2.3 Com Unity Spirit- Interreligiöse Konferenz Graz 2013 Modell für Ergebnisprotokolle der Workshops in der Konferenz a. Informationen zum Workshop - Titel des Workshops: Religion und Gender: Welche Wege führen zur Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern in den Religionsgemeinschaften und in der Gesellschaft? ModeratorIn: Edith Zitz Chairperson: Daniela Grabovac DolmetscherIn: Sabine Steinlechner ProtokollführerIn: Hana Oprešnik Angemeldete TeilnehmerInnen: Poier Wolfgang, Amos Clare, Lohiker Rüdiger, Brenner Inge, Reich Carole, Okoro John, Attia Mohamed, Käfer Ottilie, Flecker Bianca, Plessing Ingrid, Anderwald Heinz Tatsächlichen TeilnehmerInnen: Plessing Ingrid, Flecker Bianca, Attia Mohammed, Brenner Inge, Anderwald Heinz, Lohiker Rüdiger, Poier Wolfgang, Okoro John, Reich Carole, Beata Pedrazzini, Judith Von Rotz b. Inhaltliche Ergebnisse des Workshops - Einleitung durch Daniela Grabovac Kommentare und Anregungen: o Es fällt auf, dass von den 3 großen monotheistischen Religionen (Islam, Judentum, Christentum) im liberalen Judentum, ausgehend von Deutschland 1935, als erstes Geschlechtergleichstellung zu finden ist. Das liberale Judentum ist heute vor allem in den USA und in Israel zu finden. Im Christentum ist das erst deutlich später passiert. Bis jetzt konnten Frauen in der anglikanischen Kirche keine Bischofsfunktion innehaben, was sich 2015 ändern wird. o Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg gab es in Frankreich Bat Mitzwa für Mädchen. o Der Umstieg vom römischen Katholizismus zum Altkatholizismus ist nicht leicht, doch in der Genesis steht dass Gott den Menschen, also Mann und Frau geschaffen hat. Jesus war Mensch, nicht nur ein männlicher sondern auch ein weiblicher Mensch. Durch Bibelanalysen kann man zur Erkenntnis kommen, dass es keine biblische Gründe für die Diskriminierung von Frauen im Glauben gibt. o In der röm.-kath. Kirche scheint das Festhalten an Tradition sehr wichtig zu sein. Prophetisches und Zukunftsweisendes kommt zu kurz. o Wenn Traditionen gegen Menschenrechte sind, muss das bekämpft werden. Dinge wie Apartheid, Sklaverei etc. finden sich in der Bibel bzw. haben/hatten lange Tradition. Tradition darf Menschenrechten nicht widersprechen. o - Wenn man den Islam betrachtet, findet man heute noch Befürwortung für die Sklaverei, aber auch Ablehnung. Man erkennt, dass sich Tradition verändert. Im Islam verändert sich derzeit sehr viel. Sind Frauen in der Funktion als Imam (Vorbeter) für eine gemischte Gruppe möglich? (Anmerkung: Derzeit erlauben 3 von 4 sunnitischen Rechtsschule, dass Frauen Frauengruppen im Gebet leiten dürfen.) In der Türkei ist der Großteil der Theologiestudierenden weiblich. o Junge Muslime in Österreich wachsen damit auf, dass Gott von Anfang an beide Geschlechter geschaffen hat. Der Koran wird aber auch genutzt um Frauen zu unterdrücken. Die Sunna des Propheten zeigt dass, im Bezug auf Frauen, es sehr schnell und radikal einen Wechsel geben kann. Es ist belegt, dass der Islam in Mekka mithilfe der finanziellen Unterstützung einer Frau zustande kam. Jedoch können Rechte nicht einfach gegeben werden, man muss sie sich holen. Die muslimische Jugend beteiligt sich aktiv daran (Führung und Leitung sind weiblich). Man sieht auch, dass Vorbehalte gegenüber der Kompetenz in der Hintergrund treten. Der Islam verbietet Frauen für das Imamamt nicht, und es gibt großes Potenzial um diese Probleme zu lösen. o Obwohl im Buddhismus gesagt wird, dass Buddha sich Schülerinnen und Schüler aus allen Kasten des Hinduismus holte, stehen Männer in der Geschichte an oberster Stelle. Männer und Frauen tragen in sich unterschiedliche Qualitäten, und können durch Anregung der anderen diese entdecken. o Obwohl es gesetzlich gesehen viele Vorschriften und Gesetze gibt, gibt es kein Ende der Diskriminierung, weil Frauen noch immer die Rolle der Mutter und Hausfrau spielen müssen. Es ist schwierig, dieses Bild in Religion und Gesellschaft zu durchbrechen. Das ist jedoch das Zentrum des Problems. o Altkatholiken kämpfen dafür, Männer und Frauen auf die gleiche Ebene zu bringen. Solange das nicht vollbracht ist, gibt es Probleme. In vielen Gesellschaften ist Frauenordination nicht möglich, weil es wegen der Kultur nicht infrage kommt. Das Thema Sexualität ist für die Kirchen noch immer ein Tabu. Man muss darüber sprechen, damit Gleichheit entsteht. o Anmerkung der Moderatorin: Innerhalb der Moderatoren gab es wenig Interesse für die Workshops, die sich mit Sexualität und Gender beschäftigen. o Es gibt große Unterschiede zwischen Pflicht- und Lustsexualität. Religionen haben sich oft auf Pflichtsexualität fixiert, was die Frau auf die Rolle der Mutter reduziert. o Rollen abseits der Mutter werden oft abgelehnt. Patriarchalische Gesellschaften verlangen nach „domestizierten“ Frauen, was vor allem in der Subkultur des Terrorismus auffällt. Frauensexualität wird als Bedrohung gesehen. o Im Judentum ist die Scheidung anerkannt. Wird sie von der Frau verlangt, muss der Mann sie akzeptieren. Wenn der Mann die Frau nicht mindestens 1x pro Woche ehrt, und ihr das aber wichtig ist, kann sie sich scheiden lassen. Frauen sind im orthodoxen Judentum nicht vom Gottesdienst ausgeschlossen, sondern befreit, was sich historisch zu einem Nachteil entwickelt hat. o Im westlichen Feminismus wird oft die spirituelle Seite starker Frauen ausgeblendet. Es wird oft nur erhalten, was man erhalten möchte um ein bestimmtes Bild darzustellen. o Im Islam kommt es oft zu Schwierigkeiten für junge Frauen, die eine Ausbildung machen möchten und keine Vorbilder haben. o Buddhistinnen in Europa sind in einer besseren Situation als in Asien, wo versucht wird, durch Projekte diese Frauen zu unterstützen. (siehe Good Practice) Diskussionsaspekte: o Durch das Thema Reinheit entsteht viel Diskriminierung in den Bereichen Jungfräulichkeit, Menstruation und Homosexualität. Es ist eine Metathematik, über die nicht viele sprechen und die uns bremst. o Jüdische Reinigungsrituale (z.B. nach der Menstruation) sind nur in sehr wenigen (2-3) orthodoxen Gemeinden relevant. o Hochschätzung in der Religion ist nicht mit Hochschätzung in der Gesellschaft gleichzusetzen. (Beispiel: Marienkult) o o o o o o o Sprache schafft Wirklichkeiten und Bilder, und kann daher zur Ermächtigung von Frauen dienen. (siehe Good Practice) Die Art und Weise, wie Dinge benannt werden reflektiert die Denkweise. Genitalverstümmelungen in Afrika sind durch die Verwendung des selben Begriffs nicht mit den rituellen Beschneidungen von Männern gleichzusetzen. Geschlechtergleichheit ist von Sprache zu Sprache unterschiedlich. Im Englischen ist es z.B. leichter als im Deutschen. Deswegen werden leider oft aus Zeitgründen korrekte Bezeichnungen beim Dolmetschen weggelassen. Asiatische Tradition unterscheidet sich von westlicher Praxis. Obwohl die Sprache im Buddhismus relativ gleichwert ist („Söhne und Töchter“) gibt es im Buddhismus wenige weibliche Lamas. Junge Musliminnen und Muslime, vor allem die zweite Generation von Immigranten, gehen mit dem Islam anders um als ihre Eltern. Mädchen tragen das Kopftuch nicht unbedingt weil sie müssen. Sie entscheiden sich (teilweise aus feministischen Gründen) bewusst dafür, wenn sie sich dafür reif fühlen. Das Tragen des Kopftuchs ist im Islam eine Regel, genauso wie das Gebet oder Haddsch (Reise nach Mekka). Manche Frauen sehen es als Schutz vor Sexualisierung um sich nicht reduzieren zu lassen. Jedoch wagen es auch manche Frauen nicht, ein Kopftuch zu tragen obwohl sie gerne würden weil sie Angst vor Benachteiligung (z.B. im Beruf), Vorurteilen (z.B. Annahme, dass die Trägerin kein Deutsch spricht) und Diskriminierung (z.B. tätliche Angriffe) haben. Religiöse Praxen werden oft verwendet, um Menschen zu diskriminieren. Leider werden z.B. Frauen in Österreich aufgrund ihres Kopftuches benachteiligt. Praktische Arbeiten können kurzfristig und dauerhaft die Vorurteile von Menschen verringern. Diskriminierung in der Gesellschaft muss von Religion getrennt werden. Der Prozess der Veränderung ist noch nicht abgeschlossen. Geschichte wird repariert, patriarchalische Verfehlungen werden geheilt. Das ist ein Prozess, der Zeit braucht. c. Handlungsvorschläge des Workshops an Städte/Religionsgemeinschaften - - - - - Gendern in den Religionen muss zu mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern führen. Die TeilnehmerInnen des Workshops schlagen vor, dass Dialog in Form von gemeinsamer Arbeit in der Praxis stattfinden soll. Gemeinsames Arbeiten und Anpacken hilft innerhalb von kürzester Zeit, das Vorurteile abzubauen. Gleichheit muss in religiösen Texten betont werden, Religionen müssen gleiche Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Man muss gleichzeitig herausfordern und respektieren, sonst sind 150 Jahre Kampf für Gleichberechtigung verspielt. Kennenlernen und Dialog sind unerlässlich und müssen schon Kindern beigebracht werden, welche dann Schwellen abbauen können. Andere Vorstellungen und Sichtweisen müssen respektiert werden, da die TeilnehmerInnen größtenteils eine westeuropäische Sicht haben. Gleichzeitig dürfen moderne, westliche Frauen nicht diskriminiert werden. Die Aufmerksamkeit für Menschenrechtsverletzungen und Demütigungen muss da sein, auch wenn diese von Religionen ausgehen. Sie müssen außerdem als diese benannt werden und nicht durch Begrifflichkeiten heruntergespielt werden. Es soll kein Kampf geführt werden, sondern von allen Seiten gelernt werden. d. Hinweise auf bestehende Good Practices - Projekt: Fatima. Qualifikationsoffensive junger Musliminnen: Projekt zur Förderung von jungen muslimischen Frauen und Mädchen. Es bildet die jungen Frauen mit besonderen Kompetenzen und - - Schlüsselqualifikationen aus und ist ein Projekt mit inhaltlichen Zielen. Gleichzeitig verhilft es den Teilnehmerinnen zu einem stärkeren Selbstbewusstsein. (http://www.projektfatima.at/ http://www.mjoe.at/projekte/fatima/) Politik: Europarat für Jugend (www.coe.int/youth) Verein: Sakyadhita. Das Sakyadhita Training und Meditation Centre bietet frisch ordinierten Nonnen Unterkunft und Ausbildungsmöglichkeiten. Neben fortwährender Weiterbildung in der buddhistischen Lehre, gibt es Englischunterricht, Computerunterricht und Kurse für Sozialarbeit, die von dem Sri Lanka Saukyadana Movement abgehalten werden. (www.buddhistwomen.eu http://www.buddhistwomen.eu/DE/index.php/Projekte/SakyadhitaSriLanka) In kirchlichen Zusammenhängen in Luzern wird geschlechtergerechte Sprache verwendet, z.B.: „Vater und Mutter unser“ Verein: Mithilfe der MJÖ (Muslimische Jugend Österreich) während der Hochwasser im Juni 2013. Die Muslimische Jugend Österreich und die Katholische Jugend Wien haben gemeinsam zur Mithilfe bei den Aufräumarbeiten nach der Hochwasserkatastrophe in ganz Österreich aufgerufen. (http://www.mjoe.at/articles/article/hochwasser-mjoe-und-kj-helfen-gemeinsam/) e. In welchen Fragen bestand gegebenenfalls Dissens? - Die Gründe für das Tragen von Kopftüchern im Islam werden von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unterschiedlich gesehen.