Interviews mit den LehrerInnen und SchülerInnen der 1. Stunde

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Die Interviews im Extrablatt
Der folgende Beitrag gibt ein Interview mit der Lehrerin Frau Medewaldt wieder.
Guten Tag Frau Medewaldt,
Welche Fächer unterrichten Sie?
Ich unterrichte Mathematik, Chemie und Französisch.
Wie lange sind Sie schon an unserer Schule?
Ich bin schon seit 35 Jahren Lehrerin an dieser Schule.
Wie fühlen Sie sich an unserer Schule?
Schwierig. Sehr unterschiedlich. Meistens gut, in Stress-Situation weniger gut.
Gab es Schüler/Schülerinnen die Sie nie vergessen werden?
Es gibt viele Schüler und Schülerinnen die ich nie vergessen werde, sowohl im positiven
Sinne als auch im negativen Sinne.
Woran erinnern Sie sich gerne?
An Schüler die mir hinterher gesagt haben, dass sie viel gelernt haben, sich wohlgefühlt
haben an dieser Schule, und dass sie diese Schule weiterempfehlen würden.
Woran erinnern Sie sich nicht gerne?
Lass mich ein Moment überlegen…
An Konflikte und Auseinandersetzungen, die schwer zu lösen waren
und wo man das Gefühl hatte, dass man leider nicht das erreicht hat, was man erreichen
wollte.
Welche Ereignisse werden Sie nie vergessen?
Ich werde auf jeden Fall nie die Klassenfahrten vergessen, die zweite Bombendrohung,
sowie die erste Bombendrohung die ich schon vor etwa 15 Jahren mitgemacht habe. So was
vergisst man nicht.
Was hat sich im Laufe der Jahre an der Bockmühle verändert?
Da sich der Stadtteil verändert hat, hat sich natürlich die Schülerzusammensetzung
verändert.
Als ich an die Schule kam, gab es natürlich längst nicht so viele Nationalitäten hier an dieser
Schule. Inzwischen sind es 49 Nationalitäten. Das hat sich verändert.
Es hat sich sicherlich auch das Leistungsbild verändert, wir hatten früher deutlich bessere
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Schüler. Man sieht es an den Französisch- und Latein-Kursen. Und auch die Elternmitarbeit
hat sich leider negativ verändert. Früher waren die Eltern engagierter.
Wie finden Sie die 60-Minuten-Stunden im Gegensatz zu den 45-Minuten-Stunden?
Das ist für die Fächer unterschiedlich. Drei mal 60 Minuten Mathematik finde ich gut, aber
die Doppelstunden die sich momentan bei den Sprachen ergeben, finde ich nicht akzeptabel.
120 Minuten Französisch sind nicht machbar.
Wie viele Klassenfahrten hatten Sie, und welche fanden Sie am besten bzw. wohin
sind Sie gefahren?
Ich hab ganz viele Klassenfahrten gemacht. In 35 Jahren bin ich mindestens jedes zweite
Jahr gefahren. Also kann man das ungefähr ausrechnen.
Ich tipp mal auf 20 Klassenfahrten.
Schöne Klassenfahrten waren natürlich nach Frankreich, weil es mein Lieblingsland ist und
weil die Schüler immer gesagt haben, dass sie es dort sehr schön fanden. Eine weitere
schöne Fahrt war natürlich zum Gardasee. Frau Wagner und ich waren damals die Vorreiter
und die ersten, die damals zum Gardasee mit einer 10. Klasse gefahren sind. Es ist schön,
dass die Schüler so begeistert waren, dass seitdem jedes Jahr mindestens eine 10. Klasse
zum Gardasee gefahren ist.
Können Sie sich ein Leben ohne die Bockmühle vorstellen?
Ja, ich kann mir ein Leben ohne die Bockmühle vorstellen.
Glauben Sie, dass Sie sich damals für den richtigen Beruf entschieden haben?
Ja, ich bin mir ganz sicher, dass ich mich für den richtigen Beruf entschieden habe, da es mir
Spaß macht zu sehen, wie sich die Schüler weiterentwickeln.
Hat die Schule Einfluss auf Ihr Privatleben?
Ja, in Stresssituation hat sie schon Einfluss auf mein Privatleben oder wenn Korrekturen
anstehen, weil man zuerst an die Schule denken muss und dafür arbeiten muss.
Gab es Vorbilder in Ihrer Schulzeit?
Ja, ich habe eine ganz tolle Ausbildungslehrerin gehabt, von der ich viel gelernt habe und wo
ich mir gesagt habe, „So eine Einstellung möchte ich auch mal haben“. Meiner Lehrerin war
wichtig, dass sie die Schüler auf den richtigen Weg brachte.
Haben Sie selbst schon mal als Schülerin gespickt?
Ja, weil ich in Französisch anderen Schülern helfen wollte bei einer Französisch- Klausur.
Frau Medewaldt, wir danken Ihnen für dieses Interview und dafür, dass Sie sich für
uns Zeit genommen haben.
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Dieses Interview wurde geführt von Sascha Liebing und Duncan Quint.
Den Anfängen auf der Spur - 40 Jahre Gesamtschule Bockmühle
Ehemalige Schülerin Regina M. berichtet
Essen Zu Beginn möchten wir uns bei allen ehemaligen Schülerinnen und Schülern herzlich
für ihre Unterstützung bedanken.
Die ehemalige Schülerin der Gesamtschule Bockmühle Regina Michels (geb.1966) besuchte
unsere Schule von der 5. bis zur 11. Klasse (1978-1984). Sie entschloss sich ihr
angefangenes Abitur nicht zu beenden und die Schule nach der 11. Klasse mit der
Fachoberschulreife mit Qualifikation für die Oberstufe zu verlassen, um auf einem
Berufskolleg in
Holsterhausen ihr Fachabitur zu absolvieren. Nach Erreichen ihres Fachabiturs studierte sie
an der Universität Essen das Fach Pädagogik für das Lehramt. Beruflich hat sie jedoch ihre
Laufbahn geändert und ist nun die Leiterin des Jugendzentrums Coffee Corner in Essen. Ihr
Schülerpraktikum absolvierte sie ebenfalls in dem Jugendzentrum, welches sie früher
regelmäßig besuchte.
An der Gesamtschule Bockmühle hat Regina. M sich gefördert und wohlgefühlt. Das kam in
ihren guten Noten zum Vorschein. Die Vorbilder in ihrer Schulzeit waren Herr Asche, der
Stufenleiter,
Herr Prepens, der Politik und Erdkunde unterrichtete, und die damalige Chefin des Coffees
Corners. Sie erzählte uns, dass bereits früher viele Immigranten die Schule besuchten.
Nach wie vor ist sie begeistert von der Gesamtschule Bockmühle und hätte auch gerne ihre
Kinder auf die Schule geschickt.
Sie berichtete von ihrem Kunstlehrer: „Ich hatte einen schrecklichen Kunstlehrer!“ Herrn
Prepens bezeichnete sie dagegen als „coolen Typen“. Wir stellten ihr die Frage, was sie sich
wünschen würde, wenn sie drei Wünsche frei hätte.
Sie antwortete: „ Mein erster Wunsch ist, dass sich das Schulsystem ändert, der zweite,
dass Kinder und Jugendliche in ihrer Laufbahn besser gefördert werden und als dritten
Wunsch, wünsche ich mir mehr Toleranz.“
Heutzutage hat sie nur selten zu alten Mitschülern Kontakt. Dies begründete sie mit dem
Alltagsstress.
Regina Michels ist eine sympathische Frau. Sie begrüßte uns sehr freundlich und war für all
unsere Fragen offen. Das Gespräch mit ihr verlief sehr herzlich und sie freute sich ebenfalls
zu hören, dass die Bockmühle 40 Jahre wird!
Lisa und Naomi
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Herr Höing – Vom Schüler zum Hausmeister
Hausmeister, fing als einer der ersten Schüler an dieser Schule an. In dieser Zeit gab es nur
deutsche Schüler/innen an dieser Schule. Im Gegensatz dazu gibt es heute Schüler/innen
aus ca. 50 Nationen. Herr Höing war von 1972 bis 1978 Schüler an der GEB. 1999 bewarb
er sich als Hausmeister. Im Jahr 2000 wurde er schließlich eingestellt und seit 2001 ist er an
dieser Schule tätig. Seiner Meinung nach hat sich die Schule „Durch die Integration und
Inklusion der Klassen zum Positiven“ entwickelt.
Das schönste Erlebnis für Herrn Höing an der Gesamtschule Bockmühle war das 30-jährige
Jubiläum.
Er arbeitet gerne hier an der Schule und sagt über seine Arbeit: „Ich bin gerne an der
Schule.“
Wenn Herr Höing drei Wünsche frei hatte, würde er sich „ eigene Gesundheit, eine Weltreise
und die Gesundheit seiner Kinder“ wünschen.
Das Gespräch führten Tobias Kuhlmann und Timo Zeilnhofer.
Auch Lehrer mussten mal beim Direx antanzen!“
Gerhard Gente (66), Lehrer der ersten Stunde, erzählt von den Anfängen der GEB und
wie er dort auf seine Frau getroffen ist.
Gerhard Gente (66) nimmt sich Zeit und lässt sich von drei jungen Damen der Gesamtschule
Bockmühle ausquetschen. Seine Bedenken, dass die Fragen zu intim oder zu persönlich
werden, bestätigen sich nicht. An der ersten Gesamtschule der Stadt Essen, war G. Gente
ein Lehrer der ersten Stunde.
Seine Zeit an dieser Schule begann im August 1975 und endete im Februar 2011.
Er unterrichtete die Fächer Deutsch und Sport in der Unter- sowie auch in der Oberstufe.
Schon vor seiner Zeit als Lehrer engagierte er sich in der Gemeinschaft Essener
Turnvereine, wie auch heute noch.
Durch sein Engagement kam er an die Gesamtschule Bockmühle, da viele Vereine in den
Hallen der GEB trainierten. Neben dem normalen Job als Deutsch- und Sportlehrer war er
Fachkonferenzvorsitzender und half dabei, Schulfeste, Sportfeste wie auch die GEBOlympiade zu organisieren.
„Ich war gerne Lehrer“, sagt G. Gente und meint von sich selbst, dass er sich gut auf andere
einlassen kann und immer „Up to date“ sein muss, was für das Lehrer-Dasein sehr wichtig
ist.
Neben dem normalen Job als Deutsch- und Sportlehrer war er Fachkonferenzvorsitzender
und half dabei, Schulfeste, Sportfeste wie auch die GEB-Olympiade zu organisieren. „Ich war
gerne Lehrer“, sagt G. Gente und meint von sich selbst, dass er sich gut auf andere
einlassen kann und immer „Up to date“ sein muss, was für das Lehrer-Dasein sehr wichtig
ist. In seiner Freizeit trifft er sich gerne mit seinen Freunden, mit denen er auch oft sportlich
unterwegs ist. Erst vor kurzem segelte er mit ihnen von Barcelona die Küste entlang nach
Norden. Heute gibt es über 50 Nationen an dieser Schule. Auf die Frage, wie es damals
war, antwortet er: „In meiner ersten Klasse gab es 3-4 Kinder mit Migrationshintergrund.“
„Man kann es gut oder schlecht finden. Es ist einfach so!“, antwortet er darauf, wie er die
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Entwicklung der Anzahl der Migranten an unserer Schule findet. „Früher war die
Zusammenarbeit mit den Eltern einfacher“, behauptet Herr Gente. G. Gente war Schüler des
Alfred-Krupp-Gymnasiums. Schon damals war es sein Traum, Lehrer zu werden. Allerdings
wollte er die Fächer Mathe und Sport unterrichten, da er diese während seiner Schulzeit
bevorzugte.
Er plaudert viel über seine Zeit als Lehrer und erzählt von einigen Schülerspäßen.
Schüler kletterten z.B.aus dem Fenster - im Sommer, um die Sonne zu genießen, im Winter,
um eine Schneeballschlacht zu machen oder einen Schneemann zu bauen. Gerhard Gente
kletterte auch aus dem Fenster und machte mit. Dabei musste man gut aufpassen, dass
einen der Abteilungsleiter nicht sah, denn er konnte durch sein Fenster beobachten, wer das
Gebäude verließ. G. Gente ging immer auf die Bedürfnisse seiner Schüler ein.
Als er eines Tages wegen des Rauchens im Innenhof zum Schuldirektor bestellt wurde,
konnte er sich geschickt herausreden. Seine Argumente waren wohl so überzeugend, dass
das Rauchen im Innenhof schließlich für Lehrer erlaubt wurde. Diese Erlaubnis galt so lange,
bis das allgemeine Rauchverbot in Schulen eingeführt wurde. Seine Ehefrau, Birgit
Medewaldt, die ebenfalls Lehrerin der Gesamtschule Bockmühle ist, lernte er durch einen
„Zusammenprall“ im Lehrerzimmer kennen.
Auf die letzte Frage, was er sich wünschen würde, wenn er drei Wünsche frei hätte,
antwortet er humorvoll: „ Ich brauche nur einen. Ich wünsche mir, dass alle meine Wünsche
in Erfüllung gehen!“
Doch nach kurzem Nachdenken entscheidet er sich für gute Freunde und den Wunsch das
Erreichen des Alters von 75 Jahren. Für jedes weitere Jahr sei er dankbar. Er findet es
langweilig, wenn all seine Wünsche erfüllt werden.
Die drei Mädels des 12. Jahrgangs, Gülsen Senyürek, Charmaine Fischer und Vanessa
Sudau, danken Gerhard Gente sehr herzlich für das unterhaltsame und informative
Interview
Herr Benemann berichtet von der Gründungszeit
Heinz Benemann gehört zu den Planern, Gründern und Lehrern der Gesamtschule
Bockmühle, der ersten Gesamtschule in Essen.
Er beteiligte sich an vielen Projekten von den 70er bis 90er Jahren, die die
Gesamtschule Bockmühle weitergebracht haben. Des Weiteren war er an unserer
Schule Klassenlehrer, Religionslehrer und Lehrerratsmitglied von 1972 bis 2000.
„Wir müssen mehr Demokratie wagen.“ Das ist die Aussage vom Bundeskanzler Willy
Brandt, welche Herrn Benemann heute noch inspiriert. Die Gesamtschule als demokratische
Schule für „alle“ Schüler ist Herrn Benemann zufolge eine einzigartige Schulform, weil sie die
Gleichberechtigung fördert.
Vor seiner Tätigkeit an der Gesamtschule Bockmühle unterrichtete er am Frida-LevyGymnasium (heute: Frida-Levy-Gesamtschule), wo ganz andere Schulstrukturen
vorherrschten.
Die Kollegen am Gymnasium waren sehr streng und es gab keinen Freiraum für Schüler und
Lehrer. Die Schüler saßen in Reihen und guckten zur Tafel. Es gab keine Gruppentische, an
denen man in Gruppen arbeiten konnte.
Bis 1968 gab es in den Schulen auch keine Diskussionen über mögliche Kooperationen
zwischen gesunden und behinderten Schülern. Die Idee der Integration von behinderten
Schülern wurde schon damals von Herrn Benemann befürwortet, konnte aber noch nicht
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umgesetzt werden. Dies war eine große Enttäuschung für ihn, weil er großen Wert auf die
Zusammenarbeit von Schülern mit unterschiedlichen Eigenschaften legt. Mittlerweile ist die
Zusammenarbeit von behinderten und nicht behinderten Schülern Alltag an der Bockmühle
Jeder Stadtteil sollte eine weiterführende Schule haben und die Schüler aus der Umgebung
(hier Altendorf) aufnehmen. Denn in Altendorf gab es vor dieser Schule nur zwei
Grundschulen und eine Sonderschule. Die nächsten weiterführenden Schulen lagen
außerhalb von Altendorf. Die Gesamtschule war also eine Chance für den Stadtteil.
Heute sind seine schönsten Momente solche, in denen ehemalige Schüler auf ihn
zukommen und ihn auf die alte Schulzeit ansprechen.
Diese hat ihn bei einigen Schülern viel Kraft gekostet. Während er damals zweifelte, ob die
investierte Kraft umsonst gewesen sei, ist er heute stolz darauf, viele Menschen erreicht zu
haben.
Ein Highlight seiner Zeit an der Bockmühle war ein Ausflug in das ehemalige Nöggerathbad.
Es war ein heißer Sommertag und der Schulleiter bat ihn, mit knapp 400 Schülern einen
Ausflug ins Freibad zu machen. Aus heutiger Sicht ist diese Aktion unvorstellbar.
Der lustigste Moment, an den er sich noch erinnern kann, ist ein von Schülern gedrehter
Vampirfilm.
Da die Verfilmung länger dauerte, war der Klassenraum leer, als er hinein kam. Als die
Schüler schließlich vom Dreh kamen, brachten sie einen Sarg mit, den sie selbst im
Technikunterricht gebaut hatten. Ein Schüler fehlte allerdings. Auf einmal ging mitten im
Klassenraum der Sargdeckel auf und der versteckte Schüler kam aus heraus.
Von Kevin Valte, Emre Köksalan und Benjamin El Hobani
Herr Kuhlmann – ein engagierter und begeisterter Lehrer
Jörg Kuhlmann ist Vater von 2 Kindern und Lehrer für Englisch Französisch und
Gesellschaftslehre. Herr Kuhlmann ist nun seit 33 Jahren fester Bestandteil dieses
Bildungsinstituts und bereichert uns seitdem mit seiner Anwesenheit.
In seinem ersten Jahr an der GEB wurde auch gleichzeitig der erste 11. Jahrgang
eingerichtet.
Zudem erklärte Herr Kuhlmann uns auch, dass die ersten Jahre an der Bockmühle seine
aufregendsten waren, da die Schülerschaft der ersten Gesamtschule in Essen eine ganz
andere war, als die Schülerschaft
an seiner vorherigen Arbeitsstelle, einem Gymnasium in Bielefeld. Dies war so, weil die
Kinder an der GEB z.B. offener und lockerer waren. Jedoch brauchten sie intensivere
Betreuung. Das sah Herr Kuhlmann als Herausforderung an, die er mit Freuden annahm!
Herr Kuhlmann wird nur noch 2 Jahre an dieser Schule unterrichten. Er kann nach eigenen
Aussagen mit gutem Gewissen sagen, dass ihm die Jahre an dieser Schule sehr gefallen
haben. Außerdem möchte er der Schule mitteilen, dass sie auf einem guten Weg ist und so
weitermachen soll!
Eine Produktion von: Marcel Merten, Sebastian Fischer und Florian Schlüter
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Sportliche Schülerin aus den 70ern erzählt von ihrer ehemaligen
Schulzeit
Im Jahre 1972 wurde die erste Gesamtschule in Essen gegründet.
1972 war Birgit Wißing eine der ersten Schülerinnen der Gesamtschule Bockmühle.
Adriana und Janina aus der Jahrgangsstufe 12 haben sie getroffen und sie über ihre
ehemalige Schulzeit befragt.
Adriana: Wenn Sie drei Sätze hätten, um sich zu beschreiben, was würden Sie sagen?
Birgit: Ich bin eine selbstbewusste, junge, sportliche Frau Anfang 50.
Janina: Waren Sie, als die Schule gegründet wurde, hier auf der Schule?
Birgit: Ja, ich war eine der ersten Schülerinnen auf dieser Schule.
Adriana: Wie war der Unterricht damals? Eher streng oder eher locker?
Birgit: Also ziemlich locker, ich fand es ziemlich cool, weil die Grundschule war für mich,
etwas strenger. Und dann kam man hier hin und dachte, „Poah..“ Also, es war schon echt
sehr locker. Und der Lehrer, den wir hatten, war schon sehr locker. Es gibt natürlich
Unterschiede zwischen Lehrern.
Janina: Welches Fach war damals Ihr Lieblingsfach?
Birgit: Mein absolutes Lieblingsfach war Sport.
Adriana: Welche Lehrer von heute kennen Sie noch?
Birgit: Die Lehrer, die ihr noch kennen müsstet, sind Klaus Prepens, Herr Gente und Frau
Becker.
Janina: Welche Lehrer hatten Sie denn damals?
Birgit: Herrn Dubie, Klaus Prepens, Herrn Gente, Herrn Achtelik, Herrn Götzen und Herrn
Sonnenschein. Mehr weiß ich jetzt leider nicht.
Janina: Man hat uns gesagt, dass es Kritik an der ersten Gesamtschule in Essen gab, wie
empfanden Sie diese?
Birgit: Ich hab das eigentlich überhaupt nicht verstanden. Ich fand die Schule total cool. Der
einzige Nachteil war für mich, dass ich eigentlich von Grund auf recht faul war und
Hausaufgaben musste man in der Grundschule noch zu Hause machen, da wurden sie
immer von den Eltern kontrolliert. Aber hier hab ich mir gedacht, ach egal, hab ich in der
Schule gemacht und im Fach gelassen. Das war mein Nachteil. Ansonsten fand ich
persönlich alles positiv. Meine Kinder sind jetzt 28 und 30, ich habe sie nicht auf diese
Schule geschickt, weil sie auch so einen Hang zur Faulheit haben, so wie ich. Ich wollte,
dass sie ein bisschen strenger beobachtet werden und etwas mehr Druck bekommen, was
ihnen vielleicht ganz gut tat. Deswegen habe ich sie nicht hier hin geschickt. Ansonsten fand
ich diese Schule hier sehr gut.
Adriana: Wie war das Klima damals in der Schule? Wie sah es aus mit der
Rücksichtsnahme und wie kamen die Schüler mit den Lehrern klar?
Birgit: Mit den Lehrern kam ich ganz gut klar. Manche Schüler kamen mit den Lehrern nicht
so klar und haben einen Lehrer mal in den Schrank eingeschlossen. Dadurch, dass die
Schule lockerer war, als damals die Grundschulen, haben sich einige Schüler schon mehr
erlaubt, als sie sollten.
Janina: Gab es damals schon in der Schule Berufsberatungen?
Birgit: Ja die gab es schon, ich denke das war ab Klasse 9.
Adriana: Wussten Sie schon früher, welchen Beruf Sie ausführen wollten?
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Birgit: Ich wusste eigentlich schon, welchen Beruf ich nach der Schule ausführen wollte,
davon hat man mir damals aber abgeraten. Ich wollte immer Erzieherin werden. Meine
Lehrer sagten mir, dass es zu wenig Kinder gäbe und ich zu ruhig dafür wäre und ich es
deshalb lieber lassen solle. Damals war es eine Zeit, in der man mehr auf die Eltern gehört
hat und dann bin ich zur Post gekommen, was mir nicht so gefallen hat. Meinen Kindern
habe ich von Anfang an geraten, dass sie das machen sollen, worauf sie Lust haben.
Adriana: Haben Sie Abitur gemacht?
Birgit: Nein, ich habe meine mittlere Reife gemacht. Damals war es aber auch schon
möglich, Abitur zu machen.
Janina: Haben Sie Veränderungen von früher zu heute an der Schule wahrgenommen?
Birgit: Diese riesige Cafeteria gab es natürlich früher nicht. Früher gab es in den ersten
Jahrgängen noch eine Mensa in der Kirche in der Nähe von dieser Schule. Und der Pavillon,
in dem wir die ersten 2 Jahre lang Unterricht hatten, stand direkt neben der Kirche. Wir
Schüler wollten eigentlich nicht in dieses riesige Hauptgebäude, denn wir fanden diese
Pavillons richtig toll.
Früher durfte man das Schulgelände verlassen, und die ganzen Schüler sind zum Bäcker
oder zu Edeka gegangen. Die hatten damals relativ neu eröffnet. Die Mitarbeiter bei Edeka
waren nicht so begeistert davon.
Janina: Heutzutage dürfen ja nur noch die Oberstufenschüler das Schulgelände verlassen.
Adriana: Da halten sich ja trotzdem nicht alle dran.
Birgit: Ich denke mal, damals wollte man einfach mal was anderes ausprobieren.
Adriana: Wie war denn Ihr Verhältnis zum Hausmeister? Wir haben gehört er ist mit Ihnen
auf die Klassenfahrt gefahren?
Birgit: Jaaa! Herr Botkus. Super gut. Das war ein ganz toller Typ. Ist er glaub ich auch
immer noch. Kennt ihr ihn?
Wir: Nein, wir kennen ihn nicht mehr.
Birgit: Er müsste jetzt glaub ich auch knapp 70 sein. Dann kennt ihr ihn nicht. Der war aber
richtig gut. Ja stimmt, er ist mit uns auf unserer Klassenfahrt gewesen.
Janina: Das hat uns gewundert, weil zu unseren Hausmeistern haben wir überhaupt keinen
Draht. Wir sehen sie nur, wenn wir Ordnungsdienst haben. Nur dann redet man mit ihnen.
Birgit: Herr Botkus kam immer auf uns zu, hat mit uns geredet, also er hat immer Spaß
gemacht mit uns. Das fand ich wirklich gut.
Janina: Kennen Sie noch Geschichten aus Ihrer Schulzeit?
Birgit: Ja, spannend war das mit dem Einschließen des Lehrers. Besonders lustige Sachen
fallen mir jetzt leider nicht mehr ein, tut mir leid.
Janina: Die Schüler, die den Lehrer damals eingeschlossen haben, haben doch bestimmt
Ärger bekommen, oder?
Birgit: Ja die haben schon Ärger bekommen, aber es ist nie wirklich was passiert. Den
Leuten ist mal die Meinung gesagt worden, aber sonst nichts.
Janina: Ich glaub heutzutage würde man für sowas sofort von der Schule fliegen.
Birgit: Der Lehrer damals war aber auch so ein Fall für sich. Der war unmöglich. Er hat uns
nur angeschrien und sich lustig über uns gemacht. Und manche Schüler haben sich das
dann nicht mehr gefallen lassen und dann haben sie ihn in den Schrank eingeschlossen,
keine Ahnung wie sie das gemacht haben. Dieser Lehrer war aber auch nur 2 Jahre da und
danach hat man ihn nicht mehr gesehen.
Adriana: Welche Vorbilder hatten Sie während Ihrer Schulzeit?
Birgit: Für mich waren nur Sportler Vorbilder. Sport war und ist für mich sehr wichtig. Franz
Beckenbauer war einer, den fand ich ganz toll. Das Buch hab ich damals auch gelesen und
er war der, der mich irgendwie fasziniert hat.
Janina: Was würden Sie sich wünschen, wenn Sie 3 Wünsche frei hätten?
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Birgit: Ganz im allgemeinen, dass wir alle gesund bleiben, Glück, und dass alle das
bekommen, was sie sich wünschen.
Wir: Dankeschön, dass Sie unsere Fragen beantwortet haben.
Birgit: Ich hätte auch noch eine Frage an euch. Wie ist das denn hier heutzutage? Ist das
eher locker oder eher strenger?
Adriana: Im Vergleich zu damals eher strenger.
Janina: Es variiert aber von Lehrer zu Lehrer. Manche sind sehr streng und manche sind
sehr locker.
Birgit: Mein Lehrer damals war eigentlich viel zu locker. In der 8. oder 9. Klasse habe ich
dann den Klaus Prepens als Lehrer bekommen und den fand ich super gut. Er konnte
wirklich sehr streng sein, war aber auch ein Kumpeltyp, mit dem man sich toll unterhalten
konnte. Klaus Prepens wollte einem immer nur helfen. Gibt es noch diese E- und G-Kurse?
Wir: Ja, die gibt es noch.
Birgit: Ich war damals auch zuerst im Mathe E-Kurs, aber da ich wirklich sehr zurückhaltend
war, bin ich da nie wirklich zum Zug gekommen. Deshalb bin ich in den G-Kurs gekommen
und weil das ein sehr kleiner Kurs war, konnte ich dort viel besser lernen und ich bin mehr
aus mir herausgekommen. In so einem kleinen Kurs baut man auch ein ganz anderes
Verhältnis zum Lehrer auf als in einem großen Kurs. Was ich damals schon toll fand war,
dass Sport groß geschrieben wurde. Vor allem auch Volleyball. Die Frau Wortmann, ist die
noch hier? Die hat mich zum Volleyball gebracht damals. Ich habe zusammen mit Frau
Hömßen bei SGN-Essen gespielt. Wir sind auch sehr weit gekommen. Wir waren bei den
Deutschen Meisterschaften und Jugend trainiert für Olympia echt gut. Seid ihr denn hier
glücklich und zufrieden? Ist das alles richtig für euch gewesen?
Janina: Ja, für mich war die Gesamtschule die richtige Entscheidung, auch wenn viele
sagen, dass ein Abitur hier nicht so viel wert ist wie auf einem Gymnasium. Wir haben ja das
Zentralabitur, also gibt es kein besser oder schlechter.
Birgit: Über die Schule wurde schon vom ersten Tag an schlecht geredet.
Janina: Ich find eine Gesamtschule besser als eine Hauptschule, Realschule oder ein
Gymnasium, weil, wie Sie schon gesagt haben, man sich hier noch weiterentwickeln kann.
Birgit: Ich würde es auch immer wieder befürworten, nur im Fall meiner Kinder fand ich eine
andere Schule halt besser. Ansonsten fand ich das schon echt gut hier.
Adriana: Danke, dass sie Zeit für uns gefunden haben und uns so viel aus ihrer Schulzeit
erzählt haben.
Interview mit Herrn Friedrich
Herr Friedrich ist seit über 30 Jahren Lehrer an der Gesamtschule Bockmühle
und berichtet uns von seinen Erfahrungen.
Gesamtschule Bockmühle: Wie geht es Ihnen?
Herr F.: Mir geht es eigentlich ganz gut, nur dass ich ein wenig Stress habe. Ich habe zwei
Gruppen in der Projektwoche, die ich betreuen muss und ich weiß nicht, ob das gut läuft.
Sonst geht es mir gut.
GEB: Wie ist die Projektwoche entstanden? Zu welchem Anlass?
Herr F.: Die Projektwoche ist entstanden, weil die Schule ihr 40-jähriges Jubiläum feiert und
wir das Gefühl hatten, dass die Schülerinnen und Schüler auch daran teilnehmen sollen. Sie
sollen sich selbst und das was sie in ihren Klassen und im Unterricht machen präsentieren.
Und sie sollen nachdenken, genauso wie ihr das tut, welche Erfahrungen man aus diesen
langen Jahren Schule hier so mitnimmt.
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GEB: Und wie lange sind Sie schon hier an dieser Schule?
Herr F.: Ich bin seit 1979 an dieser Schule, das müssten jetzt so 32, 33 Jahre sein.
GEB: Mit welcher Einstellung sind sie an diese Schule gekommen?
Herr F.: Ich habe in Berlin studiert und war politisch sehr aktiv. Ich war früher in
kommunistischen Gruppen, die man in der studentischen Zeit so hatte und ich hatte das
Gefühl, dass man als Lehrer, das war so ein Spruch, dem Volke dienen musste, d.h. als
Intellektueller eben nicht nach Karriere streben sollte, sondern das man gucken sollte.
Deswegen war es für mich auch ganz klar, dass ich an eine Gesamtschule gehe, weil da
Leute sind, die nicht vom Elternhaus her sofort Karriere machen können.
GEB.: Wollten sie jemals an diese Schule oder an eine andere Gesamtschule?
Herr F.: Ich habe ja, wie gesagt, in Berlin studiert und dort mein erstes Lehrerexamen und
mein Refrendariat gemacht. Ich war dort auch an einer Gesamtschule. Meine damalige Frau
hat im Ruhrgebiet gelebt, war ebenfalls Lehrerin dort. Ich habe dann im Ruhrgebiet nach
Arbeit gesucht, habe alle Schulen im Ruhrgebiet und Münsterland abgeklappert. Diese
Schule hat mich genommen, weil ich mich als Techniklehrer ausgegeben habe, ohne dies zu
sein. Aber die brauchten Techniklehrer, so bin ich hier reingerutscht.
GEB: Wollten Sie jemals an eine andere Schule wechseln?
Herr F.: Ich bin eine sehr treue Seele, also ich sah immer, dass diese Schule mit relativ viel
Schwierigkeiten zu kämpfen hatte und ich habe dann gedacht, dass es ganz gut wäre, wenn
ich hier bleiben würde. Also wie ein Soldat seinen Posten nicht aufgibt, so habe ich auch
immer gedacht, hier weg zu gehen, dass wäre ein bisschen Verrat an dieser Schule. Ich
hätte es vielleicht machen sollen, es hätte mir gut getan, ich hätte wahrscheinlich mehr
kennen gelernt. Diese Schule hat sich lange Zeit nicht entwickelt, erst in den letzten sieben
oder acht Jahren hat sie eine gute Entwicklung genommen, die ich so unterstützen würde.
GEB: Was war das Schönste, was Sie jemals an dieser Schule erlebt haben?
Herr F.: Ich habe sehr viele schöne Projekte gemacht. Eine Arbeitsgruppe hat mal ein
großes Motorboot gemietet, da waren wir mit 10 Leuten drauf und dann wollten wir mit
diesen 10 Schülerinnen nach Amsterdam rein fahren. Dort wollten wir Kontakt mit der Schule
und mit einer Hochschule aufnehmen, um mit diesen Schulen über europäische Themen zu
sprechen. Das Boot hatte einen Motorschaden, dadurch sind wir nur an das andere Ufer des
Ijsselmeer gekommen und sind dann mit der Bahn nach Amsterdam gefahren. Solche
Projekte mit aktiven Schülerinnen und Schülern sind immer schöne Erlebnisse.
Dieses Interview führten die Schüler Nils Engelberg und Ahmet Kösecik.
Der erste Bockmühle-Hausmeister deckt auf!
Interview mit Herrn Botkus, dem Hausmeister der Gesamtschule Bockmühle in
den Jahren 1972—2002
Ferdi: Schönen Guten Tag, ich bin Ferdi.
Katarzyna: Ich bin Katarzyna. Wir möchten Ihnen ein paar Fragen über Ihren Beruf als
Hausmeister an der Gesamtschule Bockmühle stellen.
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Herr Botkus: Ich bin der Markus Botkus. Mein eigentlicher Beruf ist Mechaniker.
Von 1966 – 1980 war ich beim Sportamt, währenddessen bin ich 1972 an die Gesamtschule
Bockmühle gekommen.
Die Anfangsjahre waren ziemlich schwer. Man kann sich nicht vorstellen, was damals
abgelaufen ist. Die Lehrer waren alle jung, sie kamen gerade von der Uni. Sie hatten alle
eine andere Vorstellung davon, wie man eine Schule führt.
Der Dienstälteste und gleichzeitig der Direktor der Schule, hatte die Truppe von jungen
Lehrern unter sich.
Nach meinem Verständnis waren manche Tage grausam.
Ferdi: Was ist denn genau passiert?
Herr Botkus: Die Schüler durften alles, was der Direktor verboten hat. Die Lehrer waren
nicht viel besser. Es gab damals auch ein paar gute Lehrer. Die Schüler haben am Unterricht
teilgenommen, aber durften machen, was sie wollten. Sie sind einfach rausgegangen und
haben draußen gespielt. Auch gab es Schüler, die einfach mit der Straßenbahn in die Stadt
gefahren sind. Kurz vor Feierabend kamen sie wieder oder ich musste sie in der Stadt
einfangen.
Ferdi: Wovon war das abhängig? Waren sie nicht diszipliniert?
Herr Botkus: Disziplin war ein Fremdwort. Die Lehrer haben selbst versucht eine Laisserfaire-Schule zu führen, wo die Schüler spielend lernen sollten. Natürlich haben sie auch
gelernt, aber für die Art zu lernen würde heute kein Mensch Verständnis zeigen.
Nur mal so als Beispiel: Während der Pausen sind Schüler durch das Fenster des Direktors
rein und dann wieder raus – und das bei einem Direktor.
Der Schulhof war noch nicht gepflastert, da war noch gestampfter Lehmboden. Sie können
sich sicher vorstellen, wie die Klassenzimmer aussahen. Die Putzfrauen haben sich nach
einer Weile geweigert, dort zu putzen. Die Putzfrauen mussten Schwerstarbeit verrichten.
Sauberkeit gab es damals auf dieser Schule nicht.
Neben der Kirche an der Mercatorstraße gab es eine Essensverwaltung, von der wir auch
Fasan zu essen bekamen. Die lieferten 700 Essen pro Tag.
Mir fällt noch eine weitere Katastrophe ein. Die Schüler haben Eierschlachten gemacht. Sie
haben den ganzen Saal mit Eiern verdreckt.
Aber was mich am meisten genervt hat, war die Gleichgültigkeit der Lehrer.
Da war ein Lehrer, der einen Problemschüler hatte.
Während des Unterrichts drehte der Schüler den Wasserhahn auf, sodass das
Waschbecken überlief.
Der Lehrer hat versucht mit einem Tuch das laufende Wasser abzudecken, anstatt den
Wasserhahn zuzudrehen. Die ganze Klasse stand unter Wasser, und der Lehrer hat weiter
Unterricht gemacht.
Unsere Kinder waren immer, wo sie nicht sein sollten.
Da ich damals mein Sportabzeichen gemacht habe, war ich bei den Schülern gefürchtet,
aber ich war trotzdem sehr beliebt bis zum letzten Tage, weil ich für sie gekämpft habe. So
gab es einen Schüler, der bei einer Lehrerin ausgerastet ist und rausgeschmissen wurde. Ich
habe ihn zurück geholt.
Alle unerfahrenen Lehrer sind heute an verschiedene Gesamtschulen verteilt. Also man kann
sagen, dass aus denen etwas geworden ist.
Die Gebäude wurden 1977 gebaut. Danach kam erst die Sporthalle.
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Ich als Hausmeister habe mit Schülern Sport gemacht, die etwas dicker und unbeweglich
waren oder eine Behinderung hatten.
Katarzyna: Wurden Sie dafür belohnt, dass sie den Schülern geholfen haben?
Herr Botkus: Ich wurde von meinen Kollegen als Kollege anerkannt. Es gab damals 24
Stimmen von der Verwaltung und ich war die 25. Stimme.
Wir hatten bis zum heutigen Tag drei Schulleiter und vier kommissarische Schulleiter. Herr
Prepens fing damals ganz jung an. Er kam vom Gymnasium, ein großer muskulöser
Bursche, der Gewichtsheber war. Herr Prepens hat die Schule in den Griff bekommen. Er
hat den Lehrern Vorschriften gegeben, an die sie sich halten mussten und nicht mehr
machen konnten, was sie wollten. Er hat wichtige Maßnahmen getroffen, um die Schule so
zu formen, wie sie heute ist.
Ich war 18 Stunden am Tag in der Schule.
Die Schulkonferenzen dauerten von 16.00 Uhr bis nachts halb 3.
Ferdi: Gibt es Unterschiede zwischen den Schülern von damals und heute?
Herr Botkus: Ach, kein Vergleich. Ihr seid Musterschüler dagegen.
Katarzyna: Was hat sich an der Schule genau geändert?
Herr Botkus: Das Klettergerüst wurde neu gebaut. Der Treff war früher auch schon ein
Ruheort für Schüler, aber es gab hier kein Büfett. Die Theke gab es auch noch nicht. Neben
der Theke war eine Straße mit Automaten, wo man sich Lebensmittel holen konnte. Die
Mensa gab es von Anfang an.
Katarzyna: Wie war die Einstellung der Schüler damals?
Herr Botkus: Die Schüler haben nur Blödsinn gemacht. Sie haben auf den Straßen gespielt.
Statt zur Schule zu gehen, sind sie zur Stadt gefahren. Sie kannten keinen Klingelton.
Herr Prepens ist immer morgens um 6.45 Uhr in der Schule gewesen. Ich kenne keinen Tag,
wo Herr Prepens vor 20.30 Uhr nach Hause fährt. Er ist sogar samstags und sonntags hier.
Ferdi und Katarzyna: Wir bedanken uns für das Interview. Danke, dass Sie sich die Zeit
genommen haben. Es hat uns viel Spaß gemacht. Auf Wiedersehen.
Das Interview wurde von Katarzyna Mika und Ferdi Kilic geführt.
Auch in den 70er Jahren gab’s Problemschüler
Hartmut Asche erinnert sich
Frage: Wenn Sie drei Sätze hätten, um sich vorzustellen, was würden Sie sagen?
Herr Asche: Der Name wäre nicht schlecht, Hartmut Asche. Ich hatte das Glück, Lehrer zu
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sein, das hat mir fast 35 Jahre lang Spaß gemacht. Das war meine zweite Schule und die
letzte Schule die ich überhaupt besucht habe. Dann muss die Schule gut gewesen sein.
Frage: Welche Vorbilder hatten Sie in Ihrer Schulezeit?
Herr Asche: Schwierig, schwierig. Ich habe eine Menge Vorbilder, in meiner
Verwandtschaft. In der Schulzeit war mein Klassenlehrer ein Vorbild für mich.
Frage: Wann waren Sie bei uns an der Schule?
Herr Asche: Als Lehrer habe ich angefangen 1976.
Frage: Wie kamen Sie dazu Lehrer zu werden?
Herr Asche: Da ist maßgeblich diese Schule dran Schuld. Ich habe meine Frau kennen
gelernt. Sie hat Pädagogik studiert in Bochum und ich Rechtswissenschaft. Ich habe Sie ein
wenig begleitet. Über meine Frau habe ich den Kontakt zu dieser Schule aufgenommen. Und
habe bei den ersten Klassenfahrten meiner Frau mitgemacht und mit Schülern dieser Schule
Spaß gehabt. Ganz einfach Freude gehabt mit Kindern umzugehen. Nachdem ich in Bochum
mein Examen nicht so ganz grandios abgeschlossen habe, habe ich mich entschlossen
umzusatteln und bin Lehrer geworden. Mit der Perspektive zu dieser Schule zugehen, die
damals etwas ganz Außergewöhnliches war. Ein pädagogisches Experiment, welches sehr
spannend schien. Und es war auch spannend, das muss man sagen.
Frage: Welche Tätigkeiten haben Sie an unserer Schule ausgeführt?
Herr Asche: Angefangen habe ich als Klassenlehrer, wurde dann Beratungslehrer für den 7.
und 8. Jahrgang. Nachdem mein Vorgänger nach Düsseldorf abberufen worden war, wurde
ich Abteilungsleiter. Unterrichtet habe ich Mathematik, Arbeitslehre, Technik und
Gesellschaftslehre.
Frage: Was hat es mit dem Rechtsausschuss auf sich?
Herr Asche: Der Rechtsausschuss bestand aus zwei Lehrern, einer davon war ich.
Am Anfang gab es an dieser Schule keine Verfassung. Man hat sich regelmäßig getroffen,
um eine Schulordnung zu beschließen.
Frage: Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie bei uns auf der Schule waren?
Herr Asche: Eigentlich immer gut. Ich kann mich kaum an einen Tag erinnern, an dem ich
wirklich ungern zur Schule gegangen bin.
Frage: Was haben Sie an negativen und positiven Erfahrungen erlebt?
Herr Asche: So, das ist eine Frage, damit macht man ein Fass auf. Die Erfahrungen, die
man mitgenommen hat, sind so umfangreich, dass ich es wirklich nicht in Worte fassen kann.
Positive Erfahrungen – unglaublich viele, im Zusammensein mit Kollegen und Schülern.
Natürlich auch einige negative Erfahrungen – das bringt das Berufsleben so mit sich.
So spezifizieren kann ich es nicht. Positive Geschichten aus der Schule selber sind mir nicht
sehr präsent. Das ist eine Kette aus Dingen, die ich als positiv empfunden habe und die ich
heute immer noch als positiv empfinde. Wenn ich z.B. ehemalige Schüler treffe (und da ich
im Sportverein tätig bin, treffe ich die eigentlich täglich), und wenn ich mitbekomme, dass
aus diesen Schülern was „Gutes“ geworden ist, und dass sie selber auf eine befriedigende
Schulzeit zurückblicken, an der man so ein bisschen mitgestrickt hat – dann ist das etwas
Positives.
Es gibt eine Menge schöne Geschichten, aber das Schlimme ist, dass die weniger schönen
Geschichten im Gedächtnis bleiben. Merkwürdig war mein Anfang hier an der Schule. Als ich
anfing und eine 5. Klasse als Klassenlehrer übernahm, da wurde mir am dritten Schultag von
der Polizei ein Schüler meiner Klasse zugeführt, der auf der Heinrich-Strunk-Straße dabei
erwischt wurde, wie er einen ehemaligen Mitschüler der Grundschule, mit einer Fahrradkette
verprügelt hatte. Das hatte mich sehr getroffen. Das war eine meiner ersten Erfahrungen mit
Problemschülern, die es auch in den 70er Jahren gab, nicht nur heute. Ein ganz schlimmes
Erlebnis war für mich der Tod eines Schülers aus meiner Klasse, der in der 7. Klasse nach
einer Operation gestorben ist. Die gesamte Klasse hatte ihn zuvor auf dem Weg der
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Besserung gesehen. Wir hatten uns schon vorbereitet, ihn zu feiern. Aber dann ist er
plötzlich verstorben. Das hatte meine Klasse und mich für ein paar Tage in einen Schock
versetzt. Das war schlimm.
Frage: Wie haben Sie sich gefühlt am letzten Schultag?
Herr Asche : Merkwürdig. Am letzten Schultag hat man es noch nicht ganz realisiert, dass
man wirklich einen letzten Schultag hat. Gott sei Dank hatten wir danach Ferienbeginn, so
dass Schüler, Lehrer und Kollegen für ein paar Wochen nicht mehr zu Verfügung standen.
Danach habe ich erst mal richtig Urlaub gemacht – das hat vieles erleichtert.
Frage: Gibt es Tage, wo Sie gerne zur Schule zurückkehren möchten?
Herr Asche: Alles hat seine Zeit. Wenn das Berufsleben ein Ende hat, dann muss man das
akzeptieren. Man ist dann zufrieden, wenn man eine Perspektive hat, wie es weitergeht. Was
ich momentan mache, halte ich für sehr wichtig und befriedigend. Aber die Idee, an die
Schule zurück zu gehen habe ich eigentlich nicht, weil es einfach dann wieder eine
perspektivlose Geschichte wäre. Muss nicht sein. Man hat Nachfolger an der Schule, es sind
neue Lehrer. Die haben ihre Aufgaben, und die machen das mindestens genauso gut wie
man selber. Hoffe ich, denke ich, glaube ich.
Frage: Wie fühlen Sie sich, nach all den Jahren?
Herr Asche: Gut. Also die Sehnsucht nach der Schule hält sich deshalb in Grenzen, weil ich
gut beschäftigt bin. Ich mache eine ganze Menge außerhalb der Schule und im Sportverein.
Außerdem habe ich einen Sohn in den USA, den ich regelmäßig besuche und einige Enkel,
die mich auf Trab halten.
Frage: Was würden Sie sich wünschen, wenn Sie drei Wünsche frei hätten?
Herr Asche: Das wären persönliche Wünsche die wahrscheinlich jeder hat. Gesundheit der
Familie, eigene Gesundheit und Frieden auf Erden. Und eine Kiste aus Gold. (lacht)
Das Interview wurde geführt von Maroua Diab und Betül Kekec.
Interview mit Frau Asche
- Lehrerin der ersten Stunde
„Wir haben uns damals sehr bemüht, dass die Kinder von Anfang an Demokratie
lernen sollten.“
Schad/ Payam: Was für ein Gefühl war es für Sie, eine der ersten Lehrerinnen auf der
Gesamtschule zu sein?
Frau Asche: Ich bin 1972 aus dem Lehrerseminar Hohenlimburg nach Essen gekommen
und habe mich ganz bewusst an der Gesamtschule Bockmühle beworben, weil es eine ganz
neue und ganz moderne Schulform war und ich fand das ganz toll und großartig, dass ich da
meinen Dienst aufnehmen konnte. Und ich kann euch heute noch das Datum sagen, es war
der 5. August 1972, ein ganz glücklicher Tag damals für mich.
Schad/ Payam: Was für besondere Erfahrungen haben Sie damals an der Gesamtschule
Bockmühle gemacht?
Frau Asche: Was ganz toll war, alle Lehrer - das war ein junges Kollegium - haben ganz toll
zusammen gearbeitet. Wir haben manchmal bis in die Nächte darüber diskutiert, wie wir den
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Unterricht besser gestalten können, was wir für Projekte machen können. Die Schüler - das
war auch schön, wir hatten ja im ersten Jahr nur den 5. Jahrgang, das waren 9 Klassen waren alle noch klein und lieb, sodass man mit ihnen noch ganz gut arbeiten konnte.
Schad/ Payam: Was war die „Planungsgruppe“?
Frau Asche: In der Planungsgruppe, da war erstmal der erste Schulleiter der Gesamtschule
Bockmühle, das war der Dr. Winheller, damals schon ein älterer Herr, aber der hat das so toll
gemacht, der hat uns alle sehr motiviert. Es gehörten verschiedene Leute zur
Planungsgruppe, es waren nicht nur Lehrer, sondern es haben auch welche vom Jugendamt
mitgearbeitet, aus verschiedenen Bereichen der Stadt, im Grunde alle Leute die etwas für
Kinder und Jugendliche tun wollten, die es einfach spannend fanden eine ganz neue Schule
zu gründen.
Schad/ Payam: Wie war das Schulsystem damals (Pausen usw.)?
Frau Asche: Spannend war, damals gab es z.B. keine Pausenschelle, die Lehrer haben den
Unterricht so strukturiert, wie sie es gut fanden. Hinterher mussten wir schon so ein bisschen
mehr an Regeln einführen, wir haben gemerkt, das ging dann nicht mehr.
Schad/ Payam: Wie sah es mit Demos damals aus?
Frau Asche: Wir haben uns damals sehr bemüht, dass die Kinder von Anfang an
Demokratie lernen sollten. Wie ihr wisst, das ist so die Zeit nach 1968 gewesen, das war so
eine wilde Zeit in Deutschland, da gab es oft Demonstrationen auf der Straße und da haben
wir natürlich auch die Schüler damit vertraut gemacht, dass man in Deutschland durchaus
ein Recht hat, seinen Protest zu zeigen (gewaltfrei).
Schad/ Payam: Wie sah es mit den Unterrichtsfächern aus?
Frau Asche: Wir haben die Fächer damals so gehabt, wie sie für die Klassen 5 und 6
vorgeschrieben waren. Natürlich gab es die Fächer Mathe, Deutsch, Englisch, darüber
hinaus Gesellschaftslehre, Naturwissenschaften sowie Technik. WP-Kurse, so wie ihr sie
heute kennt, waren damals für die Klassen 5 und 6 nicht vorgesehen. Die ersten Schüler
waren, wie gesagt, die aus der 5. Klasse. Jedes Jahr kam eine neue Klasse dazu; somit
wuchs auch der Fächerkanon. Bestimme Fächer waren vorgegeben. Ziel der Gesamtschule
Bockmühle war es, dass jeder die Chance hat, alle Abschlüsse je nach seinen Vorstellungen
und Wünschen zu erwerben. Wenn man Abitur machen wollte, musste man auch bestimmte
Fächer im Laufe seines Schülerlebens gehabt haben.
Schad/ Payam: Was sagen Sie dazu, dass die Gesamtschule Bockmühle über 50
verschiedene Nationalitäten vertritt?
Frau Asche: Ich glaube, dass es gut ist, da die Schüler lernen, miteinander auszukommen
und Respekt vor verschiedenen Kulturen zu haben. Das ist unsere Wirklichkeit, wir sind
heute in einer Welt, wo alle Nationen enger zusammen rücken. Und es ist gut, wenn man es
in der Schule schon lernt, Toleranz und Offenheit für andere Kulturen, aber auch
Selbstbewusstsein mitbringt, für seine eigene Kultur.
Schad/ Payam: Würden sie gerne wieder Lehrerin der Gesamtschule Bockmühle werden
wollen?
Frau Asche: Ich habe das nie bereut, dass ich an dieser Schule mit meinem Beruf
angefangen habe. Ich glaube, ich habe in keiner Zeit soviel gelernt für meine persönliche
Entwicklung und für meinen persönlichen Beruf, wie ich das an der Gesamtschule
Bockmühle getan habe. Das lag aber auch an den netten Kollegen, die ich hier gehabt habe.
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Schad/ Payam: Wie kamen die Lehrer miteinander zurecht, zusammen eine neue Schulform
dieser Art aufzubauen und zu entwickeln?
Frau Asche: Das Besondere war, dass alle Lehrer aus verschiedenen Schulen kamen. Ich
z.B. kam von einer Hauptschule, andere Lehrer waren davor an einem Gymnasium. Ich war
Berufsanfängerin, einige waren schon länger im Dienst. Ich war damals sehr begeistert
davon, dass selbst die älteren Lehrer dazu bereit waren, etwas Neues auszuprobieren.
Schad/ Payam: Was können sie den heutigen Schülern der Gesamtschule Bockmühle auf
ihren Schulweg mitgeben?
Frau Asche: Das Wichtigste, was man den Schülern sagen kann, ist, dass sie die Angebote
der Schule annehmen sollen. Sie sollten sich nicht dagegen drücken, alles ist langweilig,
man hat keinen Bock. Das sind alles Dinge, da muss man auch mal etwas gegen den
eigenen Widerstand arbeiten. Heute, in unserer Gesellschaft, zählt mehr denn je, was man
einbringt an Leistung, aber auch was man einbringt an Tugenden, an Zuverlässigkeit, an
Pünktlichkeit, an Ehrlichkeit, an Fähigkeit, miteinander zu arbeiten, also ein Team zu bilden.
Das sind so die wichtigen Dinge, die man im Leben braucht, um erfolgreich zu sein. Und ich
sag den Schülern heute: Arbeitet an euch! Kein Mensch will am Ende sagen, ich bin in
meinem Berufsleben nicht erfolgreich gewesen. Es geht darum, dass ihr alle am Leben
hinterher teilhabt und dass ihr im Beruf Erfolg habt und da wollen euch die Lehrer ganz
gewiss auf eurem Weg helfen. Das müsst ihr auch ein bisschen positiv anerkennen.
Interviewer: Payam Chak, Schad Fatah
Wunschberuf: Lehrerin in Pavillons!
Interview mit Frau Metzelaars, 26.11.2012.
Gesamtschule Essen Bockmühle (GEB): Schönen guten Tag, Frau Metzelaars. Dürfen wir
ein Interview mit Ihnen führen?
Frau Metzelaars (Fr. M.): Guten Tag, Jetzt? Ja okay, aber ich habe nicht viel Zeit!
GEB: Kein Problem, dauert nicht lange. Wie sind Sie an die Schule gekommen?
Fr. M.: Ich konnte es mir nicht aussuchen. Ich hatte eine Grundschulausbildung gemacht und
wurde durch Mangel an Lehrern im Fach Kunst vom Schulministerium hier hin versetzt.
GEB: Dann waren Sie also noch an keiner anderen Schule, oder?
Fr. M.: Nur in der Ausbildung, ansonsten nicht.
GEB: Ah, okay, und wann ist dies geschehen?
Fr. M.: Dies war im Jahre 1976!
GEB: Welche Fächer unterrichten Sie?
Fr. M.: Ich unterrichte Deutsch, Biologie und Kunst.
GEB: Was war Ihr ursprünglicher Traumberuf?
Fr. M.: Lehrerin!
(Alle lachen.)
GEB: Heute gibt es über 50 Nationen an der Schule, wie finden Sie das?
Fr. M.: Ich sage mal, es ist eine große Herausforderung, vor allem im Deutschunterricht. Das
liegt insbesondere daran, dass dadurch Sprachschwierigkeiten entstehen. Der Umgang
untereinander wird dadurch erheblich beeinflusst.
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GEB: Wie hat sich die Schule im Laufe der Zeit verändert?
Fr. M.: Als ich an die Schule kam, stand das Schulgebäude noch nicht ganz. Ich habe noch
in Pavillons unterrichtet. Im Gebäude waren unter den Türen, im Boden Löcher, durch die die
Schüler gekrabbelt sind. Im laufe der Zeit hat sich die Struktur an der Schule insbesondere
für die Schüler verbessert. Früher war die Atmosphäre zwischen den Lehrern besser als
heute, da heute viel mehr Aufgaben auf die Lehrer zukommen als damals. Heute hat man
nur noch wenig Zeit für Privates!
GEB: Was war Ihr schönstes Erlebnis an dieser Schule?
Fr. M.: Es gab sehr, sehr viele Kleinigkeiten! Positive Rückmeldung von Schülerinnen und
Schülern, z.B. hat mir mal jemand einen Zettel unter einen Scheibenwischer gelegt, auf dem
stand, dass ich die beste Lehrerin sei!
(Ein anderer Lehrer, der gerade den Raum betritt, ruft dazwischen: „Oder mal ein 5 Euro
Schein!“)
(Alle lachen)
GEB: Haben Sie Vorbilder an dieser Schule?
Fr. M.: Nein, keiner ist mehr an der Schule.
GEB: Wer war denn damals Ihr Vorbild?
Fr. M.: Christel Filippen. Aber die kennt wohl niemand mehr.
GEB: Letzte Frage: Was würden Sie sich für die Schule wünschen, wenn Sie 3 Wünsche frei
hätten?
Fr. M.: Also, zuerst würde ich mir wünschen, dass die Toilettenanlagen saniert werden. Als
Zweites würde ich mir eine Grundsanierung für die ganze Schule wünschen und als Letztes
noch einen engagierten neuen Schulleiter, nachdem Herr Prepens in Rente gegangen ist.
Er wird ja nächstes Jahr die Schule leider verlassen.
Das waren drei, oder?
GEB: Ja, das waren drei! Zum Schluss wollten wir noch fragen, ob wir noch ein Foto mit
Ihnen machen dürfen?
Fr. M.: Heute ?!
GEB: Wenn Sie nichts dagegen haben.
Fr. M.: Ja, okay.
…(Foto)
GEB: Okay, dann vielen Dank für das Interview und einen schönen Tag noch.
Fr. M.: Tschüss, danke ebenso.
Das Interview wurde geführt von Dominic Schulz und Kevin Kocks, Schüler des 12.
Jahrgangs der Gesamtschule Essen Bockmühle, am 26.11.2012.
,,Vergrabene Schätze’’
Interview mit Thomas Banzhaf, einem ehemaligen Schüler der
Gesamtschule Bockmühle.
Das Interview wurde von Yusuf Sansar, Arslan Iqbal und Tolgay Demir geführt.
Yusuf:Wann waren Sie an dieser Schule?
Thomas: Ich bin hier 1972 mit dem mit dem ersten Jahrgang eingeschult worden.
Yusuf: Und wie lange?
Thomas: Ich war der erste Jahrgang, der bis zum Abitur durchgehalten hat.
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Yusuf: Warum haben Sie sich für diese Schule entschieden? Gab es einen Grund?
Thomas: Ja, und zwar war ich hier in Essen Altendorf an einer Grundschule wo eine
Lehrerin namens Susanne Asche war. Sie wechselte dann zur Gesamtschule Bockmühle. In
der Grundschule gibt es ja immer diese Beratungsgespräche wie ,,auf welche Schule soll
denn mein Sohn gehen’’, und dann hat die Frau Asche gesagt, ,,ach, den Thomas, den
nehme ich mal mit’’, und so bin ich zur Gesamtschule gekommen.
Yusuf: Damals in den 70er Jahren, da war auch vieles sicher ganz anders, vor allem die
Mode interessiert mich sehr. Wie waren denn die Schüler gekleidet?
Thomas: Also Jeans waren schon angesagt und sonst trug man im Sommer ein T-Shirt und
im Winter ein Parker dazu.
Yusuf: Und wie hat man sich gerne die Haare gemacht?
Thomas: Es fing damit an, dass wir uns alle die Haare länger wachsen ließen.
Yusuf: Was war denn ihr Lieblingsfach?
Thomas: Das waren Deutsch und Geschichte.
Yusuf und Arslan: Und was hatten Sie als LK belegt?
Thomas Da hatte ich Englisch und Deutsch.
Yusuf: Wie war denn die Inneneinrichtung? Hat sich heute vieles verändert?
Thomas: Es ist natürlich ein bisschen in die Jahre gekommen. Als wir hier neu hinzogen,
war hier alles niegelnagelneu, es hat viel nach Farbe gestunken und alles war noch tadellos
in Ordnung. Und es ging auch - wie das bei neuen Sachen so ist - öfter mal was zu Bruch.
Wir waren schon damals sehr sportlich und haben ganz viel rumgetobt und dann hieß es
natürlich in der Öffentlichkeit immer: ,,Ja, an der Gesamtschule wird alles kaputt gemacht,
die sind alle so schlimm.’’ Obwohl viele Sachen halt einfach nicht gut konstruiert waren, die
mussten zwangsläufig von der Belastung der Schüler auch kaputt gehen.
Yusuf: Wie sah der Schulhof aus?
Thomas: Also das Klettergerüst da draußen war zum Beispiel noch eine große Sitzarena,
aber ich habe ja irgendwann nach meinem Abitur eine Ausbildung als Landschaftsgärtner
gemacht und habe später eine eigene Firma gegründet. Unsere Firma hatte von der Stadt
Essen den Auftrag bekommen, ich glaube das war vor 6 Jahren, die Arena umzubauen. In
diesem Zusammenhang bauten wir das Klettergerüst.
Arslan: Wie lange hatten Sie damals Schule?
Thomas: Es ging immer von acht bis sechzehn Uhr, da hat sich wahrscheinlich nicht viel
verändert.
Nur war das damals die Ausnahme, weil es sonst noch keine Ganztagsschulen gab, das war
ja hier die erste Gesamtschule in Essen und es war ein großes Experiment.
Yusuf: Wie haben Sie sich an dieser Schule gefühlt?
Thomas: Sehr wohl!. Es gab hier einige Lehrer, die wollten an der Gesamtschule mitmachen
und waren auch sehr freundlich und engagiert.
Yusuf: Wie viele Schüler gab es damals?
Thomas :Knapp 300 Schüler.
Yusuf: Wa war die Schule sicher auch sehr viel leerer, oder?
Thomas: Ja, allerdings stand dieses Schulgebäude noch gar nicht hier. Hier gab es eine
Kleingartenanlage und davor war hier auch mal während der Kriegszeit ein
Strafgefangenenlager. Das ist dann nach dem Krieg abgerissen worden, dann sind hier
Kleingärten entstanden und es gab hier mal, das müsste 1973/74 gewesen sein, einen
riesen Termin mit dem Oberbürgermeister von Essen und mit dem Kultusminister.
Alle Schüler und Lehrer und auch die Presse waren hier um den Grundstein dieser Schule
zu legen, das war eine große Stahlhülse, wo noch Geld und eine Zeitung von damals drin
waren ,die ist hier irgendwo im Fundament der Schule vergraben, aber ich weiß nicht mehr
wo das war.
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Arslan. Hier ist also ein Schatz in der Schule versteckt?
Thomas: (lacht) Ja, irgendwo gut einbetoniert.
Yusuf: Das ist ja mal interessant, dass unsere Schule eine kleine Schatzinsel ist.Was mich
auch interessiert ist die Migration von damals, wie war das denn mit den Nationen? Gab es
viele Schüler aus anderen Ländern?
Thomas : Also, in den 60er,70er Jahren fing das ja an, dass die Industrie und die Firmen
Arbeiter brauchten. Sehr viele Menschen, vornehmlich aus Griechenland, aus Italien und aus
Spanien sind dann als Gastarbeiter hier ins Ruhrgebiet gekommen. Die hatten aber nicht so
viele Kinder, die alt genug waren um zur Schule gehen zu können.
Yusuf: Diese Kinder von den Gastarbeitern damals sind dann wohl wir
Thomas: Genau, wenn man sich hier so umsieht (lacht)
Yusuf und Arslan: Wir bedanken uns herzlich für dieses Interview,
dieser Einblick in die Vergangenheit war wirklich sehr interessant.
Thomas: Das war mir ein Vergnügen, mir hat es auch Spaß gemacht
Große Liebe an der Bockmühle gefunden
Elke (geb. Zimmermann) und Klaus Laschke waren Schüler der Gesamtschule Bockmühle
seit dem Gründungsjahr 1972. Sie beide gingen in die selbe Klasse bei Ingrid Becker-Inglau,
die sie liebevoll „Hausdrache“ nannten, lernten sich dort kennen und heirateten später. Aus
dieser Ehe entstanden zwei Jungs, die zwar nicht zur Bockmühle gingen, aber auch eine
Gesamtschule besuchten. Elke und Klaus hatten damals Glück, weil sie beide eigentlich
nicht zum Einzugsgebiet der Schule gehörten, aber dennoch angenommen wurden. Die
beiden machten an der Bockmühle ihr Abitur in den Fächern: Biologie, Sport, Deutsch und
Pädagogik.
Klaus studierte Bergbau und arbeitete später als Bergbauingenieur. Elke war Beamtin bei
der Postbank. Klaus sagte während des Interviews, dass die größten Chaoten von früher,
heute gute Jobs haben. Elke findet, dass die Gesamtschule die Schüler reifer macht, für das
was draußen passiert. Beide vertreten die Meinung, dass man an einer Gesamtschule Werte
lernt, die man nicht mehr wegnehmen kann. Sie schätzen die freie Entfaltung des
Charakters.
Als wir sie fragten, wie sie die Schulzeit in drei Worten beschreiben würden, sagten sie:
konsequent, kreativ, geil! Eine lustige Story die sie nie vergessen würden, war zum Beispiel,
als der „Hausdrache“ krank war und sie einen Vertretungslehrer bekamen, der sich
unbedingt durchsetzen wollte und den armen kleinen Armin Terbach nicht auf die Toilette
gehen ließ. Armin musste so dringend, dass er in seine Brottüte pinkelte, sie zusammen
knotete und aus dem Klassenzimmerfenster warf. Oh man, das gab Ärger!!!
Aber auch so sind die Laschkes der Schule treu geblieben. Sie kommen alle zwei Jahre zum
Ehemaligentreffen und freuen sich immer bekannte Gesichter zu sehen und pflegen den
Kontakt zu den Lehrern. Wie zum Beispiel mit Frau Hömßen und Frau Wortmann, mit denen
sie früher Volleyball gespielt haben oder Herrn Prepens, über den Klaus sagt: „Der hat jeden
Ball im Tor gekriegt, ihr habt noch nie so einen guten Torwart gesehen!“ Obwohl viele Leute
immer sagen, dass die Schüler an einer Gesamtschule dumm und asozial sind, vertreten sie
immer ihre positive Meinung zur Gesamtschule und sind froh, dass es jetzt das Zentralabitur
gibt, weil niemand behaupten kann, dass es an einer Gesamtschule einfacher ist. Trotz allem
braucht die Schule einen neuen Anstrich, weil sie immer noch so aussieht wie vor 40 Jahren.
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Beide erinnern sich gerne an ihre schöne Schulzeit zurück, in der sie ihre große Liebe
fanden und tolle Momente erlebten!
Sanel, Vanessa, Ann Katrin
Junge Studentin wird zur SOZIAL-ENGAGIERTEN Lehrerin
In diesem Interview erfahrt ihr die Lebensgeschichte einer jungen Studentin, die durch
ihre gesammelten Erfahrung in den Jahren 1974 bis 2012 an der GEB
zur sozial-engagierten Lehrerin wurde.
Timo:Wenn Sie drei Sätze hätten, um sich vorzustellen, was würden Sie sagen?
Wortmann:Ich heiße Chris Wortmann, bin Lehrerin an der GEB, unterrichte Sport.
Naturwissenschaften, Biologie und Kunst, bin die Klassenlehrerin der 9D und betreue die
Schülerfirma GAFLO. Ich betreue auch noch die Garten AG.
Timo:Das hört sich schon mal ganz gut an. Seit wann sind Sie an unserer Schule und wie
finden Sie diese Entwicklung von damals bis heute?
Wortmann: Ich bin seit 1974 an dieser Schule. Im 4. Semester habe ich bereits als
Sportlehrerin nebentätig 8 Stunden die Woche unterrichtet. Früher war es ziemlich
kompliziert, weil es keine Lehrpläne gab und man immer tagen musste, damit man
wenigstens ungefähr weiß, wie und was man unterrichten sollte. Dies ging oft auch bis in die
Nacht hinein. Auch um dann Projekte und Aktionen zu planen, um eventuell Schülern besser
zu helfen oder die Schule zu verschönern.
Timo:Ja ok, wenn man das also zusammenfasst, hat sich auch noch vieles in der Technik
und der Gestaltung verbessert. Was wir beide dann auch noch wissen wollen, ist, wie Sie
darauf gekommen sind Lehrerin zu werden. Wie kamen Sie zu ihrer Entscheidung?
Wortmann:Kann ich nicht so sagen, ich wollte nie Lehrerin werden.
Timo:Aber trotzdem sind sie es nun, warum?
Wortmann:Ja, eigentlich wollte ich früher alles werden, Schreinerin, Designerin, Försterin
etc. , alles Mögliche, was es an handwerklichen Berufen gibt, aber ich weiß trotzdem nicht
warum ich Lehrerin wurde. Aufgrund dessen, dass ich jetzt in der Schülerfirma GAFLO und
der Garten AG arbeite, erfüllen sich meine früheren Wunschberufe. Durch die große Vielfalt
der Angebote, arbeite ich sehr gerne an der Gesamtschule Bockmühle.
Timo:Das ist gut, dass Sie eine der Lehrerinnen sind, die gerne zur Schule kommen und den
Schülern etwas beibringen. Gut, jetzt wollen wir wissen, weil Sie von Anfang an dabei waren,
an welche Ereignisse aus den 70er Jahren Sie sich noch erinnern können, die Sie niemals
vergessen können?
Wortmann: Meine allererste Stunde, welche eine Vertretungsstunde war, musste ich in
einem Container unterrichten, weil es das Schulgebäude noch nicht gab. Ich kam zum 5.
Jahrgang und wollte dort eine Bio-Stunde vertreten und da baute sich ein kleiner
Fünftklässler vor mir auf mit den Händen in den Hüften und meinte nur: "Und im Übrigen sind
wir lauter bei Lehrerinnen als bei Lehrern." Das war mein allererstes Schülererlebnis. Aber
sie haben gemerkt, dass es nicht für alle Lehrerinnen gilt. Wir mussten zu anderen
Sporthallen fahren, weil es hier noch keine gab. Als wir an der Sporthalle ankamen und in die
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Halle hinein gingen, sahen wir eine Kreissäge in der Mitte der Halle, eil der Boden erneuert
werden musste. Daraufhin haben wir die Sportgeräte um die Kreissäge herum aufgebaut und
drum herum Sport gemacht. Der Schwimmunterricht war mit 20 Minuten sehr kurz, mit
öffentlicher Beteiligung und man musste seine Schüler einzeln aus dem Wasser fischen, da
man nicht wusste, wer von der Schule war und wer nicht.
Timo: Sie sagten am Anfang des Interviews, dass Sie ganz viele Tätigkeiten hier an der
Schule haben, wie die Schülerfirma Gaflo oder die Garten-AG. Und wie war es damals,
haben Sie sich auch außerhalb des Unterrichts engagiert für anderen Projekte?
Wortmann: Ich bin durch den Volleyball überhaupt an die Schule gekommen. Dennn damals
war mein Trainer im Volleyball, der mir riet, mich an dieser Schule zu bewerben. Dann habe
ich hier angefangen und mit ihm zusammen die Volleyballmannschaft, hauptsächlich
Mädchen, trainiert. Und das 25 Jahre lang. Außerdem habe ich die A-D-Jugend trainiert und
das nicht nur für die Schulmannschaft, sondern auch gleichzeitig für die Vereinsmannschaft.
Das war eine schöne Zeit, denn ich habe viel mit den Schülern unternommen, auch
außerhalb des Unterrichts. Wir haben z.B. Zeltlager gemacht, Freilufttuniere besucht, etc.
Und dann irgendwann bin ich im Schulgarten angekommen. Das ist mittlerweile schon 20-25
Jahre her. Dort habe ich anfangs parallel zum Volleyball mitgeholfen. Nach einiger Zeit hat
sich herauskristallisiert, dass ich nur noch den Schulgarten machen will. Das war immer mit
Aktivitäten verbunden, die in der Freizeit liefen.
Timo: Also kann man sagen, dass die Schule mit Ihnen ein großes Los gezogen hat, weil
Sie eine sehr engagierte Lehrerin sind und sich extrem für das Schulleben und für die
Schüler einsetzen? Denn heutzutage gibt es viele Kollegen, die sich nicht mit mehr Arbeit
oder verschiedenen Problemen auseinandersetzen wollen. Deswegen hat die Schule Glück,
dass Sie an unserer Schule sind.
Wortmann: Man bekommt ja auch eine ganze Menge zurück, wenn man mit Schülern
außerhalb des Unterrichts arbeitet und etwas aufbaut, denn dann hat man mit ihnen sehr viel
Spaß. Man lernt sich gegenseitig auch nders kennen und von daher ist es auch eine
angenehme Sache, die man dann macht. Es ist auch angenehmer, wenn man nicht nur die
Schule von ihren negativen, sondern auch von ihren positiven Seiten sieht.
Timo: Das stimmt. Als letzte Frage für heute und für das Interview, würden wir gerne wissen,
was Sie denn der Schule für die Zukunft und zum Geburtstag wünschen?
Wortmann: Ich wünsche der Schule, dass die Programme, die wir begonnen haben, auch
weitergeführt werden und zum Erfolg führen, dass viele Reparaturarbeiten am Schulgebäude
irgendwann in Erfüllung gehen, dass wir einen Ersatz für den Sportplatz bekommen, den wir
leider aufgeben müssen und dass wir weiterhin so viele nette und tolle Schüler haben, wie
auch jetzt schon. Wir haben nicht nur Chaoten, wir haben auch viele andere, die sich
einsetzen und engagiert sind. Genauso wünsche ich der Schule auch engagierte Lehrer, die
diese Programme umsetzen.
Timo: Vielen Dank, Frau Wortmann, dass Sie sich Zeit genommen haben für dieses
Interview und wir wünschen Ihnen auch weiterhin alles Gute!
Das Interview führten Timo Neumann, Pascal König und Bianca Bansmann.
Denke ich an meine ersten Jahre an der Gesamtschule Bockmühle,
dann fällt mir ein …
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Ein Beitrag von Willi Bornhorst, Lehrer an der Gesamtschule Bockmühle von
1974 bis 2008.
Wie und wo soll ich bei der Menge der Einfälle beginnen? Was ist für heutige Leser wichtig
und interessant zu wissen?
Ich habe, als ich mit meinen Überlegungen begann, meinen ersten Lehrerkalender
aufgeschlagen und nachgelesen, was ich denn damals im Schuljahr 1974/75 so eingetragen
habe. Viel war es leider nicht: Termine vor allem, Stundenpläne und am Ende Klassenlisten
mit Notenhinweisen zu einzelnen Schülerinnen und Schülern. Das reichte aber schon, um
viele Erinnerungen wachzurufen.
Die Gesamtschule Bockmühle war meine erste Schule, an der ich nach der Ausbildungszeit
arbeitete, nach meinen eigenen Schulerfahrungen – damals gab es noch die Prügelstrafe,
zum Erleben gehörte das Bloß-gestellt-werden von einzelnen Schülerinnen und Schülern vor
der Klasse wegen schlechter Noten oder unerwünschten Verhaltens, dazu gehörten harte
Strafen für aus heutiger Sicht banale Vergehen; schon die Anrede mit dem Nachnahmen und
dem Du empfand ich als sehr unpersönlich und herablassend. Einer meiner Lehrer hat Jahre
später einmal bei einem Klassentreffen auf unsere Frage, warum sie als Lehrer so streng
gewesen seien, unter anderem gesagte, ihnen sei in ihrer Ausbildung vermittelt worden:
Schüler seien ihre Feinde, man müsse sie entsprechend behandeln. Das erklärt vieles!
Nach diesen Erfahrungen war für mich klar: Du willst an einer Schule arbeiten, die neue
Wege gehen will, an der Schülerinnen und Schüler als Personen geachtet und ernst
genommen werden. Sie sollten Freude am Lernen haben, sich aktiv an der Arbeit und am
Leben in der Schule beteiligen und so zu mündigen Bürgern in unserer Gesellschaft werden.
Die damals gegründeten ersten Gesamtschulen verfolgten solche Ziele.
Also bin ich nach Essen gekommen und habe mich in die Arbeit gestürzt mit viel
Begeisterung und Eifer, hochmotiviert sozusagen.
Ein Blick in meinen Kalender verdeutlicht zumindest den zeitlichen Einsatz. In der Woche
vom 15. bis zum 21. September 1974 habe ich folgende Termine eingetragen: Di. 14.00 Uhr
Gespräch mit Eltern, 16.00 Uhr Fachkonferenz Religion, Mi. 16.15 GEW-Sitzung, Do. 14.30
Uhr Gesamtkonferenz (Unterricht muss früher beendet worden sein), 18.30 Uhr Sitzung des
Pädagogischen Ausschusses, Sa. 10.00 Uhr Besprechung im Katholischen Institut des
Bistums Essen. Hinzu kommen natürlich Unterricht und Vorbereitungen.
Und so ging das mehr oder auch weniger Woche für Woche: Jahrgangsfachkonferenzen und
Gesamtkonferenzen in meinen Fächern Deutsch und Religion, einmal im Monat Teilnahme
an einer Landesfachkonferenz kath. Religion, in der Regel monatlich ein Elternabend; hinzu
kam die freiwillige Mitarbeit in einer sog. Lehrergruppe, die sich abends oder aber auch am
Wochenende traf, um Lehrerkonferenzen vorzubereiten oder konkrete Projekte zu planen.
Zeit für private Termine blieb nicht.
Unsere Ziele damals waren: Wir wollten eine demokratische Schule, in der alle Beteiligten
mitwirken können. Daher z.B. die häufigen Elternabende, damit Eltern in die
Erziehungsarbeit an der Schule einbezogen werden konnten. Sie taten dies auch in
verschiedenen Gremien, durch Mitarbeit in den Klassen, durch Teilnahme an Klassenfahrten
etc. Daher die verschiedensten Mitwirkungsgremien und Arbeitsgruppen, die Strukturen
einer demokratischen Schule entwarfen und diskutierten.
Wir wollten und mussten vieles selbst entwickeln, planen und umsetzen: Unterrichtsinhalte
und Methoden in den Fächern, die pädagogische Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern,
ihre psychologische Betreuung bei Schwierigkeiten und Problemen. Wir wollten ihnen in der
Schule auch so etwas wie ein Zuhause geben.
In der Notengebung gingen wir zeitweise auch andere Wege. In meinem Kalender fand ich
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ungewöhnliche Notenkürzel: ze, e, te, ne. Die Kürzel stehen für: zusätzliche Lernziele
erreicht (entspricht heute einer 1 bis 2), Lernziele erreicht (3), Lernziele teilweise erreicht (4),
Lernziele nicht erreicht (5-6). Wir wollten Schülerinnen und Schüler nicht in die übliche
schwer nachvollziehbare und z.T. auch als diskriminierend empfundene Notenskala
einordnen, sondern ihren Leistungsstand möglichst objektiv beschreiben und ihnen zeigen,
welche Lernziele sie noch aufarbeiten müssten. Natürlich haben wir die angestrebten
Lernziele bezogen auf die Unterrichtsinhalte vorher genau beschrieben.
Das sind natürlich nur wenige Momentaufnahmen aus dieser Zeit. Sie geben aber einen
kleinen Einblick in das „Leben“ an der Gesamtschule Bockmühle in den Anfangsjahren.
Später wurde vieles anders, nicht unbedingt besser. Allerdings war mir auch damals bald
klar: Niemand kann einen solchen Dauereinsatz leisten: siehe Konferenztermine,
Elternbesprechungen, Klassenfahrten auch in der Freizeit (z.B. über Pfingsten),
Schülerbetreuung auch nach 16.00 Uhr und vieles mehr. „Kommen die Schülerinnen und
Schüler in diesem Beitrag nicht zu kurz?“, könnte jemand fragen. Um sie geht es ja
letztendlich. Sie waren auch immer dabei. Aber das im Detail zu beschreiben, würde zu viel
Zeit und Platz kosten. Sinnvoller wäre es, dazu die Betroffenen von damals selbst zu
befragen.
Welches Fazit ziehe ich anhand der beschriebenen Erfahrungen?
Der Einsatz hat sich gelohnt:
Ich habe in diesen ersten Jahren gerade durch die Zusammenarbeit in der Schule
unglaublich viel gelernt im Hinblick auf die inhaltliche und methodische Arbeit in den
Unterrichtsfächern, hinsichtlich der Arbeit in den Gremien, in der Zusammenarbeit mit Eltern
und Schülerinnen und Schülern. Lehrer bin ich erst richtig in den ersten Jahren an der
Gesamtschule Bockmühle geworden.
Auch heute bin ich davon überzeugt, dass diese Grunderfahrungen die Arbeit in der
Gesamtschule Bockmühle beeinflusst haben und noch beeinflussen. Dazu gehören die
Bereitschaft zur Teamarbeit, eine grundsätzlich positive Einstellung zu Schülerinnen und
Schülern, die sie ernst nimmt, sie fördern will, eine Bereitschaft zur Zusammenarbeit aller am
Schulleben Beteiligten, eine Offenheit für neue Entwicklungen, ohne in Aktionismus oder
Hektik zu fallen. Es wäre schön, wenn das so bliebe!
Herr Glonke, nicht nur Lehrer auch Sportler
Der sympathische und freundliche Sport- und Deutschlehrer Herr Glonke, gab uns einen
Einblick in seine Vergangenheit an der Gesamtschule Bockmühle.
Im Jahre 1977 begann er an der Bockmühle als Referendar. Im Schuljahr 1978/79, als die
Schule fertig gestellt war, wurde er als Lehrer angestellt. Obwohl er das Ausüben des
Lehramtes an einer bischöflichen Schule bevorzugte, entschied er sich letzten Endes für die
Bockmühle. Ursprünglich war es sein Wunsch, Diplom-Sportlehrer zu werden. Er beschloss
dann aber zwei Jahre Deutsch und Sport an der Düsseldorfer Universität zu studieren.
Währenddessen wurde ihm klar, dass seine Laufbahn in Richtung Lehramt gehen würde.
Heute aber würde er sich für die Fächerkombination Technik und Sport entscheiden, weil er
eher praxisorientierte
Fächer bevorzugt.
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Als wir ihn über die Anforderungen der Schule zur damaligen Zeit fragten, antwortete er uns,
dass es, verglichen mit der heutigen Zeit, viel anspruchsvoller war. Früher seien die Schüler
literarisch gebildeter gewesen als heute. Er spricht aus Erfahrung - schließlich ist er bereits
elfmal Klassenlehrer gewesen.
Herr Glonke erreichte nicht nur als Lehrer viel, sondern auch als Sportler. Das lag daran,
dass er
Erfahrungen in der Bundeswehr-Sportkompanie sammeln konnte und sich allgemein für
Sport interessierte. Der leidenschaftliche Sportler spielte in seiner Jugend nicht nur
Basketball, sondern auch Handball in einem Verein, mit dem er sogar die Oberliga erreichte.
Nachdem er an der Gesamtschule Bockmühle Lehrer geworden war, setzte er sich im Jahre
1979 für eine Basketballschulmannschaft ein. Insgesamt gewann er mit seinen
Schulmannschaften fünf Statdtmeisterschaftstitel und schaffte es zweimal in die Endrunde
der NRW-Meisterschaften. Dabei gab es einmal den zweiten Platz. Zuletzt gewann er mit
seiner Schulmannschaft im Jahre 2009 den fünften Stadtmeisterschaftstitel.
Der auskunftsfreudige Lehrer teilte außerdem sein schönstes Erlebnis an der Schule mit uns.
Zwei Hüftoperationen setzten ihn jeweils ein halbes Jahr außer Gefecht. Und er erinnert sich
gerne daran, wie herzlich und freundlich ihn seine Schüler bei der Rückkehr empfingen.
Für die Zukunft wünscht er für sich, dass er seine Gesundheit und die Kraft behält, um
weitere fünf Jahre an der Bockmühle verbringen zu können. Für die Schule wünscht er sich
zum einen mehr Ruhe und zum anderen die Verbesserung des Sozialverhaltens der
Schülerinnen und Schüler.
Der Kapitän der Bockmühle
- wie aus dem Jungspund Klaus der Schulleiter Herr Prepens wurde
In der Grundschule war es Herrn Prepens’ Traum, Landwirt, Pastor oder Metzger zu werden.
Nach der Schule studierte er dann aber Deutsch und Geschichte. Das sind auch immer noch
seine Lieblingsfächer, hinzu kommt noch das Theaterspielen.
Nachdem Herr Prepens sein Referendariat an einer Realschule beendet hatte, kam er im
Jahre 1973 als junger Lehrer an die Gesamtschule Bockmühle. Als er zum ersten Mal das
damalige Lehrerzimmer der Schule betrat, staunte er über die Papierberge, die sich dort
türmten. Wie viel Papierkram doch mit so einer Schule verbunden war!
Die erste Klasse, die er leitete, übernahm er von Frau Asche, weil diese in den Mutterschutz
ging. Zudem leitete er knapp sieben Jahre lang eine Kabarettgruppe, die zum 30-jährigen
Jubiläum noch mal die Theaterstücke von früher vorspielte. Ob er sie wohl zum 40-jährigen
Jubiläum noch einmal wiederbeleben wird?
Später wurde er Abteilungsleiter der Stufen 9 und 10 und bewarb sich dann für den Posten
als Schulleiter, weil der damalige Schulleiter Herr Schloten für den Bundestag in Mülheim
kandidiert hatte.
Die früheren Verhältnisse an der Gesamtschule Bockmühle waren aufgrund der damaligen
politischen Situation durchaus kompliziert. Die Schulform Gesamtschule war vielen noch
unbekannt und zudem stark umstritten. Doch durch viel Überzeugungsarbeit konnten die
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Bedenken nach und nach reduziert werden. Die Verhältnisse waren früher zwar anders, aber
nicht schlechter, so Herr Prepens. Dennoch hat diese Schule auch negative Ereignisse
erleben müssen, wie zum Beispiel den Tod eines Schülers durch das "Bahn-Surfen" oder die
Bombendrohung vor ein paar Wochen.
Herr Prepens hat drei Wünsche für unsere Schule: Erstens, dass die Schüler Lehrer finden,
mit denen sie gut klarkommen. Zweitens, dass sie Frieden und Spaß haben und drittens,
dass sie Freude an der Schule und am Lernen haben. Gern zitiert Herr Prepens einen seiner
ehemaligen Schüler, der die Bockmühle als eine große Familie beschrieb. Abschließend sagt
er, dass er seinen Job sehr gerne macht. Auch wenn diese Schule sehr vielfältig ist, hat Herr
Prepens es geschafft, alle "unter einen Hut" zu bekommen: „Man gibt sich Mühe!"
Jacqueline Neubrand und Lucas Stoffers
Redaktion: 12. Jahrgang, Frau Hömßen, Herr Tilke, Frau Nierhoff, Frau Schillings, Herr
Martino
Layout: Sascha Liebing, Pascal König
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