48. Schlosskonzerte Thun, 5. ‒ 21. Juni 2015

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48. Schlosskonzerte Thun, 5. ‒ 21. Juni 2015
Pressetexte
Barockoper trifft auf Spätromantisches Liedgut, Klezmer begegnet Jazz und Volksmusik und szenische Konzertprogramme
lassen Musik in ganz neuen Kontexten erscheinen. Die 48. Schlosskonzerte Thun setzen in gewohnter Manier auf stilistische
Breite, junge Talente und renommierte Schweizer Ensembles. Mit dem Carmina Quartett eröffnet eines der bedeutendsten
Streichquartette unserer Zeit den diesjährigen Konzertreigen mit Schlüsselwerken der Streichquartettliteratur. Das Berner
Barockensemble Die Freitagsakademie hingegen hat in den Archiven ungehobene Arienschätze aufgestöbert und zu einer
fiktiven Oper zusammengestellt. Auch das legendäre Ensemble I SALONISTI widmet sich einem ganz besonderen und
wichtigen Repertoire: In einem szenisch eingerichteten Konzertprogramm lassen sie Musik aus dem Konzentrationslager
Theresienstadt erklingen – ein Musizieren gegen das Vergessen. Neuartige Klangwelten versprechen auch das Konzert der
Sängerin Elina Duni, die mit ihrem Quartett der Folklore des Balkans neue Gestalt verleiht, sowie der Auftritt des Klarinettisten
Helmut Eisel, der den Klezmer in alle musikalischen Richtungen auslotet. Jürg Kienberger und sein Atlantic Jazz Orchester
entführen das Publikum in die Welt von Alessandro Bariccos berühmtem Monolog „Novecento“, der hier als amüsantnostalgisches Musiktheater daherkommt. Szenisch setzen auch das Schweizer Oktett und die Schauspielerin Annette Wunsch
Richard Strauss’ Till Eulenspiegel-Musik in ihrem Kinderkonzert um. Dem Lied-Repertoire jener Zeit widmet sich die MezzoSopranistin Christina Metz in ihrem Jugendstil-Liederabend, begleitet vom Oberländer Pianisten Reto Reichenbach. Unter den
Nachwuchstalenten gibt es das aufstrebende Klaviertrio Rafale mit stürmisch-romantischer Musik zu hören, sowie die äusserst
gefragte holländische Cellistin Harriet Krijgh, die sich mit Bach und Brahms dem Kernrepertoire ihres Instruments annimmt.
1.
Eröffnungskonzert
Fr., 5. Juni, 20.00 Uhr
Schloss Thun
MEISTERHAFTE
STREICHQUARTETTE
Carmina Quartett
Matthias Enderle, Violine
Susanne Frank, Violine
Wendy Champney, Viola
Stephan Goerner, Violoncello
Was 1984 als Idee zweier Musikstudenten des Winterthurer Konservatoriums
begann, sollte alsbald zur Gründung eines der heute gefragtesten Streichquartette
unserer Zeit führen. Zur Feier seiner 30-jährigen Weltkarriere bringt das Carmina
Quartett in Thun Werke aus dem Olymp der Kammermusik zu Gehör. Franz
Schuberts (1797-1828) aufwühlendes Quartett Nr. 14, in dem der Komponist sein
eigenes Klavierlied „Der Tod und das Mädchen“ als abgründig-traurige Todesvision
verarbeitet, steht mit Dmitri Schostakowitsch (1906-1975) 8. Streichquartett „Im
Gedenken an die Opfer des Faschismus und des Kriegs“ ein nicht weniger
erschütterndes Werk gegenüber. Nicht zuletzt würdigt das Carmina Quartett den
Komponisten Joseph Haydn (1732-1809), der die Gattung des Streichquartetts
prägte wie kein anderer. Das sogenannte Kaiserquartett zeigt Haydn auf der Höhe
seines Könnens und verzückt bis heute gerade mit dem berühmten titelgebenden
Variationen-Satz über die österreichische Kaiserhymne.
Grosse musikalische Intensität, selbstverständliche Perfektion und ein waches
Interesse für stilistische Werktreue kennzeichnen das Carmina Quartett. Schon früh
sorgten spektakuläre Wettbewerbserfolge für Schlagzeilen in der internationalen
Presse und ebneten den Weg auf die grossen Konzertpodien der Welt. Zu den
Mentoren des Quartetts gehören das Amadeus- und das La Salle Quartett, Sandor
Végh und Nikolaus Harnoncourt. Die Zusammenarbeit mit ihnen förderte ein
Verständnis für die historische Spielweise, die seither undogmatisch und lebendig
die Interpretationen des Carmina Quartetts prägt. Das Quartett pflegt ein grosses
Repertoire, das Raritäten aller Epochen einschliesst, und spielt regelmässig
Uraufführungen zeitgenössischer Schweizer Komponisten. Sämtliche bisher
erschienenen CD-Aufnahmen lösten bei Kritik und Publikum einhellige
Bewunderung aus und wurden mit renommierten Auszeichnungen bedacht, wie
Gramophone Award, Diapason d‘Or, Preis der deutschen Schallplatten-Kritik,
Grammy-Award-Nominierung. An der Zürcher Hochschule der Künste gibt das
Carmina Quartett seine reichhaltige Erfahrung und unverwechselbare,
eigenständige Musikalität an den Nachwuchs weiter.
© Schlosskonzerte Thun / Texte Moritz Achermann, März 2015
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2.
Trioabend
Das aufstrebende Schweizer Klaviertrio Rafale trägt den französischen Namen für
Windböe – wobei Wind neben dem stürmischen Windstoss auch ein warmer
Luftstrom oder eine kühle Brise sein kann und damit Metapher für jede Art von
Sa., 6. Juni, 20.00 Uhr
musikalisch belebter Bewegung ist. Bewegt und hochromantisch ist Ludwig van
Schloss Thun
Beethovens (1770-1827) Klaviertrio Nr. 7, bei dessen Uraufführung der zu diesem
Zeitpunkt bereits ertaubende Beethoven zum letzten Mal öffentlich als Pianist
FANTASIE IN
ÜBERSCHWANG UND REIFE auftrat. Als Robert Schumann (1810-1856) sich an die Arbeit zu einem Klaviertrio
machte, war er 32 Jahre alt und hatte bis dahin kaum kammermusikalische Werke
geschrieben. Auch hier beschritt er sogleich neue Wege. Die vier Sätze des
Trio Rafale
Klaviertrios, die erst acht Jahre später erscheinen sollten, waren so eigenwillig
Maki Wiederkehr, Klavier
gestaltet, dass er sie letztendlich als vier im Charakter eigenständige
Daniel Meller, Violine
„Fantasiestücke“ an den Verleger sandte – eine eigenbrötlerisch-sperrige und
Flurin Cuonz, Violoncello
durchaus humorvolle Musik. Claude Debussy (1862-1918) komponierte sein
Klaviertrio in G-Dur im zarten Alter von 18 Jahren auf Wunsch seiner russischen
Mäzenin. Man hört in diesem verträumten Jugendwerk deutlich den Einfluss der
Vorbilder Robert Schumann und Gabriel Fauré und doch zeichnet sich in den vier
Sätzen schon die impressionistische Farbenpracht ab, die Debussys Schaffen
bestimmen sollte.
Eine Anfrage, gemeinsam das Klaviertrio von Maurice Ravel zu spielen, führte die
drei jungen Studierenden der Zürcher Hochschule der Künste im Frühjahr 2008
zusammen. Seit seiner Gründung hat das Trio Konzerte im In-und Ausland
absolviert und ist bei grossen Festivals aufgetreten. Unter den zahlreichen Erfolgen
bei Wettbewerben ist etwas der Gewinn des Kammermusikwettbewerbs des Migros
Kulturprozents 2013 zu erwähnen, bei dem das Ensemble zudem mit dem
Publikumspreis ausgezeichnet wurde. 2014 wurde dem Trio von der
Musikkommission der Stadt Zürich ein Werkjahrespreis für Interpretation
zugesprochen. Die Debüt-CD mit Werken von Schumann und Ravel ist 2012 unter
dem Label monton erschienen.
3.
Musiktheater
Der Monolog „Novecento. Die Legende vom Ozeanpianisten“ des Italieners
Alessandro Baricco gehört zu den beliebtesten Theatertexten der Gegenwart.
Geschildert wird das Leben eines genialen elternlosen Pianisten, der sein ganzes
Mi., 10. Juni, 20.00 Uhr
Leben auf dem Passagierschiff Virginian zubringt und sich trotz wachsendem Ruhm
KK Thun
weigert, die vertraute Welt des Dampfers zu verlassen. Jürg Kienberger und sein
NOVECENTO, DIE LEGENDE Atlantic Jazz Orchester führen in ihrem hinreissenden tragikomischen Musiktheater
Bariccos Geschichte weiter und zeigen Novecentos ehemalige Weggefährten, die
VOM OZEANPIANISTEN
nun als Land-Orchester durch die Klubs tingeln. In Szenen und Songs erinnern sie
sich an den verschollenen Freund und tragen dessen Melodien weiter. Mit dabei ein
Atlantic Jazz Orchester
Jürg Kienberger, Piano/Claviola ominöser kraushaariger Pianist, dessen Herkunft ebenso vage ist wie die seines
Vorgängers.
Nikolaus Schmid, Klarinette
Marco Schädler, Piano/Banjo
Der Bündner Musiker, Schauspieler und Kabarettist Jürg Kienberger arbeitet seit
Daniel Seiler, Bass
1984 freischaffend an verschiedenen Theaterhäusern u.a. in Zürich, Basel, Berlin
Peter Conradin Zumthor,
und Hamburg. Zusammen mit Christoph Marthaler erarbeitet er an die 30 TheaterSchlagzeug
und Opernabende. Er komponierte Musik zum Einsiedler Welttheater, zu den
Tellspielen in Altdorf und wurde mit dem „Salzburger Ehrenstier 2011“ und dem
Laura Lienhard, Technik
„Schweizer Kleinkunstpreis 2014“ ausgezeichnet. „Novecento. Die Legende vom
Manfred Ferrari, Regie
Ozeanpianisten“ ist eine Zusammenarbeit mit der in Chur ansässigen
Ursina Schmid, Ausstattung
Theatergruppe ressort k, die sich 1995 rund um den Regisseur Manfred Ferrari
formierte. Die Gruppe bemüht sich, mit Einheimischen vor Ort Stücke in allen
Landessprachen zu entwickeln, unterstützt von Schauspielern und Musikern aus
der Schweiz und Deutschland.
© Schlosskonzerte Thun / Texte Moritz Achermann, März 2015
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4.
Porträtkonzert
Fr., 12. Juni, 20:00 Uhr
Schloss Thun
BACH AND BEYOND
Harriet Krijgh, Violoncello
Magda Amara, Klavier
Johann Sebastian Bachs (1685-1750) Sonaten für Violoncello solo sind ein Prüfstein
für jede Cellistin und jeden Cellisten. Wie allen Bach’schen Solo-InstrumentalKompositionen wohnt ihnen trotz der Einstimmigkeit eine grosse harmonische
Dichte und vielschichtige Linienführung inne – keine leichte Aufgabe für eine
Interpretin. Nicht Virtuosität ist hier gefragt, sondern eine ausgefeilte und wohl
überlegte Interpretation. Auch die e-Moll-Sonate von Johannes Brahms (1833-1879)
gehört zum Kernrepertoire und besticht durch eine komplexe Architektur, die ein
differenziertes Musizieren verlangt. Mit Harriet Krijgh und Magda Amara nimmt sich
ein junges, eingespieltes und dynamisches Duo diesen zentralen Werken an.
Kombiniert werden sie mit der Sonate für Violoncello und Klavier A-Dur von César
Franck (1822-1890), einer Bearbeitung der berühmten Sonate für Violine und
Klavier. Abgerundet wird das Programm mit einer Trouvaille aus dem Oeuvre
Ludwig van Beethovens (1770-1827): ein Zyklus von sieben Variationen für Klavier
und Cello über das Duett „Bei Männern, welche Liebe fühlen“ aus Wolfgang
Amadeus Mozarts Zauberflöte.
Die 23-jährige Niederländerin Harriet Krijgh ist eine der vielversprechendsten jungen
Cellistinnen der Gegenwart. Ihr kantables und ausdrucksstarkes Spiel berührt und
begeistert Publikum wie Presse gleichermassen. Von der European Concert Hall
Organisation (ECHO) wurde sie als „Rising Star“ für die Saison 2015/16 ausgewählt.
Sie spielt in den grossen Konzertsälen Europas und wird im Herbst dieses Jahres
mit Sir Neville Mariner und der Academy of St. Martin in the Fields auf Tournee
gehen. Die Pianistin Magda Amara wurde in Moskau geboren, wo sie ihre Studien
mit Auszeichnung in der Klasse von M. Khokhlov am berühmten Konservatorium bei
S. Dorensky abschloss. 2009 vervollständigte sie ihre Studien an der Wiener
Musikuniversität. Mittlerweile hat sich Magda Amara vordringlich der Kammermusik
verschrieben. Mit ihrer ständigen Duopartnerin, der Cellistin Harriet Krijgh,
veröffentlichte sie 2013 eine Aufnahme der Cellosonaten von Brahms beim Label
Capriccio.
5.
Jazzabend
Sa., 13. Juni, 21.00 Uhr
Schloss Thun
DALLËNDYSHE
Elina Duni Quartet
Elina Duni, voice
Colin Vallon, piano
Lukas Traxel, double-bass
Norbert Pfammatter, drums
Sie gehört zu den aufregendsten Stimmen der europäischen Jazzszene: Elina Duni.
Geboren 1981 als Tochter einer Schriftstellerin und eines Regisseurs in der
albanischen Hauptstadt Tirana, stand sie mit fünf Jahren erstmals auf einer Bühne.
1992 zog sie mit der Mutter in die Schweiz, studierte in Genf klassisches Klavier,
entdeckte dort aber auch den Jazz für sich. Von 2004 bis 2008 studierte Duni
Gesang und Komposition an der Hochschule der Künste Bern. Der Schweizer JazzPianist Colin Vallon ermunterte sie, sich mit dem Liedgut und der Musik ihrer Heimat
zu beschäftigen. Gemeinsam mit dem Schlagzeuger Norbert Pfammatter und dem
Bassisten Bänz Oester gründeten sie das Elina Duni Quartet und erforschten die
Spielarten der Balkanesischen Folklore in Verbindung mit dem modernen Jazz. Was
daraus entsteht, ist über weite Strecken gänzlich neuartig. Im subtilen
Zusammenspiel geht die Musik stark von der Stimme und der Poesie aus und
erkundet für jedes Lied einen neuen Zugang zum Material.
Das neue Album Dallëndyshe („Schwalbe“), das 2015 beim Label ECM erscheint,
beschwört Geschichten über Liebe und Exil und reflektiert auch die von vielen
Unruhen gezeichnete Geschichte der Balkan-Staaten. Dennoch erscheint die Musik
des Albums an manchen Stellen durchaus heiter und tänzerisch. Für Elina Duni ist
es ein Charakteristikum der Musik jener Region, dass Schmerz und Leid so
überwunden werden, Musik als Bewältigung. Ferner spüren die Musiker den
verschiedenen Strängen und Querverbindungen zu anderen folkloristischen
Traditionen nach und zeigen, wie nahe diese oftmals beieinander liegen. Es ist eine
Musik von hoher Dringlichkeit und Elina Dunis Stimme geht durch Mark und Bein.
© Schlosskonzerte Thun / Texte Moritz Achermann, März 2015
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6.
Familienkonzert
So., 14. Juni, 15.00 Uhr
Schloss Thun
TILL EULENSPIEGELS
LUSTIGE STREICHE
Schweizer Oktett
Annette Wunsch, Sprecherin
Till Eulenspiegel ist der Urtypus der Schelmenfigur. Angeblich soll er im 14.
Jahrhundert in ganz Europa sein Unwesen getrieben haben. Um 1510 erschien
erstmals eine Sammlung von grotesken Anekdoten, die das Leben „Dil
Ulenspiegels“ von der Jugend bis zum Tod durch den Strick erzählen. Das
Schweizer Oktett kombiniert in seinem Programm zwei der heute populärsten
Bearbeitungen: die programmatische Orchestermusik Till Eulenspiegels lustige
Streiche; nach alter Schelmenweise in Rondeauform; für großes Orchester gesetzt
des Komponisten Richard Strauss (1864-1949) und Erich Kästners (1899-1974)
Kinderbuch-Adaption, rezitiert von der Schauspielerin Annette Wunsch. Die Musik,
die Strauss zu der Geschichte erdachte, ist geprägt von spielerisch-schalkhaften
Einfällen, einem wiederkehrenden Eulenspiegel-Motiv und einer meisterhaften
Instrumentation. Der Wiener Komponist Franz Hasenöhrl (1885-1970) arrangierte
das Orchesterwerk 1954 für fünf Instrumente um zu einer furiosen, wilden
Kammermusik.
Das Schweizer Oktett wurde 1990 gegründet und hatte seither
Konzertengagements in der ganzen Schweiz. 1994 zeichnete die Stiftung Pro
Helvetia das Ensemble durch die Finanzierung einer Konzertreise nach Rom aus.
Komponisten unserer Zeit haben dem Schweizer Oktett Werke gewidmet. Für seine
Programme zwischen Klassik, Jazz und Salonmusik arrangiert das Ensemble Lieder
und Kompositionen oftmals selbst. Die Lust am Variieren steht dabei stets im
Zentrum und so spielt das Schweizer Oktett auch in ständig wechselnden
Besetzungen. Die Schauspielerin Annette Wunsch absolvierte ihre
Schauspielausbildung an der Hochschule für Darstellende Kunst in Stuttgart. Sie
arbeitete in festen Engagements am Landestheater Tübingen und am Theater
Heidelberg. Von 2007 bis 2011 war sie Mitglied des Schauspielensembles am
Theater St. Gallen. Annette Wunsch ist auch in zahlreichen Fernsehfilmen wie z.B.
Tatort, Polizeiruf 110, SOKO oder Der Alte zu sehen. Als Sprecherin arbeitet sie
regelmässig für Radio und Fernsehen.
7.
Stilspektrum
Der Klezmer, das war die Fest- und Tanzmusik der Schtetl, der armen jüdischen
Siedlungen in Osteuropa. Die Klezmorim waren fahrende Spielleute, die auch mal
in den Synagogen zu spielen hatten und ihre Musik mündlich tradierten. Der
Mi., 17. Juni, 17.00
deutsche Musiker Helmut Eisel bekam die Musik von seinem Grossvater
und 20:00 Uhr
mitgegeben, der ihm das Klarinettenspiel beibrachte. Nach Umwegen über ein
Kirche Scherzligen
Mathematikstudium war es die Begegnung mit dem grossen Klezmermusiker Giora
Feidman, die ihn dazu bewegte, sich ganz der Musik zu widmen. 1989 gründete er
MORE THAN KLEZMER
das Trio Helmut Eisel & JEM, mit dem er bis heute zehn CDs aufgenommen und
unzählige Konzerte gespielt hat. Daneben spielt er in verschiedensten Formationen
Helmut Eisel & JEM
und hat auch mit Orchestern gearbeitet. Sein Credo ist das Geschichtenerzählen,
Helmut Eisel, Klarinette
das Sprechen mit seinem Instrument.
Michael Marx, Gitarre/Stimme
Stefan Engelmann, Kontrabass Dabei bildet das Repertoire des Klezmers nur den Rahmen seiner musikalischen
Aktivitäten. Wie der Titel seines aktuellen Programms „More than Klezmer“ verrät,
lotet er die stilistischen Grenzen in alle Richtungen aus. Swing, Jazz, Folklore und
Klassik amalgamieren sich mit den Elementen des Klezmer zu einer mitreissenden
Klangwelt. Mit seinen langjährigen Partnern, dem Gitarristen Michael Marx und dem
Kontrabassisten Stefan Engelmann, hat er die Dynamik des Zusammenspiels
perfektioniert und doch hat sich das Ensemble eine unbändige Spiellust bewahrt,
die sich unmittelbar auf das Publikum überträgt.
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8.
Liederabend
Wien am Beginn des 20. Jahrhunderts. Es herrscht Untergangsstimmung, die alte
Welt versinkt, Dekadenz und Lebensmüdigkeit machen sich breit. Zugleich tun sich
neue Wege im Denken und der Kunst auf – es brodelt. Bald wird der erste Weltkrieg
Do., 18. Juni, 20.00 Uhr
einbrechen. Der Liederabend „Vom Schlummern, Spotten und Schwärmen – Lieder
Schloss Thun
aus der Jugendstil-Zeit“ widmet sich der Musik des Fin-de-siècle in Österreich, jenen
symbolistisch-aufgeladenen Tonschöpfungen, die noch den Geist des 19.
VOM SCHLUMMERN,
SPOTTEN UND SCHWÄRMEN Jahrhunderts atmen und doch auf die Moderne verweisen. Spürbar ist diese
Schummer-Stimmung in den Vier Gesängen Op. 2 des jungen Schönberg-Schülers
– LIEDER AUS DER
Alban Berg (1885-1935). Die alten tonalen und melodischen Muster sind noch
JUGENDSTIL-ZEIT
erkennbar, jedoch bereits in der Auflösung begriffen. In den Hölderlin-Fragmenten
von Hanns Eisler (1898-1962), seines Zeichens ebenfalls Schönberg-Schüler, klingen
Christina Metz, Mezzosopran
sie als Reminiszenzen nach. Entstanden sind diese Lieder 1942 im amerikanischen
Reto Reichenbach, Klavier
Exil, als der zweite Weltkrieg die Heimat in Brand setzte. In einer ähnlichen Situation
befand sich der jüdische Komponist Erich Wolfgang Korngold (1897-1957), als er
1948 in Los Angeles seine Fünf Lieder Op. 38 schrieb. Nie ganz angekommen in der
neuen Welt, sehnt sich Korngold in dieser Musik nach der glanzvollen Jugendstil-Zeit
zurück. Diese repräsentieren die ausladenden Zyklen von Richard Strauss (18641949) und Gustav Mahler (1860-1911) mit ihrem schmachtenden romantischen
Gestus.
Ausgedacht haben sich diesen stimmungsvollen Liederabend die Mezzosopranistin
Christina Metz und der Pianist Reto Reichenbach. Christina Metz studierte von
1995 bis 1998 an der Musikhochschule Lübeck Bühnen- und KonzertGesang. 1998 wechselte sie an die Musikhochschule Basel, um ihr Gesangstudium
bei Kurt Widmer fortzusetzen. Sie schloss im Jahr 2003 das Solistendiplom mit
Auszeichnung ab. 2003 erhielt sie den Förderpreis der Basler Orchester Gesellschaft,
von 2003 bis 2005 war sie Stipendiatin der Ernst-Göhner-Stiftung. Der 1974
geborene und bei Gstaad aufgewachsene Reto Reichenbach erhielt seine
pianistische Ausbildung in seiner Heimat bei Katalin Stojanovits sowie an der
Musikhochschule Bern bei Tomasz Herbut, wo er mit dem Eduard Tschumi Preis für
das beste Solistendiplom abschloss. Als Solist, Kammermusiker und Liedbegleiter
tritt er weltweit auf. Seit 2008 ist Reto Reichenbach Dozent am Internationalen
Crescendo Sommerinstitut der Künste in Sárospatak, Ungarn. Ausserdem hat ihn die
Music School der Yunnan Arts University in Kunming, China zum Gastdozent
ernannt.
9.
Barockoper
Sa., 20. Juni, 20.15 Uhr
Kirche Amsoldingen
ADRIANO IN SIRIA. EINE
FIKTIVE OPER NACH DEM
LIBRETTO VON P.
METASTASIO
Die Freitagsakademie
Leila Schayegh,
Konzertmeisterin
Pamela Lucciarini, Sopran
Uwe Schönbeck, Sprecher
Jürgen Theobaldy, Text
Pietro Metastasio (1698-1782) war der Superstar im Opernbetrieb des 18.
Jahrhunderts. Seine Opern- und Oratorienlibretti wurden tausendfach vertont – an
ihm kam kein Opernkomponist vorbei, der in den europäischen Musikzentren
wirkte. Allein das Libretto Adriano in Siria wurde von weit mehr als sechzig
Tondichtern verwendet. Die Geschichte um den Kaiser Hadrian (Adriano), seine
Verlobte Sabina und Hadrians Nebenbuhler Aquillo birgt alle Ingredienzen für einen
dramatischen Opernstoff in sich: Liebe, Eifersucht, Hass und Rache vor einem
reizvollen historischen Hintergrund. Das Berner Barockensemble Die
Freitagsakademie hat aus den unzähligen Bearbeitungen ein buntes Pasticcio von
Arien und Instrumentalstücken zusammengestellt und dabei auch bis dato
unveröffentlichtes Material ausgegraben. Unter den Komponisten finden sich
bekanntere Namen wie Giovanni Battista Pergolesi (1710-1736), Johann Christian
Bach (1735-1782) oder Francesco Maria Veracini (1690-1768), aber auch heute
weitgehend unbekannte Komponisten der Zeit. Der in Bern wirkende Autor Jürgen
Theobaldy hat für das Programm einen Text entlang der Handlung entworfen, den
der Schauspieler Uwe Schönbeck rezitiert.
Das Berner Ensemble Die Freitagsakademie wurde 1993 nach dem Vorbild der gut
zweieinhalb Jahrhunderte älteren Berliner Freitags-Akademien des Komponisten
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Johann Gottlieb Janitsch gegründet. Inspiriert von dieser Institution widmet sich die
Berner Freitagsakademie seit 1993 in verschiedensten Besetzungen der Musik des
17. und 18. Jahrhunderts auf Instrumenten der Epoche. Dieses Konzept des von
Katharina Suske, Bernhard Maurer und Vital Julian Frey geleiteten Ensembles hat
grosses Echo und regen Zuspruch gefunden: Die Freitagsakademie ist mit ihren
zahlreichen Konzerten und Aufnahmen seit Jahren vielbeachtet im schweizerischen
und internationalen Musikgeschehen präsent. Die Sopranistin Pamela Lucciarini
wurde in Turin geboren und studierte Klavier und Gesang in Pesaro. In Vincenza
spezialisierte sie sich auf Barock-Gesang. Mit ihrer virtuosen und flexiblen Stimme
gehört sie zu den renommiertesten Sängerinnen für das Repertoire des 18.
Jahrhunderts.
10. Musik-Raum-Licht
So., 21. Juni, 17.00 und
19:30 Uhr
Schloss Thun
«ALS OB...». MUSIK IN
THERESIENSTADT
Gaëlle Méchaly, Sopran
Stephan Grögler, Szenische
Realisation
I SALONISTI
Piotr Plawner, Violine
Lorenz Hasler, Violine,
Orlando Theuler, Violoncello
Béla Szedlák, Kontrabass
Gerardo Vila, Klavier
«als ob...» - Musik wider alle Umstände. Das legendäre Berner Ensemble I
SALONISTI hat sich der Musik, die im Konzentrationslager Theresienstadt
komponiert wurde, angenommen, also der Musik aus jenem „Vorzeige-KZ“, mit
dem die Nationalsozialisten ihre Verbrechen vor der Weltöffentlichkeit vertuschen
wollten. In ihrem szenisch angelegten Konzertprogramm spüren sie den Wegen
nach, die die Musiker suchten, um mit dieser menschenverachtenden Situation
umzugehen – Musik als Überlebensstrategie. Unter den Werken von Hans Krasa
(1899-1944), Erwin Schulhoff (1894-1942), Viktor Ullmann (1898-1944), Ilse Weber
(1903-1944), Karel Berman (1919-1995) und anderen finden sich Erinnerungen an
die Heimat, heitere Lieder und Salonweisen, um der grausamen Wirklichkeit zu
entfliehen. Es ist ein Programm, das weniger die Grausamkeit der Verbrechen als
die Kraft der Musik und den Kampf gegen das Vergessen jener ermordeten
Künstler behandelt.
I SALONISTI treten seit 1981 als Ensemble auf. Seither hat das Quintett die
vielfältigsten Programme mit grossem Erfolg im In- und Ausland gespielt. Ihre
Konzertauftritte sind von der unbändigen Spielfreude des Ensembles geprägt, eine
Folge des lustvollen Sich-Bewegens in den verschiedensten musikalischen Welten.
Die Offenheit und Entdeckungsfreude der fünf Musiker spiegelt sich in ihren
Konzertprogrammen wieder. I SALONISTI widmen sich mit gleicher Hingabe und
Sorgfalt Bekanntem und Unbekanntem, Ernstem und Heiterem, Geschliffenem und
Kantigem. Dank langjähriger Kontakte zu Komponisten in verschiedenen Ländern
spielen sie Kompositionen und Arrangements, die für sie geschrieben werden.
1997 wurden sie von James Cameron als Bordorchester für den Film Titanic
verpflichtet. Als tragende Darsteller ist das Ensemble in diesem Jahrhundertfilm zu
hören und zu sehen. Die französische Sopranistin Gaëlle Méchaly wählte erst eine
Laufbahn als Pianistin. Vom Gesang gefesselt, wurde sie Preisträgerin mehrerer
Wettbewerbe. Sie begann ihre internationale Karriere mit Verpflichtungen unter
anderen an der Scala von Mailand (unter Riccardo Muti), La Fenice in Venedig und
der Oper von Paris, wo sie mit einer verblüffenden Leichtigkeit vom Register der
Barockoper zur Opera Comique, aber auch vom Musical zur zeitgenössischen
Musik hinüberwechselt.
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