Schweizerische Politik «Ziel 1» Begriffe aktives und passives Wahlrecht Beim aktiven Wahlrecht darf man selber wählen, beim passiven Wahlrecht darf man sich zur Wahl stellen. In der Schweiz darf ein Schweizer Bürger beides (muss 18 jährig sein). arithmetische Konkordanz Siehe „Zauberformel“ Basisdemokratisch Die Basisdemokratie ist eng mit der direkten Demokratie verknüpft. Bei der Basisdemokratie werden alle Entscheide von der Basis (z.B. dem Volk) aus getroffen. Doppeltes Mehr Volks- und Ständemehr muss einer Verfassungsänderung (Initiative) zustimmen, damit sie gültig ist. „Gute Dienste“ Die Schweiz als neutrales Land bietet bei internationalen Konflikten oft ihre Hilfe als unabhängige Vermittlerin an. Man spricht in diesem Fall von „Guten Diensten“. inhaltliche Konkordanz Jeder Bundesrat sollte die Meinung des Gesamtbundesrates vertreten und auch seine Kollegen verteidigen., bzw. nicht in den Rücken fallen. Kollegialitätsprinzip Der Bundesrat entscheidet als Kollegium, sprich jeder Bundesrat hat die gleichen Rechte. Der Bundespräsident leitet zwar die Sitzungen, hat aber nicht mehr Rechte als die anderen. Alle Bundesratsmitglieder müssen die Entscheide gegen aussen vertreten, auch wenn diese nicht ihre persönliche Haltung oder diese der Partei ist. Majorzwahlrecht Auch Mehrheitswahlrecht genannt. Es wird nach Köpfen gewählt. Welche Person am meisten Stimmen hat ist somit gewählt. Ständerat, Nationalrat mit nur 1 Sitz und Regierungsräte werden im Majorzwahlsystem gewählt. Pluralismus Beschreibt die Idee des friedlichen Nebeneinander. Mit allen Interessen, Stilen etc. Die Koexistenz von verschiedenen Interessen und Lebensstilen in einer Gesellschaft. Primus inter Pares Ein primus inter pares („Erster unter Gleichen“) ist ein Mitglied einer Gruppe, das dieselben Rechte innehat wie alle anderen auch, aber trotzdem eine erhöhte Ehrenstellung genießt. Manuel Egli Schweizerische Politik Seite 1 Diese Stellung hat meist repräsentativen Charakter und ist mit keinerlei Privilegien verbunden (wikipedia.org). Der Bundespräsident ist ein „primus inter pares“. Proporzwahlrecht Auch Verhältniswahlrecht genannt. Das Proporzwahlrecht ist das Wählen nach Partei und nicht nach Kopf. Diese Partei, die am meisten Stimmen (Wähleranteil) hat, bekommt am meist zugesprochenen Sitze. Session Die National- und Ständeräte ( Bundesversammlung) kommen 4 Mal im Jahr zu der jeweilig dreiwöchigen Session zusammen. Sie diskutieren dabei die politischen Geschäfte. Souveränität Unabhängiger Staat, der selbstbestimmt und frei von aussen bestimmen kann. Das Schweizer Volk ist der Souverän. Staat Im weitesten Sinne ist der Staat eine politische Ordnung. Ein Land mit Exekutive, Legislative und Judikative, mit Parteien und Interessensgruppen und mit Bürger ist ein Staat. Willensnation In der Schweiz will die Willensnation die Verbundenheit zwischen Deutschschweizer, Tessiner, Romands und Rätoromanen ausdrücken, also trotz verschiedener Kulturen soll ein friedliche Zauberformel Die Zauberformel ist nicht rechtlich vorgeschrieben, aber eine langjährige Tradition. Dabei geht es um die Aufteilung der Bundesräte nach Parteistärke. Die drei grössten Parteien (die drei Parteien mit den grössten Wähleranteilen) bekommen je 2 Sitze, die viertgrösste einen Sitz. Heute stimmt diese Formel nicht mehr überein. Prinzip 2:2:2:1. Wichtigste Einnahme und Ausgabenquellen des Bundes Einnahmen: Direkte Bundessteuer, [Verrechnungssteuer Mehrwertsteuer] -> Indirekte Bundessteuer Ausgaben: Soziale Wohlfahrt, Schuldzinsen, Einnahmenanteile und Finanzausgleich, Verkehr, Bildung und Forschung Föderalistischer Aufbau der Schweiz Drei politische Ebenen: Gemeinde, Kanton, Bund. Gemeinde In der Schweiz gibt es 2408 Gemeinden. Einige Gemeinden (1/5 aller Gemeinden) haben ein eigenes Parlament (z.B. Stadt Zürich), die anderen wählen direkt-demokratisch an der Gemeindeversammlung. Die Exekutive bildet der Gemeinde- bzw. Stadtrat. Zu den Manuel Egli Schweizerische Politik Seite 2 wichtigsten Aufgaben der Gemeinden gehört das Führen der Einwohnerregister, Zivilschutz, Energieversorgung, Strassenbau, Ortsplanung, Steuern, Schul- und Sozialwesen. Kantone Die Schweiz hat 26 Kantone. Sie haben sich 1848 zum Bund zusammengeschlossen. Der Kanton wird von einem Regierungsrat (Exekutive) und vom Grossrat (Legislative) geführt. Gerichte (Judikative) haben die Kantone auch selber. Das Kompetenzgebiet der Kantone beinhaltet das Gesundheitswesen, Bildung und Kultur. Sie haben eine eigene Verfassung. Bund Bund ist der schweizerische Begriff für Staat, wir nennen es auch oft die Eidgenossenschaft. Der Bund ist verantwortlich für Aussen- und Sicherheitspolitik, Zoll- und Geldwesen und die landesweite Rechtsetzung und Verteidigung. Demokratische Rechte auf Schweizer Ebene Wahlrecht: Alle über 18-jährigen Schweizer können den Nationalrat, Ständerat, Regierungsrat und Grossrat wählen. Sie haben dabei das aktive und passive Wahlrecht (siehe Begriffe S. 1). Beim Wählen können sie panaschieren, kumulieren und streichen. Stimmrecht: Alle über 18-jährigen Schweizer dürfen über Volksinitiativen und Referenden abstimmen. Dies findet viermal jährlich statt, meistens werden jeweils über 3 bis 4 Geschäfte abgestimmt. Einerseits gibt es das obligatorische Referendum. Bei dem muss eine Volksabstimmung durchgeführt werden, wie z.B. für Änderungen an der Verfassung oder den Beitritt zu internationalen Organisationen. Es braucht beim obligatorischen Referendum das doppelte Mehr. Es gibt dazu noch das fakultative Referendum, es kommt nur zur Abstimmung, wenn es verlangt wird (um z.B. geänderte/neue Gesetze des Parlaments vors Volk zu bringen). Hier genügt das Volksmehr. Initiativrecht: Bürger können eine Änderung oder Ergänzung der Verfassung mittels Initiative verlangen. Eine Gesetzesänderung ist auf Bundesebene hingegen zu den Kantonen nicht möglich. Für die Volksinitiative braucht es innert 18 Monaten 100‘000 gültige Unterschriften von Stimmberechtigten. Meistens arbeiten die Behörden einen direkten Gegenvorschlag aus, welcher weniger weit geht. Seit 1987 gilt das doppelte Ja: Gegenvorschlag und Initiative können angenommen werden, mittels Stichfrage wird der endgültige „Sieger“ erkoren. Volksinitiativen kommen nur aus dem Volk und nicht aus der Regierung. Referendumsrecht: Ist sozusagen die Bremse in der Hand des Volkes. Das fakultative Referendum kann dann ergriffen werden, wenn man gegen Bundesgesetze, Bundesbeschlüsse oder Staatsverträge vorgehen will. Dabei muss man innert 100 Tagen 50‘000 gültige Unterschriften sammeln. Das Referendumsrecht trägt der Konkordanz bei. Organe des Bundesstaates Legislative: Wird aus der vereinigten Bundesversammlung (National- und Ständerat) gebildet. Beide werden vom Volk gewählt (Nationalrat via Proporz, Ständerat via Majorz), Manuel Egli Schweizerische Politik Seite 3 Wahlkreise sind die jeweiligen Kantone. Der Nationalrat hat 200 Sitze und vertritt das Volk, der Ständerat vertritt die Kantone ( Gleichberechtigung der Kantone) und hat 46 Sitze. Jedem Kanton steht min. 1 Nationalratssitz zu. Daher hat auch Appenzell Innerrhoden, welcher rechnerisch keinen Anspruch auf einen Sitz hätte, einen Sitz im Nationalrat. Die Legislative macht Gesetze (beraten Verfassungsänderungen, beschliessen Erlass, Änderung oder Aufhebung von Bundesgesetzen, fassen Bundesbeschlüsse und genehmigen Verträge), wählen Bundesrat, Bundeskanzler, Bundespräsident, Vizepräsident, Bundesgericht und General und kontrollieren (die Bundesverwaltung). Die Vereinigte Bundesversammlung kommt 4x im Jahr zur jeweils dreiwöchigen Session zusammen. Exekutive: Das ist der siebenköpfige Bundesrat und die Bundeskanzlerin. Sie werden von der vereinigten Bundesversammlung gewählt und haben verschiedenste Regierungsaufgaben (siehe S. 6). Die Bundesräte wie auch Bundeskanzler/in werden für eine vierjährige Amtszeit gewählt. Der Bundespräsident hat nur Repräsentationsaufgaben und leitet die wöchentliche Bundesratssitzung. Mehr steht ihm nicht zu. Bundeskanzler/in hat kein Stimmrecht, aber dafür Antrags- und Rederecht. Judikative: Das Bundesgericht wird von der vereinigten Bundesversammlung gewählt. Gemeinde-Entwicklung Seit 1950 nimmt die Anzahl Gemeinden stetig ab. Das hat der Grund, da immer weniger Gemeinden eine professionelle Verwaltung führen können und z.B. Schulen immer weniger Kinder haben. Die Aufgaben können so besser gelöst werden. Gewaltenteilung Unter Gewaltenteilung ist die strikte Teilung von Legislative, Exekutive und Judikative gemeint. Sie sind personell getrennt, funktionell aber nur geteilt. Das soll heissen, dass niemand gleichzeitig mehreren dieser 3 Gewalten angehören darf, aber jede der 3 Gewalten machen Aufgaben, die zum Teil nicht zu ihrem Zuständigkeitsgebiet gehören. Tätigkeiten Bund Kanton Gemeinde Bezirk Manuel Egli Parlament Legislative Gesetze machen und beraten Regierung Exekutive Vertretung nach innen und aussen, koordinieren Bundesrat National- und Ständerat Grosser Rat, Regierungsrat Kantonsrat, Landrat Gemeindeversammlung Gemeinderat, Stadtrat --- Schweizerische Politik Gerichte Judikative strafen, richten, schlichten Bundesgericht Obergericht, Kantonsgericht Friedensrichter Bezirksgericht / Amtsgericht Seite 4 Partei Parteien sind politische Gesinnungsgruppen mit jeweils verschiedenen Weltbildern – also bestimmten Auffassungen von Staat, Gesellschaft, Wirtschaft etc. Sie sind ein Bindeglied zwischen dem Volk und staatlichen Einrichtungen und für das Funktionieren einer Demokratie nicht wegzudenken. Vier wählerstärksten Parteien der Schweiz: Schweizerische Volkspartei (SVP) Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) FDP.Die Liberalen (FDP) Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) Links und Rechts an Beispiel im 19. Jahrhundert Links: Verbesserung der Lebensbedingungen, Durchsetzung der Menschenrechte, Stärkung der Arbeiterschaft, Erneuerung der Gesellschaft Progressiv. Rechts: Status Quo einhalten Konservativ. Kommission Kommissionen haben die Aufgabe, die Geschäfte vorzuberaten und ihrem Rat Antrag zu stellen. Sie arbeiten dabei eng mit dem Bundesrat zusammen. Gemäss Parlamentsgesetz sollen die Kommissionen zudem in ihren Sachbereichen gesellschaftliche und politische Entwicklungen verfolgen sowie Vorschläge machen, wie neue Herausforderungen und Probleme gelöst werden könnten. Es gibt Aufsichtskommissionen (Finanzkommissionen, Geschäftsprüfungskommissionen) und Legislativkommissionen (siehe unten Auflistung) und auch noch weitere Kommissionen (siehe Auflistung). Die Kommissionen des Nationalrates haben 25 Mitglieder, die des Ständerates 13 Mitglieder. Durchschnittlich kommen sie drei bis vier Tage pro Quartal zusammen. Legislativkommissionen Aussenpolitische Kommissionen Kommissionen für Wissenschaft, Bildung und Kultur Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit Kommissionen für Umwelt, Raumplanung und Energie Sicherheitspolitische Kommissionen Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben Staatspolitische Kommissionen Manuel Egli Schweizerische Politik Seite 5 Kommissionen für Rechtsfragen Weitere Kommissionen Begnadigungskommission Gerichtskommission Immunitätskommission Redaktionskommission Legislaturplanungskommission Fraktion Fraktionen umfassen Angehörige der gleichen Partei oder gleichgesinnter Parteien. Sie sind für die Meinungsbildung wichtig. Sie beraten wichtige Ratsgeschäfte vor und versuchen sich auf einheitliche Positionen festzulegen. Zur Bildung einer Fraktion sind mindestens fünf Mitglieder aus einem Rat erforderlich. Im Nationalrat ist die Fraktionszugehörigkeit eine Voraussetzung für den Einsitz in eine Kommission. Die Bundesversammlung ist politisch nicht in Parteien, sondern in Fraktionen gegliedert. Mit einer Ausnahme gehören momentan sämtliche Parlamentsabgeordnete einer Fraktion an. Fraktionen des Parlamentes SVP, SP, CVP/EVP, FDP-Liberale, Grüne, Grünliberale, BDP Aktueller Bundesrat/Bundeskanzlerin Ueli Maurer, Bundespräsident, SVP, Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) Didier Burkhalter, Vizepräsident, FDP, Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) Doris Leuthard, CVP, Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) Eveline Widmer-Schlumpf, BDP, Finanzdepartement (EFD) Simonetta Sommaruga, SP, Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) Johann N. Schneider-Ammann, FDP, Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) Alain Berset, SP, Departement des Innern (EDI) Corina Casanova, CVP, Bundeskanzlerin Aufgaben des Bundesrates Der Bundesrat ist die oberste leitende Behörde des Landes und in erster Linie verantwortlich für die Regierungstätigkeit. Lage beurteilen, die sich aus der Entwicklung in Staat und Gesellschaft und dem Geschehen im In- und Ausland ergibt „Ziele staatlichen Handelns umschreiben und die Mittel dafür bestimmen“ Manuel Egli Schweizerische Politik Seite 6 Regierungspolitik planen, koordinieren, Umsetzung sicherstellen Bund nach innen und aussen vertreten Der Bundesrat beteiligt sich ausserdem an der Rechtsetzung, indem er Das Vorverfahren der Gesetzgebund leitet Der Bundesversammlung Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse unterbreitet Verordnungen erlässt, soweit ihn Bundesverfassung oder Bundesgesetze dazu ermächtigen Bundesratssitzung: Pro Woche je eine Bundesratssitzung, jeweils 3 bis 6 Stunden, geleitet von Bundespräsident oder bei dessen Abwesenheit durch Vizepräsident. Dort entscheidet er alljährlich 2000 bis 2500 Geschäfte. Parlamentswahlen 2011 Bei den Schweizer Parlamentswahlen 2011 wurden die 200 Mandate des Nationalrates sowie 45 der 46 Sitze im Ständerat neu besetzt. Zur Hauptsache fanden sie am 23. Oktober 2011 statt. Einige Ständeräte wurden in zweiten Wahlgängen bis zum 4. Dezember 2011 bestimmt. Gewinnerinnen der Nationalratswahlen waren die Bürgerlich-Demokratische Partei, die sich 2008 von der SVP abgespalten hatte und die Grünliberalen, die in den meisten Kantonen erstmals antraten. Sie erreichten beide 5.4% der Stimmen und elf (GLP) respektive neun (BDP) Nationalratssitze. Wahlverliererin war die Schweizerische Volkspartei, die neun Sitze abgeben musste, aber stärkste Partei blieb. Auch FDP, Christlichdemokratische Volkspartei und die Grüne mussten Verluste einstecken. Im Ständerat war die SP Wahlsiegerin, sie stellte neu elf Ständerätinnen und Ständerat, so viel wie nie zuvor in ihrer Parteigeschichte. FDP, CVP und SVP wurden in der kleinen Kammer dagegen geschwächt. Auch ein parteiloser Ständerat wurde gewählt. Auf die Parlamentswahlen folgte am 14. Dezember 2011 die Gesamterneuerungswahl des Bundesrates. Die 49. Legislaturperiode wird vier Jahre dauern, bis 2015. Manuel Egli Schweizerische Politik Seite 7