Gehört PEGIDA zur politischen Soziologie?

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Leibniz Universität Hannover
Studienleistung
Einführung in die politische Wissenschaft
Wintersemester 2014/2015
Modul: Politische Soziologie
Dozent: Prof. Dr. Markus Klein
30.1.2015
GEHÖRT PEGIDA ZUR POLITISCHEN
SOZIOLOGIE?
Tobias Hassebrock
Matrikelnummer: 3023850
Kopernikusstraße 19
30165 Hannover
Tel. 0171/6813257
[Geben Sie den Untertitel des
e.mail: [email protected]
Studiengang: Bachelor
Politikwissenschaften (Mono) 1.Semester
Dokuments ein] | Windows User
Inhaltsverzeichnis
Einleitung ................................................................................................................................................. 1
Was ist die politische Soziologie? ............................................................................................................ 1
Entwicklung der PEGIDA Bewegung ........................................................................................................ 2
Warum ist PEGIDA ein Untersuchungsobjekt der politischen Soziologie und welche
Untersuchungsgebiete könnten relevant sein? ...................................................................................... 3
Fazit und Persönliches Statement: .......................................................................................................... 4
Quellen .................................................................................................................................................... 5
1. Einleitung
Diese Studienleistung der „Ringvorlesung: Einführung in die politische Wissenschaft“
zum Thema politische Soziologie soll in einem kurzen Statement aufzeigen, warum
das
Auftreten
der
außerparlamentarischen
PEGIDA-Bewegung
in
den
Untersuchungsbereich der politischen Soziologie fällt. Daher werde ich erst kurz
darlegen, was politische Soziologie ist, was die PEGIDA-Bewegung ist und
anschließend den Zusammenhang erläutern.
2. Was ist die politische Soziologie?
Politische Soziologie bildet ein Bindeglied zwischen Politik und Soziologie. Die
politische
Soziologie
untersucht
soziale
Handlungen,
welche
sich
auf
Entscheidungen für die Regelung des Zusammenlebens von Menschen innerhalb
von Gesellschaften beziehen. Praktisch bedeutet dies, dass sich die politische
Soziologie
hauptsächlich
mit
den
Beziehungen/Handlungen
zwischen
dem
politischen System (Staat), dem intermediären System und der Bevölkerung
beschäftigt.
Das Intermediäre System beinhaltet unter anderem Medien, Verbände, soziale
Bewegungen und Parteien. Die Akteure des intermediären Systems stützen die
Kommunikation zwischen Staat und Bevölkerung indem sie Input (z.b. Wahlen,
Interessensartikulation) und Output (Gesetze, Gerichtsurteile usw.) übermitteln.
Demnach bieten Parteien, Medien, Verbände, Interessensgruppen, soziale
Bewegungen, Wahlen und Gesetze klassische Untersuchungsbeispiele der
klassischen Soziologie. Im Mittelpunkt stehen dabei oft „Cleavages Theorien“,
Machttheorien und Theorien über das Wahlverhalten. Die Untersuchungsobjekte
werden durch Wissenschaftler der politischen Soziologie in Hinsicht verschiedener
Fragestellungen auf quantitative oder qualitative Art ausgewertet.
3. Die PEGIDA Bewegung
Lutz Bachmann gründete am 11.10.2014 eine geschlossene Facebookgruppe unter
dem Namen „Friedliche Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Als
Gründungsanlässe gibt Lutz Bachmann eine Solidaritätskundgebung für die PKK und
deren bewaffneter Kampf gegen den IS, sowie Ausschreitungen in Hamburg
(7.10.2014) und Celle (8.10.2014) zwischen Kurden und „radikalislamistischen“
Muslimen an. Ab dem 16.10.2014 beteiligte sich der ehemalige FDP
Stadtratskandidat Siegfried Däbritz an der Gruppe und forderte Demonstrationen
gegen die „Islamisierung des Abendlandes“ und gegen „Nazivorwürfe“. Nach der
Namensänderung zu „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des
Abendlandes“ riefen die Veranstalter ab dem 20.10.2014 zu „Abendspaziergängen“
in der Dresdener Innenstadt auf. Die Zahl der Teilnehmer erhöhte sich sprunghaft
von 350(erste Kundgebung) bis auf 25000 am 12.1.2015. Seit dem 19.12.2014 ist
PEGIDA ein eingetragener Verein zur „Förderung politischer Wahrnehmungsfähigkeit
und politischen Verantwortungsbewusstsein“ und nimmt damit feste Strukturen an.
Die Forderungen der PEGIDA Bewegung variieren je nach Zeitpunkt und gefragter
Personen(Demonstrationsteilnehmer, Demonstrationsleiter). Seit dem 10.12.2014
liegt ein offizielles PEGIDA Positionspapier der Veranstalter vor, welches im
Vergleich zu den vorher per Flugblatt verteilten radikalen Forderungen (nach z.b.
„konsequenter Abschiebungspolitik und Wiedereinreisekontrollen“) einen eher
moderaten Kurs vorgibt (Recht und Pflicht zur Integration, Aufnahme von
Kriegsflüchtlingen). Des Weiteren weigerten sich PEGIDA Organisatoren bis auf ein
Bild Interview und einem Fernsehauftritt im ARD am 18.01.2015 mit etablierten
Medien zu kommunizieren. Die öffentliche Debatte beschäftigt sich vor allem mit der
Ermittlung des Wahrheitsgehalt der PEGIDA Aussagen und dem Status der PEGIDA
Bewegung. Meistens werden die PEGIDA Teilnehmer als heterogene Gruppe
beschrieben, deren Hauptantrieb das Misstrauen in politische und meinungsbildende
Eliten ist, sowie fremdenfeindliche und rassistische Einstellungen.
Am 21.01.2015 tritt der Gründer Lutz Bachmann aufgrund von rechtsradikalen
Anschuldigungen zurück. Am 28. 01 2015 treten weitere Mitglieder des PEGIDA
Vorstandes zurück. Des Weiteren hat die PEGIDA Montagsdemonstration von 25.01
zum ersten Mal weniger mobilisiert als am Montag zuvor.
4. Warum ist PEGIDA ein Untersuchungsobjekt der politischen
Soziologie?
Die PEGIDA-Bewegung ist ein gesellschaftliches Phänomen, welches viele
gesellschaftliche Bereiche berührt. Wenn man die PEGIDA Bewegung unabhängig
von ihren Motiven klassifiziert, kann man sie selbst als soziale Bewegung einstufen
und den Verein PEGIDA e.V. als Interessensvertretung dieser sozialen Bewegung
bezeichnen. Somit stellt die PEGIDA-Bewegung einen Akteur des intermediären
Systems dar und fällt damit in den Untersuchungsbereich der politischen Soziologie.
Stellt sich nun die Frage, welche mit der PEGIDA-Bewegung verknüpften Ereignisse
untersucht werden sollten.
Besonders interessant für die politische Soziologie ist die soziale Zusammensetzung
der PEGIDA Bewegung. Zentrale Fragestellungen, wie z.B. ob die PEGIDABewegung aus Neonazis und Hooligans oder eher aus Bürgern der politischen
„Mitte“ besteht oder ob eine Massendemonstration in einer Großstadt die gesamte
Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland oder sogar die Europas repräsentiert,
stehen hierbei im Mittelpunkt.
Ein weiteres interessantes Forschungsfeld ergibt sich aus der Frage, warum die
PEGIDA Demonstration entstehen konnte und einen solchen Zulauf erhält. Handelt
es sich bei den PEGIDA Anhängern eher um Wutbürger oder um Rechtsradikale?
Handelt es sich eventuell um radikale Systemkritiker oder doch eher um nationale
Demokraten? Ist eine Islamisierung Europas, Demokratiemüdigkeit oder ähnliches
messbar vorhanden?
Einen besonders wertvollen Beitrag bei der Einschätzung der PEGIDA Bewegung
könnte die politische Soziologie jedoch bei der Diskussion über den Umgang mit der
PEGIDA-Bewegung leisten. Hier könnte die politische Soziologie ihre
Kernkompetenz-nämlich die Beziehungsanalyse und Wirkungsanalyse von Akteuren
des intermediären Systems und deren Handlungen ausspielen. Bei der Analyse der
Medienbeziehungen sollte man z.B. Fragen beantworten, ob man der PEGIDABewegung zuhören, sie ignorieren oder bekämpfen sollte, sowie welche Wirkung
eine mediale Ausgrenzung oder Integration hat? Auch könnte man kritisch
hinterfragen, ob die Presse die PEGIDA-Bewegung sachlich beschreibt und
bewertet.
In den Bereich der politischen Beziehungen stellt sich ebenfalls wieder die Frage, wie
eine Ausgrenzung oder Integration der Bewegung wirkt. Zudem muss sich die Frage
gestellt werden, wieweit die Meinungs-und Versammlungsfreiheit im Vergleich zu
anderen Grundrechten reicht. Auch gilt zu diskutieren, inwiefern und ob die derzeitige
Politik Politikverdrossenheit oder Demokratiemüdigkeit bekämpft oder verursacht
.
Auch parteipolitische Fragestellungen, wie die Frage, ob die CDU durch eine zu
„mittige“ Politik rechts von sich Platz für eine rechtspopulistische Partei geschaffen
hat oder ein Rechtsruck durch die Gesellschaft geht, könnte man untersuchen.
Des Weiteren sollte geklärt werden, ob die PEGIDA Bewegung Folge neuer
gesellschaftlicher Cleavages ist. Zusätzlich sollte diskutiert werden, wie diese
Beobachtung einzuordnen ist.
Zuletzt sollte in Zusammenarbeit mit der Policy-Forschung inhaltliche Lösungen
erarbeitet und auf Vor-und Nachteile diskutiert werden. Dabei sollte auf schon
bekannte und in der Öffentlichkeit diskutierte Ansätze wie Asylgesetzgebung,
Integration Vorratsdatenspeicherung usw. eingegangen werden.
5. Fazit und Persönliches Statement:
Ziel der politischen Soziologie sollte es sein, umfangreiches analysierendes
Datenmaterial über die Zusammensetzung und die Entstehungsgründe von PEGIDA
zu sammeln und zu veröffentlichen. Weiterhin sollte Datenmaterial über das gesamte
Spektrum an Möglichkeiten von medialen und politischen Maßnahmen gegenüber
der PEGIDA-Bewegung gesammelt werden. Dabei sollte auch aufgezeigt werden,
welche Wirkungen und Folgen diese Maßnahmen gegenüber anderen Akteuren des
intermediären Systems und der Bevölkerung haben könnten.
Da ein Großteil der PEGIDA-Themenschwerpunkte stark normativ besetzt ist, ist in
meinen Augen für eine umfassende Analyse eine Kooperation mit der PolicyForschung (Politikfeldforschung) nötig um einen Überblick über die inhaltliche
Sachlage der PEGIDA-Forderungen und deren Gründe zu erlangen. Gerade aber
aufgrund der stark normativ besetzten Untersuchungsobjekte, ist es notwendig, dass
politische Soziologen und Politikwissenschaftler neutral bleiben.
Dieses umfassende Datenmaterial sollte den politischen, medialen und
gesellschaftlichen Entscheidungsträgern als Entscheidungshilfe für politische
Forderungen dienen. Daraus folgt, dass die politische Soziologie außerhalb ihrer
didaktischen Aufgabe zur Erhaltung der Demokratie und deren Grundwerte keine
politischen Forderungen stellen sollte.
Bei den Untersuchungen muss jedoch Wert darauf gelegt werden, dass die
Untersuchungen sauber und sehr zeitnah durchgeführt werden. Zusätzlich sollten die
Untersuchungsergebnisse einfach und in einheitlicher Form (z.B. in einer Erklärung
aller/einiger deutschen politischen Soziologen) dargestellt werden, sodass die
Ergebnisse im politischen Entscheidungsprozess verwendet werden können. Genau
in dieser Einigkeit, Geschwindigkeit und einfachen Darstellungsweise sehe ich
persönlich die Probleme der politischen Soziologie. Daher entzieht sich mir
persönlich der Sinn politischer Soziologie außerhalb seines nachträglichen
didaktischen Bildungsauftrags.
6. Quellen

Foliensatz Politische Soziologie 1 von Prof. Dr. Markus Klein aus
Ringvorlesung: Einführung in die Politische Wissenschaft

Foliensatz Politische Soziologie 2 von Prof. Dr. Heiko Geiling aus
Ringvorlesung: Einführung in die Politische Wissenschaft

Foliensatz „Was ist Politik“ von M.A. Frederick Springer aus Einführung in die
politische Wissenschaft (mit Tutorium)

http://de.wikipedia.org/wiki/Politische_Soziologie

http://de.wikipedia.org/wiki/Intermedi%C3%A4res_System

http://www.dadalosd.org/deutsch/parteien/grundkurs3/Intermediaeres_System.gif

http://www.google.de/imgres?imgurl=http%3A%2F%2Fwww.dadalosd.org%2Fdeutsch%2Fparteien%2Fgrundkurs3%2FIntermediaeres_System.gif
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
http://de.wikipedia.org/wiki/Patriotische_Europ%C3%A4er_gegen_die_Islamisi
erung_des_Abendlandes

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/pegida-anfuehrer-hitler-zitate-undrassistische-parolen-a-1012208.html
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