Backgrounder Gazyvaro* (Obinutuzumab) Inhalt 1. Was ist Obinutuzumab? 2. Ergebnisse der CLL11-Studie 3. Wie wirkt Obinutuzumab? 4. Zulassungsstatus 5. Entwicklungsgeschichte 6. Unerwünschte Ereignisse 1. Was ist Obinutuzumab? Obinutuzumab ist ein durch Glycoengineering optimierter Typ-II-Anti-CD20-Antikörper. Mittels der GlycomabTechnologie wurden bei Obinutuzumab bestimmte Zuckermoleküle gezielt modifiziert, um die Wechselwirkung des Wirkstoffes mit den körpereigenen Immunzellen zu verstärken. Dadurch werden die Krebszellen im Körper durch das körpereigene Immunsystem wirksam zerstört. Außerdem induziert Obinutuzumab als AntiCD20-Antikörper vom Typ-II durch Bindung an CD20 den direkten Zelltod. Obinutuzumab ist seit Juli 2014 für die Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) zugelassen, der häufigsten Leukämieform der westlichen Welt. Der Antikörper wird zurzeit in einem breit angelegten klinischen Entwicklungsprogramm geprüft, darunter mehrere Phase-III-Studien zum direkten Vergleich mit MabThera* (Rituximab) bei chronischer lymphatischer Leukämie, indolentem Non-HodgkinLymphom (iNHL) und diffus-großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL). 2. Ergebnisse der CLL11-Studie Die CLL11 ist eine multizentrische Phase-III-Studie, in der das Wirksamkeitsund Sicherheitsprofil von Obinutuzumab untersucht wurde1. Die internationale Studie wurde in Zusammenarbeit mit der Deutschen CLL-Studiengruppe (DCLLSG) durchgeführt. Der primäre Endpunkt der Studie war das progressionsfreie Überleben (PFS). Sekundäre Endpunkte waren die Gesamtansprechrate (ORR), Gesamtüberleben (OS), krankheitsfreies Überleben (DFS), minimale Resterkrankung (MRD) und das Sicherheitsprofil. Roche Pharma AG Emil-Barell-Straße 1 79639 Grenzach-Wyhlen Tel. +49 7624 14 - 0 Fax +49 7624 14 – 3366 www.roche.de 781 zuvor unbehandelte Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie und Begleiterkrankungen wurden in drei Gruppen randomisiert und entweder mit Obinutuzumab kombiniert mit dem Zytostatikum Chlorambucil oder mit Rituximab plus Chlorambucil oder Chlorambucil allein behandelt. Im ersten Teil der Studie, mit 589 Patienten, war gezeigt worden, dass die Zugabe von Obinutuzumab oder Rituximab zu Chlorambucil das progressionsfreie Überleben der Patienten signifikant verlängert. Die Kombination Obinutuzumab plus Chlorambucil führte zudem zu einer signifikanten Verlängerung des Gesamtüberlebens gegenüber Chlorambucil allein. Im zweiten Teil der Studie, mit weiteren 192 Patienten, zeigte sich die Kombination aus Obinutuzumab plus Chlorambucil der Rituximab-Chlorambucil-Kombination signifikant überlegen: Die Patienten in der Obinutuzumab-Gruppe lebten fast ein Jahr länger, ohne dass ihre Erkrankung weiter fortschritt. Das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) betrug 26,7 Monate gegenüber 15,2 Monaten in der Rituximab-Gruppe. Das Risiko für eine Progression der Erkrankung oder Tod wurde damit durch Obinutuzumab um 61 % reduziert (Hazard Ratio 0,39; p < 0,001). Besonders bemerkenswert war, dass in der Obinutuzumab-Gruppe bei 37,3 % der Patienten keine Leukämie-Zellen im Blut mehr nachweisbar waren, in der Rituximab-Gruppe hingegen nur bei 3,3 %. 3. Wie wirkt Obinutuzumab? Obinutuzumab ist ein durch Glycoengineering optimierter Typ-II-Anti-CD20Antikörper. Durch das optimierte Glykosylierungsprofil wird das körpereigene Immunsystem verstärkt stimuliert, und dadurch zu einer gesteigerten Antikörperabhängigen zellulären Zytotoxizität führt. Zugleich werden Krebszellen durch die Typ-II-spezifische Bindung an den Oberflächenmarker abgetötet (Induktion des direkten Zelltods). 4. Zulassungsstatus Gestützt auf die CLL11-Daten wurden Zulassungsgesuche bei den Arzneimittelbehörden eingereicht. Am 1. November 2013 hat die amerikanische Zulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) Obinutuzumab unter dem Handelsnamen Gazyva die US-Zulassung für die Therapie von Patienten mit nicht vorbehandelter chronischer lymphatischer Leukämie erteilt. Gazyva ist das weltweit erste Medikament, das diese Zulassung mit dem Status eines Therapiedurchbruchs in der CLL-Behandlung erhalten hat. Dieser Status soll die Entwicklung und Prüfung von Medikamenten, die für die Behandlung von schwerwiegenden Erkrankungen vorgesehen sind, beschleunigen und sicherstellen, dass die Patienten durch die FDA-Zulassung so schnell wie möglich Zugang zu diesen Medikamenten erhalten. Im Juli 2014 folgte dann ebenfalls auf Grundlage der Daten der CLL11-Studie die EU-weite Zulassung durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA (European Medicines Agency) unter den Namen Gazyvaro. Diese gilt für die Therapie von unvorbehandelten CLL-Patienten, die aufgrund von Begleiterkrankungen für eine Therapie mit einer vollständigen Dosis von Fludarabin nicht geeignet sind – den typischen Patienten für diese Erkrankung. 5. Entwicklungsgeschichte Die Geschichte von Obinutuzumab begann 2003. In diesem Jahr zeigte das neu entwickelte Glycoengineering erstmals beeindruckende Testergebnisse bei einem monoklonalen Typ-II-Antikörper – die Geburtsstunde von Obinutuzumab. Mit 26 Jahren in die Schweiz an die Eidgenössische technische Hochschule (ETH) Zürich gekommen, hatte sich Pablo Umaña bereits frühzeitig, während seiner Doktorar- beit, mit Glycoengineering, einem biotechnologischen Verfahren zur Modifizierung von Zuckermolekülen bei monoklonalen Antikörpern, befasst. Ziel war eine stärkere Bindung des Antikörpers an Zellen des Immunsystems, sodass die Krebszellen besser bekämpft werden können. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer von Glycart Biotechnology, einem Spin-off der ETH. Glycart zog 2003 ins schweizerische Schlieren. Nach der vollständigen Übernahme des jungen Biotechnologie-Unternehmens mit damals 29 Mitarbeitern durch den Roche-Konzern im Jahr 2005, folgte eine achtjährige klinische Prüfphase zu Dosisfindung, Sicherheit und Wirksamkeit. In der CLL11-Studie, von Roche in Zusammenarbeit mit der Deutschen CLL-Studiengruppe (DCLLSG) durchgeführt, wurde mit Obinutuzumab erstmals ein neuartiger Antikörper mit dem bewährten Therapiestandard für B-Zell-Lymphome, Rituximab direkt verglichen. Obinutuzumab zeigte sich signifikant überlegen. 6. Unerwünschte Ereignisse Die am häufigsten auftretende Nebenwirkung unter Obinutuzumab in der CLL11Studie waren infusionsassoziierte Reaktionen (IRR). Diese traten vorranging während der ersten Infusion auf, weshalb diese besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Unerwünschte Ereignisse werden nach Zulassung in der Fachinformation erfasst und mit der Häufigkeit ihres Auftretens belegt. Das Melden von unerwünschten Ereignissen an die Behörde ist rechtlich verpflichtend, sowohl für Pharmafirmen als auch für Angehörige von Gesundheitsberufen. Fachinformationen werden in der Fachinfo-Datenbank der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) laufend aktualisiert. Die Fachinformation findet sich unter folgendem Link: Community register of medicinal products for human use1. * Für die Patientensicherheit ist es wichtig, biologische Arzneimittel durch ihren Handelsnamen klar zu kennzeichnen. Nur so kann gewährleistet werden, dass mögliche Nebenwirkungen eindeutig einem bestimmten Produkt zugeordnet und zurückverfolgt werden können. Analog europäischer behördlicher Vorgaben für die Dokumentation des Handelsnamens in der Patientenakte nennt Roche in Publikationen, Texten und Presseinformationen deshalb neben dem internationalen Freinamen auch den Handelsnamen. 1 Goede V et al. Obinutuzumab plus chlorambucil in patients with CLL and coexisting conditions. N Engl J Med 2014; 370 (12): 1101-1110. (supplementary appendix included) 2 http://ec.europa.eu/health/documents/community-register/html/o1054.htm (28.08.2014)