Kultur Wie und wozu soll Kultur gestaltet werden?

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Wie und wozu soll Kultur gestaltet werden? Von Bernd Schmid
Vortragsskizze für den Karriere-Kongress des Graduiertenzentrum
Kulturwissenschaften, Uni Gießen am 23.6.2012
Gestaltet die Anfänge!
Zunächst ein Beispiel, das deutlich machen soll, wie sehr Kulturbildung bzw.
Kulturänderung eine Sache der Weichenstellung in Initialsituationen ist. Haben sich
erst einmal andere Kulturgewohnheiten oder –vorstellungen etabliert und bestimmen
die Inszenierung bzw. die gegenseitigen Kulturerwartungen, dann wird es potenziert
schwierig, Kulturänderungen zu erreichen. Das folgende Schaubild macht deutlich,
wieso gerade dann Kulturinvestition lohnt, wenn die Systeme erst mal zur Sache
schreiten und Kultur später bestimmen wollen. Gerade wenn man Ergebnisorientiert
ist, sollte man mit Kultur anfangen.
Kulturprobleme
Ergebnisorientierung
Kulturmaßnahmen
Ergebnisorientierung
Zeit
Wer schnell zur Sache will, sollte mit Kultur anfangen.
Ein Beratungsunternehmen im Bereich Merger/Aquisition/Insolvenz/Restrukturierung
300 Fachleute. PE schreibt Führungsworkshops aus (Top down)
Vorstellung mit PE-Frau neuem P-Chef, einem aus der oberen Führungsebene.
Die Bewerbungssituation für einen Anbieter: PE-Frau will Anforderungen an
Workshops vortragen. Stattdessen trianguläres Befragen durch den Anbieter.
Wollten die Führungskräfte Training? Wäre Eigentümer bereit, sich der Sache
anzunehmen? Wie wichtig für ihn? Usw. Nach ungewöhnlicher Übernahme der
Anfangsgestaltung durch den Anbieter, zeigen sich die Unternehmensvertreter nach
anfänglicher Irritation erleichtert und überzeugt.
Danach hatte der Anbieter den Pitsch1 gewonnen. Es folgte ein Workshop mit
Eigentümer und oberen Führungskreis 14 Tage später. Anbieter interviewt
Eigentümer. Holt ihn neben sich, exemplarischer Dialog, am Anfang gegen dessen
Ein Pitch dient als eine der am häufigsten gewählten Methoden von Unternehmen, um
eine Agentur auszuwählen.
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Widerstreben („Gesprächstherapie?“) Eigentümer ist ein Charismatiker ohne Lust zu
führen (Halbsätze), doch alles voller gut verdienenden Fachleute, denen er Geschäft
zieht, die aber relativ isoliert ihr Ding nach ihren Wertvorstellungen machen. Man
muss in diesem Geschäft kein unmoralischer Mensch sein, um sich an
problematischen Abläufen zu beteiligen. Man muss im Gegenteil aktiv gegen das
Übliche angehen, wenn man ethisch vertretbare Arbeit machen will. Genau das hatte
der Anbieter getan und damit das „Einklinken der üblichen Kulturreflexe“ verhindert.
Dafür hat sich die PE später extra bedankt. „Wenn Sie uns gelassen hätten, wären
wir ins Übliche Fahrwasser geraten!“ Nach einigen Minuten ist Eigentümer für
Reflexion gewonnen: Möchte Wertmaßstäbe in seinem Unternehmen durchsetzen,
doch gelingt es nicht dies in der Unternehmenskultur zu etablieren. Hat aber selbst
keine Lust, durch Präsenz und Führung die Kulturausrichtung zu festigen (gegen
viele Versuchungen der jeweiligen Partner). Ist aber so tief enttäuscht, dass er in
dunklen Stunden an Verkauf denkt.
Dies wiederum berührt die Führungscrew, die nun ernsthaft Dialog hält, was wie zu
tun wäre.
Hier ist ein Ausgangspunkt für weitere OE/KE-Prozesse, die zunächst offen sind.
Offen ist aber die Tür für relevante Auseinandersetzung mit Kultur im Unternehmen.
Aus welcher Perspektive gehen wir mit Kultur um? Wirklichkeit ist immer die des
Beobachters. Konstrukt ist ein Zugang zur Wirklichkeit, das dem Beobachter einen
Bezug zu dieser ermöglicht.
ISB- Kulturansatz
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Welche Funktion der Begriff Kultur für uns hat.

Welche Kulturverständnisse für uns bedeutsam sind.

Welche Sichtweisen und Orientierungen wir mit dem Begriff Kultur verbinden.

Welche Konzepte wir mit unserem Zugang zu Kultur verbinden

Welche Haltungen und Methoden für uns und unsere Kunden hilfreich sind.

Welche Implikationen und Konsequenzen sich daraus ergeben
Welche Funktion hat der Begriff Kultur für uns?
Nicht Erklärung von Kultur im Allgemeinen oder bestimmter Kulturen, sondern
Perspektiven für die Auseinandersetzung mit Kultur.
Einladung zum Dialog über bestimmte Kulturen und Gestaltung von Kultur.
Bewusst-Unbewusst
Kultur ist ein Sammelbegriff dafür, wie Wirklichkeit bewusst und unbewusst –
gewohnheitsmäßig oder kreativ gestaltet wird. Da dies im Zusammenspiel
unterschiedlicher Kulturvarianten geschieht, z.B. Kultur der Techniker und der
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Betriebswirtschaftler, kann man die gegenläufigen oder zusammenspielenden
Kulturäußerungen mit dem Kulturbegegnungsmodell der Kommunikation befragen.
Wirklichkeit und
Selbst-Organisation
des BeraterSystems
Professionelle
Begegnung
Wirklichkeit und
Selbst-Organisation
des KundenSystems
Abb. 2: Das Kulturbegegnungsmodell der Kommunikation (Schmid 1991)
Bei Wirklichkeitsgestaltung spielen unbewusste Selbstverständlichkeiten mit
bewussten Gestaltungsgesichtspunkten zusammen oder eben auch gegeneinander.
Bsp.: Man möchte eine auf Neugierde und Experimentierfreude ausgerichtetes
Lernen, findet es aber eine Selbstverständlichkeit, dass am Ende Wissensbestände
als Erfolgskriterium gelten sollen. In jeder Kulturgestaltung spielen also
Wirklichkeits- oder Kulturgewohnheiten den einen wesentlichen Part, meist den
größeren. Deshalb hat Kulturumgestaltung immer auch mit erkannten und
unerkannten Selbstverständlichkeiten zu kämpfen. Diese liegen nicht nur in den
Gewohnheiten der Individuen, sondern eben auch darin, dass wir, ohne es zu
merken uns gegenseitig in vielfältiger Weise darin stimulieren, auf die Gewohnheiten
zurückzugreifen. Die andere Seite ist bewusste Kulturgestaltung. Diese ist dann
Chancenreicher, wenn derjenige kompetent ist, einmal in Selbstwahrnehmung und
Selbststeuerung andererseits aber auch in Kommunikationswahrnehmung und –
gestaltung.
Hierfür Kulturbegegnungsmodell der Kommunikation und Wieslocher
Kompetenzformel.
Gesteigerte Aufmerksamkeit für und Austausch über
Kultur allein trägt bereits zu Kulturentwicklung bei.
Welche Kulturverständnisse sind für uns bedeutsam?
Wir brauchen für unsere Tätigkeiten einen pragmatischen Umgang mit Kultur. Am
Ende soll Kultur nach irgendwelchen Gesichtspunkten verbessert sein, und eine
Zielgruppe sollte sich Kulturverbesserungen zu eigen gemacht haben.
Unser Kulturbegriff
Kultur ist ein Sammelbegriff dafür, wie Wirklichkeit
bewusst und unbewusst /
gewohnheitsmäßig oder kreativ kollektiv gestaltet wird.
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Abb. 3: Das Dialogmodell der Kommunikation (Schmid 1998/2002)
Organisationskulturen
z.B. Kultur der Kulturbegegnung.
Im Zuge der Internationalisierung wird immer deutlicher, dass Gelingen von
internationaler Zusammenarbeit von Kulturbegegnung abhängt und diese nicht allein
dadurch bewältigt werden, dass man Wissen über Kulturkonventionen anderer
Länder lernt.
Beispiel:
Der international agierende Hersteller von Dichtungen Fa. Freudenberg hat diesen
Ansatz in der Schulung von Mitarbeitern weitgehend aufgeben. Es ist mit
Wissenserwerb nicht zu machen. Da sind ja nicht nur die Gewohnheiten
verschiedener Länder, sondern auch die verschiedener Schichten oder
verschiedener Berufe usw.. Stattdessen wird auf eine Kommunikationsschulung
gesetzt, die jede Wirklichkeitsbegegnung als Kulturbegegnung begreift und es wird
ein bewusster Umgang mit den eigenen Wirklichkeiten, die der anderen und den
Versuchen gemeinsame Kulturräume zu schaffen, eine Gemeinschaftswirklichkeit,
an die sich die Akteure anschließen und für deren Gestaltung sie Verantwortung
übernehmen. Dabei erkennt man in der Begegnung von Nationalkulturen den
Spezialfall.
Andere Spezialfälle sind Kulturbegegnungsproblemen bei Unternehmen
Zusammenschlüssen (Bsp. Hypobank/Vereinsbank, dann Hypovereinsbank mit
Generali). Hier begegnen sich Unternehmenskulturen. So viele scheitern oder
verlaufen suboptimal, weil die Begegnung verschiedener Unternehmenskulturen
nicht berücksichtigt und mit dem notwendigen Aufwand und Knowhow gestaltet wird.
Investition in Kulturgestaltung
Man investiert noch leichter in die Zusammenführung von Produktionstechniken,
Finanzierungsmethoden oder It- Systeme. Noch selten nimmt man die
Zusammenführung von Systemen auch unter dem Gesichtspunkt für Menschen
gelebte und lebbare Kultur vor. Erst allmählich begreift man, dass dies wildwüchsig
nicht hinreichend von selbst geht und wie viel Gestaltung dort notwendig ist. Es wird
einiges getan, vielleicht ohne den Kulturbegriff dafür zu verwenden. Neu ist, dass
Unternehmen mit dem Begriff Kultur irgendwie Einsichten, Bereitschaft zum Lernen
und Maßnahmen verbinden. Wie bei allen Entwicklungen dieser Art gibt es dabei
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zunächst illusionäre Vorstellungen, was leicht möglich ist und Fehlformen. Wenn ein
Geschäftsmodell, ein Vergütungssytem, eine Produkt- oder Marktpolitik nicht stimmt,
kann das nicht mit einer Kulturinitiative geregelt werden. Nur, wenn die notwendigen
Entwicklungen Kulturbedingt sind, kann Kulturentwicklung für
Organisationsentwicklung den Boden bereiten. Bsp.: Fa. Festo!
Viele Unternehmen gewinnen die Einsicht, dass kulturbewusste OE
(Qualität/Nachhaltigkeit) Verkrustungen im Unternehmen besser aufbricht als
Rationalisierungskampagnen durch McKinsey.
Kultur und Komplexitätssteuerung
Imme größere Bedeutung erlangt Kultur für die Steuerung komplexer
Organisationen. Es wird immer deutlicher, dass diese durch bewusste und
kontrollierende Prozesse nicht hinreichend zu steuern sind, sondern die Menschen
Gesichtspunkte der Wirklichkeitsgestaltung verinnerlichen und dezentral leben
müssen. Daher rückt Kulturentwicklung als Medium der Organisationsentwicklung
immer mehr in den Vordergrund. Eine der effektivsten Methoden im Umgang mit
Komplexität ist Vertrauen. Doch Vertrauen vs. Kontrolle ist einmal eine
Grundhaltung. Andererseits funktioniert Vertrauen nur, wenn genügend
Kulturgemeinsamkeiten da sind, dass das nicht unter Kontrolle halten wollen auch zu
gemeinsamen oder zumindest komplementären Wirklichkeiten führt. Damit Vertrauen
funktioniert muss in erlebte gemeinsame Kultur investiert werden. Auch Investition in
Kultur ist eine Frage der Ökonomie. Bei aller Wichtigkeit von Diversität, darf Vielfalt
nicht als Legitimation herhalten, sich nicht um Anschlussfähigkeit der eigenen
Kulturbezüge zu kümmern. Der Psychologen darf es nicht egal sein, ob Ökonomen
mit ihren Wirklichkeitszugängen etwas anfangen können, genauso wenig wie den
Technikern nicht egal sein darf, ob ihre Maschinen wirtschaftlich gewartet werden
können.
Auch Investition in Kultur (z.B. neben IT)
Ökonomie der Kulturinvestition (keine Babylonische Verwirrung)
Nachhaltigkeit der Kulturpflege (verderbliches Gut)
Professionskulturen
(und auch wissenschaftliche Disziplinen) dürfen sich also nicht selbst optimieren und
möglichst große Geltung zu erlangen versuchen, sondern müssen sich auch an ihrer
Anschlussfähigkeit und Integrierbarkeit messen lassen. Hierzu erziehen unsere
Coaching-Weiterbildungen: Coaches sind 10-Kämpfer. Gewonnen ist, wenn sie sich
auf viele Disziplinen hilfreich beziehen können und kritische Distanz zum
Dominanzstreben einzelner fachlicher Disziplinen oder Perspektiven im
Unternehmen halten müssen.
Wirklichkeitsimperialismus jeder Art ist in Zeiten, in denen unsere Gesellschaften in
vieler Hinsicht zu desintegrieren drohen out. Stattdessen ist Integrationsfähigkeit
oder zumindest Bemühung um Komplementarität angesagt und sollte als Leitwert zu
jeder fachlichen, professionellen und unternehmerischen Ausrichtung zählen.
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Lernkulturen
Wenn Lernen Kultur erzeugen soll:
Systemqualifizierende Aspekte von Personenqualifizierung. Über Kultur zu lernen ist
weit effektiver als Einzelqualifikation. Im Kulturraum lernen für den gelernt werden
soll. On the job lernen, wenn Kultur das fördert. Gute Kultur holt in jedem die bessere
Seite in den Vordergrund und vernetzt sie miteinander, so dass sie sich
verselbständigt. Mit schlechter Kultur ist das genauso mit den problematischen
Seiten (Prof. fehr, Zürich)
Im Kulturraum lernen, für den gelernt werden soll.
Paradigmenwechsel zu Kultur als Leitdifferenz
Z.B. gestalten wir die Lernprozesse in Unseren Curricula unter dem Begriff
Lernkultur. Produkt Lernkultur in 3 verschiedenen Geschmacksrichtungen :
Systemische Professionalität, systemische Organisations- und Kulturentwicklung und
systemisches Coaching und Teamentwicklung. Hauptprodukt ist Sozialisation in
Lernkultur, Professionskultur und Organisationskultur. Die Curricula sind daraufhin
optimiert, dass die Teilnehmer zu ihrem Lernstil finden, dass sie gemeinsame
Gewohnheiten des berufsbezogenen Lernens entwickeln, dass jeder dabei lernt,
seine Kompetenzen einzubringen, andere optimal im Lernen zu fördern, und dabei
Regie- und Methodenkompetenz für eigenständiges gemeinsames Weiterlernen
erwerben. Nach den zwei Jahren lernen die meisten in kollegialen Lerngruppen
selbstorganisiert weiter. Fast alle beteiligen sich an unserem Alumni-Netzwerk. In
diesem sind mehr als 3000 Professionelle organisiert. Natürlich sind auch Inhalte
wichtig. So lehren wir viele Konzepte und Methoden für professionelle
Selbststeuerung in verschiedenen beruflichen Rollen und Organisationsfunktionen
und für Verständnis von beruflichen Lebenswegen und Organisationsprozessen. Die
Inhaltskonzepte sind dabei am ehesten austauschbar. Sie organisieren unsere
Lernkultur am wenigsten. Schon mehr der Umgang mit Inhaltkonzepten für den
Fokus Mensch-Beruf und Mensch Organisation. Am meisten aber die Art des
Lernens. Sie soll personal sein. Sie soll abstrahierend und situativ neu
konkretisierend sein. Sie soll soweit möglich vereinfachend sein, aber soweit nötig
differenzierend usw.
Die Lernkultur soll prototypisch sein für intelligentes Alltagslernen im Berufsleben.
Beispiel kollegiale Beratung. Daher Didaktik auf selbstorganisiertes Lernen zwischen
Professionellen bei großer Diversität (Vorbildung/berufliche Funktionen/Felder/
Organisationstypen/gesellschaftliche Felder).
Dabei versuchen wir den Teilnehmern eine bereichernde Beziehung zur Berufs- und
Organisationswelt nahezubringen unter dem Begriff Organisationskultur, ebenso ein
Verständnis davon, in welcher Weise Menschen in Organisationen in fruchtbarer und
menschlicher Weise miteinander wirtschaften unter dem Begriff Organisationskultur
und wenn wir dabei die Belange der Menschen und langfristigem Vitalitätserhalt
dabei gestalten können.
Kultur ist eine Frage des Wie. Natürlich auch des Was. Z.B. Was wird gelehrt. Doch
die Kultur, die dabei gelehrt wird ist eine Frage des wie. Da in unseren Curricula sehr
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viele Inhalte gelehrt werden, definieren wir uns in erster Linie durch die Kultur, die wir
lehren. Die Wiesloch-Kultur ist es auch in erster Linie, weshalb die Menschen zu uns
kommen.
Dabei gibt es bei uns keine Lehre über richtige Kultur oder Werte im Unternehmen.
Die Wahrscheinlichkeit dass Menschen Kultur durch Vermittlung des Was
aufnehmen und selbst mitgestalten lernen ist relativ gering.
Kultur wird nur durch Kultur gelehrt und Beispiele machen Schule.
Aber wir beschränken uns nicht auf persönliches Verhalten und Vorbild, sondern
leben und Vermitteln eine Didaktik, über die andere Aufmerksamkeiten und positive
Kulturbeiträge gelernt werden. Und natürlich gestalten wir die Rahmen, dass sie die
gewünschte Kultur befördern und nicht Kultur schlechte Rahmenbedingungen
kompensieren soll. Und wir thematisieren die Rahmengestaltung als Kulturelemente
und regen unsere Teilnehmer an, selbst anderen positive Rahmen zu bieten soweit
sie diese gestalten können. Die meisten Menschen verkürzen die Betrachtung von
Rahmen auf die, in die sie sich gestellt glauben, beachten weniger die, die sie
anderen bieten. Also eine schwer zugängliche Betreuung der eigenen Arbeit wird
leicht als schwieriger und veränderungswürdiger Rahmen gesehen, nicht aber die
Verfügbarkeit gegenüber den Studenten die man selbst betreut.
Der Mensch ist des Menschen Kulturrahmen!
Systemintelligenz und Kultur
Als Gegenmodell zu fest organisierten Apparaten wird heute häufig in flexiblen
dezentral gesteuerten Organisationen mit Schwarmintelligenz gedacht. Beispiele
sind dafür value-networks über Unternehmensgrenzen hinweg, etwa die
Zusammenarbeit von TÜV, Zulassungsstellen, Autowerkstätten etc. oder
Beraternetzwerke, die ohne eine feste Verfasstheit zu entwickeln, dennoch auf Zeit
für große, oft auch internationale Aufträge zusammenarbeiten. Ihr Zusammenspiel
für solche Projekte detailliert zu regeln, wäre schon wieder zu unökonomisch. Es
unzureichend zu regeln, auch. Die beste Klammer ist daher ein gemeinsamer
Kulturrahmen, der gemeinsame Ausrichtung in wesentlichen Dimensionen und
schnelles Aneinanderkoppeln ermöglicht, auch wenn Inhalte, Rollen,
Zuständigkeiten, Schrittfolgen usw. erst auf dem Weg geregelt werden. Man setzt
hier auf Schwarmintelligenz. Doch um aus Intelligenz Einzelner erst
Schwarmintelligenz zu machen sind Steuerungsmechanismen und
Abstimmungsroutinen erforderlich, die eben unter dem Begriff Kultur gefasst werden
können. Die Intelligenz solcher Systeme liegt vorrangig zwischen den Individuen also
in den Beziehungen und ihrer Logik. Natürlich müssen die Individuen daran
anschlussfähig gemacht werden. Dies wiederum kann nur zum Teil über bewusste
Steuerung erfolgen, sondern wird durch kulturgeprägte Intuition erreicht, die sehr viel
schnellere und auf vielen logischen Ebenen gleichzeitig erfolgende Abstimmung
möglich macht. Da diese Beschreibung aber wieder für jede Kulturelle Abstimmung,
auch für Lemminge aller Art gilt, bedarf es der auch bewussten kritischen Schulung
dieser intuitiven Abstimmungen. Damit die neu gelernten Abstimmungen dann wieder
zur Geltung kommen, müssen sie in die intuitive Steuerung übernommen werden.
Kulturschulung bedeutet Schulung des Zusammenspiels mit anderen, des sich
gegenseitig situativ Ausrichtens, des ständigen Nachjustierens von notwendiger
Gemeinschaftswirklichkeit und der wesensgemäßen Einbindung der Menschen, die
so zusammenspielen. Es geht also um nicht schematische Passungen aller Art:
Passungen der Wirklichkeitsverständnisse, der Rahmenbestimmungen, der
Rollenverteilungen, der Prozesssteuerung der Schrittfolgen, der jeweiligen
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Gütekriterien für stimmige Vorgehensweisen unter Unsicherheit etc. Schulung dafür
geht nur im Zusammenspiel von bewusst-methodisch und unbewusst-intuitiv
Steuerungen der Individuen ausgerichtet auf Beziehungsgestaltung und Anregung
anderer zu Komplementärer Selbststeuerung. Schulung dieser Art geht nur durch
exemplarisches Kulturerleben. Oder Kurz gesagt: Nur Kultur erzeugt Kultur und
Beispiele machen Schule. Z.T. durch intuitives Begreifen der darin verwirklichten
Steuerungsprinzipien z.T. durch deren bewusste Analyse. Kulturschulung bedeutet
daher exemplarische Schulung in abgestimmter Steuerung durch
Beziehungsgestaltung. Es versteht sich von selbst, dass dies allein durch
Inhaltsvermittlung nicht zu leisten ist.
Einbeziehung von Inhalten, Konzepten, Methoden. = Konzeptpolitik des ISB.
Einbeziehung des ganzen Menschen, ohne ihn zum Ersatz-Inhalt zu machen. Also
die Wesensart und die Selbstverwirklichungstendenzen der beteiligten Akteure, ihr
ganz eigenen Stilarten der Wirklichkeitserzeugung mitberücksichtigen, aber als Oberund Untertöne der Kulturmusik, die dabei gespielt wird. Während die Melodie wird
durch den jeweiligen Organisationszweck bestimmt wird, macht die dabei gelebte
Kultur die Musik.
068 Auf dem Weg zu einer Verantwortungskultur im Unternehmen - B. Schmid u. A. Messmer 2004
Auszug: Institutsschriften, Länge 13 Seiten. Erschienen in: LO- Lernende Organisation. Zeitschrift für
systemisches Management und Organisation, Nr. 18, März/April 2004.
133 Plädoyer für eine durch Kultur gesteuerte Organisation - B. Schmid u. S. Meyer 2010 Auszug:
"Organisation 2.0 - Plädoyer für eine durch Kultur gesteuerte Organisation." Von Bernd Schmid und Susanne
Meyer. Institutsschriften, 14 Seiten.
019 Kulturverantwortung in Unternehmen - B. Schmid 2009
Auszug: "Kulturverantwortung in Unternehmen" von Bernd Schmid (1996, Studienschrift Nr. 019) erscheint
04/2009 neu in perspektive: blau - ein Online-Wirtschaftsmagazin. Dazu auch das Audio Kulturverantwortung
(Nr. 348).
043 Persönlichkeitsentwicklung, professionelle Begegnung und Kulturentwicklung - B. Schmid 2001
Auszug: In: LO - Lernende Organsiation 06/2002
047 Organisations- und Professionskultur - B. Schmid 2002
Auszug: siehe Band III, Kap. 13, in: profile - Zeitschrift für Veränderung, Lernen, Dialog 04/2002, Länge 12
Seiten;
005 Unternehmenskultur - B. Schmid 1989 Auszug: "Unternehmenskultur: Man muß
Macht, Verantwortung und Können richtig zuordnen". In: Titelgespräche der KOMHauszeitschrift der SEL-Gruppe Nr. 4, 39. Jahrgang, S. 3-6,
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