PIK-Prüfung vom Jänner 2016

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Prüfung intra- und transkulturelle Kommunikation
Termin: Jänner 2016
Der Ausgangstext ist die gekürzte Version eines am 16.11.2015 in Berlin von Christian
Lehner geführten Interviews mit dem Islamexperten Ahmad Mansour zum Thema
Terrorismus in Europa. Das Interview wurde auf der Webseite des österreichischen
Radiosenders FM4 veröffentlicht.
Gestalten Sie für die nachfolgend formulierten Situationen Texte in Ihren drei
Arbeitssprachen basierend auf den Informationen des Ausgangstextes. Achten Sie
darauf, Ihre Zieltexte in Makro- und Mikrostruktur dem Auftrag entsprechend zu
texten. Ihre Texte sollen ca. 250 Wörter umfassen. Die Beurteilung der Zieltexte erfolgt
basierend auf dem PIK-Beurteilungsraster.
Auftrag 1 – Textproduktion A-Sprache/-Kultur (ca. 250 Wörter):
Der Verlag, bei dem Ahmad Mansours Buch bzw. eine Übersetzung des Buches in Ihre ASprache erschienen ist, publiziert zweimal im Jahr ein 30-seitiges Werbemagazin, das
Kundinnen und Kunden von Buchhandlungen gratis erhalten. In diesem Magazin werden
jeweils die neu erschienenen Bücher und ihre AutorInnen vorgestellt. Verfassen Sie auf der
Basis der Informationen im Ausgangstext einen Text für diesen Zweck.
Auftrag 2 – Textproduktion B-Sprache/-Kultur (ca. 250 Wörter):
Ahmad Mansour verfasst einen Gastkommentar für eine Qualitätstageszeitung Ihrer BSprache/-Kultur, in dem er für die Verantwortung der Gesellschaft und Politik europäischer
Länder, in Anbetracht der Radikalisierung junger Menschen aktiv zu werden, plädiert.
Auftrag 3 – Textproduktion C-Sprache/-Kultur (ca. 250 Wörter):
Für die Vorbereitung einer Diskussionsrunde in einem internationalen Studierendenclub Ihrer
C-Sprache/-Kultur werden die Positionen verschiedener europäischer ExpertInnen zu den
Terroranschlägen in Paris zusammengefasst dargestellt. Verfassen Sie einen Text für diesen
Zweck über die Position von Ahmed Mansour.
Ausgangstext (886 Wörter):
"Die Jungen nicht den Salafisten überlassen"
Der Islamexperte Ahmad Mansour über die Hintergründe der Anschläge in
Paris, den Neid der Terroristen und wie wir alle darauf antworten sollten.
In seinem neuen Buch "Generation Allah - Warum wir im Kampf gegen
religiösen Extremismus umdenken müssen", versucht der Islamexperte und
Psychologe Ahmad Mansour den Motiven junger Dschihadisten in Europa auf
die Spur zu kommen. Er selbst ist in einem arabischen Dorf in Israel
aufgewachsen und als Jugendlicher in die Fänge religiöser Fanatiker geraten.
Heute lebt Mansour in Deutschland und engagiert sich als Psychologe und
Sozialarbeiter gegen den Extremismus. Er fordert eine innere Reform des Islam
und eine Gesellschaft, die sich aktiver gegen die Radikalisierung Jugendlicher
einbringt.
In ihrem Buch „Generation Allah“ schreiben Sie, dass die Frage nicht lautet, ob es neue
Terroranschläge in Europa geben wird, sondern wann. Am Freitag ist es tatsächlich wieder
passiert und wieder war Paris das Ziel. Warum?
Ahmad Mansour: Das hat mit den Strukturen des Terrorismus zu tun. In Frankreich und in
Paris sind die eben sehr gut ausgeprägt. Die Terroristen haben dort jederzeit die Möglichkeit,
Anschläge zu planen und durchzuführen. Dazu kommt natürlich, dass sich Frankreich im
militärischen Kampf gegen den IS stärker engagiert als andere. Aber es geht nicht nur um
Frankreich, sondern um Europa, um die Art, wie wir zusammenleben, um unsere Demokratie
und Freiheit und um die Vielfalt unserer Gesellschaft.
Die Terroristen sind meist sehr jung, viele der Opfer in Paris waren das auch. Sehen Sie
einen Zusammenhang in der Altersstruktur?
Die Terroristen wollen jene angreifen, die feiern und die ihre Freiheiten genießen. Auch sie
sind jung, suchen Orientierung und Halt. Sie werden durch eine sehr gefährliche Ideologie
einer Gehirnwäsche unterzogen. Plötzlich gehören sie zu einer Elite. Ihnen wird gesagt, sie
können die Welt erobern und in die Nachrichten gelangen. Wir merken seit Jahren, dass die
Radikalisierungstendenzen unter Jugendlichen zunehmen. Das hat ein Potenzial erreicht, das
dazu geführt hat, dass diese Jugendlichen mittlerweile zu Anschlägen in solchem Ausmaß wie
in Paris fähig sind. Aber die Basis dieser Radikalisierung ist viel breiter, als wir denken und
uns eingestehen wollen.
Der deutsche Comedian Jan Böhmermann hat auf Facebook geschrieben: „Hassen uns die
Islamisten wirklich oder sind sie bloß neidisch?“
Tiefenpsychologisch glaube ich, dass es hier um nicht artikulierte Wünsche geht. Diese
Freiheit, der Umgang mit der Sexualität, die Gleichberechtigung, die Meinungsfreiheit und
Religionsfreiheit, das sind Veranlagungen, die in jedem Menschen stecken. Das ist unsere
Natur. So wollen wir eigentlich leben. Aber wenn ich mit einer Ideologie aufwachse, wo
solche positiven Aspekte verteufelt und als Sünde dargestellt werden, dann entsteht ein
Gewaltpotential, das glücklicherweise nur in sehr wenigen Fällen auch tatsächlich zu Gewalt
führt.
Liegt dann für diese Jugendlichen im Akt des Terrors eine Freiheit, ein Exzess, der im
Westen zum Beispiel in der Popkultur ausgelebt wird?
Ein Rockkonzert ist natürlich ein Symbol für Demokratie und Freiheit. Für Islamisten ist es
umgekehrt ein Symbol für sündhaftes Leben. Es ist für sie das Gegenteil von dem, was Gott
von uns erwartet.
Geht es auch darum, sich Lust zu verschaffen in einer Ideologie, die eigentlich
Lustfeindlichkeit zum Prinzip erhoben hat?
Wenn man sich anschaut, was sich diese Menschen vom Paradies erhoffen, merkt man, dass
sie dort alles erwartet, was sie im Leben nicht erreichen konnten oder nicht erreichen durften.
Natürlich sind das Wünsche, die vor allem junge Menschen ansprechen.
Terror mit islamistischem Hintergrund gibt es seit Jahrzehnten. Warum hat sich das in den
letzten Jahren potenziert?
Das hat nichts mit „Jetzt“ zu tun. Wir haben schon in der Vergangenheit immer wieder
Anschläge erlebt: in Europa, im Irak, in Israel, in den USA, überall. Der Terror in Paris war
aber sehr gut vorbereitet. Der Islamische Staat hat das wahrscheinlich finanziert und
Infrastruktur zur Verfügung gestellt. Das war in der Vergangenheit nicht so leicht möglich. Es
wird in Zukunft sicher weitere Anschläge geben.
Viele dieser Jugendlichen radikalisieren sich nicht im Nahen Osten, sondern in Europa.
Seit gut drei Jahren beobachten wir das Phänomen, dass Menschen, die hier geboren und
aufgewachsen sind, mit Migrationshintergrund oder ohne, sich radikalisieren. Tausende von
ihnen konnten mehr oder weniger ungehindert nach Syrien oder den Irak gehen und sich dort
dem IS anschließen. Jetzt ist der Weg dorthin schwieriger geworden und der IS wird stärker
bekämpft. Das ist natürlich gut. Dass manche Terroristen den Feind nicht in Syrien oder im
Irak bekämpfen wollen, sondern hier in Europa, stand als Potenzial aber immer schon im
Raum.
Wie haben diesbezüglich Gesellschaft und Politik versagt?
Wir haben es mit zu viel Aktionismus zu tun. Journalisten zum Beispiel reagieren nur, wenn
Anschläge gemacht werden. Sie führen kein Interview mit mir, wenn es ruhig ist. Aber diese
Ruhe ist relativ. Experten weisen seit Jahren auf die Radikalisierungstendenzen hin. Heute
sind die Salafisten die besseren Sozialarbeiter. Sie sprechen die Jugendlichen im Netz an, aber
auch auf der Straße, dort wo die Jugendlichen oft nichts mit ihrem Alltag anfangen können,
wo sie Zweifel haben, depressiv sind, sich nach Erlösung sehnen. Und wir, die
Mehrheitsgesellschaft, die Pädagogen und Politiker sehen weg. Wir geben nach Anschlägen
immer wieder ein paar Millionen für diverse Projekte, aber das reicht nicht. Das ist ein
Generationsproblem. Wir verlieren viel zu viele Jugendliche. Die beginnen ja nicht als
Terroristen. Sie stellen zunächst Werte in Frage oder lehnen sie ab. Wir müssen eine direktere
Sprache sprechen, unsere Werte attraktiver für diese Menschen machen und sie besser
vermitteln.
[…]
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