Universiteit Utrecht Block 4 2013/2014 Abschlussarbeit Master Übersetzen Leitung: J. van Vredendaal Vorgelegt von: Marien le Comte Studiengang Master Übersetzen Stud. nr.: 3701166 Elzenhof 1 NL – 3927 GK Renswoude Tel.: 06-39560525 E-Mail: [email protected] Abgabedatum: 26.7.2014 1 0. Inhaltsverzeichnis Inhalt 0. Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................................ 2 1. Einleitung. ............................................................................................................................................ 4 1.1. Einführung von Hauptfrage und Teilfragen .................................................................................. 4 1.2. Erklärung der Relevanz des Themas............................................................................................. 5 1.2.1. Rolle des Übersetzers ............................................................................................................ 6 1.3. Welche Übersetzungen werden benutzt? .................................................................................... 7 1.4. Aufbau der Untersuchung .......................................................................................................... 10 2. Der ursprüngliche Autor und der Ausgangstext ................................................................................ 13 2.1. Erich Kästner............................................................................................................................... 13 2.2. 'Emil und die Detektive'.............................................................................................................. 14 2.2.1. Entstehungsgeschichte ........................................................................................................ 14 2.2.2. Zusammenfassung ............................................................................................................... 15 3. Das 10-jährige Kind, seine Lesefähigkeiten und der Umgang des Übersetzers mit Texten für diese Altersgruppe .......................................................................................................................................... 18 3.1. Begriffsdefinition und Merkmale von Kinderliteratur................................................................ 18 3.1.1. Begriffsdefinition von 'Kinderliteratur'................................................................................ 18 3.1.2. Merkmale der Kinderliteratur für Kinder im Alter von etwa 10 Jahren .............................. 19 3.2. Rezeptionsfähigkeit eines Kindes im Alter von etwa 10 Jahren ................................................. 25 3.2.1. Altersempfehlung ................................................................................................................ 25 3.2.2. Der Autor, das Kind und das Buch ....................................................................................... 26 4. Theorie zur Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit des Übersetzers .......................................................... 30 4.1. Definitionen von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit ..................................................................... 30 4.2. Invisibility of Translators, Lawrence Venuti ............................................................................... 31 4.3. Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit des Übersetzers, Riita Oittinen ............................................... 33 4.4. Schlussfolgerungen..................................................................................................................... 35 5. Adäquatheit und Akzeptabilität, Naturalisieren und Exotisieren ..................................................... 37 5.1. Gideon Toury: Normen bestimmen die Strategie des Übersetzers ........................................... 37 5.2. Naturalisieren oder exotisieren? ................................................................................................ 38 5.2.1. Naturalisieren ...................................................................................................................... 38 5.2.2. Exotisieren ........................................................................................................................... 39 6. Außertextuelle Elementen, die auf (Un)Sichtbarkeit des Übersetzers weisen ................................. 41 7. Praktische Beispiele in beiden Übersetzungen ................................................................................. 43 2 7.1. Wie wird die (Un)Sichtbarkeit der beiden Übersetzer festgestellt? .......................................... 43 7.2. Namen ........................................................................................................................................ 44 7.2.1. Theorie................................................................................................................................. 44 7.2.2. Beispiele aus den Übersetzungen ....................................................................................... 45 7.2.3. Schlussfolgerung.................................................................................................................. 53 7.3. Jugendsprache ............................................................................................................................ 55 7.3.1. Theorie................................................................................................................................. 55 7.3.2. Beispiele .............................................................................................................................. 56 7.3.3. Schlussfolgerung.................................................................................................................. 63 7.4. Normen und Werte .................................................................................................................... 64 7.4.1. Beispiele .............................................................................................................................. 64 7.4.2. Schlussfolgerung.................................................................................................................. 71 7.5. Sozio-kulturelle Elemente .......................................................................................................... 72 7.5.1. Zur Währung ........................................................................................................................ 72 7.5.2. Zu den Gerichten ................................................................................................................. 73 7.5.3. Übriges................................................................................................................................. 75 7.5.4. Schlussfolgerung.................................................................................................................. 78 7.6. Formalität und Formlosigkeit ..................................................................................................... 79 7.6.1. Beispiele .............................................................................................................................. 79 7.6.2. Schlussfolgerung.................................................................................................................. 84 7.7. Wiederholung ............................................................................................................................. 85 7.7.1. Beispiele .............................................................................................................................. 85 7.7.2. Schlussfolgerung.................................................................................................................. 88 8. Allgemeine Schlussfolgerung............................................................................................................. 89 8.1. Beantwortung der Forschungsfrage ........................................................................................... 89 8.2. Weiterführende Forschungsthemen .......................................................................................... 92 9. Literaturliste ...................................................................................................................................... 94 3 1. Einleitung. 1.1. Einführung von Hauptfrage und Teilfragen Erich Kästners Emil und die Detektive ist ein weltberühmtes Buch, das viele Kinder, nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern dieser Welt, lesen und lieben. Die spannende Geschichte von Emil, der mit einer Berliner Jugendbande einen Dieb verfolgt, hat bereits dutzende von Kindern den Schlaf entzogen. Zum Erfolg des Buches haben, neben dem Autor an erster Stelle, sicher auch die unterschiedlichen Übersetzer der verschiedenen Landessprachen beigetragen. Viele Kinder die die deutsche Sprache (noch) nicht verstehen und beherrschen, haben die Geschichte dank Anstrengungen der Übersetzer und Übersetzerinnen genießen können. In dieser Arbeit setzen wir uns mit zwei niederländischen Übersetzungen von Emil und die Detektive auseinander. Wir werden sehen, auf welche Herausforderungen die Übersetzerinnen stoßen, welche Übersetzungslösungen und -strategien sie angewendet haben, und welche Übersetzungsprobleme für einen kinderliterarischen Text typisch sind. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Frage nach der Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit beider Übersetzerinnen. Wie können diese beiden Begriffe im Rahmen der Übersetzerwelt und im Rahmen der Übersetzungen definiert werden? Wie werden Sichtbarkeit und/oder Unsichtbarkeit in der Übersetzungspraxis, in unserem Fall in beiden Übersetzungen des Buches Emil und die Detektive, sichtbar? Neben diesen beiden Begriffen steht auch der Leser oder, etwas allgemeiner formuliert, das Leserpublikum zentral. Welchen Einfluss hat die Sichtbarkeit oder Unsichtbarkeit eines Übersetzers auf das Leserpublikum? Wird der Leser, das Kind, hinsichtlich einer Übersetzungslösung positiv oder vielleicht auch negativ überrascht? Positiv, wenn ein Text, eine Übersetzung, anzieht, zum Lesen einlädt, keine allzu schwierigen Wörter oder Satzkonstruktionen und richtiges Niederländisch enthält, fließend zu lesen ist, usw. Negativ, falls ein Text, ein übersetzter Text, diese 'Anforderungen' nicht erfüllt. Sind dies eigentlich die Kriterien, die für Kinder beim Lesen eines Buches eine Rolle spielen? Und im Zusammenhang damit ist es auch wichtig, zu untersuchen, inwiefern die Übersetzerinnen sich mit der Rezeptionsfähigkeit des Leserpublikums auseinandergesetzt haben. Dies bestimmt den Grad der Unsichtbarkeit oder der Sichtbarkeit. Hier kommt auch das Begriffspaar 'Akzeptabilität' und 'Adäquatheit' nach vorne. Was kann zu diesen Begriffen im Rahmen verschiedener Übersetzungslösungen und -entscheidungen 4 ausgesagt werden? Hat eine Übersetzerin eher akzeptabel oder eher adäquat übersetzt? Wir werden untersuchen, ob man die Übersetzungsentscheidungen so einfach in zwei Kategorien einteilen kann, oder ob sie vielleicht eine Mischung aus akzeptablen und adäquaten Lösungen enthalten. Aus obenstehenden Überlegungen, Gedanken und Fragen wurde folgende Forschungsfrage gebildet: Wie sichtbar oder unsichtbar sind die Übersetzer in zwei niederländischen Übersetzungen von Emil und die Detektive und werden die Übersetzungen durch diese (Un-)Sichtbarkeit positiv oder negativ beeinflusst? 1. Welche typischen Merkmale der Kinderliteratur können auf welche Art und Weise zu Problemen beim Übersetzen führen? 2. Inwieweit können die allgemeinen Theorien zur Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit des Übersetzers auf die Übersetzungsentscheidungen angewendet werden? 3. Haben die Übersetzerinnen von Emil und die Detektive vor allem exotisierend, oder vor allem naturalisierend übersetzt? 4. Wie verhalten sich Unsichtbarkeit und Sichtbarkeit des Übersetzers zur Rezeptionsfähigkeit des Leser- oder auch des Zielpublikums? Welche Strategien, die beim Leserpublikum anschließen, haben die Übersetzer angewendet? 1.2. Erklärung der Relevanz des Themas Was kann eine kinderliterarische Forschung, worin zwei niederländische Übersetzungen von Emil und die Detektive im Mittelpunkt stehen, in der heutigen postmodernen Zeit bedeuten? Was bedeuten Bücher in einer Zeit, worin Kinder immer jünger schon mit den meist fortgeschrittenen Handys, Laptops, Tabletts, Computerspielen usw. in Kontakt kommen? Auf den ersten Blick würde man sagen: Doch eher wenig. Wir müssen die Merkmale und Interessen der heutigen Jugend aber nicht zu sehr verallgemeinern. Obwohl viele Jugendliche immer digitaler werden, gibt es auch noch immer solche, die viele Kinderromane und sonstige 5 Kinderbücher lesen. Dabei spielen die Eltern und die Erziehung eine wichtige Rolle. Lesen vergrößert das Weltwissen, sagten meine Eltern immer. Auch in dieser modernen Zeit gibt es ohne Zweifel immer noch Eltern, die dasselbe behaupten. Sie stimulieren ihre Kinder, so viel wie möglich Bücher zu lesen, da somit neben dem Weltwissen auch die Lesefertigkeit und Leseverständlichkeit erweitert werden. Neben den Eltern spielt auch die Schule mit ihren dortigen Lehrern und Lehrerinnen eine Rolle. Sie sind es, die die Jugendlichen zuerst in der Grundschule, später aber auch in weiterführenden Schulen, auf einen Beruf vorbereiten. Dazu ist es wichtig, dass Kinder an erster Stelle die eigene Sprache gut sprechen und verstehen lernen, sowohl mündlich wie auch schriftlich, sowohl grammatisch wie auch syntaktisch. Außerdem können auch andere (internationale) Sprachen, z.B. Englisch, bei einer Berufsausbildung oder im tatsächlichen Beruf von großer Bedeutung werden. Wie gesagt schaffen Bücher Weltwissen, Wissen über ethische Normen und Werte nicht nur des eigenen Landes, sondern auch des Auslandes. Sie erlauben auch einen Einblick in fremde Bräuche, in fremde Kulturen, in fremde Gedankenwelten. Kurz gesagt: Bücher können die Tür zu einem besseren Verständnis der Welt bilden. Dass dieses bessere Verständnis nicht nur wegen des Lesens von moralisch, kulturell und ethisch vertretbaren Büchern, sondern manchmal auch und gerade wegen unethischer oder unmoralischer Geschichten zustande kommt, wird hier nur nebenbei betont. Zusammenfassend können wir sagen, dass die Gedanken und die Skala an Normen und Werten im Gehirn eines Kindes nicht nur durch die Erziehung und die Schule, sondern auch mittels des Lesens von Büchern geprägt werden. (sehe dazu z.B.: Dasberg, L. Het kinderboek als opvoeder: twee eeuwen pedagogische normen en waarden in het historische kinderboek in Nederland). 1.2.1. Rolle des Übersetzers Hier kommt dann die Rolle des Übersetzers im Spiel: als erste(r) Leser(in) eines noch zu übersetzenden ausländischen Buches muss er oder sie darüber entscheiden, welche Normen und Werte, aber auch welche für die Kinder so wichtige Rollmodelle auf welche Art und Weise in die Zielsprache und Zielkultur übersetzt werden können. Der Übersetzer entscheidet sozusagen über die Informationen und Gegebenheiten des zu übersetzenden Textes. Dazu muss er jedoch imstande sein 'to detect all standards, conventions, norms, and narrative strategies' (Schiavi 1996:15) ('alle Standarde, Konventionen, Norme und narrative Strategien aufzufinden'). Der Übersetzer muss also selbst zum implizierten Leser werden, er forscht nämlich nach, was der ursprüngliche Autor vom Leser gewollt haben könnte. In unserem Fall 6 haben die Übersetzerinnen im Vergleich zum übrigen Leserpublikum eine vorrangige, aber auch verantwortliche Position. Der Übersetzer bearbeitet den Ausgangstext, verwendet bestimmte Strategien und Methoden wodurch ein neues Verhältnis zwischen Text und Leserpublikum entsteht. 'But we cannot spotlight such a transformation an then ignore the agent who brought it about, namely the translator' (Schiavi 1996:7) ('Die Transformation eines Textes kann nicht beleuchtet werden, wenn der Übersetzer ignoriert wird'). Eine Forschung nach der Sichtbarkeit oder Unsichtbarkeit des Übersetzers ist in diesem Rahmen also durchaus interessant und relevant. Wenn nämlich die Standards, Konventionen, Normen und Erzählstrategien des Autors nicht zutreffend übersetzt werden, können Kinder (zu Unrecht) ein falsches Bild der anderen Kultur bekommen. Das kann wiederum ihr Bild auf ausländische Autoren oder Kulturen negativ beeinflussen. Es ist also die Aufgabe eines Übersetzers, die Balance zwischen beiden Kulturen in der Übersetzung wiederzugeben. Dazu gehört nicht nur der Umgang mit Normen und Werten, sondern auch die Frage nach naturalisierenden und exotisierenden Übersetzungen. Der Übersetzer muss sich immer fragen: Was versteht ein Kind in welchem Alter? Wie sichtbar oder unsichtbar der Übersetzer hinsichtlich dieser Aufgaben sein darf, wird weiter in der Arbeit ausführlich erforscht und beschrieben werden. 1.3. Welche Übersetzungen werden benutzt? Zum Beantworten obenstehender Forschungsfrage wurden zwei verschiedene niederländische Übersetzungen von Emil und die Detektive gewählt: Kästner, E. 1937 (1. Auflage). Emiel en zijn detectives. Een roman voor kinderen. Baarn: Uitgeverij De Fontein. (Übers.: Annie Winkler-Vonk) Kästner, E. 2008. Emiel en de detectives. Amsterdam: Atlas. (Übers.: Elly Schippers) Die älteste Übersetzung wurde bereits ein Jahr nach dem ursprünglichen Text von Joh. Kuiper hergestellt, die von der Boekerij de Voortganck herausgegeben wurde. Diese Übersetzung konnte leider nicht untersucht werden, da Exemplare der Übersetzung nicht verfügbar oder nicht zum Verkauf angeboten waren. Auch in Antiquariaten waren Exemplare dieser Übersetzung nicht zu erhalten. Deshalb wurde für unsere Untersuchung die vorälteste Übersetzung von Emil benutzt, nämlich die von Annie Vonk aus dem Jahre 1937. Die 7 angewendete Version betrifft die erste Auflage dieser Übersetzung. Die Übersetzung von Winkler-Vonk, die damals noch unverheiratet war und nur Annie Vonk hieß, wurde in den vergangenen Jahren mehrere Male in neuen Auflagen publiziert. Die textuellen Anpassungen der ersten Auflage 1937 bestanden vor allem aus einem moderneren und zeitnäheren Sprachgebrauch der Jugend und das Vermeiden bestimmter didaktisierender Elemente (z.B.: Fußnoten). Auffallend ist, dass es insgesamt 15 Nachdrücke bzw. Auflagen von Vonks Übersetzung gegeben hat, womit festgestellt werden kann, dass diese Übersetzung viele Jahrzehnte gelesen wurde, ohne dass eine andere Übersetzung entstand. Die neueste Übersetzung, hergestellt von Elly Schippers, erschien zum ersten Mal mit einem neuen Titel, nämlich Emiel en de detectives statt Emiel en zijn detectives. Dies ist aber nicht der einzige Unterschied zu den älteren Auflagen. Die neuere Übersetzung ist, was noch gezeigt wird, vor allem auf sprachlicher Ebene an die heutige Rezeptionsfähigkeit des jungen Leserpublikums angepasst. Trotzdem können wir hierin, wie wir im weiteren Verlauf der Arbeit noch sehen werden, Elemente aus der Übersetzung von Annie Winkler-Vonk zurückfinden. Der Vollständigkeit wegen werden hierunter alle Auflagen, sowohl Erstausgaben als auch Nachdrucke und Nacherzählungen, aufgelistet (in Anlehnung an: De Vries, A. 2002. Kästners Kinderbücher in den Niederlanden. S. 150). Jahr 1930 Übersetzer/ Titel der Verlag Illustrator Art Übersetzerin Übersetzung Joh. Kuiper Emiel en zijn Boekerij de Harmsen van Erstausgabe detectives Voortganck, Beek Amsterdam 1937 1950 1954 1958 Annie Vonk Emiel en zijn L.J. Veen, detectives Amsterdam Annie Emiel en zijn L.J. Veen, Winkler-Vonk detectives Amsterdam Annie Emiel en zijn L.J. Veen, Winkler-Vonk detectives Amsterdam Annie Emiel en zijn L.J. Veen, Winkler-Vonk detectives Amsterdam Walter Trier Erstausgabe Walter Trier Nachdruck Walter Trier Nachdruck Walter Trier Nachdruck 8 1960 1961 1968 1977 Annie Emiel en zijn Geïllustreerde Winkler-Vonk detectives pers, Amsterdam Annie Emiel en zijn L.J. Veen, Winkler-Vonk detectives Amsterdam Annie Emiel en zijn Van Goor Zonen, Winkler-Vonk detectives Den Haag Annie Emiel en zijn Van Holkema & Winkler-Vonk detectives Warendorff, Walter Trier Erstausgabe Walter Trier Nachdruck Jaap Vegter Erstausgabe Guida Joseph Erstausgabe Guida Joseph Nachdruck Guida Joseph Nachdruck Guida Joseph Erstausgabe Guida Joseph Nachdruck Walter Trier Erstausgabe Walter Trier Nacherzählung Bussum 1978 Annie Emiel en zijn Van Holkema & Winkler-Vonk detectives Warendorff, Bussum 1980 Annie Emiel en zijn Van Holkema & Winkler-Vonk detectives Warendorff, Bussum 1980 Annie Emiel en zijn Grote Letter Winkler-Vonk detectives Bibliotheek, Amsterdam 1982 Annie Emiel en zijn Van Holkema & Winkler-Vonk detectives Warendorff, Bussum 1987 1991 1997 1998 2008 Annie Emiel en zijn Bzztôh, 's - Winkler-Vonk detectives Gravenhage Georgien Emiel en zijn Dijkstra, Overwater detectives Groningen Annie Emiel en zijn De Fontein, Baarn Walter Trier Erstausgabe Winkler-Vonk detectives Annie Emiel en zijn De Fontein, Baarn Walter Trier Nachdruck Winkler-Vonk detectives Elly Schippers Emiel en de Atlas, Amsterdam Erstausgabe Walter Trier detectives 9 Tabelle 1. Übersicht von Auflagen, Nachdrucken und Nacherzählungen von Emil und die Detektive. In der Arbeit werden also nur zwei Übersetzungen von Emil betrachtet. Einerseits kann somit detaillierter geforscht werden. Alle Details und (sprachlichen) Besonderheiten der beiden Übersetzungen können besprochen und analysiert werden. Pro Übersetzung kann genauestens gezeigt werden, inwieweit die Übersetzerin an die Rezeptionsfähigkeit des Leserpublikums anschließt und ob sie exotisierend oder naturalisierend übersetzt hat. Andererseits haben wir einen genauen Einblick in die Entwicklungen auf dem Gebiet der Übersetzungspraxis. Es geht hierbei vor allem um Entwicklungen innerhalb der allgemeinen Übersetzungswissenschaft, aber auch um Entwicklungen innerhalb der Kinderübersetzungswissenschaft. Die Übersetzungswissenschaft ist eine noch junge Disziplin, die sich in der heutigen modernen Zeit dauerhaft entwickelt. Es gibt fortwährend neue Theorien hinsichtlich bestimmter Aspekte des Übersetzens, zum Beispiel hinsichtlich des Übersetzens von Realien, und mittels einer vergleichenden Forschung in einem Zeitraum von ungefähr 100 Jahren können diese Entwicklungen und neue Theorien detailliert angeschaut werden. Welche Fortschritte es auf welchem Gebiet des Übersetzens für Kinder gegeben hat und noch gibt, kann in unserer Untersuchung detailliert gezeigt werden. Mit Hinzuziehung der neusten Übersetzung kann außerdem analysiert werden, wieso es zu dieser Übersetzung kam, wieso die Übersetzung von Annie Winkler und die verschiedenen Auflagen dieser Übersetzung nicht mehr ausreichten, und welche Gründe vonseiten der anderen Übersetzerin zu dieser neuen Übersetzung geführt haben. 1.4. Aufbau der Untersuchung In diesem Abschnitt wird eine Beschreibung der Gestaltung der Untersuchung gegeben. Im zweiten Kapitel, das eher informativ ist, skizzieren wir kurz die Biographie Erich Kästners. Als Autor des Ausgangstextes darf er nicht vernachlässigt werden. Dann beschreiben wir die Entstehungsgeschichte des zu untersuchenden Werkes, des Jugendbuches Emil und die Detektive. Sofort danach wird diese Heldengeschichte kurz zusammengefasst. Im dritten Kapitel beschreiben wir daraufhin typische Merkmale der Kinderliteratur. Zuerst gibt es in diesem Kapitel allgemeine Typologien mit bestimmten Merkmalen, die für die Übersetzer von Kinderliteratur problematisch sein können, danach nennen wir einige Charakteristiken aus Emil und die Detektive. Dabei beschreiben wir mögliche Probleme, 10 denen die Übersetzer begegnen können. Außerdem besprechen wir in diesem Kapitel die Rezeptionsfähigkeit eines Kindes im Alter von 10 Jahren. Im vierten Kapitel stehen die Begriffe Unsichtbarkeit und Sichtbarkeit des Übersetzers im Mittelpunkt. Beide Begriffe werden definiert und es werden Probleme mit dieser Definition festgestellt. Darüber hinaus werden die Begriffe mit dem Auge auf die Welt der Übersetzer konkretisiert. Daraufhin besprechen wir die zentrale Theorie von Lawrence Venuti, welcher sich zur Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit des Übersetzers äußert. Auch Riita Oittinen, eine finnische Übersetzungswissenschaftlerin, bespricht diese Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit des Übersetzers, kritisiert außerdem einige Elemente der Theorie von Venuti und bezieht sich vor allem auch auf die Kinderliteratur und die Rolle des Übersetzers darin. Im abschließenden Teil dieses Kapitels fassen wir die Gedanken obenstehender Wissenschaftler zusammen, und beschreiben wir, wie wir die theoretischen Grundlagen in unserer Analyse anwenden werden. Im fünften Kapitel stehen dann die Begriffe Akzeptabilität und Adäquatheit im Mittelpunkt. Wir gehen kurz darauf ein, wie Gideon Toury mittels seiner inital norm diese beide Begriffe gestaltet. Im zweiten Teil des Kapitels setzen wir uns kurz mit den naturalisierenden und exotisierenden Übersetzungsstrategien auseinander. Diese Strategien weisen möglicherweise einige Übereinstimmungen mit den Begriffen domestication und foreignization (nach Venuti) auf. Im sechsten Kapitel sehen wir uns einige außertextuelle Elemente in beiden zu untersuchenden Übersetzungen an. Es geht hier zum Beispiel um Verantwortungen, Vorworte oder sonstige außertextuelle Elemente, die auf Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit des Übersetzers hinweisen. Dann, im siebten Kapitel, kommt es zu praktischen Beispielen der Theorie. Diese Beispiele entstammen den beiden niederländischen Übersetzungen von Emil und die Detektive. Die Beispiele gestatten einen Einblick in die Übersetzungsstrategie und in die Übersetzungswahlen der beiden Übersetzerinnen. Es geht um naturalisierende und exotisierende Beispiele aus beiden Übersetzungen ̶ aber auch um Beispiele, die vor allem im Hinblick auf die Rezeptionsfähigkeit des Leserpublikums interessant sind. Zwischendurch wird, wenn notwendig, Theorie zu bestimmten Beispielen verdeutlicht. 11 Im achten Kapitel finden wir zum Schluss die Schlussfolgerung. Hierin wird eine Antwort auf die Hauptfrage gegeben. Außerdem treffen wir in diesem Kapitel einige Vorschläge zur Weiterforschung an. Am Ende der Arbeit befindet sich die Literaturliste. 12 2. Der ursprüngliche Autor und der Ausgangstext 2.1. Erich Kästner Erich Kästner war ein deutscher Schriftsteller, der vor allem wegen seiner Kinderbücher wie Emil und die Detektive oder Das doppelte Lottchen bekannt wurde. Außerdem schrieb er Romane für Erwachsene, z.B. Fabian. Die Geschichte eines Moralisten, Texte für das Kabarett und humoristische und zeitkritische Gedichte. Kästner wird 1899 in Dresden geboren und wohnt bis zum Jahre 1919 in dieser Stadt. Danach beginnt er ein Studium an der Universität Leipzig. Dort studiert er Germanistik, Geschichte, Philosophie und Theatergeschichte (Drouve 1999:74). 1925 promoviert er und bekommt eine Stelle als Redakteur bei der Neuen Leipziger Zeitung. Zwei Jahre später aber wird er wieder entlassen, woraufhin er als freier Mitarbeiter in Berlin weiterarbeitet. Dort lernt er auch seine Lebensgefährtin Luiselotte Enderle kennen. 1928 erscheint seine erste selbständige Veröffentlichung, lernt er Walter Trier kennen, der später viele seiner Bücher illustriert hat, worunter auch Emil und die Detektive. 1929 erscheint dann, als erstes Buch einer längeren Reihe Kinderbüchern, Emil und die Detektive. Wenn 1933 die NS-Zeit anfängt, werden die Bücher Kästners durch die Nationalsozialisten verbrannt. Kästner war selbst sogar 'persönlich bei der Bücherverbrennung in Berlin anwesend' (del Papa 2014:24). Kurz danach werden all seine Bücher, außer Emil und die Detektive verboten. Später durfte auch dieses Buch nicht mehr gelesen werden. 'Kästner war ein weltberühmter Autor, ein Botschafter deutscher Kultur, aber in seinem Heimatland selbst war es schon gefährlich, ihn persönlich zu kennen' (O'Sullivan 2002:83). Darüber hinaus bekommt Kästner in dieser Zeit sogar ein 'auch für das Ausland geltendes Schreib- und Veröffentlichungsverbot in Deutschland' (Wolff 1983:47). 1935 schreibt er, obwohl er nicht veröffentlichen darf, doch weiter, und es entsteht eine Fortsetzung auf Emil und die Detektive, nämlich Emil und die drei Zwillinge (List 1975:365). Im Vorwort zu diesem Buch sagt Kästner, dass man es nur lesen könne, wenn man Emil und die Detektive kennt und gelesen hat. Im Jahre 1945, kurz nach dem Krieg, zieht Kästner nach München um. Ein Jahr später erscheint sein erster Nachkriegstext mit Namen 'bei Durchsicht meiner Bücher', ein politischer, lyrischer Text. Bis zum Jahre 1969 ist Kästner weiterhin sehr aktiv in der Literaturwelt, schreibt er nicht nur weitere Kinderromane, unter anderem Der kleine Mann oder Der kleine Mann und die kleine Miss, sondern auch Gedichte und Satiren, zum Beispiel Die dreizehn Monate und Nacherzählungen, zum Beispiel eine der Geschichte von Don Quichotte. In vielen seiner Kinderromane verarbeitet er Teile seiner eigenen 13 Geschichte, seiner eigenen Jugend. Die Bücher können sozusagen teilweise als autobiographisch bezeichnet werden. Darauf kommen wir später noch kurz zurück. Kästner stirbt 1974 im Klinikum Neuperlach, München, an den Folgen von Speiseröhrenkrebs (List 1975:368). Ungefähr dreiviertel seiner Titel sind ins Niederländische übersetzt. Somit gehört das Niederländische zu den Sprachen, worin die meisten Titel von Kästner übersetzt sind. 2.2. 'Emil und die Detektive' 2.2.1. Entstehungsgeschichte Der Roman Emil und die Detektive von Erich Kästner erschien im Jahre 1929 und ist ein Roman für Kinder. Es ist das erste Buch von Kästner, der erst nur Gedichte und Theaterstücke schrieb. Als er gebeten wurde, für den Berliner Kinderbuchverlag Williams & Co. ein Buch zu schreiben, entstand innerhalb einiger Wochen die Geschichte von Emil. Für die ausführlichere Entstehungsgeschichte des Buches wenden wir uns dem Roman, aber vor allem dem Autor zu. Bevor Kästner nämlich mit der eigentlichen Geschichte von Emil Tischbein anfängt, beschreibt er in einem Vorwort, wie es dazu kam. Ein solches Vorwort dient 'dem Bemühen des Erzählers, sich über den Gang des geschilderten Geschehens hinaus an seine Leser zu wenden, einen persönlichen Kontakt zu ihnen aufzunehmen' (Ewers 2002:11). Kästner selbst sagt, dass er eine Vorliebe für das Schreiben von Vorworten hat, er sei in dieser Hinsicht sogar 'unermüdlich' (ebd.). Unter anderem aus diesem Grund erschien auch Emil und die Detektive mit einem Vorwort. Das erste Vorhaben Erich Kästners war, einen 'Südseeroman' zu schreiben, mit einem kleinen Mädchen namens Petersilie als Protagonistin. Selbst begründet er sein Vorhaben wie folgt: 'Einen richtigen Südseeroman hatte ich vor. Weil mir mal ein Herr mit einem großen Umhängebart erzählt hatte, so was würdet ihr am liebsten lesen' (Kästner 2010:7). Dieses Vorhaben scheitert aber, da Kästner auf einmal nicht mehr weiß, wie viel Beine ein Walfisch hat. 'Selbst der kindliche Leser dürfte dies nicht für eine seriöse Beweisführung (...)halten, sondern hierin eine (...) literarische Koketterie des Autors sehen' (Dolle-Weinkauff 2002:15). Global erzählt er den Kindern , dem Leserpublikum, nach diesem Eingeständnis, wie das Buch eigentlich aussehen sollte. Die Erzählstrange weisen auf eine 'Fantasy-Story', ein Buch also, dass bei der Kinderwelt anschließt. Die ersten drei Kapitel des zunächst geplanten Romans verschwinden aber unter seinem Tisch. Da Kästner nicht so schnell eine neue Idee 14 einfällt, forscht er bei Leuten in seiner Nähe nach neuen Plänen und Ideen. Von einem Kellner wird ihm geraten, eine Geschichte mit ihm bekannten Elementen zu schreiben: 'das Beste wird sein, Sie schreiben über Sachen, die Sie kennen' (Kästner 2010:12). Auf eine komische, für Kinder interessante und humorvolle Art und Weise beschreibt Kästner, wie er wieder zu Hause ist, sich zu Boden gelegt hat und wie ihm beim Anschauen der jetzt sichtbaren Tischbeinen auf einmal die Geschichte von Emil einfällt. So, wie er einmal in einem Film gesehen hat, dass ein Mann nackt im Zimmer stand, die Tür sich öffnete und nach und nach seine Kleidung hereinflog, so geht es seiner Meinung nach auch mit einer Geschichte, die in Teilen zu seinem Geist kommt. 'Ich schrieb die Portionen auf, in der Reihenfolge, wie sie durch die Tür auf mich losgerannt waren, bis ich das Ganze beisammen hatte' (Kästner 2010:16). Damit endet die von Kästner beschriebene Entstehungsgeschichte von Emil und die Detektive. Inwiefern er mit dieser Story schon beim Leserpublikum anschließt, wird klar aus der Tatsache, dass er zuerst eine Fantasy-Story vorhatte zu schreiben. So eine Geschichte wird vom Leserpublikum sehr gerne gelesen, da sie jenseits der Wirklichkeit liegt und Kinder sich dieser Wirklichkeit für kürzer oder länger entfliehen können, wenn sie ein solches Buch lesen (Tucker 1981:97-99). Natürlich ist die Geschichte, die Kästner letztendlich geschrieben hat, eine andere ̶ aber auch fiktiv, obwohl sie in der realen Welt genauso gut hätte passieren können. Wir werden noch sehen, dass auch die Geschichte von Emil sehr gut bei der Kinderwelt anschließt. Die Geschichte von Emil hat für Kästner selbst darüber hinaus noch mehrere Motivationsgründe gehabt. Sie ist teils biografisch, da Kästner auf ein Erlebnis seiner Kinderzeit in Dresden zurückgreift: Dort verfolgte und stellte er eine Betrügerin, die seine Mutter, eine Friseurin, geschädigt hatte (Kraus 2005:4). Auch das Element der Bank finden wir auch in Emil und die Detektive wieder, wo aber der Kontext unterschiedlich ist. Zum Schluss ist es interessant, dass Kästner sich selbst in der Geschichte auch eine Rolle gegeben hat, nämlich die vom Journalisten. Hierauf kommen wir beim Kapitel zur Rezeptionsfähigkeit eines jungen Lesers noch zurück. 2.2.2. Zusammenfassung Wir fassen das Buch kurz zusammen, sodass im weiteren Verlauf der Forschung klar ist, worauf wir uns beziehen. Bevor die Geschichte wirklich anfängt, werden die Haupt- und Nebenfiguren samt einiger wichtigen Orte der Handlung wiedergegeben, unter anderem Emil selbst, seine Mutter, seine Kusine, der Dieb Grundeis und ein wichtiger Zugabteil im Zug nach Berlin. 15 Mit den Worten 'So, nun wollen wir aber endlich anfangen!' beginnt letztendlich tatsächlich die Geschichte von Emil. In Emil und die Detektive ist der Protagonist der Junge Emil Tischbein. Er wird als braver, netter Bursche geschildert, der seine Mutter über alles liebt, ihr hilft und gehorcht. Im ersten Kapitel wird er von seiner Mutter dazu aufgefordert, mit dem Zug nach Berlin zu fahren um seine dort lebende Oma Geld zu bringen. Da Emils Vater gestorben ist, und seine Mutter jetzt als Friseurin arbeitet, haben sie wenig Geld und drängt Emils Mutter bei ihm auf eine gute Verwaltung des Geldes, sowohl im Zug als auch in der großen Stadt Berlin. Im Zugabteil aber befindet sich ein Mann namens Grundeis. Zunächst spielt er den freundlichen Kerl, indem er Emil ein Stück Schokolade anbietet und mit ihm plaudert. Wenn Emil jedoch während der Reise einschläft, dabei schrecklich über irreale Welten träumt, wie Kinder in der realen Welt auch oft tun, stiehlt Grundeis das Geld von Emil und verschwindet. Beim Aufwachen bemerkt Emil dies schnell, und steigt am falschen Bahnhof aus, da dort auch Grundeis, der vermeintliche Dieb, aussteigt. Jetzt fängt eine längere Verfolgungsgeschichte des Herrn Grundeis an, zunächst nur von Emil, später aber auch von einer Berliner Jugendbande, die mittels einer Hupe zusammengerufen wird. Der Anführer dieser Gruppe, ein Junge namens Gustav, schlägt vor, Emil bei der Verfolgung zu helfen. Kennzeichnend für diesen Teil des Buches ist die Verwendung einer besonderen Art von Jugendsprache. Sehr strukturiert verfolgen die Jungen Grundeis überall, sogar in einem Taxi und in einem Hotel. Wenn Grundeis eincheckt um dort zu übernachten, wird den ganzen Hotelplatz von den Jungen überwacht. In Berlin warten die Oma und die Kusine von Emil auf ihn, aber er verspätet sich, woraufhin die Oma besorgt wird, Emils Mutter anruft und die Kusine Pony Hütchen nach Emil Ausschau haltet. Mittels eines Treffens zwischen Pony Hütchen und Emil wird jedoch klar, dass Emil sich in Schwierigkeiten befindet. So wissen seine Oma und seine Mutter jedenfalls, wo er verbleibt und was er macht. Wenn Grundeis einmal das Hotel verlässt, wird er von einer großen Gruppe Jungen umzingelt, die ihm des Diebstahls wegen verklagen. Er hat aber keine Ahnung, was die Kinder wollen, und nervt sich zunächst am Verhalten der Gruppe. Er hat in diesem Moment nur ein Ziel: das gestohlene Geld bei einer Bank umtauschen, 'damit man ihm nichts nachweisen kann' (Kästner 2010:129). In der Bankfiliale wird aber klar, dass er das Geld gestohlen hat. Den Beweis liefern drei Löcher in den Scheinen, da Emil die Scheine mit einer Stecknadel ins Jackett gesteckt hat. Später, im Polizeipräsidium, leugnet Herr Grundeis alle Tatsachen, sogar seinen richtigen Namen verschweigt er. Mittels einer Prüfung der 16 Fingerabdrücke wird die richtige Identität des Täters nachgewiesen, woraufhin Emil sein Geld zurückbekommt und als richtiger Held gefeiert wird. Seine Geschichte wird von einem Journalisten namens Kästner aufgeschrieben, wobei der Autor des Romans sich selbst deutlich eine Rolle zuteilt. Bei Emils Oma zu Hause wird die ganze Sache besprochen, im Kapitel mit dem moralischen Titel 'Lässt sich daraus was lernen?' (Kästner 2010:168). Damit ist die Heldengeschichte vollendet. 17 3. Das 10-jährige Kind, seine Lesefähigkeiten und der Umgang des Übersetzers mit Texten für diese Altersgruppe In diesem Kapitel stehen das Kind und seine Lesefähigkeiten im Mittelpunkt. Wir untersuchen zunächst eine Definition des Begriffes 'Kinderliteratur', woraufhin wir typische Merkmale der Kinderliteratur beschreiben. Danach setzen wir uns mit der Altersempfehlung von Emil und die Detektive auseinander, um das Kapitel mit einer Forschung nach der Rezeptionsfähigkeit des Kindes zu beenden. 3.1. Begriffsdefinition und Merkmale von Kinderliteratur 3.1.1. Begriffsdefinition von 'Kinderliteratur' In diesem Abschnitt beschäftigen wir uns mit typischen Merkmalen von Kinderliteratur für Kinder im Alter von ungefähr 10 Jahren. Ab diesem Alter können Kinder Emil und die Detektive lesen, viele Verlage empfehlen das Buch für dieses Alter. Wieso und aus welchen Gründen das passiert, wird weiter in dieser Forschung begründet. In einer Untersuchung nach dem Übersetzen von Kinderliteratur ist es zunächst wichtig, eine Definition des Begriffes Kinderliteratur zu geben. Dazu wenden wir uns zuerst der Definition von Peter Hunt (1992) zu, welche aber nicht sehr klar umrissen ist. Hunt selbst sagt dazu: 'Children's literature, disturbingly enough, can quite reasonably be defined as books read by, especially suitable for, or especially satisfying for, members of the group currently defined as children' (Hunt 1992:61) (meine Hervorhebung) ('Verwirrend genug kann Kinderliteratur vertretbar definiert werden als Bücher, die Kinder lesen, die für Kinder geeignet sind und die Mitglieder der Gruppe Kinder zufriedenstellen'). Das Problem dieser Definition ist ihre Allgemeinheit und die Tatsache, dass sie deswegen nicht sehr praktisch ist. Deshalb erweitert Hunt seine Definition kurz darauf: 'On the whole, then, that a particular text was written expressly for children who are recognizably children, with a childhood recognizable today, must be part of the definition (Hunt 1992:62). Der implizierte Leser ist also Teil der Definition. Auch Klingberg weist auf die schwierige Definition des Begriffes Kinderliteratur hin. Wenn der Begriff nur als 'die für Kinder und Jugendliche produzierte Literatur definiert werden muss' (Klingberg 1973:25), ist alle übrige von Jugendlichen gelesen Literatur kein Inbegriff dieser Definition. Eine bessere Definition als Hunt gibt Klingberg jedoch nicht. Trotzdem kann aus einem seiner Kapiteltitel geschlossen werden, dass er den Begriff als 'für Kinder und Jugendliche produzierte Literatur' definiert (Klingberg 1973:92). 18 Auch Oittinen, eine wichtige Übersetzungswissenschaftlerin, die sich vor allem mit dem Übersetzen der Kinderliteratur auseinandergesetzt hat, spricht von einer schwierigen Begriffsdefinition. Ihrer Meinung nach besitze Kinderliteratur im Vergleich zur Erwachsenenliteratur folgende Besonderheit: 'children's literature tends to be more directed toward its readers' (Oittinen 2000:61). Diese Eigenschaft sei sogar der Schlüssel zum Übersetzen für Kinder, man solle immer auf die Leser des zu übersetzenden Textes zielen. Auf ihre Suche nach einer angemessenen Definition des Begriffes Kinderliteratur, kommt Oittinen auch auf die wichtige Intention des Autors zu sprechen. Man könne von einem Kinderbuch sprechen, also von einem Buch, das in der Gattung Kinderliteratur zu finden ist, wenn 'the original author has intended or directed her/his book to be read by children' (Oittinen 2000:62). Das Problem dieser Aussage ist aber, dass Erwachsenen die auch gerne Kinderbücher lesen und darin Interessantes entdecken, das Buch lieber als Erwachsenenliteratur definieren. Auch diesbezüglich weisen sich Probleme hinsichtlich der Definition auf. 3.1.2. Merkmale der Kinderliteratur für Kinder im Alter von etwa 10 Jahren Es wurde festgestellt, dass es schwierig ist, eine schließende Definition des Begriffes zu nennen, aber es erscheint logisch, die zuletzt genannte Definition von Klingberg zu verwenden (für Kinder und Jugendliche produzierte Literatur), da diese sehr weiträumig ist und keine (kinderliterarische) Gattungen außer Betracht lässt. Mit Einbeziehung der Bemerkungen aus der Theorie von Oittinen, ist es jetzt sinnvoll und im Rahmen unserer Forschung notwendig um bestimmte typische Merkmale dieser Kinderliteratur zu beschreiben. Es geht hierbei um Merkmale oder Charakteristika eines Kinderbuches, die beim Übersetzen besondere Beachtung brauchen oder die zu Problemen von jeder Art führen können (sprachlich, syntaktisch, grammatikalisch, in Bezug auf Normen und Werte, usw.). Natürlich kann nicht ohne Weiteres gesagt werden, dass alle typischen Merkmale unmittelbar zu Übersetzungsproblemen führen. Nichtsdestotrotz ist das Übersetzen von Kinderliteratur, wie mehrere Forscher (O'Sullivan, Dolle-Weinkauff usw.) behaupten, eine einzigartige Sache, die mehr vom Übersetzer fordert als vom Übersetzer der Erwachsenenliteratur, da das Zielpublikum sich dauernd entwickelt und dauernd andere Charakteristiken in einem Buch zurückfinden möchte und da die Merkmale der Kinderliteratur sich dann auch auf diese Forderungen des Zielpublikums beziehen (müssen). 19 3.1.2.1. Die Typologie von Bobulová Frimmelová (2010) beschreibt in Anlehnung an die Typologie von Bobulová (2003) einige typische Merkmale von Kinderliteratur. Man muss sich der Tatsache bewusst sein, dass diese Merkmale innerhalb der Kinderliteratur allgemein gültig sind und sich nicht unbedingt auf Bücher für eine bestimmte Altersgruppe beziehen. Die unterstehenden Charakteristiken müssen wegen ihrer Angemessenheit in Bezug auf unsere zu untersuchenden niederländischen Übersetzungen, wie wir pro Element anzudeuten versuchen, auf besondere Beachtung der Übersetzer rechnen können. Es geht hierbei also um Elemente, die nahezu allgemein in Kinderbüchern vorkommen. Weil wir uns aber auf Emil beziehen, versuchen wir, diese Elemente mit dem Auge auf dieses Buch zu beschreiben und sozusagen Teile des Buches anhand dieser Elemente zu charakterisieren: 1. Die Perspektive der Kinder. Der Autor/die Autorin eines Kinderbuches muss beim Schreiben die Psychologie der Kinder beachten. Wie sehen Kinder die Welt? Welche Vorstellung haben sie von den Ereignissen, die täglich in der Welt geschehen? Welche Vorstellung haben sie von Normen und Werten der eigenen, aber auch der fremden Kultur? In Bezug auf die Geschichte von Emil geht es darum, was Kinder von Diebstahl halten, aber auch darum, dass Kinder einander in schwierigen Situationen oft und gerne helfen möchten. 'Einigkeit macht stark' ist das Prinzip, dass wir in Emil immer wieder vorfinden. 2. Kurze und dynamische Geschichten. Die typische Kinderfrage laute: 'What will happen next?' (Frimmelova 2010:13) ('Was passiert als Nächstes?'). Ursache und Folge müssen nachvollziehbar, das Plot einer Geschichte klar und eindeutig sein. In Emil wird sehr klar beschrieben, wie der Dieb umzingelt und verhaftet wird und wie es dazu gekommen ist. Die ganze Geschichte ist recht einfach nachvollziehbar, auch da es nur zwei Erzähllinien gibt. Außerdem passiert vieles und ist die Geschichte lebhaft, wodurch Dynamik entsteht und Spannung kreiert wird. 3. Deutliche, moralische Feststellung der Charaktere. Die wichtigsten Protagonisten und (ein Teil ihrer) Eigenschaften werden schon vor Anfang der Geschichte aufgelistet. Außerdem erzählt Kästner während der Geschichte immer mehr über die moralische Seite von Emil, z.B. dass er seine Mutter sehr liebt, dass er kein Unrecht mag, dass er feinfühlig ist, und so weiter. Eine solche deutliche Feststellung des Charakters finden wir auch bei Grundeis, dem Dieb zurück. Er wird als gewissenloser Schurke bezeichnet, der keine Probleme damit hat, jemandem sein Geld zu klauen und dieses Geld sogar bei einer Bank umzutauschen. 20 4. Literarische Charakter im Alter der Kinder. Der Held Emil ist ungefähr 10 à 12 Jahre alt, genauso alt wie das vermutete Leserpublikum. Auch die Berliner Jugendbande befindet sich ungefähr im gleichen Alter. 5. Sensuelle Elemente im Text, Bücher mit Bildern und Reimen. Diese Textarten sprechen besonders Kinder an. Kästner hat auch diese Vorliebe der Kinder in seinem Roman eine Rolle spielen lassen, da er, wie schon in der Biographie erwähnt, mit Walter Trier befreundet war. Trier malte einige einfache, klare, unmittelbar verständliche Bilder bei der Heldengeschichte von Emil. 6. Die Sprache muss auf realistische Kindersprache basiert sein, damit die Bücher einfach verstanden werden können. In Emil und die Detektive können wir zum Beispiel an die typische Jugendsprache der Berliner Bande denken. Hierauf kommen wir später in der Arbeit noch zurück. Auch die beschreibenden Teile eines Kinderbuches müssen auf realistische Sprache gründen, das heißt: Sprache, welche die Kinder in einem bestimmten Alter verstehen können, ohne allzu viel schwierige Wörter oder schwierige Satzkonstruktionen und/oder elementen. In Emil sehen wir, dass längere Sätze mit kürzeren Sätzen abgewechselt werden. Außerdem verwendet Kästner sowohl wiederholende Elemente, kurze Wörter als auch längere Wörter wie 'Eisenbahnfahrplan'. Ein Beispiel: 'Also, Friedrichsstraße aussteigen!' Er nickte. 'Und die Großmutter wartet am Blumenkiosk'. Er nickte. 'Und benimm dich, du Schurke!' Er nickte. 'Und sei nett zu Pony Hütchen. Ihr werdet euch gar nicht mehr kennen'. Er nickte. 'Und schreib mir'. 'Du mir auch'. So wäre es wahrscheinlich noch stundenlang fortgegangen, wenn es nicht den Eisenbahnfahrplan gegeben hätte. Der Zugführer mit dem roten Ledertäschchen rief: 'Alles einsteigen! Alles Einsteigen!' Die Wagentüren klappten. Die Lokomotive ruckte an. Und fort ging's (Kästner 2010:41)'. Natürlich ist 'schwierig' in diesem Fall ein ziemlich subjektiver Begriff, da das eine Kind im gleichen Alter mehr versteht und sprachlich besser gebildet ist oder sich mehr für Sprache interessiert als das andere Kind. 21 7. Zuletzt spielen in der Kinderwelt Nonsens, Fantasie und Vorstellungsvermögen eine große Rolle. Bei Emil geht es dann auch um eine vom Autor ausgedachte Geschichte, die aber in der realen Welt hätte passieren können. Trotzdem bleibt es im Buch Fantasie, wodurch Kästner in diesem Bereich auf jeden Fall gut an die Kinderwelt anschließt. (Nach: Ivana Bobulová et al. (2003:10)). 3.1.2.2. Die Typologie von Tabbert Da es sich hier um nur eine von mehreren möglichen Typologien handelt, werden wir im unterstehenden Abschnitt noch bestimmte andere Merkmale eines Kinderbuches, oder, von verschiedenen Wissenschaftlern auch 'Erfolgsfaktoren' oder 'Leseanreize' (Tabbert 1994:48) genannt, auflisten. Bevor Tabbert (1994) seine Typologie zeigt, sagt er, dass 'die Wirkung einer Erzählung nicht nur von Elementen der dargestellten Welt ausgeht, sondern zu einem erheblichen Teil auch von den Leerstellen und Unbestimmtheiten, die sich gewollt oder ungewollt bei der Darstellung ergeben' (Tabbert 1994:49). Eine wichtige Aussage, da der Übersetzer dieses Fakt während des Übersetzens zu berücksichtigen hat: wenn zum Beispiel allzu didaktisierend übersetzt wird, — das heißt: es gibt beispielsweise eine Unmenge an Fußnoten oder an sonstige Erklärungen von Fremdwörtern, beispielsweise in einer Wörterliste am Ende des Buches oder sogar unmittelbar hinter dem fremden Wort — können diese Elemente aus dem Text verschwinden, was nicht die Absicht der Übersetzer sein darf. Die Elemente, die laut Tabbert zum Erfolg eines Kinderbuches beitragen, sind folgende: 1. Psychische Faktoren. Dazu gehören unter anderem moralische und kognitive Faktoren. Bezogen auf Emil können wir zum Beispiel an Emils Liebe zu seiner Mutter, oder an die Tatsache, dass sein Geld gestohlen wurde denken, oder daran, dass er kein Unrecht vertragen kann und deshalb dem Dieb nachgeht. Die Beliebtheit von Detektivromanen, worunter auch die Geschichte von Emil fällt, beweist, dass auch der kognitive Aspekt sehr wichtig ist. Hierbei geht es unter anderem um Gedanken, Meinungen und Absichten, die im Kopf eines Individuums strukturiert werden (können). Diese Eigenschaften, die also die Kognition bilden, sind beim Aufspüren eines Diebes natürlich sehr wichtig. 2. Humor. Dieser Humor muss aber verstanden werden können, nicht nur von den Erwachsenen, sondern von den Kindern, da sie hauptsächlich das Leserpublikum eines Kinderbuches bilden. 'Humor kann stärker emotional (...) oder stärker rational geprägt sein' (Tabbert 1994:50). In einem Beispiel kommt der rationale Humor zutage. Dieser Humor kann 22 vor allem von Kindern gut nachvollzogen werden, da manche von ihnen auch etwas Vergleichbares getan haben können: '(...) und er hatte dem Großherzog mit Buntstiften eine rote Nase und einen pechschwarzen Schnurrbart ins Gesicht malen müssen' (Kästner 2010:39). Und noch ein Beispiel des emotional geprägten Humors: 'Der Mensch kann nämlich nur zwei Tage ohne Gehirn leben; und er kriegt es von der Bank erst wieder, wenn er zwölfhundert Mark zurückzahlt. Es sind jetzt kolossal moderne medizinische Apparate erfunden worden und...' 'Sie haben wohl Ihr Gehirn auch gerade auf der Bank', sagte der Mann, der so schrecklich schnaufte...' (Kästner 2010:44-5). Ein Beispiel des rationellen Humors bei Kästner: 'Du meinst also, aus der Sache ließe sich gar nichts lernen?' fragte Tante Martha. 'Doch', behauptete die Großmutter. 'Was denn?' fragten die anderen wie aus einem Munde. 'Geld soll man immer nur per Postanweisung schicken', brummte die Großmutter und kicherte wie eine Spieldose' (Kästner 2010:171) Kästner meint hier, dass das Geld per Postanweisung vermutlich ohne Probleme oder jedenfalls mit nur kleinen Problemen bei der Begünstigte angekommen war. Dann wäre Emil die ganze Geschichte erspart geblieben. Es ist die Frage, ob Kinder beim ersten Lesen sofort verstehen, dass hier Humor eingebracht wird und was Kästner hier genau meint. Deshalb gehört dieses Beispiel zum rationellen Humor. 3. Mythen (Stereotypen) ̶ hierunter versteht Tabbert Wunschträume des Leserpublikums, die der Autor in seinem Buch verfassen muss. Ein Traum dieses Publikums ist beispielsweise die schon aufgeführte, mögliche Identifikation der Leser mit dem Protagonisten, mit Emil Tischbein, dem Helden der Geschichte. Kästner spielt in seinem Buch aber auch mit der stereotypischen Geschichte, mit der 'FantasyStory', die er zunächst zu schreiben vorhatte. Diesen Stereotypen ersetzt er aber mit einer anderen stereotypischen Geschichte, nämlich die eines Helden, der am Ende der Geschichte von allen gefeiert werden kann. 4. Erzählperspektive. Hierbei geht es darum, ob Kinder lieber einen Roman mit einem IchFigur als Erzähler, oder einen Roman mit einem auktorialen Erzähler usw. lesen. Diesem Punkt misst Tabbert aber weniger Bedeutung zu als den übrigen Punkten seiner Typologie. Emil ist ohne Zweifel von einem auktorialen Erzähler geschrieben, da keine Ich-Perspektive oder andersartige Perspektive vorkommt. 23 5. Faktoren der dargestellten Welt. Darunter fallen Raum, Figuren und Handlung. Bei Figuren geht es auch um Identifikationsfiguren für das Leserpublikum. Emil ist oder kann für viele Jugendliche eine Identifikationsfigur sein. Auch sie möchten einmal zum Helden werden. Die Geschichte von Emil fällt in der von Tabbert hergestellten Typologie der Figuren unter den bewundernswerten Figuren. Die Berliner Bande aber, mit Gustav als Anführer, fällt unter die Gruppe, die alles oder jedenfalls vieles zusammen macht. In diesem Fall zusammen dem Dieb nachgehen. 6. Gattungsmerkmale. Emil und die Detektive gehört zu den Geschehnisromanen ̶ Es ist eine Abenteuergeschichte. 7. Sprach- und Bildgestalt. Hierbei geht es unter anderem über Besonderheiten der Sprache. In Emil gehört dazu die Jugendsprache der Berliner Jugendbande. Aber auch den Anfang und das Ende einer Geschichte gehören zur Wichtigkeit der sprachlichen Gestaltung eines Kinderbuches: der Anfang muss reizend und spannend sein, sodass Kinder das Buch auch tatsächlich zu Ende lesen möchten. 'Der Anfang entscheidet darüber, ob ein Buch überhaupt gelesen wird, und das Ende, ob es als zufriedenstellend empfunden wird (Tabbert 1994:54). (nach: Tabbert (1994:49-55). Alle obenstehenden Merkmale müssen von den Übersetzern von Emil beachtet werden, da diese Merkmale den Ausgangstext tragen und stützen. Wenn eine dieser Merkmale wegen einer falschen Übersetzungsentscheidung verschwindet, könnte dies zu Schaden des ganzen Buches führen, oder zu Schaden des Autors. Deshalb muss angenommen werden können, dass die Übersetzer diese typischen Merkmale der Kinderliteratur selbst auch in Emil zurückgefunden haben und dass sie diese Elemente zuerst untersucht haben, bevor sie mit der jeweiligen Übersetzungen angefangen haben. Erst auf diese Art und Weise kann eine gute Übersetzung, die so viel wie möglich an die Wünsche des Leserpublikums und an die Absichten des Autors des Ausgangstextes anschließt, zustande kommen. 3.1.2.3. Für Emil und die Detektive typische Merkmale Nachdem wir in den Typologien bereits einige Merkmale von Emil und die Detektive besprochen haben, listen wir hier noch einige andere, typisch für dieses Buch kennzeichnende, möglicherweise zu Problemen beim Übersetzen führende, Elemente auf. 1. Realien. Hierunter fallen Personennamen, Straßennamen, Namen von Gebäuden, Währungen usw. Sie bilden eine besondere Kategorie, die besondere Aufmerksamkeit des 24 Übersetzers verdient. In welchem Maße können diese Realien naturalisierend übersetzt werden? Oder spricht einiges dafür, sie exotisierend zu übersetzen? Was werden Kinder im Alter von 10 Jahren von einer fremden Kultur verstehen? Diese und andere, gleichartige Fragen hinsichtlich dieses Merkmals, werden weiter in der Arbeit ausführlicher (Abschnitt 7.3.) besprochen und beantwortet. 2. Moralische Elemente. Hierunter fallen zum Beispiel die endlose Liebe von Emil zu seiner Mutter, oder die Tatsache, dass es in seiner Familie wenig Geld gibt und wie dieses wenige Geld mit Herz und Leibe verteidigt und beschützt werden soll. Hier kann außerdem noch der Streit zwischen Gut und Böse aufgeführt werden. Sind diese Elemente in der heutigen Kultur noch bedeutsam? Wie sollen sie dann übersetzt werden? 3. Wiederholung. Wiederholung in kinderliterarischen Texten sei 'ein typisches Charakteristikum oraler Kommunikation' (O'Sullivan 2000:210) und außerdem ist es ein Textgestaltungselement, das besonders bei Kindern sehr beliebt ist. Die Wiederholungen werden aber nicht als solche erkannt, oder, 'weil sie gegen vorherrschende stilistische Normen der Zielliteratur verstoßen, entfernt' (ebd.). Das Problem, das viele Übersetzer in Wiederholung sehen, ist, dass damit das Vokabular der Kinder nicht erweitert wird: sie hören nur mehrere Male dasselbe Wort. Weil in Emil und die Detektive auch einige wiederholende Elemente vorkommen, besprechen wir diese und die Übersetzungen dieser Elemente weiter im analysierenden Teil der Arbeit. Es geht unter anderem um folgende Beispiele: 'Er zog und zog...' (Kästner 2010:50), 'Er kniff und kniff sich...' (Kästner 2010:48) und 'und mache Winkewinke' (Kästner 2010:115). 3.2. Rezeptionsfähigkeit eines Kindes im Alter von etwa 10 Jahren Jetzt widmen wir uns der Rezeptionsfähigkeit des Leserpublikums. Im Rahmen seiner Übersetzungsstrategie ist eine diesbezügliche Einschätzung des Übersetzers bedeutungsvoll. Daran verbunden ist zum Beispiel die Wahl zwischen naturalisierendem oder exotisierendem Übersetzen. Jeder Übersetzer muss sich in diese Rezeptionsfähigkeit vertiefen, da sonst falsche Annahmen hinsichtlich des Verständnisses des Leserpublikum gemacht werden können, die daraufhin zu einer unklaren oder sogar falschen Übersetzung führen könnten. 3.2.1. Altersempfehlung Um eine geeignete Übersetzungsstrategie für das Übersetzen von Kinderbüchern zu entwickeln, sind Kenntnisse zum Thema 'Rezeptionsfähigkeit des jungen Lesers' sehr 25 bedeutungsvoll. Hierbei geht es um sowohl kognitive, soziale und psychologische Aspekte als auch um sprachliche Aspekte. Zusammen bilden sie die Rezeptionsfähigkeit des Kindes. Bevor wir die Fähigkeit des vermuteten Leserpublikums von Emil und die Detektive beschreiben, muss erst deutlich sein, welche Altersgruppe das Buch lesen würde. Auf verschiedenen Websites, worunter www.bol.com, worauf das Buch zu kaufen ist, gibt es auch eine Altersempfehlung für Kinder ab dem 10. Lebensjahr. Worauf diese Empfehlung basiert ist, ist sehr schwierig nachzuweisen. Anhand bestimmter Eigenschaften von Kindern im Alter von zirka zehn Jahren und anhand bestimmter Merkmale der zu dieser Altersgruppe passenden Bücher entsteht eine Art Wechselbeziehung zwischen den Wünschen und Fähigkeiten des Kindes und dem Schreibstil des Autors. Darauf wird auch die Altersempfehlung basiert. In Deutschland wird Emil auch für Kinder ab dem 10. Lebensjahr empfohlen, wie zum Beispiel auf der Website www.kinder-klassiker.de1 zu erfahren ist. Kästner selbst hat sich nicht zur Altersempfehlung seiner Bücher geäußert, vielleicht fand er die Hinweise in Emil und die Detektive, beispielsweise die Bilder, die den Text unterstützen, oder die Satzlänge, zureichend um die Verlage die Altersempfehlung bestimmen zu lassen. Tucker hat sich in seinem, einigermaßen veralteten, Buch The Child and the Book ausführlich damit auseinandergesetzt, was Kinder in einem bestimmten Alter verstehen und nachvollziehen können: sowohl mit dem Auge auf Fiktion als auf Non-Fiktion als auch auf andere unterschiedliche literarische Gattungen. 3.2.2. Der Autor, das Kind und das Buch Wie ist das Verhältnis zwischen Autor, Kind und Buch? Was verstehen Kinder von 10 Jahren? Wie gestaltet man als Autor sein Buch so, dass Kinder dieses Alters es sicher lesen werden und außerdem noch begeistert sind? Wir besprechen kurz die Theorie von Tucker, der sich ausführlich zum Buchinhalt und Buchverständnis des Kindes geäußert hat. Tucker behauptet, dass Kinder im Lebensalter von rund 10 Jahren, die Erfahrungen mit dem Lesen von verschiedenen Büchern haben, typische Konventionen früher Fiktion unterscheiden könnten (Tucker 1981:97). Dazu gehörten zum Beispiel Annahmen über den Plot eines Buches, oder über die Tatsache, dass das Buch fiktiv ist, obwohl es sich auf reale 1 http://www.kinder-klassiker.de/Buecher-und-Kinderbuecher/Alter-ab-10-Jahre 26 Weltereignisse oder auf die gesamte reale Welt beziehen kann. Die Feststellung solcher Annahmen befindet sich bei 10-Jährigen aber noch in einem frühen Stadium. In der populären Fiktion, die für dieses Alter geschrieben wird, steht oft die Fantasie der Kinder im Mittelpunkt, dass neben der realen Welt oder neben einem realen Land noch ein imaginäres Land oder eine imaginäre Welt existiere. Ein beliebtes Thema innerhalb dieses imaginären Landes ist der Kampf zwischen Gut und Böse, 'the sort of obvious, underlined morality that young readers can readily understand' (Tucker 1981:99). In Emil und die Detektive stehen das Gute, das Recht, verkörpert von Emil, und das Schlechte, das Unrecht, verkörpert von Grundeis, dem Täter, im Mittelpunkt der Geschichte. Es geht fortwährend um die Begegnung des Guten mit dem Schlechten, um die Begegnung von Emil mit Grundeis. Wir können hinsichtlich dieses Punktes feststellen, dass Kästner sich auf die Interessen und die Rezeptionsfähigkeit seines Leserpublikums eingestellt hat. Anschließend daran behauptet Tucker, dass 'perhaps the most typical sort of reading for this age-group, however, is the heady world of domestic adventure, usually set in an ostensibly recognisable world of reality, but otherwise fuelled by unreal fantasies' (Tucker 1981:104). In diesen Geschichten steht oft ein Held im Mittelpunkt, der ohne Hilfe seiner Eltern oder anderer Erwachsenen effektiv ist und sein Ziel erreicht. Diesen Aspekt finden wir sehr deutlich in unserer zu untersuchenden Geschichte zurück, wobei wir aber bemerken müssen, dass unser Held Emil nicht einzig und allein seinen Sieg erringt, sondern mithilfe einer großen Gruppe Jungen. Wenn Kinder manchmal mit ihren absonderlichen Errungenschaften im realen Leben unzufrieden sind, können sie sich immer noch mit dem Held oder den Helden aus der Geschichte identifizieren, 'who are regularly shown overcoming the most formidable obstacles with very little trouble' (Tucker 1981:105). Beim Aufwachsen der Kinder in der realen Welt verschwindet außerdem nach und nach dem Respekt für die Superiorität der Eltern. Wiewohl Tucker auch diesen Teilaspekt als sehr wichtig betrachtet, wird er von Kästner in Emil nicht aufgenommen. Im Gegenteil: Emils Liebe und Hingabe für die Mutter sind sehr groß und die eventuelle Superiorität der Eltern (in unserem Fall: der Mutter, da Emils Vater nicht mehr lebt) spielt im Buch eigentlich keine große Rolle. Andere Themen, die von Autoren aufgegriffen werden können, sind Geschichten mit Tieren in der Hauptrolle: 'like children themselves, animals can also be small, vulnerable and inarticulate, as well as open and quite artless in their appetites and needs' (Tucker 1981:100), und Geschichten, worin Kinder ihre eigene sexuelle Identität entwickeln können: 'Where boy 27 readers are concerned, stories of hectic adventures become popular at this stage, while girl readers often turn instead to the more domestic type of story written especially for them' (ebd.:123). Auffallend ist, dass Kästner sich dieser Eigenheit von Geschichten nicht bewusst zu sein scheint, oder dass er gerade bewusst damit spielt. Die stereotypische Beschreibung des männlichen Leserpublikums stimmt immer noch, da die Geschichte von Emil eine 'story of hectic adventure' ist, aber ein Mädchen spielt auch darin mit und sie hat keine nachweisbare Sehnsucht nach ruhigeren Zeiten! Das Thema der Tiere wird bei Kästner nicht ausgearbeitet. Bisher haben wir nur einige allgemeine Bemerkungen hinsichtlich geeigneter Themen der Kinderliteratur besprochen. Aber was verstehen Kinder im Alter von 10 Jahren bereits, was kann man als Autor in einem Buch verarbeiten, was können Kinder vom Geschriebenen nachvollziehen? Oder: wie erreicht man ein größtmögliches Leserpublikum für das eigene Buch? Tucker ist sehr konkret: 'Books for these children should normally possess simple vocabularies, short sentences and clear, concrete plots, since children's concentration span and powers of abstract reasoning will still be limited' (Tucker 1981:105). Tucker zitiert darüber hinaus auch Enid Blyton, die viele Jugendbücher geschrieben hat und auch Gedanken zum Thema 'Was ist geeignet und was darf man als Autor in Kinderbüchern?' geäußert hat. Sie konzentriert sich auf die Verantwortlichkeiten des Autors: 'Children's writers have definite responsibilities towards their young public. For this reason they should be certain always that their stories have sound morals - children like them' (Blyton 1961:134-5, zitiert in: Tucker 1981:107). Das Gute solle gut sein, das Schlechte schlecht, der Held solle gefeiert werden, der Lump gestraft. Das Gute überlebe immer, da es durch Moralität und Sozialität beschützt werde (ebd.). Dieses Thema wird in Emil auch ausgearbeitet. Emil wird über seinen Sieg interviewt — das Interview erscheint später sogar in der Zeitung —, während Grundeis verhaftet wird und, so könnte die Phantasie des jungen Lesers sein, ins Gefängnis kommt. Kinder können in diesem Alter, also im Alter von 10 Jahren, 'begin to differentiate people or fictional characters more clearly from one another, not simply through crude differences in age or physical appearance, just as they can now start accepting the notion that both desirable and undesirable characteristics can at times co-exist within the same person' (Tucker 1981:130-1) ('damit anfangen, Personen und fiktive Charakter klarer voneinander zu unterscheiden, nicht nur durch grobe Unterschiede im Alter oder in der physischen Erscheinung, da sie in dieser Zeit ihres Lebens akzeptieren, dass sowohl wünschenswerte als auch nicht-wünschenswerte in einer Person zusammen existieren') . Diese Aussage finden wir in Emil auch ausgearbeitet, da Grundeis zuerst ein freundlicher Mann ist, 28 der Schokolade verteilt. Erst später in der Geschichte transformiert er sich zu einem Dieb. Kinder können diese Gegebenheit gut nachvollziehen. Daneben ist es wichtig, dass die Eigenschaften der Protagonisten und der Aufbau des Buches nachvollziehbar sind. 'The ability to piece together cause and effect, or remember which character is which and who has already done what, can all be real problems for limited concentration and reading skills' (Tucker 1981:113). Dieses Problem kommt in Emil vermutlich nicht oft vor, da Kästner, bevor das Buch wirklich anfängt, einige Hauptpersonen näher beschreibt. Wenn man dann als Kind nicht mehr weiß, wer wer ist, kann man immer kurz zurückblättern und nachschauen. Im Buch gibt es außerdem nur zwei Erzählfäden: der von Emil und der Berliner Jugendbande, die zusammen den Dieb zu fassen versuchen, und der von Emils Familie, die nicht weiß, wo er bleibt und die nur abwarten kann. Die Geschichte, und vor allem den Aspekt, dass es eine Bande gibt, finden viele Kinder interessant: '(...) determined rejection of adult standards of dress, etiquette and modes of speech (Tucker 1981:120). Anhand dieser verschiedenen Elemente können wir nachvollziehen, dass Kästner ein für Kinder sehr geeignetes Buch geschrieben hat. Viele Elemente, die gerade besprochen wurden, kommen nämlich in der Geschichte vor. Hierdurch kann man die Altersempfehlung auch besser verstehen, da Kinder im empfohlenen Alter die Welt besser verstehen und darüber hinaus zwischen Fiktion und Realität unterscheiden können. Jüngere Kinder verstehen die Vorhaben von Menschen nicht immer und unterscheiden ebenfalls nicht zwischen unterschiedlichen Seiten und Charaktereigenschaften einer Person (hier könnte das Beispiel von Grundeis nochmal aufgegriffen werden). Die moralischen Urteile eines Kindes müssen noch wachsen und müssen sich noch ändern. Deshalb konzentrieren sich Bücher für jüngere Kinder öfter auf 'action rather than analysis, with an emphasis upon surface behaviour and its immediate appearance, rather than upon less obvious reasons for such actions' (Tucker 1981:130) ('konzentrieren sich eher auf Aktion denn auf Analyse, mit der Betonung auf das oberflächliche Verhalten und dessen unmittelbare Erscheinung, konzentrieren sich darauf eher dann auf unwahrscheinlichere Gründe für solche Handlungen'). Dieser Aspekt kommt auch bei Kästner zurück, da der Grund für die Verfolgungsjagd der Kinder der Diebstahl ist, d.h.: es gibt keine unwahrscheinlichen oder unerwarteten Gründe für diese Aktion. 29 4. Theorie zur Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit des Übersetzers 4.1. Definitionen von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit Um beide obenstehende Begriffe auf das Übersetzen und auf den Übersetzer beziehen zu können, muss zunächst eine passende Definition der Begriffe Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit gegeben werden. Eine Definition, die nachvollziehbar und im Rahmen der Forschung auch bedeutungsvoll ist. Dafür wenden wir uns dem Duden-Wörterbuch zu. Unter Sichtbarkeit lesen wir als Definition: '[Grad der] Erkennbarkeit; sichtbare, deutliche Beschaffenheit2' und unter Unsichtbarkeit lesen wir: 'das Unsichtbarsein3'. Unter sichtbar lesen wir: 'mit den Augen wahrnehmbar, erkennbar; deutlich [erkennbar], sichtlich, offenkundig4'. Unsichtbar bedeutet dann: nicht mit den Augen wahrnehmbar, nicht erkennbar, usw. Das Problem dieser Definitionen ist, dass sie zu allgemein und nicht ohnehin auf die Welt der Übersetzer anwendbar sind. Ein Problem kommt schon zustande, wenn gesagt wird, dass ein unsichtbarer Übersetzer 'nicht mit den Augen wahrnehmbar' sei. De facto gilt das in allen Fällen, da man den Übersetzer als Person an sich normalerweise nicht begegnet. Man sieht seine oder ihre Persönlichkeit (teilweise) nur in den von ihm oder ihr übersetzten Text zurück. Darum kann in dieser Bedeutung auch nicht von einem sichtbaren Übersetzer als solcher gesprochen werden. Wegen einer in diesem Bereich unzulässigen und unvollständigen Definition der Begriffe Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, werden noch die Definitionen der beiden Begriffen aus dem Wahrig-Wörterbuch hinzugezogen in der Hoffnung, dass diese Definitionen mehr Klarheit geben werden. Unter sichtbar lesen wir: 'so beschaffen, dass man es sehen kann' (Wahrig 2008:1356) und unter Unsichtbarkeit lesen wir: 'Unsichtbare Beschaffenheit' (Wahrig 2008:1542). Beschaffenheit kann man wiederum als 'Zustand' definieren, sodass sichtbar dann, etwas freier gesagt, dies bedeutet: 'sich in einem solchen Zustand befindend, dass man es sehen kann'. Eine Übersetzungsstrategie, worin der Übersetzer sichtbar ist, führt also dazu, dass der Übersetzer sich in einem solchen Zustand befindet, dass er oder sie gesehen werden kann. Dies gilt dann auch für die Übersetzungsentscheidungen und -lösungen. Für unsere Untersuchung und für die Analyse, die im weiteren Verlauf ausgearbeitet wird, brauchen wir brauchbare Definitionen. Dazu beziehen wir uns zunächst auf die Theorie von Lawrence Venuti. 2 http://www.duden.de/suchen/dudenonline/sichtbarkeit http://www.duden.de/suchen/dudenonline/Unsichtbarkeit 4 http://www.duden.de/suchen/dudenonline/sichtbar 3 30 4.2. Invisibility of Translators, Lawrence Venuti Die Sichtbarkeit oder Unsichtbarkeit eines Übersetzers findet seinen Ausdruck in die Art und Weise, wie übersetzt wird. Lawrence Venuti hat sich ausführlich mit beiden Begriffen und mit deren Beziehungen zu den Übersetzern beschäftigt. Obwohl er vornämlich die angloamerikanische Situation beschreibt, kann seine Theorie jedoch auch allgemeinerer Gültigkeit zugeschrieben werden. Zunächst beschreibt er die Kriterien, die die Unsichtbarkeit des Übersetzers fördern. Wir müssen hier betonen, dass Venuti nicht für die Unsichtbarkeit plädiert, er beschreibt nur wie es zur Unsichtbarkeit der Übersetzer kommt. Ein übersetzter Text wird vom Leserpublikum akzeptiert, wenn der Text fließend zu lesen ist und wenn wegen der Absenz linguistischer und stilistischer Differenzen eine transparente Totalität entsteht (Venuti 1995:1, 2). Diese Transparenz ergibt sich aus dem Bemühen des Übersetzers, mittels des Anknüpfen am modernen, passenden Sprachgebrauch einen Ausgangstext einfach und lesbar zu gestalten. Dies kommt zustande, wenn bekannte syntaktische Strukturen behalten bleiben, und wenn der Übersetzer auf die richtige Bedeutung fixiert. Je fließender eine Übersetzung ist, 'the more invisible the translator, and, presumably, the more visible the writer or meaning of the foreign text' (ebd.) ('umso unsichtbarer ist der Übersetzer, und, vermutlich, umso sichtbarer sind der Autor und die Bedeutung des Ausgangstextes'). Die Unsichtbarkeit des Übersetzers kommt, laut Venuti, also zustande, wenn ein Text vom Lesepublikum der Zielkultur fließend gelesen und verstanden werden kann. Kommentare auf Übersetzungen preisen vor allem diese Qualität oder Eigenschaft eines übersetzten Textes, während Deviationen vom Ausgangstext abgelehnt werden. Eine fließende Übersetzung solle laut der Kommentare modern statt archaisch sein, Standardsprache statt Dialekt benutzen und keinen Fachjargon enthalten. 'A fluent translation is immediately recognizable and intelligible, 'familiarised', domesticated, not 'disconcerting[ly]' foreign, capable of giving the reader unobstructed 'access to great thoughts', to what is 'present in the original' (Venuti 1995:5) ('eine fließende Übersetzung ist unmittelbar erkennbar und verständlich, vertraulich, domestiziert, nicht 'beunruhigend' befremdend, hat die Möglichkeit dem Leser ungestörter 'Zugang zu großen Gedanken' zu geben, Zugang zu dem was im Ausgangstext steht'). Der übersetzte Text muss natürlich sein, d.h.: es sei die Aufgabe des Übersetzers/der Übersetzerin, seine oder ihre Arbeit unsichtbar zu machen. 31 Die Unsichtbarkeit des Übersetzers wird, laut Venuti, auch von einer individualistisch geprägten Konzeption des Autorwesens geprägt. Der Autor beschreibt seine Gedanken und Gefühle frei mittels eines Textes, der als originelle und transparente Selbstpräsentation betrachtet wird. Wegen solcher Betrachtung wird eine Übersetzung einerseits 'as a secondorder representation' (Venuti 1995:7) ('Repräsentation aus zweiter Hand') betrachtet. Nur der Ausgangstext ist originell, die Arbeit des Übersetzens und die Übersetzung sind 'derivative, fake, potentially a false copy' (ebd.) ('abweichend, gelogen, potentiell eine falsche Kopie'). Andererseits sei es die Aufgabe eines Übersetzers oder einer Übersetzung diese Repräsentation zu beseitigen, um somit 'producing the illusion of authorial presence whereby the translated text can be taken as the original' (ebd.) ('die Illusion der Anwesenheit des Autors herzustellen, wobei der übersetzte Text als Originaltext gesehen werden kann'). Venuti sieht die Unsichtbarkeit eines Übersetzers als dessen Selbstvernichtung, da er letztendlich oft hinter dem originellen Autor verschwinde: 'The translator is thus subordinated to the author' (Venuti 1995:9) ('der Übersetzer ist dem Autor also unterstellt'). Innerhalb der angloamerikanischen Beziehungen, worüber er vor allem schreibt, verweise die Unsichtbarkeit des Übersetzers sogar auf eine lasche Position zu anderen Kulturen, und diese Position könne man - 'without too much exaggeration' (Venuti 1995:17) ('ohne allzu viel zu übertreiben') - als Zuhause imperialistisch und im Ausland fremdenfeindlich bezeichnen. Venuti plädiert für eine zunehmende Sichtbarkeit des Übersetzers, um der heutigen Situation so widerstehen zu können und diese Position, dieses Verhalten außerdem zu ändern. Das Ziel des Übersetzens sei es, etwas kulturell Unterschiedliches als das Eigene zurückzubringen, sodass es einsichtig und vertraut wirkt (ebd.: 18). Es gehe also darum, bestimmte fremde, unbekannte Elemente so zu übersetzen, dass sie für Leser der Zielsprache verständlich und vertraut sein können. Nachdem er die Theorie von Schleiermacher, der den Übersetzer gestattet 'to choose between a domesticating method, an ethnocentric reduction of the foreign text to target-language cultural values (...), and a foreignizing method, an ethnodeviant pressure on those values to register the linguistic and cultural difference of the foreign text' (Venuti 1995:20) ('zwischen einer domestizierenden Methode, einer ethnozentrischen Verringerung des Ausgangstextes, weil kulturelle Werte des Zieltextes wichtiger sind (...), und einer verfremdenden Methode, worin mittels einer Betonung der ethnozentrischen Abweichung die linguistische und kulturelle Unterschiede des Ausgangstextes registriert wird'), besprochen hat, behauptet Venuti, foreignizing sei heutzutage sehr wünschenswert, da es die ethnozentrische Gewalt der Übersetzung bezwinge und den Übersetzer sichtbar mache. Unter ethnozentrischer Gewalt versteht Venuti vor allem eine naturalisierende 32 Übersetzungsstrategie, wodurch der Übersetzer also unsichtbar wird und fremde Elemente aus einer fremden Kultur beim Übersetzen sofort verschwinden oder an die Ausgangskultur angepasst werden. Man könnte dies auch diskriminierung ausländischer Elemente nennen. Es braucht uns also nicht zu wundern, wenn Venuti den Übersetzern berät, so viel wie möglich exotisierend zu übersetzen. Es gehe darum, eine Übersetzungstheorie und -praxis zu entwickeln, die den dominanten ausgangssprachlichen kulturellen Werten widersetzt. Wenn die Strategie des exotisierenden Übersetzens (foreignizing) eingesetzt würde, ändere dies 'the ways translations are read'(ebd.:24) ('die Art und Wiese, wie Übersetzungen gelesen werden'), da nämlich ein Konzept der menschlichen Subjektivität gefragt würde, dass sich vom Konzept der menschlichen Annahmen bei einer domestizierenden Übersetzung unterscheide. Ob Kinder schon in der Lage sind, ihre Perspektive derart zu wechseln, steht zur Frage. Venuti beschließt sein Plädoyer damit, dass sich, seiner Meinung nach, sowohl Übersetzer als Leser die ethnozentrische Gewalt der Übersetzung überlegen müssten und dass beiden daraufhin 'write and read translated texts in ways that seek to recognize the linguistic and cultural difference of foreign texts' (ebd.:41) ('übersetzte Texte schreiben und lesen, sodass linguistische und kulturelle Unterschiede des Ausgangstextes anerkannt werden'). Dazu sind kreative Eigenschaften des Übersetzers notwendig, weil nämlich der Übersetzer als Künstler aktiv ist und er das Werk, den Ausgangstext, aufs Neue kreiert. 4.3. Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit des Übersetzers, Riita Oittinen Die Gedanken und die Theorie von Venuti zur (Un)Sichtbarkeit des Übersetzers werden aus Sicht des kinderliterarischen Übersetzens von Riita Oittinen in ihrem Buch Translating for Children aufgegriffen und kritisiert. Wie wir gesehen haben, unterscheidet Venuti zwischen domestication, wobei ein Text an die kulturelle und linguistische Werte der Zielkultur angepasst wird, und foreignization, wobei wichtige Spuren des Ausgangstextes in der Übersetzung behalten bleiben. Laut Venuti verlieren Übersetzer ihre Sichtbarkeit 'when they write smooth target-language texts, when the reader cannot tell from the text if she/he is reading a translation or a text originally written in the target language' (Oittinen 2000:74) ('wenn sie schöne, zielsprachliche Texte schreiben, von denen der Leser nicht sagen kann ob er oder sie eine Übersetzung oder einen Text, der original in der Ausgangssprache geschrieben ist, lesen'). Oittinen behauptet, diese Sichtweise sei problematisch, da dem zukünftigen Leserpublikum und den Gründen, weshalb man Bücher liest, jetzt keine Bedeutung zugemessen würden. Außerdem versage Venuti darin, die Vielfältigkeit oder die Unterschiedlichkeit der Leser und der Leserreaktionen in seiner Theorie und Positionen mit 33 einzubeziehen. Laut Oittinen gehe es sogar soweit, dass Übersetzer mittels des Interpretierens und des Umschreibens eines Textes für die zukünftigen Leser, letztendlich sogar sichtbarer seien, da sie sich auf ihre eigene kindliche Ideen und Vorstellungen gründeten (Oittinen 2000:74). Die beiden Begriffe domestication und foreignization seien in der Übersetzungswelt darum auch sehr delikat, weil die Positionen und Sichtweisen, die man einnehmen kann, davon abhängten, wie man Übersetzen sehe: sehe man Übersetzen als das Produzieren von Äquivalenz, dann wird eine klare Unterscheidung zwischen Übersetzungen und Anpassungen gemacht. Sehe man Übersetzen jedoch als Umschreiben, wie auch Oittinen, dann sind die Unterschiede zwischen Übersetzungen und Anpassungen schwieriger zu bestimmen. Dann müssten wir eingestehen, dass 'adaptation - both in words and illustrations - is lower in status than translation' (ebd.:75) ('Adaptation - sowohl von Wörtern wie von Bildern - hat eine niedrigere Position als eine Übersetzung'). Anpassungen könnten unterschiedliche Gründe haben: der kindliche Leser könne bestimmte Elemente eines Textes so besser verstehen, oder/und das Buch könne besser verkauft werden (ebd.:77). Der Unterschied zwischen Anpassung und Übersetzung liege in unseren Sichtweisen und Perspektiven. Wir stießen sogar auf ein Dilemma: Wenn wir übersetzen, passten wir unsere Texte auch immer aus verschiedenen Gründen an, zum Beispiel mit dem Auge auf das Leserpublikum (ebd.: 83-4). Wir könnten also sagen, dass domestication Teil des Übersetzens ist. Oittinen betont immer, dass sie sowohl Anpassung wie Übersetzung nicht als mechanische Angelegenheiten der Abweichung und Wiederholung, sondern als die Frage nach Emotionen und Änderungen sehe (Oittinen 2000:99). Die Unsichtbarkeit des Übersetzers ist für sie auch insoweit ein Problem, da bestimmte Übersetzungswissenschaftler - sie basiert sich dabei vor allem auf Klingbergs Buch Children's fiction in the hand of translators, 1986 - behaupten, Übersetzer müssten sichtbar sein in der Anpassung, aber unsichtbar in der Übersetzung (ebd.:97). Klingberg 'makes a clear distinction between translation and adaptation' (ebd.) ('unterscheidet stark zwischen Übersetzung und Adaptation'). Die Stimme des Übersetzers dürfe also nicht gehört werden. Das Problem seiner Theorie sei, dass er Übersetzer als Wiederholer der originellen Intentionen des Autors sehe, und nicht als Professionelle, die zwischen naturalisierendem und exotisierendem Übersetzen in bestimmten Fällen entschieden. Laut Oittinen zeige man am besten Respekt für die Leser einer Übersetzung, wenn man die Wichtigkeit des Übersetzers als Leser, Autor und sicher auch als Interpret des Textes betone (ebd.). Eine Übersetzung sei nämlich eine Produktion, 34 nicht eine Reproduktion. Menschen, also auch Übersetzer, kreierten Bedeutung. Diese Bedeutung komme zustande, wenn die Übersetzer der Kinderliteratur in die Kinderwelt eintauchten und wenn sie zudem nicht aufhören könnten, Erwachsen zu sein, 'to succeed they should try to reach into the realm of childhood, the children around them, the child in themselves' (ebd.: 168) ('um Erfolg zu haben, müssen sie versuchen, im Reich der Kindheit, im Reich der Kinder um ihnen herum, im Reich des Kindes in ihrem selbst, einzutauchen'). Somit entsteht eine interaktionistische Beziehung zwischen dem Übersetzer und dem Leserpublikum. Die Stimme und die Arbeit des Übersetzers sind somit in jedem für Kinder übersetzten Text sichtbar, mehr oder weniger implizit. Wenn der Text in der Zielkultur fließend zu lesen ist, liegt das daran, dass der Übersetzer dies zustande gebracht hat. Er oder sie hat die Arbeit ausgeführt. 4.4. Schlussfolgerungen Wir haben gesehen, dass sowohl Venuti wie Oittinen sich ausführlich mit der Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit des Übersetzers beschäftigt haben. Bei Venuti geht es darum, dass der unsichtbare Übersetzer mehr und mehr sichtbar wird, wenn er exotisierend übersetzt. Venuti nennt das foreignization, wobei es darum geht, die fremden Elemente einer fremden Kultur eine richtige Stelle im Ausgangstext zu geben. Wird dies nicht gemacht, bleibt der Übersetzer unsichtbar und tritt, laut Venuti, eine Diskriminierung fremder kultureller Elemente auf. Dies sei sicher nicht zu befürworten. Die sichtbare Position eines Übersetzers fordert Kreativität und Einbildungsvermögen. Oittinen, die die Begriffe Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit vor allem auf das Übersetzen von Kinderliteratur bezieht, zweifelt an die Theorie Venutis, da er, ihrer Meinung nach, kein Auge für das zukünftige Leserpublikum und dessen Leseintentionen hat. Beim kinderliterarischen Übersetzen gehe es auch darum, dass der Übersetzer/die Übersetzerin eigene kindliche Vorstellungen während des Übersetzens mit einbezieht. Inwieweit können wir diese beide Theorien, aber auch die eher genannten Wörterbuchdefinitionen der Begriffe Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit auf die im siebten Kapitel folgenden Analyse anwenden? Mit den Wörterbuchdefinitionen können wir wenig anfangen, da diese nicht über die normale Verwendung der Wörtern Unsichtbarkeit und Sichtbarkeit hinausgehen, sie sagen nichts aus über die Bedeutung dieser Begriffe in der Übersetzungswelt. Deshalb beziehen wir uns auf Venuti und Oittinen, obwohl in unserem Hinterkopf die Wörterbuchdefinitionen auf dem Hintergrund zur Verdeutlichung der Begriffe mitschwingen. 35 Wenn es nach Venuti geht, sagen wir: Unsichtbarkeit in der Übersetzung tritt auf, wenn naturalisierend übersetzt wird (domestication), Sichtbarkeit tritt auf, wenn exotisierend übersetzt wird (foreignization). Wenn es nach Oittinen geht, müssen wir unsere Perspektive auf Übersetzen zunächst klären: ist Übersetzen für uns das Produzieren von Äquivalenz oder das Umschreiben des Ausgangstextes? Erst nach einer Antwort auf diese Frage kann festgestellt werden, ob domestication oder foreignization in einzelnen Fällen vorkommt. Außerdem ist für unsere Analyse auch die Frage nach Adaptieren und Übersetzen von Bedeutung, da domestication laut Oittinen auch in einer adaptierenden Übersetzung sichtbar wird. Man muss der Übersetzer als professioneller Entscheidungstreffer sehen, nicht als Nachahmer des Ausgangstextes. In unserer Analyse steht die Frage nach der Sichtbarkeit oder Unsichtbarkeit des Übersetzers im Mittelpunkt. Die Übersetzerin wird in einer bestimmten Übersetzungsentscheidung sichtbar, wenn sie exotisierend übersetzt hat und die Übersetzerin bleibt unsichtbar, wenn sie naturalisierend übersetzt hat. 36 5. Adäquatheit und Akzeptabilität, Naturalisieren und Exotisieren In diesem Kapitel beschäftigen wir uns mit der Frage, ob eine Übersetzung auf die Kultur des Ausgangstextes oder auf die des Zieltextes gezielt sein muss. 5.1. Gideon Toury: Normen bestimmen die Strategie des Übersetzers 'Die zentrale Frage der neuen Übersetzungsforschung lautet wie folgt: Was wurde wann, warum, wie übersetzt und warum wurde es so übersetzt?' (O'Sullivan 2000:175). Diese Fragen können anhand verschiedener Normen der Ausgangs- und Zielkultur beantwortet werden. Gideon Toury unterscheidet diese Normen und nennt sie die initial norm, preliminary norms, und operational norms. Toury definiert Normen wie folgt: 'Norms are the key concept (...) in any attempt to account for the social relevance of activities, because their existence, and the wide range of situations they apply to (...), are the main factors ensuring the establishment and retention of social order' (Toury 2000:200) (meine Hervorhebungen). In unserer Untersuchung sind vor allem die Normen, die vor Anfang des Übersetzens eine Rolle spielen, wichtig. In diesem Moment wird die Entscheidung oder die Antwort auf das was und warum der Übersetzung gegeben. Übersetzungsnormen befinden sich auf einer Skala zwischen zwei Extremen: an der einen Seite befinden sich relative, absolute Regel und an der anderen Seite befinden sich reine Idiosynkrasien. Normen sind die Faktoren, die zwischen diesen zwei Extremen liegen. Übersetzen ist damit eine normgesteuerte Aktivität, wobei die Normen die in heutigen Übersetzungen existierende Äquivalenz determinieren. Gideon Toury kommt jetzt auf die initial norm zu sprechen. Seines Erachtens ist dies eine generelle Wahl, die Übersetzer zwischen den Normen des Ausgangstextes und der Ausgangskultur und den Normen des Zieltextes und der Zielkultur machen. Wenn der Übersetzer die Normen der Ausgangssprache in seiner Übersetzung respektiert, wird diese eher adäquat sein. Respektiert er jedoch eher die Normen der Zielkultur, dann wird die Übersetzung eher akzeptabel sein. Die Chance, dass im übersetzten Text im Vergleich zum Ausgangstext Änderungen vorkommen, ist dann besonders groß. Wir müssen aber beachten, dass die Wahl zwischen Akzeptabilität und Adäquatheit in der Wirklichkeit nicht so strikt ist. Manchmal kommen Elemente aus beiden Übersetzungsstrategien in den Übersetzungen zurück, weil 'eine Übersetzung niemals gänzlich akzeptabel, noch gänzlich adäquat' sei (O'Sullivan 2000:176). 37 Die Begriffe Akzeptabilität und Adäquatheit sind im Rahmen einer Forschung nach Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit des Übersetzers durchaus wichtig. Es liegt nämlich nahe, dass ein Übersetzer, der sich an die Normen der Zielkultur orientiert und also vor allem akzeptabel übersetzt, vom Leserpublikum mehr gepriesen wird und mehr Verständnis hinsichtlich bestimmter Übersetzungsentscheidungen bekommt. Vor dem Übersetzen muss der Übersetzer also eine globale Entscheidung zwischen Akzeptabilität oder Adäquatheit treffen, zwischen Unsichtbarkeit und Sichtbarkeit. 5.2. Naturalisieren oder exotisieren? In diesem Abschnitt setzen wir uns eher kurz mit den Begriffen Naturalisierung und Exotisierung als Übersetzungsstrategien auseinander. 5.2.1. Naturalisieren Eine naturalisierende Übersetzungsstrategie bedeutet das Ersetzen eines typischen, kulturell bestimmten Elementes durch ein Element, das in der Zielkultur bekannt ist. Es geht hierbei um Elemente, wovon der Übersetzer denkt oder weiß, dass sie mit kulturellen Normen und Werten der Zielkultur übereinstimmen. O'Sullivan bezeichnet die Strategie als eine 'rezeptionsorientierte, den Lesern und der Zielsprache den Vorzug gebende Praxis' (O'Sullivan 2000:172). Hierbei steht die Einbürgerung des fremden Textes in der Zielkultur und im Leserpublikum zentral. Es geht dabei um die Frage, ob man einen Text nicht nur mit Beachtung der sprachlichen, sondern auch mit Beachtung der 'stilistischen und ästhetischen Regeln, Normen und Konventionen der Zielsprache' (ebd.) übersetzt. Diese naturalisierende Übersetzungsstrategie wird oft der Anpassung exotischer Elemente gleichgesetzt. Frimmelová nennt dies sogar eine wichtige Übersetzungsstrategie, die von der Annahme ausgehe, dass Kinder es schwierig fänden, sich anzupassen und unbekannte Namen, unbekanntes Essen oder unbekannte Stätten zu verstehen. Dies gelte auch für Redensarten oder andere, typisch kulturell bestimmte, grammatikalische Eigenschaften eines Textes. Andere Elemente, woran man vielleicht erst an zweiter Stelle denken würde, seien kulturelle oder religiöse Riten oder Überzeugungen (Frimmelová 2010:39). Diese kulturellen Elemente können, mit der Betonung auf können, naturalisiert werden. Nachteil dieser Übersetzungsstrategie ist, dass Kinder wegen dieses Ersatzes bestimmte typische kulturelle Elemente nicht kennen lernen und das ihr Weltwissen somit nicht vergrößert wird. Es geht also um die Balance, die in jeder Übersetzung aufs Neue gesucht werden muss. 38 Oittinen hat sich auch mit Anpassungen in Übersetzungen auseinandergesetzt. Oft werden diese Anpassungen ihrer Meinung nach als negatives Phänomen gesehen, da sie einen niedrigeren Wert hätten. Wie unser Urteil über diese Übersetzungsstrategie aber aussehe, hänge ab von der Tatsache, wie wir Übersetzen als Ganzes betrachten (Oittinen 2000:77). Das Problem, das mit dieser Übersetzungsstrategie zusammenhängt, ist die Tatsache, dass Übersetzer nie ganz sicher davon sein können, wie das Leserpublikum die Übersetzung letztendlich lesen wird. Die Leseintention dieses Publikums kann eine ganz andere wie die des Übersetzers oder die des Ausgangsautors sein. Als Übersetzer muss man sich immer der Frage nach dem Warum der Anpassung, der Naturalisierung, bewusst sein. Deshalb können die Begriffe Übersetzen und Anpassen nicht getrennt werden: 'In general, if we try to define adaptation and translation as separate issues, we face a dilemma, as we are actually mixing terms on different levels: when translating, we are always adapting our text for certain purposes and certain readers, both children and adults' (Oittinen 2000:83-4). Beim Übersetzen für Kinder muss daher immer in Richtung des Kindes übersetzt werden. Wird dazu eine naturalisierende Übersetzungsstrategie notwendig sein, dann sei man als Übersetzer erst dem Ausgangstext gegenüber loyal, 'wenn die Übersetzung von den Lesern angenommen und geliebt wird' (O'Sullivan 2000:188). Das Problem dieser Aussage liegt aber in ihrer Kontrollierbarkeit, da man als Übersetzer ohne zweckmäßige Rückkopplung des Leserpublikums nie erfahren kann, ob der übersetzte Text tatsächlich zum Erfolg wurde. 5.2.2. Exotisieren Die andere Seite auf dem eher genannten Skala ist also die exotisierende Übersetzungsstrategie. Diese Möglichkeit besteht aus 'der Orientierung an den Normen des Ausgangstextes' (O'Sullivan 2000:176), aber nicht nur an den Normen des Ausgangstextes, sondern auch an denen der Ausgangskultur. Fremde Elemente aus der Ausgangskultur werden bei dieser Strategie wortwörtlich in der Übersetzung übernommen, wobei es sich um Realien wie Eigen- oder Straßennamen handeln kann, aber auch um bestimmte religiöse oder kulturelle Normen und Werte, zum Beispiel um eine bestimmte Erziehungsstil, die in einer Kultur üblich ist, in einer anderen Kultur aber eher nicht. Dies kann befremdend auf das Zielpublikum wirken und außerdem kann es zur 'Inkompatibilität der Übersetzung mit den zielsprachlichen- und/oder literarischen Normen führen' (ebd.). Übersetzer, die einen älteren Text übersetzen, wie in unserer Forschung auch der Fall ist, müssen immer überlegen ob sie nicht doch diese Übersetzungsstrategie anwenden. Die Loyalität am Ausgangsautor und am Ausgangstext darf schwerwiegen, wenn dadurch ein besseres Verständnis dieses Textes und 39 dieser Kultur bezweckt wird oder wenn gerade die Authentizität des Ausgangstextes oder der Ausgangskultur gewährleistet werden muss. Diese Wahl wird auch vom Zielpublikum mitbestimmt, und diese Tatsache spielt vor allem beim Übersetzen für Kinder eine große Rolle. Wie in der Einführung schon gesagt wurde, können Erwachsenen in der Regel befremdende Elemente unterscheiden und die Entscheidungen des Übersetzers hinsichtlich dieser Elemente nachvollziehen, dies im Gegensatz zu einem Leserpublikum, dass aus (jungen) Kindern besteht. Beachten wir aber, dass Oittinen damit nicht einverstanden ist, da es ihrer Meinung nach immer (junge) Leser gibt, die keinen Anstoß an fremde Elementen im Text nehmen. Dies hat natürlich mit der Intelligenz dieser jungen Leser zu tun. Intelligente Kinder oder Kinder von gut ausgebildeten Eltern erkennen fremde Elemente aus einer anderen Kultur vermutlich schneller als Kinder die weniger intelligent sind. 40 6. Außertextuelle Elementen, die auf (Un)Sichtbarkeit des Übersetzers weisen Neben den innentextuellen Elementen, die auf Sichtbarkeit oder Unsichtbarkeit des Übersetzers weisen, gibt es auch einige außertextuellen Elemente, woran das Leserpublikum sehen kann, dass ein Text übersetzt wurde. Mittels einer kurzen Analyse untersuchen wir, welche Elemente in unseren beiden Übersetzungen darauf hinweisen. In der ältesten Übersetzung sehen wir bereits auf der ersten Seite: 'Vertaling van Annie Vonk'. Auf der nächsten Seite lesen wir: 'Oorspronkelijke titel: EMIL UND DIE DETEKTIVE Bevor die eigentliche Geschichte anfängt, gibt es nur diese zwei Elemente, die auf eine Übersetzung des Buches hinweisen. Es gibt kein Vorwort, keine Verantwortung, keine Begründung verschiedener Übersetzungsentscheidungen und auch keinen sonstigen Text der Übersetzerin. Andere außertextuelle Elemente sind einige Fußnoten, worin die Übersetzerin in der Regel eine Erklärung eines Straßen- oder Flussnamens gibt. Auffallend ist, dass die Inhaltsangabe in dieser Ausgabe verschwunden ist und das auch das Bild auf die Titelseite ein anderes ist wie das auf die Titelseite des Originalbuches. In der neuesten Übersetzung lesen wir, auch sofort auf einer der ersten Seiten des Buches: 'Vertaald door Elly Schippers'. Und auf der nächsten Seite: © 2008 Nederlandse vertaling: Elly Schippers Oorspronkelijke titel: Emil und die Detektive Auch in dieser Version gibt es kein Vorwort, keine Begründung der Übersetzungsentscheidungen, keine Verantwortung, kein Nachwort und keinen sonstigen Text der Übersetzerin. Trotzdem gibt es noch die hintere Seite des Buches, worauf eine kurze Zusammenfassung des Buches zu lesen ist: Emiel mag voor het eerst helemaal alleen met de trein naar Berlijn om zijn oma op te zoeken, maar onderweg valt hij in slaap en als hij wakker wordt is al zijn geld weg. Er is maar één iemand die het gestolen kan hebben: de meneer met de stijve hoed! Nauwelijks is Emiel op het station uitgestapt of hij begint de dief als een schaduw te volgen. Maar hoe kan hij hem in zijn eentje overmeesteren? Gelukkig krijgt hij algauw steun van Gustaaf met de toeter en diens vrienden. Met zijn allen achtervolgen ze de vermoedelijke dief dwars door de grote stad. 41 Vorteil eines solchen Textes ist, dass das Leserpublikum in Begeisterung versetzt wird. Eine spannende Geschichte, wovon man noch nicht weiß, wie sie ausgeht: wer will so etwas nicht gelesen haben? Nachteil dieses Textes ist, dass bestimmte Gegebenheiten bereits vorweggenommen werden, zum Beispiel welche Person der Dieb ist oder die Tatsache, dass Emil mit einer Gruppe Jugendlichen eine Verfolgungsjagd anfängt. Das Plot der Geschichte wird aber nicht enthüllt, sodass immer noch genügend Spannendes für das Leserpublikum zu entdecken bleibt. Neben dieser Zusammenfassung gibt es noch einige Sätze zu der Entstehungsgeschichte von Emil und die Detektive: Emiel en de detectives is de eerste en tegelijk bekendste jeugdroman van Erich Kästner. Toen het boek in 1928 in Duitsland verscheen, sloeg het een nieuwe richting in: voor het eerst stonden de wereld en het gezichtspunt van kinderen centraal en speelden volwassenen slechts een bescheiden bijrol. Het verhaal van Emiel en zijn vrienden is meerdere malen verfilmd en in meer dan dertig landen verschenen. Dieser Text wurde vermutlich vor allem für die Erwachsene, zum Beispiel für die Eltern der Kinder, geschrieben. Hierin wird erwähnt, wieso Erich Kästners Buch zu so einem großen Erfolg wurde. Auffallend ist, dass nicht gesagt wird: in meer dan dertig talen vertaald, sondern in meer dan dertig landen verschenen, wobei die Tatsache des Übersetzens in den Hintergrund gedrängt wird. Trotzdem ist diese Information relevant, da die Eltern der Kinder jetzt wissen, mit was für Buch sie zu tun haben und ob dieses Buch vorzulesen verantwortungsvoll ist. 42 7. Praktische Beispiele in beiden Übersetzungen 7.1. Wie wird die (Un)Sichtbarkeit der beiden Übersetzer festgestellt? In diesem Kapitel besprechen wir Beispiele, die auf Unterschiede oder auf Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Übersetzungen im Vergleich zum Originaltext weisen. Die Beispiele sind in verschiedene Cluster unterteilt. Es gibt Cluster mit Beispielen zum Umgang der Übersetzerinnen mit Personen- und andersartigen Namen, zum Umgang mit Jugendsprache, zum Umgang mit Normen und Werten innerhalb der Kulturen, zum Umgang mit sozio-kulturellen Elementen, zum Umgang mit Formalität und Formlosigkeit und zum Umgang mit Wiederholung, einem in Kinderbüchern wichtigen Element, wie wir gesehen haben (O'Sullivan). Pro Beispiel besprechen wir kurz die Besonderheiten oder die Probleme, die den Übersetzerinnen vermutlich begegneten. Am Ende eines Clusters von Beispielen gehen wir darauf ein, ob die Übersetzerin der jeweils einzelnen Übersetzung sichtbar oder unsichtbar übersetzt hat. Dazu verwenden wir folgende Voraussetzungen: 1. Für die Feststellung der Sichtbarkeit: die Übersetzung eines Wortes, eines Satzes, einer Phrase oder eines sonstigen sprachlichen Elementes, muss exotisierend sein, das heißt: in der Übersetzung bleiben fremde Elemente einer fremden Kultur sichtbar. Um mit Venuti zu sprechen: es tritt foreignization auf. Diese Sichtbarkeit ist negativ, wenn es vorkommt, dass ein sprachliches Element falsch übersetzt oder wenn die Rezeptionsfähigkeit des Kindes zu wenig berücksichtigt wurde (wenn dies der Fall ist, wird darauf in der Schlussfolgerung des Beispielclusters tiefer eingegangen). In anderen Fällen ist die Sichtbarkeit, um wieder mit Venuti zu sprechen, positiv, da das kindliche Verständnis der fremden Welt erweitert wird. Ob die Übersetzerin dies absichtlich gemacht hat oder nicht, wird in der Analyse nicht mit einbezogen. 2. Für die Feststellung der Unsichtbarkeit: die Übersetzung eines Wortes, eines Satzes, einer Phrase, oder eines sonstigen sprachlichen Elementes muss naturalisierend sein, das heißt: fremde oder unbekannte Elemente einer fremden Kultur verschwinden oder werden an die Normen und Werte der Zielkultur angepasst. Um mit Venuti zu sprechen: es tritt domestication auf. Die Unsichtbarkeit ist negativ, wenn falsch übersetzt wird oder wenn zu didaktisierend übersetzt wurde, das heißt: mittels Fußnoten wird zu viel verdeutlicht, wodurch es für das Kind weniger oder gar nichts mehr zu lernen gibt. Wenn dies nicht der Fall ist, ist die Unsichtbarkeit positiv. Natürlich werden die Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit des Übersetzers auch mittels der Theorie von Oittinen festgestellt. Wir haben gesehen, dass sie nicht immer mit der Theorie 43 von Venuti einverstanden ist. Es geht ihr immer um die Unterschiede zwischen Adaptation und Übersetzung. Adaptation ist manchmal sogar Übersetzung und somit auch domestication. Wie Oittinen sehen auch wir die Übersetzerin immer als professionelle Entscheidungsträgerin, die zwischen naturalisierung und exotisierung entscheidet. In bestimmten Clustern kommt diese Theorie noch mal ausführlicher zur Sprache, vor allem wenn es darum geht, als Übersetzerin in die Kinderwelt einzutauchen und eine sichtbare Übersetzung abzuliefern, zum Beispiel im Abschnitt zur Jugendsprache. Zum Schluss wird pro Cluster angedeutet, inwieweit die Übersetzerinnen vor Anfang des Übersetzens zwischen Akzeptabilität und Adäquatheit gewählt haben (sehe die initial norm von Toury), wobei eine akzeptable Übersetzungsstrategie auf die Normen und Werte der Zielkultur, und eine adäquate Übersetzungsstrategie auf die der Ausgangskultur gezielt ist. Die Abschnitte 7.1. und 7.2. fangen mit einem theoretischen Teil an, worin mögliche Übersetzungslösungen und -strategien zum Umgang mit Namen (Personennamen, Straßennamen, usw.) und zum Umgang mit der Jugendsprache erläutert werden. Am Ende jedes Abschnitts wird dann die von der Übersetzerin angewendete Strategie kurz besprochen. Eine Bemerkung zu den zu verwendenden Abkürzungen: AT: Ausgangstext, also das Original von Erich Kästner. Ü1: Älteste untersuchte Übersetzung, aus dem Jahre 1937. Ü2: Neueste untersuchte Übersetzung, aus dem Jahre 2008. 7.2. Namen 7.2.1. Theorie Das Übersetzen von Personen- und andersartigen Namen stellt für Übersetzer von Kinderliteratur eine besondere Herausforderung dar, weil einerseits die Frage nach der Fähigkeit des Verständnisses eines fremdklingenden Namens beim jungen Leserpublikums aufkommt und weil es andererseits viele Lösungen und Übersetzungsstrategien hinsichtlich dieses Problems gibt. Eine Frage, die es bei Eigennamen in der Übersetzung immer gibt, ist ob diese Namen übersetzt werden müssen oder nicht. Es gibt dazu keine perfekte Antwort, da die Makro- und Mikrostruktur eines einzelnen Textes immer andere Entscheidungen verlangt. Außerdem können Eigennamen in dem gleichen Text konserviert oder übersetzt werden, da nämlich dem 44 Zielpublikum eine prägende Rolle zukommt. Der Übersetzer muss mit dem Auge auf das Zielpublikum entscheiden, ob die Namen überhaupt übersetzt werden müssen. Wegen der Globalisierung der Welt und der Bedeutung des Internets können Menschen besser verstanden werden, was die Funktion des Übersetzers als Mediator vereinfacht. Da der Fernseher noch immer eine große Rolle spielt, können Kinder mehr über eine fremde Kultur erfahren, wodurch auch die Rolle des Übersetzers verändert. Die Kinder wissen dann zum Beispiel, dass Menschen in anderen Ländern und Kulturen komische oder fremde Namen haben können und dass ausländische Städte und Straßen eben solche fremde Namen haben. Aguilera besagt, dass 'the lower the age the lower the capability of understanding, therefore, the acceptability of foreignizing elements' (Aguilera 2008:5) ('wie jünger, desto mehr Probleme des Verständnisses eines Textes, darum verringert die Akzeptabilität der befremdenden Elemente in diesem Alter'). Aguilera unterscheidet beim Übersetzen von Anthroponymen (Personennamen) und Toponymen (Namen von Orten und Stätten) zwischen vier verschiedenen Übersetzungsstrategien oder -lösungen. 'They can be copied, i.e. reproduced in the target text exactly as they were in the source text. They can be transcribed, (...) adapted on the level of spelling, phonology, etc. A formally unrelated name can be substituted in the TT [Zieltext] for any given name in the ST [Ausgangstext] (...) and insofar as a proper name in the ST is enmeshed in the lexicon of that language and acquires 'meaning', it can be translated' (Aguilera 2008:3) (meine Hervorhebungen). Eine Mischung von diesen Übersetzungsarten sei auch möglich. Laut Aguilera sind dies alle Möglichkeiten, die ein Übersetzer beim Übersetzen von Namen hat. Auch O'Sullivan (2000) äußert sich zur Übersetzung von Eigennamen, wobei er betont, dass die Frage, wie man solche Elemente wiedergibt, 'von den Übersetzungskonventionen abhängt, die wiederum als Indiz für die Toleranz gegenüber Fremden in der Zielkultur im Bereich der Allgemein- sowie der Kinderkultur gesehen werden können (O'Sullivan 2000:240). 7.2.2. Beispiele aus den Übersetzungen Beispiel 1: AT Seite 7: Der Häuptling Rabenaas, auch 'Die schnelle Post' genannt, entsicherte gerade sein mit heißen Bratäpfeln geladenes Taschenmesser...' Ü1 Seite 5: Het Opperhoofd Ravenaas, ook wel 'De Snelle Post' genaamd, laadde zijn zakmes met hete gepofte appels...' 45 Ü2 Seite 7: Het Opperhoofd Galgenaas, ook wel 'De snelle post' genoemd, trok net zijn met hete gepofte appels geladen zakmes...' Wir wollen kurz auf die Übersetzungen des Wortes Rabenaas eingehen. Das Besondere ist, dass es sich hier sowohl um einen Eigennamen wie um eine Andeutung, einen Begriff handelt. Beide Übersetzer haben die Bedeutung des Wortes gut verstanden. Das Problem liegt aber darin, ob Kinder das Wort noch verstehen würden, da die Frage nach der Erscheinung des Wortes in niederländischen Texten aufkommen kann. Wir müssen zuerst aber darauf achten, dass es sich hierbei um einen Text aus dem Jahre 1929 handelt und dass der damalige Wortschatz zum Teil ein anderer ist wie der heutige Wortschatz. Das sieht man auch, wenn man beide Wörter (ravenaas und galgenaas) in Google eingibt. Ravenaas ergibt 14.000 Treffer, galgenaas nur etwas mehr als 7.000. Im Vergleich zu einem Wort mit ungefähr einer gleichen Bedeutung, nämlich schurk, das 456.000 Treffer ergibt, kann ausgesagt werden, dass die beiden übersetzten Wörter einigermaßen altmodisch sind. Die Übersetzung aus dem Jahre 1937 könnte man noch nachvollziehen, da das Wort Ravenaas in der Zeit vermutlich noch bekannt war. Die Übersetzerin hat eine transkribierende Strategie verwendet. Die neueste Übersetzung dahingegen kann nur aus dem Gedanken verteidigt werden, dass die Übersetzerin, jedenfalls hier, so nah wie möglich am Ausgangstext bleiben möchte. Die Übersetzung ist natürlich nicht falsch, aber mit dem Auge auf das Leserpublikum in der heutigen Zeit ein wenig altmodisch. Eine Übersetzung mit schurk wäre möglich, aber schurk als Nachname ist schwer vorstellbar und deshalb ist zu verstehen, dass beide Übersetzerinnen eine andere Lösung benutzt haben. Die Strategie der Übersetzerin bei diesem Namen ist, nach Aguilera, sowohl reproduzierend (aas) wie substituierend (galgen). Beispiel 2: AT Seite 14: Oder vielleicht deshalb, weil er [Emil] mit seinem Familiennamen Tischbein hieß? Ü1 Seite 12: Of misschien doordat hij van zijn achternaam Tafelpoot heette? Ü2 Seite 13: Of omdat hij van zijn achternaam Tafelbeen heette. Das Auffallende ist hier, dass die neuere Übersetzung den Nachnamen mit Tafelbeen wiedergibt, da ein Tischbein doch eher ein tafelpoot ist. Der Nachname hat in Deutschland jetzt auch eine Bedeutung, man kann sich als Kind etwas dabei vorstellen. Wenn man dann in einer Übersetzung Tafelbeen liest, denkt man: das ist doch bestimmt ein Fehler, es muss doch 46 Tafelpoot heißen? In der alten Übersetzung treffen wir hier eine übersetzende Strategie im Umgang des Übersetzens von Namen an. Wir können aber bemerken, dass die Übersetzerin der neueren Übersetzung wortwörtlicher übersetzt hat. Wenn ihre Strategie Exotisierung war, kann man die Übersetzung nachvollziehen. Sie hat eine Transkribierung des Namens im Ausgangstextes verwendet, da keine sprachlichen oder sonstigen Änderungen aufzuweisen sind. Die Übersetzungsstrategie ist also eine transkribierende. Nebenbei bemerkt: wenn kurz darauf, auf Seite 16 des Ausgangstextes von Tischbeinen gesprochen wird, übersetzen beide Übersetzerinnen mit tafelpoten, was für die neueste Version ein deutlicher Gegensatz zum Nachnamen des Protagonisten ist. Auf der Seite werden die Tischbeinen nämlich nicht als Andeutung der Familie benutzt, sondern als Gegenstände, worauf einen Tisch steht. Beispiel 3: AT Seite 29: 'Ach, das ist ja Frau Bäckermeister Wirth! Guten Tag!' Ü1 Seite 37: 'O, dat is de vrouw van den bakker! Dag Mevrouw de Waard! Ü2 Seite 29: 'Ah, de vrouw van bakker De Waard! Dag, mevrouw!' Hier sehen wir, dass beide Übersetzerinnen den deutschen Namen anpassen. Diese Anpassung kann nachvollzogen werden, wenn wir davon ausgehen, dass Wirth und Wirt einander ziemlich ähnlich sind, weil Wirth ein Derivativ von Wirt sein könnte. Und das deutsche Wort Wirt bedeutet ins Niederländische waard oder herbergier. Wir sehen hier bei beiden Übersetzerinnen also eine naturalisierende Übersetzungsstrategie, wobei auffällt, dass nicht mit vrouw oder mevrouw Waard, sondern mit vrouw oder mevrouw DE Waard übersetzt wurde, vermutlich weil dies in den Niederlanden als Nachname üblicher ist. Eine andere Besonderheit in den Übersetzungen ist, dass Bäckermeister nur mit bakker übersetzt wurde, wobei die Tatsache, dass es sich hier um einen 'Meister im Bäckerhandwerk5' geht, unbeleuchtet bleibt und in den Übersetzungen sogar verschwindet. Beide Übersetzerinnen haben, nach Aguilera, die übersetzende Strategie verwendet. Beispiel 4: AT Seite 32: Dann fragte sie: 'Wer war eigentlich gestern Nachmittag da, hm?' 5 http://www.duden.de/rechtschreibung/Baeckermeister 47 Fräulein Thomas', sagte er [Emil], 'und Frau Homburg'. Ü1 Seite 40: Toen vroeg ze: 'Wie is er eigenlijk gistermiddag geweest?' 'Juffrouw Thomassen', zei hij, 'en Mevrouw Homberg'. Ü2 Seite 32: Toen vroeg ze: 'Wie is er eigenlijk gistermiddag geweest?' 'Juffrouw Thomas', zei hij, 'en mevrouw Homburg'. Hier sehen wir, dass beide Übersetzerinnen eine andere Übersetzungsstrategie angewendet haben. In der ältesten Übersetzung wird klar, dass die Namen so viel wie möglich an die niederländische Sprache angepasst sind (transkribierende Übersetzungsstrategie). Es hätten genauso gut niederländische Namen sein können. In der zweiten Übersetzung gibt es hinsichtlich der Namen keine Änderungen, da die Strategie dieser Übersetzerin sehr deutlich exotisierend sein muss: beide Namen haben noch die deutsche Schreibweise und sind unverändert übernommen. Die Übersetzerin hat hier also eine reproduzierende Übersetzungsstrategie angewendet. Beispiel 5: AT Seite 38: Der Neustädter Straßenbahn G.m.b.H. Ü1 Seite 46: de Neustädter Tramwegmaatschappij Ü2 Seite 37: de trammaatschappij van Neustadt In beiden Übersetzungen verschwindet die typisch deutsche Bezeichnung G.m.b.H.. Diese Abkürzung steht für 'Gesellschaft mit beschränkter Haftung' und ist mit einer niederländischen BV (besloten vennootschap) zu vergleichen. Auffällig ist, dass beide Übersetzer diesen Vergleich in der Übersetzung nicht zeigen. Sie verwenden nur statt eventuell BV das Wort maatschappij. Sie machen das vermutlich mit dem Auge auf das Leserpublikum. Kinder im Alter von ungefähr 10 Jahren wissen vermutlich kaum oder gar nicht was eine BV ist und außerdem kennen sie, wenn exotisierend übersetzt werden möchte, die Abkürzung G.m.b.H. nicht. Deshalb ist es eine gute Wahl, hier mit maatschappij zu übersetzen. Dabei können die Kinder sich noch was vorstellen. Wir müssen hier außerdem noch beachten, dass die älteste Übersetzung das Wort Neustädter benutzt, sowie das auch im Originaltext vorkommt, obwohl jedoch die Übersetzung van Neustadt für Kinder deutlicher und mit dem Auge auf das Wissen der Kinder klarer ist. Beide Übersetzerinnen haben eine übersetzende Strategie angewendet. 48 Beispiel 6: AT Seite 38: Das war der Polizeiwachtmeister Jeschke. Ü1 Seite 46: Dat was politie-agent Jansen. Ü2 Seite 37: Het was agent Jaspers. Hier haben beide Übersetzerinnen den deutschen Namen Jeschke weggelassen. Trotzdem haben sie beide einen anderen niederländischen Namen verwendet, Jansen bzw. Jaspers. Beide Nachnamen sind in den Niederlanden geläufig und üblich, Jansen kommt aber häufiger vor und ist sogar ein der am häufigsten vorkommenden Nachnamen in den Niederlanden. Beide Übersetzerinnen haben hier eindeutig naturalisierend übersetzt, wobei es keinen Platz für fremde Elemente aus dem Ausgangstext gibt. Die angewendete Strategie im Umgang mit Namen ist, laut Aguilera, in beiden Fällen die übersetzende. Beispiel 7: AT Seite 101: Dann erhielt Mittenzwey der Ältere einen Groschen Ü1 Seite 107: Toen kreeg Middeltwee Senior een 'Groschen' 1), 1) Tienpfennigstukje Ü2 Seite 94: Toen kreeg Dubbelmans senior tien pfennig. In diesem Beispiel geht es um zwei Sachen. Zuerst um den Personennamen Mittenzwey der Ältere, dann um die Andeutung des Geldstückes Groschen. Der Name Mittenzwey wird in der ältesten Übersetzung buchstäblich mit Middeltwee übersetzt, der Name wird sozusagen transkribiert, das heißt: an die niederländische Orthographie angepasst, was nicht zu einem befremdenden Effekt führen muss. Es geht nämlich um einen Nachnamen, und Nachnamen sind schon öfter komisch. Deshalb ist es umso auffälliger, dass wir in der neuesten Übersetzung keine wortwörtliche Übersetzung antreffen, sondern das freiere Dubbelmans (übersetzende Strategie). Diesen Namen hat sich die Übersetzerin vermutlich selbst ausgedacht, da das mans eigentlich nicht im Namen im Ausgangstext vorkommt. Dubbel hat die Übersetzerin wahrscheinlich gewählt wegen der zwei, die im Ausgangstext vorkommt. Der eher beschriebene Trend des Übersetzens von Eigennamen gilt anscheinend nicht für diese Übersetzerin und man kann annehmen, dass im Allgemeinen fürs kinderliterarische Übersetzen andere Trends im Umgang mit Personennamen gelten. 49 Hinsichtlich der Andeutung des Geldstückes fällt auf, dass in der älteren Übersetzung eine Fußnote hinzugefügt wird. Darin erklärt die Übersetzerin, dass ein Groschen ein Tienpfennigstukje ist. Die Frage ist, inwieweit dem Leserpublikum damit geholfen ist. Wenn sie diese Erklärung verstehen möchten, muss ihnen zuerst klar sein, was genau ein Tienpfennigstukje ist. Eine sonstige Möglichkeit wäre 'muntje van 10 pfennig' oder 'muntje van tien pfennig' gewesen, wobei die Kinder immer noch wissen müssen, was ein Pfennig ist. Eine solche Fußnote treffen wir in der neueren Übersetzung nicht an, dort muss das Leserpublikum wissen was ein Pfennig ist. Wenn nicht, gibt es natürlich noch immer die Möglichkeit, dies abseits des Buches in einem Wörterbuch oder im Internet nachzuschlagen. Der Leser ist darin aber frei, jedenfalls freier als in der älteren Übersetzung, wo er sich vielleicht gezwungen fühlt, die didaktisierende Fußnote zu lesen. Beispiel 8: AT Seite 62: Emil schaute durchs Fenster und erblickte hoch über den Schienen ein Schild. Darauf stand: ZOOLOG. GARTEN Ü1 Seite 69-70: Emiel keek door het raampje en ontdekte hoog boven de rails een bord. Daarop stond: 'ZOOLOG. GARTEN' 1), 1) De Berlijnse Dierentuin Ü2 Seite 60: Emiel keek uit het raam en zag hoog boven de rails een bord. Daarop stond: STATION ZOO. In diesem Fall geht es zunächst um eine Reale, nämlich um den Namen eines Bahnhofs in Berlin. Die Übersetzerin der ältesten Übersetzung entscheidet sich dafür, den Namen unverändert im Zieltext stehen zu lassen. Auf den ersten Blick würde man sagen: sie verwendet eine exotisierende und reproduzierende (Aguilera) Übersetzungsstrategie. Das Auffällige ist aber, dass sie eine Fußnote hinzufügt, womit sie ihre eigene Strategie zunichte tut. Sie erklärt in der Fußnote die Bedeutung des exotisierenden sprachlichen Elementes. Es ist die Frage, ob eine solche Erklärung notwendig ist. Natürlich können wir gut nachvollziehen, dass der Name ZOOLOG. GARTEN für ein Kind im Alter von 10 Jahren, das noch nie in Berlin war, kaum eine oder gar keine Bedeutung hat. Diese Bedeutung entsteht jedoch, wenn das Kind das Wort im Kontext liest. Dann kann es ziemlich einfach feststellen, dass der Zug an einem Bahnhof hält und dass auf dem Schild vermutlich der Name des Bahnhofs steht. Die zweite Übersetzerin naturalisiert den Namen, aber nicht völlig, da sie STATION ZOO benutzt. Station ist die niederländische Bezeichnung für Bahnhof, ZOO ist meines Erachtens 50 eher die englische Andeutung für Zoologischer Garten. Wäre die Übersetzung vollständig naturalisierend, hätte mit STATION DIERENTUIN übersetzt werden müssen. Es geht hier also um eine Mischung und um eine übersetzende Strategie. Beispiel 9: AT Seite 76: 'Schwerer als Zicklers Arthur bist du auch nicht...' Ü1 Seite 82: 'Je bent vast niet zwaarder dan Arthur Sikkema'... Ü2 Seite 72: 'Je weegt vast niet meer dan Arthur Sikkens'... Auch hier gibt es wieder Unterschiede in der Übersetzung des Nachnamens. Der Vorname ist in der Übersetzung gleich, beim Nachnamen gibt es einen kleinen Unterschied, nämlich Sikkema und Sikkens. Beide Übersetzungen sind naturalisierend, da sie fremde Elemente hier nicht zulassen. In beiden Fällen wurde die übersetzende Strategie verwendet. Beispiel 10: AT Seite 87: 'Krummbiegel, mach dir zwanzig Zettel zurecht...' Ü1 Seite 93: 'Krombuig, maak jij twintig briefjes klaar...' Ü2 Seite 81: 'Kromhout, maak twintig briefjes...' In diesem Beispiel geht es um einen der Jungen, der zur Berliner Jugendbande gehört. Sein Nachname ist Krummbiegel. Beide Übersetzerinnen haben krumm mit krom ersetzt, was eine buchstäbliche Übersetzung des Wortes ist. Der erste Teil des Nachnamens wird in beiden Fällen also naturalisierend übersetzt, wobei eine transkribierende Übersetzungsstrategie angewendet wurde. Der zweite Teil jedoch ist unterschiedlich übersetzt: in der ältesten Übersetzung finden wir vermutlich das folgende Muster: biegel ist fast ähnlich an biegen, dass buigen bedeutet. Deshalb wurde mit Krombuig übersetzt. Bemerken wir darüber hinaus, dass krom und buig sogar fast Synonyme sind! Die zweite Übersetzung, worin eine übersetzende Strategie benutzt wird, ist weniger gut nachvollziehbar, da nicht genau klar wird, woher das hout kommt. Der einzige Grund, worum die Übersetzerin dies gemacht hat, könnte sein um besser beim Leserpublikum anzuschließen. Beispie 11: AT Seite 89: 'Mittenzwey, Gerold, Friedrich der Erste, Brunot, Zerlett...' Ü1 Seite 95: 'Middeltwee, Gerhard, Frederik de Eerste, Brunot, Zeerman...' 51 Ü2 Seite 83: 'Dubbelmans, Gerbrand, Frederik de Eerste, Bruno, Terlingen...' Hier werden mehrere Namen der Berliner Jugendbande aufgelistet. Es fällt auf, dass beide Übersetzerinnen total unterschiedliche Namen übersetzt haben, nur Frederik de Eerste finden wir in beiden Übersetzungen zurück. Was wir im Allgemeinen zu den Unterschieden in der Übersetzung dieser Namen sagen können, ist, dass die ältere Übersetzerin näher am Ausgangstext geblieben ist, sowohl phonetisch wie auch linguistisch. Das sieht man sehr stark an Mittenzwey und Middeltwee und an Brunot und Brunot. Die Übersetzerin hat vor allem die transkribierende Übersetzungsstrategie angewendet (sehe Aguilera), in einem Fall aber die kopierende Strategie (Brunot). Die zweite Übersetzerin hat freier übersetzt, was vor allem bei Mittenzwey und Dubbelmans und bei Zerlett und Terlingen auffällt. Sie hat in diesem Beispiel eine substituierende Strategie angewendet. Beispiel 12: AT Seite 150: Das Automobil war schon Unter den Linden. Ü1 Seite 155: De taxi was al Unter den Linden 1) 1) Een heel brede straat in het Centrum van Berlijn Ü2 Seite 139: De auto was al op Unter den Linden... Wieder treffen wir hier eine didaktisierende Übersetzungsstrategie der Übersetzerin der ältesten Übersetzung an. Dürfen wir daraus schließen, dass die Rezeptionsfähigkeit des Leserpublikums sich geändert hat? Zuerst war eine Fußnote noch notwendig (aus Sicht der Übersetzerin), aber in der neueren Übersetzung wird diese Fußnote weggelassen. Das liegt vermutlich auch an die Tatsache, dass die Globalisierung der Welt auch das junge Leserpublikum beeinflusst. Diese Globalisierung war im 21. Jahrhundert sehr viel weiter fortgeschritten als Mitte des 20. Jahrhunderts (zum Beispiel 1937, bei der Publikation der älteren Übersetzung). In der heutigen Zeit reicht eine Übersetzung wie im zweiten Fall, wodurch auch das kulturelle Element der Großstadt gewährleistet bleibt. In der älteren Übersetzung geht das natürlich nicht verloren, es wird aber an die Fähigkeit der Leser angepasst, was doch eine bestimmte, didaktisierende, und vielleicht auch unerwünschte Nebenwirkung haben kann. Jedes Kind befindet sich auf einem anderen Niveau der Intelligenz und des Weltwissens und genau diesen Punkt macht eine Einschätzung der 52 Rezeption dieser Übersetzung so schwierig. Beide Übersetzerinnen haben die reproduzierende Übersetzungsstrategie angewendet (siehe Aguilera). Beispiel 13: AT Seite 126: Er erblickte eine Filiale der Commerz- und Privatbank. Ü1 Seite 132: Hij kreeg een filiaal van de Particuliere Handelsbank in het oog. Ü2 Seite 117: Hij zag een filiaal van de Commerzbank. Die hiesigen Unterschiede haben vor allem mit einer naturalisierenden oder einer exotisierenden Übersetzungsentscheidung zu tun. Die Übersetzerin der ältesten Übersetzung hat sich in diesem Fall deutlich für eine naturalisierende Strategie entschieden (übersetzend laut Aguilera), wobei es aber zur Frage steht, ob Kinder von 10 Jahren alt bereits wissen was eine Particuliere Handelsbank ist. Schon die Bezeichnung an sich sorgt möglicherweise zu Verständnisproblemen, da Kinder in vielen Fällen nur das Wort Handel und das Wort Bank verstehen können. Die Zusammensetzung und auch noch das hinzugefügte Adjektiv können in vielen Fällen vermutlich nicht nachvollzogen werden. Deshalb ist diese Übersetzung zwar richtig, aber mit dem Auge auf das Leserpublikum nicht die beste Lösung. Die andere Übersetzerin verwendet eine exotisierende Strategie, obwohl sie den Teil - und Privat nicht übersetzt. Sie hat die reproduzierende Strategie angewendet. Das liegt vermutlich daran, dass der Name der Bank sich im Laufe der Zeit geändert hat und sie jetzt nur 'Commerzbank6' heißt. Wiewohl die zweite Übersetzerin sehr gut mit den heutigen Entwicklungen auf dem Laufenden ist, kann ihre Übersetzung auch zu Fragen des Leserpublikums führen. Zum Glück hilft den Kontext dem Leserpublikum, sodass eine deutlichere Übersetzung nicht unbedingt notwendig ist. 7.2.3. Schlussfolgerung Um etwas über die Übersetzungsstrategien der Übersetzerinnen hinsichtlich dieses Punktes aussagen zu können, müssen wir zwischen dem Umgang mit Personennamen und dem Umgang mit sonstigen Namen unterscheiden. In der ältesten Übersetzung sehen wir, dass vor allem eine transkribierende Übersetzungsstrategie angewendet wurde, aber auch kommen die übersetzende Strategie (Beispiel 3) und die substituierende Strategie vor (Beispiele 6 und 11). Auch die Übersetzung 6 https://www.commerzbank.de/ 53 des Nachnamen Tischbein, wobei sehr klar für Tafelpoot gewählt wurde, ist eine Ausnahme. Die sonstigen Personennamen sind sich dem Namen im Ausgangstext ziemlich ähnlich, sie sind nur der niederländischen Phonologie und Orthographie angepasst. Für die Übersetzung der Straßennamen hat die älteste Übersetzerin eine reproduzierende Strategie angewendet. Die Namen sind unverändert im Zieltext übernommen. Jedoch gibt es zu diesen Namen immer eine Fußnote, worin noch immer eine niederländische Übersetzung des Namens hinzugefügt ist. Insoweit wurde exotisierend übersetzt, wobei der Leser die Wahl hat, die niederländische Erklärung zu lesen (sich also der naturalisierung ergibt), jedoch nicht dazu verpflichtet ist. Diese Übersetzerin bleibt unsichtbar, da sie letztendlich doch eine naturalisierende Übersetzungsstrategie gewählt hat, die außerdem didaktisierend ist und da die wenigen exotisierenden Beispiele wegen ihren Erklärungen in den Fußnoten nicht als Zeichen für eine gesamte exotisierende Übersetzung gesehen werden können. Es ist schwierig, um etwas über die initial norm dieser Übersetzerin auszusagen, da sie einige Namen wortwörtlich übersetzt, was eher auf eine adäquate Übersetzungsstrategie deutet, wiewohl andere Namen mittels einer Fußnote verdeutlicht werden, was eher auf eine akzeptable Strategie deutet. Sie hat im Fall der Übersetzung der Namen also nicht eindeutig eine bestimmte Übersetzungsstrategie verwendet. In der neuesten Übersetzung fällt bezüglich der Personennamen auf, dass etwas freier übersetzt wurde, wobei vornämlich eine substituierende Strategie angewendet wurde. Ausnahmen sind das zweite Beispiel (transkribierend), das dritte Beispiel (übersetzend), das vierte Beispiel (reproduzierend) und das neunte Beispiel, das auch mehr oder weniger reproduzierend ist. Da die zweite Übersetzerin, wie auch die erste Übersetzerin, sowohl exotisierend als auch naturalisierend übersetzt, wiewohl die exotisierenden Übersetzungen die Minderheit bilden, kann hier gesagt werden, dass die Übersetzerin überwiegend unsichtbar bleibt. Hinsichtlich der initial norm können wir sagen, dass die Übersetzerin eher eine adäquate Übersetzungsstrategie gewählt hat, wiewohl auch diese Strategie nicht eindeutig ist und nicht für alle Beispiele gilt. Vor allem die Personennamen sind nämlich weniger wortwörtlich übersetzt und die Straßennamen sind sowohl akzeptabel wie adäquat übersetzt. Die Übersetzung der Straßen- und sonstigen Namen kann nicht einer einzigen Übersetzungsstrategie zugeordnet werden. Manchmal wird exotisierend übersetzt, manchmal jedoch naturalisierend, deshalb kann anhand dieses Beispielclusters nicht ohne Zweifel entweder die Sichtbarkeit oder die Unsichtbarkeit der Übersetzerinnen festgestellt werden. 54 7.3. Jugendsprache 7.3.1. Theorie In Emil und die Detektive spielt eine Berliner Jugendbande eine große Rolle bei der Suche nach dem Dieb. Diese Bande bedient sich eines typischen Dialektes, der manchmal eine Verwandtschaft mit dem Berlinerischen zu haben scheint, im Allgemeinen jedoch ein von Kästner selbst ausgedachter Dialekt ist. Einige sprachliche Beispiele: 'Ich finde die Sache mit dem Dieb knorke' (Kästner 2010:81) (meine Hervorhebung), 'Mit der schwarzen Melone auf dem Dach' (Kästner 2010:83) (meine Hervorhebung), 'Hältst du mich für dusslig' (Kästner 2010:86) (meine Hervorhebung), 'Du kriegst die Motten!' (Kästner 2010:90) (meine Hervorhebung), 'Werde bloß nicht drollig!' (ebd.) (meine Hervorhebung), 'Bist du meschugge, Mensch?' (Kästner 2010:97) (meine Hervorhebung), 'Hörnse mal' (Kästner 2010:107) (meine Hervorhebung), 'Macht euch ja nicht mausig...' (Kästner 2010:114) (meine Hervorhebung). Die Sprache der Berliner Kinder ist 'eine stark stilisierte Sprache, die weniger durch phonetische oder syntaktische Abweichungen von der Norm geprägt wird als durch nichthochsprachliche lexikalische Elemente' (O'Sullivan 2002:99). Die Kinder kommen aus dem vornehmen Westen Berlins, deshalb sprechen sie keinen Jargon. Die Sprache, die O'Sullivan als 'eine nicht streng regional gebundene, moderne, freche Großstadt-Alltags-Sprache' bezeichnet (ebd.), führte zu einem massiven Protest der Lehrer, da sie als unhöflich eingestuft wurde. Emil selbst bedient sich, anders als die Berliner Jugendbande, einer ganzen Mischung verschiedener Sprachniveaus. Zu Erwachsenen spricht er 'artig, musterknabenhaft, höflich (...) oder insistierend ehrlich (...), zu seiner Mutter zärtlich-ironisch (...) zu seinen Altersgenossen umgangssprachlich-locker-modern (...), oder aggressiv-großstädtisch: 'Nimm das zurück! Sonst kleb ich dir eine, dass du scheintot hinfällst' (ebd.). In den praktischen Beispielen, worin die (Un-)Sichtbarkeit des Übersetzers analysiert wird, werden einige solcher Ausdrücke des Dialekts oder der typischen von Emil gesprochenen Sprache, ausführlicher besprochen. 55 7.3.2. Beispiele Beispiel 1: AT Seite 80: 'Sonst kleb ich dir eine, dass du scheintot hinfällst'. Ü1 Seite 86: 'Anders krijg je een oplawaai, dat je schijndood op je rug valt'. Ü2 Seite 74: 'Anders krijg je zo'n knal dat je bewusteloos neervalt'. Hier finden wir zunächst eine informelle Drohung, nämlich: Sonst kleb ich dir eine. Jemandem eine kleben bedeutet 'jemandem eine Ohrfeige geben7' und wir können sofort sehen, dass beide Übersetzerinnen die richtige Bedeutung dieses Ausdrucks verstanden haben. Der zweite Teil des Satzes ist schwieriger zu verstehen: Es ist die Frage, ob man diesen Teil buchstäblich oder bildlich auffassen muss. Die Auffassung ist sehr wichtig für die Übersetzung. Wir sehen nämlich, dass die älteste Übersetzerin den Ausdruck wortwörtlich aufgefasst und auch so übersetzt hat, so nah am Ausgangstext wie möglich. Ob das eine natürliche Auswirkung auf das Leserpublikum hat, bleibt aber unklar. In der zweiten Übersetzung ist die Bedeutung eher bildlich aufgefasst und somit deutlicher übersetzt. Der Unterschied zwischen schijndood und bewusteloos ist schwierig, da schijndood eine Bezeichnung für den bewusstlosen Zustand eines Menschen ist und bewusteloos diesen Zustand an sich ausdrückt. Schijndood hat jedoch eher eine medizinische Bedeutung8, die in unserem Text wohl nicht gemeint sein kann. Beispiel 2: AT Seite 81: Ich finde die Sache mit dem Dieb knorke. Ü1 Seite 87: Ik vind die dievegeschiedenis tof. Ü2 Seite 76: Dat van die dief vind ik geweldig. Hier geht es um zwei Besonderheiten, einerseits um die Sache, andererseits um das Wort knorke. Die Sache ist eine ziemliche vage Beschreibung eines Geschehnisses: Es kann um alles gehen. Die Übersetzerinnen haben diesbezüglich ziemlich unterschiedlich übersetzt: in der ersten Übersetzung finden wir eine Konkretisierung mittels des Wortes dievegeschiedenis (meine Hervorhebung), in der zweiten Übersetzung jedoch finden wir auch eine eher vage Beschreibung, die im Wörtchen dat zum Ausdruck kommt. 7 8 http://www.duden.de/rechtschreibung/kleben http://www.duden.de/rechtschreibung/Scheintod 56 Knorke ist ein Wort der Umgangssprache der Jugend und bedeutet so viel wie fabelhaft oder prima. Der Gebrauch des Wortes wird als 'besonders berlinisch9' umschrieben, und es wurde seit 1916 in Berlin nachgewiesen, wo es rasch zum beliebten Modewort wurde (Storfer 1935:215 ff.). Das Berlinerische fällt in beiden Übersetzungen leider weg. Beispiel 3: AT Seite 82: 'Übrigens isst der Mausehaken im Café Josty (...)' Ü1 Seite 88: 'Overigens zit die gannef aan de overkant (...)' Ü2 Seite 76-77: 'Die gangster zit daar op het terras van café Josty trouwens (...)' Ein Mausehaken sein bedeutet, dass man gern stiehlt10. Die älteste Übersetzung verwendet als Lösung das Wort gannef, dass jiddische und hebräische Wurzel hat, ein Schimpfwort ist, und Dieb bedeutet. Wir können annehmen, dass dieses Wort in der heutigen Zeit bei vielen Jugendlichen bedeutungslos bleibt, da sie es nicht mehr kennen. Die Frage bleibt aber, ob das Wort in der Zeit des Erscheinens dieser Übersetzung (1937) unter dem jungen Leserpublikum bekannt war. Die neueste Übersetzung verwendet ein modernes Wort, nämlich Gangster. Dieses Wort hat englisch-amerikanische Wurzeln und ist in seiner Bedeutung etwas allgemeiner, da nicht nur Diebe damit gemeint werden können, sondern auch sonstige Missetäter und andersartige Schurken. Außerdem kann es eine riskante Entscheidung sein, ein Wort mit deutlich englischen Wurzeln in einen niederländischen Text zu bringen, gerade wenn im Originaltext ein deutsches Wort benutzt wird. Das Wort Gangster wird höchstwahrscheinlich vom Leserpublikum verstanden und verleiht dem Text eine zusätzliche Spannung. Beispiel 4: AT Seite 83: Mit der schwarzen Melone auf dem Dach. Ü1 Seite 90: Met die zwarte pothoed op z'n kanes. Ü2 Seite 78: Met die zwarte bolhoed op zijn harses. 9 http://www.duden.de/rechtschreibung/knorke 10 http://woerterbuchnetz.de/Wander/call_wbgui_py_from_form?sigle=Wander&mode=Volltextsuche&hitlist=& patternlist=&lemid=WM00482 57 Es geht hier um die unterschiedlichen Übersetzungen des Wortes Melone. Eine Melone ist 'umgangssprachlich scherzhaft11' ein Bowler, ein schwarzer, steifer Herrenhut. Wiewohl beide Übersetzerinnen einen anderen Begriff verwendet haben, ist die Bedeutung gleich. Eine pothoed ist nämlich eine bolhoed. Insofern gibt es also keinen Bedeutungsunterschied. Auch das Wort Dach ist ein informelles Wort, das Kopf bedeutet. Kanes ist eine ältere (1901192512) Schreibweise des gängigeren Kanis, das hoofd oder kop bedeutet. Auch das informelle harses hat die gleiche Bedeutung, obwohl dieses Wort in der modernen Zeit vielleicht geläufiger ist und die Übersetzerin es deshalb verwendet hat. Dies kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Beispiel 5: AT Seite 86: 'Hältst du mich für dusslig?', knurrte Gustav und schob ab... AT Seite 91: 'Ben ik een sufferd?' bromde Gustaaf en verdween... AT Seite 80: 'Waar zie je me voor aan?' bromde Gustaaf en hij verdween... Dusslig bedeutet töricht, dumm13 und in beiden Übersetzungen wird mit dieser Bedeutung ziemlich kreativ umgegangen. In der ältesten Übersetzung finden wir einen Wechsel des Personalpronomens, von du im Ausgangstext zu ik im Zieltext. Das liegt daran, dass die Übersetzerin eine andere Satzkonstruktion benutzt, wobei außerdem das Adverb durch ein Substantiv ersetzt wird. Sufferd ist aber eine gute Übersetzung des Wortes dusslig, da die Bedeutung richtig ist. In der neueren Übersetzung ist ein Äquivalent für dusslig nicht übersetzt. Die Übersetzerin hat einen anderen, in den Niederlanden geläufigeren Ausdruck gewählt, die ungefähr eine gleiche Bedeutung hat, jedoch etwas schwächer ist als den Ausdruck im Originaltext. Das liegt daran, dass kein Wort wie gek oder gestoord hinzugefügt ist. Beispiel 6: AT Seite 90: 'Du kriegst die Motten!' sagte Traugott empört. Ü1 Seite 96: 't Mankeert je in je bovenkamer!' zei Trouwman verontwaardigd. Ü2 Seite 83: 'Ben je betoeterd?' zei Knorringa verontwaardigd. 11 http://www.duden.de/rechtschreibung/Melone http://www.etymologiebank.nl/trefwoord/kanis2 13 http://www.duden.de/rechtschreibung/dusslig 12 58 Beispiel 7: AT Seite 90: 'Werde bloß nicht drollig!' rief Traugott. Ü1 Seite 96: 'Wat ben jij lollig!' riep Trouwman uit. Ü2 Seite 83: 'Ben je wel lekker?' riep Knorringa. Beispiel 8: AT Seite 90: 'Quatsch dir keine Fransen', murrte Traugott. Ü1 Seite 96: 'Je kletst uit je nek', pruttelde Trouwman. Ü2 Seite 84: 'Je kletst uit je nek', bromde Knorringa. Wenn wir uns die Beispiele sechs, sieben und acht anschauen, können wir sagen, dass Traugott viele jugendsprachliche Ausdrücke verwendet. Zu Beispiel 6: Der übersetzte Ausdruck 't mankeert je in je bovenkamer wird heutzutage immer noch verwendet, da eine kurze Suche in Google immer noch über 16.000 Ergebnisse aufweist. Die Bedeutung des Ausdrucks ist er ist verrückt, oder, um es mit einem anderen deutschen Ausdruck zu sagen: er hat nicht mehr alle Tassen im Schrank, oder auf Niederländisch hij is niet goed bij zijn hoofd. Trotzdem hat der Ausdruck du kriegst die Motten! eine etwas unterschiedliche Bedeutung, da er 'auf die zersetzende Tätigkeit der Motten anspielt14' und eher das ist ja nicht zu glauben! bedeutet. Deshalb passt die Wahl in der ältesten Übersetzung nicht so richtig. Auch die neueste Übersetzung weist nicht unbedingt in die Richtung eines Unglaubens, obwohl wegen des Wortes betoeterd diese Richtung doch einigermaßen bezweckt wird. Zu Beispiel 7: Drollig hat mehrere Bedeutungen, nämlich 'niedlich, possierlich', aber auch komisch, seltsam'15. Wir bemerken, dass beide Übersetzungen eine andere Bedeutung haben. In der ältesten Übersetzung wird mittels des Wortes lollig und der Kombination mit dem Ausrufezeichen Empörung aufgerufen. Man muss diesen Satz aber fast laut lesen, um die Empörung selbst spüren zu können. In der zweiten Übersetzung wird die Empörung mittels eines Fragesatzes spürbarer und damit auch deutlicher ausgedrückt. Auch wird die Partikel bloß mit wel übersetzt und nicht, wie in der anderen Übersetzung, weggelassen. Zu Beispiel 8: Die Bedeutung dieses Ausdrucks kann nur schwierig nachvollzogen werden. Es gibt den Ausdruck sich Fransen an den Mund reden, der aber viel reden oder ohne Erfolg reden bedeutet. Auch wissen wir, dass quatschen ungefähr die gleiche Bedeutung hat. Woher 14 15 http://www.wissen.de/wortherkunft/i-motte-du-kriegst-die-motten http://www.duden.de/rechtschreibung/drollig 59 aber die Fransen kommen, ist unklar. Anhand des ersten Teils dieses Ausdrucks haben beide Übersetzerinnen genau denselben Ausdruck verwendet, nämlich je kletst uit je nek. Beispiel 9: AT Seite 92: 'Wer gibt mir Pinke?' Der Professor gab ihm [Bleuer] Fahrgeld. Ü1 Seite 99: 'Wie geeft me centjes?' De professor gaf hem geld. Ü2 Seite 86: 'Wie heeft er poen voor me?' De professor gaf hem geld voor de metro. Hier geht es um die Bedeutung und die Übersetzung des Wortes Pinke. Pinke ist ein umgangssprachliches Wort für Geld. Beide Übersetzerinnen haben dies verstanden, da sie nicht mit Geld übersetzen, das Wort wäre zu formell. Centjes ist vielleicht ein wenig altmodisch und komisch, kindisch vielleicht sogar, es klingt in einer Geschichte einer Jugendbande nicht jungenhaft genug. Poen ist schon viel besser, da dieses Wort die Geschichte auch wirklich kräftig und robust macht, das Leserpublikum kann sich mittels dieses Wortes vermutlich besser vorstellen, wie die Szene ausgesehen haben muss. Beispiel 10: AT Seite 114: Macht euch ja nicht mausig... Ü1 Seite 120: Maken jullie je maar niet druk... Ü2 Seite 106: Hou jullie praatjes maar voor je... In diesem Beispiel geht es um die Übersetzung des Wortes mausig. Es bedeutet 'sich frech und vorlaut äußern, benehmen16'. In der Übersetzung wird das freche Element herausgelassen, da es unwahrscheinlich ist, dass Kästner dieses freche, dass in der Bedeutung ungewollt mitkommt, gewollt hat. Das vorlaute Äußern kommt in der ersten Übersetzung mittels des Wortes druk zum Ausdruck, in der zweiten Übersetzung mittels des Wortes praatjes. Auch die Partikel ja, schwierig um zu übersetzen, wird in beiden Übersetzungen angemessen mit maar übersetzt. Beispiel 11: AT Seite 115: 'Du grüner Junge!' schimpfte Emil zum Spaß. Ü1 Seite 121: 'Juffertje in 't groen!' schold Emiel voor de grap. 16 http://www.duden.de/rechtschreibung/mausigmachen 60 Ü2 Seite 107: 'Groentje!' schold Emiel hem voor de grap uit. Dieses Beispiel wird vor allem wegen der auffälligen Übersetzung juffertje in 't groen! besprochen. Wir müssen versuchen diese Wahl nachzuvollziehen, da wir es wegen des Faktes, dass Annie Winkler-Vonk schon längst verstorben ist, nicht nachfragen können. Lassen wir beim Ausgangstext anfangen: du grüner Junge! Dies ist eine Redensart mit der Bedeutung 'ein unerfahrener/unreifer/vorwitziger Junge17'. In den Niederlanden würde man, wie auch in der neueren Übersetzung vorzufinden ist, groentje sagen. Die einzige Übereinstimmung mit der älteren Übersetzung ist das Wort 'groen'. Winkler-Vonk macht es dem Leserpublikum hier sehr schwierig. Außerdem müssen wir beachten, dass juffertje in 't groen eine Pflanzenart ist und es ist die Frage, ob diese Konnotation hier angemessen oder gemeint ist. Wenn nicht, dann ist die Übersetzung fragwürdig und kann man von den meisten jungen Lesern auch nicht ohne weiteres erwarten, dass sie die Verbindung von juffertje in 't groen über groen bis hin zu groentje machen. Die älteste Übersetzung ist also exotisierend, aber vermutlich für das Leserpublikum überhaupt nicht nachvollziehbar. Deshalb ist die neuere Übersetzung sehr viel besser, da sie nämlich deutlicher ist und direkt die Verbindung mit groentje macht. Beispiel 12: AT Seite 138: 'Emil, Mensch!' flüsterte Gustav. 'Nun musst du in der grünen Minna zum Alex!' Ü1 Seite 143: 'Emiel jô!' fluisterde Gustaaf. 'nou moet je in een dievenwagen naar het Alexanderplein!' Ü2 Seite 128: 'Emiel, man!' fluisterde Gustaaf. 'Nu moet je met een boevenwagen naar het Alexanderplein!' In diesem Beispiel geht es um die Kürzel grüne Minna und Alex. Die grüne Minna ist ein Gefangenentransportwagen der Polizei. Die Bezeichnung stammt vom Ausdruck Zur Minna gemacht werden, und bedeutete in früher Zeiten 'fertig gemacht bzw. herabgesetzt zu werden'18. Die Minna war eine herabsetzende Bezeichnung 'für eine Dienstmagd bzw. Hausmädchen' (ebd.). Die Berliner Gefangenen wurden im Gefangenentransportwagen zum Polizeipräsidium am Alexanderplatz gefahren, in der grünen Minna also. Wie wir gerade 17 http://www.redensartenindex.de/suche.php?suchbegriff=~~ein%20gruener%20Junge&suchspalte%5B%5D=rart_ou 18 http://www.polizeihistorischesammlung-paul.de/wissenswertes/Minna/die_gruene_minna.htm 61 gesehen haben, stellt sich heraus, dass dieser Ausdruck stark kulturell bestimmt ist. Nur in Deutschland wird im Volksmund diese Bezeichnung verwendet und in Zusammenhang mit zum Alex auch nur in Berlin. Wir sehen in den Übersetzungen kleine Unterschiede. Die allgemeine Tendenz liegt darin, dass das kulturelle Element verschwindet und dafür ein anderes, geeignetes Wort verwendet wird. Einerseits sehen wir dievenwagen und andererseits boevenwagen. Vorteil beider Wörter ist, dass sie vor allem in der niederländischen Jugendsprache verwendet werden und also recht gut beim Leserpublikum und bei ihren Wünschen und Erwartungen anschließen. Erwachsenen würden eher ein Wort wie arrestantenbus verwenden. Dies ist in einem Text für die Jugend ein viel zu formelles Wort. Beide Übersetzerinnen haben hier das kulturelle Element zwar verschwinden lassen, ihre Übersetzungsentscheidungen schließen jedoch sehr gut beim Leserpublikum an. Noch kurz zum Alex: In beiden Übersetzungen wird Alex zum Alexanderplein, es handelt sich hier um eine Explizitierung, eine Naturalisierung. Alex ist vermutlich auch nur in Berlin im Volksmund so üblich, aber für junge, niederländische Leser ist hier nicht direkt nachvollziehbar, worauf das Wort verweist. Deshalb ist auch die von den Übersetzerinnen durchgeführte Lösung gut nachvollziehbar und auch verständlich. Beispiel 13: AT Seite 156: 'Ei Potz!' rief Pony. 'Nun haut's dreizehn!' Ü1 Seite 161: 'Jandorie!' riep Pony. 'Nou breekt mijn klomp!' Ü2 Seite 144: 'Wauw!' riep Pony. 'Te gek gewoon!' Zunächst geht es um die Bedeutung von Ei Potz!. Die Frage ist, ob dieser Ausdruck wirklich eine Bedeutung hat, oder dass es nur ein Ausruf ist, sowie es in den Niederlanden Wauw! gibt (sehe die zweite Übersetzung). Auch das hat an sich keine Bedeutung, es ist nur ein Ausruf der Begeisterung. Vermutlich geht es hier auch um so einen Ausdruck, da keine Bedeutung des Wortes vorliegt. Das jandorie! der ältesten Übersetzung ist etwas stärker als das Ei Potz des Ausgangstextes, da es sich um einen verhüllenden Fluch handelt, der auf Deutsch wieder mit verdammt! übersetzt werden konnte. Nun haut's dreizehn ist vermutlich eine Variante von jetzt schlägts dreizehn!, dass 'das geht aber zu weit, jetzt ist Schluss damit19' bedeutet. Um diesen Ausdruck aber richtig verstehen 19 http://www.duden.de/rechtschreibung/dreizehn 62 und übersetzen zu können, ist es wichtig, den Kontext mit einzubeziehen. Im Kontext sagt Pony Hütchen es, wenn sie hört, dass es um tausend Mark geht, was natürlich sehr viel Geld ist. Die Bedeutung des Ausdrucks im Kontext ist dann Unglaube oder Entsetzung. Wenn man dann die wortwörtliche Bedeutung übersetzt, zum Beispiel dat gaat te ver!, dann ist die Entsetzung zu undeutlich. Beide Übersetzerinnen verstehen den Kontext hier sehr gut, und deshalb drücken ihre Übersetzungen auch tatsächlich diese Entsetzung aus. Das Schöne ist, dass in der ältesten Übersetzung Ausdruck mit Ausdruck übersetzt wurde, dies im Gegensatz zu der neuesten Übersetzung. 7.3.3. Schlussfolgerung Wenn wir zunächst die älteste Übersetzung besprechen, fällt auf, dass diese Übersetzerin wortwörtlicher übersetzt hat, wodurch nicht in allen Fällen eine schöne oder gute Übersetzung entsteht. Ein Beispiel davon ist juffertje in 't groen. In vielen anderen Beispielen sehen wir, dass sie versucht hat, dem Ausgangstext so nah wie möglich zu bleiben. Das macht sie zum Beispiel mittels einer genau gleichen Satzfolge bei ihren Übersetzungen von Wer gibt mir Pinke? und Werde bloß nicht drollig. Wir sehen auch, dass sie die gleichen Laute des Ausgangstextes behalten möchte, bei drollig-lollig, oder bei scheintot-schijndood. In einigen Fällen ist ihre Übersetzung nicht immer die beste und wird sie, wenn wir Ausgangstext und Zieltext miteinander vergleichen und uns vor allem die exotisierenden Beispielen ansehen, die nicht immer sehr deutlich übersetzt wurden, sichtbar. Jedenfalls für uns als Untersucher ist dies manchmal der Fall, das Leserpublikum wird sich dieser (vielleicht negative?) Sichtbarkeit kaum bewusst sein, da es den Ausgangstext in den meisten Fällen nicht kennt. Vielleicht nur im Fall der juffertje in 't groen könnte ein befremdender Effekt auftreten, weil die Leser das Schimpfwort vermutlich im Kontext des Geschehen nicht immer verstehen werden. Die initial norm ist hier ziemlich eindeutig: es wurde vor allem die adäquate Übersetzungsstrategie angewendet, da die Übersetzerin nah am Ausgangstext geblieben ist. Zur neuesten Übersetzung können wir sagen, dass diese freier ist, dass die Übersetzerin keine Lautgleichheit als Teil ihrer Strategie angewendet hat und dass sie nicht in allen Fällen versucht hat, dem Ausgangstext nah zu bleiben. Dies bedeutet übrigens nicht, dass eine zu freie Übersetzung zustande gekommen ist. In allen Beispielen haben wir gesehen, dass die Zielkultur im Mittelpunkt stand und dass das Niveau des Verständnisses dieses Zielleserpublikums immer bei der Übersetzung mitgespielt hat. Gerade wegen der freieren Übersetzung sind bestimmte Elemente besser, weil klarer und deutlicher, übersetzt. Diese Übersetzerin bleibt darum unsichtbar, da keine exotisierenden, fremden Elemente in diesem 63 Beispielcluster ihrer Übersetzung vorkommen. Wir können sagen, dass diese Unsichtbarkeit positiv ist, weil wir keine negative Auffälligkeiten oder befremdende Übersetzungen vorfinden. Die initial norm ist in diesem Fall eine akzeptable Übersetzungsstrategie, da freier übersetzt wurde, wodurch die Übersetzung bei den Wünschen des Leserpublikums der Zielkultur anschließt (ein schönes Beispiel ist das Neunte). 7.4. Normen und Werte 7.4.1. Beispiele Beispiel 1: AT Seite 64: 'Warte nur, du Kanaille', knurrte Emil, 'dich kriegen wir!' Ü1 Seite 71: 'Wacht maar, schurk', bromde Emiel, 'ik krijg je wel!' Ü2 Seite 61: 'Wacht maar, schurk', bromde Emiel, 'ik krijg je wel!' Wir sehen sofort, dass beide Übersetzungen identisch sind. Dies ist auffällig, da beide Übersetzerinnen eine klare Entscheidung zum Umgang mit dem dich kriegen wir! getroffen haben. Steht es im Ausgangstext noch im Plural, verschwindet diese Form jedoch in beiden Übersetzungen. Uns geht es in diesem Fall aber hauptsächlich um die Übersetzung des Schimpfwortes Kanaille. Dieses Wort entstammt dem französischen canaille, das 'Hundepack' oder 'Gesindel' bedeutet. Über das italienische Wort canaglia führt die Herkunft des Wortes weiter bis zum lateinischen Wort canis, das Hund bedeutet. Die Bedeutung des Wortes Kanaille ist 'jemand, der als böse, schurkisch angesehen wird20'. Eine Übersetzung mit schurk ist also durchaus angemessen. Beispiel 2: AT Seite 74: 'Na, Sie sind aber ein ulkiger Knabe', sagte Pony beleidigt. 'Auf Wiedersehen!' Ü1 Seite 80: 'Leuk ventje bent U', zei Pony gegriefd. 'Dag mijn heer!' Ü2 Seite 70: 'Nou, u bent ook een rare', zei Pony beledigd. 'Ajuus!' In diesem Beispiel stoßen wir auf mehrere, größere Unterschiede zwischen beiden Übersetzungen. Einerseits geht es um die Übersetzung des Schimpfwortes ulkiger Knabe, andererseits geht es um die Übersetzung des Verabschiedungswortes Auf Wiedersehen!. 20 http://www.duden.de/rechtschreibung/Kanaille 64 Zuerst etwas zum ulkigen Knaben, das Pony Hütchen zu einem Polizisten sagt. Das Problem ist, dass ulkig zwei Bedeutungen hat, nämlich 'spaßig, komisch' und 'seltsam, absonderlich21', auf Niederländisch grappig oder raar. Beide Übersetzerinnen habe sich sehr klar für eine der beiden Möglichkeiten entschieden, wobei wir aber feststellen müssen, dass u bent ook een rare besser zum Kontext passt. Pony Hütchen ist nämlich beleidigt, und es wäre komisch, wenn sie den Polizisten dann ein leuk ventje nennen würde, wiewohl leuk hier natürlich abwertend gemeint ist. U bent ook een rare ist dann eher beleidigend gemeint. Jetzt analysieren wir noch kurz das Verabschiedungswort Auf Wiedersehen!. Dag mijn heer, das wir in der ältesten Übersetzung begegnen, ist sehr formell und anständig, vor allem wenn wir es von Pony Hütchen hören. Ajuus! gehört mehr zu ihrem Sprachgebrauch, und in Zusammenhang mit dem eher benutzten Schimpfwort passt dies vielleicht auch besser im Kontext des Ganzen. Beispiel 3: AT Seite 89: 'Ihr Holzköppe, ihr quatscht dauernd von Essen, Telefon und Auswärtsschlafen'. Ü1 Seite 95: 'Ezelskoppen, jullie zwammen alleen maar over eten, telefoon en buitenshuis slapen'. Ü2 Seite 83: 'Domkoppen, jullie zitten hier maar te leuteren over eten, de telefoon en ergens blijven slapen...' Es geht uns um die Übersetzung des Wortes Holzköppe. Das Wort ist eine Variante auf Holzköpfe, das 'langsam, schwer begreifender Mensch22' bedeutet. Die Frage ist, ob diese Bedeutung in diesem Fall die Richtige ist. Aus dem Kontext können wir schließen, dass es hier nicht unbedingt um Menschen geht, die schwer begreifen, aber um Menschen, die zu viel über unwichtige Sachen reden. Deshalb haben die beiden Übersetzerinnen eine gute Wahl gemacht um in ihren Übersetzungen nichts mit dem schwer begreifenden Element der Bedeutung zu tun. Es geht nur darum, dass die Menschen dumm sind, weil sie zu viel quatschen. Ezelskoppen und domkoppen sind beide eine richtige Übersetzung. Der Unterschied ist, dass die eine Übersetzung ein Tier einbringt, wodurch das Schimpfwort verstärkt wird, während die andere Übersetzung eine Eigenschaft einbringt. 21 22 http://www.duden.de/rechtschreibung/ulkig http://www.duden.de/rechtschreibung/Holzkopf 65 Beispiel 4: AT Seite 94: 'Donnerwetter noch mal', sagte Emil, 'gibt's in Berlin famose Eltern!' Ü1 Seite 101: 'Allemachies', zei Emiel, 'jofele ouders zijn er hier in Berlijn'. Ü2 Seite 88: 'Tjonge', zei Emiel, 'wat een toffe ouders hebben jullie in Berlijn!' In diesem Beispiel geht es uns um die Übersetzung des Fluches Donnerwetter noch mal!. Dieser Ausruf kann zwei Bedeutungen haben: einerseits ist es ein 'Ausruf der Verwünschung, des Zorns', und andererseits ist es ein 'Ausruf des bewundernden Erstaunens23'. In unserem Fall wird die zweite Bedeutung verwendet, vor allem auch wegen des zweiten Teiles des Satzes gibt's in Berlin famose Eltern!. Daraus spricht die Überraschung und das Erstaunen. Die Übersetzerinnen übersetzen mit Allemachies und tjonge. Allemachies ist vermutlich eine Form von allemachtig, woraus auch sehr klar die Überraschung nach vorne kommt, wie das übrigens auch bei tjonge so ist. Trotzdem ist tjonge etwas schwächer, vor allem im Vergleich zum Ausgangstext. Sehr klar ist, dass beide Übersetzerinnen den Fluch vermeiden, da sie zum Beispiel auch mit Godallemachtig oder mit potverdomme übersetzt hätten können. Eine gute Wahl, da Kinderbücher oft auch vorgelesen werden und es wäre schlecht, wenn mittels eines Buches Kindern das Fluchen erlernt wurde. So etwas möchten Eltern vermutlich lieber vermeiden und dass haben die Übersetzer auch eingesehen. Beispiel 5: AT Seite 97: 'Bist du meschugge, Mensch?' flüsterte Gustav. Ü1 Seite 103: Ben je beduveld, jô?' fluisterde Gustaaf. Ü2 Seite 90: 'Ben je gek man?' fluisterde Gustaaf. In diesem Beispiel werden wir vor allem auf die Übersetzung des Wortes meschugge und auf die Bedeutung dieses Wortes achten. Das Wort meschugge hat jiddische und hebräische Wurzeln und es bedeutet 'nicht bei verstand; verrückt24'. Die Übersetzerin der ältesten Übersetzung benutzt das Wort beduveld. Das Auffällige ist, dass man das niederländische Wort duivel darin sehen kann. Da meschugge Hebräische Wurzel hat, ist es schon seltsam, dass mit beduveld übersetzt wurde, da dies für jüdische Leser (und die gibt es bestimmt auch in den Niederlanden) anstößig sein könnte. Es steht zur Frage, ob die Übersetzerin diesen Gedanken in ihrer Übersetzungsentscheidung mitgenommen hat. Natürlich ist schwer 23 24 http://www.duden.de/rechtschreibung/Donnerwetter http://www.duden.de/rechtschreibung/meschugge 66 einzuschätzen, wie viele Leser das Wort wirklich nicht lieben und wegen dieses Wortes vielleicht sogar die Übersetzung nicht lesen (was unwahrscheinlich ist), trotzdem zeigt bereits die Tatsache, dass es anstößig sein könnte, dass besser eine andere Lösung gewählt werden konnte. Die zweite Übersetzerin verwendet das Wort gek, das verrückt und also auch meschugge bedeutet. Die Tatsache, dass im Ausgangstext ein jiddisches Wort benutzt wird, scheint bei beiden Übersetzern in der Übersetzungsentscheidung nicht mit einbezogen zu sein, da wir in keiner der Übersetzungen ein jiddisches oder hebräisches Wort zurückfinden. Komisch, da mesjogge auch im niederländischen Sprachgebrauch existiert und hier ebenso gut verwendet hätte werden können. Beispiel 6: AT Seite 105: 'Also, Emil, du Rabe', sagte sie, 'kommt nach Berlin und dreht gleich 'nen Film' Ü1 Seite 110: 'Emiel, je bent toch een kei', zei ze, 'één keer komt hij naar Berlijn en meteen draait hij al een film!' Ü2 Seite 96: 'Zo zo, Emiel, ouwe smiecht', zei ze, 'dat komt naar Berlijn en steelt meteen de show! Hier geht es vor allem darum, dass die beiden Übersetzungen nicht ohne weiteres die gleiche Bedeutung haben. Die älteste Übersetzung ist eher exotisierend, da die Übersetzung sehr viel wörtlicher ist und es die Frage ist, ob einen Film drehen in den Niederlanden auch als Ausdruck besteht und wenn dies so ist, ob die Bedeutung dann dieselbe ist. Dies im Gegensatz zu der moderneren Übersetzung, die vermutlich auch für das Leserpublikum verständlicher und damit deutlicher ist. Auch wegen der Hinzufügung der Wörter zo zo bekommt die zweite Übersetzung eine andere Bedeutung, eine Bedeutung die stärker ist und auch Bewunderung für Emils Verhalten zeigt. De show stelen schließt gut dabei an, da auch in diesem Ausdruck Bewunderung zu bemerken ist. Beispiel 7: AT Seite 106: Dann tat der Professor den Mund auf und sagte: 'Verflucht noch mal!' Ü1 Seite 112: Toen deed de professor zijn mond open en zei: 'Asjemenou!' Ü2 Seite 98: Toen deed de professor zijn mond open en zei: 'Verdraaid nog aan toe!' Genau wie im vierten Beispiel geht es auch hier um die Übersetzung eines Fluches. Dieser Fluch jedoch ist stärker als die im vierten Beispiel, da er auf Deutsch verdammt bedeutet, und 67 auf Niederländisch verdomme oder sogar schlimmer. In beiden Übersetzungen sehen wir eine Abschwächung des deutschen Fluches, obwohl diese Abschwächung in der ersten Übersetzung stärker ist. Dort steht nur asjemenou, ein Wort, das überhaupt kein Fluch ist und wodurch die stärke Intention der Äußerung des Professors nicht völlig gezeigt wird. Dies ist bei verdraaid nog aan toe! etwas stärker. Auch hier könnte das gleiche Argument wie im vierten Beispiel aufgeführt werden, dass nämlich die Eltern des Leserpublikums ihre Kinder noch erziehen möchten, und natürlich nicht wollen, dass wegen des Lesens eines Kinderbuches mit vielen Fluchen ihre Erziehung zunichte gemacht wird. Natürlich müssen wir hier bemerken, dass das Vermeiden der Fluchen in den Übersetzungen zu einer Abschwächung des Ausgangstextes führt. Beispiel 8: AT Seite 120: 'Da zerbricht man sich Tag und Nacht den Schädel, wie man den Mann erwischen kann, und ihr Hornochsen mobilisiert unterdessen ganz Berlin!' Ü1 Seite 126: ' Ik heb me gisteren en vannacht mijn hoofd suf geprakkizeerd, hoe we dien vent te pakken kunnen krijgen, en jullie driedubbel overgehaalde ezels brengen heel Berlijn op de been!' Ü2 Seite 112: 'Dag en nacht pijnig ik mijn hersens hoe we die man te pakken kunnen krijgen en jullie stommelingen trommelen intussen heel Berlijn op!' Es geht hier um die Übersetzung des Wortes Hornochsen. In der ältesten Übersetzung finden wir eine Verstärkung, die wegen der Hinzufügung driedubbel overgehaalde zustande kommt. Diese Wahl kann nicht einfach nachvollzogen werden, da Hornochse rund oder stommeling bedeutet, ohne die von der Übersetzerin hinzugefügte Verstärkung. Vielleicht wollte sie nur betonen, wie blöd die angesprochenen Personen tatsächlich sind. Die Wörter ihrer Verstärkung findet man außerdem nur in der niederländischen Jugendsprache zurück und eher nicht im formellen Sprachgebrauch. Die Übersetzung ist angemessen, aber die neuere Übersetzung ist besser, da diese Übersetzerin einfach die Bedeutung des Wortes ohne Hinzufügungen verwendet hat. Dadurch entsteht ein Satz, der authentisch besser ist und außerdem keine komischen Wörter enthält. Die zweite Übersetzung ist jedoch etwas schwächer. 68 Beispiel 9: AT Seite 127: 'Da bin ich', sagte sie [Pony Hütchen]. 'Kopf hoch. Jetzt wird's ernst. O Gott, o Gott, ich bin gespannt. Wie ein Regenschirm'. Ü1 Seite 133: 'Daar ben ik', zei ze. 'Hou je goed. Nu wordt het ernst. O joppie jandoppie, ik ben zo nieuwsgierig. Als een aap'. Ü2 Seite 118: 'Hier ben ik', zei ze. 'Kop op. Nu wordt het menens. Allemachtig, wat ben ik benieuwd. Ik hou het bijna niet meer uit'. In diesem Beispiel geht es um die unterschiedlichen Übersetzungen mehrerer Elemente. Zuerst besprechen wir die Übersetzung von O Gott, o Gott, daraufhin besprechen wir noch die Übersetzung des Ausdruckes Wie ein Regenschirm. Das erste Element wird in der ältesten Übersetzung mit O joppie jandoppie übersetzt. Jandoppie wird als Interjektion oder als verhüllender Fluch verwendet25, wobei die genaue Bedeutung des Wortes aber unklar bleibt. Eine andere Verwendung des Ausdrucks ist jandoppie-nog-an-toe. Die Übersetzerin hat sich den ersten Teil des Ausdrucks vermutlich selber ausgedacht, da die Kombination in keinen anderen Büchern vorkommt, wie eine kurze Untersuchung im Internet aufwies. Insgesamt gab es bei Google nur 88 Suchergebnisse dieses Ausdrucks, wobei jandoppie oft als Spitzname benutzt wurde und joppie als Tiername oder als Spitzname eines Menschen. Als verhüllender Fluch kam diesen Ausdruck keine weiteren Male vor. Die Bedeutung wirkt auf ein heutiges Leserpublikum vermutlich befremdend, da sie sich mit dem Ausdruck nicht auskennen. Wie der Ausdruck in der damaligen Zeit, in der Zeit des Erscheinens der Übersetzung, rezeptiert wurde, bleibt unklar. Diesbezüglich wurden noch einige Buchbesprechungen eingesehen, die aber alle eine neuere Übersetzung von Emil und die Detektive besprechen. Eine Schlussfolgerung zur Rezeption dieses Ausdrucks in der ältesten Übersetzung kann also nicht gegeben werden. In der zweiten Übersetzung wurde O Gott, o Gott mit allemachtig übersetzt. Dieses Wort ist in der heutigen Zeit noch als Fluch oder als verhüllender Fluch in Gebrauch. Allemachtig kommt oft zusammen mit God vor, sodass godallemachtig entsteht. Dies ist aber kein verhüllender Fluch mehr, sondern einen richtigen Fluch, für manche sogar eine Gotteslästerung. Die Übersetzerin schließt hier an die Kenntnisse des Leserpublikums an, viele Jugendliche kennen diesen Ausdruck nämlich. 25 http://www.encyclopedie-woordenboek.be/phrase/phrase/jandoppie/ 69 Jetzt besprechen wir noch die Übersetzung des Ausdrucks Gespannt wie ein Regenschirm. Buchstäblich bedeutet er: unglaublich gespannt, sehr nervös, sehr gespannt auf etwas, das kommen wird. Wie übersetzt man aber diesen Ausdruck? Wenn wir die beiden Lösungen in unseren Übersetzungen sehen, gibt es zwei Möglichkeiten: der Ausdruck wird entweder durch einen anderen Ausdruck mit ungefähr derselben Bedeutung übersetzt, oder der Ausdruck wird etwas freier, d.h.: nicht durch einen anderen, vergleichbaren Ausdruck übersetzt. Zo nieuwsgierig als een aap ist ein Ausdruck, der die Übersetzerin der ältesten Übersetzung sich vermutlich selbst ausgedacht hat. In den Niederlanden haben Ausdrücke mit aap eher andere Bedeutungen. So gibt es in de aap gelogeerd zijn oder nu komt de aap uit de mouw. Diese Ausdrücke passen aber nicht an dieser Stelle in der Übersetzung. Es gibt einen Ausdruck, der in Beziehung zu unserer Passage der 'Neugierigkeit' üblicher ist, nämlich: een nieuwsgierig Aagje. Zo nieuwsgierig als een aap existiert auch, aber eher in inoffiziellen Ausdrücken, die außerdem nicht in einem Wörterbuch oder Sprichwörterbuch aufgenommen sind. Trotzdem wirkt die Lösung der ältesten Übersetzung nicht befremdend, da eine Eigenschaft eines Affen dessen Neugier ist. Auch wenn es sich um ein selbsterfundenes Beispiel handelt, passt es doch gut im Satz, weil viele Kinder den Ausdruck einfach verstehen können. In der zweiten Übersetzung wird der Ausdruck freier übersetzt, wobei das Wesentliche der Bedeutung verstärkt wird. Das Wesentliche ist nämlich die Neugier, die mittels des Satzes ik hou het bijna niet meer uit stärker wird, wiewohl ein vergleichbarer Ausdruck in der Übersetzung nicht existiert (das heißt: keinen Ausdruck mit einem 'Affen' oder etwas Vergleichbarem). Es gibt hier also keinen selbsterfundenen Ausdruck, sondern nur einen Satz, der die Neugier näher beschreibt. Vorteil dieser Lösung ist, dass die Möglichkeit eines befremdenden Effektes nicht zur Sprache kommt, und somit ist die Übersetzung naturalisierend. Beispiel 10: AT Seite 168: 'Alle Wetter, Heimbold, bist du ein Dickschädel', sagte Pony Hütchen zu ihrem Vater. Ü1 Seite 173: 'Joppie jandoppie, pa Huisman, wat ben jij een domkop', zei Pony Hoedje tegen haar vader. Ü2 Seite 155: 'Allemachtig, Huisman, wat ben jij een dikkop', zei Pony Hoedje tegen haar vader. 70 In diesem Beispiel sehen wir, dass Pony Hütchen sich zu ihrem Vater ziemlich ungehörig benimmt. Das kommt nach vorne in den Wörtern Alle Wetter und Dickschädel. Wie wir schon eher gesehen haben, ist die Erziehung der Eltern vermutlich einen Grund der Übersetzerinnen gewesen, um bestimmte Elemente des Ausgangstextes abschwächend zu übersetzen. Die Ungehörigkeit eines Kindes zu seinem Vater, in einem Buch zu lesen, ist nicht unbedingt gut für die Erziehung des Kindes in der Wirklichkeit. Trotzdem haben die Übersetzerinnen hier hinsichtlich der Ungehörigkeit an sich keine Änderungen vorgenommen. Alle Wetter bedeutet drommels! oder, wie in der zweiten Übersetzung, allemachtig!. Für eine Erklärung vom Ausdruck joppie jandoppie, der wir in der ersten Übersetzung vorfinden, kann nochmal das neunte Beispiel hinzugezogen werden. Wir müssen noch hinzufügen, dass es sich bei Alle Wetter nicht um einen schrecklichen Fluch handelt, nur um einen Ausdruck der Entsetzung oder des Unglaubens. 7.4.2. Schlussfolgerung Wir versuchen jetzt die Übersetzungsstrategie der beiden Übersetzerinnen hinsichtlich dieses Beispielclusters festzustellen. Wenn wir uns zunächst auf die erste, die älteste Übersetzung fixieren, fällt auf, dass sie viel höflicher ist als der Ausgangstext. Mit höflich meinen wir, dass die Fluche oder die unhöfliche Anrede von Pony Hütchen größtenteils vermieden wurden, wodurch zwar eine anständige, aber auch eine abschwächende Übersetzung entsteht. Nur die Übersetzung mit beduveld spricht gegen diese Behauptung. In diesem Beispielcluster fanden wir keine Beispiele einer exotisierenden Übersetzung, sodass wir behaupten können, dass auch hier eine naturalisierende Übersetzungsstrategie angewendet wurde und die Übersetzerin unsichtbar bleibt. Außerdem können wir noch hinzufügen, dass, vorauslaufend auf eine Schlussfolgerung des Abschnittes 7.6., die Übersetzerin die Kinder anständiger macht als im Originaltext. Vor allem die Übersetzung der Anrede von Pony Hütchen an ihren Vater ist sehr viel höflicher und anständiger, obwohl Pony im Ausgangstext überhaupt nicht das vorbildliche Kind ist. In dieser Übersetzung erkennen wir sehr deutlich, dass Akzeptabilität durch das Leserpublikum der Zielkultur eine große Rolle beim Übersetzen und bei den Übersetzungsentscheidungen gespielt hat und dass die Übersetzerin für eine anpassende Übersetzungsstrategie gewählt hat. In der zweiten Übersetzung, die auch naturalisierend ist, sehen wir, dass die Übersetzerin der Intention des Ausgangstextes näher geblieben ist. Die Protagonisten behalten in der Übersetzung ihren Charakter, was positiv ist für die Position der Übersetzerin. Natürlich wird das Leserpublikum die Unterschiede zwischen den Übersetzungen nicht kennen, aber wir 71 können annehmen, dass die zweite Übersetzung natürlich wirkt, vor allem auf sprachlichem Gebiet. Beide Übersetzerinnen sind hier laut der Theorie von Venuti, unsichtbar. Die Unsichtbarkeit ist in beiden Fällen nicht unbedingt negativ, obwohl die erste Übersetzung, wie gesagt, höflicher ist und sich etwas mehr vom Ausgangstext distanziert wie in der zweiten Übersetzung der Fall ist. 7.5. Sozio-kulturelle Elemente 7.5.1. Zur Währung Beispiel 1: AT Seite 81: 'Keinen Sechser'. Ü1 Seite 88: 'Geen rooie duit'. Ü2 Seite 76: 'Geen cent'. Ein Sechser steht für sechs Pfennige oder einen halben Groschen. Es ist also eine Andeutung der Währung, damals noch die Reichsmark. In unserem Kontext ist aber nicht sosehr die Währung wichtig, aber die Redensart, dass kein Geld da ist und auch nicht das wenigste. Deshalb ist hier jedenfalls nachzuvollziehen, dass beide Übersetzerinnen nicht mit zes penningen oder etwas Vergleichbarem übersetzt haben. Wenn wir die Epoche, worin die älteste Übersetzung zustande kam, hinzuziehen, ist die Übersetzungsentscheidung eigentlich sehr deutlich und für Kinder auch sehr nachvollziehbar. Geen rooie duit (damals gab es noch duiten, den Ausdruck verschwand aber nach und nach in den Jahren nach der Einführung des Euros) bedeutet auch wirklich: überhaupt nichts oder pleite. Die Lösung der zweiten Übersetzung ist auch richtig, jedoch etwas schwächer, da ein Adjektiv fehlt. Beispiel 2: AT Seite 85: Ein Markstück... fünf Mark und siebzig Pfennige... Ü1 Seite 90: Een mark...vijf mark en zeventig pfennig... Ü2 Seite 79: Een mark...vijf mark en zeventig pfennig... Beide Übersetzerinnen haben hier exotisierend übersetzt, da die Mark in der heutigen Zeit nicht mehr als Währung dient. Trotzdem ist dies in diesem Fall die beste Lösung, vor allem 72 wenn wir den Zeitpunkt des Ausgangstextes betrachten. Rund 1930 gab es nämlich noch die Mark und auch die Pfennige. Würde in den Übersetzungen dann auf einmal mit Euros übersetzt sein, stimmte es nicht mit der Epoche des Ausgangstextes überein. In beiden Übersetzungen kann das Leserpublikum sehr einfach erkennen, dass es in der damaligen Zeit noch die Mark gab. Mittels diesen Übersetzungen wirkt jedenfalls dieser Teil des Textes authentischer. 7.5.2. Zu den Gerichten Beispiel 1: AT Seite 19: Beefsteak braten kann er auch. Ü1 Seite 19: Biefstuk bakken kan hij ook. Ü2 Seite 18: Gehaktballen maken kan hij ook. Das Problem mit dem Begriff Beefsteak ist, dass es sowohl biefstuk als auch gehaktbal bedeuten kann. Biefstuk gehört meiner Meinung nach eher zur deutschen Kultur, und überhaupt zum deutschen Essen wie gehaktbal. Wenn man in Google Beefsteak eingibt, weisen die Ergebnisse in der Kategorie 'Bilder' daraufhin, dass biefstuk als Bedeutung des Wortes näher liegt als gehaktbal. Außerdem heißt ein gehaktbal in Deutschland doch eher Frikadelle, und dieses Wort hat Kästner nicht benutzt. Trotzdem können wir sagen, dass beide Übersetzerinnen naturalisierend übersetzt haben. Sowohl die Fleischart biefstuk wie die Fleischart gehaktbal sind beim, in unserem Fall, niederländischen, Leserpublikum sicherlich bekannt. Die Frage bleibt denn, ob und wie viele Kinder wissen, dass im Originaltext mal Beefsteak stand. Die Übersetzungen ändern jedoch nichts an die Tatsache, dass Emil recht gut kochen kann und dass ist die Intention, die Kästner mit diesem Beispiel gehabt haben muss. Beispiel 2: AT Seite 82: '(...) Eier im Glas und solche Sachen'. Ü1 Seite 88: '(...) spiegeleieren en zo te eten'. Ü2 Seite 76-77: '(...) gekookte eieren en zo te eten'. Zum Gericht Eier im Glas: Es geht hierbei um ein traditionelles Gericht, worüber aber unterschiedlich gedacht wird. Wenn wir uns im Internet einige Rezepte des Gerichtes anschauen, sehen wir, dass es einerseits eine Gruppe Köche gibt, die die Eier zuerst kochen, dann der Länge nach halbieren, sie in einem Glas geben und verschiedene sonstige Zutaten 73 hinzufügen26. Andererseits gibt es eine Gruppe Köche, die die Eier auch tatsächlich in einem Glas backen. Dazu gibt es bestimmte Gläser, worin man die ungekochten Eier gibt, sie danach in einem Bratentopf setzt, sie gären lässt, und sie dann aufisst27. Wenn wir die Übersetzungsentscheidungen jetzt hinzuziehen, können wir schließen, dass die Eier jedenfalls gekookt werden können. Diese Übersetzung ist also richtig, obwohl es nicht die einzig richtige Übersetzung des Gerichtes ist. Spiegeleieren dahingegen bereitet man normalerweise nicht im Glas zu, aber man backt sie in einem Topf. Wenn die Übersetzerin der ältesten Übersetzung spiegeleieren verwendet, fehlt hier das 'Glas-Teil' des Gerichtes. Die Übersetzerin der neueren Übersetzung gibt in ihrer Übersetzung jedenfalls eine der beiden Zubereitungsweisen einen Platz, dies im Gegensatz zu der ältesten Übersetzerin, die einen Teil des Gerichtes nicht übersetzt hat. NB: Auffällig ist auch, dass in der ältesten Übersetzung das Café weggelassen wurde. Beispiel 3: AT Seite 94: Eine ganze Schlackwurst Ü1 Seite 100: Een hele bloedworst Ü2 Seite 87: Een hele cervelaatworst Auch in diesem Beispiel geht es um Essen, jetzt um eine Schlackwurst, die in der einen Übersetzung eine bloedworst, und in der anderen Übersetzung eine cervelaatworst wird. Eine Schlackwurst jedoch ist eine 'Rohwurst mit Speck- u. Fleischstücken in Rindermastdarm28'. Diese Wurst wird unter der Zervelatwurst gerechnet, eine 'aus Schweinefleisch und Hirn bestehende Wurst29'. Wie der Name schon sagt, liegt die niederländische Bezeichnung cervelaatworst nach diesen Überlegungen nahe. Eine Blutwurst wird unter anderem von (Schweine- oder Rinder)Blut hergestellt. Dieses Blut gilt in der Regel nicht als Zutat einer Schlackwurst. Die neuere Übersetzung ist also richtig, die ältere Übersetzung bezeichnet eine andere Art von Wursten. Natürlich ist es den Kindern vermutlich egal, welche Art Wurst in der Übersetzung benutzt wurde. Vielleicht haben sie bei einer bloedworst eher die Idee eines Ekelhaften als bei einer cervelaatworst. Dahingegen könnte die cervelaatworst unbekannter sein, vor allem was betrifft die Zutaten. Kinder können jedenfalls noch nachvollziehen, dass eine bloedworst aus 26 http://www.chefkoch.de/rezepte/163821071326742/Eier-im-Glas.html http://www.chefkoch.de/rezepte/2007251325344557/Eier-im-Glas.html 28 http://universal_lexikon.deacademic.com/118769/Schlackwurst 29 http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/1248770 27 74 Blut besteht. Achten wir also auf die richtige Übersetzung, das heißt: auf die richtige Bedeutung des Wortes Schlackwurst, dann können wir aussagen, dass die Übersetzerin von Ü2 gut nachgeschlagen hat, was eine Schlackwurst genau ist, wohingegen die ältere Übersetzerin eine andere Wurstenart verwendet. 7.5.3. Übriges Beispiel 1: AT Seite 51: Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus. Ü1 Seite 58: 'Een karretje op de zandweg reed!' Ü2 Seite 49: 'Dat gaat naar Den Bosch toe, zoete lieve Gerritje'. Muss i denn, ist ein deutsches Volkslied, das 1827 von Friedrich Silcher publiziert wurde. Es erfuhr eine weltweite Verbreitung und wurde zu einer der international bekanntesten deutschen Volksweisen. Inhalt des Liedes sind die Abschiedsworte eines jungen Mannes, der seine Geliebte verlassen muss30. Kästner verwendet hier also ein sehr bekanntes Lied, das höchstwahrscheinlich auch unter Kindern bekannt war und vielleicht sogar gesungen wurde. Das erste Auffällige ist, dass beide Übersetzer statt eines Volksliedes ein Kinderlied benutzen. Die neueste Übersetzung benutzt das unter niederländischen Kindern bekannte Lied dat gaat naar Den Bosch toe. Das Problem dieser Wahl ist die Stadt, die im Lied vorkommt. In Kästners Buch geht Emil nach Berlin, und nicht nach Den Bosch. Das Verwenden dieses Städtenamens bringt also Verwirrung unter den Kindern, die auf einmal mit Den Bosch konfrontiert werden. Die Wahl der Übersetzerin der älteren Übersetzung ist darum einigermaßen besser nachzuvollziehen, obwohl es hier um ein karretje op de zandweg geht, wodurch auf einmal ein anderes Fahrzeug wie im Ausgangstext dazukommt. Im Ausgangstext wird das Lied durch Pferde gesungen, die eine Lokomotive ziehen und jetzt stimmt das in der Übersetzung nicht mehr. Die Verbindung mit einer Stadt fällt in der ältesten Übersetzung weg, wohingegen die neuere Übersetzung noch als Vorteil hat, eine Stadt (auch wenn es sich nicht um Berlin handelt) zu erwähnen. In der neueren Übersetzung wird auch das Fahrzeug nicht genannt. Dadurch 30 http://www.liederlexikon.de/lieder/muss_i_denn_zum_staedele_hinaus 75 entsteht zwar eine allgemeinere Übersetzung, aber eine Befremdung vonseiten des Leserpublikums wird diesbezüglich jedenfalls vermieden. Beispiel 2: AT Seite 69: ein Dutzend Alpakalöffel Ü1 Seite 76: een dozijn alpacca lepels Ü2 Seite 65: een dozijn nikkelen lepels. Alpaka ist eine Legierung aus Kupfer, Nickel und Zink. Wir können annehmen, dass das Leserpublikum dies nicht weiß, da sein noch kein Chemie als Schulfach belegt haben. Das gibt es normalerweise nämlich erst in der weiterführenden Schule. Deshalb ist eine Übersetzung mit nikkel deutlicher, da die Schüler sich darunter vermutlich eher etwas vorstellen können. Alpaca lepels hat eine zu verfremdende Wirkung auf das Leserpublikum. Beispiel 3: AT Seite 97: Eine Autodroschke wird verfolgt. Ü1 Seite 103: Er wordt een taxi vervolgd. Ü2 Seite 90: Er wordt een taxi achtervolgd. In diesem Fall geht es um den Unterschied zwischen vervolgd und achtervolgd. Das Problem liegt darin, dass das niederländische Wort vervolgen mehrere Konnotationen hat. So kann es eine Strafverfolgung bedeuten, aber auch die Judenverfolgung und weitere religiöse Verfolgungen (zum Beispiel in Nord-Korea oder in China) werden mit diesem Wort angedeutet. Kinder im Alter von 10 Jahren wissen vermutlich schon von der Judenverfolgung im Zweiten Weltkrieg. Deshalb kann (bei bestimmten Kindern) angenommen werden, dass sie das Wort vervolgd mit den Ereignissen im Zweiten Weltkrieg in Verbindung setzen. Darüber hinaus müssen wir auch untersuchen, wie geläufig das Wort vervolgen mit der Konnotation jemandem hinterher gehen in der Zeit der Erscheinung der ersten Übersetzung noch war. In einem Buch, dass 1925 erschien, also 12 Jahre bevor unsere älteste Übersetzung, wird folgendes berichtet: 'Vervolgen: d.i. door middel van vuur en wapenen doodden, door brandstichting (of den brandstapel) en moord vernielen en doodden. (...) Dat men hun daer over te vyer en swaerde niet wilde vervolgen' (Stoett 1925:514). Der Autor des Ausgangtextes hatte eine solche Konnotation hier in diesem Fall nicht vor, deshalb ist die zweite Übersetzung eindeutiger, da sie keine Konnotationen aufruft. Wir können also schließen, dass 76 in der älteren Übersetzung nicht ohne Weiteres klar ist, ob alle Leser die Verbindung zur Judenverfolgung machen, und dass in der neuesten Übersetzung das Problem mit den verschiedenen möglichen Konnotationen nicht zur Sprache kommt. Beispiel 4: AT Seite 101: 'Wenn er nur bald käme', meinte der Professor und setzte sich auf einen Stuhl, der verlassen auf dem Hofe stand. Er sah aus wie Napoleon während der Schlacht bei Leipzig. Ü1 Seite 107: 'Ik wou dat hij nou maar kwam', vond de professor en ging zitten op een stoel, die verlaten op de binnenplaats stond. Hij zag er uit als Napoleon bij de slag bij Leipzig'. Ü2 Seite 93: 'Kwam hij maar gauw', zei de professor terwijl hij op een stoel ging zitten die verlaten op de binnenplaats stond. Hij zag eruit als Napoleon tijdens de Slag bij Leipzig'. Relevant ist hier vor allem die Frage, ob Kinder im Alter von 10 Jahren wissen, was die Schlacht bei Leipzig ist, wann gekämpft wurde und wieso. Natürlich ist es nahezu unmöglich um in einer Fußnote eine ganze historische Erklärung der Schlacht zu geben, obwohl einen Satz jedoch möglich gewesen wäre. Lernbegierige Kinder schlagen diese Gegebenheit vielleicht in einem Buch nach, aber Kinder die weniger lernwillig sind, denken vielleicht: worum geht es hier? Dann lesen sie einfach weiter. Der Vergleich ist jedoch vor allem im Zusammenhang mit dem vorgehenden Satz interessant, da es etwas über das Verhalten des Professors aussagt. Der Professor sitzt da wie auch Kaiser Napoleon einst dagesessen haben muss. Beide Übersetzerinnen fügen keine Erläuterung hinzu, bleiben also in diesem Fall unsichtbar, obwohl diese Erklärung vielleicht doch angemessen wäre. Außerdem sehen wir, dass in der zweiten Übersetzung Slag mit einem Großbuchstaben geschrieben wurde. Dies ist die offizielle Andeutung der Schlacht, obwohl auch die andere Schreibweise oft vorkommt. Es ist auffallend, dass die ältere Übersetzerin keine Fußnote hinzufügt, weil sie das in einigen anderen Fällen schon macht. Beispiel 5: AT Seite 106: Wer ist denn euer Stuart Webbs? Ü1 Seite 111: Wie is eigenlijk jullie Sherlock Holmes? Ü2 Seite 97: Wie is eigenlijk jullie Sherlock Holmes? Hier wurde naturalisierend übersetzt, da Stuart Webbs eine typisch deutsche Krimiserie ist, die zwischen 1913 und 1929 lief, obwohl sie nach dem englischen Beispiel der Detektivserie 77 und der Bücher über Sherlock Holmes aufgebaut wurde. Voraussetzung für diesen Namen ist, dass Kinder wissen wer Holmes war und wieso er gerade in diesem Zusammenhang aufgeführt wird. Wenn wir uns die Altersempfehlung für die Bücher von Sir Arthur Conan Doyle ansehen, sehen wir, dass diese Bücher für Kinder ab dem 10. Lebensjahr31 empfohlen wurden. Das Leserpublikum dieses Buches ist vergleichbar mit dem Leserpublikum von Emil und die Detektive. Wegen dieser Tatsache können wir davon ausgehen, dass Kinder von zirka 10 Jahren alt, Sherlock Holmes kennen. Natürlich kann nie ausgeschlossen werden, dass Emil nur durch Kinder ab dem 10. Jahr gelesen wird und beispielsweise nicht von jüngeren Kindern, die vielleicht keine Ahnung von Sherlock Holmes haben. In dieser Analyse beziehen wir uns aber auf Kinder im Alter von 10 Jahren, da sonst die ganze Analyse zu weitführend wird. Es wird hier naturalisierend übersetzt, da Sherlock Holmes, obwohl er und seine Geschichten ursprünglich aus England kommen, in den Niederlanden auch bekannt ist. 7.5.4. Schlussfolgerung Was können wir sagen zum Umgang der beiden Übersetzerinnen mit sozio-kulturellen Elementen? Wenn wir zuerst die älteste Übersetzung besprechen, fällt auf, dass in allen besprochenen Beispielen eine naturalisierende Übersetzungsstrategie angewendet wurde, bis auf eine. Nur die Alpakalöffel bleiben alpaccalepels. In allen anderen Beispielen sind für das niederländische Leserpublikum verständliche Äquivalenten oder Begriffe verwendet worden. Die Übersetzerin bleibt also unsichtbar, wenn wir die Ausnahme außer Betracht lassen. Jetzt sagen wir etwas über die neueste Übersetzung aus: auch hier wird in allen Fällen naturalisierend übersetzt, wobei die Übersetzerin jedoch ganz unterschiedliche Wörter benutzt wie die ältere Übersetzerin. In der neuesten Übersetzung sind auch die Alpakalöffel jetzt nikkelen lepels. Von insgesamt 10 untersuchten Beispielen sind nur drei Übersetzungen in beiden Versionen gleich. Müssen wir all diese anderen Lösungen als Kritik an die ältere Übersetzung verstehen, oder nur als andere Optionen bestimmter Elemente des Ausgangstextes? An sich sind nämlich die Lösungen der ältesten Übersetzung nicht falsch. Vermutlich hat die neuere Übersetzerin nur eine völlig neue Übersetzung machen wollen, die außerdem auch modern und für das Leserpublikum (besser?) nachvollziehbar ist. Tatsache bleibt, dass beide Übersetzungen hinsichtlich dieses Punktes naturalisierend sind und das also auch die zweite Übersetzerin unsichtbar bleibt. 31 http://www.bol.com/nl/p/twee-verhalen-van-sherlock-holmes/666749501/ 78 Bei beiden Übersetzerinnen können wir feststellen, dass die initial norm eine akzeptable Übersetzungsstrategie ist. Das beste Beispiel dazu ist das Letzte. Andere Beispiele weisen jedoch auch auf eine adäquate Übersetzungsstrategie, sehe dazu das Beispiel zur Währung oder das Beispiel zu den Alpakalöffeln. Eine eindeutige initial norm kann also auch in diesem Beispielcluster nicht festgestellt werden. 7.6. Formalität und Formlosigkeit 7.6.1. Beispiele Beispiel 1: AT Seite 22: Manche Leuten behaupten, es heißt nicht Kusine, sondern Base. Ich weiß nicht, wie das bei euch zu Hause ist; aber ich nenne meine Kusinen nicht Basen, sondern Kusinen. Und bei Tischbeins ist es genauso. Aber natürlich, wem es nicht passt, der kann das Fremdwort ja durchstreichen und stattdessen 'Base' drüber- oder drunterschreiben. Deswegen werden wir uns nicht zanken. Ü1 Seite 25: X Ü2 Seite 21: Sommige mensen beweren dat je niet nichtje moet zeggen, maar nicht. Ik weet niet hoe dat bij jullie thuis is, maar ik noem mijn nichtjes geen nichten, maar nichtjes. En bij de familie Tafelbeen doen ze dat ook. Maar wie dat niks vindt, kan dat 'je' natuurlijk ook weglaten. Daar gaan we niet moeilijk over doen. Es geht hier um den Umgang der Übersetzerinnen mit der Frage, ob man 'Kusine' oder 'Base' sagen muss. Die älteste Übersetzerin streicht diese ganze Diskussion, die in den Niederlanden ihres Erachtens vermutlich nicht weiter interessant ist. Der Begriff Base ist veraltet, bedeutet aber dasselbe wie Kusine. Sogar das Diminutiv wird im Wörterbuch 'van Dale' nicht erwähnt. Die neuere Übersetzung gibt nur einen Teil der Diskussion wieder, wiewohl sehr frei übersetzt wird. Der Teil Aber natürlich, wem es nicht passt, der kann das Fremdwort ja durchstreichen und stattdessen 'Base' drüber- oder drunterschreiben wird übersetzt mit Maar wie dat niks vindt, kan dat 'je' natuurlijk ook weglaten. Wenn man diese Diskussion im Text zeigt, kann dies zu einem befremdenden Effekt beim Leserpublikum führen. Es ist natürlich die Frage, inwieweit diese Diskussion für das Leserpublikum interessant und relevant ist. Hierbei müssen wir beachten, dass die Diskussion in der Zeit, worin Kästner sein Buch schrieb, natürlich doch interessant war. Das Wort Base stammt aus dem Mittelhochdeutschen und ist jetzt veraltet oder wird nur noch in Süddeutschland benutzt. Deshalb ist es vielleicht nicht wirklich relevant, diese Diskussion in einer Übersetzung wiederzugeben. Man muss 79 dabei beachten, dass man einen Teil der Eigenheit des ursprünglichen Buches verlieren kann. Man naturalisiert sozusagen wieder einen Teil des Buches. Beim Übersetzen oder eben beim nicht-Übersetzen dieser Passage kann man sich, jedenfalls als Untersucher, in die Gedanken der Übersetzerinnen hineinversetzen. Diese eigene Ausfüllung der Ausgangspassage steht aber zur Diskussion, da gefragt werden kann, inwieweit so etwas notwendig ist. Beispiel 2: AT Seite 36: 'Also los, Frau Tischbein! Aber, dass Sie es nur wissen, den Koffer trage ich selber!' Ü1 Seite 44: 'Vooruit dan maar, Mevrouw Tafelpoot! Maar als je maar weet, dat ik de koffer zelf draag!' Ü2 Seite 35: 'Kom, mevrouw Tafelbeen! Maar mijn koffer draag ik zelf, als u dat maar weet!' Schon wieder gibt es bemerkenswerte Unterschiede in den beiden Übersetzungen: Das Auffällige liegt vor allem in der Tatsache, dass die Übersetzerin der ältesten Übersetzung eine interessante Mischung aus der quasi-formellen Anrede von Emil zu seiner Mutter herstellt. Zuerst gibt es da die formelle Anrede mevrouw Tafelpoot. Diese Anrede wird aber teilweise durch das Wörtchen je zunichte getan. Es ist doch eher anzunehmen, dass Emil 'u' zu seiner Mutter gesagt hat. Er steht nämlich als netter, gehorchender Bursche bekannt, der seiner Mutter Ehrfurcht bezeigt. Das Quasi-formelle von Emils Anrede wird schon wegen des Wortes also los und der Übersetzung davon: kom, oder vooruit dan maar, gezeigt. Die formelle Anrede, die Sie-Form, hätte dann besser bestehen bleiben können. Vor allem wenn man beachtet, dass in der Zeit der ältesten Übersetzung den Respekt von Kindern zu ihren Eltern vermutlich größer war und es daher logischer ist, dass sie ihre Eltern des Respektes wegen gesiezt haben. Kinder im Alter von zehn Jahren sind schon einigermaßen imstande, formelle und informelle Anreden zu unterscheiden. Deshalb können wir hier behaupten, dass die Übersetzerin der älteren Übersetzung ziemlich informell ist, vor allem wegen dem Wörtchen je im Text. Die andere Übersetzerin bleibt formell, da sie u benutzt und also die formelle Seite des Ausdrucks betont. Beispiel 3: AT Seite 42: 'Meine Herrschaften...' Ü1 Seite 50: 'Dames en heren...' Ü2 Seite 41: 'Allemaal...' 80 Der Unterschied befindet sich hier auf dem formellen Niveau. Das Wort Herrschaften, wovon es im Deutschen nur eine Pluralform gibt, bedeutet dames en heren, und passt zu der Art und Weise, worauf Emil sich verhaltet. Er ist nett zu unbekannten Leuten, kann aber zu seinen Freunden sehr informell sein. Das Leserpublikum kann hier gut nachvollziehen, dass es sich hier um eine für Emil unbekannte Gesellschaft handelt. Er befindet sich nämlich in einem Zugabteil, und deshalb ist es logisch, dass er die Passagiere mit Herrschaften anspricht. Die Übersetzerin der neueren Übersetzung übersetzt hier zu frei mit dem Wort allemaal, das einerseits sehr viel allgemeiner ist und sich andererseits auch auf einem anderen Niveau befindet. Es ist eher informell. Wir können beinahe schließen, dass dies nicht die Intention des ursprünglichen Autors war. Trotzdem müssen wir auch beachten, wie Kinder in der heutigen Zeit eine für sie unbekannte Gesellschaft begrüßen würden. Auch das kann nicht ohnehin eindeutig klar werden, da die heutigen Erziehungsstile sehr unterschiedlich sind. Wenn wir das Wort allemaal aus dieser Perspektive betrachten, ist die Wahl der Übersetzerin vorsichtig und deshalb so verallgemeinernd, da Kinder in der heutigen Zeit nicht alle so formell mehr sind. Das war vermutlich in den Dreißigern anders, da waren Kinder eher formell und deshalb passt in der älteren Übersetzung das Dames en heren sehr gut, da es genau so formell ist wie Meine Herrschaften. Die Übersetzerin der älteren Übersetzung befindet sich auf dem gleichen formellen Niveau wie den Autor des Ausgangstextes, im Gegensatz zur neueren Übersetzerin. Beispiel 4: AT Seite 107: 'Du hast gut reden, Mensch', entgegnete Gustav. 'Wir können doch nicht einfach zu dem Portier laufen und sagen: 'Hörnse mal, wird sind so frei und setzen uns auf die Treppe'. Ü1 Seite 113: 'Jij hebt goed praten, jô', antwoordde Gustaaf. 'We kunnen toch niet zo maar naar dien portier gaan en zeggen: 'Hoort U eens even, we zijn maar zo vrij om op de trap te gaan zitten'. Ü2 Seite 99: 'Jij hebt makkelijk praten, man', antwoordde Gustaaf. 'We kunnen toch niet gewoon naar de portier lopen en zeggen: 'Hoor eens, we zijn zo vrij om op de trap te gaan zitten'. Es geht uns hier um die Übersetzung von Hörnse mal, eine verkürzte oder jugendsprachliche Form von Hören Sie mal. In der ältesten Übersetzung fällt das Element der Jugendsprache ganz weg, da hier mit dem sehr formellen Hoort U eens even übersetzt wird. Wie wir schon eher haben sehen können, ändert diese sehr formelle Übersetzung in den Augen des 81 Leserpublikums vermutlich die Protagonisten in Emil und die Detektive. Es geht um junge Leute, die zusammen sind, die sich in einer Gruppe befinden, worin alle sich Geltung verschaffen wollen, und deshalb ist die Chance, dass sie sehr anständig und höflich sind, sehr klein. Darum verwendet Kästner auch das Hörnse mal. In der zweiten Übersetzung verschwindet jedenfalls die formelle Anrede U. Wir lesen hoor eens, was eigentlich noch immer nicht unbedingt auf einen jugendsprachlichen Ausdruck hinweist. Wir sehen, dass beide Übersetzerinnen Schwierigkeiten haben, diesen Dialekt und diesen Ausdruck der Jugendsprache angemessen zu übersetzen. Eine dritte, vielleicht sogar bessere Möglichkeit wäre eine Übersetzung mit Hoor eens ff. Vor allem wegen der Hinzufügung des Elementes ff, würde die Jugendsprache ausgeprägt sichtbar gewesen sein. Ein Versagen der Übersetzerinnen? Beispiel 5: AT Seite 129: Der Herr Depositenkassenvorsteher stürzte zornig aus seinem Zimmer. Ü1 Seite 135: En de directeur kwam nijdig zijn kamer uitlopen. Ü2 Seite 120: De directeur van de bank kwam woedend zijn kamer uit gestormd. In diesem Beispiel beschränken wir uns in der Analyse nur auf das Wort (und die Übersetzung des Wortes) Depositenkassenvorsteher, wiewohl es auch sonstige interessante Elemente gibt, zum Beispiel die Unterschiede zwischen nijdig und woedend einerseits und uitlopen und gestormd andererseits. Eine Analyse dieser Elemente würde den Rahmen dieser Untersuchung aber sprengen, weshalb wir uns auf obenstehendes Wort konzentrieren. Eine Depositenkasse ist eine depositobank, wobei deposito in bewaring geven bedeutet. Auf die Welt der Banken bezogen, heißt es, dass man sein Geld bei einer Bank hinterlegt. Beide Übersetzer haben das Präfix Depositen nicht übersetzt, vermutlich da die Bedeutung dieses Wortes für Kinder sehr schwierig nachvollziehbar ist. Sie wissen schon was eine Bank ist, aber eine depositobank ist für sie eher unbekannt. Deshalb ist es eine gute Übersetzungsentscheidung gewesen, diesen Teil des Begriffes verschwinden zu lassen. Beide Übersetzerinnen haben hier naturalisierend übersetzt, wodurch beim Leserpublikum kein befremdender Effekt entsteht. Beispiel 6: AT Seite 121: 'Ich hab doch einen Zeugen! Er heißt Frau Jakob aus Groß-Grünau'. Ü1 Seite 136: 'Ik heb wel een getuige! Ze heet Mevrouw Jacobs en komt uit Groß-Grünau'. 82 Ü2 Seite 121: 'Ik heb wel een getuige! Mevrouw Jacobs uit Groß-Grünau'. Hier geht es vor allem um die Tatsache, dass der Artikel von Zeuge männlich ist, wodurch ein komischer Satz entsteht. Es könnte für das Leserpublikum, wenn zu wortwörtlich übersetzt wurde, sein, als stünde da, dass Frau Jacobs männlich sei. Deshalb haben beide Übersetzerinnen das Personalpronomen er mit ze übersetzt oder das ganze Problem des Personalpronomen in der Übersetzung einfach vermieden. Die Übersetzerinnen vermeiden eine fremde Kombination eines männlichen Pronomens und einer weiblichen Person. Beide Beispiele sind naturalisierend, da ein typisch deutsches, sprachliches Phänomen erkannt und an die sprachliche Normen und Regel der niederländischen Sprache angepasst wurde. Beispiel 7: AT Seite 99: (...) lachten über die komische Herrenpartie Ü1 Seite 105: (...) lachten om die komieke herenpartij Ü2 Seite 92: (...) lachten om het vreemde groepje passagiers Das Problem mit dem Wort herenpartij, das wir in der älteren Übersetzung antreffen, ist dass es ein unübliches Wort ist. Es hat heutzutage noch die Bedeutung eines Wettkampfes zwischen Herren, beispielsweise im Tennisspiel, oder die Bedeutung einer Sammlung für Herren geeignete Kleidung. Wenn man jedoch die zwei Teile des Wortes auseinanderzerrt, bekommt man heren und partij. Das mit heren die Jungs, die Berliner Jugendbande gemeint sind, ist für Kinder vermutlich noch nachzuvollziehen. Das mit dem Wort partij ein Fest oder ein Feier gemeint ist, liegt vielleicht weniger nahe, wiewohl wir auch hier wieder auf die Epoche des Erscheinens der Übersetzungen achten müssen. Früher war das Wort partij mit der Bedeutung Fest oder Feier üblicher und somit können wir argumentieren, dass das Wort in den Dreißigern bekannter war. Zum Schluss können wir bezüglich dieser Übersetzung noch sagen, dass sie sehr wortwörtlich ist. Dies führt in einem Fall zu einem Bedeutungsunterschied zwischen den beiden Übersetzungen. Dieser Unterschied liegt im deutschen Wort komisch, das mehrere Konnotationen hat. Einerseits kann es, wie wir in der ersten Übersetzung sehen, komiek oder lachwekkend bedeuten, andererseits kann es, wie wir in der zweiten Übersetzung sehen, vreemd oder eigenaardig bedeuten. Entscheidend ist in solchen Fällen der Kontext. In unserem Beispiel befinden sich einige Jungen in einem Taxi, das ein anderes Taxi verfolgt mit darin Herrn Grundeis, dem Täter. Bestimmte Leute auf den Fußweg bleiben stehen, und lachen über die Jungen. Jetzt können wir annehmen, dass die 83 Leute sowohl über eine komieke herenpartij wie über ein vreemd groepje passagiers lachen können. Aus dem Kontext kann in diesem Fall nicht eine der zwei Bedeutungen verschwinden. Beide Übersetzerinnen haben eine gute Übersetzungsentscheidung getroffen, wiewohl vreemd auch eine negative Konnotation haben kann, im Gegensatz zu komiek, dass eher in Beziehung zu Clowns und sonstigen komischen Leuten vorkommt. In der neueren Übersetzung wird verallgemeinernder übersetzt, da die Herren nicht mehr erwähnt werden, sondern nur eine Gruppe Passagiere. Diese Entscheidung ist aber komisch, da Schippers (die Übersetzerin der zweiten Übersetzung) statt passagiers auch jongens verwenden konnte, um damit näher am Ausgangstext zu bleiben. Natürlich ist passagiers nicht unbedingt falsch, es hätte aber auch eine konkretere Lösung gegeben. Die Übersetzerin dieser neueren Übersetzung verallgemeinert unnötig mittels des Wortes passagiers. Die andere Übersetzerin verwendet herenpartij, ein Wort das in der damaligen Zeit vermutlich noch einen üblichen Begriff war, und sie vermeidet das verallgemeinernde Wort passagiers. Sie erhebt die Jungen sogar von Jungen zu Herren. 7.6.2. Schlussfolgerung Was können wir bezüglich dieses Beispielclusters zu den Übersetzungsstrategien und lösungen der beiden Übersetzerinnen aussagen? In der ältesten Übersetzung sehen wir, dass die Übersetzerin vor allem naturalisierend übersetzt hat, mit einer Ausnahme, nämlich das Beispiel zur komieke herenpartij, worin wortwörtlich übersetzt ist. Die Übersetzerin bleibt hier also wieder unsichtbar, wiewohl das letzte Beispiel die Ausnahme ist und eher ein Beispiel der negativen Sichtbarkeit ist. Wir haben gesehen, dass dies zu einer ziemlich befremdenden Übersetzung führte. Die Strategie der Übersetzerin sehen wir auch darin, dass die Frage ob man Base oder Kusine sagen muss, überhaupt keine Rolle spielt. Sie lässt diese Frage einfach weg, ohne auch nur eine Alternative zu bieten. Die zweite Übersetzerin bietet eine Alternative, wobei es die Frage ist, ob dies im Text einen Zweck erfüllt und ob das Leserpublikum diese Frage versteht. Insoweit dies nicht der Fall ist, können wir zu diesem Beispiel sagen, dass diese Übersetzerin eher exotisierend übersetzt hat. Bezüglich der Übersetzungslösungen dieser Übersetzerin können wir feststellen, dass nicht bei allen Beispielen eine einheitliche Strategie gefolgt wurde und das vor allem naturalisierend übersetzt wurde. Die Übersetzerin bleibt also unsichtbar, jedoch positiv, da keine falschen oder schwer verständlichen Übersetzungen vorkommen. Die uneinheitliche Strategie zeigt sich darin, dass Beispiel 3 sehr viel allgemeiner übersetzt wurde wie die gleiche Phrase im Ausgangstext, während in Beispiel 4 die Jugendsprache verschwunden ist. 84 Dahingegen ist im zweiten Beispiel die formelle Anrede von Emil übernommen, ohne das dort auf einmal eine je-Form entstand, wie in der ersten Übersetzung. Eine allgemeine Strategie hinsichtlich dieses Aspektes der Übersetzungen kann bei beiden Übersetzerinnen nicht gegeben werden. Dazu sind die Unterschiede in den Beispielen zu groß und zu abwechselnd. Zu der initial norm kann bei der ältesten Übersetzerin festgestellt werden, dass sie sowohl adäquat wie akzeptabel übersetzt hat. Das erste Beispiel und auch das sechste Beispiel zeigen die akzeptable Übersetzungsstrategie, wohingegen das siebte Beispiel eher die adäquate Strategie zeigt, die nicht unmittelbar zu einer guten Übersetzung führt. Bei der neuesten Übersetzerin kann festgestellt werden, dass sie vor allem eine akzeptable Übersetzungsstrategie angewendet hat, mit als Ausnahme das erste Beispiel. 7.7. Wiederholung Zuletzt besprechen wir die Wiederholung, die in Jugendbüchern sehr wichtig ist, und die viele Kinder lieben, wie wir bei O'Sullivan gesehen haben (Kapitel 3). Er behauptet, Wiederholung sei ein typisches Charakteristikum oraler Kommunikation (O'Sullivan 2000:210) und deshalb bedeutungsvoll. 7.7.1. Beispiele Beispiel 1: AT Seite 41: Die Mutter reichte ihm die Blumen und das Stullenpaket nach und fragte, ob er Platz hätte. Er nickte. 'Also, Friedrichsstraße aussteigen!' Er nickte. 'Und die Großmutter wartet am Blumenkiosk'. Er nickte. 'Und benimm dich, du Schurke!' Er nickte. 'Und sei nett zu Pony Hütchen. Ihr werdet euch gar nicht mehr kennen'. Er nickte. Ü1 Seite 48-49: Moeder gaf hem de bloemen en het pakje brood aan en vroeg, of er plaats voor hem was. Hij knikte. 'Dus, Friedrichstraat uitstappen!' 85 Hij knikte. 'En grootmoeder wacht op je bij het bloemenstalletje'. Hij knikte. 'En gedraag je behoorlijk, geboefte!' Hij knikte. 'En wees aardig voor Pony Hoedje. Jullie kennen mekaar vast niet meer'. Hij knikte. Ü2 Seite 39: Zijn moeder gaf hem de bloemen en het pakje boterhammen aan en vroeg of hij een zitplaats had. Hij knikte. 'Dus: uitstappen op station Friedrichstraat!' Hij knikte. 'En oma wacht bij het bloemenstalletje'. Hij knikte. 'En gedraag je een beetje, boef!' Hij knikte. 'En wees aardig tegen Pony Hoedje. Jullie zullen elkaar wel niet meer herkennen'. Hij knikte. Die Länge dieses Beispiels zeigt sehr gut und schön, wie Kästner mit der Wiederholung umgegangen ist. Fünfmal kommt er nickte zurück, fünfmal gibt es in dieser Passage die bei Kindern so geliebte Wiederholung. Das Beispiel zeigt auch, dass beide Übersetzerinnen diese Wiederholung, mehr oder weniger bewusst, übernommen haben. Es gibt sogar eine gleiche Übersetzung dieser Wiederholung bei beiden Übersetzerinnen. Beispiel 2: AT Seite 48: Er kniff und kniff sich... Ü1 Seite 56: Hij kneep en kneep... Ü2 Seite 46: Hij kneep de hele tijd... Beispiel 3: AT Seite 50: Er zog und zog... Ü1 Seite 57: Hij trok en trok... Ü2 Seite 48: Hij trok en trok... 86 Die Beispiele 2 und 3 werden zusammen besprochen, da sie besondere Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten aufweisen. Laut O'Sullivan kann man Wiederholung als Element eines Ausgangstextes in der Übersetzung nicht einfach weglassen, es sei denn, man finde dazu gute Gründe. Das Auffällige in den Übersetzungen ist, dass Wiederholung im Ausgangstext fast immer mit Wiederholung im Zieltext übersetzt wird. Es gibt aber eine Ausnahme, nämlich in Beispiel 2 die Lösung der zweiten Übersetzung. Dort wird statt kneep en kneep, wie das schon in der älteren Übersetzung verwendet wird, kneep de hele tijd verwendet. Auch im Vergleich zum zweiten Beispiel ist dies komisch, da die Übersetzerin der neueren Übersetzung dann doch die Wiederholung aufrechterhält. Schon wieder finden wir hier also keine einheitliche Übersetzungsstrategie vor, aber eher eine sich immer wechselnde. In diesem Fall hätte sehr einfach die Wiederholung behalten werden können, in beiden Beispielen, an allen genannten Stellen. Beispiel 4: AT Seite 115: 'Ich schleiche ins Hotel, sehe den Boy rumstehn und mache Winkewinke'. Ü1 Seite 121: 'Ik sluip het hotel binnen, zie den boy staan en geef hem een seintje'. Ü2 Seite 107: 'Ik sluip het hotel in, zie de piccolo staan en wenk hem'. Wie wir schon mehrfach gesehen haben, spielt Wiederholung sowohl innerhalb der allgemeinen Kinder- und Jugendliteratur als auch innerhalb Emil und die Detektive eine wichtige Rolle. In diesem Beispiel treffen wir einen Ausdruck an, die aus zwei gleichen Wortteilen besteht, die also eine Wiederholung enthält. Wir sehen diese Wiederholung in keiner der beiden Übersetzungen zurück. Beide Übersetzerinnen wählen hier sogar eine formellere Lösung, jedenfalls formeller im Vergleich zum Ausgangstext. Da es hier neben der Wiederholung auch noch um ein Beispiel aus der Jugendsprache geht, ist das schade. Die Jugendsprache wird in diesem Beispiel also vernachlässigt, da eine Lösung, die mehr im Rahmen der Sprache liegen würde, doch ziemlich einfach zu finden wäre. Die niederländische Jugend benutzt nämlich manchmal die Phrase doe maar zwaai zwaai, die ungefähr die gleiche Bedeutung als die Phrase im Ausgangstext hat. Ein wichtiges, sprachliches Element des Ausgangstextes kommt in beiden Übersetzungen also leider nicht zurück Beispiel 5: AT Seite 166: 'Aber er [Dienstag] blieb zu Hause, weil er das einmal übernommen hatte, jawohl, weil er das einmal übernommen hatte'. 87 Ü1 Seite 171: 'Maar hij bleef thuis, omdat hij dat nu eenmaal op zich genomen had, jawel, omdat hij dat nu eenmaal op zich genomen had'. Ü2 Seite 153: 'Maar hij is thuisgebleven omdat hij dat nu eenmaal op zich had genomen, ja, omdat hij dat nu eenmaal op zich had genomen'. Auch hier halten die Übersetzerinnen die Wiederholung aufrecht und auch hier übersetzen sie fast gleich, nur die Reihenfolge der Verben ist eine andere. Dieser Unterschied der Reihenfolge ist aber nicht nennenswert, da beide Reihenfolgen in den Niederlanden geläufig sind und eigentlich auch nicht zu behaupten ist, dass eine üblicher ist oder mehr verwendet wird. 7.7.2. Schlussfolgerung Wir können uns fragen, ob die beiden Übersetzerinnen sich während des Übersetzens der Wichtigkeit der Wiederholung bewusst waren. In manchen Fällen, worin ein Satz wiederholt wird, machen beide Übersetzerinnen dies auch. Die Frage ist, ob es eine Gewohnheit ist um zu übersetzen was im Text steht, oder ob sie die Wiederholung als Tatsache an sich eingesehen haben. In einigen Beispielen verschwindet sogar bei beiden Übersetzerinnen die Wiederholung. Daran kann man sehen, dass sie entweder die Wichtigkeit nicht gesehen haben, oder dass sie nicht wissen, wie die Wiederholung zutreffend und angemessen übersetzt werden kann (sehe vor allem Beispiel 4). Beide Übersetzerinnen benutzen wieder eine naturalisierende Übersetzungsstrategie, bleiben diesbezüglich unsichtbar (siehe Venuti), aber wegen ihrer Wahlen kann auch behauptet werden, dass sie sichtbar werden, auch wenn sie nicht exotisieren. Diese Sichtbarkeit könnte man als negativ beschreiben, da die Bedeutung der Wiederholung in einigen untersuchten Fällen unterschätzt wurde. Zur initial norm können wir sagen, dass bei beiden Übersetzerinnen keine eindeutige Übersetzungsstrategie festgestellt werden kann, die Beispiele sind nämlich sowohl adäquat als auch akzeptabel übersetzt. 88 8. Allgemeine Schlussfolgerung In diesem letzten Kapitel beantworten wir die Hauptfrage unserer Untersuchung. Dazu fassen wir die Ergebnisse der im siebten Kapitel ausgeführten Analyse zusammen und schauen wir, wie die allgemeinen Übersetzungsstrategien und -lösungen der Übersetzerinnen ausgesehen haben und was ihre Wirkung auf das gesamte Buch ist. Im letzten Abschnitt des Kapitels besprechen wir einige weiterführende Forschungsthemen zu diesem selben Jugendroman. 8.1. Beantwortung der Forschungsfrage Unsere Forschungsfrage, die wir am Anfang der Arbeit aufgestellt haben, lautet: Wie sichtbar oder unsichtbar sind die Übersetzer in zwei niederländischen Übersetzungen von Emil und die Detektive und werden die Übersetzungen durch diese (Un-)Sichtbarkeit positiv oder negativ beeinflusst? Wir haben gesehen, wie schwierig es ist, um die Begriffe Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit mit dem Auge auf die Übersetzerwelt zu definieren. Die Wörterbuchdefinitionen reichten nicht aus und auch mithilfe einiger Gedanken von Sprachwissenschaftlern konnte eine völlig umfassende Definition kaum gegeben werden. Anhand der Theorie von Venuti und Oittinen konnte jedoch skizziert werden, wie mit beiden Begriffen umzugehen sei und wie diese Begriffe auch für unsere Untersuchung eine klare und nachvollziehbare Rolle spielen würden. Neben den Begriffen stand auch die Rezeptionsfähigkeit eines Kindes im Alter von 10 Jahren im Mittelpunkt, oder kurz gesagt: das Leserpublikum. Wir haben einige Typologien besprochen mit Elementen, die für Kinder in einem Kinderbuch wichtig sind. Diese Elemente kamen teilweise auch in unseren Beispielen zurück. In diesen Beispielen stand nämlich das Übersetzen von Namen, von der Jugendsprache, von Normen und Werten, von sozio-kulturellen Elementen, von Formalität und Formlosigkeit und von Wiederholung zentral. Aus der Analyse unserer Beispiele kann jetzt gefolgert werden wie die Strategien der Übersetzerinnen ausgesehen haben, wie einheitlich oder uneinheitlich sie sind, welche Übersetzungslösungen es in bestimmten Fällen gegeben hat und, in manchen Fällen, warum die Übersetzerinnen bestimmte Entscheidungen getroffen haben. Hier kann also auf die initial norm von Gideon Toury zurückgekommen werden (sehe Abschnitt 5.1.). Diese initial norm ist laut Toury die allgemeine Übersetzungsentscheidung des Übersetzers, die zu einer eher akzeptablen Übersetzung einerseits, und zu einer eher adäquaten 89 Übersetzung andererseits führen. Schwerpunkt der Entscheidungen liegt jeweils auf die Norme und Werten der Zielkultur und auf die der Ausgangskultur. Was können wir hinsichtlich unserer Übersetzerinnen über diese Norm aussagen? Die älteste Übersetzerin hat sich in den meisten Fällen für die Norm der Akzeptabilität entschieden. Dies konnten wir zum Beispiel wegen der Hinzufügung einiger Fußnoten bemerken, worin erklärende Informationen gegeben wurden und wodurch ihre ohnehin schon naturalisierende Übersetzungsstrategie auch ausgeprägt wurde. Sie versucht mittels dieser Fußnoten so viel wie möglich beim Leserpublikum anzuschließen, wobei wir uns fragten, ob dies dazu den richtigen Weg war. Wenn wir uns auf die ausführlich besprochene Theorie von Venuti beziehen, können wir feststellen, dass diese Übersetzerin in ihren naturalisierenden Übersetzungslösungen unsichtbar bleibt (wir können das auch, nach Venuti, domestication nennen). Damit ist jedoch nicht alles gesagt. Wir haben nämlich außerdem gesehen, dass es, vielleicht überraschenderweise, einige exotisierende Übersetzungsstrategien gegeben hat. Dafür weisen wir auf einige in den Abschnitten 7.3. und 7.5. gegebene Beispiele. Diese exotisierenden Elemente können, wie wir gesehen haben, eine befremdende Auswirkung auf das Leserpublikum haben, wovon es die Frage ist, ob das gewollt ist und ob das sein muss. In Kapitel 3 haben wir uns mit der Rezeptionsfähigkeit des Kindes und mit geeigneten Elementen in Kinderbüchern auseinandergesetzt, woraus geschlossen werden kann, dass Kinder lieber keine befremdenden Elemente im Buch begegnen möchten. Darum können wir behaupten, dass wegen der nur teilweise exotisierenden Übersetzungsstrategie die Übersetzerin zwar sichtbar wird, aber diese Sichtbarkeit kann man in den meisten zutreffenden Fällen als negativ beschreiben. Natürlich können wir nicht direkt sagen, dass durch einige negativ sichtbare, übersetzte Elemente die ganze Übersetzung negativ beeinflusst wird, obwohl diese Elemente doch einen eher geringen Einfluss auf dem betreffenden Teil der Übersetzung ausüben können. Sie können nämlich das Leserpublikum in ihrer Leseerfahrung und bei ihren Leseintentionen verstören, was im extremsten Fall zu einer vollkommen negative Leseerfahrung führen könnte. Wenn wir uns noch kurz auf die in Kapitel 3 beschriebenen Typologien der Merkmale von Kinderliteratur beziehen und dies beispielsweise mit Abschnitt 7.4. in Verbindung setzen, dann sehen wir in der älteren Übersetzung, dass die Formalität, vor allem auf sprachlichem Niveau, eine große Rolle gespielt hat. Diese diesbezüglichen jugendsprachlichen Elemente, die vor allem in der Frage nach Formalität und Formlosigkeit nach vorne kommen, 90 verschwinden in der alten Übersetzung oft oder werden sehr formell übersetzt. Gründe dafür könnten kulturelle Unterschiede auf dem Gebiet der Normen und Werte gewesen sein. Vergleichbares kann über die für Kinder so wichtige Wiederholung (7.7.) gesagt werden. Zum Schluss müssen wir auch beachten, dass wir aus einer modernen Perspektive hinaus auf diese Übersetzung schauen. Wir können nicht völlig nachvollziehen, welchen Einfluss die Übersetzungsentscheidungen und -lösungen der Übersetzerin in der früheren Zeit (1937) auf das Leserpublikum gehabt haben. Eine Antwort auf die Frage nach dem Grad der Sichtbarkeit oder Unsichtbarkeit der ältesten Übersetzerin kann in Anbetracht der obenstehenden Schlussfolgerungen nur global gegeben, da die gezeigten Beispiele nur einen Teil der Übersetzungslösungen beinhalten. Anhand unserer Beispiele können wir jedoch sagen, dass die Übersetzerin im Allgemeinen viel mehr sichtbar als unsichtbar ist. In unserer Untersuchung stand aber nicht nur die Übersetzung aus dem Jahre 1937 im Mittelpunkt, sondern auch die neueste Übersetzung, aus dem Jahre 2008. Was können wir zur Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit dieser Übersetzerin aussagen? Wie wir in der Analyse im 7. Kapitel gesehen haben, ist auch ihre Übersetzungsstrategie größtenteils naturalisierend, wiewohl sie bei der Übersetzung von Straßennamen exotisierend übersetzt, und zwar ohne Fußnoten. Schlussfolgernd kann auch hier keine eindeutige Übersetzungsstrategie festgestellt werden, obwohl der größte Teil der Übersetzung naturalisierend ist, was deutet auf die Sichtbarkeit der Übersetzerin. Wir müssen aber betonen, dass die Übersetzungslösungen dieser Übersetzerin im Vergleich zu denen der älteren Übersetzerin viele Unterschiede aufweisen. Obwohl beide also eine eher naturalisierende Strategie verwendet haben, kann zum Beispiel mit dem Auge auf die Beispiele der Jugendsprache und der Normen und Werte gesagt werden, dass die neue Übersetzung besser ist. Besser, weil der Jugendsprache mehr Aufmerksamkeit gewidmet ist, was man vor allem an Beispiel 9 und an Beispiel 11 in Abschnitt 7.3.2 sehr gut merken kann, da dort die Jugendsprache angemessener und mehr auf die Jugend, auf die Jungen konzentriert ist. Hinsichtlich der initial norm können wir folgern, dass die Wahl vor Anfang des Übersetzens, bewusst oder unbewusst, der Akzeptabilität gegolten hat, wobei aber einige exotisierende Elemente nicht gescheut wurden. Da es sich um wenige Beispiele handelte, für soweit untersucht wurde, können wir also beschränkt von der Unsichtbarkeit der Übersetzerin sprechen (nach Venuti). 91 Es ist schwierig, um völlig objektiv über die beiden Übersetzungen zu sprechen, da wir uns jetzt in einer modernen Zeit befinden, was positiv für die zweite Übersetzung sprechen könnte. Trotzdem können wir sagen, dass beispielsweise der Umgang der Übersetzerin mit der im Jugendroman vielfach vorkommenden Jugendsprache sehr gut ist. Gut, da nicht zu wortwörtlich übersetzt wurde, was in manchen Fällen auch tatsächlich zu einer besseren Übersetzung führte (sehe das Beispiel Du grüner Junge), und gut, da in einzelnen Fällen englische Wörter oder Elemente eingebracht wurden. Englisch wird immer mehr zur Weltsprache und nimmt vor allem in der Jugendsprache eine große, sogar noch zunehmende Rolle ein. Trotzdem können wir uns fragen, ob diese englische Elemente in einer Übersetzung aus dem Deutschen gehören, da Elemente der Ausgangssprache jetzt verschwinden und man es als Nachlässigkeit der Übersetzerin sehen konnte, wenn das passiert. Ein negatives Element können wir aber auch in dieser Übersetzung feststellen, und zwar die Inkonsequenz beim Übersetzen der Wiederholung, wie Abschnitt 7.7.2 zeigt. Zum Schluss unserer Analyse können wir sagen, dass auch diese Übersetzerin in ihrer Übersetzung vor allem sichtbar ist, obwohl wegen ihrer manchmal doch exotisierenden Übersetzungsstrategie auch nach vorne kommt, dass sie unsichtbar ist. Wie auch bei der ersten Übersetzerin kann hier also keine eindeutige Antwort auf die Hauptfrage gegeben werden, wiewohl in beiden Fällen also überwiegend die Sichtbarkeit zutage tritt. Diese Sichtbarkeit hat aber in der zweiten Übersetzung eine eher positive Auswirkung auf den Gesamttext, da die Übersetzerin sprachlich kreativer ist. Das macht den Text, die Übersetzung, leichter zu lesen und vielleicht auch für Kinder anziehender. 8.2. Weiterführende Forschungsthemen Zum Schluss unserer Forschung listen wir einige weitere Forschungsthemen auf, die im Rahmen der (allgemeinen) Kinderliteratur sicher auch interessant sind. Wir beziehen uns hier vor allem auf weitere Forschung rund Erich Kästners Emil und die Detektive, aber diese Vorschläge könnten genauso gut auf andere Kinderbücher angewandt werden. 1. Eine sprachliche Forschung verschiedener niederländischen Versionen von Emil und die Detektive. In unserer Forschung stand die Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit des Übersetzers im Mittelpunkt. Natürlich wurde der Sprache auch Aufmerksamkeit gewidmet, aber nur seitlich. Eine Untersuchung nach sprachlichen Elementen könnte daraus bestehen, dass zwei oder drei niederländische Versionen hinzugezogen wurden, worin grammatikalische, syntaktische, 92 semantische oder sonstige sprachliche Besonderheiten, Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzuweisen sind. So kann die niederländische Sprache über einen Zeitraum von vielleicht 100 Jahren detailliert untersucht werden. Natürlich müssen diese Elemente mit der deutschen Sprache des Originaltextes verglichen werden. Ziel einer solchen Forschung ist das Gewinnen einer sprachlichen Entwicklung des Niederländischen, konzentriert auf Jugendbücher in der Übersetzung. Die Forschung muss mit einem theoretischen Teil zur Geschichte der niederländischen Sprache und zur niederländischen Sprache in der modernen Zeit verbunden sein. 2. Eine praktische Forschung, zum Beispiel eine Umfrage unter Jugendlichen, die das Buch gelesen haben. Voraussetzung ist, dass diese Gruppe Jugendliche sowohl die deutsche als auch die niederländische Sprache beherrscht. Eine Gruppe Jugendliche kann in mehreren verschiedenen Grüppchen unterverteilt werden. Eine Gruppe vergleicht das Original von Emil mit der ältesten Übersetzung, eine zweite Gruppe vergleicht das Original mit einer neueren Übersetzung, usw. Dieser Vergleich kann dann, mit einer Erklärung des Dozenten oder des Forschungsleiters, auf sprachliche Ebenen oder auf syntaktische oder semantische, aber auch auf kognitive oder moralische Ebenen des Buches und der Übersetzungen bezogen werden. Eine absonderliche Gruppe kann sich mit einer absonderlichen Ebene beschäftigen. Natürlich muss den Schülern deutlich und einsichtig erklärt werden, wie die Forschung gestaltet werden muss und wie ihr Beitrag aussehen sollte. 93 9. Literaturliste Bücher Aguilera, E.C. 2008. The Translation of Proper Names in Children's Literature. University of Granada, Spain. Bobulova, I. et al. 2003. 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