Auf Honigbienen spezialisiert: Der Bienenwolf Nachdem Helmut Hintermeier in drei Folgen einige Brutparasiten vorgestellt hat, die auf Wildbienennester spezialisiert sind, geht es nun um den Bienenwolf, der es auf unsere Honigbienen abgesehen hat. Honigbienen spielen eine wichtige und wohl kaum zu überschätzende Rolle im Öko-gefüge blütenreicher Gärten, offener Kulturlandschaften und artenreicher Laubwälder. In diesen Lebensgemeinschaften tragen Honigbienen mit ihrer umfassenden Bestäubungstätigkeit ganz wesentlich zur generativen Vermehrung und Verbreitung vieler Blütenpflanzen bei und sichern so die Nahrungsgrundlage zahlreicher Tierarten. Darüber hinaus sind Honigbienen selbst in viele Nahrungsketten eingebunden: als Beutetiere für Vögel (Bienenfresser, Würger, Grauschnäpper, Meisen, Spechte), Kleinsäuger (Spitzmäuse), Spinnen (Netzspinnen, Krabbenspinnen), wie auch für Raubinsekten (Hornissen, Wespen). Geradezu lebensnotwendig ist eine hier vorgestellte Grabwespe, der Bienenwolf (Philanthus triangulum). auf Honigbienen angewiesen. Grabwespen-Larven nutzen Bakterien gegen Infektionen Grabwespen der Gattung Philanthus, die sogenannten Bienenwölfe, beherbergen nützliche Bakterien auf ihrem Kokon, die einen Schutz gegen schädliche Mikroorganismen garantieren. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena haben nun in Zusammenarbeit mit der Universität Regensburg und dem Jenaer Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung Hans-Knöll-Institut - herausgefunden, dass die Bakterien der Gattung Streptomyces einen Cocktail aus neun verschiedenen Antibiotika produzieren und damit eindringende Schädlinge abwehren. Mit Hilfe bildgebender Massenspektro-metrie konnte in vivo gezeigt werden, dass sich die Antibiotika konzentriert auf der Außenseite des Kokons befinden und diesen so effektiv gegen Infektionen schützen. Der Einsatz verschiedener Antibiotika wiederum verhindert Infektionen einer Vielzahl von pathogenen Mikroorganismen. Somit machen sich Bienenwölfe schon seit Millionen von Jahren ein Prinzip zu Nutze, das in der Humanmedizin als Kombinationsprophylaxe bekannt ist. (Nature Chemical Biology, Advance Online Publication, 28. Februar 2010) Ein Überraschungsjäger Der nördlich der Alpen nur lokal verbreitete Bienenwolf zählt zu den markantesten und auffälligsten Arten aus der Familie der Grabwespen {Sphecidae). Der dicke Kopf trägt eine weißgelbe, dreizackige Gesichtszeichnung, die ersten Hinterleibsspangen Links: Dem Bienenwolf kann man auf offenen, sandigen Flächen und an lehmigen Steilwänden begegnen. Foto: H. Kretschmer Rechts: Das Weibchen des Bienenwolfes ist an den auffälligen Grabborsten der Vorderfüße zu erkennen. Foto: J. Alvesgaspar schmückt ein schwarzes, nach hinten weisendes Dreieck, das im wissenschaftlichen Artnamen anklingt. Die Flugzeit erstreckt sich von Juni bis September. Während die Männchen (8 - 10 mm) auf Blüten sitzen, jagen die Weibchen (14 - 17 mm) Honigbienen, die sie als Larvenfutter in ihre Nester eintragen. Die Bienen werden stets beim Blütenbesuch, aber niemals am Bienenstock gefangen. Die Weibchen sitzen dabei lauernd auf den Blüten, um die eintreffenden Bienen im Blitzangriff zu überfallen. Mit überlegener Flugkunst stoßen Bienenwölfe aber auch aus dem Rüttelflug wie ein Greifvogel auf eine ahnungslos Nektar saugende Honigbiene. Zwar versucht sie noch, ihren eigenen Stachel zur Verteidigung einzusetzen, doch kann sie am glatten Chitinpanzer des Bienenwolfes keinen Ansatzpunkt finden. Schon nach ein paar Sekunden ist die Biene durch einen Stich in die Vorderhüfte gelähmt. Im Flug wird die in Rückenlage befindliche Biene mit allen Beinen umklammert zum Nest getragen. Vorher wird vom Bienenwolf oftmals noch die Honigblase des Opfers ausgepresst und der austretende Nektar aufgeleckt. Bienen als Larvenproviant Die vom Weibchen an sonnigen und trockenen Orten gegrabenen Niströhren können sowohl in Steilwänden wie feinem oder kiesigem Sand liegen; man hat sie sogar schon zwischen Kopfsteinpflastern im Siedlungsbereich vorgefunden. Von einem bis zu 1 m langen Hauptgang zweigen meist 5 bis 7 Seitenäste ab, die jeweils in einer Zelle enden. Brutzellen, in denen Mann- chen heranwachsen, enthalten 1-2, solche mit weiblichem Nachwuchs 3-6 Honigbienen. Auf die zuletzt eingetragene Biene erfolgt die Eiablage. Das Bienenwolf-Weibchen kann, wie bei den Hautflüglern üblich, das Geschlecht ihrer Nachkommen durch die Ablage befruchteter (= weiblich) oder unbefruchteter Eier (= männlich) selbst bestimmen. Die nach drei Tagen schlüpfenden Larven fressen an den gelähmten Bienen und überwintern in den Zellen in einem flaschenförmigen Kokon. Die Verpuppung erfolgt im späten Frühjahr. Bisher glaubte man, dass Substanzen im Betäubungsgift der Bienenwolf-Weibchen die lebenden Bienenvorräte vor Pilzbefall schützen. Neuerdings haben Wissenschaftler nachgewiesen, dass nicht das Gift die Bienen konserviert, sondern eine spezielle Behandlung durch den Bienenwolf (siehe Kasten). Bevor das Weibchen die betäubte Beute in die Kammer schafft, beleckt es mit den Mundwerkzeugen intensiv den gesamten Körper der Biene. Diese ist dadurch 3-4 Tage gegen Pilzbefall geschützt, während sie sonst nach einem Tag von Schimmel befallen wäre. Ein Bienenschädling? Der Bienenwolf wurde mancherorts wegen befürchteter Ertragseinbußen in der Im- Links: Die im Blitzgriff erbeutete Honigbiene wird durch einen Stich zwischen die Vorderhüfte gelähmt. Rechts: Die in Rückenlage befindliche Biene wird mit den Beinen umklammert und zum Nest transportiert. Fotos: B. Jacobi kerei noch bis in die 1960er Jahre gnadenlos bekämpft, mit tödlichem E 605 oder mit dem starken Umweltgift Lindan. So wurde 1956 in der Zeitschrift für Bienenforschung über eine „sehr erfolgreiche" Vernichtungsaktion im fränkischen Pegnitz berichtet. Dort hatte der örtliche Imkerverein auf einer Fläche, so groß wie drei Fußballfelder, stolze 255 Kilogramm Lindan verstreut, um eine ganze Kolonie ihres Erzfeindes zu vernichten. Entsprechende Hochrechnungen schienen dies zu rechtfertigen: „In einem mitteldeutschen Bezirk gaben die Halden der Kali-Industrie ausgezeichnete Brutplätze für den Bienenwolf ab, so dass hier pro m2 etwa 175 seiner Larven mit Proviant versorgt werden mussten; für eine Halde von 1,5 ha konnte man 60.000 Larven und für dieselben etwa 2 Millionen Honigbienen berechnen" (Engel, 1975). Solche Verhältnisse sind indes nur selten anzutreffen und bilden daher die Ausnahme. Auch unterliegt der Bienenwolf starken natürlichen Bestandsschwankungen. „Eine direkte Bekämpfung durch den Menschen, wie sie in älteren Literaturstellen bei hohen Be-siedlungsdichten empfohlen wird, ist nicht zu rechtfertigen" (Witt, 1998). Im Übrigen gab es den Bienen wolf schon lange vor der Domestizierung unserer Honigbiene. Ihre bis dahin in oft engen Baumhöhlen und Felsspalten hausenden wilden Vorfahren lebten in wesentlich kleineren Volkseinheiten, wurden in ihrem Fortbestand aber dennoch in keiner Weise durch die Übergriffe des Bienenwolfes gefährdet, Goldwespe als Überparasit Zu den natürlichen Gegenspielern des Bienenwolfes zählt die Goldwespe Hedychrum rutilans, deren Larven an den Bienenwolf-Larven schmarotzen. Diese Goldwespe ist zur Erhaltung ihrer Art auf den Bienenwolf spezialisiert und daher meist in dessen Nistarealen anzutreffen. Da das Bienenwolf-Weibchen die bereits verproviantierten Brutzellen sehr sorgfältig verschließt, kann die Goldwespe ihr Ei nur an die im Hauptgang zwischengelagerten Bienen heften. Die Goldwespe selbst besucht zur Eigenversorgung mit Nektar regelmäßig Blüten. Helmut Hintermeier Ringstraße 2 91605 Gallmersgarten aus ADIZ 09 / 2010