Stück

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1
1. AKT
1. Szene
(Vorhang)
(Kinderschlafzimmer: Bett,
Wiege, Schrank, Regal mit
Büchern, Computer,
ein Spiegel, ein großer
Gummistock. 2 Türen, eine
davon auf den Balkon.)
(GUTE FEE tritt auf. Sie trägt ein elegant,
wallend-langes aber trotzdem schlichtes,
weises Kleid mit passender Handtasche.)
GUTE FEE
Ich bin eine Fee, komm nimm meine Hand...
(BÖSE FEE tritt auf. Sie trägt ein zwei
Nummern zu kleines Haute Couture Kostüm.)
BÖSE FEE
(einfallend)
Entschuldigung.
GUTE FEE
Komm, nimm meine Hand...
BÖSE FEE
(einfallend)
Entschuldigung.
GUTE FEE
Komm, nimm meine Hand,
Und fort geht´s in ein Märchenland.
(beugt sich über Kinderbett)
BÖSE FEE
(überschneidend)
Entschuldigung. Meine liebe Gute Fee: Sie sind hier
falsch. Das hier ist...
GUTE FEE
(einfallend)
Familie Hauser.
BÖSE FEE
Familie Schrecklich aus Berlin. Und das hier ist ein ganz
verwöhntes Früchtchen.
2
GUTE FEE
Meine liebe Böse Fee: Sie sind hier falsch. Sascha, er
ist ein so liebes Kind.
(beugt sich über Kinderbett)
Sascha, ich bin eine Fee...
(GUTE FEE hält FREDDY in die Höhe.)
FREDDY
Wauw wauw wauw wauw wauw!
GUTE FEE
Ah.
(GUTE FEE legt FREDDY zurück ins Bett.)
BÖSE FEE
Der Hund. Im Bett. Total unhygienisch.
GUTE FEE
Ich bin eine Fee...
(FREDDY knurrt.)
BÖSE FEE
Vorsicht.
(GUTE FEE sucht im Bett.)
BÖSE FEE
Nein, er ist noch nicht im Bett.
(MUTTER führt SASCHA an der Hand ins Zimmer
Richtung Bett.
GUTE/BÖSE FEE je auf einer Seite der Bühne
vorne links und rechts.)
MUTTER
Sascha,
SASCHA
(einfallend)
Nein, ich bin schon...
MUTTER
(unterbrechend)
Nein, du bist noch ein Kind.
SASCHA
Nein, ich bin schon so erwachsen wie ihr alle.
BÖSE FEE
Und das dauert auch noch mal ´ne gute Stunde.
3
MUTTER
So, du gehst jetzt ins Bett. Und keine Widerrede.
BÖSE FEE
Bis sie´s wieder mal geschafft haben.
SASCHA
Nein, ich will nicht ins Bett. Das Schlafen ist so
langweilig!
MUTTER
Sascha, nur noch einmal schlafen und wir sind in Spanien.
Du freust dich doch schon so auf Spanien. Und in Spanien
gehen wir sofort an den Strand.
SASCHA
Den ganzen Tag?
MUTTER
Ja, den ganzen Tag.
SASCHA
Und wir können auch am Strand schlafen. Und wenn es zu
kalt wird machen wir ein Lagerfeuer.
MUTTER
Nein, Sascha, wir schlafen im Hotel.
SASCHA
Warum?
MUTTER
Omi kann nicht am Strand schlafen.
SASCHA
Können wir Omi nicht einfach hier lassen?
MUTTER
Sascha, das darfst du aber nie vor deiner Omi sagen.
SASCHA
Was?
MUTTER
Das du sie nicht nach Spanien mitnehmen willst.
SASCHA
Vati will Omi auch nicht mitnehmen.
MUTTER
Nein, Vati freut sich, dass Omi mitkommt.
4
SASCHA
Nein, das stimmt nicht!
MUTTER
Sascha? Was macht der Hund im Bett?
(SASCHA reißt sich los und nimmt
Indianerschmuck in die Hand.)
MUTTER
Sascha, wo willst du hin?
SASCHA
Vati möchte meinen neuen Indianerschmuck sehen.
MUTTER
Nein, Vati möchte nun seinen Krimi sehen.
(OMI tritt auf.)
SASCHA
(während er abrennt)
Omi! Mein neuer Indianerschmuck!
MUTTER
Sascha, du bleibst hier.
OMI
Sagt mal? Rein raus, raus rein. Diese Unruhe in diesem
Haus?
MUTTER
Sascha!
OMI
Du und der Hund is´ wieder mal im Bett!
MUTTER
Sascha, du kommst sofort zurück!
(eilt ab)
OMI
Ute! Ihr müsst einfach mal richtig durchgreifen!
(eilt ab)
BÖSE FEE
Meine liebe Gute Fee, Sie sind hier falsch. Das hier ist
Familie Schrecklich aus Berlin. Und ich werde mich ab
heute um diese Familie kümmern. Und zwar ausschließlich:
Herr und Frau Hauser, "Vati und Mutti", werde ich
finanziell ruinieren. Und dieses Früchtchen, den stecke
ich gleich morgen noch in ein Kinderheim; in ein
spanisches Kinderheim. Und die Omi, die kommt gleich
5
BÖSE FEE
(fortgesetzt)
morgen noch in den Knast. In den spanischen Knast.
Einzelhaft im Hochsicherheitstrakt. Und
diesen Hund, diesen faulen Schmarotzer...
Ah, Sie räumen das Feld.
GUTE FEE
Nein. Ich bin gleich zurück. Ich werde mich nur kurz
umziehen.
BÖSE FEE
Ah, ich verstehe. Sie planen einen großen Auftritt hier
heute zu machen. Gut, unter solchen Umständen werde ich
gleichfalls mit einem spektakulären Auftritt hier heute
erscheinen.
GUTE FEE
Ah, Sie planen einen spektakulären Auftritt.
BÖSE FEE
Ja.
GUTE FEE
Aber werden wie üblich nur das genaue Gegenteil
fertigbringen. Mein Guter Rat an Sie darum ist: Nie zu
viel versprechen.
(geht ab.)
BÖSE FEE
Ah.
(eilt ab)
(MUTTER führt SASCHA herein. SASCHA trägt
Indianerschmuck. MUTTER nimmt SASCHA
Indianerschmuck ab.)
SASCHA
Nein, Vati hat gesagt, ich darf heute mit meinem
Indianerschmuck schlafen.
MUTTER
Nein, der wird abgelegt. Vorsicht. Du zerdrückst doch die
ganzen Federn. So, und nun zum allerletzten Mal: Gute
Nacht.
SASCHA
Gute Nacht, Mami.
MUTTER
Gute Nacht, Sascha. Du musst jetzt schlafen.
6
SASCHA
Auch wenn ich nicht müde bin?
MUTTER
Auch wenn du nicht müde bist.
SASCHA
Ja aber wie mach ich das? Das geht doch gar nicht?
MUTTER
Sascha.
SASCHA
Das Schlafen ist so langweilig!
MUTTER
Pst. Sonst weckst du dein Schwesterchen auf.
(streng)
So, und nun zum Allerletzten Mal: Gute Nacht, Sascha.
SASCHA
Gute Nacht, Mami.
(nachrufend)
Bekomme ich heute keinen Guten Nachtkuss?
MUTTER
Ich habe dir bereits drei Gute-Nacht-Küsse gegeben.
SASCHA
Nein. Nur zwei.
MUTTER
Sascha.
SASCHA
Der letzte war nicht richtig.
MUTTER
Sascha, du musst jetzt schlafen.
SASCHA
Von Berlin nach Torremolinos sind es genau 2257 km.
MUTTER
SASCHA, bitte. Weißt du, Vati und Mutti können sich nur
Billigflüge leisten. Und darum müssen wir mitten in der
Nacht los. Und darum musst du jetzt schlafen. Du freust
dich doch schon so auf Spanien.
SASCHA
Ich will ja gar nicht nach Spanien. Ich möchte lieber auf
den Mond.
7
MUTTER
Es fliegen keine Flugzeuge auf den Mond.
SASCHA
Natürlich nicht. Wir fliegen mit einer Rakete!
(VATER tritt auf.)
VATER
Schläft der immer noch nicht?
SASCHA
(steht im Bett und versucht zu fliegen)
Wenn wir schwerelos wären, dann wären wir jetzt alle an
der Decke.
VATER
Das kann ich auch so. Ich kann an den glatten Wänden
rauf. Möchtest du mal sehen wie das geht? So, deine
Mutter kommt jetzt mit mir. Hier hinaus. Durch diese Tür.
(VATER nimmt Mutter am Arm)
VATER
Nein. Jetzt sofort. Vati will jetzt seinen Krimi sehen.
OMI
(von hinter den Kulissen)
Achim! Kommst du jetzt endlich! Der Krimi geht weiter!
VATER
Ich will jetzt meinen Krimi sehen. Und du beschäftigst
solange deine Mutter; das sie nicht immer dazwischen
quakt. Nein, wir gehen jetzt zusammen. Durch diese Tür.
OMI
(schaut herein)
Sagt mal? Soll ich den ganzen Abend da draußen alleine
sitzen? Ich dachte, wir machen uns einen schönen Abend
zusammen. Bevor wir losfliegen? Na das kann ja heiter
werden in Spanien. Wenn das schon so anfängt hier?
MUTTER
Mutti, Achim verbringt gerade etwas Qualitätszeit mit
seinem Sohn.
OMI
(nach kurzer Pause)
Es wäre schön wenn jemand mal mit mir etwas Qualitätszeit
verbringen würde verbringen würde. So, ich schaue mir
jetzt den Krimi an. Und euch erzähle ich aber nachher
nicht was passiert ist.
(stürmt ab)
8
VATER
So, und nun zum Allerletzten Mal: Gute Nacht Sascha.
SASCHA
Gute Nacht, Vati.
(VATER und Mutter wollen abgehen.)
SASCHA
Mutti hat mir noch keinen Guten-Nacht-Kuss gegeben!
MUTTER
Sascha?!
VATER
So, zum aller Allerletzten Mal:
MUTTER
(drängt sich zwischen Vater und Sascha)
Gute Nacht, Sascha. Und nun wirklich zum Allerletztem
Mal.
(küsst)
(VATER will abgehen.)
MUTTER
Und Vati hat jetzt keine Zeit dir einen Guten-Nacht-Kuss
zu geben. Sein Krimi geht weiter. Das ist wichtiger.
VATER
Gute Nacht, Sascha.
(küsst)
SASCHA
Nein. Drei Mal. So
(küsst drei Mal)
MUTTER
Das hat er in einem Film gesehen.
VATER
Gute Nacht Sascha.
(küsst drei Mal)
SASCHA
Gute Nacht, Vati.
VATER
Und wenn du nicht brav bist, dann darfst du morgen nicht
mit.
9
SASCHA
Das geht ja gar nicht. Ihr könnt mich ja gar nicht
zurücklassen.
MUTTER
So, du gehst jetzt. Durch diese Tür.
VATER
Und du kommst mit.
OMI
(von hinter den Kulissen)
Ah! Achim! Achim?!
(schaut herein)
Deinen blonden Schatz, jetzt will er sie auch noch
umbringen.
VATER
Wen?
OMI
Na die Gilla von Hendersleben.
VATER
Was?
(OMI verschwindet. Vater eilt ab.)
SASCHA
Wer ist die Gilla von Hendersleben?
MUTTER
(während sie die Decke aufschüttelt)
Eine Schauspielerin.
SASCHA
Hat die blonde Haare?
MUTTER
Ja. Gefärbt.
SASCHA
Die sind nicht echt?
MUTTER
Nein, an der ist nichts echt.
SASCHA
Und warum gefällt sie dann Vati?
MUTTER
So, und du darfst nun auf den Mond.
10
SASCHA
Auf den Mond?
MUTTER
Ja.
SASCHA
Und wann?
MUTTER
Jetzt gleich. Du darfst jetzt vom Mond träumen.
SASCHA
Träumen?
MUTTER
Ja.
SASCHA
Ja aber das ist nicht das Gleiche?!
MUTTER
Pst. Davon zu träumen ist noch viel schöner.
(entdeckt Buch im Bett und stellt es ins
Regal)
SASCHA
Ich schlafe schon ganz tief.
MUTTER
Noch etwas tiefer bitte. Und den Mund fest zumachen.
(macht Licht aus, schaut in die Wiege und
geht ab)
SASCHA
(macht Taschenlampe an)
Ich schlafe nicht. Ich werde nie mehr schlafen. Das
Schlafen ist so langweilig. Komm, wir schauen uns das
Buch über den Mond an.
(sucht mit Taschenlampe im Bett und dann
mit Lichtstrahl auf Regal)
Jetzt haben die das schon wieder aufgeräumt!
(SASCHA trägt FREDDY aus dem Bett und nimmt
Buch vom Regal.)
SASCHA
Das ist der erste Hund der in den Weltraum geschossen
wurde. Er hat aber nur für zwei Minuten überlebt.
11
1. AKT
2. Szene
(GUTE FEE tritt auf mit sich schlagartig
änderndem Licht. Sie hat gleiches Kleid an
aber mit langer Schleppe, ist geschmackvoll
mit Juwelen behangen und trägt ein Diadem
und eine andere Handtasche.)
GUTE FEE
Ich bin eine Fee, kommt nimmt meine Hand,
Und fort geht ´s...
(halt ein, sucht im Bett)
SASCHA
Fall Sie nach mir suchen, ich bin hier.
GUTE FEE
Komm, nimm meine Hand,
SASCHA
(unterbrechend)
An der Hand geh ich schon lange nicht mehr.
GUTE FEE
Und fort geht´s in ein Märchenland.
SASCHA
Und Märchen lese ich auch schon lange nicht mehr.
GUTE FEE
(schaut auf Regal, steigt auf Stuhl)
Und was ist das? Alles Märchenbücher? Eins, zwei, drei,
vier...
SASCHA
(einfallend)
Die heben wir für Rosanna auf. Wenn sie mal so weit ist.
GUTE NACHT
Rosanna?
SASCHA
Ja. Mein kleine Schwester. Sie ist 6 Monate und 5 Tage.
(GUTER FEE fallen unbeabsichtigt Bücher vom
Regal.)
SASCHA
Pst. Wir dürfen sie nicht aufwecken.
Vorsicht.
12
(SASCHA hilft GUTER FEE vom Stuhl. GUTE FEE
schaut in die Wiege, zieht Brille auf und
holt Papier aus ihrer Handtasche)
SASCHA
Vielleicht bist du hier falsch?
GUTE FEE
Sascha Hauser?
(legt Märchenbücher ab auf Bett)
SASCHA
Ja, das bin ich.
GUTE FEE
Einzelkind? Ah, da habe ich mal wieder die ganz falsche
Info bekommen. Das passiert heutzutage mehr und mehr. Wie
alt bist du? Ah, nein, das steht hier.
(nimmt Brille ab)
Entschuldigung. Ich hätte schon viel länger hier sein
sollen. Aber ich wurde aufgehalten. Ich hatte ein paar
ganz schlimme Fälle. Furchtbar verzogene, schlimme,
schlimme Kinder.
SASCHA
(wie "aus der Pistole geschossen")
Ich bin immer brav.
GUTE FEE
Ah, und sogar der Name falsch geschrieben.
SASCHA
Leidest du unter Stress?
GUTE FEE
(lächelnd)
Ja.
(ernster)
Ja. Als Gute Fee hat man kein leichtes Leben.
SASCHA
Vielleicht kann ich dir helfen?
GUTE FEE
(lacht)
Das ist
(streng)
Sehr lieb von dir.
(GUTE FEE streichelt SASCHA.)
SASCHA
Kannst du zaubern?
13
GUTE FEE
Zaubern?
SASCHA
Ja, du bist doch eine Fee.
GUTE FEE
(leicht eitel)
Ah, natürlich kann ich zaubern.
(beschwingt)
Ich bin eine Fee. Ich bin die Gute Fee.
(besorgt)
Sascha. Die Oberfee aller Bösen Feen wird gleich hier
sein.
(GUTE FEE nimmt SASCHA in den Arm)
GUTE FEE
Ich habe solche Angst um dich.
SASCHA
Ist die Böse Fee sehr hässlich?
GUTE FEE
Sie? Ahm? Sie ist nicht besonders attraktiv. Und sie hat
einen furchtbaren Geschmack.
SASCHA
Ich weiß schon was ich mir wünsche: eine Rakete.
GUTE FEE
Eine Rakete?
SASCHA
Ja. Du kannst doch zaubern. Oder ist das zu schwierig?
GUTE FEE
Ah, eine Rakete; nichts leichter als das.
SASCHA
Und eine Raumstation.
GUTE FEE
Eine Raumstation?
SASCHA
Ja. Gibt es Schokoladetabletten?
GUTE FEE
Schokoladetabletten?
SASCHA
Ja. Nugat. Nuss.
14
GUTE FEE
Nugat Nuss?
SASCHA
Ja! Für die Raumstation.
GUTE FEE
(fängt sich kurz)
Sascha, ich erfülle nur guten Kindern ihre Wünsche. Warst
du immer brav?
SASCHA
Kannst du sehen wenn ich lüge?
GUTE FEE
Ja, das kann ich. Warst du immer brav?
SASCHA
Nein; aber ich werde von nun an immer brav sein.
GUTE FEE
Das reicht nicht.
SASCHA
Muss ich viele Prüfungen machen?
GUTE FEE
(lacht)
Nein. Nicht viele.
(sehr ernst)
Nur eine: du musst versprechen mir immer treu zu sein.
Kannst du das? Versprechen?
SASCHA
Ja. Wart.
(zieht Indianerschmuck auf)
Ich schwöre. Darf ich jetzt auf den Mond?
GUTE FEE
Auf den Mond?
SASCHA
Ja!?
GUTE FEE
Ah, mit der Rakete. Jetzt komme ich mit. Aber Sascha?
Dein Vater und deine Mutti und deine Omi, die wollen
nicht auf den Mond? Die wollen nach Spanien, in die
Sonne? Und an den Strand?
SASCHA
Die kann ich ja noch überreden.
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GUTE FEE
Weißt du was? Wir machen einen Kompromiss. Wir fliegen
nach Griechenland. Wir machen einen klassischen
Bildungsurlaub.
SASCHA
Das ist ja noch langweiliger! Gibt es noch andere Feen?
GUTE FEE
Ah, tausende!
SASCHA
Vielleicht könnt ihr mir eine andere schicken.
GUTE FEE
Eine andere?
SASCHA
Ja. Oder gleich ein paar.
GUTE FEE
Gleich ein paar?
SASCHA
Sind alle Feen so alt wie du?
Du bist schon sehr alt.
GUTE FEE
Ich bin jung. Ich bin gerade erst -? 6tausend Jahre alt.
SASCHA
6tausend?
GUTE FEE
Ja. Die Welt gibt es seit 400 Millionen Jahre. Hier
steht´s irgendwo. Und was sind 6tausend Jahre verglichen
mit 4 Millionen?
SASCHA
Mit 400 Millionen! Du hast gesagt die Welt sei 400
Millionen Jahre alt.
GUTE FEE
4 oder 400. Gefällt dir mein Kleid?
SASCHA
Etwas moderneres würde mir besser gefallen.
GUTE FEE
Etwas moderneres.
SASCHA
Ja.
16
GUTE FEE
Gut. Dann ziehe ich mich eben um.
(will zügig abgehen)
SASCHA
(nachrufend)
Kannst du mir vorher etwas herzaubern?
GUTE FEE
Nugat Nuss.
SASCHA
Ja. Mit Likörfüllung.
(GUTE FEE zaubert mit leichter
Handgelenkbewegung. Büffet erscheint.)
SASCHA
Ist das alles für mich?
GUTE FEE
Ja.
SASCHA
Alles?
GUTE FEE
Ja. Du kannst davon essen so viel du willst.
SASCHA
Aber das sind ja nur Äpfel und Orangen?
GUTE FEE
Da, schau dir die schönen getrockneten Früchte an. Hier,
mit etwas Schafskäse.
SASCHA
(erschrocken)
Schafskäse?
GUTE FEE
Ah, sie ist im Anmarsch. Die Böse Fee.
FREDDY
Wauw. Wauw wauw wauw wauw wauw!
SASCHA
Freddy kann sie hören.
FREDDY
Wauw. Wauw wauw wauw wauw wauw!
17
SASCHA
Wo ist sie?
GUTE FEE
Man kann sie noch nicht sehen. Aber, ah, dieses Parfum.
Und dieses Getrampel wenn sie auftritt. Ich bin schon mal
gespannt was sie anhat. Aber ich glaube, ich kann es mir
schon denken.
(Süßigkeitsbuffet erscheint. BÖSE FEE
tritt im Eilschritt auf in noch engerem
Haute Couture Kostüm, mit noch größerer
Frisur und noch höheren Schuhen. Sie trägt
riesigen, bunten Modeschmuck und andere
Handtasche.)
BÖSE FEE
Eis! Pralinen!
(besprüht ihre Frisur mit Haarspray)
GUTE FEE
Spektakulär. Ja. Mein Kompliment. Ich entschuldige mich.
Sie haben auf sich warten lassen.
BÖSE FEE
Im richtigen Moment zu erscheinen, darauf kommt es an,
meine Liebe. Timing, sehr wichtig.
SASCHA
Ist das alles für mich?
(stopft sich Schokolade in den Mund)
GUTE FEE
Nicht mit den Fingern, Sascha.
SASCHA
Da ist kein Löffel.
GUTE FEE
Doch. Da.
SASCHA
Die Pralinen esse ich alle im Bett.
GUTE FEE
Sascha, du verschmierst doch alles.
SASCHA
Ist da was mit Likörfüllung?
BÖSE FEE
Ja. Und hier was ganz besonderes, Ein kleiner Bacardi.
(schenkt ein)
18
SASCHA
Das darf ich noch nicht. Das darf nur Omi.
BÖSE FEE
Weg da.
(BÖSE FEE überreicht SASCHA Bacardiglas)
BÖSE FEE
Jetzt bin ich an der Reihe.
Wir sind gleichberechtigt.
(GUTE FEE nimmt SASCHA Bacardiglas aus der
Hand und leert Inhalt in den Gummistock.)
BÖSE FEE
Und was für schlimme Sachen hat sie über mich gesagt?
Nein, lass mich raten: ich sei ganz, ganz schlimm. Mh?
Das hat sie über mich gesagt.
(lacht)
Aber du bist doch schon so erwachsen. Du kannst dir
selber eine Meinung bilden. Hier, ein paar getrocknete
Früchte. Mit etwas Ziegenkäse.
SASCHA
(erschrickt)
Ziegenkäse?
(Gummistock sinkt in sich zusammen.)
SASCHA
Brauch ich bei dir nie mehr zu schlafen?
BÖSE FEE
Nie mehr. Komm.
SASCHA
Wohin?
BÖSE FEE
Auf den Mond.
(GUTE FEE versucht Gummistock
aufzurichten.)
SASCHA
Auf den Mond?
BÖSE FEE
Ja. Komm.
(SASCHA rennt hinter BÖSER FEE her und dann
ab.)
19
GUTE FEE
Nein! Sascha!
(lässt Gummistock zu Boden fallen)
Sascha, komm zurück! Sascha!
(geht auf die Knie, faltet Hände)
BÖSE FEE
(mit Lachen einfallend)
Falls Sie die Götter anflehen, die sind alle auf Urlaub.
Für die nächsten tausend Jahre. Und meistens verlängern
sie ihren Urlaub. Und immer gleich für ein paar weitere
tausend Jahre.
(BÖSE FEE will lachend abgehen. SASCHA
kommt an ihr vorbei gerannt zurück.)
BÖSE FEE
Sascha, komm. Nein, lass den Hund hier.
SASCHA
Nein. Ohne Freddy gehe ich nicht.
BÖSE FEE
Freddy will nicht auf den Mond.
SASCHA
Doch, sie will mit.
FREDDY
Wauw wauw wauw wauw wauw wauw wauw!
SASCHA
Nicht bellen. Und Vati und Mutti wollen vielleicht auch
mitkommen.
BÖSE FEE
Deine Eltern wollen nicht auf den Mond.
SASCHA
Die kann ich ja noch überreden.
BÖSE FEE
Sascha,
GUTE FEE
(unterbrechend zu Böser Fee)
Einen Augenblick bitte.
Sascha, ich bin gleich zurück. Ich werde mich nur kurz
umziehen.
Ich überlasse den Kleinen nun Ihnen.
Sascha, bitte sei nicht zu grausam mit der Bösen Fee.
Ich hoffe, Sie haben einen guten Nervenarzt.
(geht ab)
20
BÖSE FEE
(hexenhaft)
Komm.
Ah, ich verstehe: du hast Angst.
SASCHA
Nein, ich habe keine Angst.
BÖSE FEE
Nein, lass den Hund hier.
SASCHA
Nein, ohne Freddy geh ich nicht. Ihr gefällt ´s nicht bei
Kleinmanns. Freddy muss zu Kleinmanns wenn wir nach
Spanien gehen und die haben eine Katze und die ist schon
sehr alt. Wir können uns nur Billigflüge leisten und da
darf sie nicht mit.
Die lassen sie nicht mit auf ´s Flugzeug.
Ich weiß was wir machen: wir gehen jetzt, wir drei, auf
den Mond, Freddy, du und ich und dann lassen wir alle
nachkommen. Nein, Omi, nehmen wir jetzt schon mit. Dann
können wir sehen ob das mit dem Sauerstopf klappt. Und
wenn wir nach 3 Tagen noch alle am Leben sind lassen wir
Muti nachkommen.
BÖSE FEE
Sascha.
SASCHA
Und Vati. Vati kann an den glatten Wänden rauf.
BÖSE FEE
Sascha,
SASCHA
Aber er kann trotzdem nicht fliegen.
Du musst jetzt lachen. Ich hab was lustiges gesagt. Komm,
jetzt lach mal richtig.
BÖSE FEE
Sascha, der Hund bleibt hier.
SASCHA
Nein? Freddy ist kein Problem? Weil sie braucht ja nicht
so viel Luft. Sie schläft ja immer nur. Aber mach die
Raumstation so groß wie möglich. Omi hat was gegen kleine
Wohnungen. Und wir dürfen nicht nur Schokoladetabletten
essen sonst leiden wir unter Vitaminmangel.
Vitaminmangel? Du weißt nicht was Vitaminmangel ist?
BÖSE FEE
Ich weiß was Vitaminmangel ist.
21
SASCHA
Hier leiden alle unter Vitaminmangel. Hier. 3 Wochen lang
hatten die nur eine Kokosmuss. Zu fünft. Und dann...
BÖSE FFEE
(unterbrechend, sehr laut)
Bis du nun endlich ruhig!
SASCHA
(nach kurzer Pause)
Und wo ist jetzt die andere?
BÖSE FEE
Die andere?
SASCHA
Ja? Die Gute Fee?
BÖSE FEE
Es gibt keine Gute Fee.
SASCHA
Doch. Die gibt `s. Ich habe sie gesehen. Sie hat mir eine
Raumstation versprochen.
BÖSE FEE
Eine Raumstation?
SASCHA
Ja. Und eine Rakete. Und das kannst du bestimmt nicht.
BÖSE FEE
(zu sich selber)
Eine Raumstation und eine Rakete. Das ist ja interessant.
So macht sie das.
Sascha, es gibt keine Gute Fee. Das hat du dir alles nur
eingebildet. Ich weiß: das hast du geträumt.
SASCHA
Ich kann ja gar nicht träumen. Weil ich kann ja gar nicht
schlafen. Ich habe mir das Schlafen abgewöhnt.
BÖSE FEE
(nachdem sie sich unter Kontrolle hat)
Komm, wir setzen uns ins Bett und essen die Pralinen
zusammen.
SASCHA
(macht Satz ins Bett)
Au ja.
BÖSE FEE
Oder möchtest du lieber ein paar getrocknete Früchte.
22
SASCHA
Aber das sei gesünder. Da hat sie Recht.
BÖSE FEE
Sascha, dieser Käse, der kommt nicht mal in den
Kühlschrank. Der bleibt einfach so offen liegen.
SASCHA
Das sind vielleicht gute Bakterien.
BÖSE FEE
Es gibt keine guten Bakterien.
SASCHA
Do die gibt´s.
(macht Satz aus dem Bett und holt Buch)
(GUTE FEE tritt von SASCHA und GUTER FEE
unbemerkt auf. Sie trägt kurzes
Indianerkostüm mit passender Handtasche und
anstatt Diamanten Indianerfedern.)
SASCHA
Diese fleischfressende Pflanze...
BÖSE FEE
(unterbrechenden, sehr laut)
Ich möchte nichts mehr über Bakterien hören!
SASCHA
Du hast damit angefangen.
BÖSE FEE
(nachdem sie sich unter Kontrolle hat)
Komm, die essen wir alle auf.
SASCHA
Au ja.
(macht Satz ins Bett)
Aber du darfst ihr nichts davon sagen.
BÖSE FEE
Aber natürlich nicht. Das bleibt unter uns.
Was ist los? Was hast du?
SASCHA
Nichts.
BÖSE FEE
Sascha?
SASCHA
Was soll los sein?
23
BÖSE FEE
Du kannst mir alles sagen. Wir verstehen uns doch so gut.
SASCHA
Die andere Fee sieht schöner aus.
BÖSE FEE
Sie sieht schöner aus als ich?
SASCHA
Ja. Und ihr Kleid ist auch viel schöner.
BÖSE FEE
Sie ist besser angezogen als ich? Diesen Fetzen den sie
da anhat?!
(SASCHA erschrickt.)
GUTE FEE
Gute Appetit.
SASCHA
Ah, jetzt habe ich mich doch anders entscheiden. Das
andere Kleid ist schöner.
GUTE FEE
Dann soll ich mich wieder umziehen.
SASCHA
Ja, wenn es dir nichts ausmacht.
GUTE FEE
Natürlich macht mir das nichts aus.
SASCHA
Weil das gefällt mir überhaupt nicht.
(BÖSE FEE steht vom Bett auf und zupft sich
zurecht.)
GUTE FEE
Ja, so angezogen ins Bett sitzen, das zerknittert
furchtbar.
BÖSE FEE
Hier. Da hängt ein Spiegel. Und mein guter Rat an Sie
ist: nur einmal bitte kurz mal in diesen Spiegel zu
schauen. Hier. Bitte.
GUTE FEE
Danke sehr.
(beschaut sich im Spiegel)
24
BÖSE FEE
Das totale Modedesaster; das Sie uns da vorspielen.
GUTE FEE
Ja, Sie haben Recht. Ich sehe unmöglich aus. Gut. Dann
ziehe ich mich eben wieder um. Ich bin gleich zurück.
BÖSE FEE
Und ich bin auch gleich zurück. Und dann ziehe ich die
Samthandschuhe aus.
GUTE FEE
Und Boxhandschuhe an. Ja. Und das passt dann auch viel
besser zu diesem Kostüm.
(geht ab)
BÖSE FEE
Ah.
(stürmt ab)
SASCHA
(zu Freddy)
Und wer gefällt dir besser? Die Gute Fee, die sah
unmöglich aus. Die sah aus wie so ´n Gänsebraten.
glaube, das stimmt nicht, dass die nur 6000 Jahre
ist. Sie ist vielleicht schon über hunderttausend
Vielleicht auch schon über eine Million.
gerade
Ich
alt
Jahre?
GUTE FEE
(kommt vorsichtig zurück ohne
Indianerschmuck in großen Umhang gehüllt
mit passender Handtasche.)
Sascha, das hättest du nicht tun sollen. Du hast gesagt
ich sei schöner als sie. Du hast gesagt sie sei hässlich
und habe einen furchbaren Geschmack. Du hat natürlich
total recht.
SASCHA
Ahm, wenn wir auf den Mond fliegen, kommst du dann mit?
GUTE FEE
Nein. Aber nach Spanien würde ich gerne mitkommen.
Lädst du mich ein?
SASCHA
(nach kurzer Pause, verlegen)
Ja.
GUTE FEE
Das ist sehr lieb von dir. Vielen Dank. Und nun schläfst
du etwas. Weißt du, Vati und Mutti können sich nur
Billigflüge leisten. Und darum müsst ihr mitten in der
Nacht los. Und darum musst du jetzt schlafen.
25
(GUTE FEE führt SASCHA an der Hand Richtung
Bett.)
SASCHA
Ich brauche ja gar nicht zu schlafen. Ich schlafe nie.
GUTE FEE
Nie?
SASCHA
Nein. Ich habe mir das Schlafen abgewöhnt.
GUTE FEE
Ah, das ist ja interessant. Und wie macht man das?
SASCHA
Ich kann überhaupt nicht schlafen. Ich habe noch nie
geschlafen. Ich weiß gar nicht wie das geht.
GUTE FEE
Sascha, wir sind nun am Bett angekommen. Und nun aber
nichts wie rein.
SASCHA
Ich lege mich aber nur hin.
GUTE FEE
Natürlich.
SASCHA
Weil ich kann ja gar nicht schlafen.
GUTE FEE
Pst. Sonst weckst du dein Schwesterchen auf.
Gute Nacht.
SASCHA
(nachrufend)
Mutti gibt mir immer einen Guten-Nacht-Kuss.
(GUTE FEE hält ein, kommt zurück und will
Sascha küssen. FREDDY knurrt.)
SASCHA
Du brauchst keine Angst vor ihr zu haben. Sie ist OK.
GUTE FEE
Gute Nacht.
(küsst, geht Richtung Tür)
26
SASCHA
(nachrufend)
Mutti hat mir heute 5 oder 6 Gute-Nacht-Küsse gegeben.
Oder vielleicht sogar noch mehr.
(GUTE FEE hält ein, kommt zurück und
streichelt und küsst seine Hände.)
GUTE FEE
Hat sie dich geküsst? Die Böse Fee?
SASCHA
Nein.
(GUTE FEE streichelt und Saschas Haar.)
GUTE FEE
Und du? Kannst du dich erinnern was du mir geschworen
hast? Der tapfere Winnipu...
SASCHA
(einfallend)
Wer?
GUTE FEE
Winnipu.
SASCHA
Winnetou!
GUTE FEE
Der tapfere Winnetou würde nie sein Versprechen brechen.
Und du hast versprochen mit immer treu zu sein. Kannst du
dich? daran erinnern?
(SASCHA springt aus dem Bett.)
GUTE FEE
Sascha? Wo gehst du jetzt hin?
SASCHA
Mein Lasso.
GUTE FEE
Du brauchst jetzt kein Lasso.
SASCHA
Doch. Das ist wichtig.
(schwingt Lasso)
GUTE FEE
Vorsicht.
27
SASCHA
Mein Indianerschmuck! Dort! Nein, den!
(GUTE FEE setzt SASCHA Indianerschmuck
auf.)
SASCHA
Das ist falsch rum!
Nein. So.
Ich schwöre.
GUTE FEE
Ja? Dir immer treu zu sein.
SASCHA
Dir immer treu zu sein.
GUTE FEE
Und hier unterschreiben bitte.
(holt Papier und Kuli aus ihrer Handtasche)
SASCHA
(unterschreibt)
Sascha. Hauser.
GUTE FEE
Danke sehr.
(lässt Papier in Handtasche verschwinden
und schließt diese mit lautem Klick)
Und nun versprichst du zu schlafen. Nein: du schwörst.
SASCHA
Nein, ich schlafe ohne zu schwören.
GUTE FEE
Bitte.
SASCHA
Ich schwöre.
GUTE FEE
Gute Nacht.
SASCHA
Ich schlafe schon ganz tief.
GUTE FEE
Pst.
(mit erhobenen Armen)
Mein Segen
Für dein kurzes, kurzes Leben.
28
(GUTE FEE weint fast beschaut sich dann mit
geöffnetem Umhang kurz und bestürzt im
Spiegel und geht danach schnell ab.)
SASCHA
(schießt sofort auf)
Komm, wir schlafwandeln zusammen. Schlafwandeln dürfen
wir. Nein, zum Schlafwandeln musst du die Augen
zumachen. Wir fliegen vielleicht heute noch auf den Mond.
FREDDY
Wauw wauw wuaw wauw wauw!
SASCHA
Nein. Nicht bellen.
FREDDY
Wauw wauw wauw wauw wauw wauw wauw wauw, wauw wauw wauw!
(MUTTER kommt herein.)
MUTTER
Was ist denn hier los? Jetzt aber ab ins Bett. Die arme
Freddy. Was hat sie denn? Du weißt was der Tierarzt
gesagt hat: do sollst sie nicht mehr so herum ziehen mit
dir. Nein, zum Schlafen brauchst du kein Lasso. Vorsicht,
du zerdrückst doch die ganzen Federn.
(VATER kommt herein.)
MUTTER
Was tun den die ganzen Bücher hier?
SASCHA
Die hat die Gute Fee aus dem Regal.
VATER
Ach, die Gute Fee war das? Das warst nicht du?
SASCHA
Nein, das war ich nicht. Das war die Gute Fee.
VATER
Dann müssen wir mit der Guten Fee mal ein ernstes
Wörtchen reden. So einen Saustall hier zu machen.
MUTTER
Du hast von der Guten Fee geträumt?
SASCHA
Nein! Sie war hier?! Und die Böse Fee auch!
29
MUTTER
Und wer hat dir besser gefallen? Die Gute oder die Böse
Fee?
SASCHA
Ahm, da bin ich mir noch nicht ganz sicher.
VATER
Wenn der jetzt nicht sofort schläft dann ist er morgen
noch eine größere Plage. Und ich habe schon eine Plage.
Deine Mutter. Die Überplage.
MUTTER
Leise.
VATER
Den ganzen Krimi über hat sie gequakt. Sie hat nichts
mitbekommen. Und dann will sie? mir auch noch erklären
was passiert ist?
MUTTER
Statt dir diesen Blödsinn anzuschauen solltest du dich
lieber auch ein paar Stunden hinlegen.
SASCHA
Will Vati auch nicht ins Bett?
VATER
Ich weiß wie wir den ruhig bekommen. So haben Indianer
ihre Feinde gefesselt.
(fesselt je ein Händchen ans Bett)
SASCHA
Und dann haben sie sie gefoltert.
VATER
Dass kommt noch.
MUTTER
Achim, bitte.
SASCHA
Wirst du auch von Vati gefoltert, Mutti?
VATER
Komm.
MUTTER
Nein. Wir können ihn doch nicht hier - einfach so lassen?
Ans Bett gefesselt?
VATER
Nur für 5 Minuten.
30
MUTTER
Achim, nein.
VATER
(zieht Indianerschmuck auf)
Wir spielen: Indianer am Marterpfahl! Nein, jetzt wird
richtig gespielt.
(VATER führt Mutter ab.
GUTE FEE kommt hereingeeilt im Bademantel
mit weiser Gesichtsmaske, gefolgt von BÖSER
FEE im Jogging-Look und noch größerer
Frisur.)
GUTE FEE
Wer hat das getan?
SASCHA
(erschrickt wegen Gesichtsmaske)
Ah!
GUTE FEE
Ich bin´s Sascha. Wer hat das getan?
GUTE FEE
Vati.
BÖSE FEE
Familie Schrecklich. Ich sag´s ja.
SASCHA
Nein, lass. Wir spielen Indianer am Marterpfahl.
(GUTE FEE bindet SASCHA los und bleibt bis
zum Ende der Szene mit Rücken zu Publikum.)
GUTE FEE
Ganz abgestorben.
(massiert)
Sascha, ich kann deinen Vater fast verstehen.
Kommt Sie auch mit nach Spanien? Das geht Ihnen unter
Ihrer ins riesenhaft gewachsener Frisur durch den Kopf. Soll diese Frisur das Empire State Building darstellen?
Nein. Eher den schiefen Turm von Pisa. Da haben sie
Pferdehaar mit hinein gearbeitet. Jetzt fehlt nur noch
das Pferdeparfüm. - Natürlich komme ich mit nach Spanien.
Ich mache mich gerade zur Reise fertig.
BÖSE FEE
Und ich mache mich auch gerade zur Reise fertig.
31
GUTE FEE
(zu SASCHA)
Ich bin gleich zurück.
BÖSE FEE
Gleich zurück? Diese Gesichtsmaske? Das ist Schmalz?
Griebenschmalz?
GUTE FEE
Mit Chanel Nr. 5.
BÖSE FEE
Und Staubzucker? Das Abzuwaschen, das braucht eine Stunde
Minimum.
GUTE FEE
Bei Ihnen. Wenn es sein muss bin ich auch in 5 Minuten
fertig.
(geht ab)
BÖSE FEE
Ah.
(eilt ab)
(MUTTER kommt hereingeeilt gefolgt von VATER
gefolgt von MUTTER.)
MUTTER
Nein, ihr habt jetzt ausgespielt.
OMI
Was ist jetzt schon wieder los?
MUTTER
Du, der ist schon wieder frei?
VATER
Wie hast du das fertig gebracht?
SASCHA
Das war nicht ich. Das war die Gute Fee.
VATER
Du bekommen wir die auch mal zu sehen?
(bindet)
Warum kommt die immer nur zu dir?
So, mal sehen ob die Gute Fee das aufbekommt
SASCHA
Ah!
32
MUTTER
Nein!
(entbindet mit Hilfe von Schere)
OMI
Sagt mal: rein raus, raus rein? Diese Unruhe in diesem
Haus. Könnt ihr euch nicht mal ruhig hinsetzen und euch
wie zwei normale Menschen benehmen? Ich glaube es wird
Zeit, dass ihr mal ein bisschen Rücksicht auf mich nehmt.
Na das kann ja heiter werden in Spanien. Ich in meinem
Alter brauche auch manchmal ein bisschen Ruhe. Ihr wisst
was der Arzt gesagt hat?
SASCHA
Wir spielen Indianer am Marterpfahl.
VATER
Möchtest du mitspielen, Hannelore?
SASCHA
Und wie wird Omi gefoltert?
VATER
Oh, ich hab ein paar ganz tolle Ideen.
OMI
Jetzt wird mir in diesem Hause schon angedroht mich zu
ermorden.
SASCHA
Nein! Vati will dich nur foltern. Am Marterpfahl.
OMI
Na da bin ich ja noch mal beruhigt.
(stürmt ab)
MUTTER
Musst du immer so mit ihr reden?
MUTTER
Mutti!
(MUTTER eilt ab gefolgt von VATER.)
SASCHA
Komm, wir verstecken uns im Schrank. Nein, wart. Das bist
du. Und das bin ich.
(Dinosaurier Steiftier und Fußball)
Jetzt sieht ´s so aus als ob wir im Bett liegen. Und wenn
sie und nicht finden, dann machen sie sich Sorgen.
(SASCHA und FREDDY verschwinden im Schrank.)
33
1. AKT
3. Szene
(GUTE und BÖSE FEE kommen gleich angezogen
gleichzeitig aus verschiedenen Richtungen
auf die Bühne geeilt halten abrupt ein und
begutachten sich.)
GUTE FEE
Darf ich Ihnen einen Guten Ratschlag geben?
BÖSE FEE
Aber natürlich. Guten Rat auszuteilen ist ihr
Steckenpferd. Da will ich Ihnen doch nicht den Spaß
verderben. Schießen Sie los. Aber Sie sind gewarnt: ich
schieße zurück.
GUTE FEE
Nicht was man anhat wie man es trägt macht den Effekt.
Stil, Benehmen, das ganze "tous ensemble"
(beschaut sich im Spiegel)
Und das man eben oder man hat es nicht. Wenn Sie bitte
Ihre Person etwas zur Seite stellen würden.
(GUTE FEE drängt BÖSE FEE leicht zur Seite.)
GUTE FEE
Danke sehr.
(beschaut sich im Spiegel)
Und Sie haben es definitiv nicht.
BÖSE FEE
Da wir beim...
GUTE FEE
(unterbrechend)
Ich bin noch nicht fertig. Ich habe noch viele, viele
gute Ratschläge für Sie.
BÖSE FEE
Ah, noch mehr Ratschläge?
GUTE FEE
Ja. Ich meine es heute besonders gut mit Ihnen.
BÖSE FEE
Ach das freut mich aber.
GUTE FEE
Gut. Dann wollen wir Ihnen noch ein wenig mehr Freude
bereiten. Und mein Guter Ratschlag ist: ein kleiner Apfel
hier und da und etwas weniger Nugat Nuss und mein Kleid
34
GUTE FEE
(fortgesetzt)
würde Ihnen unter Umständen vielleicht wenigstens ein
wenig stehen.
BÖSE FEE
Ihr Kleid?
GUTE FEE
Ja. Mein Stil, mein Geschmack den Sie zu kopieren
versuchen, mit so unglücklichem Resultat.
BÖSE FEE
Wie soll ich mir das alles nur merken?
GUTE FEE
Wird alles ausgedruckt für Sie.
(zaubert mit leichter Handbewegung, Drucker
fängt zu drucken an)
Die moderne Technik. Phantastisch. Finden Sie nicht auch?
BÖSE FEE
Da wir so schön beim Guten Rat austeilen sind will ich...
GUTE FEE
(unterbrechend)
"mich nicht zurückhalten." Ja. Natürlich.
BÖSE FEE
Bitte sagen Sie Ihrer Person:
GUTE FEE
(unterbrechend)
Das sich Zurückhalten, das haben Sie bisher noch nie
fertiggebracht.
BÖSE FEE
Bitte sagen Sie Ihrer Person:
GUTE FEE
(unterbrechend)
Überhaupt noch nie.
BÖSE FEE
Bitte sagen Sie Ihrer Person:
GUTE FEE
(unterbrechend)
Ja bitte? Sie wollten mir etwas sagen?
35
BÖSE FEE
(nach kurzer Pause)
Bitte sagen Sie Ihrer Person: das hier ist Familie
Schrecklich aus Berlin. Und das hier ist ein ganz
verwöhntes Früchtchen...
GUTE FEE
Sascha, er ist ein so liebes Kind.
(beugt sich über Bett und hat von Böser Fee
unbemerkt Fußball in der Hand)
GUTE FEE
Nein. Lassen Sie. Er schläft gerade so gut.
BÖSE FEE
... und ich werde mich ab heute um diese Familie kümmern.
Und zwar ausschließlich.
(BÖSE FEE besprüht ihre Frisur mit Haarspray
vor Spiegel während GUTE FEE Dinosaurier
Steiftier in der Hand hält.)
GUTE FEE
Ach? Ausschließlich? Wir sind gleichberechtigt.
(versteckt Steiftier unter Bettdecke)
BÖSE FEE
Das sind wir. Ja. Aber im Falle Hauser heute: Nein. Hier:
Meine offizielle Vollmacht. Ab heute bin ich für Familie
Hauser zuständig. Und zwar ausschließlich.
(geht durch ihre Handtasche, es fallen Dinge
aus dieser)
Einen Augenblick.
(GUTE FEE hilft aufzulesen.)
BÖSE FEE
Wie üblich bin ich Ihnen einen Schritt voraus.
(wühlt in ihrer Handtasche)
GUTE FEE
Bis jetzt sind Sie eher ein paar Kilometer zurück.
(GUTE FEE übergibt BÖSER FEE aufgelesenes.)
BÖSE FEE
Danke sehr.
GUTE FEE
Vielleicht suchen Sie das da. Da sehe ich was größeres.
BÖSE FEE
Einen Augenblick. Ah ja. Hier.
36
GUTE FEE
Endlich.
BÖSE FEE
Meine offizielle Vollmacht. Kinderheim,
Hochsicherheitstrakt; für die Omi... Hier, unterschreiben
von der Göttin der Gerechtigkeit persönlich. Ja,
unterschrieben von Ihrer Vorgesetzten persönlich. Kurz
bevor sie in Urlaub ging. Für die nächsten tausend Jahre.
Und sie verlängert immer ihren Urlaub. Ich glaube, ich
habe sie noch nie richtig arbeiten sehen. Hier: meine
offizielle Vollmacht.
GUTE FEE
Bitte kein Melodrama.
BÖSE FEE
Unterschrieben von Ihrer Vorgesetzten persönlich. Ah, und
gutgeheißen. Hier, ein handschriftlicher Vermerk. Und
hier ein kleiner Nachtrag: diesen Hund, diesen faulen
Schmarotzer, den lass ich Kleinmanns Katze auffressen.
Die arme, kranke Katze von nebenan.
GUTE FEE
Und auch gutgeheißen von meiner Vorgesetzten.
BÖSE FEE
Ja. Möchten Sie sehen? Hier. Bitte.
(BÖSE FEE streift zurückweichender GUTEN FEE
mit Vollmacht fast das Gesicht.)
GUTE FEE
Freddy frisst keine Katzen.
BÖSE FEE
Dann lasse ich den woanders zubeißen. Und für die Kleine,
für die denke ich mir noch was aus.
(ROSANNA fängt zu heulen an. GUTE FEE stellt
ihre Handtasche ab und nimmt ROSANNA
tröstend aus der Wiege.)
BÖSE FEE
Und hier eine Kopie für Sie; meiner offiziellen
Vollmacht. Habe ich extra für Sie anfertigen lassen.
GUTE FEE
(immer noch tröstend)
Danke sehr.
BÖSE FEE
Ich tu ´s in Ihre Handtasche.
37
(BÖSE FEE schließt Handtasche mit lauten
Klick auf den GUTE FEE kurz reagiert.)
BÖSE FEE
Und nun befehle ich Ihnen die Bühne mir zu übergeben,
augenblicklich abzugehen und sich heute hier nicht mehr
sehen zu lassen.
(GUTE FEE legt ROSANNA ein wenig zu abrupt
zurück in die Wiege.)
BÖSE FEE
Das gerade war Ihr letzter Auftritt.
GUTE FEE
(erreicht kurz fast bösartigen Ausdruck mit
Gesicht und Händen; fängt sich)
Familie steht unter meinem persönlichen Schutz.
BÖSE FEE
Und Ihre Vollmacht?
GUTE FEE
Die werde ich mir hinterher ausstellen lassen.
BÖSE FEE
Ich werde ein Disziplinarverfahren gegen Sie beantragen.
Und einleiten. Auf höchster Ebene. Beantragen und
einleiten.
GUTE FEE
(gähnt)
Entschuldigung. Aber Sie haben diesen Effekt auf mich.
Und müssen Sie sich immer so verschnörkelt und
umständlich ausdrücken? Das würde ich mir abgewöhnen an
Ihrer Stelle.
(zaubert)
(Drucker fängt zu drucken an.)
GUTE FEE
Das war gerade noch mal ein kleiner Ratschlag von mir.
(Drucker hört nicht zu drucken auf. GUTE FEE
zaubert ohne Erfolg.)
BÖSE FEE
Ja, die moderne Technik.
(bringt Drucker mit Fußstampfer zur Ruhe)
Eine Ihrer vielen, vielen Schwächen.
GUTE FEE
Adieu.
38
BÖSE FEE
Einen Augenblick bitte.
Ich habe noch eine kleine Bitte an Sie.
GUTE FEE
Ah?
BÖSE FEE
Darf? ich?
Das "sich kurz ausdrücken". Könnten Sie mir das bitte mal
vormachen. Ich möchte das so gerne von Ihnen lernen.
Ich war.te.
GUTE FEE
Er liebt mich.
BÖSE FEE
Wer? Dieses Früchtchen?
GUTE FEE
(lacht verliebt)
Er liebt mich.
BÖSE FEE
Bitte reden Sie weiter.
GUTE FEE
Nein Danke. Das ist alles das ich zu sagen habe.
BÖSE FEE
Er liebt Sie. Davon habe ich bisher noch nichts bemerkt.
GUTE FEE
Er weiß auch noch nichts davon.
BÖSE FEE
Sie und die Gute Fee, das ich nicht lache.
GUTE FEE
Bitte nicht.
(hält sich die Schläfen)
BÖSE FEE
Sie sind eingebildet, besser wissend. Inkompetent? Warum
kann das niemand sehen? Warum?!
In diesem Indianerkostüm hätten Sie wie ein Gänsebraten
ausgesehen. Das hat der Kleine gesagt.
(lacht)
"Wie ein Gänsebraten". Und da hatte er ja auch Recht. Das
müssen Sie zugeben.
Er meint Sie seien ein paar Hundertausend Jahre alt.
"Vielleicht auch schon über eine Million".
(lacht)
39
(GUTE FEE tritt auf BÖSER FEE´S Kleid.)
BÖSE FEE
Ah.
(verliert einen Fetzen ihres Kleides)
GUTE FEE
Ah, jetzt bin ich auf Ihr Kleid getreten. Entschuldigung.
Das ist ein ganz delikates Material. Man muss sich darin
zu bewegen wissen.
(knallt mit Löffel Schokoladen Mouse auf
Böser Fee ´s Rücken.)
BÖSE FEE
Ah.
GUTE FEE
Entschuldigung. Einen Augenblick bitte.
(reibt mit Serviette Schokoladen Mouse in
Böser Fee ´s Kleid.)
GUTE FEE
Geht nicht mehr raus. Total ruiniert. Sie müssen sich
umziehen.
BÖSE FEE
Ich bin gleich zurück.
GUTE FEE
Einen Augenblick bitte.
(hält ausgedrucktes in der Hand)
BÖSE FEE
Ah.
(will ab stürmen)
(GUTE FEE tritt BÖSER FEE noch einmal auf ´s
Kleid. BÖSE FEE verliert weiteren Fetzen.)
BÖSE FEE
Ah!
(stürmt ab)
GUTE FEE
Sascha, komm aus dem Schrank raus. Sascha.
(öffnet Schranktür)
SASCHA
(wacht auf)
Sind wir schon in Spanien?
GUTE FEE
Ah, so zusammengekrümmt zu schlafen.
40
SASCHA
Wir haben nicht geschlafen. Wir haben trainiert.
GUTE FEE
Trainiert?
SASCHA
Ja. In einer Rakete ist es genau so eng. Möchtest du mit
trainieren?
GUTE FEE
Nein Danke.
SASCHA
Da ist noch genügend Platz für dich.
GUTE FEE
Nein Danke.
SACHA
Komm, wir rücken alle ganz eng zusammen.
GUTE FEE
Ah, und Freddy. Sascha? Sie wird älter? Du sollst sie
nicht immer so herumziehen mit dir.
(streichelt Freddy)
Was stellt der mit dir immer nur so an.
(beschaut gelangweilt Bücher im Regal)
(Pause)
SASCHA
Da kannst du dir jedes Buch nehmen das du willst. Und ich
habe hier über 250GB gespeichert. Ich habe über 50 Filme
nur über Haifische.
Die können wir uns alle zusammen anschauen.
(GUTE FEE nimmt Buch aus Regal.)
SASCHA
Das Buch ist über Raumfahrttechnik. Das ist mein
Lieblingsbuch. Das sind Galaxien.
GUTE FEE
Ah, dieser Sternenhimmel. Was für ein schönes Bild.
SASCHA
Nein! Das sind Galaxien? Du weißt nicht was ´ne Galaxie
ist?
GUTE FEE
Natürlich weiß ich was eine Galaxie ist.
41
SASCHA
Was ist dann eine Galaxie? Siehst du, du weist das
nämlich nicht.
GUTE FEE
Natürlich weiß ich was eine Galaxie ist. Eine Galaxie ist
-? irgendwo irgendwas.
(nimmt weiteres Buch vom Regal)
SASCHA
Das ist alles über Haifische. Aber nur über die
gefährlichsten die es gibt. Ich habe sogar einen Film da
wird einem Surfer von einem Haifisch der Kopf abgebissen.
Das darf man gar nicht runterladen. Vati und Mutti wissen
nichts davon.
(GUTE FEE nimmt anderes Buch in die Hand.)
SASCHA
Das ist über Vulkane. Der Vulkan explodiert nur alle 500
Jahre. Und bald ist es wieder so weit.
Ist da nichts dabei das dich interessiert?
GUTE FEE
Nein.
SASCHA
Überhaupt nichts?
GUTE FEE
Überhaupt nichts.
(schaut auf Regal; steigt auf Stuhl um Buch
zu erreichen; es fallen ihr dabei Bücher vom
Regal)
SASCHA
Die sind alle ganz langweilig.
(holt Buch aus Regal)
Das ist der erste Hund der in den Weltraum geschossen
wurde.
FREDDY
Wauw wauw wauw wauw wauw!
GUTE FEE
Freddy.
FREDDY
Wauw wauw wauw wauw wauw!
GUTE FEE
(überschneidend)
Freddy! Bitte.
42
GUTE FEE
(fortgesetzt, liest vor)
So traurig, diese Geschichte:
Es war einmal ein kleiner Fisch und der liebte einen
Vogel. Und das Vöglein sagte: du musst immer nur ganz
fest hoffen und ein Wunder wird geschehen. Und der kleine
Fisch hoffte. Er hoffte und hoffte. Sein ganzes Leben
lang...
SASCHA
(unterbrechend)
Ich bin aber nicht an kleinen Fischen interessiert!
43
1. AKT
4. Szene
(MUTTER und VATER kommen herein. GUTE FEE
sucht nach Taschentuch in ihrer Handtasche,
findet nichts und wischt dann ihre Tränen
mit dem Ärmel ihres Kleides ab.)
VATER
Wie ich das 7 Tage lang in Spanien mit der aushalten
soll?
MUTTER
Pst! Das schaffst du. Sie hat auch ihre guten Seiten.
VATER
Warum zeigt sie die dann nicht? Warum versteckt sie dir
vor mir? Lass ihn, er schläft.
MUTTER
Du, der is´ weg.
SASCHA
Nein. Ich bin hier.
MUTTER
Sascha? Was machst du denn auf dem Boden? Und was tun die
ganzen Bücher hier?
VATER
Und das da? Der Saustall?
(zeigt auf aus Regal gefallenen Büchern)
War das schon wieder die Gute Fee?
SASCHA
Ja! Aber das stimmt nicht was sie gesagt hat. Sie hat
gesagt die Welt sei 400 Millionen Jahre alt.
(BÖSE FEE kommt herein. Sie trägt Mittelding
zwischen Haute Couture und Feen Look.)
BÖSE FEE
Die Welt ist 4 1/2 Milliarden alt und 43 Tage.
SASCHA
Stimmt das?
GUTE FEE
Das wird schon stimmen.
44
SASCHA
Aber dann hast du dich ja um über 4 Milliarden Jahre
verrechnet? Musstest du nie Prüfungen machen?
GUTE FEE
Doch. Aber das war vor tausenden von Jahren. Und Zahlen,
das war noch nie meine Stärke.
SASCHA
Sie hat sich um über 4 Milliarden Jahre verrechnet?
MUTTER
Wer hat sich verrechnet?
SASCHA
Die Gute Fee?!
(GUTE FEE steht in eleganter mit Rücken zu
Publikum.)
MUTTER
Du hast von der Guten Fee geträumt.
SASCHA
Nein! Sie ist hier! Es gibt auch eine Böse Fee. Es gibt
tausende von Feen. Aber nur zwei sind gekommen.
(flüsternd)
Das ist die Böse Fee.
BÖSE FEE
Angenehm.
SASCHA
(flüsternd)
Sie ist die Oberfee aller Bösen Feen. Aber sie sagt, das
sei genau anders rum.
(MUTTER sieht GUTE FEE und begutachtet deren
Kleid.)
BÖSE FEE
Bitte entschuldigen Sie, dass ich Sie hier so unangemeldet überfalle.
SASCHA
Und das ist die Gute Fee.
BÖSE FEE
Ah, jetzt tut sie wieder so geheimnisvoll. Dieses
affektierte, eingebildete Benehmen.
VATER
Guten Abend.
45
GUTE FEE
Ich hätte die Bücher ins Regal zurückstellen sollen. Ich
entschuldige mich.
VATER
(verlegen)
Nein, nein...
GUTE FEE
(zu Mutter)
Mein Kleid. Es gefällt Ihnen?
MUTTER
Ja.
GUTE FEE
Ah, ich bin ganz verliebt in dieses Kleid.
MUTTER
Ich weiß nicht ob mir das stehen würde? Was für Material
ist das?
GUTE FEE
Ich weiß selber nicht richtig.
Bitte.
MUTTER
(fühlt Stoff)
Es fühlt sich himmlisch an.
GUTE FEE
Ja. Und auch so angenehm zu tragen. Ich weiß was Ihnen
stehen würde.
MUTTER
Ja?
GUTE FEE
(immer noch zu Mutter)
Einen Augenblick bitte. Entschuldigung. Formalitäten.
(stellt sich zurück in Pose)
Nur wer weinen und lachen kann, kann mich sehen!
SASCHA
Müssen wir jetzt alle eine Prüfung machen?
GUTE FEE
Ja.
VATER
Ich kann lachen und weinen. Über deine Mutter kann ich
gleichzeitig lachen und weinen. So weit hat sie mich
gebracht.
46
SASCHA
Hat Vati die Prüfung bestanden?
GUTE FEE
Auf Bewährung.
SASCHA
(zu Vater)
Sie ist 6tausend Jahre alt. Sagt sie. Sie kommt mit uns
auf den Mond.
MUTTER
Auf den Mond?
GUTE FEE
Sascha.
SASCHA
Ja. Aber da wisst ihr noch nichts davon. Ich muss euch
zuerst noch überreden. Ich habe schon eine Raumstation
organisiert. Sie hat mir eine versprochen.
GUTE FEE
Sascha, ich habe nur die Möglichkeit angedeutet...
SASCHA
(unterbrechend)
Nein, du hast mir eine versprochen.
VATER
Ich habe eine Idee. Wir schießen deine Omi auf den Mond.
Und dann kann sie uns erzählen wie ´s dort oben war.
Falls sie wieder zurückkommt.
SASCHA
Ja, weil wenn sie in die andere Richtung fliegt, dann
fliegt sich durch den Weltraum immer weiter weg.
VATER
Das gefällt ihr vielleicht.
SASCHA
Aber irgendwann geht der Sauerstoff aus und sie hat
nichts mehr zu essen.
VATER
Dann klappt das endlich mal mit Ihrer Diät.
GUTE FEE
Die Bewährung läuft nicht besonders gut.
(OMI schaut herein)
47
OMI
Habt ihr ´ne Party hier? Bin ich eingeladen? Ute: es ist
5 nach 12. Und niemand hat mit mir angestoßen.
MUTTER
Mutti, um Gottes Willen.
OMI
Seit 5 Minuten sitze ich da draußen, mutterseelenallein.
An meinem Geburtstag.
MUTTER
Mutti, es ist so viel los hier?
OMI
Was soll denn hier los sein?
SASCHA
Die Gute und die Böse Fee sind gekommen.
OMI
Wie bitte?
SASCHA
Die Gute und die Böse Fee.
OMI
Von was redet der? Ich verstehe kein Wort. Der geht schon
so richtig nach seinem Vater.
MUTTER
Mutti, bitte.
OMI
Nein, das musste mal gesagt sein.
MUTTER
Das hast du heute Abend schon mindestens fünf Mal gesagt.
OMI
Ach du hast gezählt? Ja, das habe ich heute Abend schon
mindestens 5 Mal gesagt. Ich habe mich zurück gehalten.
MUTTER
Komm, wir stoßen jetzt an.
OMI
Nein, jetzt ist es zu spät. Nächstes Jahr vielleicht.
MUTTER
Mutti.
48
OMI
Nächstes Jahr habe ich auch wieder Geburtstag. Wenn ich
dann noch am Leben bin.
ACHIM
Hast du vor uns zu verlassen, Hannelore?
MUTTER
Herzlichen Glückwünsch, Mutti.
OMI
Danke. Na ja, besser zu spät als nie.
SASCHA
Wo will Omi hin?
OMI
Irgendwann einmal kommt deine Omi in den Himmel.
SASCHA
Aber vorher kommst du ins Krematorium.
MUTTER
Sascha.
SASCHA
Das hat Vati gesagt. Omi sei...
MUTTER
(unterbrechend)
Sascha, komm mal hier her. Du hast einen ganz schmutzigen
Mund.
SASCHA
(während er den Mund geputzt bekommt)
Omi sei im Krematoriums Alter. Das hat Vati gesagt.
GUTE FEE
Entschuldigung.
OMI
Achim, und du möchtest mir nicht zum Geburtstag
gratulieren?
VATER
Herzlichen Glückwunsch, Hannelore.
OMI
Danke sehr. Das ist sehr freundlich von dir. Und ins
Krematorium komme ich erst nachdem dein Vater mich fertig
gefoltert hat.
49
SASCHA
Am Marterpfahl.
OMI
Ah. Ich hätte doch gleich auf den Flughafen sollen.
Anstatt hier zu kommen. Das habe ich wieder mal ganz
falsch gemacht. Entschuldigung.
MUTTER
Mutti. Wir wollten uns hier einen schönen Abend machen.
Und deinen Geburtstag feiern. Bevor wir los fliegen.
OMI
Ja das wollten wir. So war das geplant.
(hämisch)
Aber die Schuld liegt wieder mal nur bei mir. Wie üblich
und wie immer. Ich entschuldige mich.
MUTTER
Mutti.
OMI
Wie ich das 7 Tage mit dem aushalten soll?
MUTTER
Mutti, morgen laden wir dich groß zum Essen ein.
OMI
Ute? Ich bin auf einer Diät?
GUTE FEE
Entschuldigung.
OMI
Ich komme hier her, schaue mir diesen blöden Krimi an und
dann sitze ich dann auch noch und bekomme nicht mal du
hättest ruhig was kochen können. Nein! Ich nehme alles
zurück. Ein ganzes Büffet. Für mich. Ute? Aber das wäre
doch nicht notwendig gewesen. Achim, du bist ein Schatz.
(küsst)
Du hast mich ja heute auch schon genug geärgert. Er hat
sie umgebracht.
GUTE FEE
Entschuldigung.
SASCHA
Die Gute Fee möchte etwas sagen.
VATER
Nein, Hannelore. Sie hat ihn umgebracht.
50
OMI
Warum lag sie dann im Sarg?
VATER
Sie hat nur so getan.
OMI
Als ob sie umgebracht sei?
VATER
Ja?!
OMI
Ja aber dann war sie ja nie...? dann... und da soll noch
jemand mitkommen. Die machen diese Krimis viel zu
kompliziert heutzutage. Ah, Bacardi, Ole ole!
(zu Vater)
Schenk mir mal ´n kleinen ein.
SASCHA
Da könnt ihr euch bedienen so viel ihr wollt.
OMI
Das lasse ich mir nicht zwei Mal sagen. Ah, diese
belgischen Pralinen, Köstlich. Ah, ich habe immer noch
nicht ganz meine Urlaubstaille. Du, ich sagte: ´n
Kleinen. Nicht ´n Teelöffel. Meine Medizin, das kommt
später.
(nimmt Vater Flasche aus der Hand und
schenkt sich selber ein)
Ich dachte schon: bekomme ich heute überhaupt nichts?
Mich an meinem Geburtstag so verhungern zu lassen?
MUTTER
Mutti, du sagtest, du bist auf einer Diät.
OMI
Aber nicht an meinem Geburtstag?!
BÖSE FEE
Angenehm.
OMI
Kennen wir uns?
BÖSE FEE
Ja.
OMI
Ja? Irgendwie kommen Sie mir bekannt vor. Ja, ich bin
sicher wir kennen uns.
51
SASCHA
Das ist die Böse Fee.
OMI
Ute, bitte sage deinem Kind er solle sich benehmen. Diese
charmante Frau als Böse Fee zu bezeichnen?
SASCHA
Sie ist nicht besonders attraktiv und hat einen
furchtbaren Geschmack.
OMI
Ute, bitte. Jetzt greif du mal hier ein. Na ja, ich weiß
ja von wem er das hat.
BÖSE FEE
Ah, ich freue mich ja schon so auf Spanien.
(GUTE FEE flüstert Mutter ins Ohr.)
OMI
Ach, Sie kommen mit? Wie interessant.
(GUTE FEE und Mutter wollen abgehen.)
OMI
Ute, komm mal hier her. Ich bin mal wieder die Letzte die
hier was erfährt.
MUTTER
Mutti, das kam für uns alle als Überraschung.
SASCHA
Und das ist die Gute Fee.
Omi
Wo?
SASCHA
Hier? Vor dir?
OMI
Ute, von was redet der? Ich verstehe kein Wort. Ja, schon
ganz der Vater.
SASCHA
Hier. Da steht sie doch?
OMI
Wo ist denn meine Brille? Wo ist denn die schon wieder
hin?
(MUTTER schupfst Vater.)
52
VATER
Au.
(geht ab)
MUTTER
Achim schaut schon nach deiner Brille.
OMI
Hast du je erlebt, dass der was findet wenn er was sucht?
(stürmt ab)
SASCHA
Das ist meine Omi.
GUTE FEE
Ich kenne deine Omi. Ich habe sie als kleines Mädchen
kennen gelernt. Es war eine schwierige Zeit.
BÖSE FEE
Einzelhaft im Hochsicherheitstrakt. Frau Hannelore
Billermann überlassen Sie doch sicherlich mir. Über diese
Dame bekommen wir uns bestimmt nicht in die Haare. Das
sehe ich doch richtig.
GUTE FEE
Sie haben noch nie etwas richtig gesehen.
(Vater kommt mit Brille zurück.)
VATER
Wo ist Hannelore? Hat sie sich in Luft aufgelöst?
SASCHA
Das geht doch gar nicht.
MUTTER
Sag Omi wir hätten die Brille gefunden.
(SASCHA geht ab. GUTE FEE flüstert Mutter
ins Ohr. Beide wollen abgehen.)
BÖSE FEE
Frau Hauser, wenn ich Ihnen einen Gute Rat geben darf...
GUTE FEE
(unterbrechend, zu Böser Fee mit Teller in
der Hand)
Nugat Nuss.
53
OMI
(von hinter den Kulissen, dann
hereinkommend)
Ja sagt mal?! Ihr hättet die Brille gefunden? Und ihr
lasst mich da draußen suchen?
Das ist ja kaum zu glauben.
(OMI nimmt Vater Brille aus der Hand. SASCHA
kommt herein. GUTE FEE setzt Teller ab.)
MUTTER
Was ist los, Mutti?
OMI
Das ist die Brille die letztes Jahr verloren ging. Wo
kommt denn diese Brille her?
MUTTER
Kannst du diese Brille nehmen?
OMI
Die andere wäre mir natürlich schon lieber.
(VATER geht ab.)
OMI
Achim schaut schon nach deiner Brille.
OMI
Und du meinst wirklich das der was findet wenn er was
sucht? Das wäre das Erste Mal. Eine Premiere.
(GUTE FEE möchte zögernde MUTTER abführen.)
OMI
Jetzt können Sie mal sehen was ich hier mitmache. Hätte
ich nicht die Geduld von Heiligen. Na ja, ich bekommen ja
schließlich auch mein tägliches Training hier. Jetzt
taucht die nach einem Jahr wieder auf. Ute, diese
Unordnung in diesem Haus. Ich weiß nicht von wem du das
hast. Also bestimmt nicht von mir.
SASCHA
Da is´ ´ne Brille.
OMI
Wo?
(Brille hängt an Omi ´s Rücken.)
54
OMI
Jetzt war die Brille hier? Die ganze Zeit. Ja sagt mal?
Konntet ihr das nicht sehen? Ich habe keine Augen da
hinten? Und warum wollte ich jetzt diese Brille?
(GUTE FEE setzt Omi Brille auf.)
MUTTER
Sag Vati, wir hätten die Brille gefunden.
(SASCHA geht ab.)
GUTE FEE
Angenehm.
OMI
Und wer sind Sie?
GUTE FEE
Sie kennen mich.
OMI
Nicht das ich wüsste.
(GUTE FEE möchte MUTTER abführen.)
OMI
Ute, komm mal hier her.
MUTTER
Mutti, ich wollte gerade....
OMI
(unterbrechend)
Nein, jetzt bin ich an der Reihe. Ich bin schließlich
deine Mutter. Nur falls du das vergessen hast. Ute, was
geht hier vor? Warum lasst ihr mich über alles im
Dunkeln? Warum habe ich nicht den leisesten Schimmer was
um mich herum passiert? Kommt die auch mit nach Spanien?
MUTTER
Ich weiß es nicht?
OMI
Was heißt du weist es nicht? Läuft da irgendwas? Was
geht hier vor? Hat Achim, hast du, habt ihr?
MUTTER
Ich weiß nicht von was du redest?
OMI
Läuft das etwas sexuelles?
55
MUTTER
Mutti? Nein?
OMI
Achim steht schließlich auf reifere Frauen. Du bist ja
schließlich auch um einiges älter als er.
MUTTER
Um drei Monate, Mutti?
BÖSE FEE
(übergibt Bacardi)
Ole.
(MUTTER wird von GUTER FEE abgeführt.)
OMI
Danke sehr. Ute, komm mal hier her. Ute? Ah, jetzt können
Sie mal sehen was ich hier mitmache. Ach, ich freue mich
ja so, dass Sie mitkommen. Auf Spanien.
BÖSE FEE
Auf Spanien.
OMI
Gottchen, schon wieder pur. Gang schöner Batzen den ich
da dazu geschossen habe. Ich bin im Grunde genommen ja
auch bettelarm. Er war arbeitslos. Und den Job den er
jetzt hat, na ja, ich will ja nichts sagen. Ich habe mir
ja vorgenommen den Mund zu halten. Ah, und diese Wohnung.
Das gehört alles viel mehr begrünt! Was is´ ´en schon
wieder mit der Pflanze los?
("Pflanzenleiche" in beiden Armen haltend)
Ute?!
BÖSE FEE
Auf Spanien.
OMI
(wirft "Pflanzenleiche" achtlos zur Seite)
Auf Spanien. Ah, 7 Tage. Wir sollten mindestens für 3
Wochen gehen. Wenn wir nur eine kleine Zweitwohnung dort
hätten.
(SASCHA und VATER kommen herein.)
BÖSE FEE
Vielleicht kann ich was arrangieren.
OMI
Sascha! Komm mal hier her.
Gib dieser lieber Frau mal ein Schmatze Küsschen.
56
SASCHA
Ahm, ich weiß nicht wie das geht.
BÖSE FEE
Dann bringe ich es dir bei.
OMI
Sascha, Schmatze Küsschen.
SASCHA
Ah, ich schicke lieber Vati.
OMI
Der stellt sich heute mal wieder an. Komm, gib dieser
lieben Frau mal ein Schmatze Küsschen.
VATER
Dann gib ihr halt ein Küsschen.
OMI
Sascha, jetzt bitte folge deinem Vater.
Du, wir werden jetzt alle gleich ganz böse mit dir.
GUTE FEE
(schaut herein)
Sascha, komm mal bitte hier raus. Deine Mutti braucht
dich. Ah, so folgsam. Springt sofort. Nein, halte die Tür
auf.
(von der Bühne)
Augenblick.
(GUTE FEE zaubert: Musik, "Big Spender" und
neues Licht und Scheinwerfer auf herein
kommende Mutter. Mutter trägt etwas
durchsichtiges weises Kleid, hat lange
herabhängende Haare und tanzt ein wenig.)
OMI
Ute, ich bin schockiert. Du willst doch nicht etwa so mit
uns mit?
Willst du so nach Spanien fliegen?
Was trägst du denn darunter.
(VATER schenkt Bacardi ein in zwei Gläser.)
MUTTER
Nichts.
OMI
Nichts?
(VATER übergibt Glas und fühlt.)
57
VATER
Tatsächlich. Ex.
(VATER und MUTTER stoßen an und, trinken und
küssen sich dann.)
OMI
Das ist eine andere Zeit heute. Da kommen wir nicht mehr
mit. Wo ist denn meine Brille?
VATER
Hier
(schenkt nach.)
OMI
Nein. Meine Uhr wollte ich sagen. Wie geht das den aus?
(haut auf die Musikanlage)
3.15 Uhr. Ute? Wir müssen los.
(VATER und MUTTER stoßen an und trinken.)
OMI
Immer diese Billigflüge mitten in der Nacht. Das ist das
einzige, dass wir uns leisten können. Hoffentlich haben
wir nicht so lange Verspätung.
SASCHA
Ich habe eine Idee.
OMI
Da so stundenlang auf dem Flughafen zu sitzen.
SASCHA
Wir lassen uns hinzaubern.
MUTTER
Hinzaubern?
OMI
Da gebe ich immer so viel Geld aus.
SASCHA
Geht das?
GUTE FEE
Ausnahmsweise.
MUTTER
Nach Spanien? Sie können uns einfach so nach Spanien
zaubern.
SASCHA
Ja!? Ihr wollt ja nicht auf den Mond?
58
OMI
Auf den Mond? Von was redet der?
MUTTER
Und das geht?
GUTE FEE
Ja.
MUTTER
Sie können uns einfach so auch Spanien zaubern?
GUTE FEE
Ja. Natürlich. Und dann sind wir alle im Nu dort. Bitte
hier hinstellen.
SASCHA
Omi, hier hinstellen.
OMI
Wohin?
SASCHA
Hier.
OMI
Und warum? Was ist los?
MUTTER
Wir lassen uns hinzaubern, Mutti.
OMI
Hinzaubern? Wohin?
VATER
Nach Spanien.
SASCHA
Müssen wir alle die Luft anhalten?
GUTE FEE
(lachend)
Nein.
OMI
Entschuldigung. Das habe ich jetzt nicht richtig
mitbekommen.
MUTTER
Wir lassen uns alle hinzaubern.
OMI
Hinzaubern? Wohin?
59
SASCHA
Nach Spanien!
MUTTER
Natürlich nur wenn dir das Recht ist, Mutti.
OMI
Warum soll mir das nicht recht sein? Das ist das erste
vernünftige Wort das ich heute höre.
(GUTE FEE zaubert Gleichung an die Wand:
X x X x 1/4 = (nach Pause) Bild von
abstürzendem Vögelchen.)
GUTE FEE
Nein.
OMI
Jetzt wart mal, wenn wir hingezaubert werden, dann kann
ich noch ein bisschen mehr mitnehmen.
(eilt ab)
SASCHA
Gefällt sie dir?
VATER
Ja.
SASCHA
Sie ist 6tausend Jahre alt; sagt sie.
VATER
So alt? Das wäre nichts für mich.
SASCHA
Das würde mir nichts ausmachen. Vielleicht ist sie auch
schon über eine Million.
(GUTE FEE zaubert andere Gleichung an die
Wand: X x X x X 4/4 = (nach Pause) Bild von
totem auf Rücken liegenden Vögelchen.)
GUTE FEE
Nein.
VATER
Ich nehme meine Harpune mit.
(rennt ab)
SASCHA
Vati nimmt seine Harpune mit.
60
GUTE FEE
Seine Harpune? Nein.
SASCHA
Soll ich ihn holen?
GUTE FEE
Ruhe. Bitte. Ich muss mich konzentrieren.
(zaubert an die Wand: 2 x 2 = (nach Pause)
4; überlegt)
Nein.
SASCHA
Soll ich dir mein Mathematikbuch holen?
GUTE FEE
Ist das etwas ausführliches?
SASCHA
Ja. Bis hier her sind wir gekommen.
GUTE FEE
Band 1. Ich brauche Band 6. Danke, Sascha, aber das hat
keinen Wert.
SASCHA
Da, mein Taschenrechner.
GUTE FEE
Danke. Den nehme ich für alle Fälle.
(VATER kommt herein mit Harpune, gefolgt von
Omi mit einem Stapel Handtücher.)
OMI
Wir nehmen besser unsere eigenen Handtücher mit. Über
Spanien habe ich schon so schlimme Sachen gehört.
GUTE FEE
Ruhe. Bitte.
SASCHA
Pst. Die Gute Fee zaubert.
(GUTE FEE zaubert X x X x X 1/5 = (nach
Pause) Bild von auf Ast sitzendem
Vögelchen.)
OMI
Muss das gepackt werden oder kann das so mit? Frag sie
mal.
61
GUTE FEE
Wie negiere ich eine negative Negation?
OMI
(nach kurzer Pause)
Also da bin ich überfragt. Aber warum fragen Sie nicht
den Hausherrn? Der weiß ja sonst auch immer alles.
GUTE FEE
Achtung.
(GUTE FEE zaubert: X x X x X 2/5 = Bild von
Familie Hauser im Sturzflug.)
GUTE FEE
Nein. Stopp.
OMI
Sag mal, weiß die was sie tut?
SASCHA
Sie ist die Gute Fee.
OMI
Ja aber weiß sie was sie tut. Ich habe da so meine
Bedenken.
GUTE FEE
Achtung.
BÖSE FEE
(sitzend mit Drink)
Achtung. Es geht weiter.
OMI
Nein. Stopp. `N Augenblick. Ich nehme nur noch ein wenig
Wegzehrung mit.
(nimmt Bacardi Flache in die Hand)
GUTE FEE
Achtung:
(GUTE FEE zaubert: X x X x X 1/2 = Bild von
fliegender Familie Hauser.)
GUTE FEE
Ja. Jetzt!
(Pause)
SASCHA
Sind wir schon in Spanien?
62
GUTE FEE
Ah, ich weiß was ich falsch gemacht habe.
OMI
Und so willst du über Berlin fliegen? Also nein, das...
Sie kommen nicht mit?
BÖSE FEE
Nein Danke. Ich fliege Erste Klasse. Berlin-Torremolinos.
10.50 h. Eine zivilisierte Zeit.
GUTE FEE
Jetzt!
(Explosion. BÖSE FEE springt auf vor
Schreck. Stuhl fällt auf "Pflanzenleiche".
Bücher fallen vom Regal.)
ALLE
(durcheinander)
Ah...
GUTE FEE
Nein. Stopp. Entschuldigung. Nochmals. Achtung:
SASCHA
Omi ist schon weg.
MUTTER
Mutti?
GUTE FEE
Frau Billermann?
Durchsuchen Sie die Wohnung.
Sie ist vielleicht auf dem Balkon.
(SASCHA rennt auf den Balkon.)
MUTTER
Du gehst in die Küche.
(VATER und Mutter eilen ab.)
SASCHA
Im Schrank ist sie auch nicht.
GUTE FEE
Schau noch mal nach.
SASCHA
Nein, da ist sie nicht.
63
GUTE FEE
Ich schaue auf den Balkon.
SASCHA
Nein, da habe ich schon nachgeschaut.
(nach kurzer Pause)
Ja, dann ist sie halt schon weg.
BÖSE FEE
Ja, "dann ist sie halt schon weg". Ihrem Talent nach zu
schätzen wird Frau Billermann in Kürze irgendwo im
Mittelmeer landen. Im Sturzflug, so nehme ich an. Nein,
Ihrem Talent nach zu schätzen landet sie eher mitten im
Atlantik.
SASCHA
Dort wo´s die hohen Wellen gibt?
BÖSE FEE
Ja, "dort wo´s die hohen Wellen gibt". Und da geht sie
dann so schön rauf und runter.
SACHA
Sie wird vielleicht von einem Delphin gerettet.
BÖSE FEE
Ja. Es kann aber auch sein, dass ein kleiner Haifisch
kommt.
SASCHA
(zu Guter Fee)
Manchmal beißen sie einem nur den Kopf ab. Manchmal
fressen sie einen aber auch ganz auf.
(MUTTER und VATER kommen herein.)
MUTTER
Habt ihr sie gefunden?
GUTE FEE
Nein.
SASCHA
(zu rennend)
Vati! Omi ist im Atlantik gelandet und wird vielleicht
gleich von einem Haifisch aufgefressen!
BÖSE FEE
Mein Kompliment. Das hätte ich nicht besser hingebracht.
GUTE FEE
Wir müssen los. Schnell. Auf den Balkon.
64
MUTTER
Rosanna.
(VATER holt Wiege.)
GUTE FEE
Ist das Südseite?
MUTTER
Nein. Ihr Fläschchen. In der Küche.
(VATER übergibt SASCHA Wiege und eilt ab.)
GUTE FEE
Haben Sie Südseite?
MUTTER
Das Küchenfenster.
GUTE FEE
Dann schnell. Durch ´s Küchenfenster.
MUTTER
(während sie Pullover aus dem Schrank holt)
Du ziehst dir noch mal einen Pullover über.
SASCHA
Nein, ich ziehe keinen Pullover an. Ich will das t-Shirt.
Nein. Das mit Superspinne drauf.
GUTE FEE
Wenn ich so mache, dann fliegen wir alle los.
SASCHA
OK.
GUTE FEE
Welcher Stock ist das.
SASCHA
Wir wohnen parterre.
(zieht sich t-Shirt über)
GUTE FEE
Gut. Dann kann nichts passieren.
SASCHA
Freddy?
(zu Guter Fee)
Sie muss zu Kleinmanns. Solange wir in Spanien sind.
Das is ´n Billigflug. Da darf sie nicht mit. Wir können
uns nur Billigflüge leisten.
65
GUTE FEE
Ja. Natürlich.
SASCHA
Zaubere sie jetzt einfach gleich schon rüber. Zu
Kleinmanns. 12 B.
GUTE FEE
12 B?
SASCHA
Ja.
GUTE FEE
Gut.
Nein. Ich mache das von unterwegs. Wir müssen los.
Schnell. Jetzt!
(ALLE außer BÖSER FEE und FREDDY rennen los.
VATER kommt zurück mit Fläschchen.)
SASCHA
Nein, Vati, wir fliegen ab durch ´s Küchenfenster!
(ALLE außer BÖSER FEE und FREDDY rennen ab.)
BÖSE FEE
Guten Flug!
FREDDY
(wacht auf)
Wauw. Wauw. Wauw wauw wauw wauw wauw wauw wauw!
(Vorhang)
(FREDDY bellt crescendo-artig mit nur
seltenen und kurzen Unterbrechungen die
ganze Pause über.)
66
2. AKT
1. Szene
(In spanischer Hotelbar. 2
Türen. Durch großes, offenes
Fenster sieht man blauen
Himmel, Sonne und Palmen.)
(OMI sitzt an der Bar neben ihrem Stapel
Handtücher. Sie trägt Bettlaken als Kleid.
BARMANN hinter der Bar.)
OMI
Ole, ole!
(stößt mir Barmann an)
José, Musica!
SASCHA
(kommt hereingerannt durch Tür 1)
Omi!
OMI
Sascha!
(VATER, Mutter und GUTE FEE kommen herein
durch Tür 1.)
OMI
Noch mal ´n kleinen bitte. Ja sagt mal? Wo ward ihr denn?
Die letzte Absteige. Ute, die Zimmer, schrecklich. 2 km
vom Strand. Im Untergeschoß. Also für den Seeblick
brauchst de ´ne gute Brille. José ist Espanol. Er redet
und redet. Ich tue immer so als ob ich alles verstehe.
Hattet ihr einen guten Flug? Jetzt erzählt doch mal!? War
das Paris oder Barcelona? Oder wie seid ihr gekommen?
Ach, ich kam mir vor wie im Windkanal. Ich fühle mich 10
Jahre jünger. Na der schenkt wenigsten richtig ein. Und
dieser Sonnenaufgang?! Zum Glück hatte ich was zum
trinken mit. Ich wäre verdurstet unterwegs. Und einmal
war ich mitten in einem Vogelschwarm. Ach, das war so
schön. Und diese Vögelchen um mich herum, die fingen an
zu zwitschern und zu flattern und waren aufgeregt. So
etwas wie mich da oben sahen die noch nie. Du, und ich
bin sicher, die Spanische Luftwaffe war hinter mir her.
VATER
(leise, zu Mutter)
Die waren auch hinter uns her.
MUTTER
Was?
67
OMI
Um mich herum war plötzlich ein ganzes Geschwader von
denen. Du, und als die Spanische Luftwaffe kam da sind
diese Vögelchen auseinander gestoben. Morgen können wir
umziehen. Salute! Weil in dem Kellerloch bleibe ich
nicht. Auf das Essen hier bin ich ja schon mal gespannt.
Du, die Handtücher sind angekommen. Aber sonst noch
nichts. Kommt, ihr braucht was nach dem Flug. José!
Tapas! Jetzt erzählt doch mal. Wo habt ihr denn meine
Freundin gelassen? Die sollte doch schon längst hier
sein?
GUTE FEE
Ihre Freundin...
OMI
(unterbrechend)
Ach so, die fliegt ja Erster Klasse.
GUTE FEE
Ihre Freundin hat...
OMI
(unterbrechend)
Aber die müsste doch schon längst hier sein?!
GUTE FEE
Ihre Freundin hat...
OMI
(unterbrechend)
Ja warum ist sie denn immer noch nicht hier?!
GUTE FEE
Ihre Freundin hat 3 Stunden Verspätung.
OMI
Wisst ihr was?
MUTTER
Mutti, deine Freundin hat 3 Stunden Verspätung.
OMI
Was? Drei Stunden? Um Gottes Willen. Drei Stunden auf dem
Flughafen sitzen. Die Arme. Na ja, das kommt davon wenn
man immer sein eigenes Süppchen gekocht haben will.
VATER
Du, das ist ein Bettlaken das die um sich hat.
MUTTER
Mutti? Was hast du denn da an?
68
OMI
Also was ihr könnt, kann ich schon lange. Gottchen, was
ich hier schon alles angestellt habe. "Und wie viel hat
sie schon wieder intus?" Das geht dir durch den Kopf.
Ute, dein Mann ist ein offenes Buch.
SASCHA
Wohnt hier James Bond wenn er in Spanien ist?
OMI
Nein, hier wohnt Achim Hauser wenn er in Spanien ist.
Eure Zimmerschlüssel. Wo ist denn schon wieder meine
Brille hin. José! Brille?!
(Barmann schenkt nach.)
OMI
Basta, basta. Gottchen, ich wusste nie, dass ich so gut
Spanisch spreche. Salutchen! Jetzt erzähl doch mal?
Hattet ihr einen guten Flug?
VATER
Du, deine Mutter trinkt Bacardi pur.
MUTTER
Achim, wir sind im Urlaub. Vorsicht!
(Koffer fallen von der Decke.)
GUTE FEE
Ah.
(springt zur Seite)
OMI
Kommt uns jetzt schon die Decke auf den Kopf?
MUTTER
Unser Gepäck ist angekommen.
OMI
Wo? Na endlich. Das wird ja auch so langsam Zeit. Du? Das
ging einfach so am Zoll vorbei. Auf dem Rückweg? Was
könnten wir denn mitnehmen von hier? Ja, Achim, wir sind
im Urlaub. Man muss auch manchmal ein wenig ausspannen.
Ich bin das ganze über Jahr vernünftig.
VATER
Jetzt hör dir das an.
OMI
Da will ich nicht auch noch im Urlaub vernünftig sein.
(haut Glas auf die Theke und Bar leicht
kaputt)
69
MUTTER
Mutti. Vorsicht.
OMI
Kann ich doch nichts dafür, dass das so eine Bruchbude
ist. Da, nur das spilligste Sprer, das spilligste
Sprerholz, das spilligste, jetzt helft mir doch mal!
(haut mit Faust auf die Theke)
MUTTER
Mutti, bitte bleibe vernünftig.
OMI
Ich weigere mich vernünftig zu sein. Wenn ich einmal im
Jahr ein bisschen rauskomme. Passiert selten genug. Ole,
ole!
SASCHA
Kann Omi Spanisch.
VATER
Nein, das kann sie nicht.
OMI
José, kaputt.
(zeit auf Bar und stößt mir Barmann an)
Salutchen! Ja sagt mal: wo ward ihr denn so lange?
SASCHA
Wir waren in England.
OMI
Ah, wenn mir der was antun würde, da würde ich nicht um
Hilfe schreien. ´N Seitensprung mit dem, Ute das könnte
ich dir verzeihen.
SASCHA
Wir waren in England.
OMI
Wo ward ihr?
SASCHA
In England!
OMI
In England? Was will denn ein halbwegs vernünftiger
Mensch in England?
(Polizeisirene. FREDDY kommt herein.)
70
OMI
Es wimmelt hier vor Polente. Du, die haben schon das
halbe Hotel verhaftet. Was ich in dieser Bude hier schon
mitgemacht habe? Na ja, wir sind ja schließlich auch in
Spanien.
SASCHA
Und dann waren wir in Florida.
OMI
Florida? Von was redet der?
SASCHA
Wir waren in Florida. Und da waren wir immer noch falsch.
OMI
Was? Ihr ward in Florida? Florida, ah. Da wollte ich
schon immer mal hin. Ah, wäre ich nur mit euch geflogen.
Sagt Mal? Ich dachte der Hund bleibt bei Kleinmanns?
SASCHA
Freddy!
(Barmann schenkt nach.)
OMI
Basta, basta! Ah, so exotisch. Der wäre mir eine Sünde
wert. Man gönnt sich ja sonst nichts. Schaut mal, das
arme Tierchen. Ganz verstört. Ja sagt mal, wie lange war
die den in der Luft. Gib ihr mal ein bisschen Wasser.
Jose! Aqua! Da hängen ja ganze Eisklumpen. Kam die über
den Nordpol?
SASCHA
Jetzt haben wir das Hundefutter vergessen.
OMI
Hundefutter haben die genug in der Absteige. Auf das
Hundefutter hier bin ich schon mal gespannt.
MUTTER
Wir müssen Kleinmanns anrufen. Die suchen nach ihr.
(BARMANN kommt mit Tablett. VATER
telefoniert mit Handy im Hintergrund.
Polizeisirene.)
OMI
Guck mal, jetzt kommt das Aqua. Wo hab ich bloß das ganze
Spanisch her? Ich dachte immer, ich hätte kein Talent für
Sprachen. Ich hätte Sprachlehrerin werden sollen. Ah,
hier sind die Tapas. Ach schau mal, wie süß, da sind 3
Oliven drin. Na ja, dann wird das endlich mal mit meiner
71
OMI
(fortgesetzt)
Diät. Sagt mal, bin ich blind oder ist da nichts drin.
VATER
(ins Handy)
Hallo? Frau Kleinmann! - Freddy ist in Spanien! - Ja, in
Spanien. Wir haben den Hund jetzt doch mit!
OMI
Richte ihr auch Grüße von mir aus.
VATER
(ins Handy)
Das hat jetzt doch noch geklappt. - Ja, sie ist auch
geflogen! - Das, - das - das werden wir alles regeln.
OMI
(ins Handy)
Frau Kleinmann, wir sind in Spanien. Die Sonne scheint.
Es ist phantastisch.
VATER
(ins Handy)
- Ja, wenn wie zurück sind.
OMI
José? Nix drin?!
SASCHA
Das ist ein Aschenbecher.
OMI
Aschenbecher? Ach, ich werde hier nur in Versuchung
geführt. Wo ist denn schon wieder meine Brille hin. Ist
die immer noch nicht da?
VATER
Wo hast du sie denn hingelegt?
OMI
Hingelegt? Ich rede über meine Freundin. Ist die immer
noch nicht da?
GUTE FEE
Ihre Freundin fliegt Erste Klasse.
VATER
Kleinmanns haben die Tür aufbrechen lassen. Die dachten
Freddy sei in der Wohnung.
MUTTER
Um Gottes Willen.
72
OMI
Ja, ich hatte auch mal einen Traum. Ich wollte auch immer
nur Erste Klasse fliegen. Aber es kam alles ganz anders.
(schluchzt)
So ganz anders. Ah...
(Polizeisirene.
BARMANN bietet Omi Zigarette an.)
VATER
Deine Mutter ist stockbesoffen. Die Polizei und der
Tierschutz hätten sich auch eingeschaltet. Und mit ´nem
Gummistock sei irgendwas los.
MUTTER
- Nein, Mutti, du hast dir das Rauchen abgewöhnt.
OMI
Ob ich jetzt ein paar Jahre früher oder später in die
Luft gehe, das kümmert sowieso niemanden.
(zu Barmann)
Ich trinke ja sonst immer nur Lemonade. José! Musica!
(BARMANN macht die Musik an.)
MUTTER
Mutti, gib mir die Zigarette.
OMI
Nein.
(rennt hinter die Bar)
VATER
Wir bringen sie auf ihr Zimmer.
MUTTER
Mutti, komm.
(zu Vater)
Mach die Musik leiser.
OMI
Ole, ole!
(Musik wird lauter.)
OMI
(tanzt auf der Bar zu "Eviva Espana")
La la la, lalalalalala...
73
SASCHA
(macht die Musik aus, zu Vater)
Der Knopf ist der Lautstärkeregler? Hier geht ´s an und
aus?
OMI
Und heute Abend machen wir die Stadt unsicher.
MUTTER
Ja, Mutti.
(MUTTER und VATER stützen OMI von beiden
Seiten.)
OMI
Wo gehen wir hin?
VATER
Wir werfen dich jetzt in Swimming Pool. Zum Ausnüchtern.
OMI
Ja. Was?
MUTTER
Achim? Musst du immer so mit ihr reden? Mutti, du legst
dich jetzt ein bisschen hin.
(Polizeisirene wird lauter und hört auf.)
OMI
Ja. Nein. Ich kann jetzt nicht auf mein Zimmer. Nein, ich
gehe alleine.
MUTTER
Mutti, du kannst nicht mehr gerade gehen.
OMI
Nein, da könnt ihr jetzt nicht mit. Was is´ ´en mit der
Musica?
GUTE FEE
Wir hätten vielleicht doch besser auf den Mond fliegen
sollen.
MUTTER
Hol mal ihren Schlüssel.
(zeugt auf die Theke)
OMI
José, schenk mir noch mal einen ein.
(GUTE FEE nimmt OMI Glas aus der Hand.)
74
OMI
Zum Abgewöhnen. Die heißen alle José hier.
(GUTE FEE stellt Glas auf Bar ab. BARMANN
will einschenken.)
GUTE FEE
(hält Hand über die Bar)
Nein. Danke.
(BARMANN lehrt GUTER FEE Bacardi über die
Hand.)
GUTE FEE
Ah.
BARMANN
Desculpa, Senora.
(BARMANN schleckt GUTER FEE´S Hand ab. GUTE
FEE zieht ihre Hand zurück und bearbeitet
dann diese mit Erfrischungstuch und Spray.
POLIZIST 1 und POLIZISTIN kommen herein
durch Tür 1. BARMANN sieht diese
verschwindet hinter Bar.)
OMI
Geht das schon wieder los mit der Polente?
POLIZIST 1
Pero, cuidado.
OMI
(zu POLIZIST)
Salutchen!
(POLIZIST 1 zieht Waffe. POLIZISTIN geht
durch Schlüssel die auf der Bar liegen.)
OMI
José? Razzia?! Schon wieder?
Wir hatten schon mal ´ne Razzia. Kaum war ich hier ging
das schon mal hier los.
VATER
Der ´s abgehauen.
(POLIZISTIN hält OMI Schlüssel vor das
Gesicht. GUTE FEE entdeckt Fleck an ihrem
Kleid.)
POLIZISTIN
Schlüssel.
75
OMI
Ja, das is´ ´n Schlüssel. Intelligent die Kleine, mh?
MUTTER
Sie will wissen ob das dein Schlüssel ist.
OMI
Mein Schlüssel? Si si.
(POLIZISTIN nickt POLIZIST 1 zu.)
POLIZIST 1
(mit Handschellen in der Hand)
Arrestado.
OMI
Hilfe. Achim? Jetzt tu mal was?
POLIZIST 1
Ah!
OMI
Gottchen, die hat ja durchgebissen. Freddy? Schnell, der
braucht ´ne Tetanus. José! Tetanus!
(POLIZISTIN telefoniert)
MUTTER
Freddy? Das verstehe ich nicht. Sie ist doch sonst immer
so brav. Was ist los mit ihr?
POLIZIST 1
Ah!
SASCHA
Jetzt hat sie ihm auch noch in den anderen Fuß gebissen.
POLIZIST 1
Au, au, aah!
MUTTER
Du kümmerst dich um Freddy. Der braucht einen Arzt.
POLIZIST
Au, au,
OMI
Das ist doch alles halb so schlimm.
POLIZIST 1
Aah!
76
OMI
Die sind doch alle versichert. Der lebt jetzt halt ein
paar Monate auf Staatskosten. Da freut der sich. Die
Polente ist doch überall gleich. Beamte. Stinkfaul.
VATER
Raus hier. Hier die Treppe rauf.
POLIZIST 1
Au, au,
POLIZISTIN
Arrestado! Todos!
OMI
Halt die Klappe.
POLIZISTIN
Ajuda!
(rennt ab durch Tür 1)
POLIZIST !
Au, au,
OMI
Tut ´s ´n bisschen weh. Na ja, hat der sich ja auch
selber eingebrockt.
VATER
Hier rauf.
POLIZIST 1
Aah!
OMI
Ich dachte immer die Spanier seien so männlich und macho.
Aber dat Ding da.
MUTTER
Mutti! Rosanna.
(zeigt auf die Wiege)
(ALLE außer Polizist 1 rennen ab durch Tür
2. SASCHA mit Wiege in der Hand.)
VATER
(von hinter den Kulissen)
Zurück. Zurück!
(ALLE kommen zurück durch Tür 2.)
VATER
Die kommen hier runter.
77
GUTE FEE
Wer kommt hier runter?
SASCHA
Die spanische Polente. Die sind hinter uns her. Kannst du
uns schnell wieder wegzaubern?
GUTE FEE
Wo ist Südseite?
SASCHA
Hier.
GUTE FEE
Nein, Nordseite meine ich.
SASCHA
Hier.
GUTE FEE
Nein. Ich kann das nicht noch mal riskieren. Ich muss
zuerst meine Flugkenntnisse etwas auffrischen. Bevor ich
euch noch mal fliegen lasse.
(POLIZISTEN und POLIZISTIN kommen herein
durch Tür 1 und 2.)
POLIZIST 2
Familia Hauser, calma.
POLIZIST 1
O Pero, cuidado.
OMI
Das ist das letzte Mal das ich nach Spanien gehe. Ich
hatte euch ja schon gewarnt.
VATER
Da kommen noch mehr runter.
MUTTER
Sascha, komm.
OMI
Mein Gott, wenn das schon in Spanien so zugeht. Wie mag
das erst in Griechenland zugehen?
GUTE FEE
Nein. Wir müssen es riskieren. Wir fliegen zurück nach
Berlin.
78
OMI
Nach Berlin? Wir sind doch gerade erst angekommen. Frag
mal ob Florida geht.
GUTE FEE
Wenn ich so mache, dann fliegen wir alle los. Hier. Durch
dieses offene Fenster. Jetzt!
(ALLE rennen los. SASCHA mit Wiege.)
SASCHA
Au, mein Kopf.
GUTE FEE
Achtung. Nein.
MUTTER
Hast du dir weh getan?
VATER
Das ist nur eine Attrappe.
OMI
(betastet die Wand)
Das haben die einfach nur so an die Wand gemalt? Also die
letzte Absteige! Ich sag ´s ja!?
SASCHA
Omi ´s Lemonade schmeckt ganz bitter.
MUTTER
Wie viel hast du davon getrunken?
(POLIZISTIN nimmt Sascha bei der Hand.)
POLIZISTIN
(riecht)
O Chico; borracho. Ah!
(schüttelt ihre Hand)
MUTTER
Sascha.
SASCHA
Ich habe sie nur in die Hand gezwickt.
MUTTER
Sascha, nein.
SASCHA
Ich gehe nicht mehr an der Hand.
79
(HERR FAQUA kommt mit POLIZIST herein durch
Tür 1.)
HERR FAQUA
Herr Faqua, Deutsches Konsulat.
OMI
Na endlich. Billermann. Angenehm. Das wird ja auch so
langsam Zeit.
HERR FAQUA
Frau Bildermann,
OMI
(einfallend)
Billermann. Berta, Isar.
HERR FAQUA
Frau Billermann, das Hotel ist umstellt. Sie stehen unter
Arrest. Sie haben zwei illegale Immigranten auf Ihrem
Zimmer versteckt.
OMI
Ich habe kein Zimmer hier. Ich habe ein Kellerloch. Und
die zwei ruhen sich aus. Das ist alles. Das sind die zwei
von denen ich euch schon erzählt habe.
MUTTER
Du hast uns nichts erzählt.
OMI
Natürlich habe ich das.
MUTTER
Mutti?
OMI
Andeutungsweise.
HERR FAQUA
Frau Billermann, ein Anklagepunkt wiegt besonders schwer:
Unzucht mit Minderjährigen.
OMI
Minderjährig? Also denen konnte ich nicht mehr
beibringen. Ich sitze hier und denke nichts böses...
zuerst machen sie mich betrunken und dann... ich bin hier
das Opfer.
MUTTER
Du hast beide mit auf ´s Zimmer?
80
OMI
Ja.
MUTTER
Beide?
OMI
Ja. Man liest immer so viel darüber. Da wollte ich mal
für mich selber sehen.
Du, ich habe die beiden gerettet?
MUTTER
Gerettet?
OMI
Ja?!
HERR FAQUA
Frau Billermann, es droht Ihnen eine Haftstrafe von 10-15
Jahren.
VATER
Sind Sie sicher?
HERR FAQUA
Ja. Leider ja.
SASCHA
Ist etwas schlimmes passiert, Vati?
OMI
Du, die hatten eine Razzia hier? Wenn ich die zwei nicht
mit auf mein Zimmer hätte dann wären die auch noch
verhaftet worden.
Die waren froh, dass ich sie gerettet haben.
(OMI nimmt Zigarette und flüchtet hinter die
Bar.)
MUTTER
Nein, Mutti, du rauchst jetzt nicht.
POLIZIST
No, no.
HERR FAQUA
Frau Billermann,
MUTTER
Nein, du rauchst jetzt nicht. Gib mir die Zigarette. Du
hast dir das Rauchen abgewöhnt.
81
HERR FAQUA
Bitte kommen Sie von hinter der Bar hervor. Sie stehen
unter Arrest.
POLIZIST 2
(zieht Waffe)
Senora.
OMI
Vorsicht, ich schieße zurück. Mit was weiß ich noch
nicht.
MUTTER
Mutti, bitte bleibe vernünftig.
OMI
Ich weigere mich vernünftig zu sein!
(haut Bar weiter zusammen)
MUTTER
Mutti!
OMI
Vorsicht. Ich schieße!
(macht Sektflasche auf und schießt)
(ALLE springen zur Seite. GUTE FEE
begutachtet und windet und putzt von nun an
kontinuierlich an ihrem Kleid herum.)
OMI
Und die Flasche landet heute noch auf ihrem Korpulus.
MUTTER
Nein Mutti, gib mir die Flasche. Achim.
ACHIM
Vorsicht. Sonst schlägt sie uns auch noch KO.
MUTTER
Mutti, bitte lege die Flasche aus der Hand.
GUTE FEE
Sascha, einen Augenblick bitte.
(geht ab durch Tür 1)
POLIZIST 2
Senora Billermann, usted es entregado en la ala de
seguridad alta del centro penitenciario Salmondello y
allá son sostendidos en el encercelamiento solitario.
(OMI schaut auf HERRN FAQUA.)
82
HERR FAQUA
Frau Billermann, Sie werden in den Hochsicherheitstrakt
der Strafanstalt Salmondello eingeliefert und dort in
Einzelhaft gehalten werden.
OMI
Ist das mit Seeblick?
(POLIZIST 2 stülpt FREDDY einen Maulkorb
über.)
MUTTER
Nein. Sie tut doch niemand was. Sie hat noch nie jemand
gebissen. Außer heute. Ich weiß nicht was mit ihr los
ist?
HERR FAQUA
Für den Hund gibt es leider keine Hoffnung.
MUTTER
Man will Freddy in ein Hundeheim einliefern?
OMI
In ein spanisches Hundeheim? Um Gottes Willen, wenn schon
die Hotels so sind.
HERR FAQUA
Ihr Hund wird in kein Hundeheim eingeliefert.
MUTTER
Was habt ihr vor mit Freddy?
OMI
Sagt mal? Ich bin dabei im spanischen Knast zu
verschwinden und ihr redet über den Hund? Mich wollen sie
da in irgend ein Verließ werfen...?
HERR FAQUA
Frau Billermann, ich kann Ihnen versichern, die
spanischen Strafvollzugsanstalten entsprechen in der
Regel voll den Europäischen Vorschriften.
OMI
Ah?
HERR FAQUA
In vielen sind uns die Spanier sogar voraus.
OMI
Ach wirklich? Das ist ja interessant.
83
HERR FAQUA
Und selbstverständlich werden wir die räumlich -und
hygienischen Verhältnisse der Strafvollzugsanstalten in
denen Sie gehalten werden regelmäßig überprüfen. Sie
haben in spanischen Gefängnissen sogar Menüwahl. Es gibt
sogar vegetarische Küche.
OMI
Vegetarisch. Nein Danke. Das überlebe ich nicht. Da
können sie mich gleich an die Wand stellen.
HERR FAQUA
Man wird Ihnen nun diese Handschellen anlegen. Bitte
leisten Sie keinen Widerstand. Sie verschlimmern nur noch
Ihre Situation. Bitte legen Sie diese Flasche aus der
Hand.
POLIZIST 2
(mit Handschellen in der Hand)
Senora.
OMI
Sag doch mal der Guten Fee sie solle was tun.
SASCHA
Sie ging gerade raus.
OMI
Raus? Warum raus?
SASCHA
Ich weiß nicht.
OMI
Jetzt wo wir sie brauchen?
SASCHA
Sie muss sich vielleicht umziehen.
OMI
Umziehen? Jetzt?
VATER
Kann Frau Billermann nicht überführt werden und in einem
Deutschen Gefängnis ihre Strafe absitzen?
OMI
Und dann kommt ihr einmal im Monat und besucht mich. Na
da freue ich mich aber. Ja, das würde deinem Mann so
passen.
MUTTER
Mutti, Achim hat die eigentlich ganz gern.
84
OMI
Du, das Wörtchen "eigentlich" gefällt mir nicht. Können
wir uns nicht in die Deutsche Botschaft flüchten?
HERR FAQUA
Die Deutsche Botschaft ist 500 km entfernt in Madrid.
OMI
Na dann mal los?
(GUTE FEE kommt mit Revolver in der Hand
herein. Sie ist spanisch bekleidet.)
GUTE FEE
Entschuldigung.
HERR FAQUA
Wir sind verpflichtet Sie den spanischen Behörden
auszuliefern.
GUTE FEE
Entschuldigung.
POLIZIST 2
Senora, calma.
HERR FAQUA
Frau Billermann, ich habe hier eine Liste der besten
Rechtsanwälte.
OMI
Das wird ja immer besser. Die Rechtsanwaltskosten werden
mich ruinieren. Mich und meine Familie. Herr Faqui, so
war doch Ihr Name. Oder so ähnlich. Ich verlange, dass
Sie mir augenblicklich zu Hilfe kommen. Sie leben hier in
Spanien von unseren Steuergeldern. Jetzt tun Sie mal
bitte schön was dafür. Ich bestehe darauf, dass Sie mich
sicher aus diesem Land herausbringen. Und nicht erst nach
15 Jahren. Oder als Leiche auf einer Bahre.
MUTTER
Mutti.
MUTTER
Oder in einer Urne. Da kommen die Überführungskosten
wahrscheinlich billiger.
POLIZIST 2
Senora.
GUTE FEE
Entschuldigung. Ich habe etwas zu sagen.
85
HERR FAQUA
(überschneidend)
Bitte leisten Sie keinen Widerstand. Frau Billermann, ich
kann für Frau und Herrn Hauser Kaution beantragen.
OMI
Was? Sie sollen auch eingelocht werden?
HERRR FAQUA
Aber nicht wenn Sie weiterhin Widerstand leisten.. ich
rate Ihnen...
OMI
(unterbrechend)
Herr Faqui,
VATER
(einfallend)
Hannelore, höre ihm zu.
OMI
Ach? Ich soll ins Kittchen wandern, nur dass ihr alle
lustig weiterleben könnt.
GUTE FEE
Entschuldigung.
HERR FQAUA
Frau Billermann, Herr und Frau Hauser laufen Gefahr, dass
Ihnen das Fürsorgerecht für Ihre Kinder entzogen wird.
MUTTER
Mutti, bitte bleibe vernünftig.
OMI
Ich weigere mich vernünftig zu sein.
(haut Glasflasche auf die Bar die weiter
beschädigt wird)
Ah, kann ich doch nichts dafür, dass das so eine
Bruchbude ist. Die sollten mal ´n bisschen Deutsche
Wertarbeit hier einführen.
MUTTER
Mutti!
(Gute Fee schießt und erschrickt selber vor
lauten Knall. ROSANNA fängt zu heulen an.)
MUTTER
Rossanna. Gibt ihr ihr Fläschchen.
GUTE FEE
Por favor, ich habe etwas zu sagen.
86
(POLIZIST 2 lächelt überlegen, kommt langsam
auf Gute Fee zu und hält seine Hand aus.)
SASCHA
(schaut kurz an die Decke)
Das war nur Schreckschuss.
GUTE FEE
Das funktioniert nicht?
POLIZIST 2
Senora. Por favor.
(POLIZIST 2 hält die Hand aus. GUTE FEE
übergibt ihm Revolver. POLIZIST 2 Hält
Revolver an seine Stirn, schießt und dreht
sich dann machoartig zu anderen Polizisten.
GUTE FEE nimmt Harpune in die Hand.)
GUTE FEE
Das tut´s auch.
(POLIZISTEN halten Arme hoch. POLIZIST 2
dreht sich.)
POLIZIST 2
Senora. Madre de dios.
(hält gleichfalls die Arme hoch)
SASCHA
Komm, wir sperren sie ein. Ich weiß wo.
(eilt ab durch Tür 1)
GUTE FEE
Senores. E Senora.
(zeigt auf Polizist 1)
Por favor.
(POLIZISTIN und helfen POLIZIST 1 auf die
Beine.)
POLIZIST 1
Au au.
SASCHA
(schaut herein durch Tür 1)
Kommt ihr endlich?!
GUTE FEE
Por favor.
Gracias.
87
POLIZIST 1
Aa!
(POLIZISTEN und POLIZISTIN gehen ab durch
Tür 1 gefolgt von GUTER FEE mit gezückter
Harpune.)
OMI
Also bei der Firma die uns hier her geschickt hat werde
ich mich beschweren. Diese Firma werde ich auf
Schadenersatz verklagen. Diese Firma werde ich ruinieren.
VATER
Komm, so schnell wie möglich hier raus. Nichts wie raus.
(nimmt Wiege in die Hand)
HERR FAQUA
(verstellt die Tür)
Nein. Ich werde sie persönlich und vorschriftsmäßig den
spanischen Behörden übergeben.
OMI
Und über Sie wird es Beschwerdebriefe hageln. Ich werde
nicht ruhen bis Sie nach Sibirien versetzt sind.
HERR FAQUA
Sie werden diesen Raum nicht verlassen.
OMI
Herr Faqui, ich habe mal einen Selbstverteidigungskurs
gemacht. In Berlin. Ich war nie besonders gut. Und kann
mich auch nicht mehr an viel erinnern. Aber an Ihrer
Stelle würde ich es trotzdem nicht darauf ankommen
lassen.
(nimmt Holzstück von der Bar in die Hand)
Das ist keine deutsche Eiche. Das ist nur Sperrholz.
(SASCHA kommt mit GUTER FEE zusammen herein
durch Tür 1. SASCHA schleift einen vollen
Wäschesack hinter sich her.)
OMI
Aber ich warne Sie: wehtun wird das trotzdem ein
bisschen. Und es kann auch sein, dass Sie nach meiner
Behandlung die nächsten 2 Jahre beim Zahnarzt zubringen
werden. Und das wird nicht billig kommen. Bei den Preisen
heutzutage.
(holt aus)
(GUTE FEE schlägt HERRN FAQUA von hinten mit
elegantem, beidhändigen Keulenschlag ins
Genick KO.)
88
HERR FAQUA
ah.
(sinkt zu Boden)
GUTE FEE
Es kommt jetzt auf Sekunden an. Das ist Ihr Schlüssel.
Zimmer 36. Sie haben nichts mit Zimmer 5b zu tun. Sie
kennen dieses Zimmer nicht.
OMI
OK. Ich war nie dort. Aber ich habe noch ein paar Sachen
auf dem Zimmer.
GUTE FEE
Nein. Die sind weg. Geklaut.
OMI
Geklaut? Das haben die zwei...? Nein? Ah, ich habe was
aufschreiben lassen. Hier an der Bar. Auf Zimmer 5b. Das
hat der eingetippt. Wir saßen zuerst alle hier. Die zwei
- Marokkaner waren das - und ich; wir saßen zuerst hier
an der Bar. Und das ging dann alles auf meine Rechnung.
SASCHA
Das können wir ausdrucken lassen.
GUTE FEE
Wie?
(SASCHA tippt. Lange Rechnung wird
ausgetippt. Geklingel aus Wäschesack.)
OMI
Also die Jungen heutzutage, die haben uns was voraus.
SASCHA
(tippt)
So geht´s schneller.
GUTE FEE
Hier. Vernichten.
OMI
OK. Ah, wenn ich das nur mit allen Rechnungen so machen
könnte.
(Mehr Geklingel aus Wäschesack.)
GUTE FEE
Ah, dieses Geklingel.
SASCHA
Das haben wir denen weggezaubert.
89
GUTE FEE
So nerventötend.
SASCHA
Das werfen wir in Swimming Pool.
OMI
Die guten Telefone.
(holt Handschellen und dann Polizeiknüppel
aus dem Sack)
SASCHA
Das haben wir denen alles weggezaubert.
(OMI hält Polizeiuniform in der Hand und
dann Männerslip.)
OMI
Was ist denn das?
GUTE FEE
Ah, da habe ich mich verzaubert.
OMI
Das ist noch ganz warm.
(hält Slip an ihre Backe)
Und wo ist der junge Mann jetzt?
(will ab eilen)
MUTTER
Mutti, bleibe hier!
OMI
Vielleicht sollte sich jemand um den kümmern.
(will ab eilen)
MUTTER
Mutti, bleibe da! Das ist doch viel zu schwer für den
Jungen.
SASCHA
Nein. Das ist nicht zu schwer.
VATER
Ich helfe ihm.
GUTE FEE
In den Swimming Pool.
VATER
Ja.
90
MUTTER
Kommt aber gleich zurück!
(VATER und SASCHA gehen ab durch Tür 2.)
GUTE FEE
Ah.
(berührt ihre Schläfen und schließt die
Augen)
Nochmals eine Stunden Verspätung.
OMI
Wer?
GUTE FEE
Die Böse Fee.
OMI
Die Böse Fee?
GUTE FEE
Ja. Ihre Freundin.
OMI
Was? Diese charmante Frau? Die böse Fee? Ah, werde ich
denn nie lernen?
GUTE FEE
Nein. Nie.
OMI
Warum hat mich da niemand gewarnt?!
GUTE FEE
Ah.
(berührt ihre Schläfen und schließt die
Augen)
Nein. Nochmals zwei Stunden Verspätung. Die Böse Fee.
OMI
Ja gut.
GUTE FEE
Nein. Nochmals zwei Stunden Verspätung? Und dann nochmals
zwei Stunden mit dem Bus hierher? Es kann ein, dass sie
jetzt selber fliegt. Und gleich hier sein wird.
(SASCHA kommt hereingerannt durch Tür 2 mit
Polizeiknüppel und Handschellen in der
Hand.)
SASCHA
Wir haben die Telefon und alles in den Swimming Pool.
91
(VATER kommt zurück durch Tür 2.)
POLIZISTEN/POLIZISTIN
Ayuda!
POLIZISTIN
Ayuda!
POLIZISTEN
Ayuda!
POLIZISTEN/POLIZISTIN
Ayuda!!
GUTE FEE
Wir haben sie in den Heizraum gesperrt.
SASCHA
Nein. Da ist die Umwälzanlage dring für den Swimming
Pool. Die funktioniert aber nicht.
(Krach von hinter den Kulissen.)
SASCHA
Die probieren die Tür aufzubrechen.
GUTE FEE
Sie müssen hier weg. Vor dem Hoteleingang stehen eine
Anzahl Polizeiwagen. Wo sind die Schlüssel.
SASCHA
Ich hab die Schlüssel.
GUTE FEE
Aber zum richtigen Wagen rennen.
SASCHA
Wir nehmen den schnellen Porsche.
Ich kann aber noch nicht Autofahren.
(GUTE FEE gibt VATER Schlüssel.)
GUTE FEE
Sie fahren.
(MUTTER nimmt VATER Schlüssel aus der Hand.)
MUTTER
Nein. Ich fahre.
(OMI nimmt MUTTER Schlüssel aus der Hand.)
92
OMI
Nein. Ich fahre. Du kannst doch nicht aufs Gas drücken.
(MUTTTER nimmt OMI Schlüssel aus der Hand
und gibt diesen VATER)
MUTTER
Nein. Du fährst.
GUTE FEE
Ah.
(befühlt ihre Schlafen und schließt die
Augen)
Nein. Oh Gott.
OMI
Was is`?
GUTE FEE
Ihr Flug wurde storniert. Und auf Morgen verlegt. Die
fliegt jetzt selber. Und wird gleich hier sein. Ich bin
sicher.
Ich werde sie hier empfangen. Und festhalten. Ich werde
versuchen herauszufinden was sie weiter vor hat; sie
rasen mit Blaulicht aus der Stadt.
OMI
Aber wir sind doch gerade erst angekommen?
Wir waren ja noch nicht mal am Strand?
GUTE FEE
Ah. Sie ist gestartet. Ich wusste es.
Sie rasen mit Blaulicht aus der Stadt. Sie schlagen sich
an die Nordküste durch.
VATER
An die Nordküste?
GUTE FEE
Sie können nicht auf direktem Weg zurück nach Berlin. Sie
werden von Interpol gesucht.
SASCHA
Von Interpol? Au toll!
GUTE FEE
Wechseln Sie den Wagen. Wechseln Sie den Wagen öfters.
Von der Nordküste nehmen Sie eine Fähre nach Whitehaven,
Nordengland.
VATER
Soweit rauf?
93
SASCHA
Ist das schon auf dem Mond?
GUTE FEE
"Auf den Mond"? Hinter dem Mond. Niemand wird sie dort
vermuten. Ah, sie ist schon über Frankreich. Schnell. Von
Whitehaven nehmen sie die Bahn nach London. Die Fahrt
dauert ungefähr drei Tage.
VATER
Drei Tage? Für ein paar hundert km?
GUTE FEE
Wenn Sie Glück haben. Von London gibt es Billigbuslinien
nach Berlin. Sie dürfen keine Aufmerksamkeit erregen. Ich
werde Ihnen zu Hilfe kommen. Aber -? Vielleicht muss ich
auch ganz schnell -? auf direktem Weg zurück nach Berlin.
Ich muss herausfinden was sie weiter vorhat.
SASCHA
Wirst du nach Berlin fliegen?
GUTE FEE
Ja.
SASCHA
Ganz alleine?
GUTE FEE
Ja.
SASCHA
Ich lasse dich nicht alleine fliegen.
(SASCHA greift und hält GUTER FEE`S Hand.)
SASCHA
Ich komme mit dir mit. Ich habe Angst, dass du abstürzt.
Heute über Florida dachte ich einmal dass wir alle
abstürzen.
GUTE FEE
Ja. Ich auch.
OMI
Können wir nicht einfach alle nach Florida? Anstatt nach
Berlin? Ich habe mal gehört man könne dort leichter
untertauchen. Bis alles verjährt ist. Auf einer Jacht
oder so?
94
GUTE FEE
Nein. Sie müssen zurück nach Berlin. Sascha ´s neues
Schuljahr beginnt nächste Woche.
(entfernt Sascha ´s Hand)
Sascha, ich fliege alleine.
SASCHA
Aber du musst doch deine Flugkenntnisse zuerst noch etwas
auffrischen.
GUTE FEE
Ja. Genau. Und darum fliege ich alleine.
Keine Widerrede. Und ihr nehmt jetzt alle schnell den
schnellen Porsche. Und rast aus der Stadt.
VATER
Ohne am Strand gewesen zu sein. Ja, so habe ich mir schon
immer meinen Urlaub vorgestellt.
GUTE FEE
Es tut mir leid für die Unannehmlichkeiten die Sie
auszustehen haben.
VATER
Nein. Schon gut. Das tue ich Ihnen gerne zuliebe.
GUTE FEE
Und Sascha zuliebe.
VATER
Ja.
GUTE FEE
Und auch Ihre Schweigermutter zuliebe.
VATER
Ja. OK.
GUTE FEE
Bitte antworten Sie mir in einem Satz: und auch meiner
Schwiegermutter zuliebe.
VATER
Ja. OK.
GUTE FEE
Bitte wiederholen Sie.
VATER
Und auch meiner Schwiegermutter zuliebe.
GUTE FEE
Danke sehr.
95
SASCHA
Die sind sehr streng. Es gibt noch tausende von denen.
VATER
Nein Danke. Mir reicht eine.
GUTE FEE
Schnell, hier: die gefälschten Pässe.
HERR FAQUA
(kommt zu sich)
Wo bin ich?
SASCHA
Wie geht das?
(schlägt Herrn Faqua, Gute Fee nachahmend,
mit beidhändigen Keulenschlag ins Genick)
HERR FAQUA
Au, ah!
GUTE FEE
Nein!
(SASCHA schlägt nochmals zu.)
HERR FAQUA
Ah!
SASCHA
Helf mal, Papi.
MUTTER
Sascha.
GUTE FEE
Sascha, nein.
(GUTE FEE schlägt HERRN FAQUA mit elegantem
Keulenschlag KO.)
HERR FAQUA
ah.
GUTE FEE
Ah, sie fliegt schon über Spanien. Ich probiere sie
umzuleiten.
OMI
Ja sagt mal? Wollt ihr hier übernachten?
SASCHA
Pst. Die Gute Fee zaubert.
96
(Krach von hinter den Kulissen. VATER nimmt
FREDDY den Maulkorb ab.)
POLIZISTEN/POLIZISTIN
Ayuda!
POLIZISTIN
Ayuda!
SASCHA
Wo zauberst du sie hin?
POLIZISTEN
Ayuda!
GUTE FEE
Mitten in den Atlantik. Wo´s die hohen Wellen gibt.
POLIZISTEN/POLIZISTIN
Ayuda!!
SASCHA
Hat´s geklappt?
GUTE FEE
Ich weiß nicht.
POLIZISTEN/POLIZISTIN
Ayuda!!
GUTE FEE
Ich bin zu nervös um zu zaubern. Die Pässe. Werfen Sie
Ihre Passe weg. Nur die gefälschten Pässe benützen.
MUTTER
(zu Sascha)
Bist du sicher, das ist die Gute Fee?
OMI
Ja aber natürlich? Habt ihr denn keine Augen im Kopf?
SASCHA
Vati, dein Handy.
(SASCHA übergibt GUTER FEE Handy)
SASCHA
Nein, nicht schütteln. Hier auf den grünen Knopf drücken.
GUTE FEE
(nach kurzer Pause)
Auf den hier?
97
SASCHA
Nein. Auf den Grünen. Der is´ Rot?
GUTE FEE
Den Hund immer besser am Zoll vorbeischmuggeln. Speziell
in England. Freddy ist in Lebensgefahr.
(zu Vater)
Den Porsche. Wissen Sie wo die Polizeisirene angeht?
SASCHA
Ich weiß.
OMI
Porsche fahren die hier. Stinkfaul sein aber Porsche
fahren.
GUTE FEE
Sascha?
SASCHA
(mit Polizeiknüppel und Handschellen in der
Hand)
Das will ich als Souvenir mitnehmen.
GUTE FEE
Das ist eigentlich nicht erlaubt.
OMI
Na da kommt´s jetzt auch nicht mehr drauf an?
GUTE FEE
Stopp!
(zaubert Polizistin ´s Polizeiuniform auf
die Bühne)
Für Sie.
VATER
Da passt Hannelore nicht rein.
OMI
Da passe ich rein.
MUTTER
Rosanna ´s Fläschchen.
POLIZISTEN/POLIZISTIN
Otra vez. Ahora: Uno, dos, tres!
(Krach von hinter den Kulissen)
GUTE FEE
Schnell.
98
(Alle rennen Richtung Tür 1.)
FREDDY
Wauw wauw wauw wauw wauw wauw wauw! (2 mal wiederholt)
MUTTER
Was hat Sie?
BÖSE FEE
(nach Pause, von hinter den Kulissen)
Ah!
(ALLE gefrieren)
GUTE FEE
Das war sie gerade? Sie ist angekommen?
(schaut in die Höhe durch Tür 2)
(SASCHA und FREDDY rennen ab durch Tür 2.)
GUTE FEE
Nein. Sascha!
MUTTER
Sascha!
GUTE FEE
Nein!
MUTTER
Sascha komm zurück!
VATER
Ich hol ihn.
(rennt ab durch Tür 2)
SASCHA
(von hinter den Kulissen, unverständlich)
Die Fee, die ist, sie ist, die Böse Fee...
GUTE FEE
Was meint er?
MUTTER
Ich weiß nicht.
SASCHA
(von hinter den Kulissen)
Die Fee ist im Swimming Pool...
(SASCHA und FREDDY kommen hereingerannt
durch Tür 2)
99
SASCHA
Die Böse Fee ist im Swimming Pool gelandet!
GUTE FEE
Im Swimming Pool?
OMI
Kommt ihr jetzt endlich?!
(VATER kommt zurück durch Tür 2)
SASCHA
Vati, komm.
MUTTER
Unser Gepäck.
(ALLE rennen ab durch Tür 1 mit Gepäck;
SASCHA mit Rosanna ´s Wiege.)
POLIZISTEN/POLIZISTIN
Ayuda!!
(GUTE FEE kommt herein gerannt, sie hört
Krach, erschrickt, schaut hinauf aus Tür 1,
und rennt in die Mitte des Zimmers.)
POLIZIST
Help!
POLIZISTIN
Hilfe!
POLIZISTEN/POLIZISTIN
Ayuda!!
(GUTE FEE fängt
betrachten. Sie
zieht Tischtuch
Herrn Faqua mit
den Spiegel.)
an sich ruhig im Spiegel zu
schaut auf Herrn Faqua,
von einem Tisch und bedenkt
diesem und eilt zurück vor
100
2. AKT
2. Szene
(BÖSE FEE kommt herein durch Tür 2 triefend
nass mit ruinierter Frisur und mit ihren
Schuhen in der Hand und schaut um sich.)
GUTE FEE
Ah? Was für eine Überraschung? Ich hatte Sie noch in
Berlin vermutet.
Die Bar.
BÖSE FEE
Rustikal.
GUTE FEE
Ja. Sehr rustikal.
BÖSE FEE
Familie Schrecklich...
GUTE FEE
(einfallend)
Wer?
BÖSE FEE
Familie Schrecklich...
GUTE FEE
Von wem reden Sie?
(Polizeisirene)
GUTE FEE
(nach kurzer Pause)
Sie sind ja ganz nass. Was ist denn passiert? Runter mit
dem nassen Zeug.
(zieht Tischtuch vom Tisch)
Hier, nehmen Sie.
(überreicht Tischtuch)
Und Ihre Haare. Schrecklich. Da.
(überreicht Geschirspültuch)
(BÖSE FEE zieht sich hinter der Bar um.)
GUTE FEE
Sie sind im Swimming Pool gelandet. Vielleicht sollten
Sie etwas Nachhilfeunterricht nehmen bei mir. Im fliegen.
(BÖSE FEE inspiziert Sonnen/Palmen Bild.)
101
POLIZISTEN/POLIZISTIN
De novo: Ahora: Uno, dos tres!
(Krach von hinter den Kulissen.)
GUTE FEE
Ein sehr lautes Hotel.
(BÖSE FEE begutachtet Revolver.)
GUTE FEE
Nur Schreck-Knall.
BÖSE FEE
Schreck-Schuss.
GUTE FEE
Ja.
BÖSE FEE
(stolpert, schaut unter Tischtuch)
Und Sie hatten einen Guten Flug?
GUTE FEE
Danke. Ausgezeichnet.
(BÖSE FEE legt Herrn Faqua frei.)
GUTE FEE
Problemlos. Wenn Sie bitte Ihre Person etwas zur Seite
stellen würden.
Danke sehr.
(Krach von hinter den Kulissen.)
POLIZISTEN/POLIZISTIN
Ayuda!
POLIZIST
Ayuda!
POLIZISTIN
Ayuda!
POLIZISTEN/POLIZISTI
Ayuda!!
BÖSE HILFE
Hier ruft jemand um Hilfe.
POLIZISTEN/POLIZISTIN
Ayuda!!
102
GUTE FEE
Straßenmusikanten. Ein sehr musikalisches Volk.
(begutachtet sich im Spiegel)
BÖSE FEE
"Ayuda", heißt Hilfe. Ich spreche Spanisch. Es ruft hier
jemand um Hilfe.
GUTE FEE
Ah, Entschuldigung. Falls Sie den Spiegel brauchen.
BÖSE FEE
Nein Danke.
GUTE FEE
Ja. Vielleicht besser nicht.
BÖSE FEE
Sie tun gerade so als ob Sie die Göttin der Schönheit
wären. So eine Art unentdeckte Aphrodite. Aber das sind
Sie nicht. Mein Rat an Sie ist daher etwas mehr
selbstkritisch in den Spiegel zu schauen. Besserwissend;
eingebildet; eitel. Inkompetent. Wie konnten Sie nur so
eine Karriere machen. Das verstehe ich nicht. Und werde
ich nie verstehen.
Mit 6tausend Jahren haben Sie Ihr Alter angegeben. Da
haben Sie sich um glatte 14tausend Jahre verrechnet. Was
macht nochmal 14 und 6? Das bringen sogar Sie noch hin.
GUTE FEE
Ihre Pläne sind fehlgeschlagen. Frau Billermann wird
nicht im Spanischen Knast landen, Sascha in keinem
Kinderheim usw. usf.
BÖSE FEE
Fehlgeschlagen? Aber nein? Ich habe das Gefühl, dass ich
Familie Hauser jetzt erst so richtig in der Hand habe.
Diese Polizeisirene? Familie Hauser. Mh? Auf der Flucht.
Im geklauten Polizeiwagen. Und was haben Sie mit dem
angestellt? Oder war das auch Familie Schrecklich?
GUTE FEE
Ich bewege mich streng im Rahmen meiner Richtlinien.
BÖSE FEE
Ah, dann waren Sie das?
(nimmt Herrn Faqua Ausweis aus der
Jackettasche)
Deutsches Konsulat.
(wirft Ausweis rücklings hinter die Bar)
Ich glaube, Sie haben Ihre Richtlinien hier etwas zu frei
interpretiert. Und Familie Schrecklich auf der Flucht.
Zurück nach Berlin. Und wissen Sie woher ich das weiß?
103
BÖSE FEE
(fortgesetzt, hämisch)
Sascha ´s neues Schuljahr beginnt nächste Woche.
Sie sind ein offenes Buch. Und wissen Sie was ich nun
sofort und augenblicklich tun werde?
GUTE FEE
Ihre Pläne ist das Allerletzte das mich interessiert.
BÖSE FEE
Ich werde augenblicklich und sofort nach Berlin
zurückfliegen.
GUTE FEE
Erster Klasse? Na dann viel Vergnügen.
BÖSE FEE
Und in Berlin angekommen werde ich für Familie Hauser
einen Empfang arrangieren. Ich werde veranlassen, dass
die Deutschen Behörden sich um Familie Hauser kümmern.
Familie Hauser wird es leid tun nicht lieber im
Spanischen Knast geblieben zu sein.
GUTE FEE
Ich werde Familie Hauser in Berlin genau so beschützen
wie ich Sie hier beschützt habe.
BÖSE FEE
Die arme Familie.
POLIZISTEN/POLIZISTIN
De novo: Una, dos, tres!
(Krach von hinter den Kulissen)
BÖSE FEE
Ah, und dann habe ich noch mal eine kleine Idee. Zwischen
Spanien und Deutschland wird es zum diplomatischen Fracas
kommen. Wie finden Sie das? Das war nur noch mal so ´ne
kleine Idee von mir.
(Handy)
GUTE FEE
Hallo?
(drückt nach kurzem Nachdenken)
Hallo?
(schüttelt Handy)
BÖSE FEE
Den grünen Knopf. Und nicht schütteln. Ja, die moderne
Technik, eine Ihrer vielen, vielen Schwächen. Und nachdem
ich Familie Hauser den Deutschen Behörden übergeben habe
104
BÖSE FEE
(fortgesetzt)
gibt es eine kleine Überraschung für Sie. Ich habe
beantragt, dass ein Disziplinarverfahren gegen Sie
eingeleitet wird.
GUTE FEE
Wieder mal?
BÖSE FEE
Ihr letztes Disziplinarverfahren hat sich über 600 Jahre
lang hingezogen.
GUTE FEE
Ah, ich verstehe: Zermürbungstaktik. Gut. Dann spielen
wir eben dieses Spiel. Ich hoffe, Sie haben einen guten
Nervenarzt.
BÖSE FEE
Ha, ha, ha.
(Handy)
GUTE FEE
(drückt nach kurzem Überlegen)
Hallo? Sascha? - Wo seit ihr? - In einem anderen Wagen?
BÖSE FEE
Geklaut. Mh?
GUTE FEE
Gibt mir mal deinen Vater. - Hallo? - Nein, ihre Pässe
wegwerfen. Nur die gefälschten Pässe benützen. Und den
Hund immer am Zoll vorbeischmuggeln. - Nein. Speziell in
England. Hallo?
(schüttelt Hand)
Hallo?
BÖSE FEE
Nicht schütteln.
Diese Omi verdient Zuchthaus. Zuchthaus mit Einzelhaft.
Und das wissen auch Sie. Und dieses Früchtchen...
GUTE FEE
Sascha.
BÖSE FEE
(lacht)
Ich verstehe. Ich kenne alle Ihre kleinen Schwächen. Und
ihre eine große: Sie benehmen sich mit der totalen
Unvernunft. Sie riskieren Ihre Position, Ihre
Beförderungschancen, Ihre gesellschaftliche Stellung? Und
warum? Sie fassen sich so schön kurz. Könnten Sie mir das
105
BÖSE FEE
(fortgesetzt)
bitte noch einmal vormachen: das sich kurz fassen. Ich
möchte das so gerne von Ihnen lernen.
Ich warte.
GUTE FEE
(nach Pause)
Ja. Ich liebe ihn. Und ich würde alles für ihn tun.
(mit verzweifelt, dramatischer Pose)
Alles.
BÖSE FEE
(lacht)
Ihr Achillesferschen.
(HERR FAQUA rappelt sich auf und wird von
GUTER FEE sofort KO geschlagen.)
HERR FAQUA
ah.
BÖSE FEE
Der Wagen geklaut. Die Pässe gefälscht. Und was ist denn
mit der Bar passiert? Und da draußen? Da haben Sie die
spanische Polente eingesperrt. In den Heizraum. Oder was
ist da draußen los? Und wenn der zu sich kommt, schlagen
Sie den nochmal KO.
Ihr Untersuchungsausschuss wartet.
Zuallererst wird eine schriftliche Stellungnahme
ihrerseits erwartet. Sie kennen die Prozedur. Ich habe
Sie mit dieser Prozedur bereits ausführlich bekannt
gemacht. Und ein guter Rat von mir - wenn ich darf? Darf
ich?
GUTE FEE
Bitte.
BÖSE FEE
An Ihrer Stelle würde ich mit der Ausarbeitung meiner
schriftlichen Stellungnahme nun sofort und augenblicklich
beginnen.
POLIZISTEN/POLIZISTIN
De novo: Uno, dos, tres!
(Lauter Krach von hinter den Kulissen)
GUTE FEE
Nein.
Ich werde persönlich vor meinen Richtern erscheinen.
106
BÖSE FEE
Ach? Sie wollen persönlich vor Ihren Richtern erscheinen.
GUTE FEE
Ja. Ich...
(hält ein)
BÖSE FEE
Ja?
GUTE FEE
Ich weiß auch schon was ich anziehen werde.
(Alle POLIZISTEN, außer Polizist, kommen
herein - einer ohne Unterwäsche - durch Tür
1.)
POLIZIST 2
Arrestado. Todos.
BÖSE FEE
Wie bitte?
GUTE FEE
Ich dachte, Sie sprechen Spanisch?
POLIZIST 2
Verhaftet.
(POLIZIST 2 berührt BÖSE FEE)
BÖSE FEE
Ah!
(zaubert mit Fußstampfer)
(POLIZISTEN schauen sich an und hauen sich
dann gegenseitig mit ihren Köpfen KO.
POLIZIST 1 hinkt herein durch Tür 1, haut
sich mit dem Kopf gegen die Wand KO.)
POLIZIST !
Aah!
(sinkt nach zweitem
Anlauf zu Boden)
GUTE FEE
Warum diese Aggressivität?
(POLIZIST 1 rappelt sich auf und kniet vor
Guter Fee.)
POLIZIST 1
Espanol.
107
GUTE FEE
Ja. Natürlich. Ein wohl platzierter Schlag...
(Keulenschlag)
POLIZIST 1
ah.
(sinkt KO zu Boden)
GUTE FEE
... hat den gleichen Effekt und ist fast schmerzlos.
(BÖSE FEE macht Sekt auf.)
GUTE FEE
(erschrickt leicht)
Ah.
BÖSE FEE
Nur Schreck-Knall. Sie trinken einen mit?
GUTE FEE
Danke sehr. Sehr freundlich.
(BÖSE FEE trinkt in einem Zug aus. GUTE FEE
trinkt Tröpfchen und verzieht dann das
Gesicht. BÖSE FEE schenkt nach.)
GUTE FEE
Danke. Ich habe noch.
BÖSE FEE
Köstlich. Also das können sie hier.
Wissen Sie, ich bin großzügig heute. Ich mache Ihnen
einen Vorschlag.
POLIZIST 1
(rappelt sich auf)
Arrestado.
BÖSE FEE
Wie geht das?
GUTE FEE
Nein, lassen Sie mich.
BÖSE FEE
Nein. Jetzt bin ich an der Reihe.
(schlagt Gute Fee kopierend zu)
POLIZIST 1
Au, au!
108
GUTE FEE
Nein.
(BÖSE FEE schlägt nochmals zu.)
POLIZIST
Aah!
GUTE FEE
Nein.
(steigt auf Stuhl)
Sanft und doch hart. So:
POLIZIST 1
ah.
(sinkt KO zu Boden)
(BÖSE FEE hilft GUTER FEE vom Stuhl.)
GUTE FEE
Danke sehr.
BÖSE FEE
Ich mache Ihnen einen Vorschlag.
(trinkt)
(POLIZISTIN kommt durch Tür 1 herein. Sie
trägt Unterwäsche.)
POLIZISTIN
Madre de Dios.
GUTE FEE
Un momento por pedido.
BÖSE FEE
Das war - vielleicht - gerade Portugiesisch. Aber wir
sind in Spanien. In Spanien spricht man Spanisch. Und
- mit M - um momento...
GUTE FEE
(einfallend)
Um momente por pedido.
BÖSE FEE
Un momente, por favor! Mein Gott, Frau Billermann spricht
besser Spanisch als Sie.
GUTE FEE
Um momento por favor.
BÖSE FEE
Nein, das mache ich.
109
GUTE FEE
Nein nicht jetzt nachdem Sie in Stimmung gekommen sind.
BÖSE FEE
Sie setzen sich.
GUTE FEE
Nein.
Bitte. Sie brauchen nicht alarmiert zu sein.
Was heißt das auf Spanisch?
Ich bin die Gute Fee. Intendo?
POLIZISTIN
Si.
BÖSE FEE
Sie und die Gute Fee. Das ich nicht lache.
GUTE FEE
Nein, das mache ich.
BÖSE FEE
Nein, jetzt bin ich an der Reihe. "Sanft aber doch hart".
Bitte treten Sie zur Seite.
GUTE FEE
Nein. Prego.
(schlägt zu)
POLIZISTIN
ah.
(sinkt KO zu Boden)
BÖSE FEE
Und das war gerade italienisch. Nein, das werde ich nie
verstehen.
(trinkt)
Ich wollte Ihnen einen Vorschlag machen.
GUTE FEE
Ja, das wollten Sie. Können Sie sich noch daran erinnern
was es war?
BÖSE FEE
(während sie sich nachschenkt)
Wir machen einen Kompromiss. Sie überlassen mir Familie
Hauser und ich werde es zu keinen Disziplinarverfahren
kommen lassen.
GUTE FEE
Nein Danke. Ich trinke auf Ihre totale Niederlage.
110
BÖSE FEE
Und ich auf die Ihre.
(GUTE und BÖSE FEE lassen die Gläser
klingen. BÖSE FEE trinkt in einem Zug aus.
GUTE FEE trinkt Höflichkeits-Tröpfchen,
verzieht ihr Gesicht und schaut dann mit
Killerblick auf die sich nachschenkende
BÖSE.)
(Vorhang)
111
3. AKT
1. Szene
(Im Kinderschlafzimmer.
Polizeiknüppel und Handschellen
hängen über Sascha ´s Bett.
Daneben hängt ein großes Bild:
"Sascha im BlumenballettKostüm, neben Sascha steht ein
Mann in einer Tanz-Pose der
gleichfalls ein BlumenballettKostüm trägt."
Der Gummistock hat sich erholt
und steht mit Stäben gestützt
aufrecht aber mit weniger
Blättern.)
(SASCHA und FREDDY im Bett. MUTTER steht vor
Bett.)
MUTTER
Gute Nacht, Sascha.
SASCHA
Ist jetzt alles wieder gut?
MUTTER
Ja. Alles.
SASCHA
Aber Omi hat gesagt...
MUTTER
(unterbrechend)
Du musst jetzt schlafen.
SASCHA
Omi hat gesagt...
MUTTER
(unterbrechend)
Was Omi sagt ist nicht wichtig. Du musst auf mich hören.
SASCHA
Mir hat´s in England gefallen. Die Zugfahrt war toll.
Aber in Spanien hat´s mir noch besser gefallen. Und wann
dürfen wir wieder nach Spanien, Mutti?
MUTTER
Sascha, was ich dir zu erklären versucht habe: wir haben
alle Einreiseverbot.
112
SASCHA
Ganz Berlin?
MUTTER
Nein. Nur wir.
SASCHA
Und warum darf Omi nach Spanien?
MUTTER
Omi hat eine Sondergenehmigung bekommen. Omi wird bald
wieder zurück sein.
SASCHA
Wird sie in ein Verließ geworfen?
MUTTER
Nein.
SASCHA
Aber Omi hat gesagt...
MUTTER
(unterbrechend)
Es ist alles wieder gut, Sascha.
OMI
(von hinter den Kulissen)
Ute! Kommst du jetzt endlich!
MUTTER
Ich muss raus, Sascha. Omi braucht mich.
SASCHA
Und wo hat´s dir besser gefallen? In Spanien oder in
England.
OMI
(von hinter den Kulissen)
Ute! Ich dachte, du wolltest mir helfen?!
MUTTER
Ich muss mich um Omi kümmern.
(OMI komm herein im Haut Couture Kostüm;
neue Frisur, hohe Schuhe, Hut, tolles
Make-up...)
OMI
Also bis du kommst habe ich den Hut 10 Mal alleine
aufgesetzt. Ah, ich bin ganz verliebt in diesen Hut. Du,
dieses Make-up habe ich zum ersten Mal ganz alleine
113
OMI
(fortgesetzt)
geschafft. Da kannst du so viel sparen. Ich dachte, du
wolltest mir helfen? Aber du bist natürlich wieder mal
anderweitig beschäftigt.
Ja, wie gefällt dir jetzt dieser Hut? Steht mir das jetzt
oder nicht?
MUTTER
Natürlich steht dir das, Mutti. Ganz, ganz phantastisch.
Das habe ich dir schon ein paar Mal gesagt. Und Achim
auch. Bitte frage ihn nicht noch einmal.
SASCHA
Wirst du in ein Verließ geworfen?
OMI
Wo hat der denn diesen Blödsinn her?
MUTTER
Von dir, Mutti.
OMI
Hast du mit dem Jungen geredet?
MUTTER
Ja. Ja und nein.
OMI
Ich werde noch einmal verrückt in diesem Haus. Deine Omi
ist unschuldig.
(zu Mutter)
Ja? Die könnten mir ja nichts beweisen?
SASCHA
Die Gute Fee hat uns gerettet.
OMI
Gute Fee, Böse Fee. Die sind alle gleich wenn ihr mich
fragt. Da gibt es keinen Unterschied. Ute, hast du das in
den Nachrichten gehört? Die Bundeskanzlerin hat sich beim
Spanischen Volk entschuldigt.
MUTTER
Der Bundespräsident, Mutti.
OMI
Ja, hab ich doch gesagt. Als ob die nichts Besseres zu
tun hat.
Mutter
Es ist ein Wunder, dass alles noch so gut ausging.
114
OMI
Ich glaube nicht an Wunder.
MUTTER
Dem Kind geht es nicht gut. Hast du was?
OMI
Was soll ich denn haben? Und wenn ich aus der Talkshow
aus Spanien zurückkomme, dann bin ich nicht mehr so dumm.
MUTTER
Sascha? Weinst du?
OMI
Dann wird wirklich Kohle gemacht. Da hätte ich viel mehr
nehmen können.
MUTTER
Hast du was?
OMI
Ah, warum bin ich immer so dumm?! Ute? Ich rede mit dir?
Nur falls du das noch nicht mitbekommen hast. Und was
glaubt du wie ich denen die Meinung sagen werde. Noch auf
dem Flughafen. Da bekommen se schon ´n kleinen
Vorgeschmack. Diesen Espanols werde ich mal so richtig
die Meinung - wie man so schön sagt. Du und meine Tests
sind jetzt doch alle OK. Gott sei Dank.
MUTTER
Dem Kind geht es nicht gut. Ich hole ein
Fieberthermometer.
SASCHA
Nein!
OMI
Was ist jetzt schon wieder los?!
SASCHA
Ich habe kein Fieber.
OMI
(fühlt)
Dem geht´s ausgezeichnet. Da, der lacht doch.
SASCHA
Könnt ihr jetzt bitte gehen. Ich warte auf Besuch.
OMI
Ah, der Kleine wirft uns raus. Ja, dann gehen wir eben.
115
MUTTER
Er hat gesagt, er wartet auf Besuch?
OMI
Ute, du würdest dieses Kind am liebsten -? an ein paar
Schläuche hängen. Der wird erwachsen. Das musst du
akzeptieren. Komm, gib deiner Omi ein Küsschen. Vorsicht!
Mein make-up. Du, das machen die toll. Man erkennt sich
nicht wieder. So gut beraten wurde ich noch nie. Da
kannst du so viel lernen. Ute, ich habe zwei Termine, da
muss der mit.
MUTTER
Sascha?
OMI
Ja. Du? Sascha kommt morgen schon wieder in der
Bildzeitung? Eine riesige Reportage über ihn mit zwei
Bildern? Großformat. Man muss die Kohlen, oder das Brot
backen, oder wie geht das? Und der Hund muss mit. Das
nächste Mal. Nach Spanien. TV Arriva, die wollen, dass
der Hund mitkommt.
SASCHA
Man darf Freddy nicht mehr so viel herumziehen.
OMI
Einmal nach London und zurück das wird sie ja noch
schaffen. Freddy kann ruhig was beitragen zum
Familienbudget. Nach London, das ist aber erst nächsten
Monat. Aber da müsst ihr dann auch mit.
MUTTER
Mutti?
OMI
Das ist schon alles arrangiert. Ich habe jetzt einen ganz
tollen neuen Agenten. Er macht die ganzen Auslandssachen.
Und wir reisen natürlich nur Erster Klasse. Ah, nach
England, da graust ´s mir ja schon. Da sollten mal ´ne
Landung von uns dort rüber um dort mal ´n bisschen
Ordnung zu schaffen. Augenblick.
(schaut auf ihr Handy)
Ute? Nein. Ah. Ute? Die zwei Marokkaner? Wart mal?
(ließt)
Die kommen nach Berlin und leben 4 Wochen lang mit mir.
Bei mir in der Wohnung.
(zu Mutter)
Mein Agent. Kam gerade durch.
(ließt)
Die haben ihr Visa jetzt doch bekommen. (zu Mutter)
Die sind jetzt ja volljährig.
116
OMI
(fortgesetzt, schaut auf Handy, ließt)
Und das wird dann alles gefilmt. 35 Fernsehkanäle
weltweit haben bereits das Programm gekauft.
(zu Mutter)
Bevor wir überhaupt zu filmen angefangen haben.
(schaut auf Handy, ließt)
Ah. Wir brauchen dann auch Freddy. Die zwei Marokkaner
können keine Hunde ausstehen und Freddy muss mal eine
Nacht bei denen im Bett schlafen.
(zu Mutter)
Das finde ich eine tolle Idee. Ah, dieser Mann ist Gold
wert. Die Ideen die der hat.
Ah, das arme Tierchen, was die mitmachen musste? Muss die
jetzt auf diese Hundeschule?
MUTTER
Ja.
OMI
Und da kann man nichts machen?
MUTTER
Nein, wir haben alles versucht. Die Spanier bestehen
darauf.
OMI
"Die Spanier bestehen darauf." Ja, sag mal? Wir können
uns doch nicht von den Spaniern vorschreiben lassen wie
wir unsere Hunde zu erziehen haben?
MUTTER
Mutti? Sie hat einen spanischen Polizisten gebissen? Und
auch gleich noch in beide Beine? Man hat Biss-Spuren an
seinen Fibulas nachweisen können.
OMI
An was wo? Fubju was?
MUTTER
An seinen Wadeknochen.
OMI
Aber den Deutschen Konsul hat sie nicht gebissen? Und das
müsste man ihr doch hoch anrechnen? Und der Tierschutz?
MUTTER
Die seien machtlos. Aber sie zahlen jetzt wenigstens die
Hundeschule auf die sie muß.
OMI
Dass sie dem Deutschen Konsul nicht gebissen hat, da
hätte der Tierschutz viel mehr daraus machen sollen.
117
OMI
(fortgesetzt)
Ah, das arme Tierchen. Wochenlang so
Disziplinarunterricht. Das stell ich mir furchtbar vor.
Ah, der Hut? In Spanien? Ich brauche doch was mit
Sonnenschutz? Daran habe ich jetzt nicht gedacht.
(zu Sascha)
Und wir zwei, wir gehen nach Florida. Und dann auf eine
Safari.
(zu Mutter)
Das der die Welt ein wenig mehr kennen lernt.
(zu Sascha)
Du möchtest doch gerne mit mir mitkommen?
(zu Mutter)
So, jetzt aber raus hier.
(schaut auf Bild, setzt Brille auf)
Sascha? Hast du da ein Röckchen an?
SASCHA
Ich tanze eine Blume.
OMI
Eine Blume? Von was redet der?
MUTTER
Sascha muss Ballettunterricht nehmen. Teil seines
Antiaggressions-Trainings.
OMI
Sascha ist ein Engel. Sascha könnte keiner Fliege was zu
leide tun?
MUTTER
Ich weiß. Die sagen, Sascha hätte den Deutschen Konsul KO
geschlagen.
OMI
Aber das war nicht er? Die Gute Fee hat den Deutschen
Konsul KO geschlagen.
MUTTER
Ich weiß?!
OMI
Ja und dieses kleine Ding, dieser Gunikum...
MUTTER
(einwerfend)
Herr Günicke.
OMI
Ja. ... der tanzt da mit?
118
MUTTER
Sascha ´s Sozialarbeiter ist ein ganz sensibler Mensch.
OMI
Ja, so habe ich den auch eingeschätzt. Ich hoffe nur es
ist nicht zu sensibel.
Du, das is´ ´ne andere Zeit heute. Da kommen wir nicht
mehr mit.
Na ja, solange die dafür bezahlen? Die zahlen doch den
Ballettunterricht?
MUTTER
Ja.
OMI
Na also.
MUTTER
Und Sascha, du weist was Matthias gesagt hat? Du sollst
den Polizeiknüppel über deinem Bett abnehmen.
SASCHA
Da habe ich mich noch nicht entschieden.
MUTTER
Sascha.
SASCHA
Er muss mich zuerst noch überreden.
MUTTER
Sascha, bitte mache deinen Sozialarbeiter das Leben nicht
so schwer.
SASCHA
Den brauche ich, falls ich mal ´n Polizisten tanze.
MUTTER
Dann nehme wenigstens die Handschellen ab.
OMI
Wie? Was? Von was redet ihr?
MUTTER
Sascha meint...
OMI
(unterbrechend)
Komm. Raus hier.
SASCHA
Falls ich mal ´n Polizisten tanze.
119
OMI
Von was redet der? Ich verstehe kein Wort komm raus.
(OMI und Mutter gehen ab.)
120
3. AKT
2. Szene
(Nach Pause tritt GUTE FEE auf
mit sich schlagartig änderndem
Licht. Sie und ihr Kleid
schimmer und leuchten in alle
Farben. SASCHA sitzt im Bett
auf und schaut auf Gute Fee.)
GUTE FEE
(vom Bett abgewandt, sich nervös im Spiegel
betrachtend)
Entschuldigung. Ich habe mich verspätet. Ich weiß. Aber
ich musste heute um die halbe Welt. Und dann musste ich
mich auch noch umziehen.
(weiterhin ohne Augenkontakt zu machen)
Sascha, ich habe mich nicht immer wie eine Gute Fee
benommen. Ich habe Dinge getan die ich hätte nicht tun
sollen. Das muss unter uns bleiben. Da darf so wenig wie
möglich davon herauskommen.
SASCHA
Ich habe gesagt, dass ich das war. Ich habe gesagt, dass
ich den Deutschen Konsul KO geschlagen habe.
GUTE FEE
(nach kurzer Pause)
Danke sehr.
(nach Pause auf Bett zugehend)
Sascha, wir müssen miteinander reden.
SASCHA
Ich habe dir einen Brief geschrieben.
GUTE FEE
Einen Brief?
SASCHA
(verlässt Bett und deutet)
Hier.
GUTE FEE
Was ist das?
SASCHA
Ein Brief.
GUTE FEE
Und den hast du geschrieben?
121
SASCHA
Ja. In Schönschrift.
GUTE FEE
Für mich?
SASCHA
Ja. Und die Blumen sind auch für dich.
GUTE FEE
(reißt Umschlag auf und lässt diesen zu
Boden fallen)
So schön geschrieben. So flüssig. Mit so viel Stil. Und
mit soviel...
(hält fast weinend ein)
SASCHA
Und das ist auch für dich.
(übergibt Päckchen)
GUTE FEE
(öffnet Päckchen und lässt Papier zu Boden
fallen)
Ein Buch. Über...
(weinend)
Raumfahrttechnik. Dein Lieblingsbuch.
(BÖSE FEE kommt herein Haut Couture Look)
BÖSE FEE
Guten Abend. Störe ich?
GUTE FEE
Immer im falschen Augenblick. Na ja, dazu gehört auch
Talent. Das mit dem finanziell ruinieren ging ja total
daneben. Omi wird sich bald eine Villa kaufen. Und
Hauser ´s werden auch umziehen. Etwas mit Garten. Für
Freddy. Jetzt da sie etwas älter wird. Und es wird keinen
diplomatischen Fracas geben zwischen Deutschland und
Spanien. Der die Bundes -? hat sich persönlich
entschuldigt beim spanischen Volk.
BÖSE FEE
Familie Hauser steht unter staatlicher Überwachung.
GUTE FEE
Sascha ´s Sozialarbeiter habe ich persönlich ausgesucht.
Und Freddy hat ein ärztliches Attest, dass sie an keine
Disziplinarunterricht teilnehmen kann. Aus
gesundheitlichen Gründen.
(schaut und sucht in ihrer Handtasche aus
der dabei Dinge fallen.)
122
BÖSE FEE
Vergessen. Mh?
(hilft aufzulesen)
GUT FEE
Danke sehr.
(zaubert)
(Attest flatter von der Decke.)
GUTE FEE
Hier, Sascha. Wichtig.
(übergibt Attest)
SASCHA
Entschuldigung.
BÖSE FEE
(hämisch-ironisch)
Ah, der Kleine meldet sich zu Wort?
SASCHA
Wir haben etwas Persönliches zu besprechen. Vielleicht
könnten Sie kurz in den Schrank gehen.
BÖSE FEE
In den Schrank.
SASCHA
Ja.
GUTE FEE
Ich glaube, Sie werden das etwas zu eng finden.
SASCHA
Oder auf den Balkon.
BÖSE FEE
Es regnet.
SASCHA
Ich hole Ihnen einen Schirm.
(eilt)
GUTE FEE
Nein, Sascha! Sie hat verstanden. "Einen Wink mit dem
Zaunpfahl...". Sie kennen diesen Ausdruck? Adieu.
BÖSE FEE
Nein. Nicht Adieu.
(beugt sich über Sascha)
Auf Wiedersehen.
123
BÖSE FEE
(fortgesetzt)
Und wir beide, wir sehen uns bei Ihren
Disziplinarverfahren. Und auch ich werde persönlich
erscheinen.
Und auch ich weiß schon was ich anziehen werde.
GUTE FEE
Dieses zwei Nummern zu kleine Kostüm?
BÖSE FEE
Ah.
(will davon stürmen)
Ah, Blumen. Für mich. Wie aufmerksam. Danke sehr. Und
sogar ein Buch. Da freue ich mich aber.
SASCHA
Sie...
(zeigt)
GUTE FEE
Lass sie.
BÖSE FEE
Und nun kommt gleich Ihr letzte große Szene. Das große
Finale. Ja, Sie haben es mal wieder geschafft.
(hämisch-ironisch)
Aber nun brechen Sie gleich sein kleines Herzchen. Ah,
jetzt wird es gleich ganz herzzerreißend. Das werde ich
mir anschauen.
(lacht)
Ich werde mich wie üblich köstlich amüsieren.
Auf Wiedersehen.
(BÖSE FEE geht lachend ab mit Blumen und
Buch.)
SASCHA
Sie hat...
(hält ein)
GUTE FEE
Nein. Lass sie.
(SASCHA will BÖSER FEE hinterher eilen.)
GUTE FEE
Lass sie, Sascha!
(GUTE FEE wühlt kurz in ihrer Handtasche,
besprüht sich mit Parfüm und sprüht dann
kurz in Richtung abgegangener Böser Fee.)
124
GUTE FEE
Und nun müssen wir uns verabschieden. Adieu.
SASCHA
Und wann kommst du wieder?
GUTE FEE
Nie mehr.
SASCHA
Nie mehr?
GUTE FEE
Nein. Danke für die - Blumen. Und für das Buch über
(kämpft mit Tränen)
Raumfahrttechnik. Ich werde dich nie vergessen. Und du
wirst mich auch nie vergessen.
SASCHA
(ohne Verständnis)
Nein. Nie.
GUTE FEE
Adieu.
(will abgehen, wendet sich)
Ich muss jetzt gehen.
SASCHA
Warum?
(GUTE FEE will ab eilen.)
SASCHA
Warum?!
GUTE FEE
(hält ein, kommt zurück)
Hier. Dein Taschenrechner.
SASCHA
Den brauch nicht. Ich habe noch drei andere.
GUTE FEE
Noch drei?
SASCHA
Ja.
GUTE FEE
Dann kann ich den mitnehmen?
125
SASCHA
Das ist mir egal. Den will ich sowieso nicht mehr. Und
den kannst du auch haben.
(übergibt Taschenrechner)
(GUTE FEE will ab eilen.)
SASCHA
Und den hier auch!
Da.
(übergibt weiteren Rechner)
Der hat Sammlerwert.
GUTE FEE
Sammlerwert?
SASCHA
Ja. Das war der erste mit Solartechnik.
GUTE FEE
Mit Solartechnik?
SACHA
Ja.
GUTE FEE
Danke sehr.
(will ab eilen)
SASCHA
Und wann kommst du wieder?
GUTE FEE
(aufheulend)
Nie mehr!
(will ab eilen)
(SASCHA rennt und stellt sich mit erhobenen
Armen vor die Gute Fee.)
SACHA
Ich lasse dich nicht gehen.
GUTE FEE
(flüchtet sich in die Mitte des Zimmers.)
Nein.
SASCHA
Ich möchte dich heiraten.
GUTE FEE
Ah.
126
(GUTE FEE und SASCHA eilen aufeinander zu.)
SASCHA
Natürlich noch nicht jetzt.
(GUTE FEE hält fragend ein.)
SASCHA
Ich bin doch noch zu jung um zu heiraten.
GUTE FEE
Natürlich.
SASCHA
Ich möchte, dass du immer bei mir bleibst.
GUTE FEE
Das geht nicht.
SASCHA
Warum nicht?!
GUTE FEE
Ah!
(GUTE FEE will ab eilen aber hat
Zusammenbruch und geht schreiend-heulend auf
die Knie und lässt dabei Taschenrechner auf
den Boden fallen.)
BÖSE FEE
(lacht von hinter den Kulissen)
(GUTE FEE stützt sich auf die Beine und
torgelt heulend Richtung Regal.)
GUTE FEE
Nein.
BÖSE FEE
(lacht von hinter den Kulissen)
(GUTE FEE steigt auf Stuhl.)
SASCHA
Ich lasse dich nicht gehen.
(zieht an Guter Fee ´s
Kleid.)
GUTE FEE
Nein. Wir müssen vernünftig bleiben.
(Bücher fallen vom Regal.)
127
BÖSE FEE
(lacht von hinter den Kulissen)
FREDDY
Wauw. Wauw wauw wauw wauw wauw!...
(GUTE FEE steigt vom Stuhl mit Buch.)
GUTE FEE
Freddy. Freddy. Bitte.
(liest vor)
Es war einmal ein kleiner Fisch. Und der kleine Fisch, er
liebte einen Vogel.
FREDDY
Wauw wauw wauw wauw wauw wauw wauw!
GUTE FEE
Freddy. Bitte.
GUTE FEE
Es war einmal ein kleiner Fisch,
Und der kleine Fisch, er liebte einen Vogel.
SASCHA
War der im Pazifik oder im Atlantik?
Der kleine Fisch?
GUTE FEE
Er schwamm überall.
Und der kleine Fisch, er liebte einen Vogel.
SASCHA
Was für einen Vogel.
GUTE FEE
Es muss eine
(weinend)
Nachtigall gewesen sein.
SASCHA
Eine was?
GUTE FEE
... eine Nachtigall gewesen sein.
Und das Vöglein sagte: "Du musst nur ganz fest hoffen und
ein Wunder wird geschehen". Und der kleine Fisch hoffte.
Er hoffte und hoffte. Sein ganzes Leben lang. Aber kein
Wunder geschah. Und weißt du was das Schlimmste ist?
Niemand kann seine Tränen sehen.
(will Buch überreichen)
Hier.
128
SASCHA
Was soll ich damit?
GUTE FEE
Für dich.
(SASCHA reißt GUTER FEE Buch aus der Hand
und wirft es auf den Boden.)
SASCHA
Ich möchte keine Märchen mehr hören.
GUTE FEE
Sascha, jetzt bleib ein guter Junge.
(SASCHA wendet sich von GUTER FEE ab.)
GUTE FEE
Sascha, ich möchte dich noch einmal sehen.
SASCHA
(bleibt abgewandt)
Nein.
(GUTE FEE schaut mit kaltem, ausdruckslosem
Gesicht frontal auf Publikum und geht dann
mit sich schlagartig änderndem Licht ab.
SASCHA wartet, rennt Richtung abgegangener
Guter Fee, rennt zurück in die Mitte des
Zimmers, rennt zur Tür; und zurück.
MUTTER schaut herein.)
MUTTER
Sascha? Was hast du denn?
SASCHA
Nichts.
MUTTER
Sascha?
SASCHA
Was soll ich denn haben?
MUTTER
Du hast ja geweint.
SASCHA
Nein. Ich habe nicht geweint.
MUTTER
Sascha?
129
SASCHA
Darf ich jetzt bitte ins Bett gehen?
MUTTER
Sascha? Soll ich dich nicht doch lieber Fiebermessen?
SASCHA
(verärgert)
Nein.
(legt sich ins Bett)
MUTTER
Gute Nacht.
(beugt sich über Bett)
SASCHA
Nein. Du hast mir schon einen Guten Nacht Kuss gegeben.
(MUTTER hält kurz ein und will dann
abgehen.)
SASCHA
Ahm?
MUTTER
Ja?
SASCHA
Kannst du mir morgen ein paar getrocknete Früchte
mitbringen?
MUTTER
Getrocknete Früchte?
SASCHA
Ja.
MUTTTER
Gut. Und die willst du dann essen?
SASCHA
Ja. Was ´n sonst?
MUTTER
Gut.
SASCHA
Ahm?
MUTTER
Ja?
130
SASCHA
Den Film mit der Indianerprinzessin? Haben wir den noch?
MUTTER
Einen Film? Mit einer Indianerprinzessin?
SASCHA
Ja? Wo die zusammen in dem Bergsee baden?
MUTTER
In einem Bergsee? Ich weiß jetzt wirklich nicht...
SASCHA
(einfallend)
Schon gut.
MUTTER
Nein, Sascha...
SASCHA
(unterbrechend)
Nein. Schon gut. Gute Nacht.
MUTTER
Gute Nacht, Sascha.
(geht zögernd ab)
(Pause)
SASCHA
Und wer bist du? - Kommst du jetzt jede Nacht? - Wenn du
das nächste Mal kommst, kannst du dich als
Indianerprinzessin anziehen? Soll ich mich als Cowboy
anziehen? - Hast du noch Freundinnen?
(VATER kommt herein. MUTTER folgt ein paar
Schritte hinter ihm.)
SASCHA
Jetzt kommen die schon wieder.
VATER
Sascha, bist du krank?
SASCHA
Nein.
VATER
Deine Mutter macht sich Sorgen um dich.
SASCHA
Ja falls ich morgen nicht mehr aufwache kann ich mich ja
jetzt schon verabschieden.
131
VATER
Sei nicht so frech zu deiner Mutter.
MUTTER
Komm. Raus.
(OMI kommt herein. Sie trägt haute Couture
Hut mit billiger Sonnenschutzklappe.)
OMI
Ute, ich dachte du wolltest mir helfen? Das passt einfach
nicht zusammen.
MUTTER
(nicht bei der Sache)
Das passt wunderbar zusammen.
OMI
Meinst du? Wer hat denn diese Unordnung hier angerichtet?
MUTTER
Alle raus.
Und morgen soll ich ihm...
(hält ein)
VATER
Was?
MUTTER
Nein. Draußen.
(MUTTER drängt alle sanft hinaus.
Pause.
SASCHA bewegt sich in Bett. Sofortige
Verdunkelung.)
(Vorhang)
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