Die ganze Rede hier. - DIE LINKE in Bremen

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Liebe Kolleginnen und Kollegen aus den Schulen,
und hier ganz besonders die solidaritätsstreikenden Beschäftigten der freien Träger, u.a.
martinsclub, ASB, AWO, DRK, Hans-Wendt-Stiftung, zahlreiche Schulvereine und der
Stadtteilschule, (und alle Träger, die ich vergessen hab)
liebe, und das ist jetzt auch ganz solidarisch gemeint, Bullinnen und Bullen,
liebe Freundinnen und Freunde des Widerstands, liebe Beamte,
liebe Eltern, Schülerinnen und Schüler,
liebe Gläubige, Nicht- und Andersgläubige,
liebe Streikende, Protestierende, die Mittagszeit Opfernde,
kurz: liebe Alle! Schön, dass ihr da seid! Wo auch sonst?
Ihr seid heute Mittag hier um eine leibhaftige Klammer zu bilden zwischen streikenden
Tarifbeschäftigten, die drohende Nullrunde bekämpfende Beamte und widerständigen
BremerInnen.
Alle, die heute hier sind, sind es aus guten Gründen:
Weil ihr als Beschäftigte des öffentlichen Dienstes mehr Gehalt fordert,
weil ihr endlich euren Lohn tariflich regeln wollt, wie ihr angestellte Lehrkräfte, die ihr
einige von 200.000 bundesweit seid,
weil ihr als Beschäftigte bei Freien Trägern endlich gleichen Lohn für gleiche Arbeit wollt,
weil ihr es richtig findet, den sog. Hauptstreik der Tarifbeschäftigten durch eure
Solidarität zu unterstützen,
weil ihr nicht weniger Urlaub haben wollt, als eure Kolleginnen, nur weil ihr später
eingestellt wurdet,
weil ihr auf dem Zahnfleisch kriecht,
weil ihr findet, dass die Jugendarbeit 30% mehr wert ist,
weil ihr findet, dass ein 17-Mio-Gehalt eines VW-Chefs unanständig ist und verboten
gehört,
weil ihr merkt, dass auch grüne Schuldenbremser und –bremserinnen kein (oder nur
noch ein ganz kleines) soziales Gewissen haben,
weil ihr merkt, dass eine Bürgermeister-Schippe kleiner als ein Espresso-Löffel ist,
weil ihr nicht nur das universum retten wollt, sondern auch die, die es bezahlen,
weil ihr Perspektiven für eure und anderer Kinder wollt,
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weil ihr selbstständig denken könnt und „Güldeners Worte“ nicht für die goldene
Wahrheit haltet,
und weil ihr nicht findet, dass ein sparsameres Wirtschaften als nötig dringend
notwendig ist, „da die weitere Haushaltsentwicklung in Bremen wie überall in
Deutschland mit Risiken verbunden ist“, wie Hermann Kuhn, finanzpolitischer Sprecher
der Grünen,
sondern
weil wir der Überzeugung sind, dass die Haushaltspolitik dieser Regierung in Bremen
und Berlin (und bezogen auf die Tarifverhandlungen auch in Potsdam) mit Risiken
verbunden ist, die die Existenz dieses Bundeslandes, die Perspektiven der Kinder und
Jugendlichen und viele seiner sozialen Bewegungen gefährden.
Damals, als Hermann Kuhn noch ein revolutionäres Subjekt war und dem Morgenrot
entgegen zog, hat er sicher andere Ideen von Planübererfüllung gehabt als heute, wo
Mutter Schuldenbremse nicht nur die Pläne schreibt, sondern ihre Erfüllung ohne
Diskussion vorschreibt.
Heute Vormittag sollten laut Plan die Haushaltseckwerte für 2014/15 verfrühstückt
werden. Ab heute wird ein paar Wochen gelinnert, dann sind aus Eckwerten Pläne
geworden und die staatlich verordnete Umverteilung hat wieder stattgefunden.
Diese Umverteilung, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat mit der Um-Fair-Teilung, die wir
wollen, nix zu tun!
„Deutschland wird gerechter“ titelte am 27.2. der Weser Kurier mit Bezug auf eine
Studie. Wenig Handlungsbedarf bei den Grundbedürfnissen, aber Aufholpotenzial bei
der Chancengerechtigkeit. Also: Fressen ist genug da, aber das Pferdefleisch kann noch
gerechter verteilt werden… Verbesserungsbedarf besteht, wen wundert‘s, im Bereich der
Bildung.
In derselben Ausgabe des WK stellte das EU-Statistikamt fest, dass 27% aller Kinder in
Europa an oder unter der Armutsgrenze leben und dass Kinder häufiger von Armut und
Ausgrenzung betroffen sind als Erwachsene. Mit diesem Ergebnis liegt Bremen, auch
dank Bremerhaven ja voll im Trend.
Und wenn man dem Moderator des deutschen Kleinkunstpreises 2013, dem
Kabarettisten Günther Schramm glauben darf, hat Warren Buffet, ca. der drittreichste
Mensch der Welt mit einem Vermögen von 60 Mrd. irgendwas auf die Frage, was der
zentrale Konflikt unserer Zeit sei, geantwortet: „Der Krieg zwischen Arm und Reich. Aber
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meine Klasse hat diesen Krieg angefangen und meine Klasse wird ihn auch gewinnen“.
Klasse! Noch Fragen?
Aber weder Herr Böhrnsen, geschweige denn Frau Linnert stellen hierzulande die
Klassenfrage. Diese Romantik aus den 70/80ern hat keinen Platz mehr in der
Generation der gut situierten Gewinner. Und wenn die grüne Linnert mit dem rosaroten
Bullerjahn (Finanzminister Sachsen-Anhalt) in Potsdam die Tarifverhandlungen führt,
sieht man nur Bremsspuren. Vor allem werden Argumente ausgebremst. Die
wirtschaftliche Entwicklung lässt trotz Eurokrise und Hilfsmilliarden die
Unternehmensgewinne vor allem wegen der Exportstärke drastisch steigen. Dann sollten
auch höhere Löhne gelingen! Wir brauchen für höhere Löhne keine Reichensteuer, keine
Vermögensabgaben – das sind nur Tipps, die wir den Herrschenden geben, wohl
wissend, dass sie weder unsere Tipps noch unser Bestes wollen –außer bei der
Arbeitsleistung.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese höheren Löhne sind wir wert! Viele von uns
sind schon oder werden es bald sein:
Mangelware!
Mangelware ist teuer! Lehrkräfte in Mangelfächern sind gesuchter als andere, heißt sind
wertvoller. Um Erzieherinnen wird sich demnächst gekloppt – zwischen Bereichen
(Schule/Kita), Trägern, Ländern.
Ihr seid was wert!!! Ihr, die heute hier sind und schon den ganzen Tag streikend auf
den Beinen, morgen die Moralkeulen: Wie konntest du nur? Denkst du denn nicht an die
Kinder?
Ja, natürlich! An nichts anderes denk ich, sagst du und daran, dass ich in einem
verdammt reichen Land lebe, was weniger Geld für Kinder und Bildung ausgibt als viele
viele andere, die weniger haben, das aber viel übrig hat für diejenigen, die noch viel
mehr verspekulieren und verspielen! Die sind das Problem, nicht wir, die hier stehen.
200.000 Lehrkräfte wollen endlich einen Tarifvertrag über ihre Eingruppierung. Das ist
doch nicht normal, dass derselbe Mensch mit der gleich langen und gleichwertigen
Ausbildung, nur weil er in einem bestimmten Bundesland an der Grundschule als
Angestellter arbeitet weniger verdient, als er in einem anderen Bundesland an einer SEK
I-Schule verdienen würde. Es ist doch nicht normal, dass Abschlüsse in einem EU-Land
mit denen in der BRD gleichgestellt sind, aber nicht die aus einem anderen Bundesland.
Wer aber aus Australien kommt und dort die Lehrerausbildung absolviert hat, tja, Pech
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gehabt. Der verdient als voll ausgebildeter Lehrer noch weniger als die
Seiteneinsteiger…
Aber die TdL (das ist der Arbeitgeberverband aller Bundesländer außer Hessen) will
weiterhin nach vordemokratischer Gutsherrenart die Richtlinien bestimmen. Nun denn.
Wollen wir ihnen ihren Willen lassen?
Mangelware. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst werden das zunehmend. Nicht nur
wegen der bevorstehenden Verrentungs- und Pensionierungswelle; 20-25% gehen in
den nächsten 8-10 Jahren! Eure Nachfolger werden gar nicht mehr eingestellt. Erstens,
weil eure Stellen der Linnertschen Kürzungswut zum Opfer fallen und zweitens, weil es
gar keine Leute mehr gibt, die unter so wenig Wertschätzung arbeiten wollen!
Ausgebremst! Schon jetzt fehlen in vielen Bereichen Auszubildende und Studierende –
egal ob im Polizei-oder im Schuldienst oder der PädagogInnenausbildung.
Aber, Kolleginnen und Kollegen, wir wollen dankbar sein! Danke sagen, für all die
Millionen, die in die Bildung unserer Kinder gesteckt werden, danke sagen, für jeden
Kita-Platz (welch schäbig-blasphemische Werbung am forum Kirche in der Holler Allee
zum Jahreswechsel: Jesus hatte einen Krippenplatz! Das ist doch zynisch, liebe Kirche!)
Das Thema ist viel zu ernst, um darüber Späße zu treiben. Zu ernst angesichts der
Haushaltsnotlage. Und so’n Windrad hat auch nicht viel mehr m² in einem offshore-Park
als ein Kind in der Kita und kostet auch nur ein bisschen mehr… Und wer will es der
Bremer Sozialpolitik absprechen, dass nicht fast überall da, wo der Bedarf online
erhoben wurde, er auch fast zufriedenstellend gedeckt wurde. Nur da, wo die online
Erhebung unzureichend genutzt wurde, werden auch unzureichend viele Plätze
geschaffen. Der Wille war da.
Der Wille zur Schulreform war auch da. Wahrscheinlich ist er, der Wille, immer noch da.
Nur, wer will ihn noch? Er bringt nichts mit außer Arbeit und gute Moral. Die mit ganz viel
Moral gehen an die Privatschulen – das sind ihnen ihre Kinder wert. Da gibt es jedenfalls
Klos mit Türen. Schulen mit Klos ohne Türen werden als Härtefall übrigens nicht
zugelassen, dort muss man beim Geschäft seine Augen schließen, um nicht gesehen zu
werden. Dies ist in einem Haushaltsnotlageland nun einmal so. Dafür kann der Regen
von oben in die Uni gucken und weil es ihm dort so gut gefällt, kommt er auch rein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen. Es gibt jetzt ein online-Portal zur Inklusion. Ab sofort
werden Kinder mit Förderbedarf nur noch virtuell in den Schulen aufgenommen. Die in
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den realen Klassen frei werdenden Plätze können nun wieder mit anderen besetzt
werden.
Statistisch erhöht das die Klassenfrequenz, weil auch virtuelle Plätze zählen, das wird
aber durch Doppelzählung der vielen auch nur virtuellen Lehrer- und anderer
PädagogInnenstunden locker kompensiert. Jeden Morgen wird auch ab sofort ein
Toffifee verteilt, dann fühlen sich alle auch viel zusammener…
Kolleginnen und Kollegen, wer in der heutigen Zeit keinen Sinn für Humor hat, hat diese
Politik nicht verdient. Nur wer den Herrschenden ins Gesicht lachen kann, darf hinter
ihrem Rücken über ihre Politik weinen.
Lieber grüner Fraktionsvorsitzende Matthias Güldner. Gutes schlecht reden, Rot-Grüne
Leistungsbereitschaft nicht anerkennen - wo soll es nur hinführen, ein Fass ohne Boden
zu sein? Diese Politik, die durch unzureichende Finanzierung Chancen von Kindern und
Jugendlichen be- und verhindert, wird die Bürgerinnen und Bürger notwendigerweise
noch mehr in den Protest treiben. Wir als Bildungsgewerkschaft im DGB werden
jedenfalls alles tun, Schlechtes und Unzureichendes weiterhin anzuprangern und
Alternativen aufzuzeigen. Wer die Schuldenbremse über alles stellt, kann nicht erwarten,
von den Menschen, die diese Politik ausbaden, auch noch gelobt zu werden. Menschen
zu beschimpfen, die sich heute für Perspektiven von morgen einsetzen, ist unredlich.
Soviel Moral muss auch in einem Haushaltsnotlageland noch gelten.
Wer die Notwendigkeiten der öffentlichen Bildung nicht finanzieren will, weil es die
Schuldenbremse gibt, sollte vielleicht nicht die Bildung auf den Müll schmeißen, sondern
die Schuldenbremse, die eine Bildungsbremse ist! Das würde den Menschen nutzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für uns alle ist der Streik kein Selbstzweck. Er ist nach
zwei Verhandlungsrunden ohne Arbeitgeberangebot absolut verhältnismäßig im Kampf
um die Mächtigkeit zwischen lohnabhängig Beschäftigten und den unser-GeldBesitzenden. Dieser Streik, dieser Protest, unsere Solidarität ist Bestandteil unseres
Einsatzes für mehr Gerechtigkeit, für ein Um-Fair-Teilen von Reich nach Arm. Und
dieser Verteilungskampf ist mit dieser Tarifrunde nicht zu Ende, und, unter uns gesagt ist
die Tarifauseinandersetzung nur ein kleiner Teil in einem Verteilungskampf, der nicht nur
ein Kassenkampf ist…
Kolleginnen und Kollegen, ich danke euch.
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