Fallskript für das Tutorium des Kurses: Grundlagen Zivilrecht SoSe

Werbung
Universität Hamburg - Fakultät WiSo
Fallskript für das
Tutorium des Kurses:
Grundlagen Zivilrecht
SoSe 2012
Prof Dr. Udo Reifner
28.10.2011
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Inhalt
Fall 1: Die zerstörte Vase- Schadensersatz statt Leistung ............................................................ 3
Fall 2: Am Ende wird aufgerechnet- Aufrechnungsrecht ................................................................ 4
Fall 3: Gebrauchter Porsche ............................................................................................................... 5
Fall 4: Der eifrige Meier- Vertretung .................................................................................................. 6
Fall 5: Der Konzertflügel ...................................................................................................................... 7
Fall 6: Das Sektenmitglied- Arbeitsvertrag ....................................................................................... 8
Fall 7: Versprechen ins Blaue ............................................................................................................. 9
Fall 8:Schlechte Konjunktur .............................................................................................................. 10
Fall 9: Die Bürgschaft ......................................................................................................................... 11
Fall 10:Freie Preisbildung .................................................................................................................. 12
Fall 11: Die falsche Handtasche....................................................................................................... 13
Fall 12: Die falschen Schuhe ............................................................................................................ 14
Fall 13: Advent Advent ....................................................................................................................... 15
Fall 14: Abgebrannt ............................................................................................................................ 16
Fall 15: Die Wochenendfahrt ............................................................................................................ 17
Fall 16: Kurzfristiger Lokführerstreik ................................................................................................ 18
Fall 17: Die Bananenschale .............................................................................................................. 19
Fall 18: Das Sonnenverdeck ............................................................................................................. 20
Fall 19: Versprechen ins Blaue II (2) ............................................................................................... 21
Fall 20: iPod- Minderjährigenrecht/ Geschäftsfähigkeit I .............................................................. 22
Fall 21: Die Vespa- Minderjährigenrecht/ Geschäftsfähigkeit II .................................................. 23
Fall 22: Minderjährigenrecht/Geschäftsfähigkeit III ....................................................................... 24
Fall 23: Minderjährigenrecht/ Geschäftsfähigkeit IV ...................................................................... 25
Fall 24: Das Arbeitsverhältnis des Minderjährigen ........................................................................ 26
Fall 25:Minderjährigenrecht/ Empfangszuständigkeit ................................................................... 27
Fall 26: Sittenwidrigkeit ...................................................................................................................... 28
Fall 27: Irrtumsanfechtung I .............................................................................................................. 29
Fall 28: Irrtumsanfechtung II ............................................................................................................. 30
Fall 29: Irrtumsanfechtung III ............................................................................................................ 31
Fall 30: Irrtumsanfechtung IV ............................................................................................................ 32
Fall 31: Anfechtung I .......................................................................................................................... 33
Fall 32: Anfechtung II ......................................................................................................................... 34
Fall 33:Anfechtung III ......................................................................................................................... 35
Fall 34: Widerrufsrecht ....................................................................................................................... 36
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 1: Die zerstörte Vase- Schadensersatz statt Leistung
Am 1. Oktober 2007 betritt der K den Laden des Antiquitätenhändlers V. K ist ein Liebhaber
chinesischer Vasen und hat schon zahlreiche Exemplare bei V gekauft. Aufgrund der langjährigen
Geschäftsbeziehung räumt V dem K des Öfteren Sonderkonditionen ein. Der Blick des K bei Betreten
des Geschäfts fällt sofort auf eine chinesische Vase, die zu einem Preis von 120,- € ausgeschildert ist.
K glaubt, dass es sich um ein besonders wertvolles Exemplar mit einem Wert von mindestens 5.000,€ handelt, was V offensichtlich entgangen ist. Als gewiefter Geschäftsmann fragt er nach dem Preis
und verdreht kunstvoll die Augen, als V die ausgeschilderte Summe nennt. V, der die Vase
fürchterlich kitschig findet und befürchtet, sie nicht los zu werden, äußert daraufhin: „Na gut, für Sie
als treuer Kunde mache ich einen Sonderpreis: 100,- €.“ Mit leuchtenden Augen, die der K durch
gespielte Missmutigkeit zu überdecken versucht, brummelt er ein kaum wahrnehmbares „o. k.“. Der
V verpackt die Vase mit Packpapier. In diesem Moment fällt dem K auf, dass er seine Brieftasche zu
Hause vergessen hat. V bietet daraufhin an, dem K eine Rechnung zu schicken, so dass er das Geld
überweisen kann.
Der K nimmt die verpackte Vase und will zur Tür gehen. In diesem Moment tritt der Kunde D einen
Schritt zurück, um ein von ihm betrachtetes Bild in seiner Gesamtheit erfassen zu können. Da die
Augen des D nur auf das Bild gerichtet sind, bemerkt er den K nicht und stößt ihn an. Daraufhin fällt
die wertvolle Vase auf den Boden und zerspringt in tausend Einzelteile. D ist die Angelegenheit
furchtbar peinlich und äußert, er habe eine gute Haftpflichtversicherung. K und D tauschen daraufhin
ihre Adressen aus.
Zwei Tage später erhält K die Rechnung über 100,- €. Er überlegt, wie er weiter vorgehen soll.
Was würden Sie ihm empfehlen?
Vorgehen:
•
Erfassung des Sachverhalts und Fallfragen (Kann V von K den Kaufpreis verlangen? Hat K einen
Schadensersatzanspruch gegen V und wenn ja, in welcher Höhe?)
•
Finden der rechtlich relevanten Normen (hier: § 433 i. V. m. §§ 446 S. 1, 326 Abs. 1 S. 1, 275
Abs. 1 BGB; § 823 Abs. 1 BGB)
•
Subsumtion
•
Entscheidung, wie der Konflikt gehandhabt werden soll; strategische Überlegungen
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 2: Am Ende wird aufgerechnet- Aufrechnungsrecht
Handwerker Hilbert und das Bauunternehmen Bau-Fix GmbH stehen in langjährigen
Geschäftsbeziehungen. Als Hilbert aus privaten Gründen in finanzielle Schwierigkeiten gerät,
verständigt er sich mit dem Geschäftsführer Gnau der Bau-Fix GmbH darauf, einen günstigen Kredit
über 12.000,- € zu einem Zinssatz von 5 % von der Bau-Fix GmbH zu bekommen. Hilbert soll die
Kreditsumme innerhalb eines Jahreszurückzahlen, wobei er bei einer Verbesserung seiner
finanziellen Situation jederzeit auch Teilbeträge tilgen darf. Der Betrag wird am 1. Oktober 2006 an
Hilbert gezahlt.
Im Frühjahr führt Hilbert Installationsarbeiten für die Firma Bau-Fix GmbH durch, die am 31. März
2007 von Gnau abgenommen werden. Für diese Arbeiten wurde ein Werklohn in Höhe von 6.000,- €
vereinbart.
Außerdem wird Hilbert von Gnau beauftragt, in seiner Eigentumswohnung Reparaturen auszuführen,
wofür eine Vergütung von 6.600,- € gezahlt werden soll. Die Abnahme der Reparaturarbeiten erfolgt
am 30. April 2007.
Kurze Zeit später muss die Firma Bau-Fix GmbH Insolvenz anmelden. Als der Insolvenzverwalter
Ilbertz am 1. Oktober 2007 die Rückzahlung des Kredits zuzüglich der vereinbarten Zinsen fordert,
weigert sich Hilbert unter Hinweis auf die von ihm erbrachten Handwerkerleistungen zu zahlen.
Welche Forderungen stehen dem Insolvenzverwalter gegen Hilbert zu?
zu?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 3: Gebrauchter Porsche
Ausgangsfall:
Der Gebrauchtwagenhändler Albrecht schließt am 26.10.2007 mit seinem Kunden Kunze einen
Kaufvertrag über einen gebrauchten Porsche zum Preis von 30.000,- €. Die Parteien vereinbaren,
dass der Wagen am 30.10.2007 abgeholt werden soll. Da Kunze der Sohn eines stadtbekannten
vermögenden Privatiers ist, ist Albrecht damit einverstanden, dass Kunze den Kaufpreis erst am
30.11.2007 in bar bezahlen muss.
Am 30.10.2007 kommt Kunze zu Albrecht, dieser weigert sich jedoch den Porsche an Kunze zu
übergeben.
1. Wie ist die Eigentumslage am Porsche?
2. Was kann Kunze von Albrecht verlangen?
Abwandlung 1:
Als Albrecht den Kunze in seinen Geschäftsräumen sieht, wittert er die Chance seines Lebens und
verkauft ihm den Porsche zu einem Preis, der150 % über dem Marktpreis liegt. Kunze bezahlt den
Kaufpreis sofort in bar und erhält dafür den Wagen mit dem dazugehörigen Fahrzeugbrief von
Albrecht. Welche Ansprüche haben Albrecht und Kunze gegeneinander?
Abwandlung 2:
Wie wäre es, wenn der Kaufpreis marktgerecht, Kunze aber unerkannt geisteskrank gewesen wäre?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 4: Der eifrige Meier- Vertretung
Ausgangsfall:
Kaufmann Klotzke, der Inhaber einer mittelständischen Baufirma ist, bevollmächtigt seinen
Mitarbeiter Meier zum Kauf einer bestimmten Menge Bauholz mit einer Preisgrenze von 5.000.- €.
Meier schließt für Rechnung des Klotzke mit dem Holzhändler Holzinger einen Kaufvertrag über
6.000.- €, da das Preislimit nicht einzuhalten war, Meier aber dachte, es wäre dem Klotzke eilig.
Klotzke möchte den Vertrag rückgängig machen, der Holzinger jedoch daran festhalten.
Gegen wen besteht eine Forderung des Holzinger?
Abwandlung:
Gegen wen bestünde eine Forderung des Holzinger, wenn Klotzke kein Kaufmann wäre und der
Meier als Freund für ihn handelte?
Gesetzeshinweise:
§ 1 HGB [Istkaufmann]
(1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt.
(2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder
Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.
§ 54 HGB [Handlungsvollmacht]
(1) Ist jemand ohne Erteilung der Prokura zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme
einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme
einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt, so erstreckt sich die Vollmacht
(Handlungsvollmacht) auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen
Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt.
(2) Zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, zur Eingehung von
Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozessführung ist der
Handlungsbevollmächtigte nur ermächtigt, wenn ihm eine solche Befugnis besonders erteilt ist.
(3) Sonstige Beschränkungen der Handlungsvollmacht braucht ein Dritter nur dann gegen sich
gelten zu lassen, wenn er sie kannte oder kennen musste.
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 5: Der Konzertflügel
Ausgangsfall:
Konz möchte sein Wohnzimmermobiliar um einen Konzertflügel erweitern. Seines
Verhandlungsgeschicks wegen bittet er den Musikstudenten Stark, mit dem Vollmer Kontakt
aufzunehmen, von dem Konz weiß, dass er sich mit dem Gedanken trägt, sein Instrument zu
veräußern. Er erteilt dem Stark für den Kauf des Flügels eine entsprechende Vollmacht.
Nach längeren Verhandlungen gibt Stark dem Vollmer gegenüber ein Kaufangebot ab. Dem Vollmer,
der mit Recht Zweifel an der Liquidität vonStark hat, erläutert der Stark ebenso glaubhaft wie
zutreffend auf Nachfrage, er wolle das Instrument nicht für sich, sondern vertrete hier nur die
Interessen von Konz, mit dem alles abgesprochen sei. Vollmer habe Zeit, sich die Sache bis nächste
Woche zu überlegen. Vollmer schreibt noch am gleichen Tage an Konz, er nehme dessen Angebot
gerne an. Inzwischen hat Konz allerdings eine Erbschaft angetreten und ist auf diesem Wege zu
einem Instrument gekommen. Als Vollmer von ihm den Kaufpreis und die Abnahme des Flügels
verlangt, erwidert Konz, er denke nicht daran, schließlich habe er Vollmer nie etwas zugesagt.
Welche Ansprüche hat Vollmer?
Abwandlung:
Konz betreibt ein sehr kleines Musikgeschäft und bei ihm arbeitet der Stark als einziger Angestellter.
Um den Flügel durch Stark bei Vollmer zu erwerben, erteilt Konz dem Stark entsprechende
Vollmacht. Bei einem zufälligen Telefonat eröffnet Konz dem Vollmer, dass er denStark zum Kauf
bevollmächtigt habe und dass dieser zu Vollmer kommen und den Flügel erwerben werde. Dabei
wird beiläufig der Wert des Flügels mit „um die 10.000,- €“ besprochen.
Noch am gleichen Tag stellt Konz jedoch fest, dass Stark sich schon seit geraumer Zeit unbefugt aus
der Geschäftskasse bedient, woraufhin der Konz dem Stark fristlos kündigt.
Aus Wut über die Kündigung macht Starksich trotzdem auf den Weg zu Vollmer, der noch nichts von
der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen Konz und Stark weiß. Er erwirbt den Flügel im
Namen des Konz, allerdings nicht, wie zuvor zwischen ihm und Konz besprochen, für maximal
10.000,- €, sondern treibt den Preis bewusst nach oben, um dem Konz einen Nachteil zuzufügen. Der
Preis für den Flügel beträgt schließlich 15.000,- €. Konz verweigert die Zahlung, als er von Vollmer
hierzu aufgefordert wird.
Hat Vollmer einen Anspruch gegen Konz auf Zahlung von 15.000,- €?
Bearbeitungshinweis:
Gehen Sie davon aus, dass der Konz als Kleingewerbetreibender kein Kaufmann i. S. d. § 1 HGB ist.
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 6: Das Sektenmitglied- Arbeitsvertrag
Frau Heintze hatte sich auf eine Stellenanzeige eines von der katholischen Kirche betriebenen
Kindergartens (K) gemeldet und wurde als Kindergärtnerin eingestellt. Im Arbeitsvertrag vom 11.
September 2007 ist als Arbeitsbeginn der 1. November 2007 vorgesehen.
Am 29. Oktober erhält K ein anonymes Schreiben, in dem behauptet wird, Frau Heintze gehöre der SSekte an, einer Organisation, die sich öffentlich gegen das Christentum ausspricht. Ein Mitarbeiter
der K ruft noch am selben Tag bei Frau Heintze an und stellt sie zur Rede. Daraufhin räumt Frau
Heintze ihre Mitgliedschaft bei dieser Organisation ein. K sieht die christliche Erziehung gefährdet,
die einen wesentlichen Teil der Betreuung im Kindergarten darstellt. K teilt der Frau Heintze
daraufhin – einen Tag später – schriftlich mit, dass sie bei vorheriger Kenntnis von ihrer
Mitgliedschaft in der S-Sekte niemals eingestellt worden wäre und dass sie gar nicht erst im
Kindergarten zu erscheinen brauche. Der Brief geht am 31. Oktober 2007 bei Frau Heintze ein.
Frau Heintze möchte wissen, ob sie dennoch am 1. November 2007 mit der neuen Arbeit anfangen
kann. Falls dies nicht geht, möchte sie zumindest ihren Lohnausfall für den Monat November
erhalten, da sie so schnell keine neue Arbeit antreten kann.
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 7: Versprechen ins Blaue
Ausgangsfall
Der Autoliebhaber Aust und der Gebrauchtwagenhändler Blau verhandeln miteinander über den
Kauf eines gebrauchten Audi A6. Aust ist noch unsicher, da er die „Vorgeschichte“ des Wagens nicht
kennt; insbesondere möchte er gerne wissen, ob der Wagen unfallfrei ist oder nicht. Daraufhin
behauptet Blau„ins Blaue hinein“, der Wagen sei auf jeden Fall unfallfrei, das wisse er ganz sicher
und darauf könne Aust sich verlassen. Tatsächlich hat der Blau jedoch keine Ahnung davon, ob der
Wagen unfallfrei ist oder nicht. Durch die Beteuerungen vonBlau überzeugt, schließen Aust und Blau
am 5.11.2007 den Kaufvertrag über den A6 miteinander ab. Aust soll den Kaufpreis von 10.000,- € bis
zum 15.11.2007 an Blau zahlen.
Bereits nach einer Woche vernimmt der Aust laute Motorengeräusche bei seinem gerade
erstandenen A6 und fährt mit diesem in die nächstgelegene Werkstatt. Während der Motor schnell
repariert ist und es sich auch lediglich um eine üblicherweise auftretende Verschleißerscheinung
handelte, stellt der Mechaniker außerdem fest, dass der Wagen bei einem Unfall einen ganz
erheblichen Heckschaden erlitten haben muss (was tatsächlich der Wahrheit entspricht).
Aust ist erbost und erklärt Blau daraufhin am gleichen Tag schriftlich, dass er sich nicht mehr an den
Kaufvertrag halten und Blau den Kaufpreis für den Wagen nicht bezahlen werde.
Hat Blau einen Anspruch gegen Aust auf Zahlung des Kaufpreises?
Abwandlung
Der Sachverhalt ist im Wesentlichen wie im Ausgangsfall dargestellt. Blau ist jedoch ein neuer
Verkaufsberater im Gebrauchtwagenladen von Claas, der unbedingt schon in seinen ersten Tagen als
„Starverkäufer“ dastehen will. Als er merkt, dass Aust vielleicht vom Kauf Abstand nehmen könnte,
behauptet Blau kurzentschlossen ins Blaue hinein, dass der Wagen ganz sicher keinen Unfallschaden
erlitten habe. Das überzeugt Aust.
Die Verträge selbst werden immer vom Chef Claas selbst abgeschlossen, der sich auf seine
Verkaufsberater verlässt. Claas hat daher keine Kenntnis von den Ausführungen seitensBlau über die
vermeintliche Unfallfreiheit des Wagens, als er mit Aust einen Kaufvertrag über den Audi abschließt.
Das Geschehen nimmt seinen Lauf wie im Ausgangsfall.
Hat Claas einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung gegen Aust?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 8:Schlechte Konjunktur
Das Bauunternehmen B hat in Erwartung stabiler Auftragslage einen LKW beim Händler H bestellt,
Lieferzeit soll 8 Monate betragen. Mittlerweile bricht die Baukonjunktur unerwartet heftig ein. B ficht
den Vertrag wegen Irrtums über die zukünftige Geschäftslage an. Der Rechtsanwalt des Händlers
besteht auf Abnahme des LKW und meint, dass es keinen Grund für eine Anfechtung geben könne. B
ist dagegen der Auffassung, der Händler könne mit seinen Kundenkontakten viel besser den LKW
weiterverkaufen als er, B; falls der Weiterverkauf mit Verlust geschehe, ließe B mit sich reden.
Hat der Händler Anspruch auf Kaufpreiszahlung (50.000,- €)?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 9: Die Bürgschaft
Ausgangsfall:
Der Geschäftsmann Volker Geyer nimmt bei der B-Bank einen Geschäftskredit in Höhe von
2 Millionen € auf.
Volker Geyer hat eine 20-jährige Tochter Tina Geyer, die gerade eine Ausbildung zur Arzthelferin
macht. Im Rahmen ihrer Ausbildung erhält Tina Geyer monatlich 600,- €. Über weitere Geldmittel
verfügt sie nicht.
Zur Sicherung des Darlehens bei der Bank fordern die B-Bank und der Volker Geyer die Tina Geyer
auf, eine Bürgschaft in Höhe von 120.000,- € abzugeben. Der zuständige Mitarbeiter der Bank, Herr
Müller, führt zur geforderten Bürgschaftsabgabe aus, dass es sich um eine reine Formsache „nur für
die Akten“ handele. Tina Geyer unterzeichnet daraufhin den Bürgschaftsvertrag.
Das Geschäft des Volker Geyer muss einige Zeit später Insolvenz anmelden.
Kann die B-Bank aus der Bürgschaft gegen Tina Geyer vorgehen?
(ähnlich BGHZ 125, S. 206; vgl. auch BVerfGE 89, S. 214)
Abwandlung:
Tina Geyer ist Teilhaberin an der Firma von Volker Geyer und erhält eine monatliche
Gewinnausschüttung von 1.000,- €. Die B-Bank tritt nicht persönlich in Kontakt zu ihr, sondern schickt
ihr auf Vorschlag von Volker Geyer mit Schreiben vom 22.11.2005 einen Bürgschaftsvertrag zu, der
bereits von zwei Bankmitarbeitern unterzeichnet ist. Tina Geyer unterzeichnet den
Bürgschaftsvertrag und sendet diesen per Fax an die B-Bank. Außerdem schickt sie am 25.11.2005
der B-Bank folgendes, von ihr eigenhändig unterzeichnetes Schreiben:
…
Mit der Übernahme der von Ihnen gewünschten Bürgschaft (Ihr Schreiben vom 22.11.2005)
bin ich voll und ganz einverstanden. Ich habe Ihnen das Dokument per Fax zugesendet. Das
Original behalte ich für meine Unterlagen.
…
Ist die Bürgschaft wirksam zustande gekommen?
Was wäre, wenn die T aufgrund des Bürgschaftsvertrags bereits einen Teilbetrag in Höhe von 1.000,€ an die B-Bank gezahlt hätte?
HINWEIS:
Gehen Sie bei der Falllösung davon aus, dass Tina Geyer stille Gesellschafterin ist und damit nicht
unter den Begriff des „Kaufmanns“ gemäß § 1 HGB fällt.
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 10:Freie Preisbildung
Firma Flink (F) stellt Türen her und vertreibt sie. Privatmann Paul (P) bestellt in der Filiale von F drei
Kunststofftüren zum Stückpreis von 200.- €. Im Verkaufsraum der F hängt an zentraler Stelle ein
Aushang mit dem Titel „Verkaufs- und Lieferbedingungen (VLB)“. Ziffer 3 dieser Bedingungen lautet:
„Die Preise sind freibleibend. Bei einer zwischenzeitlichen Steigerung der Herstellungskosten
werden die zum Tage der Lieferung geltenden Preise berechnet.“
Die Lieferung verzögert sich und erfolgt erst fünf Monate später. F verlangt bei Lieferung der Türen
von P einen Preis von 220,- € pro Tür, da durch Preiserhöhungen von Lieferanten die
Herstellungskosten gestiegen seien. An anderer Stelle, insbesondere auf dem Bestellvordruck, wird
auf die VLB nicht hingewiesen.
1.
Welchen Anspruch hat F?
2.
Was wäre, wenn auf dem Bestellschein und der Quittung in Fettdruck auf die
Lieferbedingungen hingewiesen wurde?
3.
Wie wäre der Fall zu beurteilen, wenn kein Hinweis auf Bestellschein oder Quittung erfolgte,
der P jedoch Bauunternehmer wäre und schon seit Jahren von F Waren für sein
Bauunternehmen bezieht?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 11: Die falsche Handtasche
Kauder, der leidenschaftlicher Handtaschensammler ist, möchte sich beimQ.-Versandhandel (GmbH)
eine Krokodillederhandtasche kaufen, die er zuvor im Prospekt entdeckt hat. Kauder füllt daher einen
Bestellschein aus, wobei ihm ein Versehen unterläuft und er anstatt der Bestellnummer 57221215
für die Handtasche für 1.500,- €, die Bestellnummer 57221251 für eine Schrankwand für ebenfalls
1.500,- € in den Bestellschein einträgt. Kauder bemerkt dabei nicht, dass er sich verschrieben hat und
gibt den Bestellschein am 23.10.2007 in einer Filiale von Q. persönlich bei einem dort angestellten
Mitarbeiter ab.
Zwei Tage später erhält Kauder einen Brief mit einer Auftragsbestätigung von Q. mit dem Hinweis,
dass die gewünschte Bestellung leider erst in 3 ½ Wochen geliefert werden könne. Als Lieferdatum
wird der 19.11.2007 genannt.
Am 19.11.2007 klingelt es an der Tür vonKauder und ein Bote von Q. steht mit der Schrankwand mit
der Bestellnr. 57221251 vor der Tür. Als Kauder daraufhin das Versehen bemerkt, weigert er sich, die
Schrankwand anzunehmen, da es sich ja um die „falsche“ Ware handele. Anschließend teilt Kauder
dem Q. mit, dass er den Vertrag für „null und nichtig“ erkläre, denn er habe schließlich eine
Krokodillederhandtasche und keine Schrankwand gewollt.
Der Transport der Schrankwand zu Kauder kostete Q. 200,- €.
Q. wendet sich nunmehr an Kauder und verlangt die Zahlung des Kaufpreises, zumindest jedoch die
Erstattung der Transportkosten in Höhe von 200,- €.
1.
Hat Q. einen Anspruch gegen Kauder auf Kaufpreiszahlung?
2.
Hat Q. einen Anspruch gegen Kauder auf Erstattung der Transportkosten?
3.
Hat Kauder einen Anspruch gegen Q. auf Lieferung der Krokodillederhandtasche?
4.
Welche Konsequenzen ergeben sich, wenn Kauder den Brief nicht persönlich in der Filiale von
Q. abgegeben hat, sondern per Post an Q. sendete und er zusammen mit der
Auftragsbestätigung eine nicht unterzeichnete, im Übrigen aber umfassende
Widerrufsbelehrung erhält?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 12: Die falschen Schuhe
Ausgangsfall:
Frau Alt entdeckt für ihr Sylvester-Outfit ein paar Schuhe bei einem Internet-Versandhandel, der Blitz
OHG. Die Schuhe kosten 39,- € und gefallen Frau Alt sehr gut, weshalb sie sich entschließt, sie via
Internet zu bestellen. Ein paar Tage später werden Frau Alt die Schuhe von Blitz geliefert. In dem
Paket befindet sich außerdem eine Belehrung, dass Frau Alt diesen Vertrag widerrufen kann.
Allerdings enthält das Schreiben keinen Hinweis darauf, wann die Widerrufsfrist zu laufen beginnt
und wann sie wieder endet. Zur Frage der eventuellen Erstattung von Portokosten enthält das
Schreiben ebenso keine Regelung. Frau Alt bezahlt die Schuhe umgehend per Überweisung.
Kurz vor Sylvester schmeißt Frau Alt ihre Pläne plötzlich um und entscheidet sich, nunmehr doch auf
eine Pyjama-Party zu gehen, für die sie leider ihre bei der Blitz OHG neu erworbenen Schuhe
überhaupt nicht gebrauchen kann. Deshalb legt sie die Schuhe originalverpackt in ihren
Schuhschrank und unternimmt zunächst einmal nichts. Als ihr die Schuhe im darauf folgenden
Sommer – sieben Monate nach Erhalt derselben – wieder in die Hand fallen, entschließt sich Frau Alt
diese an die Blitz OHG zurückzuschicken und verlangt, dass diese ihr sowohl den Kaufpreis für die
Schuhe als auch die Portokosten für die Rücksendung der Schuhe erstattet.
Hat Frau Alt einen Anspruch gegen die Blitz OHG auf Rückzahlung des Kaufpreises? Hat sie einen
Anspruch gegen die Blitz OHG auf Erstattung der Portokosten?
Abwandlung:
Fall wie oben, diesmal enthält die Belehrung allerdings ordnungsgemäße Angaben über den Beginn
und das Ende der Widerrufsfrist, die Frau Alt jedoch übersieht. Als Frau Alt dann sieben Monate nach
Erhalt der Schuhe diese wieder zurückgeben will, möchte sie zuvor noch bei der Blitz OHG anrufen
und erfragen, ob eine Rücksendung überhaupt möglich ist. Da bemerkt sie, dass nirgendwo in ihren
Unterlagen der Name eines Vertretungsberechtigten zu finden ist. Auch zum Zeitpunkt ihrer
Bestellung hatte die Blitz OHG – auch im Internet – nirgendwo den Namen eines
Vertretungsberechtigten hinterlassen. Daraufhin schickt Frau Alt die Schuhe, wiederum sieben
Monate nach Erhalt derselben, zurück an die Blitz OHG.
Hat Frau Alt einen Anspruch gegen die Blitz OHG auf Rückzahlung des Kaufpreises?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 13: Advent Advent
Frau P. ist als selbstständige Reinigungskraft für das Juweliergeschäft B. tätig. Nach einer
Weihnachtsfeier, bei der reichlich Alkohol floss, ist sie jedoch so betrunken (BAK: 3,0 %o), dass sie
das Auspusten einer Adventskerze vergisst. Die Feuerwehr kann das Feuer nicht richtig bekämpfen,
da sie wegen der besonderen Sicherungsmaßnahmen nicht an den Brandherd gelangen kann. Der
Juwelierladen brennt völlig aus und es entsteht ein Millionenschaden. P. meint, sie sei nicht
schuldfähig gewesen, so dass sie nicht für den Schaden verantwortlich sei. Muss sie Schadensersatz
leisten?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 14: Abgebrannt
Verkäufer Veith und Käufer Kruse schließen am 22. Okt. 2007 einen Kaufvertrag über einen
gebrauchten Pkw der Marke Audi zum Preis von 15.000,- €. Sie vereinbaren, dass die Übergabe und
Übereignung am 5. Nov. 2007 erfolgen soll. Am 30. Okt. 2007 wird der Pkw jedoch durch einen Brand
im Autohaus völlig zerstört. Der Brand ist auf die unsachgemäße Installation einer Lichterkette durch
Veith zurückzuführen.
1.
Kann Kruse weiterhin auf Lieferung bestehen?
2.
Kruse verlangt von Veith Ersatz für die Mehraufwendungen, die er durch die Beschaffung
eines Ersatzfahrzeuges erlitten hat. Zu Recht?
3.
Kann Veith weiterhin den vereinbarten Kaufpreis von Kruse verlangen?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 15: Die Wochenendfahrt
Verkäufer Vollmer und Käufer Klose schließen am 22. Oktober 2007 einen Kaufvertrag über einen
Pkw der Marke Alfa Romeo. Sie vereinbaren, dass die Übergabe und Übereignung am 2. November
2007 erfolgen soll. Am 2. November nutzt Vollmer den schönen Tag jedoch lieber für ein verlängertes
Wochenende und liefert den Pkw daher erst am 5. Nov. aus. Klose hatte geplant, den Pkw über das
Wochenende für eine dringende Geschäftsreise zu nutzen und musste sich daher einen Mietwagen
nehmen. Die Kosten für den Mietwagen möchte er nunmehr von Vollmer erstattet haben.
Besteht ein solcher Schadensersatzanspruch?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 16: Kurzfristiger Lokführerstreik
Automobilhersteller X produziert „just-in-time“. Jeden Freitag erhält er hierfür vom Produzenten Y
diverse Produktionsteile, die stets per Bahn angeliefert werden. Die für den 16.11.2007 vorgesehene
Anlieferung verspätet sich jedoch aufgrund eines kurzfristig anberaumten Lokführerstreiks im
Güterverkehr, der erst nach Versendung der Waren bekannt gegeben wurde. Sie trifft erst am
Montag, 19.11.2007 bei X ein.
Kann X den durch den Produktionsausfall entstehenden Schaden von 1 Mio. € von Y ersetzt
verlangen?
Hat er ein Recht zum Rücktritt vom Vertrag?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 17: Die Bananenschale
Andrea Sorglos möchte an der Fleischtheke eines Lebensmittelgeschäftes ihre Einkäufe tätigen. Als
sie am Obststand vorbeikommt, rutscht sie auf einer heruntergefallenen und inzwischen
breitgetretenenBanane aus, wobei sie sich den Armbricht. Ihre Einkäufe kann Sorglos sodann
selbstverständlich nicht mehr erledigen. Sorglos verlangt von der Supermarktkette O-AG, die den
Lebensmittelmarkt betreibt, Ersatz der Behandlungskosten und Schmerzensgeld. Die O-AG meint, sie
habe den Filialleiter Lohse, der für den Betrieb in dem betreffenden Lebensmittelmarkt zuständig
war, sorgfältig ausgewählt und bei den regelmäßig stattfindenden Besprechungen eindringlich darauf
hingewiesen, dass der Boden wegen Rutschgefahr stets sauber gehalten werden müsse. Die
Einhaltung der Dienstvorschriften sei auch regelmäßig kontrolliert worden, nur eben nicht an diesem
Tag. Der hochverschuldete Lohse ist mittellos.
Welche Ansprüche hat Andrea Sorglos gegen die O-AG?
(angelehnt an BGHZ 66, S. 51)
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 18: Das Sonnenverdeck
Klose kauft von Veith einen neuen Pkw. Als Klose am Abend des Autokaufs – es handelt sich um eine
lauschige Sommernacht – seiner Freundin stolz den neu erworbenen Wagen präsentieren und als
erstes das Sonnenverdeck öffnen will, stellt er fest, dass der elektronische Ein- und
Ausfahrmechanismus des Sonnenverdecks nicht funktioniert. Das Dach lässt sich überhaupt nicht
öffnen. In der Werkstatt des Veith wird als Ursache des Defekts das Fehlen des entsprechenden, für
das Ein- und Ausfahren des Sonnenverdecks verantwortlichen Elektroteiles festgestellt. Veith hatte
den branchenüblichen Test des Verdecks vor der Auslieferung des Fahrzeugs vergessen.
Veith setzt das fehlende Teil daraufhin ein. In der Hoffnung, dass nun alles funktioniert, fährt Klose
nach Hause und muss am nächsten Tag erneut feststellen, dass das Sonnenverdeck sich immer noch
nicht öffnen lässt. Er fährt wiederum zu Veith, der das Elektroteil austauscht. Klose muss
anschließend jedoch wieder feststellen, dass die Reparatur durch Veith abermals nicht zum Erfolg
geführt hat – Klose kann das Sonnenverdeck immer noch nicht betätigen.
Zwar bietet Veith dem Klose eine dritte Reparatur des Verdecks an, mittlerweile hat Klose das
Vertrauen in Veith jedoch verloren und lässt das Sonnenverdeck nunmehr bei dem befreundeten
Autohändler Flink reparieren. Die Reparatur kostet 500 €, die Klose sofort bei Flink bezahlt.
Hat Klose einen Anspruch gegen Veith auf Zahlung von 500 €?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 19: Versprechen ins Blaue II (2)
(Abwandlung / Erweiterung zu Fall 9)
Der Autoliebhaber Aust und der Gebrauchtwagenhändler Blau verhandeln miteinander über den
Kauf eines gebrauchten Audi A6. Aust ist noch unsicher, da er die „Vorgeschichte“ des Wagens nicht
kennt; insbesondere möchte er gerne wissen, ob der Wagen unfallfrei ist oder nicht. Daraufhin
behauptet Blau „ins Blaue hinein“, der Wagen sei auf jeden Fall unfallfrei, das wisse er ganz sicher
und darauf könne Aust sich verlassen. Tatsächlich hat der Blau jedoch keine Ahnung davon, ob der
Wagen unfallfrei ist oder nicht. Durch die Beteuerungen von Blau überzeugt, schließen Aust und Blau
am 5.11.2007 den Kaufvertrag über den A6 miteinander ab. Aust soll den Kaufpreis von 10.000,- € bis
zum 15.11.2007 an Blau zahlen.
Bereits nach einer Woche vernimmt der Aust laute Motorengeräusche bei seinem gerade
erstandenen A6 und fährt mit diesem in die nächstgelegene Werkstatt. Während der Motor schnell
repariert ist und es sich auch lediglich um eine üblicherweise auftretende Verschleißerscheinung
handelte, stellt der Mechaniker außerdem fest, dass der Wagen bei einem Unfall einen ganz
erheblichen Heckschaden erlitten haben muss (was tatsächlich der Wahrheit entspricht).
Aust ist erbost und erklärt Blau daraufhin am gleichen Tag schriftlich, dass er sich nicht mehr an den
Kaufvertrag halten und Blau den Kaufpreis für den Wagen nicht bezahlen werde. Welche
Möglichkeiten hat Aust, wenn er einen vergleichbaren unfallfreien Gebrauchtwagen auf dem Markt
nur zu einem Preis von 11.000,- € bekommt?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 20: iPod- Minderjährigenrecht/ Geschäftsfähigkeit I
Der elfjährige Moritz wünscht sich einen eigenen iPod. Seine Eltern versprachen ihm daraufhin, ein
gebrauchtes Gerät für ihn zu kaufen, sobald sie auf ein günstiges Angebot stoßen würden. Als
Moritzbei seinem besten Freund Ferdinand zu Hause ist, erfährt er, dass dessen 18-jährige Schwester
Sabine ihren alten iPod für einen Schnäppchenpreis verkaufen will. Zusammen gehen die beiden
Freunde zu Sabine und man einigt sich darauf, dass Moritz den iPod für 30,00 € kauft. Sabine lässt
sich schließlich von den beiden Freunden überreden, Moritz den iPod auch gleich zu übergeben. Am
folgenden Nachmittag soll Moritz die 30,00 € mit dem Taschengeld bezahlen, das ihm sein Onkel –
ohne das Wissen der Eltern – versprochen hat.
Gegenüber Sabine erklärt Moritz weiterhin, seine Eltern wüssten Bescheid und seien einverstanden,
was tatsächlich nicht der Fall ist. Als sie noch am Abend des Kaufs davon hören, erklären sie sich
dennoch gegenüber Moritz einverstanden. Sabine bekommt jedoch Zweifel, ob das Geschäft mit dem
kleinen Moritz wirklich wirksam ist. Sie ruft am nächsten Tag mittags die Eltern des Moritz an und
erkundigt sich, ob sie mit dem Geschäft einverstanden sind. Nachdem die Mutter des Moritz in der
Früh einen neuen iPod als Werbegeschenk erhalten hatte, bereut sie ihre Zustimmung vom
Vorabend und verweigert gegenüber Sabine die Zustimmung.
Hat Sabine gegen Moritz einen Anspruch auf Zahlung der € 30,00 €? Welche anderen Ansprüche
könnte Sabine gegen Moritz haben?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 21: Die Vespa- Minderjährigenrecht/ Geschäftsfähigkeit II
Die 17-jährige Martina bekommt ein monatliches Taschengeld von 80,- €. Martina möchte sich
endlich einen lang gehegten Wunsch erfüllen und sich eine Vespa kaufen. Daher begibt sie sich am
01.11.2007 zum Vespa-Händler Vesper. Dieser bietet der Martina eine Vespa für 600,- € an. Martina
hat sich spontan in das gute Stück verliebt und stimmt zu. Da Martina jedoch nicht genügend Geld
bei sich hat, vereinbaren Martina und Vesper, dass Martina den Kaufpreis am 08.11.2007 an den
Vesper zahlt. Überglücklich fährt Martina auf der Vespa nach Hause. Am 08.11.2007 erscheint die
Martina nicht bei Vesper, woraufhin dieser bei Martina anruft. Als der Vesper den Eltern der Martina
sein Begehren schildert, zeigen sich diese überaus empört darüber, dass Vesper ihrer minderjährigen
Tochter Martina die Vespa überhaupt verkauft hat. Weder ihre Tochter noch sie selbst würden den
Kaufpreis zahlen.
Kann Vesper Bezahlung, hilfsweise Rückgabe der Vespa verlangen?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 22: Minderjährigenrecht/Geschäftsfähigkeit III
Aus Frust darüber, dass er von seiner Freundin verlassen worden ist, plant M, sich am
Abend besinnungslos zu betrinken. Der Freund des M (F) leistet ihm aus lauter Sympathie
Gesellschaft. Gesagt, getan. Beide trinken so viel, dass sie um ca. 23.00 Uhr eine
Blutalkoholkonzentration von 3,0 Promille haben. Um 23.15 Uhr bietet M dem F sein
Mountainbike zum Kauf an. Dieses Rad wollte F schon immer haben. Da der M meint, für
dieses Mountainbike sei kein Preis zu hoch, vereinbaren sie einen sehr hohen Preis.
F bezahlt sofort, bekommt daraufhin von M das Rad ausgehändigt und fährt damit nach
Hause.
Nachdem F seinen Rausch ausgeschlafen hat, bemerkt er, dass er für das Mountainbike viel
zu viel gezahlt hat.
Kann er von M sein Geld zurück verlangen?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 23: Minderjährigenrecht/ Geschäftsfähigkeit IV
Der 6-jährige M ist ein großer Tiernarr und wünscht sich schon seit eh und je ein Haustier.
Da seine Eltern aber streng gegen Tierhaltung sind, ergreift der M schließlich die Initiative
und kauft ohne das Wissen seiner Eltern einen Hamster bei V, wobei er V wahrheitswidrig
erzählte, seine Eltern seien mit dem Hamsterkauf einverstanden. Mit dem Hamster zu Hause
angekommen, hatte der M seine Eltern dann doch von der überragenden Wichtigkeit dieses
Kaufs überzeugen können, so dass diese sich schließlich damit einverstanden erklärten, das
Tier zu behalten. Der V schickte den Eltern des M sodann ein Fax, in dem er sie aufforderte
zu erklären, ob sie sich mit dem Hamsterkauf ihres Sohnes einverstanden erklärten oder
nicht. Wenige Minuten später schickte der V den Eltern des M ein weiteres Fax, in dem er
ihnen mitteilte, dass er seine Meinung geändert habe und sich nicht mehr an den Vertrag mit
M halten werde (seine eigene Tochter hatte ihm den Hamsterverkauf sehr übel genommen!).
Können die Eltern des M auf die Einhaltung des Vertrages bestehen?
Abwandlung: Der M ist mittlerweile 7 Jahre alt und kauft sich ohne das Wissen seiner Eltern
einen Wellensittich. Der Rest des Geschehens ist identisch mit dem im Ausgangsfall.
Können die Eltern des M auf die Einhaltung des Vertrages bestehen?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 24: Das Arbeitsverhältnis des Minderjährigen
Der 16-jährige Schüler M möchte sein Taschengeld aufbessern und arbeitet deshalb am
Nachmittag stundenweise für das Lebensmittelmittelgeschäft REWE (im Folgenden: R).
Seine Eltern freuen sich über den Fleiß ihres Sohnes und befürworten seinen Nebenjob
ausdrücklich. Die Aufgabe des M bei R besteht darin, Ware nachzusortieren. Eines Tages
entdeckt der M einen Aushang des nur eine Straße von seiner jetzigen Arbeitsstelle entfernt
liegenden Lebensmittelgeschäftes EDEKA (im Folgenden: E), auf dem steht, dass für die
gleiche Arbeit, die der M momentan bei R verrichtet, bei E 1 € mehr pro Stunde gezahlt wird.
Da der M ohnehin der Ansicht ist, seine Arbeit sei hoffnungslos unterbezahlt, entschließt er
sich kurzerhand, zukünftig bei E anstatt bei R zu arbeiten. Gesagt, getan. M arbeitet fortan
bei E. Seine Eltern setzt er von dem Arbeitsplatzwechsel jedoch nicht in Kenntnis.
Als der M nach einem Monat verrichteter Arbeit bei E seinen Lohn erhalten möchte,
verweigert sein Arbeitgeber die Zahlung mit dem Hinweis, der M habe schließlich ohne die
erforderliche Genehmigung seiner Eltern bei E gearbeitet.
Hat M einen Anspruch gegen E auf Zahlung des Lohnes?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 25:Minderjährigenrecht/ Empfangszuständigkeit
Der 15-jährige M erhält von seinen Eltern ein monatliches Taschengeld i.H.v. 60 €. Von
diesem Geld kaufte er sich ein Lotterielos in der Hoffnung, auf diese Weise das „schnelle
Geld“ zu machen. Tatsächlich gewann der M mit seinem Los 5.000,- €. Um auch weiterhin
topaktuell ausgestattet zu sein, kaufte sich der M von seinem Lottogewinn die gerade auf
dem Markt erschienene „Playstation 3“ (mit Zubehör) für 2.000,- € bei V. V nimmt das Geld
an und legt es in seine Kasse.
Die Eltern des M hatten von dem Lottogewinn ihres Sohnes keine Kenntnis und verlangen
nun von M, dass er den „Kauf“ rückgängig macht, d.h. das Geld für die „Playstation 3“ von
dem Verkäufer V zurück erhält.
Hat M einen Anspruch gegen V auf Rückgabe des Geldes?Hat V einen Gegenanspruch
gegen M?
Abwandlung:
Fall wie oben.
Die Eltern des M hatten von dem Lottogewinn ihres Sohnes zunächst keine Kenntnis.
Nunmehr möchten sie, dass der Lottogewinn an sie ausgezahlt wird.
Können die Eltern des M die Auszahlung des Lottogewinns von der Lotteriegesellschaft (L)
verlangen?
Anmerkung: Im Hinblick auf die Wirksamkeit des Lotterievertrages ist lediglich die Frage
bezüglich der Minderjährigkeit zu untersuchen.
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 26: Sittenwidrigkeit
Der Geschäftsmann V nimmt bei der Bank B einen Geschäftskredit in Höhe von 2 Millionen €
auf.
V hat eine 20-jährige Tochter (T), die gerade eine Ausbildung zur Arzthelferin macht. Im
Rahmen ihrer Ausbildung erhält T monatlich 600 €. Über weitere Geldmittel verfügt sie nicht.
Zur Sicherung des Darlehens bei der Bank fordern die B und der V die T auf, eine Bürgschaft
in Höhe von 120.000 € abzugeben. Der zuständige Mitarbeiter der Bank führt zur geforderten
Bürgschaftsabgabe aus, dass es sich um eine reine Formsache „nur für die Akten“ handele.
T unterzeichnet daraufhin den Bürgschaftsvertrag.
Kann die Bank aus der Bürgschaft gegen T vorgehen?
(ähnlich BGHZ 107, 92)
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 27: Irrtumsanfechtung I
Der G hat im neuen Quelle-Katalog eine Küchenmaschine des Typs 2424 zum Preis von
140,- € entdeckt, die es ihm sofort angetan hatte. G. entscheidet sich, die Maschine zu
bestellen und füllt sodann den Bestellschein aus. Dabei unterläuft ihm leider ein Fehler und
er trägt anstatt der gewünschten Maschine mit der Nummer 2424, die Nummer 2524 ein.
Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Küchenmaschine, allerdings verfügt diese über ganz
andere Funktionen als die des Typs 2424 und kostet zudem 179,- €. Als G ein paar Tage
später die Küchenmaschine 2524 erhält, bemerkt er seinen Irrtum sofort und schreibt einen
Brief an Quelle (Q), in dem er Q mitteilt, dass er den Kauf rückgängig machen wolle, da er
sich in der Bestellnummer geirrt habe.
Q verlangt von G die Bezahlung des Kaufpreises, zumindest aber Schadensersatz in Höhe
der Versandkosten sowie Rückgabe der gelieferten Maschine.
Auf der Bestellkarte und auf der Rechnung von Q findet sich der Hinweis, dass die Ware bis
zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises im Eigentumvon Q verbleibt.
Welche Ansprüche hat Q gegen G?
Abwandlung: G hat sich bei Q die Küchenmaschine für 179 € bestellt, weil er nach 20 Jahren
endlich nicht mehr Single ist und meint, eine vernünftige Küchenmaschine sei erforderlich,
um seine neue Freundin regelmäßig adäquat bekochen zu können.
Als die Freundin bereits nach ein paar Tagen merkt, dass der G doch nicht der „Mann von
Welt“ ist, für den sie ihn zunächst gehalten hat, trennt sie sich von ihm.
Da der G für sich allein nicht kochen will und die Küchenmaschine daher nicht mehr benötigt,
möchte er den Kaufvertrag über die Küchenmaschine anfechten. Er schreibt daraufhin
unverzüglich einen Brief an Q, in dem er unter Angabe seiner Gründe mitteilt, dass er sich
nicht mehr an den Kaufvertrag halten werde.
Kann Q von G die Zahlung der Küchenmaschine verlangen?
Anmerkung: Widerrufs- und Rückgaberechte bleiben vorbehalten.
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 28: Irrtumsanfechtung II
Urlauber T entdeckt auf Mallorca im Garten seines Ferienhauses ein Rosengewächs,
das ihm sehr gefällt. Er möchte sich für seinenGarten in Deutschland später so ein
Gewächs anschaffen und fragt daher seinen Bekannten U, der Urlaub im
Nachbarhaus macht, ob er ihm sagen könne, wie diesesGewächs genau heiße.
Hobby-Botaniker U gibt die Artbezeichnung mit „superiapalita“ an und fügt hinzu,
man könne diese beim „Pflanzenversand Mediterranée“ (M) für 40 € das Stück
bestellen.
Wieder zuhause schreibt T an M eine Postkarte: „Hiermit bestelle ich eine superiapalita. Mit
freundlichen Grüßen, T.“ Als er die Pflanze von M geliefert bekommt, muss T jedoch zu
seinem Schrecken feststellen, dass es sich bei der „superiapalita“ in Wahrheit um ein
Veilchengewächs handelt. Außerdem kostet es, wie T der beigefügten Rechnung entnimmt,
nach der Preisliste des M (die dem T nicht bekannt war) nicht 60, sondern 80 €.
Kann M von T 80 € oder sonstige Zahlungen verlangen? Hilfsweise möchte er Rückgabe des
Gewächses.
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 29: Irrtumsanfechtung III
Helga (H) hatte sich auf eine Stellenanzeige eines von der katholischen Kirche (K)
betriebenen Kindergartens gemeldet und wurde als Kindergärtnerin eingestellt. Im
Arbeitsvertrag vom 11. März ist als Arbeitsbeginn der 1. Mai vorgesehen. Am 01. Mai nimmt
H dann auch verabredungsgemäß ihre Arbeit auf. Nach der ersten Stunde Arbeit im
Kindergarten erkrankt H jedoch bereits (unverschuldet) und geht nach Hause; auch in den
weiteren Tagen bleibt sie der Arbeit fern. Während dieser Zeit der Abwesenheit der H erhält
K ein anonymes Schreiben, in dem behauptet wird, H gehöre der S-Sekte, einer
Organisation, die sich öffentlich gegen das Christentum ausspricht, an. K ruft daraufhin bei H
an und stellt sie zur Rede.Daraufhin räumt H ihre Mitgliedschaft bei dieser Organisation ein.
K sieht die christliche Erziehung, ein wesentlicher Teil der Betreuung im Kindergarten, der ihr
anvertrauten Kinder gefährdet. K teilt der H daraufhin – einen Tag später – schriftlich mit,
dass sie nach ihrer Krankheit gar nicht mehr im Kindergarten zu erscheinen brauche.
Hat H einen Anspruch gegen K auf Vergütung?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 30: Irrtumsanfechtung IV
Der Elektroeinzelhändler Meyer (M) in Hamburg steht mit dem Großhändler Fischer (F) in
Lübeck in Geschäftsverbindung. Meyer benötigt 120 Schreibtischunterlagen.
Er schickt deshalb seinen Auszubildenden zu Fischer mit dem mündlich erteilten Auftrag,
120 Schreibtischunterlagen zu bestellen. Der Auszubildende bestellt jedoch versehentlich
210 Schreibtischunterlagen. F nimmt die Bestellung entgegen und sagt dem
Auszubildenden, es ginge in Ordnung und er werde die Schreibtischunterlagen dann
ausliefern. Als M einen Tag, nachdem F die Schreibtischunterlagen geliefert hat, bemerkt,
dass es ich um 210 und nicht wie von ihm gewollt um 120 Unterlagen handelt, teilt er dem F
schriftlich mit, dass er sich keinesfalls an einen Vertrag über 210 Schreibtischunterlagen
gebunden fühle, sondern vielmehr nur 120 Unterlagen zahlen werde.
Hat F einen Anspruch gegen M auf Zahlung von 210 Schreibtischunterlagen?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 31: Anfechtung I
Der 18-jährige A verkauft dem 17-jährigen B für 50 € ein T-Shirt, das das Markenzeichen der
Firma L (ein kleines aufgenähtes Krokodil) trägt. A hatte dem B erzählt, das Shirt hätte er im
exklusiven L-Geschäft im Hanseviertel für 100 € gekauft, obwohl er es tatsächlich von einem
fliegenden Händler am Strand von Antalya bei seinem letzten Türkeiurlaub für 5 € erworben
hatte. Die 50 € zahlte der B sofort von seinem monatlichen Taschengeld, das er kurz zuvor
von seinen Eltern ausgezahlt bekommen hatte. Die Eltern des B erkennen das Produkt – im
Gegensatz zu ihrem leichtgläubigen Sohn – als Plagiat minderwertiger Qualität und
verlangen daher von A unter Berufung auf die Täuschung unverzüglich die sofortige
Rückzahlung der 50 €. A., der über ein identisches echtes Hemd von hoher Qualität verfügt,
bietet dagegen den Tausch gegen dieses an. Die Eltern des B wollen davon aber nichts
wissen, da sie meinen, ihr Sohn bräuchte keine teure Markenkleidung und solle lieber für
den Führerschein sparen.
Können die Eltern des B von A die Rückzahlung der 50 € verlangen?
Auf § 1629 BGB wird hingewiesen.
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 32: Anfechtung II
Der 18-jährige A verkauft dem 17-jährigen B für 50 € ein T-Shirt, das das Markenzeichen der
Firma L (ein kleines aufgenähtes Krokodil) trägt. A hatte dem B erzählt, das Shirt hätte er im
exklusiven L-Geschäft im Hanseviertel für 100 € gekauft, obwohl er es tatsächlich von einem
fliegenden Händler am Strand von Antalya bei seinem letzten Türkeiurlaub für 5 € erworben
hatte. Die 50 € zahlte der B sofort von seinem monatlichen Taschengeld, das er kurz zuvor
von seinen Eltern ausgezahlt bekommen hatte. Die Eltern des B erkennen das Produkt – im
Gegensatz zu ihrem leichtgläubigen Sohn – als Plagiat minderwertiger Qualität und
verlangen daher von A unter Berufung auf die Täuschung unverzüglich die sofortige
Rückzahlung der 50 €. A., der über ein identisches echtes Hemd von hoher Qualität verfügt,
bietet dagegen den Tausch gegen dieses an. Die Eltern des B wollen davon aber nichts
wissen, da sie meinen, ihr Sohn bräuchte keine teure Markenkleidung und solle lieber für
den Führerschein sparen.
Können die Eltern des B von A die Rückzahlung der 50 € verlangen?
Auf § 1629 BGB wird hingewiesen.
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 33:Anfechtung III
Der Autoliebhaber A und der Gebrauchtwagenhändler B verhandeln miteinander über den
Kauf eines gebrauchten Audi A6. A ist noch unsicher, da er die „Vorgeschichte“ des Wagens
nicht kennt; insbesondere möchte er gerne wissen, ob der Wagen unfallfrei ist oder nicht.
Daraufhin behauptet B ins Blaue hinein, der Wagen sei auf jeden Fall unfallfrei, das wisse er
ganz sicher und darauf könne A sich verlassen. Tatsächlich jedoch hat der B keine Ahnung
davon, ob der Wagen unfallfrei ist oder nicht. Von den Beteuerungen des B überzeugt,
schließen A und B am 04.12. den Kaufvertrag über den A6 miteinander ab. A soll den
Kaufpreis von 10.000,- € bis zum 18.12. an B zahlen. Bereits nach einer Woche vernimmt
der A laute Motorengeräusche bei seinem gerade erstandenen A6 und fährt mit diesem in
die nächstgelegene Werkstatt. Während der Motor schnell repariert ist und es sich auch
lediglich um eine üblicherweise auftretende Verschleißerscheinung handelte, stellt der
Mechaniker außerdem fest, dass der Wagen bei einem Unfall einen ganz erheblichen
Heckschaden erlitten haben muss (was tatsächlich der Wahrheit entspricht).
A ist erbost und erklärt dem B daraufhin sofort schriftlich, dass er sich nicht mehr an den
Kaufvertrag halten und dem B den Kaufpreis für den Wagen nicht bezahlen werde.
Hat B einen Anspruch gegen A auf Zahlung des Kaufpreises?
Abwandlung
Fall wie oben. B ist jedoch ein sich zufällig im Gebrauchtwagenladen des C aufhaltender
Kunde, der sich als Verkäufer des C aufspielen möchte.
Der B behauptet daher ins Blaue hinein, dass der Wagen ganz sicher keinen Unfallschaden
erlitten habe. C hat keine Kenntnis von den Ausführungen des B über die vermeintliche
Unfallfreiheit des Wagens gegenüber A. A und C schließen einen Kaufvertrag über den Audi.
Das Geschehen nimmt seinen Lauf wie im Ausgangsfall.
Hat C einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung gegen A?
Abwandlung
Fall wie in der 1. Abwandlung, jedoch steht der C diesmal hinter einem sog. Raumtrenner,
als der B dem A erklärt, der Wagen habe ganz sicher noch keinen Unfall gehabt, und hört
auf diese Weise das ganze Gespräch zwischen dem A und dem B mit an.
Hat C einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung gegen A?
Fallskript zum Tutorium
SoSe 2012
Prof. Dr. Udo Reifner
Fall 34: Widerrufsrecht
Die A entdeckt für ihr Sylvester-Outfit ein paar Schuhe beim Versandhandel B (der als OHG
organisiert ist) im Internet. Die Schuhe kosten 39,- € und gefallen der A sehr gut, weshalb sie
sich entschließt, sie via Internet zu bestellen. Gesagt, getan. Ein paar Tage später werden
der A die Schuhe von B geliefert. In dem Paket befindet sich außerdem eine Belehrung, dass
A diesen Vertrag widerrufen kann. Allerdings enthält das Schreiben keinen Hinweis darauf,
wann die Widerrufsfrist zu laufen beginnt und wann sie wieder endet. Zur Frage der
eventuellen Erstattung von Portokosten enthält das Schreiben ebenso keine Regelung. A
bezahlt die Schuhe per Überweisung umgehend.
Kurz vor Sylvester schmeißt A ihre Pläne plötzlich um und entscheidet sich, nunmehr doch
auf eine Pyjama-Party zu gehen, für die sie leider ihre bei B neu erworbenen Schuhe
überhaupt nicht gebrauchen kann. Da A jedoch etwas schusselig ist vergisst sie, in
irgendeiner Form bei B „tätig zu werden“. Als ihr die Schuhe dann im Sommer – sieben
Monate nach der Erhalt derselben – wieder in die Hand fallen, schickt A sie zurück zu B und
verlangt, dass B ihr sowohl den Kaufpreis für die Schuhe als auch die Portokosten für die
Rücksendung der Schuhe zurückzahlt.
Hat A einen Anspruch gegen B auf Rückzahlung des Kaufpreises? Hat A einen Anspruch
gegen B auf Erstattung der Portokosten?
Abwandlung:
Fall wie oben, diesmal enthält die Belehrung allerdings genaue Angaben über den Beginn
und das Ende der Widerrufsfrist für A, die A jedoch übersieht. Als A dann sieben Monate
nach Erhalt der Schuhe diese wieder zurückgeben will, möchte sie zuvor noch bei B anrufen
und erfragen, ob eine Rücksendung überhaupt möglich ist. Da bemerkt sie, dass nirgendwo
in ihren Unterlagen eine Telefon- oder Faxnummer des B enthalten ist. Auch zum Zeitpunkt
ihrer Bestellung hatte B – auch im Internet – nirgendwo eine Telefon- oder Faxnummer
hinterlassen. Daraufhin schickt A die Schuhe, wiederum sieben Monate nach Erhalt
derselben, zurück an B.
Hat A einen Anspruch gegen B auf Rückzahlung des Kaufpreises?
Herunterladen