Nur wenig geowissenschaftliche Projekte bei Jugend Forscht Beim diesjährigen niedersächsischen Landeswettbewerb für Jugend Forscht hatten die Juroren nur eine Arbeit im Bereich Geo- und Raumwissenschaften zu bewerten. Theoretisch könnten bis zu sechs Arbeiten beim Landeswettbewerb vertreten sein, nämlich die jeweiligen Sieger aus den sechs Regionalwettbewerben. Innerhalb der letzten sechs Wettbewerbsrunden wurde diese Höchstzahl lediglich einmal erreicht. In den anderen Jahren waren jeweils vier Regionalsieger vertreten. Insgesamt traten 2016 im Fachgebiet Geo- und Raumwissenschaften in Niedersachsen 19 Projekte für Jugend Forscht und 44 Projekte für Schüler Experimentieren (bis 14 Jahre) an. Zum Vergleich: In Biologie traten 74 Projekte für Jugend Forscht und 137 Projekte für Schüler Experimentieren an. Für Physik lagen die entsprechenden Zahlen bei 51 bzw. 113. In keinem der weiteren Fachgebiete (Arbeitswelt, Biologie, Chemie, Mathematik/Informatik, Physik, Technik) wurden so wenig Arbeiten eingereicht wie in Geo- und Raumwissenschaften. Innerhalb des Fachbereiches Geo- und Raumwissenschaften lassen sich zwei deutlich voneinander getrennte inhaltliche Ausrichtungen unterscheiden: Astronomische Arbeiten und geowissenschaftliche Arbeiten. In den letzten sechs Jahren hielten sich diese beiden Ausrichtungen beim Landeswettbewerb in etwa die Waage. Da 2016 die einzige teilnehmende Arbeit einen astronomischen Inhalt hatte, nahm damit dieses Jahr keine geowissenschaftliche Arbeit beim Landeswettbewerb für Jugend Forscht teil. Insgesamt lässt sich damit konstatieren, dass innerhalb Niedersachsens nur wenige geowissenschaftliche Projektarbeiten im Rahmen von Jugend Forscht und Schüler Experimentieren durchgeführt werden. Während es in vielen Fachgebieten schwierig ist, mit Hilfe leicht zugänglicher Apparaturen bisher nicht bearbeitete Fragestellungen zu finden, existiert in den Geowissenschaften eine enorme Vielfalt möglicher und praktikabler Forschungsthemen „vor der Haustür“. Der Umstand, dass sich die Umwelt in ihrer Ausprägung von Ort zu Ort unterscheidet, ermöglicht (lokal)spezifische Fragestellungen, die durch Beobachtungen (Messen, Kartieren) und darauf aufbauenden Rekonstruktion beantwortet werden können. Gegebenenfalls bedürfen die Messungen vor Ort auch der Entwicklung angepasster Messmethoden. Auch digitale Verfahren zur Messung und Auswertung können im Rahmen solcher Forschungsarbeiten (weiter)entwickelt werden. Jonas Preine, Katharina Naber und Anika Koopmann von der Graf-Friedrich-Schule in Diepholz entwickelten etwa eine Apparatur zur Messung der Menge an Mikroplastik im Meer und führten eine entsprechende Messung in der Deutschen Bucht durch. Für Ihre Untersuchung erhielten sie 2012 den 1. Preis auf Bundesebene im Fachgebiet Geo- und Raumwissenschaften. Anna Hunkemöller und Violetta Zimmermann von der Hoffmann-von Fallersleben Schule in Braunschweig kartierten mit Hilfe eines elektrischen Widerstandsmesser eine Ackerfläche, um so die Struktur eines vermutlich jungsteinzeitlichen Erdwerks zu rekonstruieren. Dafür wurden sie 2014 mit dem 4. Preis auf Bundesebene ausgezeichnet. Typisch für solche Arbeiten ist, dass oft mehrere Untersuchungsverfahren zum Tragen kommen (z.B. Abgleich von Luftbild und elektrischer Widerstandsmessung oder von historischen Karten und Bodenprofilen), dass die Messverfahren vor Ort noch oft an die besonderen Bedingungen adaptiert werden müssen und dass aus der Gesamtschau der unterschiedlichen Daten schließlich Rückschlüsse auf die Untersuchungsfrage gezogen werden. Dieser Beitrag möchte Geographielehrkräfte in Niedersachsen ermuntern, das große Potential geowissenschaftlicher Untersuchungen durch Schülerinnen und Schüler zu nutzen, etwa in AGs oder auch angekoppelt an das Seminarfach oder an Wahlpflichtunterricht. Die Chancen, dass sich die Schülerinnen und Schüler mit der Arbeit einen Preis auf Regional-, Landes-, oder auch Bundesebene sichern, sind zur Zeit so hoch, wie in keinem anderen Fachgebiet. Eine Schwierigkeit mag darin bestehen, dass Schülerinnen und Schüler oft die ganz großen Fragen beantworten möchten, so wie ja auch der Fachunterricht in Geographie und in den Naturwissenschaften solche Fragen in den Fokus nimmt. Eine Kunst besteht entsprechend für die betreuenden Lehrkräfte darin, Schülerinnen und Schüler den Blick auf lokale/regionale Fragestellungen zu öffnen. Diese Perspektive mag aus Schülersicht im ersten Moment uninteressant und irrelevant erscheinen. Die Anbindung der lokalen Untersuchung an „große Themen“ (z.B. Rekonstruktion lokaler Temperaturänderungen vor dem Hintergrund des großen Themas Klimawandels) oder an konkrete lokale/regionale (Umwelt-)Probleme (z.B. Verschmutzung eines bestimmten Baches) oder das Abzielen auf den wissenschaftlichen Ehrgeiz, ähnlich einem Detektiv möglichst sicher einen historischen Vorgang aus den aktuell vorliegenden Indizien abzuleiten, mögen hierbei hilfreiche Wege sein. Werden für die Untersuchungen aufwändigere Apparaturen benötigt, helfen häufig Kontakte zu Forschungseinrichtungen. Dr. Rainer Müller, Geologe an der Universität Clausthal und langjähriger Juror für Jugend Forscht, hilft gerne bei der Vermittlung solcher Kontakte: Dr. Rainer Müller [email protected] Tel. 05323/722640 Unter den Arbeiten, die sich für den Bundeswettbewerb qualifiziert haben, werden übrigens auch die Sonderpreise der Deutschen Gesellschaft für Geographie (DGFG) und des VDSG verliehen. Autor: Jun.-Prof. Dr. Dirk Felzmann Georg-August-Universität Göttingen Geographisches Institut, Geographie und Didaktik, Goldschmidtstr. 5 37077 Göttingen [email protected]