalten, da nur
vollständige Informationen ein gutes Bild über den Zustand eines Patienten geben würden.
Auch die klinische Forschung wird durch das jetzige Datenmanagement behindert. Vorallem
aber erhält der Patient selber nur mühsam Zugriff auf seine eigenen Krankenakten. Cloudbasierte Gesundheitsdatenbanken könnten bei diesen Problemen Abhilfe schaffen und
gleichzeitig Prävention und Personalisierte Medizin voranbringen.
Blutwerte & Co. sind verstreut
Ein Patient, der in diesen Tagen seine Röntgenbilder anschauen will, sucht seinen Hausarzt auf.
Gegen ein Entgelt erhält er dort eine Kopie seiner Bilder. Will der Hausarzt wiederum den
Operationsbericht seines Patienten studieren, ist er darauf angewiesen, dass das Spital den
Bericht zustellt. Der klinische Forscher derweil, muss die Probanden für jede seiner Studien
mühsam rekrutieren und dafür notwendige Untersuchungen selbst durchführen, anstatt auf
bestehende Testresultate zurückgreifen zu können.
Heute bleiben Gesundheitsdaten meist dort, wo sie generiert wurden und werden ausschliesslich
für den ursprünglich festgelegten Zweck eingesetzt. Wer z.B. eine Studie zu Nebenwirkungen
eines neuen Medikaments plant, muss für die informierte Einwilligung seiner Probanden das
Schicksal deren Messwerte vorher genau festlegen. Mehrfachgebrauch von Daten oder deren
Einsatz in unvorhergesehenen Fragestellungen ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Konsequenzen der Datenjagd
Es gehen viele Mühen mit der Beschaffung von schon bestehenden Untersuchungsergebnissen,
Medikamentenverschreibungen und Allergiereaktionen einher. Das führt zu
Doppeluntersuchungen, ineffizienter Forschung und steigenden Gesundheitskosten. Darüber
hinaus verhindert das heutige Datenmanagement, dass die Qualität von Gesundheitsdaten
optimal genutzt werden kann. «Medizinische Entdeckungen bauen auf die Fähigkeit, persönliche
Daten zu Patientenbehandlungen und –Resultaten sammeln und auswerten zu können», so
schreibt die Europäische Allianz für personalisierte Medizin im Bericht der Irish Presidency
Conference 2013. Gesetzgebung und Speicherfragmentierung verhindern im Moment noch das
Verein Daten und Gesundheit, www.datenundgesundheit.ch, [email protected]
2
Auswerten von Patienteninformationen im grossen Stil – und somit auch mögliche medizinische
Erkenntnisdurchbrüche.
Der Patient als Dreh- und Angelpunkt
Wollen wir das ändern, muss die Datenbremse gelöst werden. Um die Zirkulation von
Informationen zu erleichtern, ist es „notwendig, die Einzelgebrauch-Datensilos aufzubrechen“,
wie der Konferenzbericht von 2013 festhält. Da die Daten grundsätzlich dem Patienten gehören,
könnte man ihn zum Dreh- und Angelpunkt seiner Krankendokumentation setzen. In Zukunft
entschiede der Patient, wem er seine Daten in welchem Umfang offenlegen wollte.
Der amerikanische Kardiologe Eric Topol hat sich in seinem Buch «Creative Destruction of
Medicine» viele Gedanken gemacht, wie die digitale Revolution ein besseres Gesundheitssystem
schaffen könnte. Er schreibt: «Patienten-zentrierte Gesundheitsakten bieten ein möglicherweise
leistungsfähiges Instrument, um die Patientenversorgung ebenso zu verbessern, wie deren
Fähigkeit, ihre eigenen Gesundheitsdaten zu kontrollieren.»
Lifestyledaten aus Gesundheitsapps
Bisher sind wir davon ausgegangen, dass vor allem Kranke über interessante und
weiterverwendbare Daten verfügen. Im digitalen Zeitalter ist dem nicht mehr so: Jeder
gesundheitsbewusste und körperinteressierte iPhone-Besitzer hat heute Zugang zu Apps, die
beispielsweise Blutdruck oder Gewicht aufzeichnen. In Zukunft werden wir mit Hilfe von
Sensoren ununterbrochen unsere Körperfunktionen messen können – sogar während dem
Schlaf und grossen Stressphasen. Um dem Patienten und dem Gesunden eine Möglichkeit zu
geben, seine Daten sicher aufzubewahren, muss ein Ort geschaffen werden, der den einzelnen
Datenbesitzer schützt. Damit könnte ein Umfeld geschaffen werden, in dem Solidarität in Form
von Data-Sharing gefördert und Diskriminierung durch Datenmissbrauch verhindert wird.
Cloud-basierte Gesundheitsdatenbank versammelt Big Data
Technisch ist es heute möglich, alle patientenbezogenen Akten in digitalisierter Form auf einer
Online-Plattform abzuspeichern. Die Europäische Allianz für Personalisierte Medizin zieht die
Möglichkeit in Betracht «verschlüsselte Daten auf einer zertifizierten Cloud-Plattform zu
analysieren und verschieben». Künftige Gesundheitsdatenbanken könnten genau dieses Prinzip
anwenden: Der Patient eröffnet ein virtuelles Konto, wo er für die Dauer seines Lebens alle Daten
von seinen Gesundheitsdienstleistern abspeichern lässt. Visuelle Dateien (etwa MRI-Bilder),
schriftliche Berichte und sogar komplette Genomanalysen – alle Datentypen- und Sätze werden
darin integriert. Zum Konto hat der Patient jederzeit Zugriff und er entscheidet über
Transaktionen von Dritten.
Auf den Patienten zugeschnittene Therapien
Bei Zustimmung des Datenbesitzers können Forscher Zugriff auf Datensätze erhalten. Wenn
gleichzeitig viele Tausende von Patienten die Wissenschaft mit ihren Daten unterstützen wollen,
könnte die grosse Menge an Daten dazu beitragen, individuelle Faktoren zu ermitteln, welche
Krankheiten begünstigen oder die Gesundheit stärkt: Eine auf die Patienten zugeschnittene
Medizin wird möglich. «Die Medizin von heute vertraut auf den Mittelwert, während sie in der
unmittelbar bevorstehenden Zukunft im Individuum verankert sein kann und wird», schreibt
Eric Topol. Nicht nur Therapien, auch Präventionsmassnahmen könnten dadurch passgenauer
gestaltet werden. «Wenn einmal der Grund für eine Krankheits-Anfälligkeit auf individueller
Verein Daten und Gesundheit
3
Ebene geklärt ist, können viele Vorgehensweisen wie z.B. das Impfen genutzt werden, um zu
verhindern, dass die Krankheit überhaupt je ausbricht», so Eric Topol. Ausserdem liesse sich die
Plattform zur Bevölkerungsbeobachtung einsetzen, erste Anzeichen von anrollenden Epidemien
könnten damit aufgedeckt werden.
Algorithmen machen Rohdaten zu Entscheidungshilfen
Riesige Datenmengen würden sich auf den Konti ansammeln, wenn erst Sensordaten und die
Informationen von Gesundheitsapps zusammen mit den Patientenakten in die Patientenkonti
integriert würden. Durch den umfassenden Blick auf das Individuum käme man dem Ziel der
Europäischen Wissenschaftsvereinigung (ESF) näher, das diese in ihrem Bericht von 2012
„Personalisierte Medizin für den Europäischen Bürger“ festgehalten hat: „Es muss dafür gesorgt
werden, dass Gesundheitsdaten kontextualisiert sind mit Hilfe von Umfeld- und
Lifestyleinformationen.“ Um aber die Rohdatenberge in Griff zu bekommen, könnten sich
Algorithmen als sehr nützlich erweisen. Gemäss Eric Topol sei sogar denkbar, dass solche
Rechenvorgänge in Zukunft „Hilfestellung oder sogar Grundlage für die ärztliche
Entscheidungsfindung bieten“.
Rebecca Knoth, August 2013
Medienanfragen:
Mathis Brauchbar: 079 407 9362
[email protected]
Verein Daten und Gesundheit
Herunterladen