Landwirtschaft - Törpiner Forum eV

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SCHRIFTENREIHE DES TÖRPINER FORUMS E.V.
Landwirtschaft
Zur Geschichte Vorpommerns
Herausgeber
Helmut G. Pratzel
Unter Mitarbeit von
Ulrich Michael, Kurt Fischer, Kornelia Böttcher,
Gabriele Schwertfeger, Renate Deage, Karin Hinz
1
Herausgeber:
Univ.-Prof. Dr. Dr. Helmut G. Pratzel
Törpiner Forums e.V.
Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt:
I.S.M.H. Verlag
Törpin 13, D-17111 Sarow,
Tel. +49 (0) 39996 70135
Fax +49 (0) 39996 70137
Druck: I.S.M.H. Verlag
Alle Rechte, wie Nachdruck, Vervielfältigungen jeder Art, Vortrag, Funk, Tonträger- und Fernsehsendungen sowie Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, auch
auszugsweise, behält sich der Verlag vor.
© Copyright 2010 by I.S.M.H. Verlag
1. Auflage Januar 2010
1
Inhaltsverzeichnis
Die Landwirtschaft nach 1945 ......................................................... 3
Die Bodenreform .......................................................................... 3
Die Bodenreform in Ganschendorf und Sarow ............................ 4
Die Bodenreform in Gehmkow .................................................... 6
Bodenreform in Törpin................................................................. 8
Bauernhöfe werden zu Ruinen ..................................................... 9
Kollektivierung der Landwirtschaft „Sozialistischer Frühling“ . 11
Gehmkow ................................................................................... 12
Ganschendorf und Sarow ........................................................... 13
Törpin ......................................................................................... 15
Die Landwirtschaft in den 60er Jahren bis heute ........................... 16
Ganschendorf ............................................................................. 16
Landwirtschaft in Ganschendorf ab 1960 .................................. 17
Die Bodenreform in Törpin ........................................................ 29
Das Jahr 1966! ............................................................................ 34
Aus dem Tagebuch eines Genossenschaftsbauern ..................... 44
Wenn die Tiere versorgt sind, dann wird geackert..................... 46
Die Bauern und Güter in Ganschendorf und Sarow von 1844 bis
1939 ............................................................................................ 48
Die Strasse zwischen Ganschendorf und Gatschow .................. 53
Zur Arbeitsorganisation der Gemeinde Ganschendorf............... 54
Zeitabschnitt: 2. Weltkrieg 1939 bis sozialistischer Frühling 1960
.................................................................................................... 57
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Die Landwirtschaft nach 1945
Die Bodenreform
Am 2. September 1945 legte der Vorsitzende der KPD, Wilhelm
Pieck, auf einer Bauernversammlung in Kyritz/Brandenburg das Programm zur Durchführung der Bodenreform dar. Die Teilnehmer forderten in einer Entschließung die Aufteilung des Bodens der Großgrundbesitzer über 100 ha. Die Besitzer der Güter waren enteignet und
vertrieben worden .Kleinen Bauern, Landarbeitern und Kriegsvertriebenen sollte diesen Boden als ihr Eigentum übertragen werden. Wilhelm Pieck hatte die Losung verkündet „Junkerland in Bauernhand“.
Die Verordnungen gaben Auskunft über die Handhabung der Bodenreform. Ihre Durchführung selbst lag in den Händen des werktätigen
Volkes. Auch in den vorpommerschen Dörfern wurde die Bodenreform zur umfassenden Dorfbewegung. Viele Flüchtlinge hatten sich in
den Dörfern angesiedelt und auch die ehemaligen Tagelöhner verlangten nach eigenem Boden, um die Familien wieder ernähren zu können.
Es wurden Gemeindebodenkommissionen gebildet, die dafür zuständig waren, dass das Land ordnungsgemäß aufgeteilt wurde. Laut Verordnung waren folgende Personen berechtigt, Land zu erhalten:
1. Landarbeiter, die auf den enteigneten Gutshöfen als Deputaten
gearbeitet haben,
2. Flüchtlinge, die ihre Scholle und Existenz verloren hatten,
3. Frauen, die schon in der Landwirtschaft gearbeitet haben und auch
in der Lage waren, eine Siedlung selbst zu bewirtschaften. Es war
gleichgültig, ob ihre Männer aus der Gefangenschaft zurückgekehrt waren oder nicht.
4. Stand dann noch Siedlungsland zur Verfügung, konnten auch
ehemalige nominelle Mitgliedern der NSDAP, die sich in der Partei oder anderen Gliederungen nicht beteiligt haben, bei der
Vergabe von Siedlungsland Berücksichtigung finden.
Für das erhaltene Land (5 bis 10 ha je nach Bodenqualität) musste
jeder ein geringes Entgelt zahlen.
In diesem Zeitraum brauchten die Flüchtlinge zur Wiedereinrichtung
einer neuen Wirtschaft einen Wirtschaftsraum und etwas Stallplatz.
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Auf den Bauernhöfen und auf dem Gut wurde jede Möglichkeit genutzt, um bis zur Fertigstellung der ersten Siedlungshäuser eine Gelegenheit zu finden.
1947 begannen auch schon die ersten Bauarbeiten der Neubauernhöfe.
Es waren mehrere Baugruppen, die an den Häusern arbeiteten. Der
Befehl Nr. 209 der sowjetischen Militärverwaltung schrieb die Bauweise und die Finanzierung vor. Der Kostensatz war für die großen
Häuser 12 000 Mark und für den kleinen Typ 6 000 Mark. Die Finanzierung regelte man bei der Raiffeisenbank über langjährige Abzahlungskredite. Die Siedlungshäuser mussten außer mit Steinen und
Kies mit etwas Zement und Kalk errichtet werden. Für ein Gebäude
gab es nur bis 10 Zentner Zement auf Zuteilung. Die Mauersteine
konnten von Tutow geholt werden, sie stammten vom Abbruch der
Kasernen und Gebäude des Flugplatzes. Private Fuhrunternehmer und
auch die MAS (Maschinenausleihstation) sorgten für den Transport
der Baumaterialien.
Nach dem Zusammenbruch der Wirtschaft im Land, nach einem verlorenen Krieg, standen die Dörfer vor einem großen Abgrund. Die
sowjetische Militärverwaltung kannte die Gepflogenheiten des Landes
und der Dörfer nicht und so kam es oft zu Problemen, die dann von
beherzten Männern geklärt wurden. In den Dörfern bildeten sich Vereinigungen der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB). Besonders wichtig
war dies in den Dörfern, in denen Bauernhöfe und Güter über 100 ha
durch die Bodenreform besiedelt wurden.
Die Bodenreform in Ganschendorf und Sarow
Der Bodenkommission gehörten in Ganschendorf Karl Schumacher
als Vorsitzender, Karl Koß und Max Wilk an.
In Sarow wurden ähnliche Maßnahmen durchgeführt Der Vorstand
der Bodenkommission hatte die Regie über die Vermessungsarbeiten.
Das Vermessen selbst machten Herr Rohwedel vom Katasteramt und
Herr Deichmann als Architekt. Nach der Vermessung der Äcker, Wiesen und Waldflächen ermittelte eine Verlosung die Besitzer. Da die
hiesigen Waldflächen nicht ausreichten, konnten aus dem Kentzliner
und Grammentiner Wald noch Parzellen mit verlost werden. Auch
wurden in der Nähe der Dörfer Parzellen ausgemessen, die dann als
4
Baustellen dienten. Im Frühjahr 1946 erfolgte die Verlosung der
Ackerflächen, der Baustellen, der Gutswohnungen und Stallungen.
Hans Schröder hatte das erste fertige Haus in Ganschendorf, es konnte
1948 bezogen werden. Bis zur Fertigstellung der Wohn- und Stallgebäude der Neubauern wohnten im Dorf alle sehr beengt, Stallungen
stellten die alten Gutsgebäude in geteilter Form zur Verfügung. Pferde
und Zugochsen, Milchkühe und auch Maschinen konnten über die
VdgB in geringer Anzahl durch Verlosung erworben werden. Man
war nach den Entbehrungen des Krieges und der Flucht ein genügsames Volk geworden. Die Kriegsjahre und die Flucht aus ihrer Heimat
brachten viele Dorfbewohner um ihr Hab und Gut. Unter anderem war
auch die Bekleidung sehr dürftig. Wäsche und Kleidung konnte kaum
gekauft werden. Schwarzhändler oder „Hamsterer“, in der Hauptsache
Berliner, kamen in die Dörfer und tauschten Textilien gegen Lebensmittel (Mehl, Eier, Kartoffeln, Speck, Enten und Hühner). Nachdem
sich die Wirtschaften gefestigt hatten, konnten über den Verkauf von
„Freien Spitzen“ Bezugsscheine für Stoffe und Wäsche erworben
werden. Tüchtige, erfahrene Landwirte kristallisierten sich bald heraus. Es gab aber auch Menschen, die einen anderen Beruf erlernt hatten. Sie konnten mit der Siedlung nicht fertig werden, gaben diese ab
und gingen ihrem eigentlichen Beruf nach. Die abgegebenen Siedlungen wurden von der Bodenkommission zurückgenommen, entweder
an andere Bewerber neu vergeben oder in Parzellen geteilt und als
freie Flächen vergeben. In Ganschendorfgab es 88 Neubauernstellen,
davon haben 31 Siedler ein Haus gebaut.
Im Ortsteil Sarow der Gemeinde Ganschendorf vollzog sich 1945
auch eine große Wende. Das Gut, 1045 ha groß, welches über Generationen seit 1878 von der Familie Böbs als Pachtgut bewirtschaftet
wurde, hatte plötzlich keinen Herrn mehr. Als Dorfältesten setzte die
russische Kommandantur Herrn Reinhold Stöwesandt ein, später Erwin Holdt. Von 1945 bis 1948 war der Ortsteil Sarow eine selbständige Gemeinde und hatte auch seine eigene Verwaltung. Die Bodenreform ging auch hier zügig voran. Die Aufmessung der Ackerflächen
und des Grünlandes wurde ebenfalls vom Katasteramt Demmin
durchgeführt. Als Hilfspersonen waren Albert Neumann und Wladislaw Wesolowski eingesetzt. Es waren 125 Siedlungen in der Größe
zwischen 5 und 10 ha ausgemessen. 41 Neubauern machten Gebrauch
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vom Bau einer Neubauernstelle. Siedler, die eine Altbauwohnung gelost hatten, bauten sich einen Stall dazu und konnten so recht gut mit
der Siedlung fertig werden. Bis zur Fertigstellung der ersten Neubauerngehöfte war es im Dorf ein sehr beengtes Leben.
Im Gutshaus wohnten 36 Flüchtlingsfamilien und auch die damals
noch stehende Schäferecke bot vielen Familien eine Unterkunft. Der
große Kuhstall vom Gut und auch andere Gutsgebäude gaben den
Neubauern Möglichkeiten, eine Viehwirtschaft aufzubauen. Die Viehbestände der 36 Familien, die im Gutshaus wohnten, waren fast alle
im Kuhstall des Gutes untergebracht. Mit der Fertigstellung der ersten
Neubauerngehöfte wurde das Leben im Dorf auch erträglicher und es
gab schnell einen Aufschwung bei den meisten Neubauern. In Sarow
bildeten sich nach dem Kriege bestimmte Zentren. Der Gutsspeicher
wurde 1945 der neugebildeten Dorfgenossenschaft als Eigentum
übergeben. Aus der Dorfgenossenschaft bildete man später die VdgB
(Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe), und der Speicher wurde
vom Erfassungs- und Aufkaufbetrieb genutzt. Die Neubauern und
Bauern der Gemeinde konnten ab 1946 ihr Getreide und andere Produkte in Sarow abliefern. In dem unteren Teil des Speichers richtete
die VdgB/BHG (BHG – Bäuerliche-Handels-Genossenschaft) eine
Warenabteilung und Kassenverwaltung ein. Für die Bauern der Gemeinde war es eine gute Einrichtung, denn hier wurde alles, was in der
Wirtschaft gebraucht wurde, angeboten und auch auf Kreditbasis verkauft, so Futtermittel, Dünger, Brikett, Gummiwagen, Acker- und
Stallgeräte, Arbeitsbekleidung und vieles mehr. Der finanzielle Geschäftsablauf der Bauern wurde voll über die BHG abgewickelt, so
war es für die Kontoinhaber eine bequeme Sache. Die MAS/MTS
leisteten mit der BHG eine gute Zusammenarbeit und war dadurch
auch für die Bauern eine große Hilfe.
Abbildung: Speicher Sarow
Die Bodenreform in Gehmkow
Als der Krieg im Jahre 1945 vorbei war und andere Personen an die
Macht kamen, wurde auch das Gut Gehmkow aufgeteilt. In Gehmkow
war eine Fläche von 439,24 ha Land aufzuteilen, davon 36,78 ha
Wald. 82 Bewerber wurden berücksichtigt.
Tabelle: Landaufteilung während der Bodenreform
6
25
4
38
15
Landarme
Landlose
Landarbeiter
Flüchtlinge
36,42 ha
22,29 ha
231,64 ha
104,00 ha
Land
Land
Land
Land
10,15 ha
7,4ha
Wald
Wald
Für Baupläne, Sandgrube, neu zu verlegende Wege und Unbrauchbares blieben 27,34 ha. Das ergab eine Gesamtsumme von 421,69 ha
Land und 17,55 ha Wald.
Die Überreichung der Besitzurkunden hatte am 15.11.1945 in feierlicher Form in Kaslin stattgefunden. Der Vorsitzende der Gemeindekommission für Bodenreform war Gustav Warnemünde.
Folgende Landarbeiter hatten Land erhalten: Fritz Eggert, Wilhelm
Baumann, Fritz Baumann, Albert Baumann, Karl Baumann, Walter
Brumshagen, Otto Mietzner, Fritz Mietzner, Gustav Warnemünde,
Fritz Borgwardt, Werner Borgwardt, Hermann Kohs, Wilhelm Kohs,
Franz Krasemann, Anton Latawitz, Wilhelm Johannis, Agnes Johannis, Bernhard Thomas.
Die Menschen lebten zu dieser Zeit sehr beengt. 1945 gab es in
Gehmkow 8 Wohnhäuser einschließlich Gutshaus, 6 Stallungen bzw.
Scheunen, 1 kleine Gutsgärtnerei, Schmiede und Stellmacherei
Die 8 Wohnhäuser waren das Gutshaus, das Wirtschaftshaus, das erste
an der rechten Straßenseite stehende 1995/96 abgerissene Haus und
die Häuser der Familien Ida Krasemann, und Lotte Kempf, Hildegard
Erdmann, Mietzner, Becker (ehemalige Schnitterkaserne 1922 erbaut
und 1996 eingeebnet) und ehemals Piarowski (1994 abgerissen).
In Gehmkow entstanden im Laufe der Jahre die Siedlungshäuser entlang des Hohenbollentiner Weges. Die großen Ställe hinter der Straße
wurden abgerissen. Auch von hier konnten die Gehmkower Baumaterial holen. Auf den Fundamenten der Ställe entstanden die Häuser der
heutigen Familien Erhard Krasemann, Janssen und Nelson. Den
Schweinestall des Gutes mit eingebauter Schmiede erhielt die Familie
Eggert. Der Schweinestall wurde im Jahre 1947 zu einer schönen
Wohnung ausgebaut, die die Tochter der Familie Eggert mit ihrem
Mann Alfred Ewert heute noch bewohnt.
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Die Gärtnerei erhielt Gustav Warnemünde, der sie schon seit 1920
leitete. Er bewohnte dann mit seiner Familie das Wirtschafshaus des
ehemaligen Gutes.
Familie Walter Brumshagen erhielt die Stellmacherei. Er kam 1929
nach Gehmkow, war bis 1945 Gutsstellmacher und hatte gleichzeitig
die Verwaltung über den Speicher des Gutes, der ebenso wie der Pferdestall in diesem Gebäude untergebracht war. Dort baute er sich eine
Wohnung aus. In der Stellmacherei arbeitete er weiter, hier richteten
sich die Enkelkinder von Walter Brumshagen 1996 eine Wohnung ein,
nachdem sie schon jahrelang als Garage von Hans Brumshagen genutzt wurde. Die alte obere Wohnung bewohnt diese Familie heute
noch.
Nachdem der Kuhstall 1958 durch Feuer vernichtet wurde, entstanden
dort die Häuser der Familie Dietmar Teske und Bunsen.
Die ehemals landarmen Bauern hatten sich im Laufe der Jahre zu Mittelbauern entwickelt. Sie konnten jeder Zeit Unterstützung von der
Maschinen-Traktoren-Station (MTS) bekommen.
Für die jüngeren Kinder wurde im Gutshaus ein Erntekindergarten
eingerichtet, damit die Kleinen betreut wurden, wenn ihre Eltern auf
den Feldern arbeiteten. Auch ein Kulturraum entstand im Gutshaus
eingerichtet und eine kleine Gemeindebibliothek.
Bodenreform in Törpin
Kleinbauern oder auch Flüchtlinge hatten in Törpin die Möglichkeit,
durch die Bodenreform ihre Wirtschaft zu vergrößern oder eine Siedlung in der Größe von 5 ha bis 8 ha zu übernehmen. Das Land wurde
vom Sarower Gut bereitgestellt. In Törpin waren es 25 Familien, die
kleinere Parzellen und auch ganze Siedlungen durch ein Los übernehmen konnten.
In Törpin existierte eine Raiffeisengenossenschaft, die sich 1948 in
die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) umwandelte
und ihre Lager und Geschäftsräume auf dem Reichheimschen Grundstück hatte. Alles, was auf dem Bauernhof gebraucht wurde, konnte
man bei der VdgB, später BHG (Bäuerliche-Handels-Genossenschaft)
einkaufen.
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Die BHG half den Bauern bei Ablieferungsangelegenheiten, An- und
Verkauf von Zucht- und Nutzvieh, Anbauangelegenheiten, Saatgutbeschaffung, Düngerbestellung und -lieferung, Maschinenbeschaffung
und Bestellung von Geflügel.
Für jeden Bauernhof war ein Girokonto eingerichtet, so dass auch
Geldangelegenheiten dort geklärt werden konnten und ein bargeldloser Einkauf möglich war. Das Konto wurde durch Gelder pflanzlicher
und tierischer Ablieferungsprodukte aufrechterhalten. Kredite für
Baumaßnahmen und Bestellkredite konnten vergeben werden. Die
BHG war nach dem Krieg zum Zentrum des Dorfes geworden und
täglich trafen sich hier die Törpiner Bauern. Die Törpiner Außenstelle
der BHG wurde 1961 aufgelöst und nach Sternfeld verlegt. Die Lagerräume und auch den Düngerschuppen übernahm die LPG.
Die MTS, die für die Unterstützung der Bauern gedacht war, konnte
auch in der Törpiner Gemeinde genutzt werden. Eine Brigade mit einem Stützpunkt wurde in Törpin eingerichtet aber für alle Arbeiten
wie Pflügen, sonstige Feld- und Erntearbeiten sowie Transporte, waren die Preise sehr differenziert. Es kam die Zeit, da die Bauern immer
weniger Arbeitskräfte hatten.,weil sie die stark angestiegenen Löhne
nicht zahlen konnten. Großen Höfen, die auf fremde Arbeitskräfte
angewiesen waren, wurde das Bewirtschaften unerträglich. Mittlere
Höfe, die von einer großen Familie bewirtschaftet wurden, waren weniger stark belastet.
Bauernhöfe werden zu Ruinen
Die Bodenreform und die Nachkriegszeit hatten die Dörfer wirtschaftlich gut überstanden. Durch die Flüchtlinge, die aus Ostpreußen, Stettin, Schlesien und dem Sudetenland hier eine neue Heimat gefunden
hatten, war die Arbeitskräftelage sehr gut. Viele Menschen waren auf
den Bauernhöfen und in den Gutswohnungen untergebracht. Sie fanden Arbeit auf den Höfen und bestritten so ihren Lebensunterhalt. Da
viele Männer und Söhne im Krieg gefallen waren oder in Gefangenschaft gerieten, konnte diese Höfe durch die Flüchtlinge mit Arbeitskräften abgesichert werden.
Schnell änderte sich jedoch die Lage. Fast völlig zerstörte Städte aus
dem 2.Weltkrieg mussten wieder aufgebaut werden. Handwerker und
Hilfskräfte fanden in Demmin, Neubrandenburg und Rostock neue
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Arbeitsstellen beim Wiederaufbau. Zunächst verließen einzelne Personen die Dörfer und fanden Arbeit beim Städteaufbau oder in der
Industrie. Später holten sie die ganze Familie nach. Dies hatte zur
Folge, dass ein Arbeitskräftemangel einsetzte und die Bauern, besonders die großen Höfe, nicht mehr mit der Arbeit fertig wurden. Außerdem waren die Bauernhöfe mit einem Ablieferungssoll veranlagt. Die
großen Höfe standen unter einem schweren wirtschaftlichen
Druck.1952/53 war es dann soweit, dass die Bauernhöfe nicht mehr
mit der Arbeit fertig wurden und nach und nach immer mehr in Bedrängnis gerieten.
Die Wirtschaftspolitik der DDR war ganz nach dem kommunistisch leninistischem System ausgerichtet. Die Volkswirtschaft, so auch die
Landwirtschaft, gestaltete man nach sowjetischen Methoden um. Diese Politik führte in Richtung Großraumwirtschaft. Dazu brauchte man
die Höfe und Flächen der Großbauern. Die bestehenden MTSBrigaden gaben in erster Linie den Kleinbauern und Neubauern aus
der Bodenreform Unterstützung. Die Mittel- und Großbauern konnten
auch Unterstützung und Hilfe bei Transport-, Acker- und Erntearbeiten erhalten aber je größer der Hof, desto höher der Preis für den Hektar. Durch das 1953 herausgebrachte LPG-Gesetz wurden viele Festlegungen noch begünstigt und Wirtschaften ab 20 ha hatten große
Probleme, mit dem Hof fertig zu werden. Die Bauern mußten ein hohes Ablieferungssoll erfüllen, die Arbeitskräfte wurden weniger und
teurer. Produkte auf den freien Markt zu bringen war kaum möglich.
Auch der lange Anfahrtsweg und die schlechten Wegeverhältnisse zu
den Ablieferungsstellen waren unerträglich.
Das Ablieferungssoll war nach den Größen der Wirtschaften eingestuft. Die Staffelung und Steigerung des Solls war in den Größen 1 bis
5 ha, 10 bis 15 ha, 20 bis 25 ha, 35 bis 50 ha und 50 bis 100 ha. Auch
die Arten der Produkte waren vorgeschrieben. Der Ablieferungsbescheid wurde von der Gemeinde ausgearbeitet und auch kontrolliert.
Das Soll beinhaltete: Getreide, Raps, Mohn, Kartoffeln, Zuckerrüben,
Flachs, Heu und Stroh aus der pflanzlichen Produktion. Aus der tierischen Produktion mussten Schweine, Rinder, Milch, Geflügel, Eier
und Wolle abgeliefert werden. Für die Hausschlachtungen war ein
Schlachtschein erforderlich; diesen gab es nur, wenn das Soll erfüllt
war. Eine Differenzierungskommission prüfte die Ablieferungsbe10
scheide und in Härtefällen gab es Umverlagerungen. Zum Beispiel
konnte eine Siedlung mit sehr leichtem Boden nicht den Ertrag bringen wie eine Siedlung mit gutem Boden. Das Ablieferungsgeschehen
machte den großen Höfen (ab 25 ha) viel Sorge, da sie mit einem hohen Soll veranlagt wurden. Dieses Soll war von den Bauern kaum zu
schaffen und die Höfe konnten keine Produkte als „Freie Spitzen“ auf
den Markt bringen. Bauern, die Produkte über das Soll hinaus liefern
konnten, bekamen dafür einen hohen Preis gezahlt. Diese Möglichkeit
war aber nur den kleinen Familienbetrieben vergönnt. Die Arbeitskräfte konnten nicht mehr genügend entlohnt werden und ließen die
Bauern im Stich. Einige Bauern verließen ihre Höfe und siedelten mit
der Familie nach Westdeutschland um.
In Ganschendorf verließen die Familien Kalsow, Nickel (230 Morgen}
und Hermann Baumann (160 Morgen) ihre Wirtschaft. Höfe, die verpachtet waren, wurden von ihren Pächtern aufgegeben, weil das Betriebsergebnis völlig unrentabel war.
Kollektivierung der Landwirtschaft „Sozialistischer
Frühling“
In den Gemeinden bildete man staatlicherseits aus den verlassenen
Höfen und auch den Siedlungen, die von Neubauern abgegeben wurden, neue Betriebe, die ÖLB (Örtlicher Landwirtschaftsbetrieb). Unter
Anleitung eines Agronomen versuchte man, alle Flächen dieser Höfe,
wieder zu bewirtschaften. In Ganschendorf bildete man 1953 diesen
Betrieb, der auch Flächen aus dem Ortsteil Sarow erfasste.
Auf Vorschlag der SED tagte im Dezember 1952 die erste Konferenz
der Vorsitzenden und Aktivisten der LPG. Es wurden Erfahrungen bei
der Bildung von LPG und der Organisation der genossenschaftlichen
Arbeit ausgetauscht. Auf Beschluss der Vollversammlung konnten die
Mitglieder aller LPG eine individuelle Hauswirtschaft weiterführen.
Die Konferenz beschloss die Musterstatuten für drei Typen von LPG:
Typ I, Typ II und Typ III.
In der LPG Typ I wurde nur die Bewirtschaftung des Bodens genossenschaftlich durchgeführt. Die tierische Produktion blieb individuell.
In der LPG Typ III, waren Tier- und Pflanzenproduktion genossenschaftlich.. Eine individuelle Hauswirtschaft war außerdem jedem
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Genossenschaftsbauern möglich. Das konnten sein: zwei Morgen
Land, eine Milchkuh mit Nachzucht, ein oder zwei Schweine und eine
Geflügelhaltung.
Auf dem Lande entwickelten die Parteiorganisationen der SED eine
große ideologische und organisatorische Aktivität, um die werktätigen
Bauern und Landarbeiter für den Zusammenschluss in der LPG zu
gewinnen.
Pioniere der Genossenschaftsbewegung waren vor allem Landarbeiter
und Neubauern, die aus der Arbeiterklasse stammten. Seit der Bodenreform hatten sie sich eine gesicherte Existenz geschaffen. Als erste
erkannten sie die Grenzen des landwirtschaftlichen Kleinbetriebes und
besaßen den Mut, mit dem Übergang zur sozialistischen Produktion zu
beginnen. In den ersten Genossenschaften schlossen sich in der Regel
Bauern zusammen, deren Wirtschaft verhältnismäßig schwach entwickelt war, dazu wurden ÖLB-Betriebe mit übernommen. Die Mitglieder der LPG mussten anfangs viele Schwierigkeiten überwinden, lernen die genossenschaftliche Arbeit zu organisieren, sich von überlebten Denk- und Verhaltensweisen zu trennen.Vielerorts standen die
ersten Genossenschaftsbauern vor einer Mauer von Vorbehalt, Unverständnis oder gar Ablehnung bei der Mehrheit der Dorfbevölkerung.
Die Regierung und das Zentralkomitee veranlassten, dass der sozialistische Staat den jungen Produktionsgenossenschaften eine Reihe Vergünstigungen einräumte, so den vorrangigen Einsatz der Technik der
MTS in den LPG. Außerdem wurden diese Bauern kostenlos agronomisch und zootechnisch betreut, vordringlich mit Düngemitteln und
Saatgut versorgt. Sie erhielten großzügige Kredite und Steuererleichterungen.
In den Dörfern gründeten sich 1953 die ersten Produktionsgenossenschaften. Der „Sozialistische Frühling“ begann.
Gehmkow
Am 1. März 1958 gründete sich in Gehmkow die LPG „Einheit“, Typ
III.. Acht Bauern schlossen sich zusammen und bewirtschafteten
118,63 ha landwirtschaftliche Nutzfläche mit 16 Mitgliedern.
Typ III bedeutete, dass die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche,
Maschinen und Gebäude sowie sämtliches Nutzvieh in die Genossen12
schaft gebracht wurden. Das erste LPG-Büro befand sich in der ehemaligen Schnitterkaserne (Becker), später im Haus Piarowski.
Zur Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Waren des
täglichen Bedarfs kam ein Einkaufswagen (Knaack) von Demmin.
Der Fleischer kam von Beggerow oder man ging nach Törpin. Auch
Bäcker Schulz aus Törpin versorgte die Leute mit Brot. Später dann
hatte Frau Mietzner eine Verkaufsagentur in ihrem Haus. Als die Konsumgenossenschaften entstanden, erhielt auch Gehmkow eine Verkaufsstelle. Die letzte Verkäuferin war Frau Lühr aus Kaslin, bevor
die Verkaufsstelle 1991 geschlossen wurde. Kurze Zeit betrieb Frau
Helken privat eine Verkaufsstelle. Diese rentierte sich aber nicht. Heute kommen täglich Einkaufswagen.
Im Jahre 1961 wurde das Wasserwerk (Lindenberger Weg) gebaut.
Der Kubikmeter Wasser kostete 0,30 Mark und die Grundgebühr für
einen Anschluss 0,50 Mark im Monat. In den meisten Haushalten
wurde der Wasserverbrauch pauschal berechnet. Im Jahre 1991 erhielten alle Haushalte eine Wasseruhr. Heute kostet ein Kubikmeter Wasser fast das Zehnfache von damals.
Ganschendorf und Sarow
In Ganschendorf gründete man eine LPG Typ I „Helmut Just“ unter
dem Vorsitzenden Meisterbauer Paul Radtke. Die im Frühjahr 1953
gebildete LPG Typ I löste sich nach dem 17. Juni 1953 wieder auf.
Von den 33 Mitgliedern wurden 22 wieder Einzelbauern, 11 Mitglieder blieben weiterhin unter dem Vorsitzenden Gerhard Koß als Typ I
„Helmut Just“ bestehen.
1956 wurde aus dem bestehenden ÖLB die LPG Typ III „Jupp Augenfort“ gebildet. Als Vorsitzender fungierte Erwin Timm, der hierher
beordert worden war. In Sarow gründete man aus dem Rest des ÖLB
auch die erste LPG Typ III „Klement Gottwald“. Den Vorsitz übernahm Max Salzmann. 1959 vergrößerte sich die Sarower LPG und
man wählte Fritz Tackenberg zum Vorsitzenden. In Ganschendorf
hatte der Vorsitzende Erwin Timm schiefe Dinge gedreht und musste
abgelöst werden. Jetzt übernahm Otto Gielow den Vorsitz und Alois
Hartwig arbeitete als Agronom, aber übernahm bald den Vorsitzenden, und Gielow machte den Wirtschaftsleiter.
13
Am 1. Januar 1960 machten Hermann Michael und Erich Martens den
Schritt und traten der LPG bei. Der Grund für den Eintritt war, dass
Mann und Frau alleine auf der großen Wirtschaft standen und beim
Bauern keiner mehr helfen wollte.
Die Politik der Regierung war so ausgerichtet, dass die Kollektivierung in allen Bereichen der Volkswirtschaft durchzuführen war. Am
1. März 1960 wurden dann die Bezirks- und Kreisleitungen der SED
beauftragt, in den Dörfern vollgenossenschaftliche Produktionseinheiten zu bilden. Mit Agitationsgruppen überzeugte man die restlichen,
noch gut gehenden Bauernwirtschaften und starke Neubauern, diesen
Schritt in die LPG mitzumachen.
In Ganschendorf und Sarow gab es dann wohl keine Widerstände
mehr. In Sarow war das ganze Dorf eine LPG geworden. Der schon
bestehenden LPG Typ I in Ganschendorf traten mehrere Einzelbauern
bei, den Rest und die Altbauernhöfe übernahm die bestehende LPG
Typ III. Von den Bauernhöfen brauchte man zunächst nur gute Stallungen und Scheunen. Weiterhin musste von jeder Wirtschaft lebendes und totes Inventar eingebracht werden. Das Inventar bestand aus
Pferden, Kühen, Färsen, Schweinen, Maschinen, Ackerwagen und
Geräten, soweit die Genossenschaft dafür Verwendung hatte.
Eine Schätzungskommission sorgte für die Abschätzung des Inventars, das aufgerechnete Übergabeprotokoll zeigte dessen Wert an. Für
jeden ha der Wirtschaft musste ein Pflichtbetrag von 500,00 DM eingebracht werden. Der darüber hinausgehende Betrag wurde im Laufe
der Jahre wieder zurückgezahlt
In der Genossenschaft wurden 1959/60 die ersten Kuh- und Schweineställe gebaut. Dadurch benötigten man die Stallungen der Bauernhöfe nicht mehr. Scheunen und Stallungen konnten mit Technik kaum
genutzt werden und weil sie fast alle auf dem Ausbau standen, blieben
sie ungenutzt und waren dem Verfall preisgegeben. Im Dorf waren
Wohnungen freigeworden und die Bewohner vom Ausbau zogen ins
Dorf. Die von 1847 - 1850 erbauten Höfe verfielen bald zu Ruinen.
Sie hatten nur eine Lebensdauer von 100 bis 120 Jahren.
Abbildungen: Seite 158
Neue Technik – RS-08
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Olt und verlaten
Törpin
Am 01.09.1958 wurde nach einem genossenschaftlichen Zusammenschluss die LPG Typ III „Empor Törpin“ gegründet. Diese Gründung
wurde von Kreis und Staat unterstützt und gefördert. Die Herbstarbeiten brachte man zum Abschluss, und ab 01.01.1959 begann für mehrere Törpiner Bauern eine neue Wirtschaftsweise. Die ersten Bauern, die
sich in Törpin zu dem Schritt in die LPG entschlossen, waren die Familien: Fritz Hagen 10 ha, Walter Senger 27 ha, Max Freese 63 ha,
Arno Röhrdanz 36 ha, Erich Kurth 27 ha, Wilhelm Kasdorf 9 ha,
Richard Völling 10 ha.
Die Leitung der neugebildeten LPG übernahmen Fritz Hagen und
Erich Kurth. Zum Vorsitzenden wählte man Erich Kurth. Das Wirtschaften war für einige der Bauern sehr schwer geworden und nun
sollte es eine gemeinsame Sachesein. Es war ein Neuanfang. Am Anfang schien alles recht kompliziert aber es fanden sich Lösungswege.
Die Milchkühe stallte man auf den Höfen von Senger und Röhrdanz
ein. Die Schweineproduktion erfolgte auf dem Schumacherschen Hof,
den solange Erich Kurth gepachtet hatte. Für die Feldarbeiten nahm
man die Hilfe der MTS in Anspruch. Man nutzte alle staatlichen Vergünstigungen.
Ein Jahr wirtschaftete die LPG in Törpin. im März 1960 kam die große Wende in der Landwirtschaft. Die gesamten Bauern unseres Landes und so auch die Törpiner, wurden zum Schritt in die LPG überzeugt. Auch Törpin wurde ein vollgenossenschaftliches Dorf und
musste eine neue Wirtschaftsweise organisieren. Alle Höfe aus dem
Dorf und dem Ausbau, ob groß oder klein, fasste man zur LPG Typ III
„Empor Törpin“ zusammen.
Die Bauern der Langen-Reihe und vom Buchenkavel gründeten eine
LPG vom Typ I Die LPG „Glückauf“ vom Typ I hatten 96 ha Acker
zu bewirtschaften, den Vorsitz hatte der Bauer Kurt Drews übernommen. Kurt Drews machte 1966 den Schritt von Typ I in die LPG Typ
III. Jetzt wählte man Werner Graupmann vom Buchenkavel zum Vorsitzenden der Genossenschaft. Auch für die Genossenschaft Typ I ist
es ein kompliziertes Arbeiten. Im Typ I ist die Regelung, dass die
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Pflanzenproduktion gemeinsam verrichtet und die Tierproduktion auf
den beteiligten Höfen durchgeführt wird. Es müssen viele Buchungsarbeiten getätigt werden, denn nach geleisteten Arbeitstagen - umgerechnet in Arbeitseinheiten - wurde die Futter- und Naturalverteilung
vorgenommen. Auch waren die Ackerflächen weit auseinander gelegen, so dass man in 2 Brigaden arbeitete, einmal die Lange-Reihe und
dann Buchenkavel. Nur Schwerpunkte löste man gemeinsam. Auch
tätigte man einen Maschinenzukauf, um mit bestimmten Arbeitern
leichter fertig zu werden. Häufig gab es Diskussionen unter den Mitgliedern, weil die Höfe und die dazu gehörigen Arbeitskräfte nicht
immer einheitlich waren. Die Buchhaltung wurde von Fräulein Edith
Albrecht und später von Ursula Martens geführt.
Die LPG Typ III hatte nur die Größe von 690 ha. Als neuen Vorsitzenden hatte man Otto Ehlert von der Kreisleitung der SED delegiert.
Als Zootechniker übernahm Stefan Neusser die Viehwirtschaft der
LPG. Für die Pflanzenproduktion war Fritz Hagen verantwortlich. Mit
vielen Problemen versuchte man auch in Törpin den sozialistischen
Frühling zu bezwingen, denn Arbeitskräfte waren es nicht mehr geworden, es führte nur zu einer Konzentration der Arbeit insgesamt.
Die Feldarbeit, die zum großen Teil aus Handarbeit bestand, so die
gesamte Hackfruchtpflege und auch die Erntearbeiten, wurde mit Hilfe von Arbeitseinsätzen der Betriebe und Verwaltungen im Kreis
durchgeführt. Ein Patenschaftsvertrag bestand zwischen dem Kreisgericht Demmin und der LPG „Empor Törpin".
Die Landwirtschaft in den 60er Jahren bis heute
Ganschendorf
Die Mitglieder der bestehenden LPG Typ III bestätigten am 1. März
1960 in einer Vollversammlung die Aufnahme der neuen Mitglieder
aus der Typ I, wählten einen neuen Vorstand und eine neue Betriebsleitung.
Als Vorsitzenden bestätigte man Alouis Hartwig, als Wirtschaftsleiter
Otto Gielow, als Feldbaubrigadier Ulrich Michael und als Viehzuchtbrigadier Theodor Garske. Es erfolgte eine neue Form der Wirtschaftsorganisation.
16
Der LPG „Jupp Augenfort“ diente der Kalsowsche Hof als Zentrale.
Hier standen auch 20 Arbeitspferde. Auf diesem Hof erfolgte die tägliche Arbeitseinteilung der Kollegen und Gespanne. Auf dem Ausbau
mit Breitenlande hatten wir eine Arbeitsgruppe, die von Hermann
Michael, später von Erich Engelmann geleitet wurde. Die Arbeitsgruppe hatte 6 Arbeitspferde, die auf dem Hof von U. Michael standen. Die jetzt hinzugekommenen Mitglieder bekamen verschiedene
Arbeitsgebiete in der Tier- und Pflanzenproduktion. Es fehlten Kollegen, die Interesse für die Stallwirtschaft hatten, Gespannführer und
auch Männer, die mit der Technik umgehen konnten. Für viele Menschen war es ein schwerer Gang. Alte erfahrene Bauern hatten keine
Verantwortung mehr und wurden zum Befehlsempfänger der neuen
Zeit.
Landwirtschaft in Ganschendorf ab 1960
Auch für mich persönlich war es eine große Umstellung. Ich wurde
1923 in Ganschendorf geboren, auf dem väterlichen Hof aufgewachsen und hatte die Wirtschaftsweise eines 30 ha Betriebes gelernt. Vater und der ältere Bruder mussten bei Ausbruch des Krieges 1939 zur
Fahne. Nach dem Polenfeldzug kam unser Vater wieder nach Hause.
Ich wurde dann 1942 eingezogen und kam Weihnachten 1949 aus
russischer Kriegsgefangenschaft nach Hause.
Vor meiner Einsetzung als Brigadier 1960 hatte ich mich erst geweigert, aber nach gewisser Überzeugungsarbeit durch alte Bauern, Herrn
Prejawa und Herrn Wilk, wurde ich dann als Brigadier eingesetzt. Ich
besuchte dann in den Winterhalbjahren 1961 bis 1963 die Landwirtschaftsschule und qualifizierte mich zum staatlich geprüften Landwirt.
Die LPG hatte eine Größe von 650 ha Acker und einschließlich der
Kälberaufzuchtstation 80 ha Grünland. Auch der Wirtschaftsleiter
hatte als Tagelöhner beim Baron gedient, dann als Neubauer eine
Siedlung übernommen und hatte jetzt in diesem großen Betrieb auch
seine Schwierigkeiten. Der Vorstand tagte in der ersten Zeit sehr oft,
denn es gab eine Menge von Problemen, die zur Zufriedenheit der
Mitglieder gelöst werden mussten. Die Buchhaltung, geleitet durch
Herrn Kurt Eichwald, hatte ihren Sitz in dem Neubauernhaus, welches
heute von der Familie Neubus bewohnt wird.
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Die LPG Ganschendorf wurde von der Brigade l der MTS Sarow unterstützt, das heißt, es wurden alle Pflug- und Bestellarbeiten der einzelnen Kulturen sowie Erntearbeiten durchgeführt. Die Brigade hatte
4 Traktoren vom Typ Pionier, 2 RS 30, 1 KS 07/02, 2 Geräteträger, 2
Mähdrescher, 2 Strohpressen und 1 LKW H 3A. Der Stützpunkt der
Brigade mit Werkstatt war im ehemaligen Gutspferdestall eingerichtet
worden.
Die Bewirtschaftung der Ackerflächen des neuen Betriebes war eine
schwierige Angelegenheit. Man muss sich die vielen Ackerstücke
vorstellen, die wir bestellen und abernten mussten. Der Winterroggen
stand auf 65 Teilstücken von 1 bis 5 ha, ähnlich sah es bei anderen
Kulturen aus. Wir versuchten gleich bei der Frühjahrsbestellung 1960,
die Kartoffeln und Zuckerrüben auf größeren Schlägen zu bestellen.
Das hatte den Vorteil, dass weniger Vorgewende war und die Bearbeitung der Schläge schneller ging.
Die Getreideernte 1960 brachte Probleme mit sich. Wie schon erwähnt, hatten wir sehr viele Getreideschläge. Die Mähdrescherkapazität, die nur gering war, zwang uns zu den alten Erntemethoden. Es
musste sehr viel Getreide mit dem Mähbinder gemäht, aufgehockt und
mit Gespannen zusammengefahren werden. Das Sommergetreide lagerten wir in den Scheunen der Bauernhöfe ein, den Roggen packten
wir in große Kornmieten oder machten gleich Hockendrusch. Die
Mieten haben wir dann bei günstiger Gelegenheit ausgedroschen, und
das Dreschen des Sommergetreides blieb Arbeit für den Winter. In
den nächsten Jahren ging alles schon viel besser. Wir arbeiteten schon
auf größeren Schlageinheiten und kamen dadurch mit der Arbeit besser zurecht.
Der Hackfruchtanbau hatte auch seine Schwierigkeiten. Die Anbaufläche für Kartoffel betrug 75 ha. Die Lagerung und Sortierung führten wir unter freiem Himmel durch. Das Pflanzen der Kartoffeln erledigten die Frauen durch Handarbeit. Der Kartoffelacker war mit
Lochmaschinen vorbereitet dann wurden die Kartoffeln eingelegt und
mit Maschinen zugehäufelt. Die Kartoffelernte führten wir nur per
Handsammeln durch, Kombinen standen uns noch nicht zu Verfügung. Das Roden führten wir mit Siebkettenroder durch. Alle Frauen
und verfügbaren Kräfte halfen beim Sammeln. Wir konnten uns nur
gutes Wetter wünschen, um mit der Hackfruchternte über die Runden
18
zu kommen. Den gesamten Transport vom Feld zum Mietenplatz
wurde mit Pferdegespannen durchgeführt. In diesem Anbauplan hatten
wir auch Kartoffelvermehrung, die wir mit sehr gutem Erfolg durchführten. Das Verladen der Pflanzkartoffeln, die wir an andere Betriebe
verkauften, musste auf dem Demminer Bahnhof vorgenommen werden.
Die Lagerung der Kartoffeln erfolgte in den alten herkömmlichen
Mieten, 7,5 dt auf dem laufenden Meter. Säuberlich, mit langem Roggenstroh und Erde wurden die Mieten winterfest zugedeckt. Auch
hierfür hatten wir Spezialisten. Die Zuckerrüben konnten schon teilweise mit Technik geerntet werden, nur die Futterrübenernte war volle
Handarbeit.
Für den Rübenanbau gab es 1960/61 noch keine Möglichkeit, die Bestände mit Spritzmitteln zu behandeln. Die Folgeerscheinung war,
dass viele Parzellen, die nicht gut gepflegt waren, bei der Rodung sehr
viel Unkraut aufwiesen.
Alle Hand-, Gespann-, sowie Traktorenarbeit mussten nach einem
errechneten Normkatalog abgerechnet werden. Die Abrechnung erfolgte über Arbeitseinheiten. Der Wert der AE lag unter 5,00 Mark im
Jahr 1960/61.
Der tägliche Verdienst war unterschiedlich zwischen 1 - 2 AE am Tage, im Monat kam bei manchen Mitgliedern ein Auszahlungsbetrag
von 150,00 bis 200,00 Mark zusammen.
Als Brigadier erhielt ich eine Abrechnung von 35 AE im Monat, dafür
konnte man eigentlich gar keine Verantwortung tragen, und für den
Lohn waren andere Mitglieder nicht aus dem Haus gegangen. Nach
und nach änderte sich die Wirtschaftlichkeit des Betriebes positiv,
auch erfolgte eine bessere Bezahlung. Alle Mitglieder hatten noch
eine gute Hauswirtschaft, das heißt, sie konnten die Naturalien von 2
Morgen Acker in Anspruch nehmen, durften eine Kuh halten oder
auch Schweine mästen und zur Ablieferung bringen. Die Milch nahm
der genossenschaftliche Milchwagen mit zur Molkerei. Jede Familie
hatte Hühner, Gänse und Enten. Die Eier brachte man auch zur Ablieferung. Durch diese Hauswirtschaft konnten die Kassen der Familien
sehr gut aufgebessert werden. Die Arbeitszeit auf der LPG ging von
19
Montag bis Sonnabendmittags; in der Erntezeit konnte auch Sonntagsarbeit angeordnet werden.
Jetzt einen Überblick über die Viehwirtschaft in der LPG „Jupp Augenfort“ in Ganschendorf. Die Viehwirtschaft wurde von einem Zootechniker (Brigadier), Kollegen Garske und dem Vorsitzenden geleitet. Am 1. April 1962 übernahm Günter Voß das Amt des Zootechnikers.
1959/60 baute man in Ganschendorf 2 Offenställe mit Melkhaus und
einen Schweinestall. Im Nachgang bauten man dann auch gleich den
zweiten Stall für die Schweinehaltung. Kurz vor Weihnachten 1960
stellten wir den ersten Stall voll Kühe. Dann war es gleich so kalt,
dass wir die offene Südostseite mit Stroh zupackten, um die Kühe im
Stall vor Wind und Kälte zu schützen. Später mauerte man die Seite
vernünftig zu. Mit dem zweiten Offenstall passierte das gleiche. Die
Erfindung des Offenstalles war im ganzen Land verunglückt. Die Unterbringung der Rinderbestände war folgendermaßen:
Im ersten Offenstall standen 100 Milchkühe, im zweiten 33 Tbc- und
Bangfreie Tiere. Bei Martens hatten wir 35 Tbc- und Bangfreie Kühe
untergebracht. Im Stall von Menz betreute man 22 positive Tiere
(Bang). Die Jungviehaufzucht war auf dem Baumannschen Hof eingerichtet (Ausbau) und wurde von Herrn und Frau Wilk versorgt. Der
Hiddicksche Stall musste 1961 schon stillgelegt werden, weil wir kein
Personal zur Betreuung der Tiere hatten. Die Familie Hintz betreute
im Stall vom Richard Michaelschen Hof Kühe und Färsen, die sich in
Quarantäne befanden. Die Schweine waren in drei neugebauten Ställen untergebracht. Schweinemast war im ehemaligen Pferdestall vom
Gut eingerichtet. Als 1965 ein vierter Stall zur Verfügung stand, konnte der Gutsstall für Speicherzwecke frei gemacht werden.
Zu den Pferden, die der Pflanzenproduktion zur Verfügung standen
(25 Stück), kamen dann noch 8 Stück dazu, die in den einzelnen Ställen der Tierproduktion zur täglichen Arbeit gebraucht wurden. Bullenmast führte die Familie Liermann auf dem Breitenlande durch, hier
betreute man etwa 40 Tiere.
Die LPG „Jupp Angenfort“ baute 1960 eine Hühnerfarm auf, Frau
Kopplin und Frau Blödorn betreuten ca. 400 Hühner. 1963 brachten
die Hühner nicht mehr den gewünschten Erfolg und wurden abge20
schafft. Die Ställe baute man um und nutzte sie für die Schweinehaltung.
1961 erfolgte die leihweise Übergebe der Technik von der MTS. Wir
konnten ab jetzt über die Traktoren und Technik als Leitung der LPG
verfügen. Durch diese Maßnahme gab der Staat den LPG'n große Unterstützung.
Im April 1963 erfolgte dann auf Beschluss der Parteileitung der SED
der Zusammenschluss der LPG „Jupp Angenfort“ mit der LPG „Klement Gottwald“ zur LPG „Ökonomie“ Sarow. Die Sarower LPG wurde von Siegfried Freuling geleitet. Durch diesen Zusammenschluss
erfolgte eine Umstellung des Betriebes in der Leitung und auch in der
Struktur.
Der Vorsitzende Siegfried Freuling, der 1962 nach Sarow gekommen
war, brachte Elan und Vertrauenswürdigkeit unter die Mitglieder. Er
war ein kühner Rechner mit viel Optimismus und hatte auch bei den
kreislichen Behörden parteilich und wirtschaftlich ein hohes Ansehen.
Dieses Ansehen strahlte er auch in der näheren Umgebung aus. Alle
Mitglieder der verschiedenen LPG'n schauten damals auf Sarow.
In Ganschendorf wirtschaftete neben der LPG Typ III noch eine LPG
vom Typ l mit 21 Siedlungen in der Größe von 250 ha. Die Ackerverteilung der beiden Betriebe war ökonomisch ungünstig.
Im Ortsteil Sarow waren auch im Laufe der Zeit mehrere Siedlungen
herrenlos geworden. Diese Siedlungen bewirtschaftete auch der ÖLB
unter der Leitung von Herrn Geisler. Auch in Sarow gründete man die
erste LPG mit dem Namen „Klement Gottwald“ unter dem Vorsitzenden Max Salzmann. Im Herbst 1959 taten zehn Neubauern den Schritt
in die LPG "Klement Gottwald". Sie gehörten bisher zu den besten
Bauern und waren sich beim Eintritt bewusst, dass es eine große Umstellung für jeden sein wird. Sie meinten aber optimistisch: Die LPG,
auf der größere Flächen bestellt werden, kann nur eine Vorwärtsentwicklung sein und bringt mehr Gewinn. Den Vorsitz der Genossenschaft hatte ab jetzt Herr Tackenberg.
Im März 1960 wurde dann auch aus Sarow ein vollgenossenschaftliches Dorf. In der jetzt 1000 ha großen LPG bleibt Fritz Tackenberg
der Vorsitzende. Die Feldwirtschaft wurde von Ulli Labahn und Fritz
Kunze geleitet. Eine Arbeitsgruppe gab es in Neu-Sarow unter der
21
Leitung von Erdmann Koß. Zur Verrichtung der Feldarbeiten blieben
6 Pferde auf Neu-Sarow. Im Dorf hatte man 18 Pferde zur täglichen
Arbeit. Die Tierproduktion leitete Rudi Krohn als Zootechniker und
August Rilling als Brigadier. Der 90er Stall an der Hohenbrünzower
Straße war zum Herbst 1960 fertig und konnte genutzt werden. Auch
die Offenställe, wie man sie üblicherweise baute, konnten zur Produktion genutzt werden.
Zur Viehwirtschaft gehörte auch eine Hühnerfarm, die von Frau
Olsowski betreut wurde. Die Hühner wurden bald wieder abgeschafft
und es wurden Enten gehalten. Die Enten brachten auch nicht den
gewünschten Gewinn und man schaffte diese ebenfalls ab. Der Stall
wurde nun zu einem Ferkel- und Läuferstall umgerüstet. Das LPG
Büro war in einem Gebäude an der Hohenbrünzower Straße bis zum
Herbst 1964 untergebracht, dann erfolgte der Umzug in das freigewordene Verwaltungsgebäude der MTS. Die Wirtschaft wollte unter
der Leitung der LPG nicht recht florieren. Es musste schon gelernt
und verstanden sein, diesen großen Betrieb mit über 1000 ha Acker zu
bewirtschaften. Die LPG war eben eine neue Einrichtung und es waren auch Mitglieder in die LPG eingetreten, die nicht für die Sache,
sondern absolut dagegen waren.
Als es dann wohl gar nicht vorwärts ging, setzte man kreislich den
Abteilungsleiter der Landwirtschaft als LPG Vorsitzenden in Sarow
ein. Der Genosse Siegfried Freuling wurde von der Vollversammlung
in Sarow bestätigt. Als Hauptbuchhalterin hatte Frau Gaedke die Bestätigung.
An den Wirtschaftswegen gab es Siedlungen, die von Typ l und dazwischen wieder Siedlungen, die von Typ III bewirtschaftet wurden.
Als unsererseits Gespräche geführt wurden, um einen Flächenaustausch vorzunehmen, kam man in Typ l zu dem Entschluss, sich der
LPG „Ökonomie“ anzuschließen. Es mag auch andere Gründe gegeben haben. Typ l war die Form, in der die Pflanzenproduktion gemeinsam geführt wurde, für die Tierproduktion war jeder selbst verantwortlich. Dies bedeutete, dass die Männer mit ihren Frauen frühmorgens ihr Vieh versorgten, dann die gemeinsame Feldarbeit erledigten und am Abend wieder Kühe, Schweine und Pferde versorgen
mussten. In dieser Beziehung waren die Mitglieder von Typ III wesentlich freier und besser dran. Am 01.01.1965 erfolgte der Anschluss
22
von Typ l an die Typ III „Ökonomie“ Sarow. In den Jahren 1964/65
bauten wir in Sarow ein Lagerhaus für Kartoffeln. Die Lagerung war
in den herkömmlichen Erdmieten in einem 2000 ha Betrieb mit einem
Anbau von 200 ha Kartoffeln sehr arbeitsaufwendig und auch mit
großem Risiko verbunden. Es wurde der Beschluss gefasst, ein 2000 t
Lagerhaus mit Belüftungsanlage und Sortiertrakt zu bauen. Im Herbst
1965 erfolgte die erste Einlagerung. Wenn diese auch in umständlicher Weise und mit viel körperlicher Arbeit erfolgte, so war es doch
eine sehr gute Sache und man hatte den größten Teil der Kartoffeln in
guter Kontrolle, was bei den Mieten nicht der Fall war. Von Jahr zu
Jahr bauten wir Verbesserungen zur Ein- und Auslagerung in die Halle ein, die uns dann auch große Erleichterungen in der täglichen Arbeit
brachten. Herr Paul Radtke hat über viele Jahre aufopferungsvoll und
verantwortlich den Anbau, die Lagerung und Sortierung betreut. Eine
Umkonstruierung der Kartoffelscheune erfolgte 1979 für 725 TM.
Den Antrag zum Anschluss an die LPG Typ III „Ökonomie“ Sarow
stellte dann auch der Vorstand der LPG Typ III „Freiheit“ Gehmkow
am 01.01.1966. Der Grund zum Anschluss war wie schon einmal erwähnt, die Ausstrahlungskraft von Sarow. Zum anderen war der leichtere Boden, der in Gehmkow vorherrscht, stark von Nematoden (Fadenwurm) befallen und dadurch ein Kartoffelanbau nur bedingt möglich. Es wird hier auch noch andere Gründe zur Auflösung der LPG
gegeben haben. Im Mai 1966 brach in Ganschendorf in einem Zuchtstall für Schweine die Maul- und Klauenseuche aus. Dieses hatte zur
Folge, dass der gesamte Bestand des Stalles geschlachtet werden
musste. Die Maul- und Klauenseuche trat dann von Mai bis Juni in
den verschiedenen Rinderbeständen des Betriebes auf. Zuerst war nur
Ganschendorf voll gesperrt, später auch Sarow und Gehmkow. An den
Dorfausgängen stellte man Schlagbäume auf. Es wurden Wachen eingeteilt, so dass der Personenverkehr vollkommen unterbunden war.
Lebensmittel und sonstige Waren und Güter brachte man über Warenschleusen ins Dorf. Für die LPG entstand durch die MKS ein großer
Schaden, der wohl vom Staat gestützt und gelindert wurde, aber trotzdem war der finanzielle Ausfall enorm hoch. Die Leitung und der
Vorstand der LPG fassten den Beschluss, eine Milchviehanlage für
900 Kühe in Gehmkow zu bauen. Diesem Bau stimmte auch die damalige Kreisverwaltung zu. Der Zeitraum des Bauens war von 1967
bis 1969. Am 12. November 1967 mussten wir bei Schnee und Kälte
23
den ersten Stall belegen, obwohl die Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen waren. Der Wert der Anlage lag bei 3,5 Mill. Mark. Zum
Jahresende 1969 kam dann ein Antrag zum Anschluss an die LPG
Sarow von der LPG „Empor“ Törpin und von der LPG Typ l „Gemeinsame Tat“ Törpin. Die Begeisterung der Sarower über diesen
Zusammenschluss war nicht sehr groß, aber bei dem Bau der Milchviehanlage in Gehmkow hatte man Törpin voll mit eingeplant, so dass
es kaum eine andere Möglichkeit gab. Seit der MKS war die Stabilität
der LPG stark gesunken und der Betrieb hatte eine ständige Rückentwicklung. Im November 1969 war es dann soweit, dass für Oktober
kein Lohn gezahlt werden konnte. Die Mitglieder der Feldbaubrigade
traten am 03. November nicht zur Arbeit an. Der Rübenkomplex
machte nur eine Futterversorgung, dann wurde nur noch diskutiert. Es
war eine Stimmung im Betrieb, die gar nicht zu beschreiben ist. Am
Abend wurde dann eine Vollversammlung durchgeführt, an der Herr
Ritzki (Leiter der landwirtschaftlichen Abteilung beim Kreis) teilnahm. Er gab der Vollversammlung das Versprechen, für die Geldzahlung zu sorgen und wollte auch andere Missstände wieder in Ordnung
bringen. Leider war es so, dass der Vorsitzende Siegfried Freuling
durch ständigen Alkoholgenus seine Autorität und sein Vertrauen soweit abgebaut hatte, dass der Vorstand und die Parteileitung zum
Frühjahr 1970 den Vorsitzenden von seinem Amt entbanden. Kreisleitung und örtliche Parteileitung sahen sich veranlasst, einen neuen
Mann zum Vorsitzenden zu werben. Genossen Günter Witt, der Vorsitzender der LPG Sassen und auch Mitglied der Kreisleitung der SED
war, konnte man überzeugen, die LPG Sarow zu übernehmen, die zu
diesem Zeitpunkt der größte Betrieb des Kreises Demmin mit 2481 ha
Acker und 413 ha Grünland war. Im Frühjahr 1970 bestätigte dann der
Vorstand, die Parteileitung und auch die Vollversammlung den Genossen Günter Witt als Vorsitzenden der LPG „Ökonomie“ Sarow.
Der Tierbestand der LPG war beim Wechsel der Vorsitzenden folgender: 1140 Milchkühe, 900 Jung- und Masttiere, 500 Schafe, 2000
Schweine, davon 160 Zuchtsauen.
Das Jahr 1970 war für die Landwirtschaft ein kompliziertes Jahr, besonders für die Sarower LPG. Durch einen langen Winter mit viel
Schnee und ein spät einsetzendes Tauwetter, war eine Frühjahrsbestellung erst Ende April bis in den Mai möglich. Das Hochwasser machte
24
uns sehr viel zu schaffen. Die Sarower Wiese mit dem Schlossteich
war eine riesengroße Wasserfläche. Die Häuser Wickert und Klinke
waren vom Wasser bedroht, so dass wir großvolumige elektrische
Pumpen einsetzten. In Tag- und Nachtarbeit wurde das Wasser über
die Straße gepumpt, um die Wassermassen vom Dorf zu entfernen.
Ähnlich war es in der ganzen Feldmark, alle Wiesen und Wasserlöcher waren überschwemmt. Am Ganschendorfer Dorfteich musste
sehr viel getan werden, damit die Häuser in unmittelbarer Nähe vom
Wasser verschont blieben. Die Kreisstadt hatte an den Tollense- und
Peenewiesen zusätzlich Deiche von Sandsäcken gebaut, um die Stadt
vor dem Eindringen des Wassers zu schützen. Am 27. Juni 1970, einem Sonntagnachmittag, zog ein sehr starkes Gewitter über das Dorf.
Ein Blitz traf eine ehemalige Gutsscheune, die mit Rohr gedeckt war
und als Stall genutzt wurde. Sie brannte rettungslos nieder. In dem
Gebäude standen 80 Mastbullen, ein Teil davon schon ablieferungsfähig, 30 Kälber, sowie 7 Arbeitspferde. Männer, die im ersten Moment
zur Stelle waren, konnten nicht helfen. Alle Türen waren mit Schlössern gesichert. Das mit Schilf gedeckte Dach war großflächig vom
Blitz entzündet worden, kein Mensch konnte an das Gebäude heran.
Alle Tiere, die im Stall waren, mußten elendig in der Hitze und im
Feuer umkommen. Der LPG war wieder ein beträchtlicher Schaden
entstanden, wenn auch eine Versicherungsentschädigung erfolgte. Der
Herbst des Jahres 1970 machte uns mit der schlechten Witterung und
dem vielen Regen große Schwierigkeiten. So mußten Ernte- und Bestellarbeiten mit viel Aufwand und hohen Kosten getätigt werden. Die
LPG hatte zu diesem Zeitpunkt einen sehr schweren Stand. Herr Witt
der im Frühjahr den Betrieb übernommen hatte, sowie alle Mitglieder
mußten einen schlechten Jahresabschluss hinnehmen. Zu dieser Zeit
waren eine Sporthalle und eine Lagerhalle für Kohl im Bau. Dieses
Baugeschehen brachte zusätzliche Belastungen für den Betrieb. Die
Einweihung der Sporthalle erfolgte mit einem Betiebsfest am 30. Januar 1971.
Durch die fleißige Arbeit aller Genossenschaftsmitglieder konnten die
Jahre 1971/72 wieder erfolgreicher gestaltet werden. Die Erträge der
pflanzlichen Produktion stiegen wieder und auch die Leistungen der
tierischen Produktion, insbesondere die der Schweineproduktion.
Dadurch verbesserte sich auch die finanzielle Lage der LPG und das
Einkommen der Genossenschaftsbauern entwickelte sich wieder,
25
wenn auch langsam, so doch positiv. Die Steigerung der Produktion
wurde vom Staat mit großzügigen Kreditstreichungen belohnt.
Schlussfolgernd aus den nassen Jahren 1970 und 1972 wurden wieder
Meliorationsprogramme erarbeitet und durchgeführt. Großräumige
Meliorationsmaßnahmen auf 400 ha von 1967 bis 1969 erwiesen sich
als erfolgreich, und die angefangenen Baumaßnahmen stellte man in
den 70er Jahren fertig. Die staunassen Flächen ließen sich wieder besser bearbeiten und waren ertragreicher. Die in der damaligen DDR
begonnene Spezialisierung der Landwirtschaft, die in der Trennung
von Pflanzen- und Tierproduktion und der Herauslösung der agrochemischen Arbeit aus den Landwirtschaftsbetrieben ihren Ausdruck
fand, machte auch um Sarow keinen Bogen. So wurde ab 1. Februar
1973 laut Beschluss der Vollversammlung die Pflanzenproduktion aus
der LPG Sarow, Beggerow und Glendelin herausgelöst und in der
Kooperation Abteilung Pflanzenproduktion Sarow (KAP) gemeinsam
betrieben. Die drei LPG'n verblieben vorerst selbständig, die KAP war
ihnen rechenschaftspflichtig, die Zusammenarbeit wurde vom Kooperationsrat koordiniert. Die Jahre 1973/74 waren für die KAP erfolgreiche Jahre, es konnte sowohl das Ertragsniveau erhöht werden, als auch
ein gutes finanzielles Ergebnis erreicht werden. Nach den Schritten
zur Konzentration im Pflanzenbau erfolgte im Jahre 1975 auch die
Konzentration in der tierischen Produktion. So vereinigten sich die
LPG Beggerow und Glendelin und danach erfolgte per 01 01.1976 der
Zusammenschluss der LPG Sarow und Beggerow zur LPG Tierproduktion Beggerow. Die KAP Sarow bewirtschaftete eine Landwirtschaftliche Nutzfläche von 4400 ha. Zum Ende des Jahres 1974 wurde
an die KAP von den kreislichen Leitungsorganisationen der Plan herangetragen, ab 01.01.1975 die Pflanzenproduktion der Kooperation
Lindenberg mit zu übernehmen. Sie bestand aus der Pflanzenproduktion Lindenberg, Hohenbollentin, Alt- und Neu Kentzlin. Nachdem
alle beteiligten LPG'n zugestimmt hatten, zum Teil mit Skepsis, erfolgte im Januar 1975 der Zusammenschluss der pflanzlichen Produktion in der KAP Sarow.
Die KAP Sarow hatte nun eine Größe von 7069 ha. Sie erlangte eine
größer werdende finanzielle und ökonomische Selbständigkeit, was
zur Gründung eines juristisch selbständigen Betriebes führte. Nachdem alle beteiligten Betriebe zugestimmt hatten, erfolgte in einer
Vollversammlung der Beschluss zur Gründung der LPG Pflanzenpro26
duktion Sarow ab 01.01.1976. Die Produktion und die Technik waren
konzentriert in den Abteilungen Sarow, Beggerow und Lindenberg,
sowie die Abteilung Technik und Instandhaltung und die Abteilung
Gartenbau. Zu Beginn der gemeinsamen pflanzlichen Produktion erhielt jede Abteilung einen spezialisierten Produktionsauftrag. So war
die Abteilung l Sarow verantwortlich für die Getreide- und Rapsernte,
sowie für die Pflugarbeiten in der ganzen LPG. Die Abteilung II Beggerow war für die gesamte Kartoffelproduktion verantwortlich, gab
dem Gartenbau Unterstützung, der auf 50 ha produzierte und räumte
das gesamte Stroh in der LPG. Die Abteilung III Lindenberg machte
die gesamte Futterproduktion, bewirtschaftete sämtliches Grünland
der LPG und war weiterhin für die Zuckerrübenproduktion verantwortlich. Die Pflege der Rüben wurde von den Abteilungen organisiert. Diese Produktionsorganisation war auf die Dauer zu aufwendig
und führte auch zum Desinteresse der Genossenschaftsbauern am Geschehen im Ort. Infolgedessen führten wir ab 1981 wieder schrittweise
eine territorial bezogene Betriebsorganisation ein. Die Arbeitskollektive brauchten nicht mehr über die Dörfer und es wurde an Zeit Material und Kraftstoff gespart. Die Abteilungen standen im gegenseitigen
Wettbewerb und dieser führte zur Produktionssteigerung und Kosteneinsparung. Ab 01.04.1977 war die Abteilung Technik und Instandhaltung in den Kreisbetrieb für Landtechnik Kletzin übergeben worden. Ziel war es, eine bessere technische Betreuung und eine Entlastung von der Ersatzteilbeschaffung zu erreichen. Diese Zielstellung
wurde nicht erreicht. Sorgen bereitete dem Betrieb auch die Entwicklung der Agrochemie in der großen LPG. Während bis zum Bestand
des ACZ Sternfeld eine gute agrochemische Betreuung gewährleistet
wurde, brachte die Gründung des ACZ Demmin keine Erfolge, im
Gegenteil. Es lief vieles verkehrt und gab dementsprechend Ärger. In
der LPG hatten wir einen sehr großen Bestand an Technik, die vielen
Traktoren. Feldhäcksler, Schwadmäher, Mähdrescher und LKW
brauchten ihre regelmäßige kontrollierte Pflege. 1983 wurde ein Pflegestützpunkt im Werte von 885 TM fertig gestellt und übergeben. Zur
gleichen Zeit erfolgte auch die Fertigstellung einer Maschinenhalle für
737 TM. Die Gemüseproduktion spielte für die LPG und auch kreislich eine große Rolle. Der hohe Anbau von Weiß- und Rotkohl verlangte sehr viel Handarbeit in der Pflege und Aufbereitung. Zur Erleichterung der Aufbereitung des Kohls musste eine moderne Anlage
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installiert werden. Die Rekonstruktion kostete 867 TM und kam 1984
zu Anwendung.
Im Rahmen der LPG konnte eine Steigerung der Produktion erreicht
werden, konnte man zum Beispiel 1977 nur 44 dt Getreide pro ha
Landwirtschaftlicher Nutzfläche (LN) abrechnen, erreichten wir 1989
bereits 53 dt Getreide pro ha und 1990 wurde dieses Ergebnis noch
überboten. Dabei muss erwähnt werden, dass die Jahre 1980, 1981
und 1983 witterungsbedingt Rückschläge mit sich brachten. Sie konnten aber in den Folgejahren, nicht zuletzt durch die guten Leistungen
in den Abteilungen, aufgeholt werden. Weitergeführt wurden in der
LPG (P) die Meliorationsmaßnahmen. Insgesamt investierte man seit
1975 über 20 Mill. Mark für den Meliorationsbau, hinzu kommen 21
km Wirtschaftswege. Neben dem Bau und der Erhaltung von Produktionsbauten, der Modernisierung betrieblicher Wohnungen durch die
betriebliche Baubrigade, gab man auch der Gemeinde und der Bevölkerung Unterstützung im Bauwesen. Für die Gemeinde baute man
eine komplette Verkaufsstelle in Sarow. Diese Einrichtung wurde vom
Konsum genutzt und nach der Wende dient sie weiter als Verkaufseinrichtung in privater Hand. In Ganschendorf baute man von 1987 bis
1988 eine großräumige Beregnungsanlage. In der ehemaligen Koppel
und Wiese von Hermann Michael wurde der Strehlower Bach mit einem Stauwerk versehen, ein Staubecken und eine elektrische Pumpenstation gebaut. Von hier aus verlegte man bis an den Ort Ganschendorf ein Rohrsystem unterirdisch auf 350 ha Acker und selbst die
Gärtnerei am Ort bekam einen Wasseranschluss bis an die Treibhäuser. Eine großzügige Plattenstraße, als Ringstraße durch die Feldmark
auf 5,5 km Länge gebaut, gab der Beregnungsanlage die Vollständigkeit. Die Hauptstränge sind mit Hydranten bestückt, so dass man von
hier aus mit Rollregnern arbeiten kann. Leider ist durch die Wende
1989 die ganze Anlage, außer der Plattenstraße, eine Fehlinvestition.
Der Wert der Anlage einschließlich der Plattenstraße betrug 3,5 Mill.
Mark.
Alle Investitionen, die getätigt wurden, sind aus eigenen Mitteln finanziert. Kredite mußten nicht übernommen werden. Durch die Größe
des Betriebes konnten Baumaßnahmen finanziell gut getragen werden.
Auch in den Abteilungen II und III führte man Wegebau, sowie Bauund Meliorationsmaßnahmen durch. Eine weitere positive Entwick-
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lung konnten ebenfalls die Betriebe der Tierproduktion verzeichnen,
sie konnten ihre Leistungen erhöhen und ihre finanzielle Lage stabilisieren. Mit der Angleichung der territorialen Betriebsorganisation
zwischen Pflanzen- und Tierproduktion seit Mitte der 80er Jahre verbesserte sich die Zusammenarbeit zwischen Pflanzen- und Tierproduktion wesentlich. Die Wende brachte auch das Aus für viele LPG'n
in unserem Lande. So zerfiel auch die LPG (P) Sarow im Juni 1990
wieder in drei Teile. Eine Vermögensteilung für Lindenberg, Beggerow und Sarow wurde vorgenommen.
Zum Herbst 1990 bildeten Wiedereinrichter neue kleine Betriebe. Sarow selbst, mit den Ländereien der alten „Ökonomie“, wurde zum
„Agrarhof“ umbenannt und bewirtschaftet etwa 1900 ha.
Die Optimisten, die noch nach der Wende glaubten, so ein stabiler
Betrieb könne weiter bestehen wurden bald eines Besseren belehrt.
An dieser Stelle möchte ich die Geschichte „30 Jahre LPG“ beenden.
Die Geschichte .soll nur ein kleiner Rückblick für unsere Nachkommen sein. Sie soll das Leben und Wirken unserer Dorfbevölkerung in
„30 Jahre LPG in der DDR“ darstellen.
Die Bodenreform in Törpin
Die Hilfe der Männer und Frauen aus der Stadt wurde gerne in Anspruch genommen. Das Getreide wurde noch zum größten Teil mit
dem Mähbinder gemäht und in Garben gebunden, die Mähdrescherkapazität reichte bei weitem nicht aus. Das Getreide wurde gemäht, die
Garben zu Hocken aufgestellt, in die Scheunen der Bauern oder in
Mieten zusammengefahren, wo dann das Dreschen erfolgte. Die Kartoffel- und Rübenernte verlangte viele Arbeitskräfte, denn moderne
Vollerntemaschinen waren erst in der Entwicklung.
In der Viehwirtschaft musste besonders viel unternommen werden,
um der schweren Stallarbeit, besonders das Handmelken der Milchkühe, das hauptsächlich von den Frauen getätigt wurde, ein Ende zu bereiten, denn die Frauen mussten etwa 20 Kühe, und das zweimal am
Tag, melken. Nebenbei wurden auch noch andere Stallarbeiten verlangt.
Die Feldtransporte führten die Genossenschaftsbauern mit Pferdegespann durch. Im Frühjahr musste der Stickstoffdünger für die Saaten
29
ausgebracht werden. Dies erfolgte zum Teil mit Pferdedüngerstreuern,
aber den größten Teil streuten die Männer mit der Hand. Auch die
Drillarbeiten führten die Bauern mit Pferdegespannen durch. Die
Pflanzkartoffeln, die 1960 noch von den einzelnen Höfen geholt wurden, transportierten Pferdegespanne. Die Pferde standen auf den verschiedenen Höfen des Dorfes. So hatte eine Arbeitsgruppe, die von
Friedrich Diedrich geleitet wurde, 6 Arbeitspferde auf dem Hof von
Bernhard Günther zur Anspannung zu stehen. Eine Arbeitsgruppe, die
zu Anfang von Hermann Günther, später von Fritz Hagen geleitet
wurde, hatte die Pferde auf dem Hof von Hermann Günther. Auch im
Stall von Arno Röhrdanz waren 4 Arbeitspferde untergebracht. Auf
den Höfen von Bruno Günther und Walter Senger standen 6 Arbeitspferde. Jede Arbeitsgruppe war mit ihren Pferden eine bestimmte Fläche der Feldmark zugeteilt.
Im Dorf bei Ernst Schlorff und Georg Hoffmann waren 4 Pferde stationiert. Diese wurden von Ernst Schlorff und Georg Hoffmann für die
Futterversorgung der verschiedenen Rinder- und Schweineställe angespannt. Walter Jahnke, der nur kurze Zeit bei Typ I auf der LangenReihe Mitglied war und zu Typ III überging, hatte den gesamten
Milchtransport zur Molkerei übernommen und 4 Pferde im eigenen
Stall zu stehen.
Walter Jahnke hatte in den 60er Jahren ein hohes Arbeitspensum zu
bewältigen und war ein zuverlässiger Milchkutscher. Er sammelte die
gesamten Milchkannen der Mitglieder ein, denn jeder hatte noch eine
Kuh, schaffte die Milch von den einzelnen LPG-Ställen zur Molkerei
und auf der Rücktour mussten alle Kannen mit entsprechendem Magermilchanteil zurückgebracht werden. Auch die Schweineställe
mussten angefahren und mit Magermilch beliefert werden.
Alle Pferde mussten individuell gefüttert und gepflegt werden. Für
diese Arbeiten wurden pro Pferd 3 AE vergütet. Der Wert der Arbeitseinheit lag unterschiedlich in den Jahren zwischen 5 bis 10 Mark.
1961 erfolgte von staatlicher Seite die leihweise Übergabe der Technik. Das heißt, Maschinen und Traktoren wurden den LPG’n zur Nutzung, zur Verfügung gestellt. Bisher hatte die Gehmkower Brigade
Unterstützung bei den Törpiner Bauern gegeben. Mit Beginn der LPG
in Törpin richtete die MTS einen Stützpunkt in Törpin ein, zuerst ganz
klein und dann wurde die Scheune vom Gehöft Eckhard Giese
30
(Röhrdanz) als Stützpunkt und Werkstatt ausgebaut. Die Futterversorgung hatten die beiden Männer Schlorff und Hoffmann gut im Griff.
Die Schrot und Kraftfutterverteilung wurde über die Mühle Liermann
geregelt. Die Kutscher waren für den Transport verantwortlich. Im
Laufe der Jahre wurden die Pferde weniger, die Traktoren übernahmen die anfallenden Transporte. 1966 hatte man noch 18 Pferde, die
bei Walter Kasdorf eingestallt waren.
Am 01.09.1961 wurde Horst Teschendorf als kreislicher Kader in der
LPG Törpin eingesetzt. Er übernahm die tierische Produktion von
Stefan Neusser, der aus gesundheitlichen Gründen für Innenarbeiten
beim Kreis eingesetzt wurde.
Die LPG Törpin hatte 1961/62 etwa 210 Milchkühe. In den Gebäuden
des Kühlschen Hofes standen im alten Stallgebäude 90 Kühe und in
der Scheune, die als Stall umgerüstet war, konnten 75 Tiere Platz finden. Bei Bernhard Günther standen 25 und bei Hermann Günther 30
Kühe.
Nach den ersten Jahren der Zusammenarbeit, die durch viele Schwierigkeiten gekennzeichnet waren, schlug der Blitz am 8. August 1964
in den Stall vom Hof Kühl ein und brannte diesen bis auf die Grundmauern nieder. Der Vorsitzende Ehlert war der erste Mann im Stall,
der dieses miterlebte. Im Stall war für 75 Kühe Platz geschaffen und
moderne Melktechnik eingebaut. Auf dem Stallboden lagerte ein Wintervorrat von 75 Fuder Heu. Diese und 21 Pölke konnten nicht mehr
gerettet werden und wurden Opfer der Flammen. Die LPG hat mit
Hilfe aller Maurer der umliegenden Betriebe und Unterstützung des
Kreises den Stall wieder aufgebaut Der abgebrannte Stall, die ehemalige Scheune des Hofes, war ursprünglich mit viel Aufwand zum Einstallen von 75 Milchkühen hergerichtet worden. Auf den Grundmauern baute man einen modernen Stall mit großem Dachboden und
Melktechnik neu auf. Mit großer Anstrengung war es gelungen, dass
der Stall bis zum Spätherbst zum Einstallen fertig wurde.
In der Jahreshauptversammlung, im Februar 1967, wurde Otto Ehlert
nicht wieder zum Vorsitzenden gewählt. Ehlert war von Beruf Maler
und hatte für die Landwirtschaft nicht die nötigen Erfahrungen. Er war
ein guter Geschäftsmann, aber kein Bauer (so Bemerkungen der Törpiner Bauern). Die Mitglieder der Törpiner Genossenschaft wählten in
31
ihrer Jahreshauptversammlung Horst Teschendorf zu ihrem Vorsitzenden. Die Leitung der Feldwirtschaft wurde Martin Linde als neuen
Bürger von Törpin übertragen. Als Leiter der Tierproduktion entschied man sich für Kurt Drews, der von Typ I in Typ III gewechselt
hatte. Frau Helga Geydis hatte bisher die Buchhaltung gemacht und
wurde von der Versammlung als Hauptbuchhalterin bestätigt. In der
Vollversammlung wurde weiterhin ein Kooperationsvertrag mit der
LPG ,,Ökonomie“ Sarow beschlossen. In dem Vertrag waren folgende
Festlegungen enthalten:
1.
Die Beteiligung an dem Bau einer MVA (Milchviehanlage) zwischen Törpin und Gehmkow, aber auf Gehmkower Flur.
2.
Beteiligung am Bau einer Trocknungsanlage auf Dieselbasis
3.
Beteiligung am Bau einer Silo, sowie Hochsiloanlage.
Im Jahre 1967 hatten sich alle Genossenschaften des Landes gefestigt.
In der Landwirtschaft wurden Betriebe mit hohen Betriebsergebnissen
hoch gewertet und erhielten staatliche Kreditstreichungen. Auch war
die Zeit herangekommen. in der von vielen Genossenschaften verschiedener Dörfer Zusammenschlüsse beschlossen wurden.
Nach der Gründung der LPG'n und bis Ende der 60er Jahre wurden
fast alle Gebäude der Bauernhöfe für die tierische Produktion und
auch für Getreideproduktion genutzt. Ab 1970 begann dann die Zeit,
in der immer weniger Gebäude von den Bauernhöfen genutzt wurden,
besonders die Gehöfte der Ausgebauten waren nicht mehr gefragt. Die
Familien der Ausbauten versuchten, im Dorf oder anderweitig eine
Wohnung zu bekommen und somit waren die Gehöfte zum Verfall
verurteilt. Die Gehöfte Bruno Günther, Erich Tymian, Walter Senger,
Wilhelm Freese, Wilhelm Schlorff, Bernhard Günther und die kleinen
Höfe von Paul Fritz, Hermann Kukuck, Emil Kummerow und der Hof
von Otto Anders zählten bald zu den Ruinen.
Auch in der LPG Törpin nutzte man immer mehr die Konzentration
der Tierproduktion. So wurden die Gebäude vom Hof Kühl voll genutzt und auch unterhalten. An die Scheune vom Nebenhof Kluth
wurde ein großer Kälberaufzuchtstall angebaut. In unmittelbarer Nähe
baute man eine Schweinemastanlage und die Gebäude vom Hof Paul
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Röhrdanz (Götzie) richtete man auch für die Schweinehaltung her.
Durch diese Maßnahmen brachte man den Genossenschaftsbauern
teilweise große Erleichterungen, vor allen Dingen ersparte man den
Menschen die langen Wege zu ihrer Arbeitsstelle. Den finanziellen
Schäden, die die Familien durch den Zerfall der Gehöfte hatten, wurde
keine Beachtung geschenkt.
Die Bewirtschaftung der Ackerflächen brachte den Törpiner Bauern
oft große Probleme. In regenreichen Jahren gab es oft Überschwemmungen auf Acker und Grünland. Sicher hat man in uralten Zeiten
schon an das Meliorieren gedacht, aber man konnte die Arbeiten nur
mit der Hand durchführen. Der Bauer Bernhard Günther vom Hassenhof hat 1948, nachdem er aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause
kam, eine Drainierung seiner Ackerflächen vorgenommen. Wie schon
erwähnt, mussten alle Schachtarbeiten mit der Hand getätigt werden.
Das Projekt sah vor, eine Bergsenke des Seeberges in großer Tiefe zu
durchörten und Rohre für den Durchlass zu verlegen. Bei diesen umfangreichen Erdarbeiten, die damals eine Firma Struwe durchführte,
kam es zu einem Erdrutsch, der ein Todesopfer forderte. Ein Herr
Ladwig, Familienvater von 4 Kindern, wurde verschüttet und konnte
nur tot geborgen werden.
Die Törpiner Bauern hatten durchweg mittleren bis schweren Boden
und hatten auch vielfach Flächen, die mit stauender Nässe behaftet
waren. Aus diesem Grunde waren großräumige Meliorationsmaßnahmen notwendig. 1967 wurden etwa 40 ha an der Quelle melioriert und
1968 wurde in Richtung Götzie und zum Augraben dringend notwendige Maßnahmen durchgeführt.
1980/81 erfolgte die Entwässerung auf einer Fläche von 100 ha zwischen Törpin und der Langen-Reihe mit großen Investitionen. An den
Gehöften der Langen-Reihe beginnend, wurden alle Teiche in Richtung Torfkuhle angeschlossen. Von der Dorfkuhle, in der Nähe der
Gehöfte Schlorff und Holl geht das Gefälle in Richtung des Gehöftes
Bernhard Günther. Eine Rohrleitung mit großem lnnenmass wurde
verlegt und geht von der Torfkuhle am Güntherschen Gehöft vorbei,
zum Bruch am Gehöft von Wilhelm Schlorff. Weiter geht es mit großen Tiefen bis zum Läusebruch und dann in den Törpiner See. Von
33
hier aus über den Molkereigraben in den Augraben. Alle Senken und
kleinere Wasserlöcher wurden mit Schluckern dem System angeschlossen. Mit großem Aufwand und schwerer Technik wurde diese
Maßnahme durchgeführt. Im Zusammenhang mit einem Wirtschaftswegebau vorn Schneiderberg bis zur Langen-Reihe kosteten die Gewerke 643 TM.
Die LPG als damaliger Großbetrieb hat durch die umfangreichen
Maßnahmen bei laufender Produktion nicht nur in Törpin, auch in
anderen Orten der LPG, hohe Erträge in der Pflanzen- und Tierproduktion erreicht. Die vielen Investitionen waren echt von Erfolg gekrönt.
Das Jahr 1966!
Maul- und Klauenseuche
Die jungen Genossenschaften der landwirtschaftlichen Produktion
hatten sich gut gefestigt. Viele Probleme waren mit der Zeit gelöst,
doch plötzlich bricht in anderen Orten und so auch in der näheren
Umgebung die Maul- und Klauenseuche in Rinder- und Schweinebeständen aus. Die Törpiner Genossenschaft hatte das Rindvieh in den
größeren Stallungen der Bauernhöfe untergebracht. Auf dem Hof von
Hermann Günther waren 40 Sterken zum Abkalben eingestallt, der
Nachbarhof von Arno Röhrdanz beherbergte 20 Sterken und einen
Zuchtbullen. In den Gebäuden des Hofes Kühl waren in jedem Stall
75 Tiere eingestallt. Der neugebaute Kälberstall vom Hof Kluth/Kühl
war mit 150 Stück Jungvieh belegt. Auf dem Ausbau Hof Senger
standen 60 Masttiere und im Stall von Bernhard Günther wurden noch
20 Milchkühe versorgt.
Um den 10. Juni1966 brach auch in Törpiner Rinderbeständen die
MKS aus. In dem Stall von Röhrdanz und dem neugebauten Stall vom
Hof Kühl brach fast zur gleichen Zeit die Seuche aus. Später folgte
dann der Jungviehbestand im Kälberstall. Auch auf dem Gehöft von
der Familie Ladwig vom Buchenkavel, welches allerdings Typ I angeschlossen war, hatte die Seuche Einzug gehalten. Einige Ställe blieben
durch die besonderen Absperrmaßnahmen verschont und so auch der
gesamte Schweinebestand.
34
Die Seuche brachte der gesamten Dorfbevölkerung und so auch der
Genossenschaft sehr viele Schwierigkeiten. Das gesamte Dorf wurde
für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Mit Hilfe von Schlagbäumen,
die zur Absperrung dienten, und Personen, die an den jeweiligen
Schlagbäumen rund um die Uhr zur Wache eingeteilt waren, wurde
auf diese Art das Dorf isoliert. Die Schlagbäume waren bei Bäcker
Schulz, aus Richtung Gehmkow, am Gehöft Fischer und Steffenhagen
aus Richtung Sarow, auf der Langen-Reihe bei Behrbaum aus Richtung Altenhagen und bei Loose von Krusemarkshagen. Eine Warenschleuse, die zur Versorgung des Dorfes diente, war bei Bäcker
Schulz eingerichtet. Die Milchfahrzeuge wurden an den Schlagbäumen desinfiziert. Um ein Zusammentreffen der Gespanne und Milchfahrzeuge an der Molkerei zu verhindern, waren für jeden Fahrer
Termine festgelegt.
Für die Gemeinde gab es in dieser Zeit ein besonderes Problem. Die
Familie Schleicher hatte einen Sterbefall. Der Sohn war bei der NVA
tödlich verunglückt und sollte in Törpin beigesetzt werden, man
machte der Familie durch die Sperrmaßnahmen in der Art Schwierigkeiten, dass der Sarg mit der Leiche erst nach langen hin und her zum
Friedhof gebracht werden konnte. Mitte Juni konnte die Sperrmaßnahme aufgehoben werden und es setzte wieder Normalität im Dorfleben ein. Durch die MKS war der Gemeinde und besonders der Genossenschaft ein erheblicher finanzieller und auch materieller Schaden
entstanden. Die Rinderbestände waren sehr geschwächt und die Seuche hatte noch lange Nachwirkungen in Form von Klauen - und Euterkrankheiten.
Die MKS in den Rinder- und Schweinebeständen bricht nur in großen
Jahresabständen aus. Die letzte schwere MKS war im Jahre 1938.
Auch in Törpin war auf einigen Gehöften die Seuche ausgebrochen.
Von Herrn Karl Schlorff ist bekannt, dass es in seinem väterlichen
Bestand vier tote Kühe gegeben hat. Auch in Ganschendorf bereitete
die MKS den Bauern große Probleme. Die Seuchenschutzmaßnahmen
wurden sehr stark beachtet und die Gendarmerie führte strenge Kontrollen durch.
Ein nasser Herbst
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Im Herbst 1966 gab es sehr viele Niederschläge, dadurch verzögerten
sich die gesamten Herbstarbeiten. Besonders schwierig war es mit der
Hackfruchternte. An dem Gehöft von Kurth/Schumacher standen
Weißkohl und Zuckerrüben. Mit Hilfe von Soldaten der Roten Armee,
die mit Allradfahrzeugen kamen, konnte der Weißkohl geerntet und
abtransportiert werden. Die sowjetischen Einheiten in Neustrelitz und
Fürstenberg waren gleichzeitig sehr gute Kohlabnehmer. Die Zuckerrüben konnten wegen den schwierigen Bodenverhältnissen nur mit der
Hand gerodet werden. Die Soldaten der Roten Armee gaben bei der
Rübenernte große Unterstützung.
Die Entwicklung der Landwirtschaft der 60er Jahre machte es notwendig, große Produktionsstätten mit dementsprechender Technik zu
errichten.
Gehmkow gehörte ab 01.01.1966 zur LPG ,,Ökonomie“ Sarow. Im
Hinblick darauf, auch Törpin an Sarow anzuschließen, fasste man den
gemeinsamen Beschluss, eine Milchviehanlage auf Gehmkower Flur
zwischen Törpin und Gehmkow zu bauen. Es wurde der Beschluss
gefasst, auf Gehmkower Grund und Boden, mindestens 100 m von der
Gehmkower–Törpiner Landstraße zu bauen. Weiterhin sollte eine
Trocknung auf Dieselbasis und eine Milchleitung (Milchpipeline)
von Gehmkow zur Molkerei Törpin sowie vier Hochsilos errichtet
werden.
Die Grundsteinlegung erfolgte im Jahre 1967. Die Wasserversorgung
regelte man über das Gehmkower Wasserwerk. Die Baumaßnahmen
wurden von der eigenen Handwerkerbrigade ausgeführt. Aber auch
andere Betriebe, die die entsprechende Technik besaßen wurden herangezogen.
Zum 7. Oktober 1968 sollte die erste Stalleinheit übergeben werden.
Der Termin konnte aber nicht eingehalten werden. Man hatte schon
1967 und 1968 die Kuhbestände dahin organisiert, um im Herbst 1968
300 Milchkühe in den ersten Stall einzustallen. Leider wurde aus dem
Vorhaben nichts, und man war noch mit den Herden draußen auf den
Weiden in Neu-Sarow. Am 7 November stellten sich in der Nacht
Frost und Schnee ein. 130 Milchkühe standen im Schnee. Die Melker
konnten morgens nicht mehr die Kühe draußen melken, und es mussten besondere Maßnahmen durchgeführt werden. Vom Vorsitzenden
36
Herrn Siegfried Freuling kam dann die Anweisung, dass alle verfügbaren Kräfte nach Gehmkow mussten, um die Notlage zu beseitigen.
Von der Baufirma waren schon zwei Bergeräume gerichtet und bis auf
wenige Nebenarbeiten und festen Fußboden fertiggestellt. Die Kühe
wurden zum größten Teil in einen Bergeraum getrieben, in den anderen Bergeraum hat man den Weidemelkstand gerückt, und die Kühe
konnten wenig-stens schon gemolken werden. In dem noch nicht fertigen Stall Nr.2 waren alle Handwerker dabei, die Melkanlage und die
Anbindevorrichtung zu installieren und auf den Ständen Gummimatten zu verlegen. Männer der Feldbaubrigade brachten Futter auf die
Futtertische und waren dabei, Kühe einzufangen und die Tiere im
neuen Stall anzubinden. Es war für alle Beteiligten ein anstrengender,
aber erfolgreicher Tag gewesen.
Der Stall II wurde mit Kühen von Martens und 100 Färsen belegt. Im
Herbst 1969 konnte der Stall Nr.1 seiner Bestimmung übergeben, am
8. November mit 160 Kühen belegt werden. Der Stall Nr.3, der dann
noch gebaut wurde, konnte erst 1972 im Januar belegt werden und
musste wieder geräumt werden, weil 50 Tiere nicht ausreichten, um
eine ausreichende Stalltemperatur zu erzeugen. Dort froren alle Leitungen ein. Die Arbeit der Melker begann früh um 4.00 Uhr. 6 Personen waren für einen Stall verantwortlich.
Zum 01.01.1969 stellten die LPG Typ III „Empor“ und die LPG Typ l
„Gemeinsame Tat" Törpin den Antrag, um von der LPG „Ökonomie"
Sarow aufgenommen zu werden. Durch den Zusammenschluss mit
den Törpinern konnte die Arbeitskräftelage in der MVA (Milchviehanlage) gut gelöst werden.
In den Jahren 1969/70 wurden weitere Herden aufgebaut. Durch die
Trocknungsanlage konnte viel Trockengut eingelagert werden.
Im Herbst 1970 nahm man eine Milchpipeline in Betrieb. Diese 1,3
km lange Leitung hatte die Aufgabe, die Milch von der MVA nach der
Molkerei zu befördern. Aber es war nicht genug Druck vorhanden, so
dass nicht soviel Milch in Törpin ankam, wie hereingepumpt wurde.
Überall standen Milchpfützen auf der Erde entlang der Milchleitung.
Dieses Bauvorhaben hat sich nicht bewährt und die Benutzung musste
bald wieder eingestellt werden. Der Grund der Stilllegung war einmal
der Verlust, auch entsprach die Milchqualität, die in der Molkerei an-
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kam, nicht den erforderlichen Parametern. Dies kam durch die mangelhafte Reinigung der Milchleitung. Die Reinigung erfolgte mit dem
Durchdrücken von Bällen durch die Leitung, aber der gewisse Reinigungseffekt blieb aus. Überhaupt hat die ganze MVA in den Jahren
der LPG nicht den erhofften Erfolg gebracht, in vielen Punkten war
die Projektierung der Anlage zur Bewirtschaftung nicht ausgereift.
Der Leiter der Anlage, Herr Alfred Ewert (über 20 Jahre lang), musste
sich sehr viel plagen, um die Produktion in den rechten Bahnen zu
halten. Schlechte Arbeitsdisziplin einzelner Kollegen und
.Alkoholmissbrauch machten die Arbeit für das gesamte Kollektiv
schwer. Es kamen nicht die erwarteten Ergebnisse der Milchproduktion, dadurch kam es auch zu einer Schmälerung der gesamten Betriebsergebnisse.
Im Jahre 1970 wurde in die Ställe eine Brucellose-Infektion eingeschleppt, wahrscheinlich durch Baubrigaden. 1972 war eine ganze
Herde brucellose-verseucht, brachten dadurch nur eine geringe Leistung und viele Tiere verkalbten.
Am 31.12.1970 waren 900 Rinder in der Anlage. Im Jahre 1971 wurde
die Schichtarbeit in drei Schichten eingeführt.. Aber einige Arbeiter
waren damit nicht zufrieden. Sie hatten zu viel freie Tage und zu wenig Geld am Monatsende. So wurde die dritte Schicht wieder gestrichen.
Im Januar 1972 wurde der Stall III mit 50 Färsen in Betrieb genommen.
Nachdem die Brucellose-Infektion in der Anlage besiegt war, wurde
das Kombinat im Jahre 1973 gründlich gereinigt und desinfiziert. Es
wurden neue Färsen und Jungkühe gekauft. Es wurden neue hygienische Maßnahmen eingeführt. Es gab Schwarz- und Weiß-Bereiche.
Danach sollte geduscht werden, die Wäsche komplett gewechselt
werden und alle Materialien sollten desinfiziert übergeben werden.
Aber das Vorhaben scheiterte, es blieb beim Wechseln der Oberwäsche.
Im Jahre 1973 hatten war der Produktionsstand mit 11000 kg Milch
am Tag am höchsten. Aber dadurch, dass kein Abkalbestall existierte,
gab es einen hohen Kälberverlust. Den höchste Verlust gab es im
Winter 1978/79. Viel Schnee machte die Straßen unpassierbar, Strom
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und Wasser fielen aus. Die Tiere wurden unter Aufbringung aller
Kräfte gemolken. Die Milch wurde aber sauer, weil sie nicht abgefahren werden konnte.
1976 kam es zum Zusammenschluss mit der LPG Beggerow als LPG
Tierproduktion. Aber es gab weiterhin viele Probleme. Am 11.7.1983
kam es zu einem Brand in einer der Lagerhallen. 2000 dt Heu und
Trockengut verbrannten durch Funkenflug von einem defekten Kaltlüfter. Der Wiederaufbau der Halle dauerte 3 Jahre!
Dann wurde die Rekonstruktion der Milchviehanlage geplant. Die
Anlage hat bis dahin 602 Mill. Mark gekostet, die Hochsilos 750000
Mark. Mit dem Umbau sollte 1991/92 begonnen werden. Besondere
Verdienste hatten sich Hilde Erdmann, Erhard Krasemann und Alfred
Ewert erworben. Aber dann kam die Wende.
Die Futterproduktion, die von der Feldwirtschaft durchgeführt wurde,
brachte nicht immer den richtigen Erfolg. Alleine die Silageherstellung, die sehr stark vom Wetter abhängig ist, glückte nicht immer. Mit
schlechten und mangelhaften Noten musste das Futter den Tieren verabreicht werden. Die Technik, die der LPG zur Verfügung stand, war
für den Großbetrieb nicht ausgereift. Erst als bessere Häcksler und
große Transporteinheiten zum Einsatz kamen, konnte man besseres
Futter produzieren und eine bessere Futterversorgung in der MVA
gewährleisten. Auch die Hochsiloanlage, die in der Herstellung einen
Wertumfang von 462.000 Mark hatte, war mit einer mangelhaften
Befüll- und Entnahmetechnik ausgerüstet. Es mussten mehrere Umbauten und Veränderungen bei der Technik vorgenommen werden.
Die Hochsiloanlage wurde nur kurze Zeit genutzt und steht heute wie
ein Denkmal in der Landschaft.
Am 30. Juni 1970 enthielt der Halbjahresbericht der LPG zur Vollversammlung folgendes: Der Tierbestand der LPG zählt 1140 Milchkühe,
900 Jung- und Masttiere, 500 Schafe, 2000 Schweine, davon 160
Zuchtsauen. Das Jahr war für die Landwirtschaft ein kompliziertes.
Durch einen langen Winter mit viel Schnee und spät einsetzendes
Tauwetter, konnte mit einer Frühjahrsbestellung erst Ende April begonnen werden. Das Wasser auf den Feldern machte den .Landwirten
stark zu schaffen, besonders auf wenig oder gar nicht meliorierten
Flächen. Dieses traf auch für einen Teil der Ackerflächen in Törpin
39
zu. Der Bericht gab auch eine schlechte Einschätzung zur Entwicklung des Futterbestandes. Natürliches Grünland konnte wegen Hochwassersituationen nicht mit Dünger versorgt werden oder nur teilweise.
Der Herbst des Jahres 1970 bereitete den Landwirten wieder große
Probleme, unaufhörliche Regentage brachten Zeitverlust und hohe
Kosten bei den Ernte- und Bestellarbeiten. Die LPG hatte zu diesem
Zeitpunkt einen schweren Stand. Herr Günther Witt, der im Frühjahr
1970 den Betrieb als Vorsitzender übernommen hatte, sowie alle Mitglieder der LPG mussten einen schlechten Jahresabschluss hinnehmen. Zu dieser Zeit waren eine Lagerhalle für Kohl und eine Sporthalle im Bau. Dieses Baugeschehen brachte zusätzliche Belastungen für
den Betrieb. Die Einweihung der Sporthalle erfolgte mit einem Betriebsfest am 30. Januar 1971. Durch die fleißige Arbeit aller Genossenschaftsbauern und -mitglieder konnten die Jahre 1971/72 wieder
erfolgreicher gestaltet werden. Die Erträge der pflanzlichen Produktion stiegen wieder und auch die Leistungen der tierischen Produktion,
insbesondere die der Schweineproduktion. Dadurch verbesserte sich
die finanzielle Lage der LPG. Das Einkommen der Genossenschaftsmitglieder entwickelte sich wieder, wenn auch langsam, so doch positiv. Die Steigerung der Produktion wurde vom Staat mit großzügigen
Kreditstreichungen belohnt.
Schlussfolgernd aus den nassen Jahren 1970 und 1972 wurden wieder
Meliorationsprogramme erarbeitet und durchgeführt. Angefangene
Maßnahmen aus den 60er Jahren baute man in den 70er Jahren fertig.
Die staunassen Flächen ließen sich wieder besser bearbeiten und waren ertragssicherer.
Die in der damaligen DDR begonnene Spezialisierung der Landwirtschaft, die in der Trennung von Pflanzen- und Tierproduktion und der
Herauslösung der agrochemischen Arbeiten aus den Landwirtschaftsbetrieben ihren Ausdruck fand, machte auch um die LPG Sarow keinen Bogen. So wurde ab dem 01.02.1973 laut Beschluss der Vollversammlungen die Pflanzenproduktion aus der LPG Sarow, Beggerow
und Glendelin herausgelöst und in der Kooperation Abteilung Pflanzenproduktion Sarow (KAP) zusammengefasst. Die drei LPG'n verblieben vorerst selbständig, die KAP war ihnen rechenschaftspflichtig.
Die Zusammenarbeit wurde vom Kooperationsrat koordiniert. Die
40
Jahre 1973/74 waren für die KAP erfolgreich, es konnte sowohl das
Ertragsniveau erhöht werden, als auch ein gutes finanzielles Ergebnis
erreicht werden. Nach den Schritten zur Konzentration im Pflanzenbau erfolgte im Jahre 1975 auch die Konzentration in der tierischen
Produktion.
So vereinigten sich die LPG'n Beggerow und Glendelin, und danach
erfolgte per 01.01.1976 der Zusammenschluss der LPG Beggerow und
Sarow zur LPG Tierproduktion Beggerow. Die KAP Sarow bewirtschaftete eine LN von 4400 ha.
Zum Ende des Jahres 1974 wurde an die KAP Sarow von der Kreisleitung der Gedanke herangetragen, die Pflanzenproduktion Lindenberg,
Hohenbollentin und Alt-Kentzlin zu übernehmen. Nachdem alle beteiligten LPG'n dem Antrag von Lindenberg zugestimmt hatten, zum
Teil auch mit Skepsis, erfolgte im Januar 1975 der Zusammenschluss
der pflanzlichen Produktion in der KAP Sarow. Die KAP hatte nun
die Größe von 7069 ha. Sie erlangte eine größer werdende finanzielle
und ökonomische Selbständigkeit, das führte dann zur Gründung eines
juristisch selbständigen Betriebes. Die Gründung der LPG Pflanzenproduktion Sarow erfolgte ab 01.01.1976.
Die Produktion und die Technik waren konzentriert in den Abteilungen Sarow, Beggerow und Lindenberg sowie die Abteilung Technik
und Instandhaltung und die Abteilung Gartenbau. Zu Beginn der gemeinsamen pflanzlichen Produktion erhielt jede Abteilung einen spezialisierten Produktionsauftrag. So war die Abteilung I Sarow verantwortlich für die Getreide- und Rapsproduktion sowie für alle Pflugarbeiten in der LPG. Die Abteilung II Beggerow war für die gesamte
Kartoffelproduktion verantwortlich, gab dem Gartenbau Unterstützung, der auf 50 ha produzierte, und räumte das gesamte Stroh in der
LPG. Die Abteilung III Lindenberg machte die gesamte Futterproduktion und bewirtschaftete sämtliches Grünland der LPG und war weiterhin für die Zuckerrübenproduktion verantwortlich. Die Pflege der
Rüben wurde von den Abteilungen organisiert. Diese Produktionsorganisation war auf die Dauer zu aufwendig und führte auch zu Desinteresse der Genossenschaftsbauern am Geschehen im Ort. Infolgedessen führten wir ab 1981 wieder schrittweise eine territorial bezogene
Betriebsorganisation ein. Die Arbeitskollektive brauchten nicht mehr
über die Dörfer und es wurde an Zeit, Material und Kraftstoff gespart.
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Die Abteilungen standen im gegenseitigen Wettbewerb der zur Produktionssteigerung und Einsparung der Betriebskosten führte.
Ab 01.04.1977 war die Abteilung Technik und Instandhaltung dem
Kreisbetrieb für Landtechnik Kletzin übergeben worden mit der Zielstellung, eine bessere technische Betreuung und eine Entlastung von
der Ersatzteilbeschaffung zu erreichen. Diese Zielstellung wurde nicht
erreicht, im Gegenteil, es war weit komplizierter geworden. Sorgen
bereitete dem Betrieb auch die Entwicklung der Agrochemie in der
großen LPG. Während bis zum Bestand des ACZ Sternfeld eine gute
agrochemische Betreuung gewährleistet wurde brachte die Gründung
des ACZ Demmin keine Erfolge, im Gegenteil, es lief vieles verkehrt
und es gab dementsprechend Ärger.
In der LPG hatten wir einen sehr großen Bestand an Technik, die vielen Traktoren, Feldhäcksler, Schwadmäher, Mähdrescher und LKW's
brauchten ihre regelmäßige kontrollierte Pflege. 1983 wurde ein Pflegestützpunkt im Werte von 885 TM fertiggestellt und übergeben. Zur
gleichen Zeit erfolgte auch die Fertigstellung einer Maschinenhalle im
Werte von 737 TM. Die Gemüseproduktion spielte für die LPG und
auch kreislich eine große Rolle. Der hohe Anbau von Weiß- und Rotkohl verlangte sehr viel Handarbeit in der Pflege, Ernte und Aufbereitung. Zur Erleichterung der Aufbereitung des Kohls installierte man
eine moderne Anlage. Die Rekonstruktion in der Gemüsehalle kostete
867 TM und kam 1984 zur Anwendung.
Im Rahmen der LPG konnte eine Steigerung der Produktion erreicht
werden. Konnte man z.B. 1977 nur 44 dt/ha LN abrechnen, erreichten
wir 1989 53 dt/ha LN und 1990 wurde dieses Ergebnis noch überboten. Dabei muss erwähnt werden, dass die Jahre 1980, 1981 und 1983
witterungsbedingte Rückschläge mit sich brachten. Sie konnten aber
in den Folgejahren, nicht zuletzt durch die guten Leistungen in den
Abteilungen, aufgeholt werden.
Weitergeführt wurden in der LPG/P die Meliorationsmaßnahmen.
Insgesamt investierte man seit 1975 über 20 Mill. Mark für den Meliorationsbau, hinzu kommen 21 km Wirtschaftswegebau. Neben Bau
und Erhaltung von Produktionsbauten, Modernisierung betrieblicher
Wohnungen durch die betriebliche Baubrigade, gab man auch der
Gemeinde und Bevölkerung Unterstützung im Bauwesen. Für die
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Gemeinde baute man eine komplette Verkaufsstelle in Sarow. Diese
Einrichtung wurde vom Konsum genutzt und nach der Wende dient
sie weiter als Verkaufseinrichtung durch private Hand.
In Ganschendorf baute man von 1987 bis 1988 eine großräumige Beregnungsanlage. In der ehemaligen Koppel und Wiese von Hermann
Michael wurde der Strehlower Bach mit einem Stauwerk versehen, ein
Staubecken und eine elektrische Pumpstation gebaut. Von hier aus bis
an den Ort Ganschendorf verlegte man unterirdisch ein Rohrsystem
auf 350 ha Acker, und selbst die Gärtnerei am Ort bekam einen Wasseranschluss bis an die Treibhäuser. Eine großzügige Plattenstraße, als
Ringstraße durch die Feldmark auf 5,5km Länge gebaut, gab der Beregnungsanlage die Vollständigkeit. Die Hauptstränge sind mit Hydranten bestückt, so dass man von hier aus mit Rollregnern arbeiten
kann. Leider ist durch die Wende 1989 die ganze Anlage, außer der
Plattenstraße, zur Fehlinvestition geworden. Der Wert der Anlage,
einschließlich der Plattenstraße, betrug 3,5 Millionen Mark.
Die umfangreichen Meliorationsmaßnahmen waren aber auch erforderlich, denn die Traktoren und die Technik für die Bearbeitung der
Felder hatten sich zu enormen Größen entwickelt und dazu brauchte
man gute meliorierte Ackerflächen. Alle Investitionen, die von der
großen LPG getätigt wurden, sind aus eigenen Mitteln finanziert, Kredite langfristiger Art mussten nicht übernommen werden. Durch die
Größe des Betriebes konnten Baumaßnahmen finanziell gut getragen
werden. Auch in den Abteilungen Beggerow sowie Lindenberg führte
man Wegebau- sowie Bau- und Meliorationsmaßnahmen durch.
Eine weitere positive Entwicklung konnten ebenfalls die Betriebe der
Tierproduktion verzeichnen. Sie konnten ihre Leistungen erhöhen und
ihre finanzielle Lage stabilisieren. Mit der Angleichung der territorialen Betriebsorganisation zwischen Pflanzen- und Tierproduktion seit
Mitte der 80er Jahre verbesserte sich die Zusammenarbeit zwischen
Pflanzen- und Tierproduktion wesentlich. Die Wende brachte das Aus
für viele LPG'n in unserem Lande. So zerfiel auch die LPG/P Sarow
im Juni 1990 wieder in drei Teile. Eine Vermögensteilung für Sarow,
Beggerow und Lindenberg wurde vorgenommen.
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Vielleicht muss man heute die Einschätzung so geben: In der Jahresabschlussversammlung des Jahres 1989 wurde, wie auch im Februar
1990, der Vorsitzende Herr Witt abgewählt. Zur Kandidatur als Vorsitzender hatte sich der Genossenschaftsbauer Herr Otto gestellt und
wurde mit Mehrheit gewählt. In der Vermögensteilung sind einige
Sachen passiert, die bei Herrn Witt anders gelaufen wären. Herrn Otto
fehlte doch die Praxis und eine bestimmte Erfahrung, so einen großen
Betrieb in dieser Situation zu leiten. Zum Herbst 1990 bildeten Wiedereinrichter neue kleine Betriebe. Sarow mit den Ländereien der alten „Ökonomie“ wurde zum „Agrarhof“' umbenannt und bewirtschaftete 1900 ha. In Törpin gab es eine Veränderung, so übernahm Heinz
Köhn einen Teil der Flächen. Auch Joachim Jahns von Hohenbollentin pachtete einen Teil von Törpin, unter anderem Acker von der Beckerschen(Kühl) Wirtschaft.
Die Optimisten, die nach der Wende glaubten so ein stabiler Betrieb
könnte weiter bestehen wurden bald eines Besseren belehrt. An dieser
Stelle möchte ich die Geschichte „30 Jahre LPG“ beenden. Die Geschichte soll nur ein kleiner Rückblick für unsere Nachkommen sein,
sie soll das Leben und Wirken unserer Dorfbevölkerung in „30 Jahre
LPG in der DDR" darstellen.
Aus dem Tagebuch eines Genossenschaftsbauern
Vollversammlung im Februar 1967: Ehlert wird abgelöst, Teschendorf
übernimmt den Vorsitz in der LPG Typ III in Törpin.
Martin Linde übernimmt die Feldwirtschaft, Kurt Drews die Leitung
der Viehwirtschaft.
Beschlussfassung:
1) Kooperation mit Sarow
2) Beteiligung an dem Bau einer Trockenanlage
3) Bau einer Milchleitung von der MVA Gehmkow nach der
Törpiner Molkerei
4) Bau einer Hochsiloanlage an der MVA Gehmkow.
Vollversammlung 1968:
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Beschlussfassung: Zum 01.01.1969 Zusammenschluss der LPG Törpin mit der LPG „Ökonomie" Sarow.
Im Weideaustrieb 1968 gehen 30 Kühe vom Stall Diederich nach Sarow, die Tiere sind TBC und Bangfrei (seuchenhaftes Verkalben im
Kuhbestand = Abortus Bang). Im Laufe des Sommers kommen weitere dazu, die Tiere sind für die Belegung des Kombinats bestimmt.
November 1968: Im Kombinat (MVA) wird aufgestallt, es stehen wenig Melker zur Verfügung. Die LPG Törpin stellt Melker und Handwerker für den Stall II, Anni Kröper und Kurt Rapsch (Berliner).
Vollversammlung 1969:
Törpin und Sarow sind eine LPG: Alle Kühe aus Törpin kommen
nach Sarow. Törpin baut zwei neue Herden auf, K. L. Kühl bei Senger
und K. Schlorff bei sich auf der Weide (Koppel).
Herbst 1969: Stall l im Kombinat ist fertig und kann belegt werden.
Am 08.11.1969 werden 160 Kühe von Törpin, die Herde Kühl und
Schlorff, eingestallt. K-L Kühl, H. Heiden, Mönch, Hoffmann und W.
Kasdorf übernehmen den Stall als Melker.
1970: Schiwasinski geht weg, Blietz und Kühl haben die Leitung im
Kombinat. In der Anlage gibt es ein Problem mit der Gülle. Die
Stadtwirtschaft nimmt die Ausfuhr der Gülle vor.
Winter 1970: Kühl geht weg vom Kombinat, Blietz macht weiter.
Kühl und Schlorff bauen neue Herden auf. Kühl in einem Gehmkower
Stall und Schlorff in Törpin. Frau Diederich fängt im Kombinat an.
Herr und Frau Hänicke übernehmen Stallvertretungen.
Sommer 1970: Trockengut muss wegen Schwelbrand ausgelagert
werden, die Milchleitung wird in Betrieb genommen. Am 1.11.1970
Herr und Frau Kulow, Thiel und Schlorff fangen im Kombinat an.
Winter 1971: Herr Ewert übernimmt mit Schwarz die Kombinatsleitung. Ewert gibt Einstand. Weideaustrieb wird vorbereitet, im Mai
1971 im Kombinat erfolgt der Austrieb mit 5 Herden: Schwarz, Kühl,
Krasemann, Steffenhagen und Schlorff, insgesamt 528 Tiere.
Mai 1971: Im Kombinat erfolgt große Reinigung, Stall III wird fertig.
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Sommer 1971: alle brusellosepositiven Kühe werden verkauft. Herr
und Frau Steffenhagen bauen in Sarow neue Herde auf.
01.11.1971: Aufstallung im Kombinat mit Schichtbeginn, als Meister
Kühl, Thiel und Schwarz.
Winter 1972: Im Stall III frieren die Wasserleitungen ein, weil der
Stall nur mit 50 Tieren belegt ist. Der Stall wird geräumt. Bei der
Räumung entwischt eine Sterke durch das Hoftor und wird nach langem Suchen erst nach 14 Tagen bei Gatschow wieder gefunden.
Frühling 1972: H.G. Teske wird Soldat. Kreft, Schlorff, Senger, Dubbert und Teske beim Trinken erwischt, für jeden drei AE Abzug.
Sommer 1972: Milch war sauer, Schwarz ist betrunken und hat keine
Milch gekühlt, Schwarz und Krohn erzürnen sich, Krohn werden 3 AE
abgezogen., Fred Koß erster Lehrling im Kombinat.
September 1972: Schlorff und Krasemann gehen mit ihren Herden
noch auf Weide, Frau Hänicke und Frau Meining helfen mit.
Winter 72/73; Kühl wird wieder als Meister eingesetzt, Kühl geht aus
dem Leben am 6. Februar 1972. Kühn wird als Meister eingesetzt.
Sommer 1973: Rudi Brümmer fängt im Kombinat an, Schlorff und
Krasemann gehen wieder auf Weide, Frau Hänicke, Frau Meining,
Frau Loose und Frau Ulbricht geben Hilfe.
Winter 1974: Kühe werden wieder verkauft und die gesamte Anlage
muss gereinigt werden.
Frühling 1974: Kühe und Fersen werden neu zugekauft und in Sarow,
Ganschendorf und Torpin gehalten. Zum Herbst erfolgt die Einstallung im Kombinat.
Jahr 1975: Hohe Milchleistungen, W. Kasdorf und Frau Hänicke verstorben.
Hier wird das Tagebuch nicht mehr weiter geführt.
Wenn die Tiere versorgt sind, dann wird geackert
Mit seiner Freizeitbeschäftigung nahm Günther Jahnke vielen Leuten
schwere Handarbeit ab.
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Der 35jährige Genossenschaftsbauer Günther Jahnke von der Langen
Reihe Törpin gehörte zu den wenigen Bürgern im Dorf, die zeitlebens
nie ihren Kontakt zu Pferden aufgegeben haben. Trotz des republikweit schon vor Jahrzehnten vollzogenen Umstiegs vom Pferd auf den
Traktor, lässt der Anblick eines stattlichen Pferdegespanns wohl jedem, der im Dorf groß geworden ist, das Herz höher schlagen. Schon
während seiner Lehrzeit in der Molkerei, vor etwa 20 Jahren, spannte
er nachmittags, wenn die Arbeit im Betrieb getan war, den „Braunen"
ein.
Seit Jahren kannte man nun den Genossenschaftsbauern, der in der
LPG Törpin im Kälberstall und in den Nachmittagsstunden als Helfer
bei der Bearbeitung von Hausgeräten und anderen individuellen genutzten Flächen tätig war. Das eigene Pferd und der von der LPG ausgeliehene Warmblüter bildeten ein gut eingespieltes Gespann, mit
dem Herr Jahnke in Törpin, Sarow, Ganschendorf, Altenhagen usw.
bei den Leuten ackerte. Er fuhr aber auch bei Erntefesten, Kinderfesten, brachte schon zweimal fröhliche Fuhren nach Ivenack, war bei
der 650 Jahr-Feier in Röckwitz dabei und hat für den 1. Mai schon
zugesagt, mit Altenhagener Kinder, durchs Dorf zu fahren.
Tbl.: Aufstellung der VdgB- Mitglieder
0-5 ha
5 -10 ha
10-20 ha
Böttcher, E.
Anders, Otto
Böttcher, Ida
Bors, Wilhelm
Dettmann,
Paul
Fink, Walter
Freese, Max
Fritz, Ernst
Fritz, Robert
Graupmann, W.
Heuer, Wilhelm
Giertz, Elise
Löwenstein,
M.
Martens,
Otto
Putzier,
E-
Jahnke, Albert
Jahnke, Otto
Ganschow,
Freese,
WilPaul
helm
Günther, Bruno Günther, Bernhard
Heidmann,
Schumacher,
Gustav
Karl
Liermann,
Schlorff, WilHubert
helm
Röhrdanz, Paul
Röhrdanz,
Wilhelm
Senger, Walter
Schlorff, Ernst
Fritz, Hermann
Kasdorf,
Wil- Voigt, Karl
helm
Kukuk, Walter
Thymian, Erich
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20 - 30 ha
über 50 ha
Becker, Wilhelm
Günther, Hermann
wald
Rümpler,
Albert
Schlomann,
E.
Schröder,
Max
Schumacher,
P.
Schwerfeger,
W.
Völling, Karl
Mahnke, Adolf
Wiesener, Emil
Pfeiffer, Kurt
Hagen, Fritz
Schlorff,
Her- Martens, Erich
mann
Schüler,
Wilhelm
Schultz, Karl
Schultz,
Wilhelm
Milzow, Karl Schultz, Erwin
Milzow, Fritz Schwerin, Meta
Heiden,
Völling, Richard
Wihelm
Wendt, Max
Ulbricht, Hans
Anklam, Siefried
Kummerow,
Emil
Brandt, Julius
Die Bauern und Güter in Ganschendorf und Sarow von
1844 bis 1939
Der Regulierungsprozess oder die Separation des Jahres 1844 trennte
das herrschaftliche Gut von den 13 Vollbauern. Als Gemeinde wirken
Baron und Bauern weiterhin zusammen. Der Zeitabschnitt über die
Jahrhundertwende bis zum 1. Weltkrieg veränderte das Dorfbild vollkommen. Die Neueinteilung der Ackerflächen veranlasste 7 Besitzer,
ihren Hof neu aufzubauen. Sie wählten einen vollkommen neuen
Standort und bauten den Hof im zugewiesenen Ackerplan.
Der Hof Nr. 1 des Dorfschulzen Johann Nikolaus Michael wurde 1847
am Stadtweg, kurz vor der Brandbrücke am Augraben neu aufgebaut.
Das alte Gehöft blieb im Dorf am Teich das Grundstück der Familie
Koch (heute Grischka). Die Familie Koch hatte viele Jahre einen Kolonialwarenladen geführt. Am 11. Oktober 1905 wurde auf dem Hof
Nr. 1 ein Besitzwechsel vorgenommen. Die Witwe des verstorbenen
Johann Michael verkaufte die Wirtschaft mit lebendem und totem In48
ventar für 54 000,- Mark. Der Käufer, Richard Michael, gehörte nicht
zu der Ganschendorfer Ahnenlinie. (der Kaufvertrag im Anhang).
Die Höfe Nr. 2 und 6 der Gebrüder Paul und Johann Liermann wurden
um 1900 an eine Familie Baumann verkauft. 1923, zur Zeit der Inflation, musste der Bauer Friedrich Baumann und seine Ehefrau Marie,
geb. Martens den Doppelhof wieder verkaufen, ob wegen Alter oder
Konkurs ist nicht bekannt. Der Käufer, Herr Ulrich Hiddick, hat während der Inflation so geschickt gehandelt, dass er den Hof für ein paar
Pfund Butter erworben hatte (so der Volksmund). Die gewesenen Besitzer gingen wie arme Leute vom Hof und wohnten in Demmin zur
Miete. Das erhaltene Geld war durch die Geldentwertung für sie nutzlos geworden. Gute Freunde brachten der Familie oft Lebensmittel,
denn Altenteile oder Nachzahlungen waren im Kaufvertrag nicht ausgemacht. Auch hat sich der Nachfolger Hiddick nicht von seiner besten Seite gezeigt.
Das Gehöft Nr. 7 des Georg Christian Michael wurde 1847 nördlich,
unweit vom Strehlower Bach gebaut (in der Nähe des heutigen Stauund Pumpwerkes). Weil es am Wald gebaut wurde, hießen die Bewohner des Gehöftes bis in jüngster Zeit "Holzhauern" (Holtbur). Das
Gehöft, welches sie vorher im Dorf bewohnten, war in der Nähe von
Rudi Voß und dem Kindergarten.
Der Hof Nr. 10 verlor seine Bedeutung.. Den Acker kauften die Bauern vom Ausbau zu ihren Besitz hinzu. Das Gehöft blieb von Asmus
Stüwe und dem Schmied Schulze bewohnt (Sander). Aus der Geschichte ist zu entnehmen, dass sie verwandt waren. Sie behielten die
alte Dorfschmiede am Mühlenweg. In der Dorfschmiede wurden bis
nach 1945 für das Gut und die 13 Bauern Wagenbau, Hufbeschlag und
alle Schmiedearbeiten durchgeführt.
Der Hof Nr. 13 von Ludwig Kasch stand hinter dem Haus (nach der
Karte von 1921). Später wohnte Familie Blödorn und Hartwig in diesem Haus. Dieses Gehöft wurde durch Blitzschlag gezündet und
brannte ab. Die Bauern konnten nur das nackte Leben retten.
Den Acker, vom Dorf aus östlich bis an den Zechgraben, kaufte der
Besitzer des Hofes Nr. 3, Herr Joachim Liermann. Durch diesen Kauf
von 89 Morgen vergrößerte sich seine Ackerfläche auf 230 Morgen.
Es ist der heute noch erwähnte Kalsowsche Hof.
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Die Familie Kasch kaufte in Demmin ein Grundstück in der Holstenstraße. Es war eine Gaststätte mit Ausspannung, der "Demminer Hof“.
Die Holstenstraße ist 1945 vom Markt bis zum Apollonienmarkt
komplett abgebrannt.
Den Hof Nr. 5 der Witwe Michael bewirtschaftete als Wurth im Dorf,
die Fläche rechts der Trift 23 (Mistweg), bis an den Weg zum Schulacker. Die Gebäude waren das Gehöft von Behm, es ist am 16. April
1883 von August Michael an den Weber Karl Liermann für 5 000
Mark verkauft worden. Das Haus von Sonnenburg kann auch zu der
Hofstelle gehört haben, denn es wird noch Familie Giese genannt, die
zur Familie gehörte und hier wohl gewohnt hat. Der Aufbau des neuen
Gehöftes vollzog sich im Jahre 1848 an der Trift 23, 1 km vom Dorf
entfernt. Das Pollowsche Grundstück war der Ursitz der Michaels. In
diesem Grundstück war eine Tischlerei und Böttcherei. Der zweite
Mann der Witwe Michael war August Michael und von Beruf Tischler. Der Name "Discherbur" ist in dieser Zeit zur Gewohnheit geworden. Das Grundstück im Dorf wurde später die Gaststätte Holtz.
Der Webermeister Pollow, der ursprünglich im Hause hinter dem
Dorfteich wohnte (heute Bucars), war der Ahnenvater der Familie.
Der Webermeister Ludwig Pollow ist seit 1878 mit Karoline, geb.
Michael verheiratet, in dieser Ehe ist Ganschendorf sein erster Wohnsitz. Pollow war auch als Gerichtsmann in Ganschendorf anerkannt.
Der jüngste Sohn, Alfred Pollow, hat 1914 die Gaststätte von Holtz
gekauft. Am 29.04.1914 bekam er die Genehmigung, in seinem Haus
eine Gaststätte zu betreiben. Zu diesem Zeitpunkt war die Gaststätte
schon mit Fremdenzimmern, Ausspannung und Tanzsaal voll eingerichtet. Sie war bis 1960 in Betrieb.
Es gab noch eine zweite Gaststätte im Dorf. Die Schmiede am Mühlenweg, war lange Jahre im Besitz der Familie Markwardt. Es war
früher üblich, dass zu einer Landschmiede eine Gaststätte gehörte. So
hatte auch die Familie Markwardt die Konzession zum Führen einer
Gastwirtschaft. Die Feierlichkeiten, die vom Gutsherrn ausgingen,
fanden in dieser Wirtschaft statt. Die Schließung dieser Gaststätte erfolgte 1962.
Der Hof Nr. 11 stand zwischen Menz und Nickel, nach der Karte von
1921 war es Johann Liermann und die alte Schule. Besitzer des Hofes
50
waren die Kinder des verstorbenen Jakob Michael. Der Acker lag am
Stadtweg, gleich nördlich vom Zechgraben bis an den Acker von Martens und vom Augraben bis an den Torfweg. Der Torfweg führte von
der Trift 23 bis zu den Krampelmooren. Das Krampelmoor war eines
der Torfstiche. Der Acker der Michaelschen Kinder ging auch in andere Hände über. 25 Morgen kaufte die Familie Pollow, 25 Morgen
gingen an einen Baumann und 50 Morgen an Johann Martens.
Der Besitzer des Hofes Nr. 9, Johann Christian Baumann, dessen Hofstelle noch heute im Dorf steht und von der Familie Schneider bewohnt wird, baute 1948 sein Gehöft in der Nähe des Strehlower Baches. Von der Familie Baumann blieb ein Familienangehöriger im
Dorf und hatte die kleine Wirtschaft im Besitz. Es waren 5 Morgen
und 79 Ruten am Hof. Dazu kamen 16 Morgen zwischen dem Stadtweg und der Trift 23 und 25 Morgen von den Michaelschen Kindern
am Torfweg. Der Altsitzer, Christian Baumann, war ein arbeitsamer,
sparsamer und tüchtiger Landwirt. Sein Sohn Hermann dagegen war
ein leichtsinniger Mann. Die Ehefrau war tüchtig und versuchte, alles
zusammenzuhalten.
Die Bauern mussten zu damaliger Zeit oft nach Demmin, um ihre
Produkte (Eier, Butter, Ferkel u. a.) auf dem Wochenmarkt zu verkaufen. Auch musste Getreide zum Händler gebracht werden. Hermann
Baumann, der öfter beim Trinken sein Maß nicht wusste, war wieder
einmal am Markttag stark betrunken. Die Geldwährung zu damaliger
Zeit war nur hartes Geld (Taler, Silbergroschen und Pfennige). Das
Geld transportierte man in einem Lederbeutel, der zugeschnürt wurde.
Auf der Heimfahrt an diesem Tag musste er in der Nähe von
Buschmühl vom Wagen absteigen, um seine Notdurft zu verrichten.
Bei dieser Angelegenheit kam der Geldbeutel außer Kontrolle und das
Geld lag lose auf der Straße. In seinem Zustand lag er auf den Knien
und sammelte seine Taler wieder ein. Zu diesem Missgeschick kamen
andere Passanten hinzu und halfen ihm wieder auf seinen Wagen. Am
28. Juni 1902 kommt Baumann auch wieder angetrunken nach Hause.
Es kommt zu einem Streit mit seinem Knecht. Er kam so in Rage, holt
sein Jagdgewehr und erschießt seinen Knecht. Ein andermal brennen
Stall und Scheune ab. Erzählt wurde: Der Besitzer stellte eine Kerze
im Gebäude auf und ging dann zum Bahnhof Sternfeld, um zu verrei-
51
sen. Als er auf dem Bahnhof war, brannte in Ganschendorf sein Gebäude ab.
Ein Grundstück, welches zur Familie Baumann gehörte, war das letzte
im Dorf Richtung Gatschow. Es wurde um die Jahrhundertwende von
Karl Wagemann gekauft. Wagemann betrieb bis zum 2. Weltkrieg
1939 eine Fleischerei auf diesem Grundstück. Er fuhr mit Pferd und
Wagen über Sarow, Neu-Sarow, Gnevkow bis Letzin und versorgte so
seine Kundschaft mit Fleischwaren. Er kaufte auch gleichzeitig wieder
Schlachtvieh auf, um es zu verarbeiten. Der Grundbesitz der Familie
Wagemann war nur 12 Morgen groß. Heute bewohnt eine Berliner
Familie das Gehöft.
Der Hof Nr. 12 des Johann Martens, welcher heute von der Familie
Anders bewohnt wird, wurde nach der Karte von 1921 durch die Familie Kuhhagen bewohnt. Am Stadtweg nach Demmin baute Johann
Martens den letzten der Bauernhöfe. Die Scheune trug die Jahreszahl
1878. In den Abendstunden des 03.09.1953 war der Stall des Gehöftes
durch Blitzschlag abgebrannt. Der Stall bekam wieder einen neuen
Dachstuhl. Am 15. Januar 1968 hatte ein orkanartiger Sturm das noch
neue Dach des Stalles hochgenommen, es über den Hof getragen und
gegen das 25 Meter entfernte Scheunendach geworfen. Beide Dächer
lagen dann hinter der Scheune am Feldrand. Die beiden Gebäude sind
nicht wieder aufgebaut worden. Zur Zeit des Sturmes standen 56
Milchkühe im Stall, aber es kam kein Vieh zu Schaden, Der Stall bekam eine behelfsmäßige Decke und die Kühe blieben noch bis zum
Weideaustrieb dort.
In dem Grund, links der Straße nach Gatschow, befindet sich ein Erlenbruch. An diesem einstmals gewesenen Teich, stand um 1800 oder
davor ein Gehöft. Herr Martens weiß von seinem Vater, dass noch vor
1900 dort eine Scheune gestanden hat. Auch ein Backofen, wie er zu
jedem Gehöft gehörte, war hier vorhanden. Fundamente waren noch
bis in jüngster Zeit sichtbar. Die königliche, preußische Länderaufnahme von 1884 zeigt noch die Lage des Hofes.
Auf dem Hof Nr. 8 der Liermannschen Geschwister hatte man eine
Teilung vorgenommen. Es entstanden zwei Halbbauern. Die letzten
Besitzer bis 1960 waren Frau Behm, geb. Liermann und Albrecht
52
Liermann, der über Jahre bis 1945 Gemeindevorsteher von Ganschendorf und Sarow war.
Diese Übersicht über die 13 Höfe von Ganschendorf sollte ein Rückblick in die Geschichte des vorigen Jahrhunderts sein.
Die Strasse zwischen Ganschendorf und Gatschow
Nach der Inflation von 1923 war im Lande eine harte Krise, auch für
die hiesigen Bauern und Güter gab es wirtschaftliche Probleme. Wenn
man die Geschichte der 20er Jahre betrachtet, so muss man feststellen,
dass Teile größerer Güter aufgesiedelt wurden. Diese Güter hatten
hohe Staatsschulden. Der Staat ließ über Siedlungsgesellschaften neue
Siedlungsdörfer entstehen, zum Beispiel Utzedel und Stemfeld, Letziner Siedlung, Neu-Gatschow und Neu-Sommersdorf. Die Besitzer
haben trotz allem ihre Existenz behalten. 1927 plante die damalige
Gemeindevertretung den Bau einer Straße von Ganschendorf nach
Gatschow. Der Landweg von einem Ort zum anderen war zu bestimmten Jahreszeiten eine Katastrophe. Es mussten schwere Lasten
von und nach Demmin, bis oder ab Gatschow doppelt bespannt werden.
Der Dammbau erfolgte in einer Zeit, wo sich auf dem Gut in Ganschendorf ein Herrenwechsel vollzog. Herr Koppermann gab in seiner
Geschichte eine sehr gute Auskunft über den Wechsel. Der Straßenbau sah eine neue Brücke über den Augraben vor, auch musste die
Trassenführung zum Augraben eine bessere werden. Der alte Weg
konnte für den Neubau der Straße nicht genutzt werden, es waren umfangreiche Erdbewegungen notwendig.
Die neue Brücke erbaute man einige Meter höher über das Flussbett,
dadurch musste viel Kies zum Auffüllen angefahren werden. Die Festlegung der beiden Gemeindevertretungen lautete: Das Material für die
Ganschendorfer Seite stellten das Gut und die Bauern von Ganschendorf bereit. Steine und Kies für die Gatschower Seite sollte Angelegenheit der Gatschower sein. Aus dem Raum Gatschow Wallberge ist
sehr viel Material gewonnen worden, das zum größten Teil mit Feldbahnen transportiert wurde. Auch mussten die Bauern sehr viel Gespanndienste leisten und Transporte zum Straßenbau durchführen,
denn Planierraupen und andere Baumaschinen standen nicht zur Verfügung. Die Steine, die zum Pflastern der Straße gebraucht wurden,
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stellten die Bauern und der Baron von ihren Wegrändern, Hofmauern
und Steinhaufen, die über Jahre zusammengefahren wurden, zur Verfügung. Sehr große Steine bohrte man an, eine Schwarzpulverladung
sprengte sie dann auseinander. Steinschläger bearbeiteten sie dann zu
Pflastersteinen in den Abmessungen 20 x 20 cm. Die Bauern brachten
die Steine mit ihren Fuhrwerken an die Straße.
Eine Episode von diesem Straßenbau: Ein Gatschower Bauer bemerkte, dass die Straßenbauer den Kies von Gatschow über die neue Brücke auf die Ganschendorfer Seite fuhren. Er ging zum Gemeindevorsteher in Alt-Gatschow und der Bau wurde erstmal gestoppt. Nach
einer gemeinsamen Beratung fasste man den Beschluss, dass der Kies
zur Auffüllung für die Brücke und des Ganschendorfer Berges von
Gatschow geholt werden soll. Die Anfahrt des Kieses aus den Wallbergen war näher und bequemer als von der Kieskuhle „Ganschendorfer Mühle“.
Zu erwähnen ist, dass der Baron, Falk von Maltzahn, der neue Besitzer von Ganschendorf war und dem Straßenbau sehr viel Unterstützung gab. Von Hans Schröder, der damals Kutscher beim Baron war,
ist folgendes bekannt. Wenn der Herr mit dem Auto unterwegs war,
musste zur bestimmten Zeit ein Kutscher mit Pferden in Gatschow
sein und den PKW durchschleppen.
Der Bau der Straße war für die Güter und Bauern ein wirtschaftlicher
Fortschritt. Auch die Sarower fuhren jetzt nicht mehr über Törpin
nach Demmin, sie nutzten die Abkürzung über Ganschendorf.
Zur Arbeitsorganisation der Gemeinde Ganschendorf
Es mussten alle Hand- und Spanndienste von den beiden Gütern und
den Bauern durchgeführt werden. Es gab eine Gemeindevertretung.
Diese legte in ihren Sitzungen Maßnahmen fest, die dann gemeinsam
abgearbeitet werden mußten. Zu allen anstehenden Problemen gab es
eine gute Information. Der Dorfschulze oder auch Gemeindevorsteher
schrieb eine Bekanntmachung, den Schulzenzettel. Aus diesem gingen
Termin und Arbeitsauftrag des Einzelnen hervor. Diese Bekanntmachung trug man von einem Gehöft zum anderen und war in kurzer Zeit
wieder beim Dorfschulzen. Die Arbeiten mußten alle der Jahreszeit
entsprechend durchgeführt werden. Im Herbst, nachdem die Feldarbeiten beendet waren, mußten alle Vorfluter und Gräben geräumt
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werden. Alle Gräben waren in Abschnitte vermessen und jeder wusste
und kannte seinen Abschnitt. Der Zechgraben war bis 1968 ein offener Graben vom Rittersee bis zum Augraben. Das Wegeausbessern
war eine Arbeit im Frühjahr, hier fuhr man in gemeinschaftlicher Arbeit Kies und Sammelsteine und besserte die ausgefahrenen Stellen
des Winters aus. Um 1900 war auch das Torfstechen eine gemeinsame
Arbeit. Jeder Hof bekam seinen Anteil, auch der Anteil der beiden
Schulen musste bereitgestellt werden. Auch sonstige Fuhren und Fahrten gingen der Reihe nach um, es waren Dienstleistungen für Gemeinde, Schule und Kirche.
Vor dem ersten Weltkrieg und noch in den 20er Jahren mieteten die
Bauern eine Dreschkolonne zum Ausdreschen des Getreides. Weil das
Dreschen mit dem Dreschflegel sehr viel Zeit in Anspruch nahm, fuhr
man das Getreide zu großen Kornmieten zusammen. Diese Mieten
stellte man meistens zu zweit, so dass man den Dreschkasten dazwischenstellen konnte. Der Dreschkasten brauchte damals eine Dampfmaschine als Antriebskraft. Zur Beförderung des gedroschenen Strohs
benutzte man einen Höhenförderer. Diese Maschinen gehörten einer
Firma in Jarmen und mußten zum Dreschen von den Bauern geholt
werden. Unser Vater hat öfter über diese Aktion erzählt:
Morgens in aller Frühe zog man von Ganschendorf über Strehlow,
Rodin, Burg Osten, Schmarsow mit mindestens 24 Pferden nach Jarmen .Diese Pferde teilte man so ein: 8 Pferde zogen die Dreschmaschine, 8 Pferde gingen vor der Dampfmaschine (diese war am
schwersten). Die anderen Pferde zogen den Höhenförderer und was
sonst noch an Gerätschaften transportiert werden musste. Die Rücktour ging dann über Demmin, Törpin und Sarow nach Ganschendorf.
Die Strecke wählte man so, weil man von Gatschow nicht über die
Augrabenbrücke fahren konnte, sie war viel zu schwach und man hätte die Maschinen auch nicht den steilen Berg hochbekommen.
Diese Aktion nahm einen langen Tag in Anspruch und bei ein wenig
Pech schafften sie es gar nicht an einem Tag. Auch war das Umrücken
von einem Dreschplatz zum anderen ein großes Problem, denn die
Mieten standen ja immer auf dem Acker. Der Rücktransport der Maschinen war dann anders geregelt, in Nachbardörfern musste ja auch
noch gedroschen werden.
55
Im Jahre 1929, nach der Fertigstellung der Straße, plante man in Ganschendorf den Bau einer neuen Schule. Die alte Schule war vom
Raum her sehr beengt. Es gingen in den Jahren von 1920 bis 1930
immerhin 50 und mehr Kinder zur Schule. Aus diesem Grunde und
auch aus hygienischer Sicht war ein Neubau zu vertreten. Am
11.02.1932 war die Schuleinweihung und der Umzug in die neue
Schule ging vonstatten. Die alte Schule diente der Gemeinde als
Wohnraum und wurde später vom Baron als Gutswohnung gekauft.
Die Baustelle der neuen Schule war einst die Hofstelle Nr. 7 des
Christian Michael. Auf dem Schulhof wurden 1934 zwei Eichen gepflanzt. Die Eichen, die heute noch stehen, waren die eine Adolf Hitler und die andere Hindenburg geweiht.
1933, mit der Machtübernahme durch Adolf Hitler, setzte auch in unserer Gemeinde eine neue Zeitepoche ein. Es hatte den Anschein, als
bringe die neue Regierung einen gewaltigen Aufschwung für das
Land. Die Politiker überzeugten Bauern und Landarbeiter, Mitglieder
der NSDAP zu werden und an das ewige dritte Reich unter Adolf Hitler zu glauben. Die Güter und Bauern sahen einer guten Zukunft entgegen. Wirtschaften, die in der Zeit der Weimarer Republik in Schulden geraten waren, hatten die Möglichkeit, sich einem Umschuldungsverfahren zu unterziehen. Auch führte Hitler ein Reichserbhofgesetz ein. Dieses besagte: Nur ein Kind kann den Hof erben. Eine
Teilung der Höfe, wie es solange getan wurde, kann nicht mehr vorgenommen werden. In der Landwirtschaft konnte sehr viel mechanisiert werden. Dies führte zu Arbeitserleichterungen. Alle Bauern verpflichtete man, Mitglieder der Molkereigenossenschaft zu werden und
auch alle anfallende Milch zur Molkerei zu bringen. Der Arbeitsmarkt
nahm einen kolossalen Aufschwung und das Land hatte bald keine
Arbeitslosen mehr. Der Gedanke des Führers hatte einen ganz hinterlistigen Sinn. Im Lande baute man Autobahnen, Flugplätze (z.B. Tutow), Kasernen und eine gewaltige Rüstungsindustrie. 1939 brach der
2. Weltkrieg aus und im Mai 1945 war der grausame Krieg verloren
und mit dem dritten Reich war wieder eine Zeitepoche zu Ende.
Abbildung: 3 Bilder Seite 147
Abbildung: Straße Gatschow – Ganschendorf
Der Baubeginn der Straße war im Januar 1928
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Tabelle: Kosten Straßenbau
Kosten laufender Meter ohne Brückenbau 42,67 Mark
Kosten laufender Meter mit Brückenbau
51,00 Mark
Kosten ohne Brückenbau gesamt
128.000,00 Mark
Am 17. Dezember 1927 – ein Darlehn von 67.500 Mark vom Staat
erhalten.
Die Schule wurde 1930/31 für 31.000,00 Mark gebaut.
Abbildung
Abbildung
Reifen aufziehen am Ortseingang von In der Getreideernte mit dem
Sarow. Männer der Schmiede Olms.
Mähbinder und 4 Pferde lang,
so war es über Jahre üblich.
Zeitabschnitt: 2. Weltkrieg 1939 bis sozialistischer
Frühling 1960
Der zweite Weltkrieg vom 1.September 1939 bis 8.Mai 1945 war sowohl hinsichtlich seiner ungeheuren Ausmaße als auch vor allem seiner Folgen für die Geschichte der Menschheit ein einschneidendes
weltgeschichtliches Ereignis. Diese Zeit und diese Ereignisse sind
auch an unseren beiden Dörfern nicht spurlos vorübergegangen. Familienväter sowie Söhne aus den Familien mußten sich dem Wehrdienst
stellen und waren in den verschiedenen Waffengattungen den Entbehrungen und den Gefahren des Krieges ausgesetzt. In der Gemeinde
haben aus Ganschendorf 27 und aus Sarow 11 Männer und Söhne ihr
Leben gelassen. Viele der Soldaten, die in den barbarischen Kämpfen
eine Verwundung erlitten, wurden in Feldlazaretten oder bei schweren
Verwundungen in Heimatlazaretten geheilt. Ausgeheilte Soldaten bekamen einen Urlaub und fuhren wieder an die Front. Viele der Verwundeten hatten durch die Verletzung Körperteile verloren oder
schwere Schäden erlitten, so dass sie nicht mehr am Kriegsdienst teilnehmen konnten.
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Für die beiden Güter und Bauernhöfe war ein Arbeitskräftemangel zu
verzeichnen. Für die Arbeit setzte man Fremdarbeiter ein. Diese Kräfte waren polnische, französische und auch russische Kriegsgefangene,
auch nahm man zivile Personen aus den besetzten Gebieten. Während
des Krieges verpflichtete man die Bauern, Pferde für den Kriegsdienst
abzustellen. Diese Pferde brauchte man für die bespannten Einheiten
der Wehrmacht (Artillerie). Während der Kampfhandlungen entstanden große Verluste an Menschen, Pferden und Material. Im Sommer
und Herbst 1944 beorderte man Jungen und Mädchen zu Kriegsdiensten. Weil der Feind schon vor Ostpreußen und in polnischen Gebieten
stand, mußten die Mädchen und Jungen Panzergräben ausheben und
Panzersperren bauen. Im Winter 1945, als der Russe schon an der Oder stand, fasste man alle Männer, die noch in den Dörfern waren,
zum Volkssturm zusammen. Die Volkssturmmänner mußten an Panzerfäusten ausgebildet werden, auch sie mußten hier in der Heimat
Panzersperren bauen. Es war ein Wahnsinn, was durch die damalige
Hitlerregierung angestellt wurde.
Die größte Enttäuschung für unsere Dörfer kam im Frühjahr 1945.
Der Krieg war verloren, die Dörfer voller Flüchtlinge, die aus den
östlichen Kreisen von Hinterpommem und Ostpreußen hier eine Unterkunft und eine Bleibe suchten. Das größte Übel war dann, dass die
russischen Besatzungsmächte sehr viel Tribut verlangten. Ganze Kuhherden trieb man aus den Dörfern zusammen und transportierte sie ab.
Von den Gütern nahmen die Besatzungsmächte auch Pferde und ganze Schafherden mit.
Traktoren, Maschinen, Pflüge, Elektromotoren und alle möglichen
Gerätschaften kamen zur Verladung. Nach dem Ende des Krieges
machten sich in vielen Orten und besonders in Großstädten Hungersnöte bemerkbar. Die sowjetische Besatzungsmacht erkannte dieses
sehr bald und in den Städten und Dörfern bildete man demokratische
Selbstverwaltungen. Auch muss man den russischen Kommandanturen bescheinigen, dass sie für die schwere Lebenslage der Bevölkerung Verständnis aufbrachten.
Jede Familie im Dorf durfte eine Kuh behalten. Auf den Bauernhöfen,
wo sehr viele Menschen wohnten, bewilligte der Kommandant eine
zweite Kuh. Dies traf meistens für die Höfe vom Ausbau zu, denn im
Dorf hatte man schon eine zentrale Ausgabestelle eingerichtet. Es gab
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sehr viel Ungerechtigkeit. Junge Frauen und Mädchen mußten sich
häufig verstecken, denn die russischen Soldaten machten Vergewaltigungen zur Tagesordnung. Nach der Besetzung der Dörfer und Städte
durch die sowjetische Armee erfolgte in den Dörfern eine Verhaftungswelle durch die Besatzer. Männer aus allen Berufsschichten, die
Mitglieder der NSDAP gewesen waren und nicht als Soldat am Kriege
teilgenommen hatten, wurden verhaftet. In Frage kamen die Personen,
die das politische und allgemeine Leben in den Dörfern während des
Krieges organisiert und geleitet hatten. Die polnischen und sowjetischen Kriegsgefangenen und Gastarbeiter, hatten genau über das Verhalten dieser Männer berichtet, es mögen auch andere Gesichtspunkte
der Besatzungsmacht gewesen sein, die ein Grund zur Verhaftung
waren. Nach „Fünfeichen“ bei Neubrandenburg brachte man sie in ein
großes Lager mit vielen Menschen aus unserer Gegend. Es mag in
einigen Fällen eine Strafe notwendig gewesen sein, aber das grausame
Lager „Fünfeichen“, in dem Menschen dem Hungertod preisgegeben
waren, in dem auch aus unseren Dörfern Männer im Massengrab verblieben sind, kann man über Generationen nicht vergessen.
Anfang Juni 1945 wurden in unseren Dörfern offizielle deutsche Landes- und Provinzialverwaltungen gebildet. Diese waren dann unter der
Leitung der sowjetischen Kommandanturen voll für das Geschehen
verantwortlich. Die bis Kriegsende amtierenden Verwaltungen waren
außer Kraft gesetzt. Auch in Ganschendorf und Sarow war eine örtliche Verwaltung ins Leben gerufen worden. Dorfälteste waren in Ganschendorf Karl Koß und in Sarow Reinhold Stöwesand. Der Stellmacher Wilhelm Schmidt aus Ganschendorf war für die Quartierverteilung der Flüchtlinge verantwortlich. Das war bei den vielen eintreffenden Flüchtlingen schon eine schlimme Angelegenheit. Wenn auch
Stuben und Kammern leicht zu vergeben waren, so musste auch für
jede Familie eine Kochgelegenheit sein. Die Familien unserer Dörfer
und die Flüchtlinge, die hierher kamen, mußten eine schwere Zeit
durchmachen.
Ab Mai 1945
Nun noch einige Gedanken zur Wirtschaftsweise der Bauern und der
Güter bis zur Selbständigkeit der Neubauern. Nach dem Zusammenbruch im Mai 1945 musste auch das Leben auf dem Dorf wieder wei59
tergehen. Die Befehlsgewalt ging von der sowjetischen Kommandantur in Demmin aus. Wöchentlich mußten der Bürgermeister und Karl
Schumacher, der den Vorsitz der Bodenkommission inne hatte, oder
ein Vertreter nach Demmin fahren und vom Kommandanten die neuesten Order entgegen nehmen. So wurden die notwendigen Arbeiten
gemeinsam durchgeführt. Die Bauern machten ihre Arbeiten selbständig, nur wenn Bespannung fehlte, nahm man eine Umorganisation
vor. In der Erntezeit 1945 machte sich die Knappheit der Pferde stark
bemerkbar. Die vorhandenen Mähmaschinen und Selbstbinder wurden
durch eine umsichtige Disposition voll genutzt. Es kamen auch Loppenmaschine zum Einsatz, weil das Bindegarn Mangelware war.
Die Loppenmaschine, auch Ableger genannt, die zu Anfang des Jahrhunderts modern war, wurde von zwei Pferden gezogen, mähte und
legte Loppen in der Größe einer Garbe ab. Diese Loppen wurden dann
mit einem Strang, der aus mehreren Getreidehalmen bestand, zusammengebunden. Die Garben wurden dann zu Hocken zusammengestellt
Alte Bestände von Bindegarn wurden verbraucht, schon einmal gebrauchtes Garn von Strohballen oder Garben wurde in mühseliger
Arbeit säuberlich zusammengeknotet, auf Rollen gewickelt und wieder verbraucht.
Umsichtigen Männern war es zu verdanken, dass vom Bahnhof Sternfeld nicht abtransportierte Maschinen zurückgeholt und zur Ernte genutzt wurden. So hatte Johann Liermann einen Elektromotor von
Sternfeld geholt, und konnte dadurch einen kompletten Dreschsatz
einsetzen, um das Getreide zu dreschen.
Die gebildeten Selbstverwaltungen der Dörfer erteilten die ersten Ablieferungsbescheide für Naturalien. Es mußten schon Eier, Milch,
Fleisch und sonstige Naturalien zur Annahmestelle gebracht werden,
um den Schwarzmarkt zu unterbinden.
Die Dörfer wurden von vielen Menschen besucht, die um Lebensmittel baten, um sich und ihre Familien zu ernähren. Besonders Berliner
kamen, diese brachten dann auch schon Stoffe und andere Sachen mit
und tauschten sie gegen Lebensmittel. Es konnte alles gebraucht werden. Kartoffeln, Getreide, Wruken, Mohn, auch Eier und Fleischwaren. In den Personenzügen nach Berlin fanden dann auch starke Kontrollen statt
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In der Erntezeit war die Stromversorgung recht mangelhaft. Die
Drescharbeiten mit Elektromotoren mußten in der Hauptsache in der
Nacht durchgeführt werden.
Von der sowjetischen Militärverwaltung erhielten die Gemeinden besondere Auflagen. So mußten die Pferdebesitzer Langholz transportieren. Es wurde aus den umliegenden Wäldern in die Sägewerke gefahren. Pro Pferd war ein bestimmtes Soll zu erfüllen und zwar in Kubikmeter. Es war eine komplizierte Angelegenheit. Die Ackerwagen
waren für Langholz nicht geeignet, Hebeladen fehlten und auch gute
Pferde. Oft gingen Wagenräder kaputt, aber auch Vorder- oder Hinterwagen brachen auseinander.
In Golchen am schwarzen Damm haben wir erlebt, dass sich ein Holzfahrer übernommen hatte. Eine schwere Buche war geladen, und die
Ausfahrt aus dem Walde wurde für das Gespann zum Verhängnis. Der
Hinterwagen brach auseinander und unverrichteter Dinge fuhr der
Bauer mit defektem Wagen nach Hause.
War man mit der Fuhre glücklich im Sägewerk angekommen, gab es
ein neues Problem. Wegen des Abladens auf dem Holzplatz musste
man anstehen. Kutscher und Pferde kamen oft sehr spät, ausgehungert
und erschöpft nach Hause.
Von der Woldeforst musste das Holz nach Demmin gebracht werden.
Bei einer dieser Touren hatte Hermann Michael großes Pech. Die
Ganschendorfer Männer überraschte ein Gewitter. Ein Blitzschlag, der
in eine Hochspannung einschlug, erwischte das eine Pferd; es war
gelähmt und musste in Demmin bleiben. Michael kam mit einem
Pferd nach Hause und am nächsten Tag musste er noch mal nach
Demmin, um alles in Ordnung zu bringen. Das Langholzfahren ging
über einen Zeitraum von etwa 5 Jahren bis zum Frühjahr 1952.
Am 10.11.1948 wurde durch die Verwaltung die Gründung der Maschinen-Ausleih-Station (MAS) angeordnet, womit die Umbildung der
Maschinenhöfe der VdgB in MAS eingeleitet wurde. Kreislich hatte
man sich auch für den Ausbau einer MAS Station in Sarow entschieden. Die Gemeindeverwaltung in Ganschendorf hatte großen Anteil
daran und die Bauarbeiten machten große Fortschritte. Der Neubau
eines Kulturhauses mit Wohnungen (heutige Gaststätte) und eines
Verwaltungsgebäudes (lange Jahre LPG Büro), sowie die Umgestal61
tung des Schlosshofes und die Einrichtung von Werkstätten vollzog
sich.
Am 6. und 7. Juni 1953 fand eine Konferenz des ZK der SED mit Vertretern der Landwirtschaft statt; es wurde über die Verbesserung der
Arbeit der MTS, BHG und LPG beraten sowie über die Unterstützung
der werktätigen Einzelbauern.
Der III. Parteitag der SED vom 20. - 24. Juli 1950 in Berlin fasste den
Beschluss zum ersten Fünf Jahr-Plan und Beschlüsse zur revolutionären Umwälzung in der DDR. In dem Fünf-Jahr Plan waren Maßnahmen für die Kreise und Dörfer verankert, die zum Aufbau der Republik beitrugen.
In der Gemeinde Ganschendorf wurden ein Schulneubau und der Bau
eines Lehrerhauses beschlossen. Beide geplanten Bauten wurden 1953
fertig gestellt.
1958/59 beschäftigte man sich mit dem Bau einer zentralen Wasserversorgung.
Die Bohrungen wurden in Angriff genommen und der erste Bauabschnitt, die Pumpenstation und die Ortslage Ganschendorf, wurden
durchgeführt. Weitere Maßnahmen folgten dann 1962. Die Bohrungen
wurden erweitert und Sarow mit angeschlossen. 1989 erfolgte die Erweiterung des Netzes nach Neu-Sarow und 1990 wurde auch Breitenlande mit dem Wasser aus dem Dorf versorgt. Die gesamten Schachtarbeiten für das Rohrsystem wurden damals mit der Hand durchgeführt.
Dieser Zeitabschnitt, der den zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit beinhaltete, war wohl der traurigste und schwerste für die gesamte
deutsche Bevölkerung.
Abbildungen: 2 Bilder Seite 152
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