Factsheet 2 Physikalische Eigenschaften des Wassers

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Wasser aus der Sicht der Chemie
Die physikalischen Eigenschaften von Wasser
Factsheet
1
Einführung
Wasser besitzt viele ausserordentliche physikalische Eigenschaften (sehr hohe Schmelz- und
Siedepunkte, niedrigere Dichte von Eis im Vergleich mit Wasser usw.), welche sich durch die
besondere Struktur seiner Teilchen erklären lassen. Genauer betrachtet, resultieren die physikalischen
Eigenschaften von Wasser aus den Wechselwirkungen zwischen seinen Teilchen, wobei die
Wechselwirkungen ihre Ursache in der Struktur eines Wassermoleküls finden.
2
Zwischenmolekulare Kräfte
Der feste sowie der flüssige Zustand von Stoffen tritt auf, wenn die Teilchen, die diese Stoffe
aufbauen, zusammen einen Verband bilden. Ein Zuckerkristall oder ein Öltropfen besteht aus einer
riesigen Anzahl von Molekülen, die sich gegenseitig anziehen und somit zusammen bleiben. Es gibt
also Anziehungskräfte zwischen Molekülen, so genannten „Kohäsionskräfte“, „zwisch enmolekulare
Kräfte“ oder „van der Waals Kräfte“, die für den festen (Gitterkräfte) und den flüssigen Zustand von
Stoffen verantwortlich sind.
Wenn die Moleküle polar sind, ist es ziemlich einfach, die Entstehung dieser Kohäsionskräfte zu
verstehen. Im Dokument „Das Wassermolekül“ wurde im Detail erklärt, wie polare Moleküle, die
schlussendlich einfach permanente Dipole sind, entstehen. Die polaren Moleküle ordnen sich so an,
dass die negativ geladenen Pole mit positiv geladenen Polen in Wechselwirkung komm en können, und
umgekehrt (Abb. 2-1).
+ - + - + - + - + - + - + + - + - + - + - + - + - + + - + - + - + - + - + - + + - + - + - + - + - + - + Abb. 2-1. Ordnung polarer Moleküle im flüssigen Zustand.
Dank dieser Anordnung sind elektrostatische Anziehungskräfte zwischen den
positiven und negativen Partialladungen möglich. Solche Kohäsionskräfte werden als
Dipol-Dipol Wechselwirkungen bezeichnet. Je grösser ihre Dipolmomente sind, desto
stärker ziehen sich die Teilchen an.
Wie ist nun die Lage bei unpolaren Verbindungen? In diesen Molekülen - wie in allen
Molekülen - bewegen sich die Elektronen ( ) ständig (Abb. 2-2a). Das führt dazu,
dass sich die Elektronen ungleichmässig verteilen und kurzzeitig mehr auf einer
Seite befinden (Abb. 2-2b). Diese Seite wird deswegen leicht negativ und
infolgedessen die andere Seite leicht positiv geladen: Es entsteht ein momentaner
Dipol (Abb. 2-2c).
Interessanterweise werden benachbarte Moleküle durch diesen Dipol beeinflusst:
Die leicht negativ geladene Seite neigt dazu, die Elektronen des benachbarten
Moleküls abzustossen. Umgekehrt übt die leicht positiv geladene Seite eine
Anziehungskraft auf die Elektronen eines anderen benachbarten Moleküls aus ( Abb.
2-3a).
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a
b
c
+ -
Abb. 2-2. Entstehung eines momentanen Dipols in einer
unpolaren
Verbindung.
2/7
a
+ -
b
+ -
c
+ - + - + Abb. 2-3. Induzierte Polarisation.
Daher entsteht auch ein momentaner Dipol in diesen benachbarten Molekülen ( Abb. 2-3b). Dieser
Vorgang wiederholt sich weiter, was zur Bildung von weiteren momentanen Dipolen führt ( Abb. 2-3c).
Dieser Prozess wird als induzierte Polarisation bezeichnet. Schlussendlich besitzen (fast) alle
Moleküle einen Dipol mit kurzer Lebensdauer und können sich daher anziehen. Solche schwachen
Anziehungskräfte werden als London Kräfte bezeichnet.
Da Elektronen sich aber ständig bewegen, ändert sich auch die Orientierung der momentanen Dipole
ständig: Über einen längeren Zeitraum bleiben solche Moleküle unpolar.
Zusammengefasst werden unpolare Moleküle dank eher schwachen London-Kräften, und polare
Moleküle dank stärkeren Dipol-Dipol Wechselwirkungen und London-Kräften zusammengehalten.
3
Schmelz- und Siedepunkt von Wasser
Es wurde schon erwähnt, dass Wasser im Vergleich mit ähnlichen Verbindungen
viel höhere Schmelz- und Siedepunkte besitzt. Um dies konkret zu visualisieren,
wurden Schmelz- und Siedepunkte der einfachsten Wasserstoffverbindungen
mit den Elementen der vierten (XH4), fünften (XH3), sechsten (H2X) und siebten
(HX) Hauptgruppen in Graphiken aufgetragen (Abb. 2-4).
Schmelzpunkte
Siedepunkte
100
100
°C
Verbindungen der 4. Hauptgruppe
Verbindungen der 5. Hauptgruppe
Verbindungen der 6. Hauptgruppe
Verbindungen der 7. Hauptgruppe
50
H2O
°C
50
HF
H2O
0
NH3
H2S
HF
HCl
HBr
-50
NH3
HI
SbH3
-100
CH4
SiH4
2
3
H2S
AsH3
HCl
HBr
PH3
GeH4
HI
SnH4
SiH4
AsH3
PH3
-150
SbH3
H2Se
H2Te
H2Se
-50
-100
H2Te
0
SnH4
-150
CH4
GeH4
-200
-200
Periode
4
5
2
3
Periode
4
5
Abb. 2-4. Graphische Darstellung der Schmelz- und Siedepunkte der Wasserstoffverbindungen mit den Elementender Hauptgruppen vier bis sieben.
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Die x-Achse gibt die Periode der Elemente wieder. Die Verbindungen werden von links nach rechts
grösser und daher schwerer. Folglich ist eine Zunahme der Schmelz- und Siedepunkte innerhalb einer
Hauptgruppe von links nach rechts zu erwarten. Für die vierte Hauptgruppe (CH 4, SiH4, GeH4, SnH4)
wird diese Zunahme tatsächlich beobachtet.
Das vorausgesehene Verhalten ist für die weiteren drei Hauptgruppen auch fast perfekt vorhanden. In
den Graphiken erscheint jedoch in jeder dieser Hauptgruppen eine klare Ausnahme: NH 3 bei der
fünften, H2O bei der sechsten und HF bei der siebten Hauptgruppe zeigen ausserordentlich hohe
Schmelz- und Siedepunkte. Für diese drei Verbindungen können wir ihren theoretischen „normalen“
Schmelz- und Siedepunkt abschätzen, indem wir das ziemlich lineare Verhalten der anderen
Wasserstoffverbindungen ihrer Gruppe extrapolieren:



Verlängern wir die „Gerade“ von SbH 3 über AsH3 zu PH3, würde für NH3 ein Schmelzpunkt von
ca. -150°C und ein Siedepunkt von ca. -120°C erwartet werden. Tatsächlich schmilzt (-78°C)
und siedet (-33°C) Ammoniak viel höher.
Verlängern wir die „Gerade“ von H2Te über H2Se zu H2S, würde für H2O ein Schmelzpunkt von
ca. -120°C und ein Siedepunkt von ca. -100°C erwartet werden. Tatsächlich schmilzt (0°C) und
siedet (100°C) Wasser sehr viel höher.
Verlängern wir die „Gerade“ von HI über HBr zu HCl, würde für HF ein Schmelzpunkt von ca. 150°C und ein Siedepunkt von ca. -120°C erwartet werden. Tatsächlich schmilzt (-83°C) und
siedet (20°C) Fluorwasserstoff viel höher.
Wie werden diese riesigen Unterschiede erklärt? Damit eine Substanz schmilzt, müssen die
Gitterkräfte gespalten werden, was Energie benötigt. Je grösser die Gitterkräfte, desto mehr Energie
(Wärme) ist nötig und desto höher wird der Schmelzpunkt. Analog dazu müssen beim Siedepunkt die
Kohäsionskräfte gespalten werden, was auch Energie braucht. Je grösser die Kohäsionskräfte, desto
mehr Energie (Wärme) ist nötig und desto höher wird der Siedepunkt. Die abnormal hohen Schmelz und Siedepunkte von NH 3, H2O und HF können nur mit speziellen, zusätzlichen zwischenmolekularen
Wechselwirkungen erklärt werden. Die Elemente Stickstoff (N), Sauerstoff (O) und Fluor (F) besitzen
alle eine sehr hohe Elektronegativität und einen kleinen Atomradius (sie befinden sich in der zweiten
Periode) und wirken deshalb stark polarisierend. Die kovalente Bindung zwischen di esen Elementen
und Wasserstoff, welches im Vergleich eine kleine Elektronegativität besitzt, ist kurz und stark polar.
Daraus folgt eine grosse positive Partialladung, die auf dem winzigen Wasserstoffatom lokalisiert ist.
Die Partialladung kann nun mit einem freien negativ geladenen Elektronenpaar von Stickstoff,
Sauerstoff oder Fluor in Wechselwirkung kommen:
-
N
+
-
H
N
-
O
+
-
H
-
O
+
F
H
-
F
Diese besondere elektrostatische Anziehungskraft
wird als Wasserstoffbrücke (H-Brücke)
bezeichnet und wie folgt definiert: Wasserstoffbrücken sind Bindungen, die zwischen einem entweder
mit Stickstoff (N), Sauerstoff (O) oder Fluor (F) gebundenen Wasserstoffatom und einem freien
Elektronenpaar einer dieser drei Elemente erscheinen.
Im Vergleich zu kovalenten Bindungen sind Wasserstoffbrücken klar schwächer: die Bindungsenergie
einer Wasserstoffbrücke zwischen Wasserstoff und Sauerstoff beträgt nur etwa 4% der Energie einer
kovalenten OH-Bindung.
Wenn wir alle möglichen H-Brücken in einem Wassermolekül betrachten, ist dieses Molekül wieder ein
Sonderfall:
O
H
+
+
H
H
-
+
H
H
-
O
+
H
O
H
O
O
H
H
H
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Jedes Wassermolekül besitzt zwei „aktive“ (bei den H +) und zwei „passive“ (bei den freien
Elektronenpaaren des Sauerstoffs) Stellen für H-Brücken. Aktive und passive Stellen stehen in einem
1:1 Verhältnis zueinander. Das bedeutet, dass jedes Wasserstoffatom jedes Moleküls eine
Wasserstoffbrücke bilden kann. Anders gesagt besitzen alle Moleküle einer Wasserprobe die
Möglichkeit, vier H-Brücken zu bilden, was im festen Zustand erreicht wird.
Im Vergleich sind NH 3- und HF-Moleküle für die Bildung von möglichst vielen H-Brücken nicht so gut
aufgebaut wie Wasser.
Im NH3 sind drei aktive (H +) aber nur eine passive (freies
Elektronenpaar des Stickstoffs) Stellen für H-Brücken. In einer
Portion Ammoniak kann jedes Molekül deswegen nur 2 H-Brücken
machen.
Im HF sind drei passive (freie Elektronenpaare des Fluors) aber nur
eine aktive (H+) Stellen für H-Brücken. In Fluorwasserstoff kann
-
+
N
H
H
-
+
+
F
H
H
+
jedes Molekül nur 2 H-Brücken machen.
Temperatur (°C)
Die ausserordentlich hohen Schmelz- und Siedepunkte von NH 3, H2O und HF folgen aus der der
Anwesenheit von H-Brücken in diesen Verbindungen. Diese H-Brücken werden beim Schmelzen
(teilweise) und Sieden (vollständig) getrennt, was zusätzliche Energie benötigt und die Schmelz - und
Siedepunkte erhöht. Da Wasser die grösste Menge von H-Brücken pro Molekül bilden kann, ist die
Erhöhung seines Schmelz- und besonders jene des Siedepunktes noch stärker ausgeprägt. Wenn
Wasser keine Wasserstoffbrücken bilden würde, dann würde es keine Seen, keine Flüsse, keinen
Regen und keine Körperflüssigkeiten auf der Erde geben!
Nicht nur die Temperaturen der Aggregatzustandsänderungen (Schmelzen und Sieden) aber auch die
Energien für diese Vorgänge sind im Wasser ungewöhnlich hoch. Schauen wir genau an, wie viel
Energie nötig ist, wenn wir ein Gramm Eis zu Wasserdampf umwandeln wollen (Abb. 2-5).
Wasserdampf
Wasser
Wasser
und
Wasserdampf
100
Abb. 2-5. Temperaturen und
Energien der
Aggregatzustandsänderungen von Wasser.
Eis
und
Wasser
0
Eis
335 J 418,6 J
2256 J
Wärme
Bei 0 °C schmilzt der Eiswürfel. Die Energie während des Schmelzens wird nur gebraucht, um die
Kohäsionskräfte (Gitterkräfte) zu zerstören. Deswegen bleibt die Temperatur bei genau 0°C. Erst wenn
das gesamte Eis zu flüssigem Wasser geworden ist, steigt die Temperatur wieder an. Aus der Graphik
ist klar zu erkennen, dass es fast gleich viel Energie braucht, um das Eis zu schmelzen (335 J/g), wie
das Wasser von 0°C auf 100°C zu erwärmen (419 J/g)!
Bei 100°C siedet das Wasser. Hier wird die Energie während des Siedens wieder nur gebraucht, um
die Kohäsionskräfte zu zerstören. Auch wenn die Temperatur unverändert bleibt (100°C), benötigt das
Verdampfen über fünfmal mehr Energie (2256 J/g), als das Erwärmen bis zu dieser Temperatur.
Es ist bekannt, dass eine Verbrennung mit Wasserdampf viel schlimmer ist als eine mit heissem
Wasser. Die Erklärung liegt nun auf der Hand. Bei gleicher Temperatur (100°C) enthält der
Wasserdampf unglaublich viel mehr Energie. Beim Kontakt mit der Haut werden die Dämpfe zunächst
kondensieren und setzen somit all die Verdampfungsenergie (2256 J/g) wieder frei, was schwere
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Verbrennungen verursacht. Danach wird noch eine im Vergleich kleine Menge Energie beim Abkühlen
bis zur Körpertemperatur freigesetzt (ca. 250 J/g). Mit heissem Wasser wird "nur" dieser Beitrag an die
Haut abgegeben…
Abgesehen von den Verbrennungen mit Wasserdampf ist die hohe Verdampfungsenergie von Wasser
eine für den Menschen günstige Eigenschaft. Sobald unsere Körpertemperatur zu hoch wird, beginnen
wir zu schwitzen. Die nachfolgende Verdunstung dieses Schweisses verbraucht Wärme, die aus de m
Körper genommen wird. Auf diese Weise wird die Körpertemperatur abnehmen. Dieses Phänomen
wirkt im Sommer beim Baden besonders stark: Wenn man aus dem Schwimmbecken steigt,
verdunstet das Wasser auf der Haut – dies geschieht besonders schnell, wenn es windig ist – und
kühlt den Körper merklich ab?
4
Dichte von Wasser
Wasser unterscheidet sich bei der Dichteänderung in Abhängigkeit der
Temperatur deutlich von anderen Stoffen. Für die meisten Substanzen
nimmt die Dichte mit steigender Temperatur stetig ab. Beim Schmelzen gibt
es eine sprunghafte Abnahme der Dichte. Daher sind Festkörper schwerer
als ihre Schmelze und gehen unter. Beim Sieden (100°C, 1 bar Druck)
nimmt die Dichte ebenfalls schlagartig ab, d.h. von 958,35 kg/dm 3 (flüssig)
auf 0,59 kg/dm 3 (gasförmig).
Die Anomalie des Wassers: beim Abkühlen nimmt die Dichte zunächst, wie bei anderen Stoffen, mit
abnehmender Temperatur zu (Abb. 2-6).
Vergrösserung
1000
1000
990
980
3
Dichte (Kg/dm )
Wasser
Wasser
999
970
960
Eis
950
940
998
-5
930
0
4
5
10
Eis
920
-100
-50
0
4
50
100
Temperatur (°C)
Abb. 2-6. Änderung der Dichte von Wasser von -100 bis +100 °C.
Bei 4°C erreicht die Dichte des Wassers jedoch ein Maximum und nimmt von da an mit sinkender
Temperatur wieder ab. Im Gegensatz zum Verhalten anderer Stoffe zeigt Wasser beim Gefrieren
keine Zunahme seiner Dichte. Was beobachtet wird ist eine sprunghafte Abnahme der Dichte. Beim
weiteren Abkühlen verhält sich Eis dann wieder normal (Zunahme der Dichte).
Wenn Stoffe erstarren (Kristalle bilden), ordnen sich die Teilchen so, dass ihre Anziehungskräfte
(Gitterkräfte) maximiert werden. Das wird meist erreicht, wenn die Teilchen so nah wie möglich
nebeneinander angeordnet sind. Folglich wird Platz eingespart und die Dichte nimmt erheblich zu.
Die Gitterkräfte im Eis sind fast ausschliesslich Wasserstoffbrücken. Beim Maximieren der Gitterkräfte
müssen sich deswegen die Wassermoleküle so anordnen, dass die Wasserstoffatome eines Moleküls
möglichst nahe an den Sauerstoffatomen benachbarter Moleküle angeordnet sind. Wenn jedes
Wassermolekül tetraedrisch von vier weiteren Wassermolekülen umgeben ist, kann dieses Ziel
erreicht werden (Abb. 2-7).
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Abb. 2-7. Anordnung der Wassermoleküle mit Wasserstoffbrücken (gelb) im Eis.
In Abbildung 2-7 ist ersichtlich, dass dank dieser Geometrie jedes Sauerstoffatom durch kovalente
Bindungen (weiss) an zwei Wasserstoffatome und durch Wasserstoffbrückenbindungen (gelb) an zwei
weitere Wasserstoffatome gebunden ist. Diese Anordnung ist aber nur mit einer Entfernung der
Moleküle voneinander vereinbar. Eis ist deshalb viel weniger dicht als Wasser.
Auf dem Markt gibt es verschiedene Molekülbaukästen, mit deren Hilfe man die spezifische
Anordnung der Wassermoleküle im Eis und die Wasserstoffbrückenbindungen anschaulich darstellen
und verstehen kann (Abb. 2-8).
Abb. 2-8. Modell von Eis mit einem Molekülbaukasten.
Die maximale Dichte von Wasser bei 4°C - und nicht wie man logischerweise erwarten würde bei 0°C
- wird mit der Bildung von Eis-Nanokristallen erklärt. Bei Temperaturen nahe am Schmelzpunkt
beginnen sich winzige Bereiche zu bilden, die bereits die weniger dichte Eisstruktur übernommen
haben. Ab ca. 4°C abwärts überwiegt dieser Effekt gegenüber der normalen Dichtezunahme durch die
geringer werdende Molekülbewegung und die Dichte des Wassers nimmt ab.
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5
Wärmekapazität von Wasser
Die Wärmekapazität eines Stoffes gibt an, wie viel Energie nötig ist, um die Temperatur von einem
Gramm dieses Stoffes um ein Grad zu erhöhen. Vergleichen wir die Wärmekapazität alltäglicher Stoffe
(Tabelle 2-1).
Tabelle 2-1. Wärmekapazität alltäglicher Substanzen (bei 20 °C)
Substanz
Ammoniak (bei Sättigungsdruck)
Wasser
Schokolade
Eis
Holz
Aluminium
Glas
Eisen
Kupfer
Silber
Gold
Wärmekapazität
kJ
4,77 Kg  C
4,187
3,140
2,06
1,7
0,896
0,6-0,8
0,439
0,381
0,234
0,130
Wasser besitzt eine der grössten Wärmekapazitäten. Es ist eine weitere Konsequenz der
Wasserstoffbrücken in dieser Verbindung. Wo liegt zum Beispiel der Unterschied zwischen 1 g Eis bei 10°C und 1 g Eis bei -9°C? Dem Eis mussten 2,06 J zugegeben werden, um diesen Temperaturanstieg
von 1°C zu erreichen. Wo ist diese Energie jetzt enthalten? Im festen Zustand besetzen die Teilchen
eine bestimmte Stelle im Kristallgitter und können daher nur Schwingungen machen. Die Energiezufuhr
bewirkt, dass die Teilchen im Eis bei -9°C stärker schwingen als bei -10°C. Im Wasser können sich die
Teilchen zusätzlich innerhalb der Flüssigkeit bewegen. Wassermoleküle bei 21°C schwingen stärker und
bewegen sich vor allem schneller als bei 20°C. Die Temperatur ist also ein Mass der Schwingungen und
Bewegungen der Teilchen (in Feststoffen können die Teilchen nur schwingen). Wasserstoffbrücken
behindern Schwingungen und Bewegungen. Will man nun die Beweglichkeit der Teilchen im Wasser
erhöhen, dann muss sicher mehr Wärme zugegeben werden, als wenn man die gleiche
Beweglichkeitserhöhung in einem vergleichbaren Stoff erhalten will, dessen Teilchen jedoch keine
Wasserstoffbrücken bilden können. Eine der wenigen Substanzen, die eine höhere Wärmekapazität als
Wasser besitzt, ist Ammoniak, welcher auch Wasserstoffbrücken bildet!
Beide Verbindungen werden als Kälte- oder Kühlmittel gebraucht: zum Beispiel Ammoniak in
Eislaufbahnen oder Wasser in Kraftwerken.
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