Kurzinterview Überschrift: Klimafreundlicher Mais Die Klimabilanz

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Kurzinterview
Überschrift: Klimafreundlicher Mais
Die Klimabilanz der Biogasproduktion, vor allem die aus Mais, ist
deutlich besser, als gedacht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie
der Uni in Kiel. Wir haben mit Prof. Dr. Friedhelm Taube über die
Ergebnisse gesprochen.
Warum haben Sie die Klimabilanz der Biogasproduktion untersucht?
Möglicherweise führt die EU Nachhaltigkeitskriterien für die
Stromproduktion aus Biogas ein. Zumindest wird darüber derzeit
diskutiert. Für die Biokraftstoffproduktion gibt es solche Vorschriften
bereits.
Was hätte das zur Konsequenz?
Die finanzielle Förderung wäre dann an die Nachhaltigkeitskriterien
gekoppelt. Die Stromerzeugung aus Biogas müsste zum Beispiel ab
dem Jahr 2018 – wie bei die Biokraftstoffproduktion – nachweisen,
dass sie mindestens 60 % weniger Treibhausgase in die Umwelt
ausstößt als die aus Erdgaskraftwerken. Ob sie diesen Wert einhalten
kann, hat bislang niemand erforscht.
Wie sehen Ihre Untersuchungen aus?
Wir haben eine sogenannte Ökobilanz aufgestellt. Dabei werden
sämtliche Prozesse der Produktion erfasst und beurteilt – von der
Herstellung der Dünger und des Pflanzenschutzes bis hin zum
Methanverlust im Blockheizkraftwerk. Sogar die Nährstoffausträge auf
dem Acker wurden berücksichtigt.
Für unsere Versuche haben wir einige Werte berechnet und andere in
der Praxis ermittelt. Da vor allem beim Anbau der Energiepflanzen
Treibhausgase entstehen, haben wir auf drei repräsentativen
Standorten in den Landschaftsräumen Marsch, Geest und östliches
Hügelland über jeweils zwei Jahre Versuche dazu durchgeführt.
Insgesamt haben wir drei Produktionssysteme beurteilt: Mais in
Selbstfolge, Ackergras in Vier-Schnittnutzung und eine
Energiefruchtfolge aus Mais, Winterweizen und Ackergras. Gedüngt
wurden die Varianten jeweils mit Kalkammonsalpeter (KAS) und
Gärresten aus der Biogasproduktion.
Und zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen?
Die Anbausysteme, in denen mit Gärresten gedüngt wurde, schneiden
deutlich besser ab als solche, bei denen KAS zum Einsatz kam. Das
liegt vor allem daran, dass bei der Düngemittelproduktion sehr viel
Energie verbraucht wird.
Mais verfehlt in allen drei Systemen den Grenzwert von 60 %, aber
jeweils nur sehr knapp. Wir gehen davon aus, dass sich durch
Ertragssteigerungen in den kommenden Jahren die Bilanz noch
verbessern wird. Außerdem: In unserer Studie wurden aufgrund der
kurzen Versuchsdauer nur die kurzfristigen Effekte der GärrestDüngung betrachtet. Bei langfristiger Gärrestdüngung wird nämlich
zusätzlicher organischer Stickstoff pflanzenverfügbar.
Einsparpotentiale von 60 % sind also auch bei Maisanbau durchaus
realistisch.
Zudem haben wir Hinweise darauf, dass Mais weniger humuszehrend
ist als bislang angenommen. Das muss allerdings noch weiter
untersucht werden. Für unsere Versuche haben wir dennoch die alten,
vermutlich zu hohen Werte, unterstellt.
Ist der Maisanbau in Selbstfolge also weniger dramatisch als immer
behauptet wird?
Die Ergebnisse sind kein Freifahrtschein für den Maisanbau in
Selbstfolge. Schließlich gilt es auch, die ackerbaulichen Nachteile einer
Monokultur zu berücksichtigen.
Unsere Versuche zeigen diesbezüglich im Übrigen ernstzunehmende
Alternativen auf. Das Ackergras schneidet sowohl als Zwischenfrucht
als auch als Hauptkultur beispielsweise ebenfalls sehr gut ab und
erreicht den Grenzwert ohne Probleme.
Allerdings sind die Energieerträge von Ackergras im Vergleich zu Mais
sehr gering. Ist das nicht ein Ausschlusskriterium?
Nein. Richtig ist: Von einem Hektar Ackergras lässt sich weniger
Biogas erzeugen als von einem Hektar Mais. Aber Ackergras kann als
Zwischenfrucht vor Mais angebaut werden. Das ist sozusagen die
ideale Kombination. Außerdem können Betriebe, die Ackergras
anbauen, längere Zeit Gülle ausbringen als solche, die Mais anbauen.
Da die Düngerverordnung vermutlich deutlich verschärft wird, ist das
ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt.
Der Anbau von Ackergras vor Mais ist nicht unumstritten. Auf leichten
und niederschlagsarmen Standorten kann es zu Problemen kommen.
Was empfehlen Sie für diese Regionen?
Ackergras vor Mais ist auf austrockungsgefährdeten Standorten dann
problematisch, wenn noch ein erster Schnitt vor der Maisausaat
erfolgen soll, weil dieser dem Boden erhebliche Wassermengen
entzieht. Wird Ackergras dagegen zeitig im Frühjahr für eine optimal
terminierte Maissausaat umgebrochen, sind diese Effekte zu
vernachlässigen.
Welche generellen Schlüsse für andere Regionen kann man aus ihren
Ergebnissen ableiten? Lassen sich diese so auf andere Regionen
übertragen?
Sicherlich ist die relative Vorzüglichkeit der Kulturarten aus unseren
Arbeiten zunächst auf den norddeutschen Klimaraum beschränkt,
deckt dort jedoch alle relevanten Bodenarten ab. Wird unterstellt,
dass die Maiserträge in vielen Regionen Deutschlands bei
vergleichbarem Einsatz von Produktionsmitteln höher sind als in
Schleswig-Holstein, dürften unsere Zahlen eher als konservativ
einzuschätzen sein.
Was ist mit den Regionen, in denen der Maisanbau noch deutlich
höherer Erträge erzielt als in Schleswig-Holstein?
Die Empfehlungen, Ackergras und Mais oder Getreide-GPS und Mais in
einer Fruchtfolge zu kombinieren, sind auch auf Regionen mit höheren
Maisertragspotentialen als in Schleswig-Holstein übertragbar, da dort
die Probleme bezüglich der Feldhygiene beim Mais bereits deutlich
stärker ausgeprägt sind als in Norddeutschland (Maiszünsler- und
Fusarienprobleme). Zudem sprechen die Cross-Compliance
Anforderungen hinsichtlich der Kulturartendiversität eindeutig für
diesen Ansatz.
Ihre Ergebnisse zeigen, die Biogasproduktion aus Energiepflanzen ist
relativ umweltschonend. Brauchen wir daher aus Ihrer Sicht
überhaupt neue Vorschriften? Würde die EU mit neuen Regeln nicht
die Entscheidungsfreiheit der Landwirte deutlich einschränken?
Zunächst ist derzeit nicht klar, ob die EU die Biogaserzeugung in die
Nachhaltigkeitsverordnung einbeziehen wird. Unsere Ergebnisse
beruhen auf „best practise“ Szenarien, zum Beispiel im Hinblick auf
die Produktionstechnik und eine überzeugende Kraft-WärmeKopplung. Dies ist Voraussetzung, um das 60% Einsparziel gegenüber
Erdgas zu erreichen, also müßte ein Biogasproduzent diese
Einsparung auch dokumentieren, so wie es die Erzeuger von Biodiesel
aus Raps tun müssen. Eine Einschränkung der Entscheidungsfreiheit
für Landwirte vermag ich nicht zu erkennen.
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