Editorial Editorial Eine Torte mehr !?? Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie es zurzeit aussieht, hält die Politik stur am § 73b fest. Das ist Wasser auf die Mühlen der Zentralisten im Deutschen Hausärzteverband, die landauf, landab den Kolleginnen und Kollegen die Spezies Selektivvertrag als zusätzliche „Sahnetorte zum Honorarkuchen“ anpreisen. In ihre vermeintliche Erfolgsgeschichte reihten die Protagonisten des BDA nun den Umstand ein, dass sich im April die Techniker-Krankenkasse (TK) als erste Ersatzkasse mit dem Hausärzteverband auf Eckpunkte zur Hausarztzentrierten Versorgung einigte. Der gegenüber solchen Verträgen stets skeptische TK-Chef Norbert Klusen versucht hier augenscheinlich auf den festgefahrenen 73b irgendwie zu reagieren. Vage Versprechungen Was er allerdings bisher mit den Eckpunkten für seine Versicherten präsentierte, bleibt aus meiner Sicht sehr vage, die Evaluierung der Ergebnisse soll ja erst nach Jahren erfolgen. Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass der BDABundesvorsitzende Weigeldt bei der Vorstellung der Eckpunkte weniger Bürokratie und mehr Zeit für die Patienten in Aussicht stellt, während sein 1. Stellvertreter Hoppenthaller eine Woche später bei einem Resümee zum laufenden Hausarztvertrag in Bayern Verbesserungsbedarf bei der Bürokratie anmahnt. Lassen Sie mich noch einmal zu Herrn Hoppenthaller zurückkehren, der die KVen gern als körperschaftliche Zuchtmeister geißelt. In einem Mitgliederrundschreiben vom 19.04.2010 beklagte sich der Chef des Bayerischen Hausärzteverbandes über das Abrechnungsverhalten der Basis beim HzV-Vertrag mit der AOK Bayern. Es offenbarte sich, wie „freundschaftlich“ er mit Querulanten umgeht. Zitat: „Wir werden uns in Zweifelsfällen aber auch nicht scheuen, Plausibilitätsprüfungen durchzuführen, da wir uns die Verträge nicht von disziplinlosen Kolleginnen und Kollegen zerstören lassen werden.“ Worum es dem BDA bei den Selektivverträgen hauptsächlich geht, untermauerte deren Ehrenvorsitzender Kossow anlässlich einer Delegiertenversammlung im KVS-Mitteilungen Heft 7-8/2010 April, als er die Fraktion von Sachsen-Anhalt kritisierte, weil die als erstes einen Add-on- und keinen Bereinigungsvertrag abgeschlossen hatte. Nach Kossow schwäche die Bereinigung die KVen, um deren Beseitigung es schließlich gehe. Mit der KV soll also eine Interessenvertretung abgeschafft werden, die sich um alle niedergelassenen Ärzte kümmert. Ich frage, ist das vernünftig? Mit gleichem Recht könnte ich als Hautärztin auch für meine Fachgruppe eine eigene KV verlangen und die anderen Fachgruppen ebenso. Auf einmal gäbe es vielleicht 50 KVen? Ich frage wieder, ist das vernünftig? Wem nützt eine solche Kleinstaaterei und Zersplitterung ärztlicher Interessen? Am Ende würde es wohl auf Seiten der Ärzte zumindest keine Gewinner, aber Verlierer geben. Fragwürdige Finanzen Die Verfechter der Selektivverträge versprechen natürlich immer eine wesentlich bessere Versorgung ihrer Patienten. Da frage ich mich wieder: Haben unsere hausärztlichen Kolleginnen und Kollegen in der Niederlassung denn ihre Patienten bisher so schlecht betreut, sind sie ihrer ethisch-moralischen Pflicht nicht nachgekommen, haben sie ihre Fortbildung schleifen lassen, …? Meine Wahrnehmung ist jedenfalls eine andere. Unsere Kolleginnen und Kollegen lockt man vor allem mit der Aussicht auf höhere Pauschalen. Tut mir leid, aber auch hier muss ich wieder „Wasser in den Wein gießen“. Wenn ich mir heute die Kassenlandschaft anschaue, wird immer öfter von finanziellen Engpässen gesprochen, erste Horrormeldungen von Kassenpleiten machen die Runde. In dieser Situation höhere Pauschalen zu finanzieren, dürfte für die Krankenkassen kritisch sein. Wird eine Kasse sehenden Auges wegen höherer Pauschalen eine Pleite riskieren? Sie könnte natürlich an anderer Stelle einsparen. Aber wo? Bei den Patienten, an anderer Stelle bei den Ärzten…? Zähflüssige Bereinigung Fast noch problematischer gestaltet sich die Frage, dass für Leistungen in Selektivverträgen die vereinbarte Gesamtvergütung abgesenkt, sprich: der Kollektiv- vertrag „bereinigt“ werden muss. Unsere bayerischen Kollegen mit ihrem „AOKHausarztvertrag“ wissen ein Lied davon zu singen. Bei der ohnehin schon komplizierten Abrechnung und einem damit einhergehenden kaum vorstellbaren Anstieg der Bürokratie (Einschaltung des Schiedsamtes inbegriffen), verzögert sich hier die Abrechnung für die Selektivverträge um Monate. Die AOK in Bayern zog gleich erst mal (vor der vertraglichen Einigung über die Bereinigung) 30 Mio. € von der Gesamtvergütung ab, was die KV in Bayern, natürlich so nicht hinnahm. Liebe Kolleginnen und Kollegen, von diesem unerfreulichen BereinigungsHickhack mal ganz abgesehen, möchte ich Sie vor allem darauf hinweisen, dass für Selektivverträge auf Dauer kein zusätzliches Geld fließen wird! Um das Bild von der Titelseite aufzugreifen: Der Selektivvertrag ist keine zusätzliche Sahnetorte. Die Kassen zahlen das Honorar nicht doppelt, geben keine zwei Torten aus. Bei jedem Selektivvertrag fehlt das jeweilige Tortenstück immer bei der „Honorartorte Bereinigter Kollektivvertrag“. Mit freundlichen kollegialen Grüßen Ihre Stellv. Vorstandsvorsitzende Ulrike Schwäblein-Sprafke 3