Dr. Gerhard Moitzi Institut für Landtechnik, Universität für Bodenkultur Wien, Wien Vortrag beim Ackerbautag der Wintertagung 2007 des Ökosozialen Forums Österreich, Stadtsaal Hollabrunn Hollabrunn, 13. 02. 2007 VERMEIDUNG VON BODENVERDICHTUNGEN BEIM EINSATZ VON SCHWEREN LANDMASCHINEN Das historisch angespannte Verhältnis zwischen Maschine und Boden gewinnt angesichts der erreichten Maschinenmassen und deren Belastungsfaktoren für den Boden erneut an Bedeutung. Wissenschaft und Praxis versuchen, die Frage zu klären, ob der durch den Einsatz von Landmaschinen in der Feldarbeit verursachte Bodendruck die Bodenfruchtbarkeit beeinträchtigt. Die wichtigsten maschinengebundenen Einflussgrößen hierauf bestehen in der Radlast, den Kontaktflächen und aus dem daraus resultierenden Kontaktflächendruck. Grundlegende Untersuchungen zur Bodenmechanik beim Befahren und Bearbeiten der Böden erfolgten in der 50er Jahren durch Prof. Söhne an der Forschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig-Völkenrode. Aus ihnen wurden folgende allgemeine Aussagen abgeleitet: 1. Die Verdichtung in den oberen Schichten ist hauptsächlich eine Funktion des Kontaktflächendruckes, die Verdichtung in den unteren Schichten ist hauptsächlich von den Radlasten abhängig. 2. Die Verdichtungsgefahr ist bei einem bestimmten Kontaktflächendruck unter praktischen Bedingungen in feuchten Böden höher als in trockenen. 3. Ein geringer Kontaktflächendruck erfordert breite Reifen mit einem geringen Reifeninnendruck Die Entwicklung zu leistungsfähigeren Landmaschinen war mit dem Anstieg der Maschinenmassen somit auch mit der Radlast verbunden. Zum Beispiel wog der erste selbstfahrende Mähdrescher von Claas, der Hercules aus dem Jahr 1953, 5,8 t (inkl. 1,6 t Getreide). Demgegenüber erreicht der Claas Lexion 570 aus dem Baujahr 2004 ein Gesamtgewicht mit vollem Korntank von 28,7 t (inkl. 8,2 t Getreide). Der mittlere Kontaktflächendruck (= vertikale Gewichtskraft/Kontaktfläche des Reifens) konnte dank neuer Reifentechnologien im Großen und Ganzen gleich gehalten werden. Er beträgt – berechnet mit dem praxisbezogenen Maschinenlast- und Bodenbeurteilungsprogramm TASC der FAT Tänikon – bei den am höchsten belasteten Vorderrädern ca. 1,3 bar. Die größere Kontaktfläche bewirkt aber die mechanische Beanspruchung eines größeren Bodenvolumens und damit auch eine Tiefenwirkung des Bodendrucks. Über den Reifeninnendruck kann die Kontaktfläche und somit auch der Kontaktflächendruck gesteuert werden. Mit zunehmender Tiefe wird der bodendruckmindernde Effekt einer Reifendruckabsenkung geringer, was auch den Einfluss der Radlast auf die Tiefenwirkung der Bodenbeanspruchung erklärt (Keller und Arvidsson 2004). Um das Risiko von Unterbodenverdichtungen möglichst gering zu halten, müssen die Kontaktflächen bei hohen Radlasten (z. B. voll beladene Ausbring-, Ernte- und Transportfahrzeuge) überproportional größer werden. Grundsätzlich lassen sich die technischen Maßnahmen für bodenschonendes Befahren in zwei Ansatzpunkten gliedern, nämlich in Optimierung des Systems Reifen – Boden und in Anpassung von Mechanisierungsverfahren (Geischeder und Demmel 2006). Optimierung des Systems Reifen – Boden Ein geringer Reifendruck resultiert in einem niedrigen Bodendruck. Untersuchungen der Universität Kiel zeigten, dass bei Radialreifen der Bodendruck in 10 cm Tiefe etwa dem Reifeninnendruck entspricht (Weißbach 2003). Der Reifendruckabsenkung sind jedoch technische Grenzen gesetzt. Der einzustellende Reifeninnendruck hängt von der geforderten Reifentragfähigkeit, von der Reifenbauart, der Reifengröße und der Fahrgeschwindigkeit ab und kann in den Reifenluftdrucklisten und Betriebsanleitungen der Reifenhersteller abgelesen werden. Grundsätzlich können für die Feldarbeit folgende Richtwerte empfohlen werden: Maximal 1 bar bei der Bestellung und maximal 2 bar bei der Ernte. Neben der Bodenschonung können durch den reduzierten Reifendruck Kraftstoffeinsparungen von bis zu 20 % durch den verminderten Schlupf realisiert werden. Weiters versucht man mit neuen Fahrwerkskonzepten – Verteilung des Fahrzeuggewichts auf drei Achsen, Vermeiden von Mehrfachüberrollung durch spurversetztes Fahren – die wirksamen Kontaktflächen zu vergrößern bzw. gleichmäßig zu verteilen. Gummibandlaufwerke kommen aufgrund der großen Aufstandsfläche und der hohen Zugkräfte bei schweren Erntemaschinen und Zugmaschinen bereits zum Einsatz. Durch Vorspannung des Gummibandes von über 20 t können die ausgeprägten Druckspitzen, die unter den Umlenk- und Stützrollen der Bandlaufwerke der ersten Generation problematisch waren, verringert werden. Anpassung von Mechanisierungsverfahren Beim Pflügen, bei dem ausschließlich in der Furche gefahren wird, wirkt die hohe Radlast des furchenseitigen Traktorhinterrades direkt auf den Unterboden. Rund 45 % des Traktorgesamtgewichtes (inkl. Pfluggewicht und Ballast) und 50 % der Zugleistung stützen sich nach Renius (1987) auf das furchenseitige Hinterrad ab. Mit dem Verfahren des „On-LandPflügens“ können Bodenverdichtungen im Unterboden vermindert werden, da wie beim Grubbern auf unbearbeitetem Boden gefahren wird. Das On-Land-Pflügen ermöglicht den Einsatz von großvolumigen Reifen bzw. Zwillingsreifen. Um einen geradlinigen Zug zu erreichen, soll die Arbeitsbreite des Pfluges mindestens so groß sein, wie die Traktorbreite. Die Tragfähigkeit des Bodens – abhängig von Bodenfeuchte, Bodenart, Humusgehalt und Lockerungsgrad – wird durch die sinkende Bearbeitungsintensität gesteigert. Die Bodenfeuchte ist für die Beurteilung der Verdichtungsempfindlichkeit von besonderer Wichtigkeit. Hinsichtlich der Ausnützung der Leistungspotenziale kommt der „Schlagkraft“ eine hohe Bedeutung zu: Das Warten auf bessere Befahrbarkeit ist im Sinne des vorsorglichen Bodenschutzes eine wirksame Maßnahme. Mit der konservierenden Bodenbearbeitung (Mulchsaat, Streifensaat oder Direktsaat) wird die Tragfähigkeit des Bodens gefördert, wodurch der Bodendruck z. B. bei der Zuckerrübenernte schneller abgebaut wird als auf konventionell bearbeiteten Flächen (Weißbach 2002). Um den Zielkonflikt Boden als Pflanzenstandort oder als Fahrbahn zu lösen, wird das „Regel-Fahrspur-Verfahren“ (auf englisch Controlled Traffic Farming, CTF) in Australien, England und Holland bereits erprobt und praktiziert. Die im Feld gelegten ortsfesten Fahrspuren werden bei der Bodenbearbeitung, zur Saat, zur Pflege sowie zur Ernte befahren. In Australien werden bereits mehr als 2 Mio. Hektar Ackerland mit dem Ziel einer verbesserten Wasserinfiltration und verminderter Erosion bei Starkregen mit dem CTF-Verfahren bewirtschaftet. Ein automatisches Lenksystem auf Basis der Satellitenortung (RTK bzw. DGPS) ist bei Traktoren und Erntemaschinen für das spurtreue Fahren erforderlich. Mehrjährige Untersuchungen zeigten Mehrerträge von durchschnittlich 10 % bei einem geringeren Zugkraftbedarf auf unbefahrenen Zonen (86 % der Fläche). Das Regel-Fahrspur-Verfahren kann als konsequente Umsetzung des Postulats von Prof. Emil Perels (1837–1893, Universität Halle, Universität für Bodenkultur Wien), dem Begründer der landtechnischen Lehre, gewertet werden: „Es ist durchaus erforderlich, die Maschinen bestehender Landwirtschaft anzupassen, nicht aber umgekehrt, die Landwirtschaft der Maschine; Versuche, welche auf das letztere Ziel hingingen, sind stets gescheitert.“ Kontakt: Dr. Gerhard Moitzi Institut für Landtechnik im Department für nachhaltige Agrarsysteme Universität für Bodenkultur Wien Peter-Jordan-Straße 82, A-1190 Wien e-mail: [email protected]