48. Schlosskonzerte Thun, 5. ‒ 21. Juni 2015 Pressetexte Barockoper trifft auf Spätromantisches Liedgut, Klezmer begegnet Jazz und Volksmusik und szenische Konzertprogramme lassen Musik in ganz neuen Kontexten erscheinen. Die 48. Schlosskonzerte Thun setzen in gewohnter Manier auf stilistische Breite, junge Talente und renommierte Schweizer Ensembles. Mit dem Carmina Quartett eröffnet eines der bedeutendsten Streichquartette unserer Zeit den diesjährigen Konzertreigen mit Schlüsselwerken der Streichquartettliteratur. Das Berner Barockensemble Die Freitagsakademie hingegen hat in den Archiven ungehobene Arienschätze aufgestöbert und zu einer fiktiven Oper zusammengestellt. Auch das legendäre Ensemble I SALONISTI widmet sich einem ganz besonderen und wichtigen Repertoire: In einem szenisch eingerichteten Konzertprogramm lassen sie Musik aus dem Konzentrationslager Theresienstadt erklingen – ein Musizieren gegen das Vergessen. Neuartige Klangwelten versprechen auch das Konzert der Sängerin Elina Duni, die mit ihrem Quartett der Folklore des Balkans neue Gestalt verleiht, sowie der Auftritt des Klarinettisten Helmut Eisel, der den Klezmer in alle musikalischen Richtungen auslotet. Jürg Kienberger und sein Atlantic Jazz Orchester entführen das Publikum in die Welt von Alessandro Bariccos berühmtem Monolog „Novecento“, der hier als amüsantnostalgisches Musiktheater daherkommt. Szenisch setzen auch das Schweizer Oktett und die Schauspielerin Annette Wunsch Richard Strauss’ Till Eulenspiegel-Musik in ihrem Kinderkonzert um. Dem Lied-Repertoire jener Zeit widmet sich die MezzoSopranistin Christina Metz in ihrem Jugendstil-Liederabend, begleitet vom Oberländer Pianisten Reto Reichenbach. Unter den Nachwuchstalenten gibt es das aufstrebende Klaviertrio Rafale mit stürmisch-romantischer Musik zu hören, sowie die äusserst gefragte holländische Cellistin Harriet Krijgh, die sich mit Bach und Brahms dem Kernrepertoire ihres Instruments annimmt. 1. Eröffnungskonzert Fr., 5. Juni, 20.00 Uhr Schloss Thun MEISTERHAFTE STREICHQUARTETTE Carmina Quartett Matthias Enderle, Violine Susanne Frank, Violine Wendy Champney, Viola Stephan Goerner, Violoncello Was 1984 als Idee zweier Musikstudenten des Winterthurer Konservatoriums begann, sollte alsbald zur Gründung eines der heute gefragtesten Streichquartette unserer Zeit führen. Zur Feier seiner 30-jährigen Weltkarriere bringt das Carmina Quartett in Thun Werke aus dem Olymp der Kammermusik zu Gehör. Franz Schuberts (1797-1828) aufwühlendes Quartett Nr. 14, in dem der Komponist sein eigenes Klavierlied „Der Tod und das Mädchen“ als abgründig-traurige Todesvision verarbeitet, steht mit Dmitri Schostakowitsch (1906-1975) 8. Streichquartett „Im Gedenken an die Opfer des Faschismus und des Kriegs“ ein nicht weniger erschütterndes Werk gegenüber. Nicht zuletzt würdigt das Carmina Quartett den Komponisten Joseph Haydn (1732-1809), der die Gattung des Streichquartetts prägte wie kein anderer. Das sogenannte Kaiserquartett zeigt Haydn auf der Höhe seines Könnens und verzückt bis heute gerade mit dem berühmten titelgebenden Variationen-Satz über die österreichische Kaiserhymne. Grosse musikalische Intensität, selbstverständliche Perfektion und ein waches Interesse für stilistische Werktreue kennzeichnen das Carmina Quartett. Schon früh sorgten spektakuläre Wettbewerbserfolge für Schlagzeilen in der internationalen Presse und ebneten den Weg auf die grossen Konzertpodien der Welt. Zu den Mentoren des Quartetts gehören das Amadeus- und das La Salle Quartett, Sandor Végh und Nikolaus Harnoncourt. Die Zusammenarbeit mit ihnen förderte ein Verständnis für die historische Spielweise, die seither undogmatisch und lebendig die Interpretationen des Carmina Quartetts prägt. Das Quartett pflegt ein grosses Repertoire, das Raritäten aller Epochen einschliesst, und spielt regelmässig Uraufführungen zeitgenössischer Schweizer Komponisten. Sämtliche bisher erschienenen CD-Aufnahmen lösten bei Kritik und Publikum einhellige Bewunderung aus und wurden mit renommierten Auszeichnungen bedacht, wie Gramophone Award, Diapason d‘Or, Preis der deutschen Schallplatten-Kritik, Grammy-Award-Nominierung. An der Zürcher Hochschule der Künste gibt das Carmina Quartett seine reichhaltige Erfahrung und unverwechselbare, eigenständige Musikalität an den Nachwuchs weiter. © Schlosskonzerte Thun / Texte Moritz Achermann, März 2015 Seite 1 48. Schlosskonzerte Thun, 5. – 21. Juni 2015 2. Trioabend Das aufstrebende Schweizer Klaviertrio Rafale trägt den französischen Namen für Windböe – wobei Wind neben dem stürmischen Windstoss auch ein warmer Luftstrom oder eine kühle Brise sein kann und damit Metapher für jede Art von Sa., 6. Juni, 20.00 Uhr musikalisch belebter Bewegung ist. Bewegt und hochromantisch ist Ludwig van Schloss Thun Beethovens (1770-1827) Klaviertrio Nr. 7, bei dessen Uraufführung der zu diesem Zeitpunkt bereits ertaubende Beethoven zum letzten Mal öffentlich als Pianist FANTASIE IN ÜBERSCHWANG UND REIFE auftrat. Als Robert Schumann (1810-1856) sich an die Arbeit zu einem Klaviertrio machte, war er 32 Jahre alt und hatte bis dahin kaum kammermusikalische Werke geschrieben. Auch hier beschritt er sogleich neue Wege. Die vier Sätze des Trio Rafale Klaviertrios, die erst acht Jahre später erscheinen sollten, waren so eigenwillig Maki Wiederkehr, Klavier gestaltet, dass er sie letztendlich als vier im Charakter eigenständige Daniel Meller, Violine „Fantasiestücke“ an den Verleger sandte – eine eigenbrötlerisch-sperrige und Flurin Cuonz, Violoncello durchaus humorvolle Musik. Claude Debussy (1862-1918) komponierte sein Klaviertrio in G-Dur im zarten Alter von 18 Jahren auf Wunsch seiner russischen Mäzenin. Man hört in diesem verträumten Jugendwerk deutlich den Einfluss der Vorbilder Robert Schumann und Gabriel Fauré und doch zeichnet sich in den vier Sätzen schon die impressionistische Farbenpracht ab, die Debussys Schaffen bestimmen sollte. Eine Anfrage, gemeinsam das Klaviertrio von Maurice Ravel zu spielen, führte die drei jungen Studierenden der Zürcher Hochschule der Künste im Frühjahr 2008 zusammen. Seit seiner Gründung hat das Trio Konzerte im In-und Ausland absolviert und ist bei grossen Festivals aufgetreten. Unter den zahlreichen Erfolgen bei Wettbewerben ist etwas der Gewinn des Kammermusikwettbewerbs des Migros Kulturprozents 2013 zu erwähnen, bei dem das Ensemble zudem mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde. 2014 wurde dem Trio von der Musikkommission der Stadt Zürich ein Werkjahrespreis für Interpretation zugesprochen. Die Debüt-CD mit Werken von Schumann und Ravel ist 2012 unter dem Label monton erschienen. 3. Musiktheater Der Monolog „Novecento. Die Legende vom Ozeanpianisten“ des Italieners Alessandro Baricco gehört zu den beliebtesten Theatertexten der Gegenwart. Geschildert wird das Leben eines genialen elternlosen Pianisten, der sein ganzes Mi., 10. Juni, 20.00 Uhr Leben auf dem Passagierschiff Virginian zubringt und sich trotz wachsendem Ruhm KK Thun weigert, die vertraute Welt des Dampfers zu verlassen. Jürg Kienberger und sein NOVECENTO, DIE LEGENDE Atlantic Jazz Orchester führen in ihrem hinreissenden tragikomischen Musiktheater Bariccos Geschichte weiter und zeigen Novecentos ehemalige Weggefährten, die VOM OZEANPIANISTEN nun als Land-Orchester durch die Klubs tingeln. In Szenen und Songs erinnern sie sich an den verschollenen Freund und tragen dessen Melodien weiter. Mit dabei ein Atlantic Jazz Orchester Jürg Kienberger, Piano/Claviola ominöser kraushaariger Pianist, dessen Herkunft ebenso vage ist wie die seines Vorgängers. Nikolaus Schmid, Klarinette Marco Schädler, Piano/Banjo Der Bündner Musiker, Schauspieler und Kabarettist Jürg Kienberger arbeitet seit Daniel Seiler, Bass 1984 freischaffend an verschiedenen Theaterhäusern u.a. in Zürich, Basel, Berlin Peter Conradin Zumthor, und Hamburg. Zusammen mit Christoph Marthaler erarbeitet er an die 30 TheaterSchlagzeug und Opernabende. Er komponierte Musik zum Einsiedler Welttheater, zu den Tellspielen in Altdorf und wurde mit dem „Salzburger Ehrenstier 2011“ und dem Laura Lienhard, Technik „Schweizer Kleinkunstpreis 2014“ ausgezeichnet. „Novecento. Die Legende vom Manfred Ferrari, Regie Ozeanpianisten“ ist eine Zusammenarbeit mit der in Chur ansässigen Ursina Schmid, Ausstattung Theatergruppe ressort k, die sich 1995 rund um den Regisseur Manfred Ferrari formierte. Die Gruppe bemüht sich, mit Einheimischen vor Ort Stücke in allen Landessprachen zu entwickeln, unterstützt von Schauspielern und Musikern aus der Schweiz und Deutschland. © Schlosskonzerte Thun / Texte Moritz Achermann, März 2015 Seite 2 48. Schlosskonzerte Thun, 5. – 21. Juni 2015 4. Porträtkonzert Fr., 12. Juni, 20:00 Uhr Schloss Thun BACH AND BEYOND Harriet Krijgh, Violoncello Magda Amara, Klavier Johann Sebastian Bachs (1685-1750) Sonaten für Violoncello solo sind ein Prüfstein für jede Cellistin und jeden Cellisten. Wie allen Bach’schen Solo-InstrumentalKompositionen wohnt ihnen trotz der Einstimmigkeit eine grosse harmonische Dichte und vielschichtige Linienführung inne – keine leichte Aufgabe für eine Interpretin. Nicht Virtuosität ist hier gefragt, sondern eine ausgefeilte und wohl überlegte Interpretation. Auch die e-Moll-Sonate von Johannes Brahms (1833-1879) gehört zum Kernrepertoire und besticht durch eine komplexe Architektur, die ein differenziertes Musizieren verlangt. Mit Harriet Krijgh und Magda Amara nimmt sich ein junges, eingespieltes und dynamisches Duo diesen zentralen Werken an. Kombiniert werden sie mit der Sonate für Violoncello und Klavier A-Dur von César Franck (1822-1890), einer Bearbeitung der berühmten Sonate für Violine und Klavier. Abgerundet wird das Programm mit einer Trouvaille aus dem Oeuvre Ludwig van Beethovens (1770-1827): ein Zyklus von sieben Variationen für Klavier und Cello über das Duett „Bei Männern, welche Liebe fühlen“ aus Wolfgang Amadeus Mozarts Zauberflöte. Die 23-jährige Niederländerin Harriet Krijgh ist eine der vielversprechendsten jungen Cellistinnen der Gegenwart. Ihr kantables und ausdrucksstarkes Spiel berührt und begeistert Publikum wie Presse gleichermassen. Von der European Concert Hall Organisation (ECHO) wurde sie als „Rising Star“ für die Saison 2015/16 ausgewählt. Sie spielt in den grossen Konzertsälen Europas und wird im Herbst dieses Jahres mit Sir Neville Mariner und der Academy of St. Martin in the Fields auf Tournee gehen. Die Pianistin Magda Amara wurde in Moskau geboren, wo sie ihre Studien mit Auszeichnung in der Klasse von M. Khokhlov am berühmten Konservatorium bei S. Dorensky abschloss. 2009 vervollständigte sie ihre Studien an der Wiener Musikuniversität. Mittlerweile hat sich Magda Amara vordringlich der Kammermusik verschrieben. Mit ihrer ständigen Duopartnerin, der Cellistin Harriet Krijgh, veröffentlichte sie 2013 eine Aufnahme der Cellosonaten von Brahms beim Label Capriccio. 5. Jazzabend Sa., 13. Juni, 21.00 Uhr Schloss Thun DALLËNDYSHE Elina Duni Quartet Elina Duni, voice Colin Vallon, piano Lukas Traxel, double-bass Norbert Pfammatter, drums Sie gehört zu den aufregendsten Stimmen der europäischen Jazzszene: Elina Duni. Geboren 1981 als Tochter einer Schriftstellerin und eines Regisseurs in der albanischen Hauptstadt Tirana, stand sie mit fünf Jahren erstmals auf einer Bühne. 1992 zog sie mit der Mutter in die Schweiz, studierte in Genf klassisches Klavier, entdeckte dort aber auch den Jazz für sich. Von 2004 bis 2008 studierte Duni Gesang und Komposition an der Hochschule der Künste Bern. Der Schweizer JazzPianist Colin Vallon ermunterte sie, sich mit dem Liedgut und der Musik ihrer Heimat zu beschäftigen. Gemeinsam mit dem Schlagzeuger Norbert Pfammatter und dem Bassisten Bänz Oester gründeten sie das Elina Duni Quartet und erforschten die Spielarten der Balkanesischen Folklore in Verbindung mit dem modernen Jazz. Was daraus entsteht, ist über weite Strecken gänzlich neuartig. Im subtilen Zusammenspiel geht die Musik stark von der Stimme und der Poesie aus und erkundet für jedes Lied einen neuen Zugang zum Material. Das neue Album Dallëndyshe („Schwalbe“), das 2015 beim Label ECM erscheint, beschwört Geschichten über Liebe und Exil und reflektiert auch die von vielen Unruhen gezeichnete Geschichte der Balkan-Staaten. Dennoch erscheint die Musik des Albums an manchen Stellen durchaus heiter und tänzerisch. Für Elina Duni ist es ein Charakteristikum der Musik jener Region, dass Schmerz und Leid so überwunden werden, Musik als Bewältigung. Ferner spüren die Musiker den verschiedenen Strängen und Querverbindungen zu anderen folkloristischen Traditionen nach und zeigen, wie nahe diese oftmals beieinander liegen. Es ist eine Musik von hoher Dringlichkeit und Elina Dunis Stimme geht durch Mark und Bein. © Schlosskonzerte Thun / Texte Moritz Achermann, März 2015 Seite 3 48. Schlosskonzerte Thun, 5. – 21. Juni 2015 6. Familienkonzert So., 14. Juni, 15.00 Uhr Schloss Thun TILL EULENSPIEGELS LUSTIGE STREICHE Schweizer Oktett Annette Wunsch, Sprecherin Till Eulenspiegel ist der Urtypus der Schelmenfigur. Angeblich soll er im 14. Jahrhundert in ganz Europa sein Unwesen getrieben haben. Um 1510 erschien erstmals eine Sammlung von grotesken Anekdoten, die das Leben „Dil Ulenspiegels“ von der Jugend bis zum Tod durch den Strick erzählen. Das Schweizer Oktett kombiniert in seinem Programm zwei der heute populärsten Bearbeitungen: die programmatische Orchestermusik Till Eulenspiegels lustige Streiche; nach alter Schelmenweise in Rondeauform; für großes Orchester gesetzt des Komponisten Richard Strauss (1864-1949) und Erich Kästners (1899-1974) Kinderbuch-Adaption, rezitiert von der Schauspielerin Annette Wunsch. Die Musik, die Strauss zu der Geschichte erdachte, ist geprägt von spielerisch-schalkhaften Einfällen, einem wiederkehrenden Eulenspiegel-Motiv und einer meisterhaften Instrumentation. Der Wiener Komponist Franz Hasenöhrl (1885-1970) arrangierte das Orchesterwerk 1954 für fünf Instrumente um zu einer furiosen, wilden Kammermusik. Das Schweizer Oktett wurde 1990 gegründet und hatte seither Konzertengagements in der ganzen Schweiz. 1994 zeichnete die Stiftung Pro Helvetia das Ensemble durch die Finanzierung einer Konzertreise nach Rom aus. Komponisten unserer Zeit haben dem Schweizer Oktett Werke gewidmet. Für seine Programme zwischen Klassik, Jazz und Salonmusik arrangiert das Ensemble Lieder und Kompositionen oftmals selbst. Die Lust am Variieren steht dabei stets im Zentrum und so spielt das Schweizer Oktett auch in ständig wechselnden Besetzungen. Die Schauspielerin Annette Wunsch absolvierte ihre Schauspielausbildung an der Hochschule für Darstellende Kunst in Stuttgart. Sie arbeitete in festen Engagements am Landestheater Tübingen und am Theater Heidelberg. Von 2007 bis 2011 war sie Mitglied des Schauspielensembles am Theater St. Gallen. Annette Wunsch ist auch in zahlreichen Fernsehfilmen wie z.B. Tatort, Polizeiruf 110, SOKO oder Der Alte zu sehen. Als Sprecherin arbeitet sie regelmässig für Radio und Fernsehen. 7. Stilspektrum Der Klezmer, das war die Fest- und Tanzmusik der Schtetl, der armen jüdischen Siedlungen in Osteuropa. Die Klezmorim waren fahrende Spielleute, die auch mal in den Synagogen zu spielen hatten und ihre Musik mündlich tradierten. Der Mi., 17. Juni, 17.00 deutsche Musiker Helmut Eisel bekam die Musik von seinem Grossvater und 20:00 Uhr mitgegeben, der ihm das Klarinettenspiel beibrachte. Nach Umwegen über ein Kirche Scherzligen Mathematikstudium war es die Begegnung mit dem grossen Klezmermusiker Giora Feidman, die ihn dazu bewegte, sich ganz der Musik zu widmen. 1989 gründete er MORE THAN KLEZMER das Trio Helmut Eisel & JEM, mit dem er bis heute zehn CDs aufgenommen und unzählige Konzerte gespielt hat. Daneben spielt er in verschiedensten Formationen Helmut Eisel & JEM und hat auch mit Orchestern gearbeitet. Sein Credo ist das Geschichtenerzählen, Helmut Eisel, Klarinette das Sprechen mit seinem Instrument. Michael Marx, Gitarre/Stimme Stefan Engelmann, Kontrabass Dabei bildet das Repertoire des Klezmers nur den Rahmen seiner musikalischen Aktivitäten. Wie der Titel seines aktuellen Programms „More than Klezmer“ verrät, lotet er die stilistischen Grenzen in alle Richtungen aus. Swing, Jazz, Folklore und Klassik amalgamieren sich mit den Elementen des Klezmer zu einer mitreissenden Klangwelt. Mit seinen langjährigen Partnern, dem Gitarristen Michael Marx und dem Kontrabassisten Stefan Engelmann, hat er die Dynamik des Zusammenspiels perfektioniert und doch hat sich das Ensemble eine unbändige Spiellust bewahrt, die sich unmittelbar auf das Publikum überträgt. © Schlosskonzerte Thun / Texte Moritz Achermann, März 2015 Seite 4 48. Schlosskonzerte Thun, 5. – 21. Juni 2015 8. Liederabend Wien am Beginn des 20. Jahrhunderts. Es herrscht Untergangsstimmung, die alte Welt versinkt, Dekadenz und Lebensmüdigkeit machen sich breit. Zugleich tun sich neue Wege im Denken und der Kunst auf – es brodelt. Bald wird der erste Weltkrieg Do., 18. Juni, 20.00 Uhr einbrechen. Der Liederabend „Vom Schlummern, Spotten und Schwärmen – Lieder Schloss Thun aus der Jugendstil-Zeit“ widmet sich der Musik des Fin-de-siècle in Österreich, jenen symbolistisch-aufgeladenen Tonschöpfungen, die noch den Geist des 19. VOM SCHLUMMERN, SPOTTEN UND SCHWÄRMEN Jahrhunderts atmen und doch auf die Moderne verweisen. Spürbar ist diese Schummer-Stimmung in den Vier Gesängen Op. 2 des jungen Schönberg-Schülers – LIEDER AUS DER Alban Berg (1885-1935). Die alten tonalen und melodischen Muster sind noch JUGENDSTIL-ZEIT erkennbar, jedoch bereits in der Auflösung begriffen. In den Hölderlin-Fragmenten von Hanns Eisler (1898-1962), seines Zeichens ebenfalls Schönberg-Schüler, klingen Christina Metz, Mezzosopran sie als Reminiszenzen nach. Entstanden sind diese Lieder 1942 im amerikanischen Reto Reichenbach, Klavier Exil, als der zweite Weltkrieg die Heimat in Brand setzte. In einer ähnlichen Situation befand sich der jüdische Komponist Erich Wolfgang Korngold (1897-1957), als er 1948 in Los Angeles seine Fünf Lieder Op. 38 schrieb. Nie ganz angekommen in der neuen Welt, sehnt sich Korngold in dieser Musik nach der glanzvollen Jugendstil-Zeit zurück. Diese repräsentieren die ausladenden Zyklen von Richard Strauss (18641949) und Gustav Mahler (1860-1911) mit ihrem schmachtenden romantischen Gestus. Ausgedacht haben sich diesen stimmungsvollen Liederabend die Mezzosopranistin Christina Metz und der Pianist Reto Reichenbach. Christina Metz studierte von 1995 bis 1998 an der Musikhochschule Lübeck Bühnen- und KonzertGesang. 1998 wechselte sie an die Musikhochschule Basel, um ihr Gesangstudium bei Kurt Widmer fortzusetzen. Sie schloss im Jahr 2003 das Solistendiplom mit Auszeichnung ab. 2003 erhielt sie den Förderpreis der Basler Orchester Gesellschaft, von 2003 bis 2005 war sie Stipendiatin der Ernst-Göhner-Stiftung. Der 1974 geborene und bei Gstaad aufgewachsene Reto Reichenbach erhielt seine pianistische Ausbildung in seiner Heimat bei Katalin Stojanovits sowie an der Musikhochschule Bern bei Tomasz Herbut, wo er mit dem Eduard Tschumi Preis für das beste Solistendiplom abschloss. Als Solist, Kammermusiker und Liedbegleiter tritt er weltweit auf. Seit 2008 ist Reto Reichenbach Dozent am Internationalen Crescendo Sommerinstitut der Künste in Sárospatak, Ungarn. Ausserdem hat ihn die Music School der Yunnan Arts University in Kunming, China zum Gastdozent ernannt. 9. Barockoper Sa., 20. Juni, 20.15 Uhr Kirche Amsoldingen ADRIANO IN SIRIA. EINE FIKTIVE OPER NACH DEM LIBRETTO VON P. METASTASIO Die Freitagsakademie Leila Schayegh, Konzertmeisterin Pamela Lucciarini, Sopran Uwe Schönbeck, Sprecher Jürgen Theobaldy, Text Pietro Metastasio (1698-1782) war der Superstar im Opernbetrieb des 18. Jahrhunderts. Seine Opern- und Oratorienlibretti wurden tausendfach vertont – an ihm kam kein Opernkomponist vorbei, der in den europäischen Musikzentren wirkte. Allein das Libretto Adriano in Siria wurde von weit mehr als sechzig Tondichtern verwendet. Die Geschichte um den Kaiser Hadrian (Adriano), seine Verlobte Sabina und Hadrians Nebenbuhler Aquillo birgt alle Ingredienzen für einen dramatischen Opernstoff in sich: Liebe, Eifersucht, Hass und Rache vor einem reizvollen historischen Hintergrund. Das Berner Barockensemble Die Freitagsakademie hat aus den unzähligen Bearbeitungen ein buntes Pasticcio von Arien und Instrumentalstücken zusammengestellt und dabei auch bis dato unveröffentlichtes Material ausgegraben. Unter den Komponisten finden sich bekanntere Namen wie Giovanni Battista Pergolesi (1710-1736), Johann Christian Bach (1735-1782) oder Francesco Maria Veracini (1690-1768), aber auch heute weitgehend unbekannte Komponisten der Zeit. Der in Bern wirkende Autor Jürgen Theobaldy hat für das Programm einen Text entlang der Handlung entworfen, den der Schauspieler Uwe Schönbeck rezitiert. Das Berner Ensemble Die Freitagsakademie wurde 1993 nach dem Vorbild der gut zweieinhalb Jahrhunderte älteren Berliner Freitags-Akademien des Komponisten © Schlosskonzerte Thun / Texte Moritz Achermann, März 2015 Seite 5 48. Schlosskonzerte Thun, 5. – 21. Juni 2015 Johann Gottlieb Janitsch gegründet. Inspiriert von dieser Institution widmet sich die Berner Freitagsakademie seit 1993 in verschiedensten Besetzungen der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts auf Instrumenten der Epoche. Dieses Konzept des von Katharina Suske, Bernhard Maurer und Vital Julian Frey geleiteten Ensembles hat grosses Echo und regen Zuspruch gefunden: Die Freitagsakademie ist mit ihren zahlreichen Konzerten und Aufnahmen seit Jahren vielbeachtet im schweizerischen und internationalen Musikgeschehen präsent. Die Sopranistin Pamela Lucciarini wurde in Turin geboren und studierte Klavier und Gesang in Pesaro. In Vincenza spezialisierte sie sich auf Barock-Gesang. Mit ihrer virtuosen und flexiblen Stimme gehört sie zu den renommiertesten Sängerinnen für das Repertoire des 18. Jahrhunderts. 10. Musik-Raum-Licht So., 21. Juni, 17.00 und 19:30 Uhr Schloss Thun «ALS OB...». MUSIK IN THERESIENSTADT Gaëlle Méchaly, Sopran Stephan Grögler, Szenische Realisation I SALONISTI Piotr Plawner, Violine Lorenz Hasler, Violine, Orlando Theuler, Violoncello Béla Szedlák, Kontrabass Gerardo Vila, Klavier «als ob...» - Musik wider alle Umstände. Das legendäre Berner Ensemble I SALONISTI hat sich der Musik, die im Konzentrationslager Theresienstadt komponiert wurde, angenommen, also der Musik aus jenem „Vorzeige-KZ“, mit dem die Nationalsozialisten ihre Verbrechen vor der Weltöffentlichkeit vertuschen wollten. In ihrem szenisch angelegten Konzertprogramm spüren sie den Wegen nach, die die Musiker suchten, um mit dieser menschenverachtenden Situation umzugehen – Musik als Überlebensstrategie. Unter den Werken von Hans Krasa (1899-1944), Erwin Schulhoff (1894-1942), Viktor Ullmann (1898-1944), Ilse Weber (1903-1944), Karel Berman (1919-1995) und anderen finden sich Erinnerungen an die Heimat, heitere Lieder und Salonweisen, um der grausamen Wirklichkeit zu entfliehen. Es ist ein Programm, das weniger die Grausamkeit der Verbrechen als die Kraft der Musik und den Kampf gegen das Vergessen jener ermordeten Künstler behandelt. I SALONISTI treten seit 1981 als Ensemble auf. Seither hat das Quintett die vielfältigsten Programme mit grossem Erfolg im In- und Ausland gespielt. Ihre Konzertauftritte sind von der unbändigen Spielfreude des Ensembles geprägt, eine Folge des lustvollen Sich-Bewegens in den verschiedensten musikalischen Welten. Die Offenheit und Entdeckungsfreude der fünf Musiker spiegelt sich in ihren Konzertprogrammen wieder. I SALONISTI widmen sich mit gleicher Hingabe und Sorgfalt Bekanntem und Unbekanntem, Ernstem und Heiterem, Geschliffenem und Kantigem. Dank langjähriger Kontakte zu Komponisten in verschiedenen Ländern spielen sie Kompositionen und Arrangements, die für sie geschrieben werden. 1997 wurden sie von James Cameron als Bordorchester für den Film Titanic verpflichtet. Als tragende Darsteller ist das Ensemble in diesem Jahrhundertfilm zu hören und zu sehen. Die französische Sopranistin Gaëlle Méchaly wählte erst eine Laufbahn als Pianistin. Vom Gesang gefesselt, wurde sie Preisträgerin mehrerer Wettbewerbe. Sie begann ihre internationale Karriere mit Verpflichtungen unter anderen an der Scala von Mailand (unter Riccardo Muti), La Fenice in Venedig und der Oper von Paris, wo sie mit einer verblüffenden Leichtigkeit vom Register der Barockoper zur Opera Comique, aber auch vom Musical zur zeitgenössischen Musik hinüberwechselt. © Schlosskonzerte Thun / Texte Moritz Achermann, März 2015 Seite 6