Wirkung von Wasser in Landschaft und Garten / Landscape

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Hans Hermann Wöbse
Landschaftsästhetik –
Wirkung von Wasser in Landschaft und Garten auf den Menschen
Es ist immer dasselbe mit den Wissenschaftlern: immer haben sie das Bedürfnis, die
Begriffe, über die diskutiert werden soll, zu definieren, um sicher zu gehen, wirklich über
dasselbe und nicht aneinander vorbei zu reden: Ästhetik - Wasser - Landschaft und Garten.
Ich will mich bei den Definitionen dieser drei Begriffsfelder kurz fassen – ich habe darüber
ein Buch geschrieben, mit dessen Hilfe Sie manches von dem, was ich hier nur
andeutungsweise ausführen kann, vertiefen können. Ich halte es wie die
Gesprächsteilnehmer einer Fernseh-Talkshow, die die Einladung zum Gespräch dazu
nutzen, ihr Buch anzupreisen.
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Aber ich zeige Ihnen diesen Buchdeckel nicht, um Reklame zu machen, sondern um zu
verdeutlichen, dass Wasser und Ästhetik in einer engen Beziehung zueinander stehen. Das
obere Bild zeigt ein kleines Flüsschen, an dessen Ufer sich ein Buchenwald ausbreitet. Das
Wasser spiegelt die Welt, in diesem Fall den Herbst. Das zweite Bild zeigt Wasser in einem
Torfstich, das den Himmel spiegelt, die Zeit, das Universum, die Ewigkeit. Der Ausschnitt der
Kurhannoverschen Landesaufnahme am Ende des 18. Jahrhunderts zeigt einen natürlich
mäandrierenden Wasserlauf, Inbegriff einer natürlichen Gestalt. Auf Form und Gestalt werde
ich später zu sprechen kommen.
Ästhetik, sei, so weit ist man sich vordergründig einig, die Wissenschaft oder die Lehre von
der sinnlichen Wahrnehmung. Das sei jedoch, so musste man bald feststellen bei Weitem zu
wenig: Ästhetik sei vielmehr die Wissenschaft oder die Lehre von der sinnlichen Erkenntnis.
Also mehr als die Bilder unserer Lebenswelt, sondern die geistige Auseinandersetzung mit
ihnen, das Einbeziehen von Assoziationen, Querbezüge zu Geistes- und Naturwissenschaft
bis hinein in die Bereiche der Metaphysik und der Religion.
Das zweite Begriffsfeld: Landschaft und Garten. Der naturorientierte Freiraum unserer
Lebenswelt, den wir als Wert erkannt haben (oder auch nicht!), den wir pflegen, bebauen
und bewahren, aber auch zerstören, an dem unser Leben hängt, den wir in einem
permanenten Prozess Verändern und gestalten. Am Landschaftsbegriff haben sich
Generationen von Geographen die Zähne ausgebissen. Ich habe mir gedacht, versuch’s
doch mal mit den Kindern; denn: Kindermund tut Wahrheit kund. Also frage ich meine
Enkelkinder: Rufus (8) und Anna-Marie (7): Was ist Landschaft? Rufus, wie aus der Pistole
geschossen: Natur. Anna-Marie nach einigem Überlegen: Natur. Sicher wichtig, richtig, aber
Natur ist ja noch nicht alles. Alexander von Humboldt prägte den Begriff Totalcharakter, der
sich mit dem Ästhetik-Begriff recht gut vereinen lässt. Mir ist bisher keine bessere Definition
begegnet als die, die man Humboldt zuschreibt: Landschaft ist der Totalcharakter einer
Erdgegend. Die Definition des Begriffes Garten überlasse ich meinen Berufskollegen, Dieter
Hennebo und anderen. Ich betrachte Gärten jeweils als ein von der freien Landschaft
abgesondertes, eingegrenztes Stück der freien Landschaft, das mehr dem Haus, der
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Wohnung zugeordnet werden kann und den individuellen Gestaltungswillen seines Besitzers
zum Ausdruck bringt.
Neben der Sicherung materieller Lebensgrundlagen hat bei der Gestaltung von Landschaft
und Garten das Bedürfnis nach Schönheit immer eine erhebliche Rolle gespielt. Das findet
seinen Niederschlag u. a. in der Landschaftsmalerei. Bei der Betrachtung von
Landschaftsbildern spielen meiner Ansicht nach zwei Begriffe eine wichtige Rolle, die es
auseinanderzuhalten gilt, nämlich die Begriffe Form und Gestalt. Fahrlässiger Weise
verwenden wir Form und Gestalt synonym.
Der Philosoph Kurt Huber hat in seinem Buch „Ästhetik“ die Begriffe folgendermaßen
unterschieden:
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GESTALT
Gestalt ist ein von innen heraus organisch sich Entwickelndes;
Gestaltung trägt den Charakter des Individuellen.
FORM
In dem Begriff Form steckt der Gedanke des Allgemein-Gültigen:
Form hat den Charakter des Objektiven.
Kurt Huber
Das bedeutet: das, was die Natur hervorbringt, wird Gestalt, es entwickelt sich organisch,
nicht immer als Lebendiges, stets aber Naturgesetzlichkeiten folgend. Gestalt verkörpert
Individualität. Alle Bäume einer Art beispielsweise haben ihre individuelle Gestalt. Natur, so
kann man sagen, gestaltet. Jedes Individuum, einer Baumart etwa, ist ein
unverwechselbares Individuum, das als ästhetisches Alleinstellungsmerkmal angesehen
werden kann. Gestalt, so könnte man sagen, ist das charakteristische Merkmal natürlicher
Entwicklung. Natur ist infolge ihrer Vielfalt und Eigenart schön.
Der Mensch hingegen formt. Was er baut, unterliegt der Forderung des Allgemeingültigen.
Windkraftanlagen eines Herstellers und desselben Typs sind verwechselbar. Form, so
könnte man sagen, ist ein charakteristisches Merkmal anthropogener, baulicher,
konstruktiver Elemente. Menschliche Produkte neigen aufgrund ihrer Monotonie und
Verwechselbarkeit dazu, anders als die Produkte der Natur, Langeweile hervorzurufen.
Überall, wo wir in die Natur eingreifen, sie verändern, hat die Form Vorrang. Form dominiert
die Gestalt, Naturwissenschaft dominiert Geisteswissenschaft. Wir sollten es als eine
unserer wichtigsten Aufgaben sehen, bei der Entwicklung unserer Lebenswelt zu einer
Ausgewogenheit zwischen Form und Gestalt zurückzukehren.
Wenn ich das so sage, könnten Sie das als Aufforderung zum Widerspruch auffassen. Ich
darf Sie beruhigen: wenn ich das betrachte, was Ihre beruflichen Aktivitäten betrifft, gehören
Sie nicht zu den hier von mir scheinbar herabgestuften Formgebern oder Formalisten, denen
ich die Berufsfelder der Bauingenieure und Architekten zuordnen würde. Allein das Medium
Wasser als Ihr Baustoff, dessen Eigendynamik Sie Spielraum geben, hat immer wieder die
Möglichkeit, sich von innen heraus organisch zu entwickeln.
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Begriffspaare wie Form und Gestalt bieten die Möglichkeit, in der Auseinandersetzung mit
ihren Gegensätzlichkeiten manches zu differenzieren und zu klären. So auch das folgende
Gegensatzpaar. Kennen Sie den Unterschied zwischen einem Spezialisten und einem
Generalisten?
Ein Spezialist, so sagt man, ist ein Mensch, der immer mehr über immer weniger weiß, bis er
schließlich alles über nichts weiß. Und ein Generalist, als sein Gegenüber, ist ein Mensch,
der immer weniger über immer mehr weiß, bis er schließlich nichts über alles weiß.
Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind Spezialisten, Sie befassen sich mit
Schwimmteichen, ich, als Ihr heutiges Gegenüber, bin Generalist, weiß von alledem wenig,
dafür befasse ich mich mit Landschaftsästhetik, mit sinnlicher Erkenntnis, mit Landschaft und
ihrer Kultur.
Wir alle, Sie und ich, sind unterwegs, wir entwickeln uns. Haben wir ein Ziel? Haben Sie ein
Ziel? Sie möchten mehr wissen, mehr erfahren über ihr Metier, Grenzerfahrungen
sozusagen. Gelegentlich werden Sie sich Fragen stellen, die über Ihr eigentliches Berufsfeld
weit hinausreichen. Sie wissen über das Segment Ihres Berufsfeldes viel, wenn auch längst
noch nicht alles, und ich habe mich längst noch nicht mit allen Fragen beschäftigt, die das
Ganze unseres letztlich gemeinsamen Berufsfeldes ausmachen.
Lernen wir also voneinander: Ich von Ihrem speziellen Fachwissen, Sie vielleicht ein wenig,
immer wieder Fragen zu stellen, die über das Spezielle hinausgehen.
Reden wir über Wasser, den dritten Begriffskomplex in der Überschrift meines Vortrages.
Machen wir uns ein paar Gedanken über die Ästhetik, die sinnliche Wahrnehmung und die
sinnliche Erkenntnis des Wassers.
Wenn wir über die sinnliche Wahrnehmung sprechen, können wir die klassischen fünf
Bereiche unterscheiden, nämlich den Gesichts-, Gehör-, Geruchs-, Tast- und den
Geschmackssinn. Das Zusammenwirken mehrerer Sinnesorgane bezeichnen wir als
Synästhesie. Bei der Synästhesie spielen Erfahrung und Erinnerung eine wichtige Rolle.
Stellen Sie sich vor, Sie hätten vor sich mehrere Gläser mit Wasser. Das eine ist
beschlagen: Sie erwarten, dass es kalt ist. In dem zweiten Glas sehen Sie Perlen aufsteigen:
Sie erwarten die bekannte Kohlensäurewirkung auf der Zunge, im dritten Glas sehen Sie
eine 4trübe, vielleicht an-rüchige Flüssigkeit. Sie werden sie unberührt stehenlassen. Im
vierten Glas eine leicht gelbliche Flüssigkeit: Sie müssen den Geruchssinn bemühen, um zu
bewerten: ist es ein Fruchtsaft aus Apfel, Holunder, Zitrone, ist es ein Weißwein? Im fünften
Glas etwas Dunkelrotes: Kirschsaft vielleicht? Oder Rotwein? Hier hilft vermutlich neben dem
Gesichts- und dem Geruchssinn der Geschmackssinn weiter: es könnte ein Italiener sein,
ganz weit südlich. Apulien vielleicht? Das meine ich mit Synästhesie.
Am wichtigsten bei der sinnlichen Wahrnehmung aber sind immer die Bilder, die optischsinnliche Erfahrung unserer Lebenswelt. In der Regel ist mit der optischen Wahrnehmung
eine synästhetische Erfahrung gekoppelt, die zu einer spontanen Bewertung führt: schön
oder häßlich, zu einer spontanen Entscheidung: Akzeptanz oder Inakzeptanz, Sympathie
oder Antipathie. Dürfen wir uns auf solche Bewertungen verlassen?
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Zurück zum Wasser.
Wir wissen, was nass und was trocken ist. Schon der Säugling vermag dies zu
unterscheiden und seinem Wohlgefallen oder Missfallen Ausdruck zu verleihen. Wir spüren
bei unmittelbarem Kontakt, ob Wasser eiskalt, kühl, lauwarm, warm oder heiß ist. Wir wissen,
was Süßwasser von Salzwasser unterscheidet, obwohl das sogenannte Süßwasser gar nicht
süß ist. Und damit sind wir bereits bei dem Unterschied zwischen einer Bewertung des
Gegenstandes Wasser mit naturwissenschaftlichen Kriterien und seiner sinnlichen
Wahrnehmung. Immer wieder stellt sich die Frage: Sind unsere Sinnesorgane zuverlässig?
Ich nehme an, Sie kennen alle das folgende Experiment: drei Schüsseln mit Wasser: in der
ersten kaltes die, in der zweiten lauwarmes und in der dritten heißes Wasser. Sie halten die
eine Hand in die Schüssel mit kaltem, die andere in die mit heißem Wasser. Nach einer
Minute stecken Sie beide Hände in die mittlere Schüssel mit dem lauwarmen Wasser. Was
passiert? Jede Hand leitet einen anderen Sinneseindruck an das Gehirn weiter. Für die
Hand, die aus der Kälte kommt erscheint der Inhalt der mittleren Schüssel wärmer zu sein
als für die, die aus der Wärme kommt. Unsere Sinne signalisieren relative, keine absoluten
Differenzen. Ein Beispiel dafür, dass die Wahrnehmung unserer Umwelt mit Hilfe unserer
Sinnesorgane ein Mittel ist, mit dem wir immer behutsam verfahren sollten. Und: was für den
einen gut oder angenehm ist, muss es für den anderen noch lange nicht sein.
Vordergründig scheint das, was ich Ihnen vortragen werde, nicht so furchtbar viel mit Ihrem
Metier zu tun zu haben. Aber das täuscht! Wenn Sie die richtigen Fragen stellen, werden Sie
es merken. Ich werde am Ende meines Vortrages noch einmal darauf zurückkommen.
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Im Folgenden einige Gedanken über das Wasser. Ich möchte sie untergliedern in
1. Naturwissenschaftliche Aspekte,
2. Geisteswissenschaftliche, wirtschaftliche und kulturlandschaftliche Aspekte,
3. Ästhetische Aspekte sowie
4. Ethische und Umweltaspekte
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1.Naturwissenschaftliche Aspekte
Wir wissen aus der Biologie, dass Leben ohne Wasser undenkbar ist. Es heißt, das Leben
komme aus dem Wasser. Nicht zuletzt deshalb ist es ein ständiges Bemühen der
Weltraumforschung, im Kosmos nach Wasser Ausschau zu halten. Man habe, so lasen wir
kürzlich, jetzt einen erdähnlichen Planeten im All gefunden, allerdings 1400 Lichtjahre von
uns entfernt. Fasziniert haben mich immer die wissenschaftlichen Darstellungen der
Entstehung organischer Substanz mit Hilfe der Sonnenenergie, also der Photosynthese.
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6 CO2 + 12 H2O + 675 kcal
C6H12O6 + 6 O2 + 6 H2O
Wasser in der Ökologie, ein umfassendes Thema. Viel reden wir über Biodiversität, über
Kreislaufprozesse, über Umweltverschmutzung, Schadstoffe, Plastikmüll. In diesen
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Kreislaufprozessen spielt das Wasser eine wichtige Rolle als Medium für den Stofftransport
in fester undflüssiger Form.
In der Chemie und Physik, den beiden klassischen Grundlagenfächern der
Naturwissenschaft, ist Wasser ebenfalls ein ganz zentraler Gegenstand. Die Physik,
entscheidendes Bindeglied zwischen Natur- und Geisteswissenschaft (etwa der Astrophysik)
und der Philosophie. Wichtige Maßeinheiten in Wissenschaft und Alltag, wie Liter, Kilogramm
oder Grad Celsius deuten auf das Wasser im Kontext ihrer Entstehung. Die Celsiusgrade
von 0 und einhundert dokumentieren sich im Landschaftsbild und in der sinnlichen
Wahrnehmung verschiedener Aggregatzustände: in fester Form als Hagel, Schnee und Eis,
in flüssiger Form als Nebel, Regen oder Wasser von der Quelle über Bäche, Flüsse, Ströme
bis hin zum Meer, und schließlich gasförmig als Wasserdampf.
Mit den verschiedenen Aggregatzuständen in der Atmosphäre, mit dem Einfluss der
Temperatur auf die Luftströmungen setzen sich die Klimatologie und die Meteorologie
auseinander.
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Nimbus, etwa, die Haufenwolken, Alto-Kumulus – Schäfchenwolken oder Cirro-Cumulus –
Federwolken. Bei Temperaturen unter 0 Grad wird der Niederschlag zu Schnee, Hagel oder
Reif, was wir in unseren Breiten mit dem Winter verbinden.
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Flachland: Winter im Winter. Ein Landschaftsaspekt, der im Zuge seiner zunehmenden
Seltenheit an Wert gewinnen wird.
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Gebirge: Winter im Sommer, hier auf dem Ätna auf Sizilien. Die Nähe von Wasser und Feuer
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Auch in der Erdbeschreibung, also der Geographie ist das Wasser, das Flüssige neben dem
Festen, als Objekt sinnlicher Erkenntnis eine wichtige Komponente. Drei der Geographie eng
verbundene Wissenschaftsbereiche sind die Hydrologie, die sich mit globalen und lokalen
Wasserkreisläufen, mit Süß- und Salzwasser, oder auch mit der Selbstreinigungskraft des
Wassers beschäftigt. Hier bewegen wir uns in der Nachbarschaft der Limnologie, die das
Lexikon als Wissenschaft von den Binnengewässern als Ökosystemen definiert, die die
Struktur, den Stoff- und Energiehaushalt, deren biologisch-ökologische Struktur und Funktion
sie erforscht, und deren abiotische und biotische Prozesse sie zu quantifizieren sucht. Eine
Definition, die Ihnen in Ihrem beruflichen Metier sehr vertraut sein dürfte. Und: wie es denn
so ist mit wissenschaftlichen Definitionen, die bei allem Streben nach Exaktheit und
Vollkommenheit gelegentlich etwas Entscheidendes außer Acht lassen: kein Wort über die
Ästhetik des Wassers bzw. der Gewässer.
Lassen Sie mich an dieser Stelle zwei ästhetische Aspekte der Ozeanographie bzw. der
Meeresbiologie ansprechen. Wie sieht es aus mit unserer Vorstellung, mit unserer sinnlichen
Erkenntnis der Verteilung von Wasser und Land?
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Wenn wir die Weltkarte einmal etwas anders betrachten als der Fernsehzuschauer bei den
Tagesthemen, wenn wir nämlich unsere Erde in eine Land- und eine Wasserhemisphäre
aufteilen, stellen wir fest, dass die Landhemisphäre zu 47 % aus Land und zu 53 % aus
Wasser besteht. Sie umfasst ganz Europa, Afrika, Nordamerika und Grönland, etwa 95 %
von Asien (bis auf fernöstliche Küstenzonen) und zwei Drittel von Südamerika1.
Genau gegenüber, mit Zentrum im südwestlichen Pazifik, liegt die Wasserhemisphäre.
Sie besteht zu 89 % aus Wasser und zu 11 % aus Land. Von den Kontinenten bzw. der
Landmasse liegen in ihr nur Australien, die Antarktis und ein kleiner Teil Asiens (südöstlicher
Teil des Indonesischen Archipels) und Südamerika2. Wenn man von Australien mit dem
Schiff nach Mittelamerika reist, gewinnt man einen Eindruck von den unendlichen
Wassermassen, die man sich ohne diese Erfahrung kaum hätte vorstellen können.
Von diesem ästhetischen Aspekt komme ich auf einen anderen. Wir lesen bisweilen über die
erschreckenden Massen von Plastikmüll, der sich in den Weltmeeren, also auf zwei Dritteln
der Erdoberfläche ansammelt. Wenn wir von Müll reden, verbinden wir mit diesem Begriff
eine ästhetische Negativerfahrung. Infolge bestimmter Meeresströmungen sammelt sich
dieser Plastikmüll in bestimmten Regionen an, so etwas im Nordpazifik, wo er sich auf einer
Fläche konzentriert, die so groß ist wie ganz Mitteleuropa. Hier zirkulieren etwa 100 Millionen
Tonnen Kunststoffmüll. Der Plastikmülleintrag in die Weltmeere liegt in einer Größenordnung
von 8 Mio. Tonnen pro Jahr. Zur Veranschaulichung: Um diese Menge zu transportieren,
braucht es 400.000 Güterwagen, was einem Güterzug von 5600 Kilometern Länge
entspricht, also fast der Distanz vom Nordkap bis zur Südspitze Italiens.
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2. Geisteswissenschaftliche Aspekte
Lassen Sie mich kurz auf die Frühzeit der Klassischen Abendländischen Kultur zu sprechen
kommen. Wenn wir uns mit griechischer Mythologie beschäftigen, die für uns Europäer,
Varoufakis und Tsipras hin oder her, von einiger Bedeutung ist, begegnen wir den Nymphen,
Wasserwesen in Gestalt weiblicher Gottheiten niederen Ranges, die Naturkräfte verkörpern
und im Gefolge höher gestellter Gottheiten wie des Dionysos, Artemis oder Aphrodite
auftreten. Sie verkörpern wohltätige Geister von Orten, Bergen, Bäumen, Wiesen oder
Grotten, schweifen umher, tanzen, jagen Wild, bevölkern kühle Grotten, pflanzen Bäume und
sind dem Menschen in verschiedener Weise bei der Bestimmung seines Lebensinhalts
behilflich.
Im Sinne einer systematischen Verortung sind Nereiden und Najaden zu unterscheiden.
Nereiden sind die Nymphen des Meeres, die Schiffbrüchige beschützen und Seeleute mit
Spielen unterhalten. Sie wohnen in Höhlen am Grund des Meeres und sind Begleiterinnen
des Gottes Poseidon, Sie wissen: das ist der mit der dreizackigen Gabel. Hier eine Nereide,
die aus der Ostsee in Rerik an Land gespült wurde, leicht mitgenommen von schwerer See
im Skagerak.
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Von den Nereiden sind die Najaden zu unterscheiden, die über Quellen, Bäche, Flüsse,
Sümpfe, Teiche und Seen wachen. Sie waren entweder Töchter des Zeus oder des
1
2
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Landhemisph%C3%A4re
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Wasserhemisph%C3%A4re
6
Okeanos. In der antiken Architektur treffen wir immer wieder auf sogenannte Nymphaeen,
ursprünglich den Nymphen geweihte Tempel, die meist an einer Quelle gelegen waren.
Bleiben wir noch ein wenig bei den Griechen, bei der griechischen Philosophie.
Thales, einer der ersten Philosophen der abendländischen Tradition, lebte um 600 v. Chr. in
Milet. Er sah den Ursprung unserer Welt im Wasser. Er vertrat damit eine stringentere
Theorie als sein ihm etwa 100 Jahre später folgender Fachkollege Empedokles, der dem
Ursprung der Welt immerhin vier Komponenten, nämlich Feuer, Wasser, Luft und Erde
zugrunde legte. Der uns allen, im Gegensatz zu manchen Philosophen, eher geläufige
Romanschriftsteller Homer sieht im Okeanos sowohl Ursprung der Welt, als auch den Strom,
der die Welt umfließt und vom Meer zu unterscheiden ist. Okeanos ist der Ursprung der
Götter sowie aller Flüsse, Meere, Quellen und Brunnen.
Wenden wir uns dem Wasser in der Religion zu. Wenn wir die Bibel aufschlagen, sind wir
gleich zu Beginn des Alten Testaments mit dem Wasser konfrontiert. Die jüdische und die
auf sie aufbauende christliche Religion, haben sozusagen ihren Ursprung im Wasser. Sie
kennen die Schöpfungsgeschichte. Im ersten Buch Mose, in der Genesis lesen wir:
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Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.
Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes
schwebte auf dem Wasser.
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Und Gott sprach: Es werde Licht! und es ward Licht.
4
Und Gott sah, daß das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis
5
und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der
erste Tag.
6
Und Gott sprach: Es werde eine Feste zwischen den Wassern, und die sei ein Unterschied
zwischen den Wassern.
7
Da machte Gott die Feste und schied das Wasser unter der Feste von dem Wasser über
der Feste. Und es geschah also.
8
Und Gott nannte die Feste Himmel. Da ward aus Abend und Morgen der andere Tag.
9
Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an besondere Örter, daß
man das Trockene sehe. Und es geschah also.
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Und Gott nannte das Trockene Erde, und die Sammlung der Wasser nannte er Meer. Und
Gott sah, daß es gut war.
2
Gott sah, dass es gut war. Was sagt uns das? In der griechischen Philosophie gibt es den
Gedanken der sogenannten Kalokagathia, der Schöngutheit, das heißt, das Schöne ist
zugleich auch das Gute. Wir sollten uns das vergegenwärtigen und diese Identität mit
hineinnehmen in unsere Betrachtung, in unsere sinnliche Wahrnehmung der Welt. Was der
Schöpfergeist hier hervorgebracht hatte, es war gut.
Und es war schön.
Auch bei der Taufe spielt das Wasser eine wichtige Rolle. Taufen, gleichbedeutend mit
Tauchen, untertauchen. Symbolhaft die reinigende Wirkung des Wassers, beim Abwaschen
alles vorherigen Unreinen. Ursprünglich wurde bei der Taufe der ganze Mensch
untergetaucht.
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Vielleicht kennen Sie dieses Bild im Hannoverschen Landesmuseum, mit dem Rembrandt
die Taufe des Kämmerers aus dem Morgenland, heute würden wir sagen: des Finanzminis
7
ters aus Äthiopien, darstellt. Der Ort spielt keine Rolle, das Entscheidende ist das Wasser,
mit dem der Politiker sich, auf der Suche nach Gott, während einer Dienstreise taufen lässt.
Bei der von der Erwachsenentaufe der ersten Christen abweichenden Kindstaufe wurde das
ganze Kind in den zunächst relativ voluminösen Taufbecken untergetaucht. Hier das
Taufbecken in der Westkrypta des Bremer Domes aus dem 13. Jahrhundert. Es fasst eine
entsprechende Menge Wasser.
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Auch in der Dichtung, in der Weltliteratur spielen die unterschiedlichsten Aspekte des
Wassers eine Rolle. Goethe war, wie all seine Dichterkollegen, ein Ästhet. Er betrachtete
Landschaft nicht nur als Naturerscheinung. Immer sah er auch das Hintergründige, sah die
Einheit von naturwissenschaftlichen Gegebenheiten, sah in ihrem Bild ein künstlerisches
Objekt, sah in ihr den Menschen, die Einheit mit seiner Seele, sah das Physische und das
Meta-Physische. Die Betrachtung und das Erleben von Wasser beförderten seine sinnliche
Erkenntnis. Die Ästhetik des Bildes führt über den Dichter zur lyrischen Ästhetik der Sprache.
So im ‚Gesang der Geister über dem Wasser‘:
Des Menschen Seele
Gleicht dem Wasser:
Vom Himmel kommt es,
Zum Himmel steigt es,
Und wieder nieder
Zur Erde muß es,
Ewig wechselnd.
Ich muss an mich halten, mich an dieser Stelle jetzt nicht in eine Vorlesung über die
Bedeutung des Wassers und seine Bedeutung für das Landschaftsbild als Gegenstand der
Dichtung, insbesondere der Lyrik zu verlieren. Sie kennen viele Beispiele. Hier nur dieses
eine, Rainer Maria Rilke’s ‚Römische Fontäne.‘ Rilkes Denken, Rilkes Sprache, vom Wasser
angeregt.
Zwei Becken, eins das andre übersteigend
Aus einem alten runden Marmorrand,
und aus dem oberen Wasser leis sich neigend
zum Wasser, welches unten wartend stand,
dem leise redenden entgegenschweigend
und heimlich, gleichsam in der hohlen Hand
ihm Himmel hinter Grün und Dunkel zeigend
wie einen unbekannten Gegenstand;
sich selber ruhig in der schönen Schale
verbreitend ohne Heimweh, Kreis aus Kreis,
nur manchmal träumerisch und tropfenweis
sich niederlassend an den Moosbehängen
zum letzten Spiegel, der sein Becken leis
von unten lächeln macht mit Übergängen.
8
17
Wasser als Lebensmittel
Nun ein paar Gedanken zur physischen Bedeutung des Wassers, über Wasser als
Lebensmittel oder als Nahrungs- und Genussmittel. Die mir zur Verfügung stehende Zeit
erlaubt es mir nicht, auf all die Stichworte näher einzugehen, die mir im Zusammenhang mit
dem Begriff Wasser spontan durch den Kopf gehen. Es könnte leicht einen eigenen Vortrag
füllen, über die Bedeutung des Wassers in der Landwirtschaft zu sprechen, über den mit
der Bodenart und der Korngrößenzusammensetzung in Zusammenhang stehenden pF-Wert,
über den Wasserbedarf in der Pflanzen- und Tierproduktion. Oder aber auch über die damit
im Zusammenhang stehende Nebeneffekte wie Erosion, über den Bodenabtrag, der
einerseits zur Bildung der fruchtbaren Auenböden im Unterlauf der Fließgewässer geführt
hat und dem die Bauern in deren Oberlauf durch die Bildung historischer
Kulturlandschaftselemente wie der Terrassenäcker zu begegnen versuchten.
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Die Gärtnerei, wenn man so will, eine intensivere Form der Landbewirtschaftung, ist ohne
Wasser undenkbar. Eins der wichtigsten Arbeitsgeräte des Gärtners, die gute alte Schnei-3
derkanne, ist inzwischen zu einem Kulturgegenstand geworden, der als Antiquität bei
Liebhabern stolze Preise erzielt.
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Salzwasser, Symbiose von Natur, Küstenschutz, Deichbau und Landgewinnung,
Wertewandel in der Auseinandersetzung zwischen Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion
einerseits sowie Ökologie und dem Naturschutz andererseits. Oder auch die Bedeutung des
Wattenmeeres als Weltkultur- bzw. Weltnaturerbe.
Mit dem Meer oder den Seen hängt ein für die menschliche Ernährung uralter Beruf
zusammen, der des Fischers.
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Aus einem ursprünglich unermesslichen Reichtum hat es die ständig wachsende
Weltbevölkerung mit Hilfe der modernen Technik zur drastischen Reduzierung der FischReproduktionsraten gebracht. In der Weltliteratur ist die Fischerei ein großes, immer
wiederkehrendes Thema: vom See Genezareth bis hin zu Hemminhway’s ‚Der alte Mann
und das Meer‘ oder Herman Melville’s ‚Moby-Dick‘!
Fisch, fundamentales menschliches Lebensmittel wie das Wasser. Ein Thema, das weltweit
eine immer wichtiger werdende Rolle, auch in der Politischen Auseinandersetzung spielt, ist
die Sicherstellung des täglichen Wasserbedarfs. Die Bereitstellung ausreichender Mengen
qualitativ hochwertigen Wassers hat im Laufe der Geschichte immer schon eine wichtige
Rolle gespielt.
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Brunnen: vom einfachen Haus- oder Dorfbrunnen bis hin zum herrschaftlichen Kunstobjekt
oder Machtsymbol. Hier der Renaissance-Brunnen im Landhaus-Hof in Graz.
Für die tägliche Körperpflege, Wäschewaschen oder auch für das Putzen sowie zum Trinken
und Kochen benötigen wir rund 120 Liter pro Kopf . Aber auch Lebensmittel, Kleidungstücke
und anderen Produkte enthalten Wasser oder es wird zu deren Erzeugung als Prozess- oder
Bewässerungswasser benötigt.
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Hier eine Wasserstelle im Wassermangelgebiet Anatoliens. Lebenswichtig an den Seidenund Gewürzstraßen vom Fernen Osten nach Europa. Grund genug, an einem solchen
Wasservorkommen eine Karawanserei anzulegen.
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Was trinkt der Mensch?
Die Statistik liefert uns Zahlen, über die wir uns in der Regel kaum Gedanken machen: Jeder
Deutsche trinkt 150 Liter Kaffee pro Jahr, nicht viel weniger, nämlich 107 Liter, Bier und 25
Liter Wein. Dazu kommen 145 Liter Mineralwasser und 30 Liter Fruchtsäfte.
Den Teeverbrauch beziffert die Statistik mit 26 Liter pro Jahr, wobei die Ostfriesen mit mehr
als dem Zehnfachen, nämlich 280 Litern pro Jahr, total aus dem Rahmen fallen. Aber das ist
eine lange historische Geschichte, für die hier keine Zeit ist, wenngleich es sich dabei
durchaus auch um ein ästhetisches Phänomen handelt.
Eine lange Geschichte verbindet sich mit der Salzgewinnung. Sie reicht bis in die Anfänge
der Menschheit zurück. Wir kennen die verschiedenen Stellen im Alten Testament, die auf
die Bedeutung von Salz Bezug nehmen. Der Reichtum vieler Städte gründet sich auf dem
Salzhandel: Salzburg, Salzgitter, Salzwedel, Salzderhelden oder Halle, Schwäbisch-Hall.
24
In den Gradierwerken wurde die Salzlauge verdampft, in Meeresnähe, so wie hier an der
kroatischen Mittelmeerküste, errichtete man ausgeklügelte Systeme zur Erhöhung des
Salzgehalts. Die Zisterzienser, einer der großen Mönchsorden des frühen Mittelalters,
gründete seinen materiellen Erfolg u. a. auf den Salzhandel.
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In Deutschland gibt es ein Netzwerk von Straßen, auf denen Salz und andere kostbare
Güter, wie Silber oder Bernstein, über Land transportiert wurden. Bei dem im Mittelalter
schlechten Straßenzustand war das ein mühsames und selten nicht ungefährliches
Unterfangen. Diesen Handelsrouten stellten sich Wasserläufe als schwer zu überwindendes
Hindernis entgegen.
26
Verkehr
27
Oft richtete sich der Straßenverlauf nach der Möglichkeit einen Fluss zu überqueren.
Städtenamen wie Frankfurt, das eine am Main, das andere an der Oder, Fürth, Ochsenfurt
usw., deuten darauf hin.
28
Seit römischer Zeit wurden beim Brückenbau Bogen- und Gewölbekonstruktionen
angewendet. Sie hatten einen eindrucksvollen ästhetischen Reiz, der bei ruhigem Wasser
durch die Spiegelung den Eindruck harmonischer Vollkommenheit vermittelte. Brücken,
denen stets etwas Verbindendes anhaftet, ermöglichen den Weg über Trennendes. In Politik
und Dipomatie sprechen wir deshalb vom Brückenbauen oder Brückenabbrechen.
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Moderne Technik ermöglicht immer kühnere Brückenbauwerke. So etwa die Überquerung
von Schiffahrtswegen, wie hier die älteste Hubbrücke Deutschlands, mit deren Hilfe
Fernzüge von Magdeburg nach Berlin seit 1848 die Elbe überqueren konnten.
Während wir uns ständig um den Ausbau unseres Verkehrsnetzes kümmern müssen,
stellen die Meere einen Verkehrsweg dar, der weltweit zur Verfügung steht.
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Seefahrt
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Seekrieg
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Handel
33 fehlt
Entdeckungsreisen
Cooks Schiffe HMS Resolution und Adventure in der Bucht von Matavai. (Gemälde von
William Hodges, 1776)
Die Welt wurde maßgeblich vom Meer aus entdeckt . Wir verbinden damit Namen wie
Magellan, Cook oder Columbus,
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Energiegewinnung
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Die energetische Nutzung von Wasser hat eine lange Geschichte: Wassermühlen etwa,
Hammerwerke, die Anlage von Talsperren,
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Pumpspeicherwerke oder Flusskraftwerken. Der mittelalterliche Bergbau im Harz ist ohne
das sogenannte Oberharzer Wasserregal undenkbar.
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Genauso wichtig wie die Bewässerung ist in vielen Bereichen die Entwässerung, man
denke an die Moorkolonisierung in Norddeutschland, ohne die etwa Worpswede kaum
vorstellbar ist, an die Abtorfung zur Versorgung Bremens mit Heizmaterial, an Drainagen in
der Landwirtschaft, an Siedlungsabwässer, Kläranlagen oder Klärteiche.
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Architektur - Ingenieurwesen
Wasser hat für den Menschen immer zugleich etwas Trennendes und etwas Verbindendes.
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40
Wasserläufe als Grenze
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Wasserburgen, Stadtgräben zur Verteidigung
42
11
43 fehlt
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Abwassertechnik im alten Rom, eine Meisterleistung antiker Ingenieurbaukunst. Auf den
Kanaldeckeln steht bis heute SPQR, Senatus populusque Romanus, die Cloaca maxima ist
Eigentum des Senats und des römischen Volkes.
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Anders solche kleinen mittelalterlichen Bauwerke, gut belüftete Entsorgung, die sich im
Vergleich eher als Cloaca minima einstufen lassen.
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Hier ein Beispiel für den historischen Umgang mit Wasser in Gewerbe und Industrie, hier ein
Fabrikationsgebäude der Papierherstellung aus Lumpen in der Toscolana-Schlucht am
Garda-See in Norditalien. Hier wurde das Papier hergestellt, auf dem Luthers erste deutsche
Bibelübersetzung gedruckt wurde.
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In der Landschafts-, Park- und Gartengestaltung wurde dem Wasser ein hoher
gestalterischer Stellenwert zugemessen. Hier Bilder vom heute als Weltkulturerbe
eingestuften Park in Kassel-Wilhelmshöhe, wo das für 10 Minuten angestellte Wasser nach
wie vor erstaunlich große Menschenmassen auf die Beine bringt.
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Oder hier gartengestalterisch die diversen Brunnenanlagen und Fontainen im Großen
Garten von Hannover-Herrenhausen.
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Gesundheit
Die Bedeutung des Wassers in der Medizin kann hier nur kurz angedeutet werden. Ich
nenne Stichworte wie Hygiene, Blut, Nährlösung, Thermalquellen oder Heilwässer.
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Wir kennen alle die Bäderkultur zu Goethes Zeiten mit allem, was sich darum herum so
abspielte.
51
Oder die berühmten Seebäder am Ende des 19. und am Beginn des 20. Jahrhunderts, auch
das Segeln, Rudern, Surfen sowie das Schlittschuhlaufen.
52
3. Ästhetische Aspekte
Es ist Ihnen sicherlich aufgefallen, dass ich in den bis hierher abgehandelten Kapiteln immer
auch über Ästhetik, über die sehr komplexe sinnliche Wahrnehmung unserer Umwelt
gesprochen habe. Gleichwohl möchte ich noch einmal auf einige ästhetische Aspekte zurück
kommen.
Die wichtigste sinnliche Wahrnehmung vollzieht sich über unsere Augen. Auf Plato reicht
bereits die Einteilung in Höhere Sinne (Sehen und Hören) und Niedere Sinne (Riechen,
Schmecken, Tasten) zurück. Die frühen sinnlichen Wahrnehmungen des Kindes prägen sich
sehr tief ein und werden zum Vergleichsmaßstab für spätere Erlebnisse. Aus diesem Grunde
ist die ästhetische Qualität der kindlichen Lebenswelt von außerordentlich großer Bedeutung.
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Ästhetik, Sinnliche Erkenntnis aus Unbekanntem, Unsicherheit, ersten Erfahrungen
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Ästhetik, Sinnliche Erkenntnis aus Neugier, Fragestellungen, Forscherdrang
Die sinnliche Wahrnehmung unserer Lebenswelt und die daraus resultierende Bewertung
wird in ihrer Bedeutung immer noch stark unterschätzt. Wir sind sehr stark
naturwissenschaftlich geprägt, vielleicht zu stark. Wenn es etwa um eine Bewertung von
Landschaft geht, neigen wir dazu, nur das gelten zu lassen, was messbar und quantifizierbar
ist. Wir können ästhetische, also sinnlich wahrnehmbare Objekte, wie etwa eine Landschaft,
spontan als schön oder hässlich bewerten, aber wie lässt sich das für kritische Zeitgenossen
allgemein nachvollziehbar und gerichtsverwertbar darstellen?
Es gibt ein kürzlich erschienenes wunderschönes Buch von Robert Mcfarlane mit dem Titel
„Karte der Wildnis.“3 Es sind Naturschilderungen ungewöhnlicher Art, in denen Wasser eine
wichtige Rolle spielt. So etwa bei einer Schilderung der schottischen Nordwestküste bei
Coriusk, fast in Sichtweite der Hebriden, die Felix Mendelssohn-Bartholdy 1829 zu seiner
bekannten Ouverture inspirierten.
Ich zitiere zwei Absätze aus Mcfarlane’s Buch:
„Im Herzen des Bergkessels liegt Loch Coriusk, gespeist von den kalten Bächen, die den
Kamm herunterfließen. Auch das Wasser des Lochs ändert seine Farbe, je nach dem
Blickwinkel, aus dem man daraufschaut: Steht man am Ufer, ist es schwarz, von den Gipfeln
und dem Kamm aus himmelblau, und geht man hinein, wird es karamellfarben. In Coire na
Creiche, jenseits des großen Cullin-Kamms, befinden sich im Talkessel tiefe Flussbecken, in
denen Felsbögen stehen. An Sommertagen kann man dort schwimmen und im blau
schimmernden Licht durch die Bögen tauchen.
…Walter Scott beschrieb die Gegend 1814 als >dunkel, grüblerisch, wild, eigenartig und
streng<.“ Hunderte von Malern, Schriftstellern, Forschungsreisende reisten an, zu Fuß oder
per Schiff. „Ästheten, die das raue Leben im Kessel willentlich ertrugen, um seiner Form zu
huldigen. Was für eine seltsame Kolonie! Zu ihnen zählte auch … J.M.W. Turner, der sich
1831 die von Scott beschriebene Wildnis besah und um ein Haar in den Tod gestürzt wäre,
als er die Cuillin Hills auf einem Gemälde verewigte, mit Kuppeln leicht und schwebend, als
wären sie aus Eischnee und nicht aus Fels.“
Eine Landschaftsschilderung von erhabener Schönheit. Und dann, ein ganz unerwarteter
Sprung in die Gegenwart, die sinnliche Wahrnehmung des Strandes in dieser nahezu
unbesiedelten Gegend: „…blaue Milchflaschen-Kisten, angefressene Schaumstoffpolster,
Zigarettenstummel, Kronkorken, Spraydosen und Getränkekartons mit verblassten
Aufdrucken in Dutzenden von Sprachen. Sogar hier, in dieser abgelegenen Bucht im
Nordatlantik, waren die Schäden offensichtlich, die Vermüllung unausweichlich und die
Selbstbestimmtheit des Landes in Gefahr.
3
Mcfarlane, Robert, 2015: Karte der Wildnis. Matthes & Seitz Berlin
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Tausende Tonnen Müll werden jährlich an die britischen und irischen Küsten geschwemmt.
Von Jahr zu Jahr wird es mehr, und ganz abgesehen von der optischen Verschandelung
haben diese Müllmengen gravierende Auswirkungen. Wale, Delfine und Schweinswale
sterben, wenn Plastik ihre Verdauungsorgane verstopft. 2002 wurde in der Normandie ein
Zwergwal angeschwemmt, in dessen Magen fast eine Tonne Kunststoffverpackungen und
Plastiktüten gefunden wurden.“4
Ästhetik als Sinnliche Wahrnehmung, eine Wahrnehmung, die wir nicht wollen, die sich
unwillkürlich mit einer Bewertung verbindet. Sinnliche Wahrnehmung und die Einstufung des
Wahrgenommenen in schön und hässlich als Instrument für die Bewertung von
Umweltqualitäten.
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In unseren Urlaubsfotos überwiegt landschaftliche Schönheit, wir meiden das Hässliche. Das
Schöne, oft identisch mit dem Seltenen bzw. Seltengewordenen, erfreut uns, macht unser
Leben lebenswert.
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Damit haben wir den Punkt erreicht, an dem die Natur sich mit der Kunst verbündet.
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Aber nicht nur in der Malerei, auch in der Musik findet das Wasser den ihm gebührenden
Platz. Ich nenne nur wenige Beispiele. Vivaldi etwa: La tempesta di mare, Händel:
Wassermusik, Mendelssohn-Bartholdy: Hebridenouvertüre, Smetana: Die Moldau, oder
etwas weniger dramatisch Johann Strauss: An der schönen blauen Donau.
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4. Ethische und Umweltaspekte
Meine Damen und Herren, meine Zeit ist um. Es stellt sich die Frage:
Wie gehen wir um mit dem, was uns anvertraut, was in unsere Hände gegeben ist? Mit der
Landschaft, mit dem Wasser, mit dem, was wir sinnlich erfahren?
Die Zahl der Schreckensszenarien ist unerschöpflich. Zahllose Stichworte: Klimawandel,
CO2-Ausstoß, Meeresspiegelanstieg, Wasserverunreinigung, Trinkwasserknappheit. Ich
habe begonnen mit der Schöpfungsgeschichte, die man gar nicht als Tatsachenbericht
verstehen muss, um die in ihr enthaltene Weisheit zu begreifen. Das, was sie uns vermittelt,
was gut war, bedurfte keiner Korrektur. Bis der Mensch die Sache in die Hand nahm. Und
deshalb heißt es denn wenige Verse weiter:
5
Da aber der HERR sah, daß der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten
und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar,
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da reute es ihn, daß er die Menschen gemacht hatte …
4
Mcfarlane, Robert, 2015: Karte der Wildnis. Matthes & Seitz Berlin, S. 48 ff.
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Da sprach Gott zu Noah:
… ich will eine Sintflut mit Wasser kommen lassen auf Erden, zu verderben alles Fleisch,
darin ein lebendiger Odem ist, unter dem Himmel. Alles, was auf Erden ist, soll untergehen.
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Wir wissen, wie es weiterging. Eine sehr aktuelle Geschichte. Sie könnte sich wiederholen.
Und wenn sie so ausgeht wie damals, wenn wir nicht absaufen, dürfen wir sagen: wir haben
die richtigen Entscheidungen getroffen.
Welche Schlüsse ziehen wir daraus?
Wir sollten behutsamer als bisher mit unseren Mitmenschen und den natürlichen Ressourcen
umgehen. Es darf beispielsweise nicht geschehen, dass Lebensmittelkonzerne sich die
Trinkwasservorräte aneignen, um damit Geschäfte zu machen. Es darf nicht geschehen,
dass wir Wasservorräte verbrauchen, sie aus dem natürlichen Kreislauf herausnehmen,
verschmutzen und unbrauchbar machen. Wasser ist das wichtigste Lebensmittel, kostbar
wie das Leben selbst. Daraus resultiert eine hohe Verantwortung für unseren Umgang mit
ihm.
Ich denke, Sie werden mit Ihrem Handeln dieser Verantwortung gerecht.
Dazu beglückwünsche ich Sie!
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