Peirce Kategorien http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie_(Philosophie) …entwickelte Peirce eine Kategorienlehre, die sich nicht wie bei Kant mit den Arten der Erkenntnis, sondern mit Erscheinungsweisen des Seins befasst und die Grundlage seiner Zeichenlehre bildet. Die Kategorien von Peirce können nicht mit Logik beschrieben, sondern nur phänomenologisch untersucht werden. Sie sind in jedem Phänomen enthalten und daher universal. Begrifflich unterschied Peirce rein formal Erstheit, Zweitheit und Drittheit als Formen, in denen alles, was ist, sich widerspiegelt: • Erstheit ist das Sein von etwas ohne Bezug auf etwas anderes. Es ist das Sein an sich, das als reine Möglichkeit besteht (z. B. Röte als Möglichkeit); • Zweitheit ist die Bestimmung des hier und jetzt von etwas Seiendem (der Gegensatz zweier noch unreflektierter Gefühle); • Drittheit ist das Prinzip, das hinter den Dingen steht, die mit der Erscheinung verbundene Gesetzmäßigkeit (z. B. dass eine Tür zu öffnen ist, dass ein Tisch eine Ablagefläche hat, der Algorithmus des Computerprogramms). Möglichkeit = Aktualität = Notwendigkeit = Erstheit Zweitheit Drittheit Ähnlich verhält es sich mit den Relationen Qualität (1), Tatsache (2) und Verhalten bzw. Gesetz (3) sowie mit den Begriffen Gegenstand (1), Relation (2) und Repräsentation (3) Die Triade war für Peirce eine grundlegende Perspektive auf alle Phänomene. Die Kategorien sind zwar gedanklich unterscheidbar, aber sie sind nicht separierbar. Sie sind jeweils alle in jedem Gedanken enthalten und nur in einem langen Prozess der Aneignung mit Klarheit zu erfassen. Dementsprechend gibt es von Peirce immer wieder Texte verschiedener Annäherung an die Kategorien. http://de.wikipedia.org/wiki/Triade_(Philosophie) 1 Bewusstsein: Peirce' Auffassung vom Bewusstsein knüpft eng an die Kategorienlehre an. Er versuchte dabei, die bisherige Unterscheidung des Geistes in der Philosophie (auch bei Kant) in die drei Teile Gefühl (Lust und Schmerz), Willen (Willenskraft und Verlangen) sowie Wissen (Erkenntnis) auf eine wissenschaftlichere, auch für die Psychologie geeignete Grundlage zu stellen. Erstheit: Die Erscheinung von Erstheit im Bewusstsein ist das reine Gefühl oder die GefühlsQualität, das Gefühl des unmittelbaren Bewusstseins ohne Bezug auf etwas anderes. Man kann es als die unanalysierte Erscheinung aller Qualitäten in einem Moment beschreiben: Der nicht-analysierte Gesamteindruck, der durch irgendeine Mannigfaltigkeit hervorgerufen und nicht als aktuales Faktum, sondern einfach als Qualität, als einfache positive Möglichkeit der Erscheinung gedacht wird, ist eine Idee der Erstheit. (S&S 25) Zweitheit Die Erscheinung der Zweitheit im Bewusstsein, die Peirce „Altersense“ nannte, ist die Konfrontation mit dem Anderen, ist das Bewusstsein des Hier und Jetzt. Zur Zweitheit im Bewusstsein zählen Sinnesempfindungen als lebendige Erfahrungen. Ebenso gehört hierzu der Wille oder Wunsch als Empfindung ohne die Reflexion auf das Gewünschte. Die Zweitheit ist die Erfahrung der Dualität. Ebenso wie die Erstheit wird hier noch vom Denken abstrahiert. Weder das reine Gefühl auf der Ebene der Erstheit noch die Empfindung des Gegenüber, des Anderen auf der Ebene der Zweitheit lassen sich konkret in Begriffe fassen. Drittheit Sobald dies geschieht, bewegt man sich in der Ebene der Drittheit, die die Ebene der Gedanken ist. Zweitheit kann vorwiegend aktiv sein, dann dominiert die Empfindung des Willens. Ist sie hingegen vorwiegend passiv, dann dominieren die Sinnesempfindungen. Die Erscheinung der Drittheit im Bewusstsein bezeichnete Peirce als „Medisense“, in der die Beziehung zu einem Objekt repräsentiert wird. Hierzu zählen das Denken, das Lernen, das Gewahrsein von etwas Drittem. Dieser Modus des Gewahrseins führt bei genügender Wiederholung zu Verhaltensgewohnheiten. Es gibt keine anderen Formen des Bewusstseins als die drei, die erwähnt worden sind, Gefühl, Altersense und Medisense. Sie bilden eine Art System. Gefühl ist der momentan gegenwärtige Inhalt des Bewusstseins in seiner ursprünglichen Einfachheit, unabhängig von irgendetwas anderem. Es ist Bewusstsein in seinem ersten Stadium und könnte „Primisense“ genannt werden. „Altersense“ ist das Bewusstsein von einem unmittelbar anwesendem Anderen oder zweiten, das uns widersteht. „Medisense“ ist das Bewusstsein einer Drittheit oder eines Mediums zwischen Primisense und Altersense und führt vom ersteren zum letzteren. Es ist das Bewusstsein von einem Prozess, bei dem etwas vor den Geist gebracht wird. Gefühl oder Primisense ist das Bewusstsein von Erstheit; Altersense ist das Bewusstsein der Andersheit oder Zweitheit; Medisense ist das Bewusstsein von Mitteln oder Drittheit. Vom 2 „Primisense“ gibt es nur eine Art. „Altersense“ hat zwei Arten, Sinnesempfindung und Willen. „Medisense“ hat drei Arten, „Abstraktion“, „Suggestion“ und „Assoziation“ (CP 7.551). Selbstbewusstsein ist für Peirce überwiegend dem Bereich des Altersense zuzuordnen, da dieses so etwas wie das Wahrnehmen des Selbst ist. Im Selbstbewusstsein treten sich die Empfindung des Ego, das wir kontrollieren können, und des unkontrollierbaren Non-Ego (Objekt) gegenüber. Aus der allgemeinen Masse des Bewusstseins, das noch frei von jeder deutlichen Bestimmung ist, löst sich plötzlich eine etwas bestimmtere Idee – das „Objekt“ oder das „Nicht-Ich“ – wie ein Kristall aus einer Lösung und „wächst“ wie ein „Kristall“, während der Rest des Bewusstseins – die Mutterlösung sozusagen -, das „Ich“, sich scheinbar, wie es gewesen ist, seiner neuen Geburt als „seine“ eigene rühmt, blind gegenüber der noch unterentwickelten Anregung, die als Nukleus vorhanden gewesen sein muss. (MS 681, 12/13). Wahrnehmung: Wir haben kein Vermögen, ohne Zeichen zu denken. (CP 5.265). Diese Grundannahme der gesamten Philosophie von Peirce ist so auch Ausgangspunkt für seine Theorie der Wahrnehmung: Wahrnehmung findet durch eine Umwandlung von Sinneseindrücken statt und ist deshalb niemals unmittelbar. Klassisches Beispiel dafür, dass Wahrnehmungen falsch gedeutet werden können, sind die Sinnestäuschungen. Peirce verwendet das Beispiel des blinden Flecks auf der Netzhaut. Trotz dieser Eigenschaft erscheinen Gegenstände als vollständige Bilder. Peirce unterscheidet das Wahrgenommene (Perzept) und das Wahrnehmungsurteil. Mit einem Wahrnehmungsurteil meine ich ein Urteil, das in der Aussageform behauptet, welche Beschaffenheit eines Perzepts dem Geist unmittelbar gegenwärtig ist. (CP 5.54) Dabei muss ein Wahrnehmungsurteil nicht in Form von Sprache erfolgen, sondern kann z. B. auch diagrammatisch sein (z. B. die Vorstellung (concept) eines Dreiecks). Das Wahrgenommene ist das Zeichen, das zwischen dem Objekt und dem Wahrnehmungsurteil steht. Der Zugang zu den Objekten erfolgt immer durch die Abbildung des Perzeptes als Zeichen. Das Zeichen hat die Form eines sinnlichen Eindrucks, also eines Bildes, eines Klangs etc. Ein Zeichen oder Repräsentamen ist alles, was in einer solchen Beziehung zu einem Zweiten steht, das sein Objekt genannt wird, dass es fähig ist ein Drittes, das sein Interpretant genannt wird, dahingehend zu bestimmen, in derselben triadischen Relation zu jener Relation auf das Objekt zu stehen, in der es selbst steht. (MS 478). Das Perzept wird als etwas interpretiert (ikonisches Zeichen). Ein Ton kann eine Stimme sein, das Klingeln eines Telefons oder der Klang eines Radios. 3 Das Perzept als Zeichen ist ein so genanntes indexikalisches Zeichen (vgl. unten), das heißt es ist bestimmt zu seiner Relation zum Objekt, wie z. B. der Rauch zum Feuer. Das Wahrnehmungsurteil selbst, also der Rauch als Begriff, ist der Interpretant der Wahrnehmung (des Perzepts). Die Form des Schlusses bei einem Wahrnehmungsurteil nannte Peirce Abduktion: Abduktion ist der Vorgang, in dem eine erklärende Hypothese gebildet wird. (CP 5.171). Indem wir eine Wahrnehmung haben, nehmen wir an, dass es sich um einen bestimmten Gegenstand handelt. Die Form der Folgerung ist dann folgende: Die überraschende Tatsache C wird beobachtet; aber wenn A wahr wäre, würde C eine Selbstverständlichkeit sein; folglich besteht Grund zur Vermutung, dass A wahr ist. (CP 5.189). Wenn man einen grauen Schleier in der Luft sieht, kann es sich um Nebel handeln, aber auch um Rauch. Indem man diesen grauen Schleier sieht und schließt, dass es sich um Rauch handelt (z. B. aufgrund der Form oder weil rund herum die Sonne scheint), fällt man ein Wahrnehmungsurteil. Wahrnehmungsurteile sind eine extreme Form der Abduktion, weil sie in aller Regel unbewusst und weitgehend unkontrolliert ablaufen und weil man sie aufgrund der immer aktiven Sinne nicht verneinen kann. Je öfter sich wiederholende Wahrnehmungsurteile bestätigen, um so mehr werden sie als wahr verinnerlicht und dann zu Denk- und Verhaltensgewohnheiten. Erkenntnistheorie In seiner Erkenntnistheorie brach Peirce mit der Vorstellung, dass das Subjekt der Maßstab für Erkenntnis ist, wie es seit Descartes und bis hin zu Kant gegolten hatte. Einstweilen wissen wir, dass der Mensch keine Ganzheit ist und dass er wesentlich ein mögliches Mitglied der Gesellschaft ist. Insbesondere ist die Erfahrung eines Menschen, solange sie alleine steht, nichts. Wenn er etwas sieht, was andere nicht sehen können, nennen wir es Halluzination. Es ist nicht „meine“ Erfahrung, sondern „unsere“ Erfahrung, an die zu denken ist; und dieses „wir“ hat unbegrenzte Möglichkeiten. (CP 5.402) Der zweite grundlegende Aspekt in Peirce’ Erkenntnistheorie ist die evolutionstheoretische Vorstellung, wie er sie in seiner Metaphysik entwickelte (vgl. unten). Der Mensch und sein Denken ist Bestandteil eines Entwicklungsprozesses. Zweck des Denkens ist eine Orientierung in der Welt, indem Zweifel untersucht und durch Forschen feste Überzeugungen gewonnen werden, die geeignet sind, als Grundlage des Handelns zu dienen. Hierin liegt die Vermittlung von Theorie und Praxis. Das dritte Element der Peirce’schen Erkenntnistheorie ist das Denken in Zeichen. Wenn wir das Licht äußerer Tatsachen aufsuchen, so sind die einzigen Fälle von Denken, die wir finden können, die vom Denken in Zeichen. Offensichtlich kann kein anderes Denken von äußeren Tatsachen bezeugt werden. Das einzige Denken, das möglicherweise erkannt wird, ist Denken in Zeichen. Aber Denken, das nicht erkannt werden kann, existiert nicht. Alles Denken muss daher Denken in Zeichen sein. (CP 5.251) Denken findet aber nicht in einzelnen, isolierbaren Zeichen statt, sondern als ein Strom von Gedanken im Bewusstsein, als ein kontinuierlicher Prozess. 4 Es gibt in meinem Bewusstseinszustand zu keinem Zeitpunkt eine Erkenntnis oder eine Darstellung, aber es gibt sie in der Relation meiner Bewusstseinszustände zu verschiedenen Zeitpunkten. Kurzum, das Unmittelbare (und das daher an sich nicht zu Vermittelnde – das Nichtanalysierbare, das Unerklärbare, das Nicht-Intellektuelle) fließt in kontinuierlichem Strom durch unser Leben; es ist die Gesamtheit unseres Bewusstseins, dessen Vermittlung, die seine Kontinuität ist, durch eine reale wirksame Kraft zustande gebracht, die hinter dem Bewusstsein steht. (EP 1, 42 nach Pape, Einführung, 70). Diese Ebene der Empfindungen im Bewusstseinsstrom ist die Erstheitlichkeit des Denkens. Der Prozess der Wahrnehmung (siehe oben) führt die Ebene der Zweitheit in den Erkenntnisprozess ein. Die Bedeutung von Zeichen (Ebene der Drittheit) ergibt sich aber nicht allein aus den Sinnesdaten. Bedeutet Elektrizität heute nicht mehr als in den Tagen Franklins? Der Mensch macht das Wort, und das Wort bedeutet nichts, was der Mensch es nicht bedeuten lässt, und das nur für irgendeinen Menschen. Aber dass der Mensch nur mit Hilfe von Wörtern oder anderen Symbolen denken kann, könnten diese umgekehrt sagen: „Du meinst nichts, was wir dich nicht gelehrt haben, und also nur insoweit etwas, wie du dich an irgendein Wort als Interpretanten deines Gedankens wendest.“ In der Tat erziehen sich Menschen und Wörter wechselweise, jedes Anwachsen der Information eines Menschen impliziert und wird impliziert durch ein entsprechendes Anwachsen der Information eines Wortes. (CP 5.313) Peirce formulierte seine Überlegungen als Pragmatische Maxime: Überlege, welche Wirkungen, die denkbarerweise praktische Relevanz haben können, wir dem Gegenstand unseres Begriffs in unserer Vorstellung zuschreiben. Dann ist unser Begriff dieser Wirkungen das Ganze unseres Begriffs des Gegenstandes. (CP 5.402) Die Bedeutung eines Gedankens liegt also darin, welche Verhaltensweise er erzeugt. Verhaltensweise ist dabei nicht als tatsächliches Verhalten, sondern als Disposition zu einer möglichen Handlung zu verstehen. Mit diesem Konzept wich Peirce von der klassischen Fragestellung der Erkenntnistheorie ab, für die das Ziel der Erkenntnissuche die Wahrheit ist. Doch der klassische Begriff der Wahrheit als Korrespondenz von Gedanken und Tatsachen (Realität) war für Peirce nicht fassbar, weil er auf dem noch unschärferen Begriff der Realität beruht. Peirce definierte stattdessen Wahrheit pragmatistisch: Die Meinung, die vom Schicksal dazu bestimmt ist, dass ihr letztlich jeder Forschende zustimmt, ist das, was wir unter Wahrheit verstehen, und der Gegenstand, der durch diese Meinung repräsentiert wird, ist das Reale. (CP 5.407) In dieser Definition steckt die Vorstellung, dass am Ende aller Tage es möglich sein wird, die Realität vollständig zu erkennen. Dieser Zustand ist aber nur ein Grenzwert, an den die Menschheit sich als Ganzes in einem Prozess des Erkenntnisfortschritts annähert. Wahrheit ist dabei objektiv, insofern sie intersubjektiv ist, d. h. nicht mit einzelnen, individuellen Vorstellungen, sondern in der Kommunikation aller (Forscher) bestimmt wird. Bis zu diesem Zeitpunkt, der in der Lebenspraxis des Menschen nicht erreicht werden kann, besteht aber immer und zu jeder Zeit die Möglichkeit, dass die bisher gewonnenen Überzeugungen falsch sein können und revidiert werden müssen. Peirce nannte diese Grundannahme Fallibilismus, die später dann von Popper neu aufgegriffen wurde. Peirce hat auch nicht ausgeschlossen, 5 dass schon gegenwärtige Überzeugungen in vollem Umfang der Realität entsprechen. Je besser solche Hypothesen überprüft sind und sich bewährt haben, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit hierfür. Nur sicher sein kann man sich hierüber nicht. Abduktion (Wissenschaftstheorie) Erkenntniserweiterung erfolgt nach Peirce ausschließlich durch Abduktion. Sie tritt auf in der Wahrnehmung sowie im schließenden Interpretieren vorhandenen Wissens. Der Mensch gewinnt in der Wahrnehmung bestimmte Überzeugungen, die sich in Gewohnheiten umsetzen, die seine Handlungen und Unterlassungen bestimmen. Entstehen durch die Wahrnehmung unerklärbare Sachverhalte, die keiner Gewohnheit entsprechen, gerät der Mensch in Zweifel und sucht nach einer neuen Orientierung. Er stellt über die zweifelhaften Phänomene Hypothesen auf und überprüft diese solange, bis er hierüber eine neue feste Überzeugung gewinnt (doubt-belief-Schema). Die rationale Umsetzung dieses Schemas der Gewinnung von Überzeugungen erfolgte für Peirce im logischen Denken. Je nach Stadium des doubt-belief-Schemas ist die Schlussweise unterschiedlich. Liegen zunächst ein oder wenige Tatbestände vor, erfolgt das Aufstellen der Hypothese, das Peirce „Retroduktion“ oder „Abduktion“ nannte. Liegen genügend Informationen zur Hypothese vor, kann diese als Gesetzmäßigkeit formuliert werden. Die entsprechende Schlussweise ist die Deduktion, die allein analytisch ist, also einer strengen Wahrheit unterliegt. Die Induktion schließlich ist die Anwendung der Gesetzmäßigkeit. Abduktion beruht im Prinzip auf einer instinktiven Grundfähigkeit des Menschen zur Kreativität. Induktion ist durch Erfahrung bestimmt und nur Deduktion ist streng logisch. 6