Vanadium-Redox-Flow-Batterie Institut für Technische Chemie und Umweltchemie (ITUC) der FSU Jena Experiment 7 Redox-Flow-Zelle 1. Einleitung Um eine ausreichende Energieversorgung zu gewährleisten müssen zu jedem Zeitpunkt Stromangebot und -nachfrage ausgeglichen sein. Dieser Ausgleich kann durch die folgenden Möglichkeiten erfolgen: Steuerung der Stromerzeugung Steuerung der Stromnachfrage Zwischenspeicherung Die Steuerung der Stromerzeugung ist jedoch aufgrund der teilweise stark schwankenden Stromeinspeisung regenerativer Energiequellen begrenzt. Die Speicherung des mit alternativen Energiequellen erzeugten Stromes bietet hierbei einen Ansatz, die schwankende Stromeinspeisung auszugleichen. Energiespeicher sind ein wesentlicher Bestandteil unseres Lebens. Auf unterschiedlicher Weise prägen sie dieses, z.B. im privaten Bereich in Form von Batterien, Akkumulatoren und im gewerblichen Bereich z. B. von Pumpspeicherkraftwerken. Oft werden wir uns dessen nicht bewusst, weil es als selbstverständlich hingenommen wird. Dabei strebt Deutschland an, den Anteil der erneuerbaren Energiequellen am Bruttoendenergieverbauch 2050 auf 60% anzuheben, wobei hauptsächlich Photovoltaik und Windenergie dominieren. Eine aktuelle Übersicht zeigt Abbildung 1. Abbildung 1 Aktuelle Zusammensetzung des Strommixes in Deutschland.[1] 2 Institut für Technische Chemie und Umweltchemie (ITUC) der FSU Jena Experiment 7 Redox-Flow-Zelle Da Wind- und Sonnenergieangebot tageszeitlich und jahreszeitlich stark schwanken, müssen zeitliche und räumliche Engpässe überbrückt werden. Räumliche Differenzen lassen sich durch eine gut ausgebaute Netzinfrastruktur bewältigen. Für zeitliche Engpässe bieten sich Energiespeicher an. Weshalb die Energiespeicherung auch als der Schlüssel zur Energiewende gilt. Es lassen sich verschiedene Speichertypen unterscheiden. Je nach physikalischer oder chemischer Betrachtungsweise basiert die gespeicherte Energie auf vier Formen: mechanische, thermische, chemische oder elektrische Energie (Abbildung 2). Abbildung 2 Verfahren zur Energiespeicherung durch Umwandlung in andere Energieformen. Wichtige charakteristische Parameter eines Speichers sind die Energie- und Leistungsdichte, Beladungs- und Entladungszeiten, die vorgesehene Speicherdauer und zeitabhängige Verluste. Die Umweltfreundlichkeit des jeweiligen Speichersystems wird nicht nur maßgeblich von dem Wirkungsgrad beeinflusst sondern ebenfalls von der Entsorgung von giftigen Abfallstoffen der zumeist angewendeten chemischen Speichern nach Ende der Lebensdauer. Die Energiespeicherung erfolgt dabei durch Umwandlung von elektrische Energie in andere Energieformen. Jede Energieumformung ist dabei mit Verlusten verbunden, welche den Gesamtwirkungsgrad verringert (Abbildung 3). Abbildung 3 Zusammensetzung des Gesamtwirkungsgrads bei der Energiespeicherung. 3 Institut für Technische Chemie und Umweltchemie (ITUC) der FSU Jena Experiment 7 Redox-Flow-Zelle Redox-Flow-Batterien haben das Potential zur Energiespeicherung über lange Zeiträume und eignen sich sowohl für statische als auch mobile Anwendungen. Bei Redox-Flow-Batterien (Red von Reduktion, Ox von Oxidation) handelt es sich um Durchflussbatterien (Abbildung 4). Flüssige Energieträger werden in zwei getrennten Tanks gelagert. Mit Pumpen werden diese in eine elektrochemische Zelle gepumpt, in der der Ionenaustausch durch eine ionenleitende Membran erfolgt. Zugleich trennt diese die beiden Elektrolyte. Abbildung 4 Schematische Darstellung einer Redox-Flow-Batterie.[2] Während des Ladens laufen folgende Reaktionen ab: Anode 𝐴𝑛+ + 𝑥𝑒 −1 → 𝐴(𝑛−𝑥)+ Kathode 𝐵𝑚+ − 𝑦𝑒 − → 𝐵(𝑚+𝑦)+ Während des Entladens laufen folgende Reaktionen ab: Anode 𝐴(𝑛−𝑥)+ → 𝐴𝑛+ + 𝑥𝑒 − Kathode 𝐵(𝑚+𝑦)+ → 𝐵𝑚+ − 𝑦𝑒 − Redox-Flow-Zellen haben gegenüber anderen Speichermedien folgende Vorteile[3]: Möglichkeit einer Langzeitspeicherung Poröse Membranen erlauben eine große Elektrodenfläche und hohe Permeabilität Reaktionen sind vollständig reversibel Metallgehalt bleibt erhalten, da sich nur die Valenz der Kationen ändert, was eine langen Lebenszyklus garantiert Flüssige Elektrolyte können in Tanks gespeichert werden Zelltemperatur kann über den Durchfluss gesteuert werden Ladungszustand kann über die Zellspannung verfolgt werden 4 Institut für Technische Chemie und Umweltchemie (ITUC) der FSU Jena Experiment 7 Redox-Flow-Zelle Zellmorphologie bleibt bei Tiefenentladungen erhalten Keine Selbstentladung Können für kurze Zeit überladen werden Schneller Austausch der Elektrolyten erlaubt mögliche mobile Anwendungen Leichtes Scale-up da Energiedichte vom Volumen und Konzentration der/des Elektrolyten abhängt Leistungsdichte abhängig von Anzahl der Zellen und Größe der Elektroden Nachteile von Redox-Flow-Zellen sind[3]: Niedrige Leistungs- und Energiedichten im Vergleich zu anderen Technologie, was im Moment die mobile Anwendungen einschränkt Große aktive Zellflächen und Membranen vergrößern Dimension der Batterie Genau zu regulierende Elektrolyttemperaturen von 15 bis 35°C um das Ausfällen von Metallsalzen zu vermeiden 2. Grundlagen Die Entwicklung von Redox-Flow-Zellen geht auf eine Studie der NASA in den 1970’er Jahren zurück. In diesem Programm wurden die Redoxpaare Fe/Ti und Cr/Fe für die potentielle Anwendung zur Energiespeicherung vorgestellt[4, 5]. In den 1980’ern begann in Japan die Entwicklung von Redox-FlowZellen basierend auf dem Redoxpaar Cr/Fe[6]. Seither war die Wissenschaft bestrebt andere RedoxSysteme zu finden, um beispielsweise die Vermischung der Elektrolyten durch Diffusionsprozesse durch die Membran zu vermeiden und um höhere Zellspannungen zu erhalten. Tabelle 1 gibt eine Auswahl an Redoxsystemen, die für die Anwendung in Redox-Flow-Batterien getestet wurden. Die Energiedichte ist abhängig von der Löslichkeit des Salzes und erreicht Werte im Bereich des Bleiakkumulators. Durch Verwendung von nichtwässrigen Systemen kann die Energiedichte jedoch noch wesentlich gesteigert werden. Tabelle 1 Auswahl von Redoxsystemen für die Anwendung in Redox-Flow-Batterien.[2] Redoxpaar V/V V/Br Fe/Cr Fe-EDTA/Br Zn/Ce Ru(bpy)3 nichtwässrig V(acac)3 nichtwässrig Cr(acac)3 nichtwässrig Zellspannung [V] 1,2 1,1 1,2 1,0 2,6 2,6 2,2 3,4 Die Vanadium-Redox-Flow-Batterie ist das am besten untersuchte und am weitesten fortgeschrittene System[3]. Seit 2001 werden Vanadium-Redox-Flow-Batterien kommerziell vertrieben. Als Elektrolyte 5 Institut für Technische Chemie und Umweltchemie (ITUC) der FSU Jena Experiment 7 Redox-Flow-Zelle werden in Schwefelsäure gelöste Vanadiumsalze verwendet (Error! Reference source not found.). Vanadium liegt hierbei in vier verschiedenen Oxidationsstufen vor. Abbildung 5 Schematische Darstellung einer Vanadium-Redox-Flow-Batterie.[3] Die in der elektrochemischen Zelle stattfindeten Reaktionen sind folgende: Anode (Laden) 𝑉𝑂2+ + 𝐻2 𝑂 → 𝑉𝑂2+ + 2𝐻 + + 𝑒 − (𝐸10 = + 1,00𝑉) (𝐸20 = − 0,26𝑉) Kathode (Laden) 𝑉 3+ + 𝑒 − → 𝑉 2+ Gesamtreaktion 𝑉 3+ + 𝑉𝑂2+ + 𝐻2 𝑂 → 𝑉 2+ + 𝑉𝑂2+ + 2𝐻 + Die Zellspannung einer Vanadium-Redox-Flow-Zelle berechnet sich nach der Nernst-Gleichung zu: 𝐸 = 𝐸0 + 𝑅𝑇 𝑎𝑂𝑥 ln ( ) 𝑧𝑒 𝐹 𝑎𝑅𝑒𝑑 𝐸𝑔𝑒𝑠 = 𝐸10 − 𝐸20 = 1,26𝑉 Ein Vergleich mit anderen Energiespeichern zeigt, dass Vanadium-Redox-Flow-Batterien bei einem Wirkungsgrad von bis zu 80%, einer vernachlässigbare Selbstentladung eine sehr hohe Lebenserwartung haben[7]. Tabelle 2 Vergleich von Energiespeichersystemen.[7] Batterietyp Zyklen Blei Ni-Cd Ni-Hydrid Lithium-Ionen Na-S 300-2000 1000 1400 5000-15000 3000-7000 Wirkungsgrad (%) 75-90 60-65 70 90-95 70-85 6 Energiedichte (Wh/L) 60-75 130-150 250-330 100-250 70-150 Institut für Technische Chemie und Umweltchemie (ITUC) der FSU Jena Experiment 7 Redox-Flow-Zelle V-Redox-Flow10-20 ~20000 70-85 Zelle 25-35[3] Als ionenleitende Membran wird ein sulfoniertes Tetrafluorethylen-Polymer (Nafion) benutzt. Diese sollte eine ausreichende Dicke aufweisen, um die Diffusion von Vanadium-Ionen durch die Membran zu verringern. Daraus resultiert der Vorteil, dass keine Kreuzkontamination von Elektrolyten auftritt, da ausschließlich Vanadium verwendet wird. Nachteile der Vanadium-Redox-Flow-Batterie sind die geringe Energiedichte, aufgrund einer niedrigen Elektrolytkonzentration (schlechte Löslichkeit der Vanadiumsalze) und eine Anwendung in einem begrenzten Temperaturbereich von 10-35°C (oberhalb von 40°C reagiert VO2+ zu V2O5). Der Wirkungsgrad ist das Verhältnis aller zugeführten Leistungen Pzu bzw. Energien Ezu zur kompletten abgeführten Leistung Pab bzw. Energien Eab (Gleichung1). 𝜂= 𝑃𝑎𝑏 𝑃𝑧𝑢 = 𝐸𝑎𝑏 𝐸𝑧𝑢 (1) Dieser kann einen Wert zwischen 0 und 1 annehmen. Wenn der Wirkungsgrad größer 1 wäre, würde Energie gewonnen werden, was durch den Energieerhaltungssatz nicht möglich ist. Der Wert kann auch nie kleiner 0 sein, da abgeführte Energie immer positiv ist. Da bei jeder Energieumformung Verluste auftreten, kann der Wirkungsgrad nie den Wert von 1 annehmen. In dem vorliegenden Versuch soll ausschließlich der Wirkungsgrad des Be- und Entladens der Redox-Flow-Zelle bestimmt werden. Energieverluste treten beispielsweise durch Reibung des Fluids an den Schläuchen auf oder aufgrund des Zelleninnenwiderstands. Würde die Energie die die Pumpen benötigen, in die Berechnung mit einbezogen werden, würde der Wirkungsgrad wesentlich niedriger sein. 3. Aufgabenstellung Bestimmen Sie den Wirkungsgrad und die Energiedichte der Vanadium-Redox-Flow-Batterie. Die Elektrolytlösung besteht aus 0,05 mol/L Vanadiumsulfat (VOSO4 bzw V2(SO4)3) in 2M H2SO4. Verfolgen Sie den Beladungs- und Entladungszyklus mittels UV-VIS-Spektroskopie und ermitteln Sie die Reaktionsordnung. Nehmen Sie hierzu Vergleichsspektren von 10 Standardlösungen auf und erstellen Sie daraus eine Kalibrationsgerade. 4. Durchführung und Auswertung Die Spannungsquelle wird auf 2,2 V und 1,2 A eingestellt. Messen Sie die Spannung Ua die an der Durchflusszellen anliegt. Messen Sie die Spannung Ub, die am 5Ω-Widerstand abfällt. Hieraus können Sie über das Ohm’sche Gesetz die Stromstärke ermitteln. (Gleichung 2). 𝐼𝑎/𝑏 = 𝑈𝑎/𝑏 (2) 𝑅 Daraus lässt sich die Leistung berechnen, welche die Zelle beim Laden aufnimmt bzw. die Zellen beim Entladen abgibt (Gleichung 3). 𝑃𝑎/𝑏 = 𝑈𝑎/𝑏 ∙ 𝐼 (3) Da die Messungen nur aus Messpunkten Pzu/ab,i besteht, die alle mit dem zeitlichen Abstand Δt aufgenommen werden, berechnen sich die einzelnen Energien ΔEzu/ab,i in den einzelnen Zeitperioden Δt über die Gleichung: 7 Institut für Technische Chemie und Umweltchemie (ITUC) der FSU Jena Experiment 7 ∆𝐸𝑧𝑢,𝑖 = 𝑎𝑏 Redox-Flow-Zelle 𝑃𝑧𝑢/𝑎𝑏,𝑖 +𝑃𝑧𝑢⁄𝑎𝑏,𝑖 2 ∙ ∆𝑡 (4) Somit gilt, dass die Summe aller Energien ΔEzu/ab,i der zugeführten bzw. abgeführten Energie Ezu/ab entspricht: 𝐸𝑧𝑢/𝑎𝑏 = ∑𝑛−1 𝑖=1 ∆𝐸𝑧𝑢⁄𝑎𝑏,𝑖 (5) Somit kann der Wirkungsgrad der Durchflusszelle bestimmt werden. Zur Ermittlung der Reaktionsordnung nehmen Sie zunächst die UV-Spektren der bereitgestellten Vanadium(IV)-Lösungen unterschiedlicher Stoffmengenkonzentrationen auf. Stellen Sie daraus eine Kalibrationsgerade auf. So ist es ihnen möglich die Stoffmenge über die Zeit zu ermitteln. Die Halbzellenreaktion VIV/VV wird mit einer 5cm Durchflussküvette mit der Wellenlänge 770nm verfolgt. Stellen Sie die Abnahme/ Aufnahme von VIV über die Zeit grafisch dar. Arbeitsschutz Bei der Durchführung des Praktikumsversuches ist das Tragen von Kittel, Schutzbrille und Schutzhandschuhen erforderlich. Vanadium ist toxisch!!!!!! 5. Literatur [1] http://news.gk-ag.de/der-strommix-deutschland-2013/ 17.11.14 [1] [2] h. n. g.-a. d. d.-s.-d.-. 17.11.14. A. Weber, M. Mench, J. Meyers, P. Ross, J. Gostick, Q. Liu, J Appl Electrochem 2011, 41, 11371164. P. Alotto, M. Guarnieri, F. Moro, Renewable and Sustainable Energy Reviews 2014, 29, 325335. M. A. Reid, R. F. Gahn, NASA STI/Recon Technical Report N 1977, 77, 26612. L. H. Thaller, Redox flow cell energy storage systems, Department of Energy, 1979. T. Tanaka, T. Sakamoto, N. Mori, K. Mizunami, T. Shigematsu, SEI Technical Review 1990, 137, 191. B. Dunn, H. Kamath, J.-M. Tarascon, Science 2011, 334, 928-935. [3] [4] [5] [6] [7] 8