Auswertung der neueren Rechtsprechung (L.B./G.O.) Die nachfolgende Untersuchung befasst sich mit der Frage, wie die Gerichte mit den gesetzlichen Vorgaben des neuen § 1626a BGB seit dessen Inkrafttreten am 19.05.2013 umgehen und in welchen Fällen von der Möglichkeit eines schriftlichen Verfahrens nach § 155a FamFG Gebrauch gemacht wird. 1. Beschluss des KG Berlin vom 15.5.2013 (18 UF 215/11) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss des AG Pankow/Weißensee Vorliegend beantragt der nichtverheiratete Vater im Jahr 2011 die gemeinsame Sorge für seinen minderjährigen Sohn, zu dem er bis zum Umzug der Mutter regelmäßig Kontakt hatte. Er berief sich auf die Verfassungswidrigkeit des §1626a BGB a.F. und forderte die gemeinsame Sorge im Sinne der positiven Kindeswohlprüfung der Übergangsregelung, da er sich von Geburt an aktiv um das Kind und dessen Wohlbefinden kümmere. Dies stritt die Mutter ab und brachte vor, es sei zum Kontaktabbruch und völliger Ignoranz ihr gegenüber gekommen, seit sie dem Kind nicht den Namen des Vaters gegeben hatte. Es bestehe zudem nur ein E-Mailkontakt zwischen ihnen. Das Jugendamt sprach sich gegen eine gemeinsame Sorge aus. Nach erfolgter Anhörung aller wies das AG den Antrag des Vaters zurück und führte an, dass der Umgang des Vaters mit dem Kind zwar grundsätzlich für eine gemeinsame Sorge spreche, es an einer Fähigkeit der Eltern zu einer angemessenen Kommunikation aber derart mangele, dass eine künftige gemeinsame Entscheidungsfindung unmöglich sei.13 Daraufhin legte der Vater Beschwerde ein. b. Beschluss des KG Berlin Das KG stellt ebenso wie das AG den positiven Umgang des Vaters mit dem Kind fest. Es weist aber darauf hin, dass es offensichtlich an einer tragfähigen sozialen Beziehung zwischen den Eltern fehle, was sich auch durch die zahlreichen Umgangsverfahren zeige, in denen es zu keiner Einigung zwischen den Eltern komme. Des weiteren stellte das KG fest, dass der Vater seine Belange oft über die des Kindes stellt und so zum Beispiel auch nicht zu dessen Geburtstag erscheint. Ebenso besteht die Gefahr, dass sich das negative, respektlose Verhalten des Vaters gegenüber der Mutter auf das Kind und dessen Verhältnis zur Mutter überträgt. Das KG hat somit festgestellt: "Die Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts kommt nicht in Betracht, wenn die Eltern des Kindes nicht in der Lage sind, eine tragbare Kommunikationsbasis aufzubauen und die konkrete Gefahr besteht, dass sie in Zukunft in einzelnen Sorgerechtsfragen aufgrund der ichbezogenen Haltung eines Elternteils jeweils die gerichtliche Entscheidung suchen müssen und damit das Kindeswohl gefährden."14 Das KG betonte zuletzt, dass zwar nach dem Maßstab der positiven Kindeswohlprüfung zu urteilen sei, eine gemeinsame Sorge jedoch auch nach der kommenden negativen Kindeswohlprüfung dem Kindeswohl widerspreche und somit ausscheide.15 c. Fazit Sowohl das AG als auch das KG lehnten die Einrichtung der gemeinsamen Sorge sowohl nach der positiven als auch der kommenden negativen Kindeswohlprüfung ab und beließen es bei der Alleinsorge der Mutter. 2. Beschluss des OLG Koblenz vom 6.6.2013 (13 UF 246/13 ) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss des AG Neuwied Das AG Neuwied hatte am 5.3.1013 und somit vor Inkrafttreten der Neuregelung bezüglich eines Antrags eines nichtverheirateten Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge für seine 3-jährige Tochter zu entscheiden. Der Antrag wurde im Rahmen einer positiven Kindeswohlprüfung abgelehnt, der dauernde Streit zwischen den Eltern und deren von wechselseitigen Beschuldigungen geprägte konfliktreiche Beziehung dem Kindeswohl nicht entspreche, da dies nur zu Belastungen des Kindes führen würde, auf dessen Rücken die Streitigkeiten ausgetragen werden würden.16 b. Beschluss des OLG Koblenz Das in zweiter Instanz zuständige OLG Koblenz wurde daraufhin nach erfolgter Beschwerde des Vaters am 6.6.2013 und folglich nach Inkrafttreten der Neuregelung zur Entscheidung gerufen. Obwohl nun der neue §1626a BGB als Maßstab hätte dienen sollen, wurde trotzdem nach altem Recht und folglich nicht gemäß einer negativen Kindeswohlprüfung entschieden und den Antrag abgelehnt, da die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl nicht entspreche.17 Hierfür fordert das OLG Koblenz in erster Linie eine schwerwiegende nachhaltige Störung der Kommunikation zwischen den Eltern, welche eine gemeinsame Entscheidungsfindung unmöglich mache und das Kind hierdurch belasten würde. Vorliegend bejahte das OLG aufgrund des bestehenden Elternstreits, dessen Ende nicht absehbar war, dieses Kriterium. Es führte an, dass eine gemeinsame Sorgeausübung undenkbar sei, wenn sich, wie vorliegend, die Eltern auch noch 1 Jahr nach der Trennung ständig streiten und gegenseitig beschuldigen und sich dies dementsprechend nicht so schnell ändern werde. Das erforderliche Mindestmaß an Übereinstimmung sei demzufolge nicht gegeben. Diese Ansicht teilten auch der Verfahrensbeistand und das Jugendamt.18 c. Fazit Sowohl AG als auch OLG entschieden nach dem alten Recht und der positiven Kindeswohlprüfung und lehnten die gemeinsame Sorge ab. 3. Beschluss des OLG Karlsruhe vom 20.06.2013 – Az. 18 UF 38 /13 (G.O.) a. Sachverhalt Die Beteiligten sind die Eltern eines 2005 geborenen Kindes, das bei der Mutter lebt. Die Eltern waren nie miteinander verheiratet, es wurden keine Sorgeerklärungen abgegeben. Nachdem die Mutter den Wunsch äußerte, wegen ihres Studiums in eine andere Stadt ziehen zu wollen, beantragte der Vater die gerichtliche Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge, ohne zuvor andere Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben.19 b. Beschluss des AG Freiburg vom 31.01.2013 – Az. 50 F 2624/12 Das AG Freiburg wies den Antrag des Vaters zurück; der Beschluss erging im regulären Verfahren. Im vorliegenden Fall fehle es nach Ansicht des AG an der nötigen Kommunikationsund Kooperationsfähigkeit der Eltern, die unterschiedliche Erziehungsansätze verfolgten. Es sei zu befürchten, dass es bei gemeinsamer Sorge zu wiederholten Konflikten zwischen den Eltern kommen werde. Das Kommunikationsverhalten der Eltern sei wenig konstruktiv. Bei gemeinsamer elterlicher Sorge bestehe die Möglichkeit von umfangreicheren Konflikten, die dem Kindeswohl schaden würden.20 c. Beschluss des OLG Karlsruhe Das OLG wies die Beschwerde des Vaters als unbegründet zurück. Dem Vater sei unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls entgegenzuhalten, dass er vorzeitig auf sein Recht und dessen Durchsetzung mittels staatlicher Instanzen pochte, ohne zuvor ausreichend das Gespräch mit der Mutter zu suchen. Auch wenn im vorliegenden Fall die Regelung des Umgangs zwischen Vater und Kind in der Vergangenheit ebenso wenig größere Probleme und Meinungsverschiedenheiten zwischen den Eltern aufgeworfen habe wie andere Fragen, so seien doch unstreitig Konflikte entstanden, die zeigten, dass eine ausreichend tragfähige soziale Grundlage für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge fehle. Mit der Einleitung des vorliegenden Gerichtsverfahrens wurde vom Vater ohne Not eine neue Konfliktebene eröffnet, ohne vorher Möglichkeiten der kooperativen Konfliktbeilegung Meinungsverschiedenheiten in auszuschöpfen. Sachfragen für Dies das spreche Fehlen noch einer mehr als hinreichenden Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft in gemeinsam zu entscheidenden Fragen.21 d. Fazit Die voreilige Durchsetzung elterlicher Rechte mittels staatlicher Instanzen spricht sowohl nach Ansicht des AG, als auch des OLG, für eine fehlende Kooperationsbereitschaft zwischen den Eltern. 4. Beschluss des OLG München vom 26.8.2013 (16 UF 983/13) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss des AG Landshut Das AG Landshut hatte über den Antrag eines Kindesvaters eines ca. eineinhalbjährigen Kindes vor der Reform des § 1626a BGB zu entscheiden. Der Vater wollte von Anfang an Verantwortung für das gemeinsame Kind übernehmen. Die Eltern, welche sich bereits vor der Geburt getrennt haben, hatten zwar Vorbehalte gegeneinander, trotzdem gelang es ihnen, sich über Angelegenheiten des Kindes zu verständigen. Auch der Umgang funktionierte und der Vater hatte nichts gegen den Lebensmittelpunkt des Kindes bei der Mutter einzuwenden. Aufgrund dessen sprach das AG den Eltern aufgrund der positiven Kindeswohlprüfung die gemeinsame Sorge zu, da diese dem Kindeswohl am besten entspreche. Die Mutter legte Beschwerde ein. b. Beschluss des OLG München Das OLG München bestätigte vorliegend den vorangegangenen Entschluss des AG Landshut und übertrug aufgrund der bereits vom AG aufgeführten Gründe die gemeinsame elterliche Sorge auf beide Elternteile gemäß des neuen § 1626a BGB. Es führte an, dass sich die Beschwerdegründe der Mutter ausschließlich auf das Verhältnis der Eltern beziehen und nicht kindbezogen sind, im Gegenteil, in kindbezogenen Angelegenheiten haben sich die Eltern stets einig werden können. Ein Widerspruch zum Kindeswohl sie durch die Einrichtung der gemeinsamen Sorge nicht erkennbar22 c. Fazit Übertragung der gemeinsamen Sorge durch das AG aufgrund der positiven und auch durch das OLG aufgrund der negativen Kindeswohlprüfung. 5. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 09.09.2013 – Az. 7 UF 66/13 (G.O.) a. Sachverhalt Im vorliegenden Fall lebte das 2008 geborene Kind seit seiner Geburt im Haushalt der Mutter, pflegte jedoch regelmäßigen Umgang mit dem Vater. Gemeinsame Sorgeerklärungen wurden nicht abgegeben. Der Vater beantragte die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Zur Begründung führte er an, dass er mehr Verantwortung für das Kind übernehmen möchte und dass darüber hinaus sichergestellt werden müsse, dass er sich um das Kind kümmern könne, wenn die Mutter, wie in der Vergangenheit bereits oft geschehen, aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, sich um das Kind zu kümmern. Die Mutter sprach sich zwar für einen regelmäßigen Umgang des Kindes mit dessen Vater aus, ein gemeinsames Sorgerecht lehnte sie jedoch ab. Das Verhältnis zwischen ihr und dem Vater sei dermaßen tiefgründig und nachhaltig gestört, dass es unmöglich sei, eine Verständigung über Belange des Kindes zu erzielen.23 b. Beschluss des AG Kassel vom 05.07.2013 – Az. 542 F 2581/11 SO Durch Beschluss vom 05.07.2013 hat das AG Kassel den Antrag des Vaters zurückgewiesen; der Beschluss erging im regulären Verfahren. Nach Ansicht des AG widerspreche die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl. In der Vergangenheit habe sich gezeigt, dass es den Eltern unmöglich sei, über Belange des Kindes miteinander zu kommunizieren. Würde man die gemeinsame elterliche Sorge gegen den Willen der Mutter anordnen, würde dies wegen der zu erwartenden Konflikte erhebliche Belastungen für das Kind mit sich bringen. Darüber hinaus erwies sich der Gesundheitszustand der Mutter seit längerer Zeit als stabil. Es sei folglich nicht zu befürchten, dass sie die elterliche Sorge für das Kind nicht ausüben könne.24 c. Beschluss des OLG Frankfurt Der Vater legte Beschwerde gegen den Beschluss AG Kassel ein. Das OLG wies die Beschwerde als unbegründet zurück. Im vorliegenden Fall wäre eine gemeinsame Ausübung des Sorgerechts mit dem Kindeswohl unvereinbar, da es an einem Mindestmaß an Übereinstimmung und einer tragfähigen Beziehung zwischen den Eltern fehle.25 In der Vergangenheit kam es immer wieder zu erheblichen Konflikten zwischen den Eltern, derentwegen vor allem die Mutter mehrfach anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen musste. Auch die zwischen den Eltern geführten Elterngespräche hätten zu keiner Annäherung zwischen den Eltern geführt, sondern weitere Konflikte geschürt. Nach Ansicht des OLG zeige sich hierin sehr deutlich, dass die Kommunikation zwischen den Eltern nachhaltig und schwer gestört sei. Es bedürfe auch keiner Klärung, wer von beiden der Initiator der Streitigkeiten sei. Entscheidend sei allein, dass sich beide seit langem mit offener Ablehnung begegneten, weshalb eine Verschärfung der Konflikte zu erwarten sei, wenn man sie durch die Übertragung der gemeinsamen Sorge zwingen würde, sich in Sorgerechtsangelegen zu verständigen.26 d. Fazit Streitigkeiten, die über mehrere Jahre aufrechterhalten werden und unter Inanspruchnahme gerichtlicher und anwaltlicher Hilfe geführt werden, sind sowohl nach Ansicht des AG, als auch des OLG, ein klares Indiz für eine schwere und tiefgreifende Störung der elterlichen Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit. 6. OLG Brandenburg, Beschluss vom 19.09.2013 – Az. 9 UF 96/11 (G.O.) a. Sachverhalt Die Beteiligten sind die nicht miteinander verheirateten Eltern dreier Kinder. Sorgeerklärungen wurden nicht abgegeben. Das Verhältnis zwischen den Eltern stellte sich als äußerst zerrüttet dar. Seit der Trennung stritten die Eltern heftig über die Ausgestaltung des Umgangs und über das Sorgerecht. Die Eltern trugen diese Streitigkeiten in zahlreichen Verfahren vor Gericht aus; zum Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde waren 15 Verfahren bei zwei Amtsgerichten anhängig. Der Vater beantragte die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Er wollte an wesentlichen Entscheidungen beteiligt werden und über gesundheitliche Belange informiert werden. Die Mutter bezeichnete er als bindungsintolerant. Dem, seiner Meinung nach von ihr beabsichtigten Abbruch der Umgangskontakte, sei nur durch die Begründung einer gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenzuwirken. Nach Ansicht der Mutter fehlte es für die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge an einer gemeinsamen Basis. So verliefen die Umgänge nie problemlos ab, auch werde sie regelmäßig vom Vater beschimpft.27 b. Beschluss des AG Bad Liebenwerda vom 24.02.2011 – Az. 20 F 218/10 Das AG Liebenwerda hat den Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge zurückgewiesen; der Beschluss erging im regulären Verfahren. Nach Ansicht des AG entspreche die gemeinsame elterliche Sorge nicht dem Wohl der Kinder. Zwischen den Eltern mangele es an Übereinstimmung, auch fehle es ihnen an der erforderlichen Kooperationsbereitschaft. Die Eltern seien nicht in der Lage, ohne gerichtliche Hilfe den Umgang zu gestalten. Die Streitigkeiten der Eltern und die gerichtlichen Auseinandersetzungen hätten dazu geführt, dass die Kinder bereits in einem spürbaren Maße belastet seien.28 c. Beschluss des OLG Brandenburg Der Vater legte gegen den Beschluss des AG Beschwerde ein. Das OLG wies den Antrag des Vaters als unbegründet zurück. Unter den gegebenen Voraussetzungen widerspreche die gemeinsame elterliche Sorge dem Wohl der Kinder. Das OLG stellte fest, dass der Fall nach neuem Recht zu behandeln sei. Im vorliegenden Fall seien die zahlreichen Gerichtsverfahren ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass die Eltern nicht in der Lage seien, miteinander zu kommunizieren, geschweige denn Belange ihrer Kinder gemeinsam zu regeln. Zwischen den Eltern bestehe darüber hinaus keine tragfähige soziale Beziehung, sie schätzten einander nicht und es herrsche großes Misstrauen. Eine konstruktive Kooperation sei nicht erkennbar; das Konfliktniveau erweise sich als durchgängig hoch, dies führe zu einer Beeinträchtigung der Eltern-Kind-Beziehung. Der Elternkonflikt würde nach Ansicht des OLG durch eine Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge aller Voraussicht nach nur noch verschärft. Dies liege nicht im Interesse der Kinder, die durch die elterlichen Auseinandersetzungen ohnehin schon belastet seien. Somit habe es bei der Alleinsorge der Mutter zu verbleiben.29 d. Fazit Sowohl nach Ansicht des AG, als auch des OLG, sind zahlreich geführte Gerichtsverfahren ein eindeutiger Beleg dafür, dass die Kommunikation zwischen den Eltern irreparabel gestört ist. 7. Beschluss des OLG Frankfurt vom 07.10.2013 – Az. 5 UF 88/13 (G.O.) a. Sachverhalt Die Beteiligten sind die unverheirateten Eltern zweier Kinder, welche bei der Mutter leben und mit dem Vater begleiteten Umgang haben. Die Eltern pflegen keinen besonders guten Umgang miteinander. Urheberin aller Kommunikations- und Kooperationsprobleme sei nach Ansicht des Vaters die Mutter; er selbst sei hingegen kommunikations- und kooperationsfähig. Der Vater stellte einen Antrag auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge.30 b. Beschluss des AG Frankfurt vom 16.01.2013 Das AG Frankfurt hat den Antrag des Vaters auf Einräumung der gemeinsamen elterlichen Sorge zurückgewiesen und es bei der Alleinsorge der Mutter belassen; der Beschluss erging im regulären Verfahren. Nach Ansicht des AG fehlte es sowohl an einer tragfähigen sozialen Beziehung zwischen den Eltern, als auch an einem notwendigen Maß an Übereinstimmung. c. Beschluss des OLG Frankfurt Das OLG Frankfurt teilte die Auffassung des AG. Für eine gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung fehle es an einer tragfähigen sozialen Beziehung zwischen den Eltern. Auch ein fundiertes Maß an Übereinstimmung, das auf eine ausreichende Kommunikations- und Kooperationsbasis schließen lasse, sei nicht erkennbar. Es bestehe folglich das Risiko, dass die Kinder durch die Herstellung eines gemeinsamen Sorgerechts fortdauernden Konflikten ausgesetzt würden. Versuche die Kommunikation und Kooperation der Eltern durch gemeinsame Gespräche zu verbessern seien gescheitert. Infolge der sichtbaren Abwertungen und fortdauernden Streitigkeiten stehe jedoch fest, dass die Bedürfnisse der Kinder, bei einem gemeinsamen Sorgerecht der Eltern, nicht genügend Berücksichtigung finden würden; die Einräumung der gemeinsamen elterlichen Sorge würde dem Kindeswohl somit widersprechen.31 d. Fazit Die massive Abwertung des anderen Elternteils führt sowohl nach Ansicht des AG, als auch nach Ansicht des OLG, zur Annahme, dass eine ausreichende Kommunikations- und Kooperationsbasis fehlt. 8. Beschluss des OLG Hamm vom 14.10.2013 (14 UF 175/13) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss des AG Blomberg Vorliegend beantragte der Vater die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Die Mutter legte gegen diesen Antrag Beschwerde ein und führte an, dass der Vater die Unterhaltszahlungen nicht wahrnehme und möglicherweise an einer psychischen Erkrankung leide, was eine stationäre Behandlung zur Folge hatte. Das AG führte an, dass ausbleibende Unterhaltszahlungen sowie eine eventuelle psychische Erkrankung, welche einmalig zur Behandlung geführt hat, kein Grund seien, die gemeinsame Sorge zu verweigern, da diese Gründe nicht dem Kindeswohl widersprechen und sich der Vater zudem für den Aufenthalt des Kindes bei der Mutter ausgesprochen hat. Die gemeinsame Sorge wurde folglich eingerichtet, nachdem die Mutter keine konkreten, das Kindeswohl gefährdenden Gründe aufführen konnte und der positive Umgang des Vaters mit dem Kind festgestellt worden war.32 b. Beschluss des OLG Hamm Das OLG schloss sich den Ausführungen des AG an. Es betonte zudem, dass die Mutter zwischenzeitlich aufgrund eines Verkehrsunfalles in ein künstliches Koma versetzt worden war und es deshalb schon allein das Kindeswohl gebietet, dass die gemeinsame Sorge eingerichtet wird und der Vater Mitspracherechte zugesprochen bekommt.33 c. Fazit Sowohl das AG als auch das OLG sprachen sich für die Einrichtung der gemeinsamen Sorge am Maßstab der negativen Kindeswohlprüfung aus. 9. AG Freiburg, Beschluss vom 14.11.2013 – Az. 44 F 2030/13 (G.O.) a. Sachverhalt Die Beteiligten sind die nichtverheirateten Eltern eines Kindes; die Mutter war allein sorgeberechtigt. Zwischen den Eltern war die Frage des Umgangs zwischen Vater und Kind heftig umstritten. Der Vater wollte die elterliche Sorge gemeinsam mit der Mutter ausüben. Er war der Ansicht, man wäre in der Lage, über die Belange des Kindes gut miteinander zu kommunizieren. Die Mutter war hingegen der Ansicht, dass es dem Vater nie um das Wohl des Kindes ging, sondern nur darum, sie zu schikanieren.34 b. Beschluss des AG Das AG Freiburg räumte dem Vater die Ausübung der elterlichen Sorge gemeinsam mit der Mutter ein; der Beschluss erging im regulären Verfahren. Nach Ansicht des AG Freiburg war im vorliegenden Fall ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge und eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern, sowie eine Orientierung der Eltern am Kindeswohl gegeben. Streitigkeiten über eine Umgangsregelung seien, ebenso wie Streitigkeiten über Angelegenheiten von untergeordneter Bedeutung iSv § 1687 I S. 1 BGB, nicht dem Kernbereich der elterlichen Sorge zuzuordnen. Ob Streit über eine Umgangsregelung bestehe und unter welchen Umständen dieser beigelegt werden könne, könne für die Einschätzung, ob eine gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl diene, somit nicht ausschlaggebend sein, denn die Rechtspositionen der Eltern in Bezug auf die mit dem Umgangsrecht einhergehenden Rechte und Pflichten ändere sich durch eine Änderung des Sorgerechts nicht. Es sei nicht zu erwarten, dass sich bei einer gemeinsamen elterlichen Sorge die Auseinandersetzungen verschärften und auf grundlegende Angelegenheiten ausweiteten, sondern, dass sie insgesamt abnehmen würden.35 c. Fazit Streitigkeiten über Umgangsrechte sind für die Frage des Vorliegens einer tragfähigen sozialen Beziehung irrelevant. Diese sind nicht dem Kernbereich der elterlichen Sorge zuzuordnen. 10. Beschluss des AG Gießen vom 2.12.2013 (243 F 1052/13 SO) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss Vorliegend beantragte der Vater die gemeinsame elterliche Sorge. Nach der Geburt des Kindes hat der Vater die Vaterschaft zunächst nicht anerkannt und auch einen von ihm angekündigten außergerichtlichen Vaterschaftstest nicht durchgeführt. Trotz Einladung der Kindesmutter besuchte er das Kind weder nach der Geburt im Krankenhaus noch kam er zur Taufe. Er nahm nur sporadisch treffen wahr und zeigte auch sonst nur reges Interesse an dem Umgang mit dem Kind, forderte jedoch ein Besuchsrecht seiner derzeitigen Freundin für das Kind. Unter diesen Umständen muss festgestellt werden, dass dem Kindesvater die Bedürfnisse eines Kleinkindes offensichtlich völlig fremd sind und ihn diese auch nicht interessieren. Der Mittagsschlaf des Kindes wird als „Schikane“ empfunden und für die Freundin des Kindesvaters wird ein Besuchsrecht eingefordert, bevor überhaupt ein regelmäßiger Umgang des Kindes mit dem Vater läuft. Das AG stellte weiterhin fest, dass der Kindesvater den Sinn des gemeinsamen Sorgerechts, nämlich gemeinsam zum Wohle des Kindes verantwortliche Entscheidungen zu treffen, offensichtlich nicht verstanden hat. Er kennt sein Kind nicht, nimmt keine Besuchstermine wahr, will keinen Kontakt zur Kindesmutter und meint, mit dem gemeinsamen Sorgerecht könne er Besuchszeiten alleine bestimmen, ohne sich nach der Kindesmutter richten zu müssen, der gegenüber er sich auch innerhalb des Emailkontaktes befehlend und bestimmend gibt. Es sei zu erwarten, dass der Vater sein Verhalten gegenüber der Mutter noch respektloser gestalten würde und vor allem seine Belange stets denen des Kindes vorziehen würde, was im Rahmen des § 1626a BGB und seiner negativen Kindeswohlprüfung zur Verneinung der gemeinsamen Sorge aufgrund eines Widerspruchs mit dem Kindeswohl und der Alleinsorge der Mutter führt.36 b. Fazit Die Anwendung des § 1626a BGB führt zur Ablehnung der gemeinsamen Sorge. 11. OLG Nürnberg, Beschluss vom 09.12.2013 – Az. 7 UF 1195/13 (G.O.) a. Sachverhalt Die beteiligten sind die nicht miteinander verheirateten Eltern eines 2008 geborenen Kindes. Während die allein sorgeberechtigte Mutter eine tiefreligiöse Lebensweise pflegte, nach der sie das Kind zur Andersartigkeit erzog und auch von der Welt zu isolieren versuchte, lehnte der Vater jegliche Art von ärztlichen Behandlungen in Form von Narkosen, Spritzen und Tabletten bei Kindern. Nachdem das Kind durch das Jugendamt aus der Obhut der Mutter genommen wurde, weil diese ihren Haushalt verwahrlosen ließ, beantragte der Vater die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge ohne den Teilbereich der Gesundheitssorge.37 b. Beschluss des AG Nürnberg vom 17.07.2013 – Az. 101 F 2821/12 Das AG lehnte den Antrag des Vaters mit Beschluss vom 17.07.2013 ab; der Beschluss erging im regulären Verfahren. Im Verfahren sei zwar deutlich geworden, dass die Mutter uneinsichtig und kooperationsunwillig sei, die Sachverständige habe allerdings empfohlen, die Sorgerechtssituation nicht zu verändern. Die Eltern arrangierten sich zwar gut miteinander, eine Veränderung der Sorgerechtssituation würde diesen erfolgsgeprägten Zustand jedoch gefährden, da die Mutter nicht in der Lage sei, ihr bisheriges Verhalten zu verändern und sich auf eine Kooperation mit dem Vater einzulassen. Das Kind werde so in die Auseinandersetzung zwischen den Eltern hineingezogen, dies würde dem Kindeswohl widersprechen.38 c. Beschluss des OLG Der Vater legte Beschwerde gegen den Beschluss des AG Nürnberg ein. Das OLG gab der Beschwerde statt. Ein Beleg dafür, dass der Vater in der Lage sei, auf die Ängste und Bedenken der Mutter einzugehen und gerade nicht auf seinen Vorstellungen beharre, sei darin zu sehen, dass er seinen Antrag in Bezug auf die Gesundheitssorge eingeschränkt habe. Damit habe er den Bedenken der Mutter, in dem für sie wichtigsten Bereich, Rechnung getragen. Trotz ihrer Differenzen waren die Eltern bislang in der Lage, sich in Kindesangelegenheiten zu verständigen und zu einigen. Der von der Sachverständigen gezogene Schluss, dass diese Kooperationsfähigkeit durch eine Änderung des Sorgerechts gefährdet werden würde, sei nach der neuen Gesetzeslage nicht mehr haltbar; es liege gerade kein Grund vor, der dem Kindeswohl widerspreche. Die gemeinsame elterliche Sorge setze nicht voraus, dass die Eltern stets einer Meinung sind, sie sei vielmehr das Instrument, zu Gunsten des Kindeswohls dafür zu sorgen, dass ein Elternteil nicht einzig seine Erziehungsmethoden durchsetzen könne. Die Eltern sollen gezwungen werden, Kompromisslösungen zu finden, weil der Gesetzgeber davon ausgehe, dass diese im Regelfall den Interessen des Kindes am besten gerecht werden.39 d. Fazit Das AG wendete den Maßstab der vom BVerfG entwickelten Übergangslösung an, der sich nach dem positiven Kindeswohl richtete. Das OLG wendet hingegen den neuen §1626a II 1 BGB, dessen Maßstab das negative Kindeswohl ist. 12. Beschluss des OLG Celle vom 16.01.2014 – Az. 7 UF 54/14 (G.O.) a. Sachverhalt Die Beteiligten sind Eltern einer 1996 geborenen Tochter, die am sogenannten Nephrotischen Syndrom leidet. Die elterliche Sorge stand bislang der Mutter allein zu. Der Vater beantragte die gemeinsame elterliche Sorge, sowie die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich allein. Im Rahmen der mündlichen Erörterung vor dem AG konnten sich die Eltern weitestgehend über die gemeinsame elterliche Sorge einigen, hinsichtlich der Gesundheitssorge gelang ihnen jedoch keine Einigung. Dies war vor allem darauf zurückzuführen, dass die Eltern hinsichtlich der Behandlung der Tochter äußerst unterschiedliche Methoden befürworteten.40 b. Beschluss des AG Hannover vom 06.03.2013 – Az. 605 F 2046/12 Das AG wies den Antrag des Vaters, die Gesundheitssorge für die Tochter gemeinsam auf beide Elternteile, oder hilfsweise auf ihn allein zu übertragen, zurück. Der Beschluss erging im regulären Verfahren. Es stehe fest, dass die Eltern vorliegend nicht in der Lage seien, sich über die medizinische Behandlung ihrer Tochter abzustimmen und zu gemeinsamen Entscheidungen zu gelangen. Es sei auch nicht erkennbar, wie die gemeinsame elterliche Sorge in diesem Bereich künftig ausgeübt werden könne. Eine Übertragung auf den Vater gem. §§ 1680 II 2, III; 1666 BGB komme ebenfalls nicht in Betracht. Eine hierfür erforderliche konkrete Kindeswohlgefährdung bei Wahrnehmung der Gesundheitssorge weiterhin durch die Mutter sei nicht erkennbar. Auch der Wunsch der Tochter, die Gesundheitssorge auf den Vater zu übertragen, führe nicht zu der Annahme einer Kindeswohlgefährdung durch die Mutter.41 c. Beschluss des OLG Celle Gegen den Beschluss des AG legte der Vater Beschwerde ein. Das OLG gab der Beschwerde statt und übertrug dem Vater die alleinige elterliche Sorge im Bereich der Gesundheitssorge. Es sei zu erwarten, dass die Übertragung auf den Vater dem Kindeswohl am besten entspreche. Mangels entgegenstehender diesbezüglicher Übergangsvorschriften seien die neuen gesetzlichen Regelungen auch in vor dem 19.05.2013 bereits anhängigen Verfahren anzuwenden. Im vorliegenden Fall sei nicht erkennbar, dass die Eltern jemals zur konstruktiven gemeinsamen Entscheidungsfindung im Bereich der Gesundheitssorge in der Lage sein werden. Dies würde einer Übertragung des Sorgerechts grundsätzlich entgegenstehen. In ihrer persönlichen Anhörung hat die Tochter jedoch selbst klar und in nachvollziehbarer Weise erklärt, dass und weshalb sie möchte, dass ihr Vater die Entscheidungen im Bereich der Gesundheitssorge treffe. Diesem Willen der Tochter komme nach Ansicht des OLG umso größeres Gewicht zu, als diese bereits das 17. Lebensjahr vollendet hat und mit dem Umgang mit ihrer Erkrankung vertraut ist. Unter Berücksichtigung dieser Umstände entspreche es dem Kindeswohl am besten, die Gesundheitssorge auf den Vater zu übertragen.42 d. Fazit Trotz des unüberbrückbaren Konflikts der Eltern im Bereich der Gesundheitssorge, ist die elterliche Sorge zu übertragen, wenn das Kind dies selbst durch einen autonomen und nachvollziehbaren Wunsch zum Ausdruck bringt. 13. Beschluss des AG Halberstadt vom 16.1.2014 (8 F 262/13) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss des AG Vorliegend beantragte der Vater die gemeinsame Sorge für die 9-jährige nichteheliche Tochter. In der mündlichen Verhandlung führte die Mutter an, die Entscheidungsfindung mit dem Vater zusammen habe zwar bisher gut funktioniert, sie wolle von nun an jedoch alleine die Entscheidungen treffen. Sie äußerte hierzu, dass sie den Vater stets über alles informieren werde, aufgrund diverser gewalttätiger Aktionen ihr gegenüber verweigere sie jedoch die Zustimmung zur gemeinsame Sorge. Nach Einholung diverser Gutachten, die zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen, sprach sich das Gericht für die Einrichtung der gemeinsamen Sorge aus. Es führte an, dass sich ein Vater die Sorge nicht erst "verdienen" muss und etwaige, von der Mutter befürchtete Erziehungsmängel kein wesentlicher Ablehnungsgrund seien. Hinzu kommt, dass die Eltern bis kurz vor der Verhandlung ein Paar gewesen waren, es sich um eine On-Off-Beziehung handelte und zu den Gewaltvorwürfen nichts Näheres angeführt wurde. Die Bedenken der Mutter, ihre Entscheidung weiterhin von den eventuell entgegenstehenden Ansichten des Vaters abhängig zu machen, stelle zudem gerade keinen Verweigerungsgrund bzgl. der gemeinsamen Sorgeeinrichtung dar. Es liege zudem an den Eltern, aus ihrer Situation heraus gemeinsam vernünftige Entscheidungen zu treffen und verantwortungsvoll mit dem Kind umzugehen. Für die gemeinsame Sorge sprachen sich zudem auch der Verfahrensbeistand und das Jugendamt aus.43 b. Fazit Einrichtung der gemeinsamen Sorge nach § 1626a BGB. 14. OLG Nürnberg, Beschluss vom 30.01.2014 – Az. 7 UF 54/14 (G.O.) a. Sachverhalt Die Beteiligten sind die unverheirateten Eltern eines 2008 geborenen Kindes; die elterliche Sorge stand allein der Mutter zu. Die Eltern schlossen einen Vergleich, nach welchem den Eltern gemeinsam das Sorgerecht zustehen sollte; das Aufenthaltsbestimmungsrecht sollte allein der Mutter zustehen. Knapp drei Jahre später beantragte die Mutter, ihr das alleinige Sorgerecht für die Teilbereiche der Gesundheitssorge und das Recht auf Beantragung staatlicher Leistungen einzuräumen. Zur Begründung führte sie an, dass bei dem Kind ein Frühförderbedarf bestehen würde. Ihr sei es bisher nicht möglich gewesen die entsprechenden Maßnahmen einzuleiten, weil der Vater seine Zustimmung hierzu verweigere. Hintergrund aller Streitigkeiten zwischen den Eltern war deren unterschiedliche Weltanschauung: Der Vater gehörte einer bestimmten Gruppierung an, die medizinischen Behandlungen kritisch gegenüber steht. So kam es, dass der Vater dem Kind auch mal ärztlich angeordnete und notwendige Medikamente nicht verabreichte. Insgesamt war das Verhältnis chronisch konfliktgeladen und äußerst angespannt.44 b. Beschluss des AG Neustadt a.d. Aisch vom 12.11.2013 – Az. 1 F 218/13 Mit Beschluss vom 12.11.2013 übertrug das AG Neustadt a.d. Aisch der Mutter das Recht der Gesundheitssorge und das Recht zur Beantragung staatlicher Leistungen zur alleinigen Ausübung. Der Beschluss erging im regulären Verfahren. Nach Ansicht des AG sei die Kommunikationsfähigkeit zwischen den Eltern irreparabel zerstört; eine Verbesserung, vor allem im Bereich der Gesundheitssorge, sei nicht zu erwarten. Da das Kind bei der Mutter lebe sei ihr das Recht zur Entscheidung in Gesundheitsangelegenheiten zu übertragen. Damit gehe auch die Befugnis einher, staatliche Leistungen zur Gesundheitsvorsorge zu beantragen.45 c. Beschluss des OLG Nürnberg Gegen den Beschluss des AG legte der Vater Beschwerde ein. Die Übertragung der elterlichen Sorge erfolgte vorliegend nach § 1671 I Nr. 2 BGB. Nach Ansicht des Gerichts entspreche es dem Kindeswohl am besten, die elterliche Sorge für die Teilbereiche der Gesundheitsfürsorge und des Rechts zur Beantragung staatlicher Leistungen auf die Mutter zu übertragen. In diesen Bereichen fehle es den Eltern an der erforderlichen Kommunikationsbereitschaft und –fähigkeit. Gerade für den Bereich der Gesundheitsfürsorge müssten die Eltern aber, damit die gemeinsame elterliche Sorge sich nicht zum Nachteil des Kindes auswirkt, in der Lage sein, zu einvernehmlichen Lösungen zu gelangen.46 d. Fazit Im Gegensatz zu § 1626 a BGB wird für die Übertragung der elterlichen Sorge nach § 1671 I Nr. 2 BGB das positive Kindeswohl als Maßstab herangezogen. 15. Beschluss des OLG Frankfurt vom 20.01.2014 – Az. 1 UF 356/13 (G.O.) a. Sachverhalt Die Beteiligten sind die unverheirateten Eltern eines sechsjährigen Kindes, die keine Sorgeerklärungen abgegeben haben. Am 18.07.2013 beantragte der Vater die Einräumung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Das AG übersandte der Mutter diesen Antrag mit Gelegenheit zur Stellungnahme. Am 08.08.2013 nahm die Mutter persönlich Stellung. Aus ihrem Schreiben ging hervor, dass der Vater nicht mehr mit ihr redete und dass sie der Ansicht war, dass dieser nicht primär mit Blick auf das Wohl des gemeinsamen Kindes handelte. Das AG Bad Schwalbach übersandte dem Vater das Schreiben der Mutter mit Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen.47 b. Beschluss des AG Bad Schwalbach vom 13.09.2013 – Az. 1 F 519/13 Das AG Bad Schwalbach übertrug am 13.09.2013 im Wege des vereinfachten Verfahrens nach § 155a III FamFG dem Vater die elterliche Sorge gemeinsam mit der Mutter. Am 11.10.2013 legte die Mutter gegen diesen Beschluss Beschwerde ein und beantragte den Beschluss aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG zurückzuverweisen. c. Beschluss des OLG Frankfurt Das OLG Frankfurt hat der Beschwerde der Mutter stattgegeben. Das AG hätte mit Blick auf § 155a III, IV FamFG i.V.m. §1626a II 2 BGB nicht im vereinfachten Sorgerechtsverfahren entscheiden dürfen, sondern in das reguläre Sorgerechtsverfahren überleiten und in diesem eine hinreichende Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung schaffen müssen. Im vorliegen Fall habe die Mutter Gründe vorgetragen, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen könnten. Das AG hatte aufgrund der einzelnen Äußerungen der Mutter Anhaltspunkte, die sowohl im Hinblick auf die Tragfähigkeit der sozialen Beziehung der Eltern, als auch hinsichtlich ihrer Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit einer gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen könnten. Es wurden, so das OLG, Aspekte sichtbar, die für eine Kindeswohlprüfung von Relevanz seien und im Rahmen des regulären Sorgerechtsverfahrens bzw. der im vorliegenden Fall anzuwendenden Verfahrensschritte der gebotenen Überprüfung durch das Familiengericht zugänglich zu machen seien. Gehe das AG verfahrensfehlerhaft von der Anwendbarkeit des § 155a III FamFG aus und entscheide gleichwohl lediglich auf der Grundlage des vereinfachten Verfahrens, führe dies regelmäßig zur Zurückverweisung, wenn ein Beteiligter dies beantragte.48 d. Fazit Liegen dem AG konkrete Anhaltspunkte vor, die der Einräumung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen könnten, so ist in das reguläre Sorgerechtsverfahren umzuleiten. 16. Beschluss des OLG Karlsruhe vom 14.2.2014 (18 UF 274/13) (L.B.) a. Sachverhalt und Entscheidung des AG Freiburg Das AG Freiburg hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem der Vater die gemeinsame elterliche Sorge beantragte, während die Eltern diverse Meinungsverschiedenheiten austrugen. Das Familiengericht ging jedoch nach der Anhörung aller davon aus, dass die Auseinandersetzungen sich bei einer gemeinsamen elterlichen Sorge nicht verschärfen würden, sondern eher abnähmen. Erforderlichenfalls sollten die Eltern Beratung durch das Jugendamt oder eine Erziehungsstelle in Anspruch nehmen. Die gemeinsame Sorge wurde den Elternteilen gemäß § 1626a BGB zugesprochen.49 b. Beschluss des OLG Karlsruhe Das OLG wendete die negative Kindeswohlprüfung nach neuem Recht an und übertrug ebenfalls die gemeinsame elterliche Sorge auf beide Elternteile, wobei es die Ansichten des AG teilte und darauf abstellte, dass eine Verbesserung der Streitigkeiten eintreten würde und starke Differenzen zu grundlegenden sorgerechtlichen Angelegenheiten nicht vorhanden seien.50 c. Fazit Anwendung des neuen § 1626a BGB sowohl durch das AG als auch das OLG führten zur Zuteilung der gemeinsamen Sorge. 17. Beschluss des AG Bergen auf Rügen vom 16.2.2014 (4 F 2/14) (L.B.) a. Sachverhalt Vorliegend beantragte ein nichtverheirateter türkischer Vater die gemeinsame Sorge, wogegen die Mutter Beschwerde einlegte. Sie führte an, der Vater lebe einen traditionellen fanatischen Islam und wolle das Kind ebenso erziehen, was zur Hin- und Her-Gerissenheit des Kindes zwischen zwei Welten führen würde. b. Beschluss des AG Bergen auf Rügen Selbst wenn beide Elternteile bezüglich der Frage der religiösen Kindererziehung extrem differenzierende Erziehungsansichten haben, wäre dies kein Grund, dem Vater, welcher sich fürsorglich und ohne Beanstandungen um das Kind kümmert und regelmäßigen Umgang wahrnimmt, die gemeinsame elterliche Sorge grundsätzlich zu verweigern. In diesem Fall wäre es höchstens gerecht, die Religionszugehörigkeitsbestimmung von einer im Übrigen antragsgemäßen gemeinsamen Sorgerechtseinräumung auszuklammern. Die gemeinsame Sorge diene dem Kindeswohl am meisten und die Unentschlossenheit bezüglich der religiösen Erziehung widerspreche dem Kindeswohl nicht. Vorliegend kam es daraufhin zu einer Einigung der Eltern, das Kind religiös neutral zu erziehen, sodass die gemeinsame Sorge vollumfänglich eingerichtet wurde. 51 c. Fazit Erteilung der gemeinsamen Sorge nach § 1626a BGB. 18. Beschluss des OLG Frankfurt am Main vom 28.2.2014 (6 UF 326/13) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss des AG Lampertheim Vorliegend begehrte der Vater die gemeinsame Sorge für das nichteheliche Kind im Jahr 2010. Das AG Lampertheim beurteilte dies nach dem Maßstab der damaligen positiven Kindeswohlprüfung und lehnte den Antrag ab, da die gemeinsame Sorge aufgrund des hohen Aggressionspotenzials zwischen den Eltern und dem fehlenden Mindestmaß an Übereinstimmung nicht dem Kindeswohl entspreche. Im Jahr 2013 stellte der Vater einen erneuten Antrag, welchen das AG ebenfalls zurückwies, dieses Mal jedoch unter dem Gesichtspunkt der negativen Kindeswohlprüfung. Hierbei ist anzumerken, dass die positive Kindeswohlprüfung eine höhere Hürde als die negative darstellt, sodass, bei unveränderter Sachlage, die Voraussetzungen nach der neuen Gesetzeslage ebenfalls erfüllt sind. Daraufhin legte der Vater erneut Beschwerde ein.52 b. Beschluss des OLG Frankfurt Eine Änderung kann aufgrund des Grundsatzes der Kontinuität nur unter den Voraussetzungen des § 1696 BGB erfolgen, da die Voraussetzungen des § 1626a BGB bereits erfüllt sind, folglich kann eine Änderung der Sorge nur aus triftigen, das Kindeswohl nachhaltig berührenden Gründen abgeändert werden. Die Vorteile einer gemeinsamen Sorgeerteilung trotz vorangegangener Ablehnung müssen die Nachteile deutlich überwiegen. Solche Vorteile, insbesondere das erforderliche Mindestmaß an Kommunikation lagen vorliegend nicht vor und werden in absehbarer Zeit auch nicht vorliegen. Das OLG schloss sich somit dem AG an und beließ es ebenso bei der Alleinsorge der Mutter, wobei es dieselben Gründe wie das AG anführte.53 c. Fazit Sowohl das AG als auch das OLG belassen es bei der Alleinsorge der Mutter, wobei das AG auf § 1626a I 3, II BGB, das OLG auf § 1696 I 1 BGB abstellt. 19. Beschluss des OLG Schleswig vom 07.04.2014 – 15 UF 140/13 (G.O.) a. Sachverhalt Die Beteiligten sind Eltern eines nichtehelichen Kindes und leben seit über 5 Jahren in Trennung. Die Kommunikationsstörungen zwischen den Eltern waren derart hoch, dass Konfliktlösungen ohne pädagogische oder juristische Hilfe undenkbar waren. Der Vater beantragte die Einräumung der gemeinsamen elterlichen Sorge. b. Beschluss des AG Neumünster vom 21.08.2013 – Az. 15 UF 57/11 Das AG hat den Eltern die elterliche Sorge gemäß § 1626a II BGB zur gemeinsamen Ausübung übertragen; der Beschluss erging im regulären Verfahren. Der Umstand, dass zwischen den Eltern Umgangsverfahren stattgefunden hätten, sei für sich allein kein hinreichender Grund für die Annahme einer derart gestörten Kommunikations- bzw. Verständigungsbereitschaft, dass dies dem Kindeswohl widerspreche. Das AG ist nicht der Ansicht, dass die weiterhin bestehenden Defizite in der Kommunikation zwischen den Eltern ein derartiges Ausmaß erreicht hätten, dass sie bei gemeinsam ausgeübter elterlicher Sorge verstärkend negativ auf das Kindeswohl wirken würden.54 c. Beschluss des OLG Schleswig Nach Ansicht des OLG Schleswig lagen die Voraussetzungen für eine gemeinsame elterliche Sorge nicht vor. Vor dem Hintergrund der neuen Gesetzeslage sei die Entscheidung des AG zu ändern und der Antrag des Vaters zurückzuweisen. Das zu fordernde Mindestmaß, miteinander über die das Kind betreffenden Fragen zu sprechen und zu einvernehmlichen Lösungen zu gelangen, sei nach Ansicht des OLG nicht vorhanden. Dabei komme es nicht darauf an, ob beiden Elternteilen gleichermaßen oder ganz überwiegend nur einem Elternteil vorzuwerfen sei, die Kommunikationsstörungen zu verursachen. Eine vermeintliche Pflicht zur Konsensfindung könne eine tatsächlich nicht bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit nicht ersetzen und ändere auch nichts daran, dass ein andauernder Elternzwist für ein Kind zwangsläufig zu erheblichen Belastungen führe, die dem Kindeswohl widersprechen. Die am Kindeswohl auszurichtende Regelung der elterlichen Sorge sei jedenfalls kein geeignetes Instrument, zugunsten des kooperationswilligen Elternteils für Gerechtigkeit gegenüber dem abblockenden Elternteil zu sorgen.55 d. Fazit Das AG ging zu Unrecht vom Vorliegen des erforderlichen Mindestmaßes an Kommunikationsund Kooperationsfähigkeit aus. Dieses kann auch nicht durch ein gezwungenes Miteinander hergestellt werden. 20. Beschluss des KG Berlin vom 11.04.2014 – Az. 19 UF 120/13 (G.O.) a. Sachverhalt Im vorliegenden Fall begehrte der Vater die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge für sein Kind, mit dessen Mutter er nicht verheiratet war. Dem Antrag gingen seit dem Jahr 2004 insgesamt 25 Umgangsverfahren voraus, davon neun Verfahren allein im Jahr 2009. Daneben liefen Verfahren wegen der elterlichen Sorge, vier sonstige, vormundschafts- oder kindschaftsrechtliche Verfahren, sowie neun Verfahren, in denen es um die Ablehnung bzw. die Selbstablehnung eines Richters ging. Die Mutter wurde vom Vater in erheblichem Ausmaß mit Mails und Briefpost drangsaliert, worin er sie unter anderem als geisteskrank bezeichnete. Infolge einer Vielzahl von Beleidigungen wurde der Vater zwischenzeitlich zu einer Geldstrafe verurteilt.56 b. Beschluss des AG Berlin-Tempelhof/Kreuzberg vom 15.10.2013 – Az. 133 F 9352/13 Das AG hat den Antrag des Vaters durch Beschluss vom 15.10.2013 zurückgewiesen; der Beschluss erging im regulären Verfahren. c. Beschluss des KG Das KG wies die Beschwerde des Vaters als unbegründet zurück. Ausgehend von der neuen Gesetzeslage lagen die Voraussetzungen für die Begründung eines gemeinsamen Sorgerechtes, nach Ansicht des KG, nicht vor. Vielmehr stehe aufgrund der Vielzahl der vorangegangenen Verfahren zur Überzeugung des KG außer Frage, dass die Kommunikationsebene der Eltern nachhaltig gestört sei und dass das für die Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts erforderliche Mindestmaß an Übereinstimmung nicht bestehe. Es sei auch nicht zu erwarten, dass sich die Eltern bei einer gemeinsamen elterlichen Sorge über die in Zukunft zu entscheidenden Fragen sachgerecht, konfliktfrei und erforderlichenfalls zeitnah verständigen könnten.57 d. Fazit Werden Streitigkeiten über die elterliche Sorge in zahlreichen Verfahren vor Gericht ausgeführt und der andere Elternteil durch Drohungen und Beleidigungen drangsaliert, so kommt eine Einrichtung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht in Betracht. 21. Beschluss des AG Singen vom 16.04.2014 – Az. 2 F 172/14 (G.O.) a. Sachverhalt Die Beteiligten sind die nicht miteinander verheirateten Eltern eines 2008 geborenen Kindes. Gemeinsame Sorgeerklärungen wurden nicht abgegeben; das Kind lebt bei der Mutter. Hinsichtlich des Umgangs bestanden Meinungsverschiedenheiten zwischen den Eltern. Ein entsprechendes Umgangsverfahren war beim AG Singen anhängig. Der Vater beantragte die Einrichtung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Die Mutter hielt die gemeinsame Sorge für nicht praktikabel. Sie rechnete mit Schwierigkeiten bei Anlässen, bei denen es einer gemeinsamen elterlichen Entscheidung bedürfe. b. Beschluss des AG Das AG gab dem Antrag des Vater statt; der Beschluss erging im vereinfachten Verfahren. Die Mutter habe keine konkreten Umstände vorgetragen, die der Einrichtung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen würden. Allein der Umstand, dass die Mutter mit Schwierigkeiten bei der Ausübung der gemeinschaftlichen elterlichen Sorge rechne, sei insoweit ohne durchschlagende Relevanz und begründe keine objektivierbaren Anhaltspunkte. Auch der Umstand, dass die Eltern ein Umgangsverfahren gegeneinander führten, stelle kein Ausschlusskriterium für die Einrichtung der gemeinschaftlichen elterlichen Sorge dar.58 c. Fazit Der Umstand, dass es in Zukunft zu Streitigkeiten zwischen den Eltern kommen könnte, spricht nicht gegen die Einrichtung der gemeinsamen elterlichen Sorge. 22. Beschluss des OLG Koblenz vom 13.5.2014 (13 UF 94/14) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss des AG Neuwied Vorliegend beantragte der Vater, der nie mit der Mutter zusammengelebt hat, die Einrichtung der gemeinsamen elterlichen Sorge der nichtehelichen minderjährigen Tochter. Sowohl die Mutter als auch das Jugendamt haben keine Stellungnahme abgegeben, sodass das AG dem Antrag im vereinfachten Verfahren stattgegeben hat. Hierauf legte die Mutter fristgerecht Beschwerde ein und führte an, der Vater habe keinerlei Interesse an dem Kind, was sich durch seine kaum vorhandenen Kontakte zeige, er sei drei Jahre nicht einmal in Deutschland gewesen und er habe zudem erwähnt, er wolle das Kind zur Adoption freigeben, was er auch beim Jugendamt wiederholt zur Sprache brachte. Daraufhin sprach das AG der Mutter das alleinige Sorgerecht zu, worauf der Vater Beschwerde einlegte.59 b. Beschluss des OLG Koblenz Das OLG stellte klar, dass unterschiedliche Erziehungsansätze kein Grund seien, das alleinige Sorgerecht einzurichten oder das gemeinsame Sorgerecht aufzuheben. Es machte jedoch auch deutlich, dass das fehlende Einfühlungsvermögen des Vaters vorliegend vor allem dadurch zum Ausdruck gebracht wurde, dass er das Kind zur Adoption freigeben will und den Umgang mit diesem erst ab einem späteren Zeitpunkt wolle, wenn er sich besser mit dem Kind unterhalten könne. Kinder entwickeln Bindungen jedoch vor allem in den ersten Lebensjahren, weshalb eine intensive Beschäftigung mit ihnen in dieser Zeit besonders an Bedeutung gewinnt. Diese Ansicht konnte der Vater jedoch nicht teilen. Das OLG beließ es somit bei der Alleinsorge der Mutter.60 c. Fazit Sowohl das AG als auch das OLG wiesen die gemeinsame Sorge im Sinne der negativen Kindeswohlprüfung des § 1626a BGB ab. 23. Beschluss des AG Halle vom 26.05.2014 – Az. 5a F 552/13 (G.O.) a. Sachverhalt Die Beteiligten sind die nicht miteinander verheirateten Eltern eines 2011 geborenen Kindes. Eine gemeinsame Sorgeerklärung wurde nicht abgegeben. Über eine längeren Zeitraum gab es entweder gar keine Kommunikation zwischen den Eltern, oder nur über Dritte. Die Übergaben wurden an der Kita organisiert, damit es nicht zu Streitigkeiten zwischen den Eltern kommt. Der Vater hatte sich gegen den ausdrücklichen Willen der Mutter, das Kind nicht taufen zu lassen, hinweggesetzt und das Kind hinter deren Rücken taufen lassen. Der Vater beantragte, die elterliche Sorge für das Kind auf die Eltern gemeinsam zu übertragen. b. Beschluss des AG Halle Dem Antrag des Vaters wurde nicht stattgegeben, der Beschluss erging im regulären Verfahren. Vorliegend fehle es bereits an einer tragfähigen sozialen Beziehung zwischen den Eltern und einem Mindestmaß an Übereinstimmung. Die Geschehnisse hinsichtlich der Taufe hätten gezeigt, dass es dem Vater an jeglicher Kooperations- und Absprachefähigkeit mangele und er sich im Zweifel einfach über den Willen der Mutter hinwegsetzt und seinen Willen durchsetze. Es sei davon auszugehen, dass der Vater grundsätzlich allein und nach seinem eigenen Interesse über die Kindesbelange entscheiden wolle und dies im Zweifel rücksichtslos durchsetzen werde. Dies schließe eine gemeinsame Entscheidungsfindung aus und wirke sich nachteilig auf das Kindeswohl aus.61 c. Fazit Zwar sind Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der religiösen Erziehung für sich genommen unschädlich für die Übertragung der gemeinsamen Sorge.62 Im vorliegenden Fall zeugte die Missachtung des Willens der Mutter jedoch von dem Fehlen einer notwendigen Kommunikationsbereitschaft. 24. Beschluss des OLG Karlsruhe vom 13.6.2014 (18 UF 103/14) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss des AG Singen Vorliegend beantragte der Vater die gemeinsame elterliche Sorge des 2012 geborenen nichtehelichen Sohnes. Die Mutter widersprach diesem und brachte vor, dass keinerlei Vater- Sohn-Beziehung bestehe, da der Vater sich, wenn überhaupt, nur einmal im Monat in Deutschland bei der Familie aufhalte und ihre Bitten, häufiger Kontakt zu dem Kind aufzunehmen ignoriert habe. Aufgrund der sporadischen Kontaktaufnahmemöglichkeit sei zudem eine Entscheidungsfindung mit dem Vater zusammen nicht möglich. Das AG Singen führte an, dass die Mutter keine dem Kindeswohl widersprechenden Gründe aufgeführt hätte und richtete sodann gemäß § 155a FamFG in einem schriftlichen Verfahren die gemeinsame elterliche Sorge ein. Daraufhin legte die Mutter Beschwerde ein, da das AG Singen im vereinfachten Verfahren entschieden habe, obwohl sie ausdrücklich dem Kindeswohl gefährdende Gründe angeführt und somit die Vermutungsregelung des § 1626a BGB widerlegt habe.63 b. Beschluss des OLG Karlsruhe Das OLG führte zunächst an, unter welchen Voraussetzungen das vereinfachte schriftliche Verfahren nach § 155a III FamFG anzuwenden ist: Nach der Gesetzesbegründung liegen die Voraussetzungen für die Vermutung nach § 1626a II 2 BGB und damit auch für das vereinfachte Verfahren nach § 155a III FamFG vor, wenn sich der andere Elternteil zum Antrag auf Einrichtung der gemeinsamen Sorge gar nicht äußert oder in seiner Stellungnahme keine Gründe vorträgt, die der gemeinsamen Sorge entgegenstehen können, so zum Beispiel wenn die Gründe nicht konkret kindbezogen sind, sondern abstrakt und an den Gefühlen der Mutter angelehnt und dadurch unbeachtlich. (Beispiele: Einwände der Mutter, sie wolle auch in Zukunft lieber allein entscheiden, sie habe mit dem Vater eines früher geborenen Kindes schlechte Erfahrungen mit dem gemeinsamen Sorgerecht gemacht oder es bestehe keine Notwendigkeit für ein gemeinsames Sorgerecht, weil der Vater von ihr mit Vollmachten ausgestattet sei und in naher Zukunft ohnehin keine wichtigen Entscheidungen zu treffen seien). Es erfordert jedoch eine andere Beurteilung, wenn Gründe vorgetragen werden, die im Bezug zum gemeinsamen Kind, zum Eltern-Kind-Verhältnis und/oder konkret zum Verhältnis der beteiligten Eltern und somit im Zusammenhang mit der Einrichtung des Sorgerechts stehen können. Dies erfordert einen Erörterungstermin nach § 155a IV 1 FamFG. Eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren kommt dann nicht in Betracht. Vorliegend brachte die Mutter vor, dass eine gemeinsame Entscheidungsfindung aufgrund der bisher ständigen Abwesenheit des Vaters nicht möglich sei, wodurch die Sorge nicht gemeinsam ausgeübt werden könne. § 155a III FamFG wurde vorliegend folglich unter nicht vorliegenden Voraussetzungen angewandt; es wurden durch die Mutter Gründe bekannt, die dem Kindeswohl entgegenstehen könnten. Das AG hat diese zunächst für unerheblich nach § 1626a II BGB befunden, ob die Gründe letztlich triftig genug sind um die gemeinsame Sorge verhindern zu können, muss jedoch zunächst in einem mündlichen Verfahren nach § 155 III, IV FamFG geklärt werden.64 c. Fazit Unrechtmäßige Anwendung des beschleunigten vereinfachten Verfahrens nach § 155a FamFG, was zur Rücküberweisung zum AG führt. 25. Beschluss des OLG Naumburg vom 6.8.2014 (3 UF 130/14) (L.B.) a. Beschluss des AG Gardelegen Das AG Gardelegen hatte zunächst dem Kindesvater die gemeinschaftliche Sorge vollumfänglich zugesprochen, da nach dem erfolgten Erörterungstermin keine Gründe ersichtlich waren, die ein anderes erfordert hätten. Die bestehenden Streitigkeiten seien ausschließlich umgangsrechtlicher Natur. Die Mutter legte daraufhin nun Beschwerde ein.65 b. Beschluss des OLG Naumburg Die Mutter machte von ihrer Widerspruchsmöglichkeit gemäß § 1626a II 2 BGB Gebrauch. Sie hat vorgetragen, dass es beiden Elternteilen an einer Kooperationsfähigkeit fehle, da nicht einmal von Seiten des Kindesvaters bei der Kindesübergabe zu Umgangskontakten, sie, die Kindesmutter, von ihm gehörig gegrüßt werde. Auch habe es im Hinblick auf den Ferienumgang wiederholt Schwierigkeiten bei der Vereinbarung von Urlaubsterminen gegeben. Zudem habe aufgrund der Streitereien die Tochter zeitweise den Umgang mit dem Vater verweigert. Das OLG sah die Beschwerde der Mutter als unbegründet an. Es führte an, dass das AG zutreffender weise den neuen § 1626a BGB richtig angewendet habe. Zwar bestehen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Eltern, diese sind jedoch nicht sorgerechtlicher, sondern ausschließlich umgangsrechtlicher Natur. Ebenso bestehe wieder Kontakt zwischen Vater und Kind und auch das Jugendamt und der Verfahrensbeistand bestätigten, dass der Kontakt zu dem Vater dem Kind nach einer anfänglichen Aufwärmungsphase erkennbar guttue. Das OLG entschied abschließend nach der negativen Kindeswohlprüfung, dass die bestehenden Kommunikationsprobleme der Eltern bezüglich der Umgangsregelungen keinen Widerspruch zum Kindeswohl bilden und die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge schon allein deshalb vorgesehen und das geforderte Mindestmaß an Übereinstimmung vorliegend auch zu bejahen ist.66 c. Fazit Übertragung der gemeinsamen Sorge nach dem neuen § 1626a BGB sowohl vom AG als auch OLG. 26. Beschluss des OLG Brandenburg vom 22.10.2014 (13 UF 206/13) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss des AG Zossen Vorliegend beantragte der Vater die gemeinsame elterliche Sorge, nachdem sich das Paar trennte und seitdem in verschiedenen Wohnungen, jedoch im gleichen Haus wohnt. Nachdem die Mutter in der ihr gesetzten Frist keine Einwände vorbrachte gab das AG Zossen dem Antrag des Vaters statt und führte an, dass keine dem Kindeswohl widersprechenden Gründe ersichtlich seien. Die Mutter reichte sodann Beschwerde ein und führte an, der Vater wolle die gemeinsame Sorge zur Machtausübung und sei zur Kommunikation nicht bereit.67 b. Beschluss des OLG Brandenburg Das OLG führte an, die gemeinsame Sorge sei als gesetzliches Leitbild anzusehen, vor allem wenn es, wie vorliegend, nicht zu erwarten sei, dass die Alleinsorge die Kooperationsbereitschaft und Streitigkeiten der Eltern verbessern werde, wodurch die Faktoren, welche Leid und Kummer des Kindes auszulösen vermögen, wegfallen würden. Diese sind in erster Linie die Abverlangung einer Parteiergreifung für einen Elternteil und der Elternstreit. Das Kind muss erleben, dass Themen, die es selbst nicht für wichtig hält, weil es sich sowohl bei dem Vater als auch bei der Mutter wohlfühlt und auf keinen von beiden verzichten will, das Befinden seiner Eltern bestimmen und stören und zu dauerndem Streit führen. Das OLG Brandenburg führte vor diesem Hintergrund an, dass die Übertragung der gemeinsamen Sorge dem Kindeswohl vorliegend in keinster Weise widerspreche.68 c. Fazit Sowohl das AG als auch das OLG übertrugen die gemeinsame Sorge nach der neuen negativen Kindeswohlprüfung gemäß § 1626a BGB. 27. Beschluss des AG Gießen vom 17.11.2014 (243 F 514/14 SO) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss des AG Gießen Vorliegend beantragte der Vater die gemeinsame elterliche Sorge für sein Kind, das erst Monate nach der Trennung geboren wurde. Seine Vaterschaft war aufgrund seiner Weigerung gerichtlich anerkannt worden. Er gab außerdem zu, den Antrag auf gemeinsame Sorgeübertragung aus Wut auf die Kindesmutter gestellt zu haben. Des weiteren hielt er die vereinbarte Umgangstermine grundsätzlich nicht ein. Zuletzt gab er wahrheitswidrig beim Gericht an Unterhalt zu zahlen, was nicht zutraf. Das AG Gießen wies den Antrag des Vaters ab, da es offensichtlich sei, dass er kein Interesse an dem Kind habe und seine Vaterpflichten nicht verantwortungsvoll ausüben würde. Dies widerspreche dem Kindeswohl und deute auf eine unreife Persönlichkeit des Kindesvaters hin, sodass die Alleinsorge gemäß der negativen Kindeswohlprüfung nach § 1626a BGB bei der Mutter bleibe.69 b. Fazit Gemäß § 1626a BGB unterblieb die gemeinsame Sorge aufgrund der negativen Kindeswohlprüfung als Maßstab. 28. Beschluss des OLG Stuttgart vom 2.12.2014 (11 UF 173/14) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss des AG Ellwangen Vorliegend beantragte der Vater zur Wiederanbahnung von Umgangskontakten das gemeinsame Sorgerecht für den nichtehelichen minderjährigen Sohn. Das Kind wohnt ausschließlich bei der Mutter, wovon es zwischendurch in einem stationären Pflegeheim und einer Traumaklinik untergebracht war. Grund hierfür war das Einstellen von Nacktbildern des damals 7-Jährigen ins Internet durch den Vater unter Angabe der Heimadresse des Kindes bei der Mutter sowie dessen, für das Kind unerträgliches andauerndes schlechtes Herziehen über die Mutter, was zu einer Verhaltensauffälligkeit des Kindes führte. Zwischen den Eltern besteht nun seit Jahren kein Kontakt mehr und auf Wunsch des Kindes wurde auch kein Kontakt zum Vater mehr hergestellt. Aufgrund der Sachlage und der Anhörung aller und des Jugendamtes wies das AG den Antrag zurück, da die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widerspreche.70 Daraufhin legte der Vater Beschwerde ein. b. Beschluss des OLG Stuttgart Das OLG führte zunächst an, dass §1626a BGB entgegen anderer Ansichten kein gesetzliches Leitbild zur Vorziehung der gemeinsamen elterliche Sorge vor die Alleinsorge enthalte. Das OLG stellt jedoch abschließend fest, dass die gemeinsame Sorge vorliegend dem Kindeswohl widerspricht, weil die Eltern nicht über die für die gemeinsame Sorgeausübung erforderliche Kooperationswilligkeit/ -fähigkeit verfügen und keine tragfähige soziale Beziehung sowie das erforderliche Mindestmaß an Übereinstimmung vorweisen können. Es führte zudem an, dass das Vorbringen des Vaters, das Kind solle wieder in ein Heim, sodass er von dort besseren Kontakt aufbauen und das Kind besser von den schlechten Einflüssen der Mutter schützen könne, reines Wunschdenken des Vaters und absolut realitätsfern sei. Des weiteren würde eine gemeinsame Sorge den mittlerweile ruhenden Konflikt zwischen den Eltern wieder aufleben lassen, was für das Kind erneut unerträglich werden würde. 71 c. Fazit Sowohl das AG als auch das OLG verneinten die Einrichtung der gemeinsamen Sorge auf der Grundlage der negativen Kindeswohlprüfung des § 1626a BGB. 29. KG Berlin Beschluss vom 5.12.2014 (3 UF 111/13) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss des AG Tempelhof - Kreuzberg Vorliegend hatte das AG in einem Fall zu entscheiden, in welchem der Vater die alleinige Sorge beantragte, nachdem die Eltern bereits in zahlreichen gerichtlichen Verfahren über das Umgangsrecht stritten. Das Kind lebte bis 2012 bei der Mutter, wobei es schließlich innerhalb eines Streits dazu führte, dass die Mutter das Kind mit einem Ledergürtel mehrmals auf Hals und Rücken schlug, was zu deutlich erkennbaren roten Stellen auf der Haut führte. Das Kind wurde folglich in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht. Anschließend zog das Kind zum Vater, welchem mit Zustimmung der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Schulbestimmung sowie das Gesundheitssorgerecht allein übertragen worden ist. Der Kontakt zur Mutter erfolgte lediglich schriftlich. Das AG entschied somit nach der Anhörung aller, dass eine gemeinsame elterliche Sorge abzulehnen sei, da die Eltern nicht im Stande seien, vernünftig miteinander zu kommunizieren und zusammen Verantwortung auszuüben, sondern ihre Streitereien und das gegenseitige Misstrauen stets im Vordergrund stehen und übertrug dem Vater die alleinige Sorge. Hinzu kommt, dass sich die Eltern selbst nicht einmal eine gemeinsame Sorgeausübung vorstellen könnten. 72 b. Beschluss des KG Berlin Das KG Berlin führte an, dass die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge aus Gründen des Kindeswohls nicht in Betracht kommt, wenn die nicht nur vorübergehend getrennt lebenden Eltern in Ansichten der Sorgeausübung grundlegend voneinander abweichen und ihr Verhalten einander gegenüber derart negativ und respektlos ist, dass von einer tragfähigen sozialen Beziehung zwischen ihnen nicht gesprochen werden kann. Das KG stellt allerdings auch fest, dass der Wille eines fast 15 jährigen Kindes, das sich freiwillig und selbstbestimmt über eine längere Dauer äußert, dass es beim Vater bleiben will, für eine Übertragung des gemeinsamen Sorgerecht auf den Vater spricht. Folglich wurde dem Vater, trotz der mangelnden Kooperationsfähigkeit mit der Mutter, im vorliegenden Fall das alleinige Sorgerecht eingeräumt.73 c. Fazit Sowohl das AG als auch das OLG sprachen dem Vater die alleinige Sorge zu. 30. Beschluss des OLG Jena vom 19.01.2015 – Az. 1 UF 727/13 (G.O.) a. Sachverhalt Die Beteiligten sind die nicht miteinander verheirateten Eltern eines 2002 geborenen Kindes. Sorgeerklärungen wurden nicht abgegeben, das Kind lebt bei der Mutter. Der Vater beantragte am 20.09.2013 die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Mit Verfügung vom 25.09.2013 hat das AG der Mutter eine Stellungnahmefrist von vier Wochen gesetzt und Hinweise zum Verfahren erteilt. Der Antrag wurde der Mutter am 24.10.2013 zugestellt. Die Stellungnahme der Mutter ging am 18.11.2013 beim AG ein.74 b. Beschluss des AG Sondershausen vom 07.11.2013 – Az. 2 F 411/13 Bereits am 07.11.2013 richtete das AG die gemeinsame elterliche Sorge für das Kind ein. Nach Ansicht des AG waren keine Gründe dafür ersichtlich, dass die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl widerspricht. Der Beschluss erging im vereinfachten Verfahren.75 c. Beschluss des OLG Mit Schriftsatz vom 02.12.2013 erhob die Mutter Beschwerde gegen den Beschluss des AG und beantragte die Zurückweisung an das AG. Sie rügte, dass die Entscheidung vor Ablauf der Stellungnahmefrist erfolgte. Das OLG gab der Beschwerde statt und veranlasste die Zurückweisung an das AG. Im vorliegenden Fall könne der angegriffene Beschluss schon deshalb keinen Bestand haben, weil er an einem erheblichen Verfahrensmangel leide. Das AG habe den in Art. 103 I GG verfassungsrechtlich verbrieften Anspruch der Eltern auf rechtliches Gehör verletzt, indem es die Entscheidung am 07.11.2013, also noch vor Ablauf der der Mutter gewährten Stellungnahmefrist erlassen habe. Der verfahrenseinleitende Antrag vom 20.09.2013 wurde der Mutter ausweislich der Zustellungsurkunde am 24.10.2013 zugestellt. Die gewährte Stellungnahmefrist von vier Wochen lief damit erst am 21.11.2013, 24:00 Uhr ab (§§ 187 I, 188 I BGB). Es könne nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass das AG unter Beachtung der Einlassungen der Mutter gegebenenfalls zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage gekommen wäre.76 d. Fazit Das AG ging zu Unrecht vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 155a III FamFG aus. 31. Beschluss des OLG Frankfurt vom 26.03.2015 – Az. 4 UF 365/14 (G.O.) a. Sachverhalt Die Beteiligten sind die nicht miteinander verheirateten Eltern zweier Kinder. Alle vier sind litauische Staatsbürger und lebten bis 2010 in Litauen. Nach litauischem Recht stand den Eltern bisher die elterliche Sorge gemeinsam zu. Nach der Trennung im Jahr 2013 beantragte die Mutter in Deutschland die Übertragung der Alleinsorge. Die Frage, die sich nun stellte war, ob den Eltern, die nach litauischem Recht die gemeinsame elterliche Sorge hatten, immer noch die gemeinsame elterliche Sorge zustand, oder ob wegen der Übersiedlung deutsches Rechts galt und der unverheirateten Mutter somit die Alleinsorge zustand.77 b. Beschluss des AG Wiesbaden vom 21.10.2014 – Az. 537 F 76/14 Das AG Wiesbaden wies den Antrag der Mutter zurück; der Beschluss erging im regulären Verfahren. Nach Ansicht des AG stand der Mutter das begehrte Sorgerecht schon von Gesetzes wegen zu. Bis zur Übersiedlung nach Deutschland stand den Eltern zwar das Sorgerecht gemeinsam zu, mit der Übersiedlung habe der Vater jedoch seine Sorgeberechtigung verloren, weil das Eltern-Kind-Verhältnis seitdem gem. Art. 16 I KSÜ dem deutschen Recht unterliege. Dieses sehe eine gemeinsame elterliche Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern nur unter den hier nicht vorliegenden Voraussetzungen des § 1626a I BGB vor.78 c. Beschluss des OLG Nach Ansicht des OLG steht beiden Eltern die Sorge weiterhin gemeinsam zu. Ein nach dem Heimatrecht des Kindes kraft Gesetzes bestehendes Gewaltverhältnis sei in allen Vertragsstaaten anzuerkennen. Die Formulierung des Art. 16 I KSÜ spreche dafür, dass die einem Elternteil nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes schon bisher zugewiesene elterliche Verantwortung auch nach Inkrafttreten des KSÜ fortbestehen solle. Die Alleinsorge der Mutter hätte somit nur nach § 1671 I BGB begründet werden können.79 d. Fazit Die den Eltern nach bisherigem Recht zustehende gemeinsame elterliche Sorge, steht diesen auch nach einer Übersiedlung nach Deutschlang zu. 32. Beschluss des OLG Bremen vom 01.04.2015 – Az. 4 UF 33/15 (G.O.) a. Sachverhalt Im vorliegenden Fall hat der Vater des nichtehelichen Kindes am 07.01.2015 einen Antrag auf gemeinsame elterliche Sorge für das Kind nach § 1626a II BGB i.V.m. § 155a FamFG gestellt. Eine Stellungnahme der Mutter war bis zum Ablauf der Stellungnahmefrist nicht beim Amtsgericht eingegangen.80 b. Beschluss des AG Bremen vom 24.02.2015 - Az. 62 F 92/15 Mit Beschluss vom 24.02.2015 übertrug das AG den Eltern die elterliche Sorge für das Kind gemeinsam. Am 24.02.2015 ging ein Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Mutter beim AG Bremen ein, mit dem sich die Mutter insbesondere unter Verweis auf ein bereits im Jahre 2012 durchgeführtes Sorgerechtsverfahren gegen die gemeinsame elterliche Sorge wendete. Die Stellungnahme der Mutter wurde der zuständigen Richterin am 26.02.2015 vorgelegt. Diese sei davon ausgegangen, der Beschluss sei bereits erlassen worden; sie hatte am 26.02.2015 die Abarbeitung ihrer Verfügung vom 24.02.2015 angeordnet.81 c. Beschluss des OLG Bremen Die Mutter erhob Beschwerde vor dem OLG, sie beantragte u.a. die Zurückweisung des Verfahrens an die erste Instanz. Das OLG hat der Beschwerde der Mutter stattgegeben. Das AG sei im vorliegenden Fall zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Sorgerechtsentscheidung gemäß § 1626a BGB im vereinfachten Verfahren nach § 155a FamFG getroffen werden könne. Im vorliegenden Fall lagen dem AG mit der Stellungnahme der Mutter vom 24.02.2015 Gründe vor, die gegen ein Vorgehen im vereinfachten Verfahren sprachen. Diese am 24.02.2015 beim AG eingegangene Stellungnahme hätte noch berücksichtigt werden müssen. Zwar trage der amtsgerichtliche Beschluss das Datum vom 24.02.2015, dieses Datum sei aber nicht mit dem Beschlussdatum identisch. Gem. § 38 III 3 FamFG ist ein Beschluss erlassen, wenn er an die Geschäftsstelle übergeben wird. Ein notwendiger Übergabevermerk sei vorliegend aber nicht auf dem Beschluss vorhanden. Folglich lag weder am 24.02.2015 noch am 26.02.2015 ein erlassener Beschluss vor. Darüber hinaus seien die zahlreichen durchgeführten Verfahren ebenfalls eindeutige Anhaltspunkte, die gegen die Durchführung der Sorgerechtsentscheidung nach § 1626a II BGB im vereinfachten Verfahren nach § 155a FamFG sprechen.82 d. Fazit Das AG ging zu Unrecht vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 155a III FamFG aus. 33. Beschluss des OLG Karlsruhe vom 25.03.2015 – Az. 18 UF 304/14 (G.O.) a. Sachverhalt Die Beteiligten sind die nicht miteinander verheirateten Eltern zweier Kinder. Die Kinder lebten nach der Trennung der Eltern bei der Mutter, gemeinsame Sorgeerklärungen wurden nicht abgegeben. Der Vater beantragte die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Er machte geltend, dass er eine enge und vertrauensvolle Beziehung zu den Kindern pflege. Etwaige Kommunikationsprobleme zwischen den Eltern könnten ausgeräumt werden. Die Mutter war hingegen der Ansicht, dass der Vater wenig Interesse an den Kindern zeige und sich ihr gegenüber unangemessen verhalte. So soll es mehrfach zu Beleidigungen, Hetze und EmailStalking seitens des Vaters gekommen sein. Ihrer Ansicht nach stellte die gemeinsame elterliche Sorge für die Kinder keinen Gewinn dar.83 b. Beschluss des AG Konstanz vom 13.11.2014 – Az. 5 F 176/14 Mit Beschluss vom 13.11.2014 übertrug das AG Konstanz die elterliche Sorge auf beide Elternteile gemeinsam; der Beschluss erging im regulären Verfahren. Die zwischen den Eltern bestehenden Schwierigkeiten, konfliktfrei miteinander zu kommunizieren und dem jeweils anderen zu vertrauen, würden kein derartiges Ausmaß annehmen, dass eine gemeinsame Sorgetragung als unmöglich erscheine.84 c. Beschluss des OLG Gegen den Beschluss des AG legte die Mutter Beschwerde ein; sie verfolgte die Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses. Das OLG wies die Beschwerde als unbegründet zurück. Dem Antrag auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge sei stattzugeben. Für die Begründung einer gemeinsamen elterlichen Sorge nach dem Maßstab von § 1626a II BGB komme es nicht darauf an, ob diese im konkreten Fall sinnvoll erscheine, das Kindeswohl fördere oder einen Gewinn für die Kinder darstelle. Es komme vielmehr allein darauf an, ob sie dem Kindeswohl widerspreche. Dies könne im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden. Dass es in Einzelfragen der früheren Paarbeziehung, Meinungsverschiedenheiten der Erziehung komme, sei und des Umgangs unschädlich. immer wieder Einschränkungen zu der Kommunikationsfähigkeit und der Kooperationsbereitschaft in der Phase trennungsbedingter Auseinandersetzungen um das Sorge- und Umgangsrecht seien nicht ungewöhnlich und stellten eine gemeinsame Ausübung elterlicher Sorge nicht grundsätzlich in Frage.85 d. Fazit Sowohl AG als auch OLG gehen von einer tragfähigen sozialen Beziehung und einem erforderlichen Maß an Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit aus. Die bisherigen Streitigkeiten sind insoweit irrelevant. 34. Beschluss des OLG Brandenburg vom 26.03.2015 – Az. 13 UF 209/14 (G.O.) a. Sachverhalt Die Beteiligten sind die nicht miteinander verheirateten Eltern eines 2011 geborenen Kindes. Die Eltern haben keine Sorgeerklärungen abgegeben, das Kind lebt bei der Mutter. Der Vater beantragte die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge, weil ihn die Mutter von Entscheidungen, die das Kind betreffen, ausschließe. Er war der Auffassung dass er und die Mutter auf freundschaftlichen Niveau kommunizierten. Die Mutter war hingegen der Auffassung, dass der Wille zur Kommunikation in Angelegenheiten des Kindes fehle; der Vater lehne alle Gespräche mit ihr ab. Sobald man aufeinander treffe käme es zu Streitigkeiten.86 b. Beschluss des AG Zossen vom 20.08.2014 – Az. 6 F 277/13 Das AG gab dem Antrag des Vaters statt; der Beschluss erging im regulären Verfahren. Hinweise darauf, dass die Ausübung der gemeinsamen Sorge das Wohl des Kindes beeinträchtigen könnte, habe die Mutter nicht vorgetragen. Die von ihr geltend gemachten Probleme beträfen die Paarebene, nicht das Kind.87 c. Beschluss des OLG Gegen den Beschluss des AG legte die Mutter Beschwerde ein. Das OLG gab ihrer Beschwerde nicht statt. Gründe, die überzeugend gegen die Anordnung der gemeinsamen elterlichen Sorge sprechen würden, seien weder dem Vortrag der Mutter zu entnehmen, noch sind sie sonst ersichtlich geworden. Der Vortrag der Mutter, der Vater sei zu vernünftiger Kommunikation mit ihr nicht bereit und verweigere jegliches Gespräch, sei nicht geeignet, die Vermutung zu erschüttern, die gemeinsame Sorge diene dem Kindeswohl. Dass sich die von der Mutter als unzulänglich empfundene, jedenfalls aber verbesserungsbedürftige Kommunikation zwischen den Eltern ungünstig auf das Wohl des Kindes auswirke, könne nicht festgestellt werden.88 d. Fazit Konflikte, die die Paarebene betreffen, sind nicht ausreichend, um von einer gestörten Kommunikationsfähigkeit auszugehen. 35. Beschluss des OLG Karlsruhe vom 02.04.2015 – Az. 18 UF 253/14 (G.O.) a. Sachverhalt Die Beteiligten sind die Eltern eines 2010 geborenen Kindes. Sie waren nie miteinander verheiratet, Sorgeerklärungen wurden nicht abgegeben. Die Mutter verweigerte dem Vater bislang jeglichen Kontakt mit dem Kind, weil er sie in der Vergangenheit wiederholt massiv bedroht hatte; unter anderem hatte er mit der Entführung des Kindes gedroht. Auch hatte er sie dazu genötigt, sich sadistische Gewaltvideos mit Misshandlungen von Kindern anzusehen. Der Vater, der dreieinhalb Jahre wegen einer Straftat im Gefängnis saß und gegen den die französischen Behörden zeitweise wegen des Verdachts eines Tötungs- und Sexualdelikts ermittelten, möchte nun die elterliche Sorge gemeinsam mit der Mutter ausüben. 89 b. Beschluss des AG Freiburg vom 14.10.2014 – Az. 44 F 2321/12 Das AG Freiburg sah den Antrag des Vaters als begründet an und übertrug die elterliche Sorge auf diesen zur gemeinsamen Ausübung mit der Mutter. Der Beschluss erging im regulären Verfahren. Versuche in Fragen der elterlichen Sorge miteinander zu kommunizieren, wurden bislang von der Kindesmutter unterbunden. Der Vater habe sich über einen langen Zeitraum immer wieder bemüht, mit der Mutter und dem Kind in Kontakt zu treten. In seiner Verzweiflung über das Scheitern seiner Bemühungen habe er sich zwar vereinzelt ungeschickt gegenüber der Mutter verhalten, ein gravierendes Fehlverhalten sei ihm allerdings nicht vorzuhalten. Eine einseitige Weigerung der Mutter zur Kommunikation stelle jedoch allein keinen Grund dar, von einer Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge abzusehen.90 c. OLG Karlsruhe Gegen den Beschluss des AG Freiburg legte die Mutter Beschwerde ein. Das OLG sah die Beschwerde der Mutter als begründet an, der Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge sei zurückzuweisen. Es fehle an einer für die gemeinsame Wahrnehmung der elterlichen Sorge ausreichend tragfähigen sozialen Beziehung und einer ausreichenden Verständigungsbasis zwischen den Eltern. Auch kenne das Kind den Vater kaum; an der weiteren Entwicklung des zwischenzeitlich fünf Jahre alten Kindes habe der Vater keinen Anteil genommen. Es sei schwer vorstellbar, wie er ohne Kenntnis von der Persönlichkeit, den Eigenheiten und der bisherigen Entwicklung des Kindes anstehende Entscheidungen, am Maßstab seines Wohles orientiert, mit der Mutter erörtern wolle. Das Verhältnis der Eltern sei durch die Drohungen des Vaters und sein auch in anderer Weise von der Mutter als bedrohlich erlebtes Verhalten erheblich belastet. Die Übertragung der gemeinsamen Sorge würde vorliegend dem Wohl des Kindes widersprechen. 91 d. Fazit Das AG verkennt, dass er vorliegend an einer Vater-Kind-Beziehung fehlt. Diese ist aber notwendig, um im Sinne des Kindes entscheiden zu können. 36. AG Bitterfeld-Wolfen vom 16.04.2015 (8 F 402/14 SO) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss des AG Vorliegend hatte das AG in einem Fall zu entscheiden, in welchem Der Vater die gemeinsame Sorge beantragte, die Mutter dies hingegen ablehnte, aufgrund der bereits bestehenden umgangsrechtlichen Differenzen. Die Begründung der gemeinsamen Sorge setzt eine tragfähige Beziehung zwischen den Eltern voraus, allerdings lediglich ein Mindestmaß an Übereinstimmung. Von einer Kindeswohlverträglichkeit ist regelmäßig auszugehen, wenn ein Mindestmaß an objektiver Kooperationsfähigkeit sowie an subjektiver Kooperationsbereitschaft zwischen den Eltern besteht. Hieran sind nach Ansicht des AG allerdings keine allzu großen Anforderungen zu stellen. Der Übertragung der gemeinsamen Sorge steht somit auch nicht der Umstand entgegen, dass sich die Eltern über die Ausgestaltung des Umgangs nicht immer problemlos einigen können. Für die Ablehnung der gemeinsamen elterlichen Sorge aus Gründen des Kindeswohls bedarf es vielmehr ganz konkreter Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Eltern, die eine gemeinsame Sorgeausübung unmöglich machen und nicht das Umgangs- sondern das Sorgerecht betreffen. Dies konnte das Gericht vorliegend nicht bestätigen, sodass die gemeinsame Sorge eingerichtet wurde. Vielmehr wurde die objektive Kommunikationsfähigkeit und subjektive Konsensbereitschaft der Kindeseltern in Bezug auf die Sorgeausübung sowohl durch das Jugendamt, als auch den Verfahrensbeistand und abschließend das AG bejaht. 92 b. Fazit Anwendung des § 1626a BGB führt zur Bejahung der gemeinsamen elterlichen Sorge. 37. Beschluss des OLG Brandenburg vom 3.8.2015 (13 UF 190/14) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss des AG Perleberg Vorliegend beantragte der nichtverheiratete Vater die alleinige, hilfsweise die gemeinsame Sorge für sein minderjähriges Kind. Hilfsweise sollte das Jugendamt die Sorge bekommen. Die Eltern lebten zusammen, bis der Vater 2012 den gemeinsamen Haushalt verließ. Im September 2012 erwirkte die Mutter eine Gewaltschutzanordnung gegen den Vater. Das Kind wohnt seit April 2013 mit Einverständnis der Mutter in einer Pflegefamilie, wobei beide Eltern je für sich am Wochenende den Umgang mit dem Kind wahrgenommen haben. Seit August 2014 lebt das Kind bei dem Vater. Der Vater brachte vor, dass die Mutter wegen ihres Alkohol- und Drogenkonsums nicht geeignet sei, über die Belange des Kindes zu entscheiden. Es sei verantwortungslos, Kontakte des Kindes zu ihm und zu seinen Eltern zu unterbinden. Er selbst habe seine Alkoholund Drogenprobleme durch Therapien überwunden. Das Jugendamt, sowie der Verfahrensbeistand, hat beantragt, der Mutter aufgrund psychischer Instabilität und Substanzabhängigkeit die ganze Sorge zu entziehen und dem Vater, hilfsweise dem Jugendamt zu übertragen. Das Jugendamt hält ein gemeinsames Sorgerecht nicht für kindeswohlentsprechend, weil die Eltern ihre persönlichen Befindlichkeiten nicht hinter den Bedürfnissen des Kindes zurückstehen ließen. Die zur Familienhilfe eingesetzte Fachkraft habe berichtet, das Kind habe sich gut im Haushalt des Antragstellers eingelebt, der die normalen Schwierigkeiten bewältige. Das Kind habe zudem Angst, den Antragsteller wieder verlassen zu müssen. Nach der Anhörung aller hat das AG die Sorge dem Antragsteller allein übertragen. Es sei nicht absehbar, dass die Eltern in nächster Zeit in der Lage sein könnten, die Sorge gemeinsam auszuüben. Das Kind sei laut Sachverständiger stärker an den Vater als an die Mutter gebunden. Des weiteren bestehen an der Erziehungseignung des Vaters, in erster Linie an der Alkohol- und Drogenabstinenz, keine Zweifel. Daraufhin beantragte die Mutter die gemeinsame Sorge, wobei sie äußerte, dass das Kind bei dem Vater wohnen bleiben könne.93 b. Beschluss des OLG Brandenburg Das OLG führte an, dass die Sachverständigen sich jeweils zu sehr auf die Alleinsorge des jeweiligen Elternteiles beschränkt haben und diese vorwiegend dem Vater zugesprochen haben, wobei die nachträglich erfolgte Einigung über den Aufenthalt des Kindes noch keiner Berücksichtigung fand. Das OLG weist des weiteren auf das Leitbild der gemeinsamen Sorge hin, welche auch vorliegend nicht dem Kindeswohl widerspreche, da das Mindestmaß an Kommunikation und Übereinstimmung gerade so vorliege. Zukünftige Auseinandersetzungen, sowie der Wille des 9-Jährigen Kindes ( dem der Senat aufgrund seiner diesbezüglich fehlenden Einsichtsfähigkeit kein entscheidendes Gewicht zumisst) sind keine Gründe für die Verneinung der gemeinsamen Sorge. Vielmehr helfe es den Eltern, die Entscheidung als unabänderlich hinzunehmen und sich schließlich damit zu arrangieren, wie es auch zuvor bei der Aufenthaltsbestimmung geschehen sei, was wiederum dem Kind zu Gute komme. All dies solle mit professioneller jugendamtlicher und psychotherapeutischer Hilfe geschehen. Die Eltern sollen nicht nur dem Kind ein dauerhaftes sicheres Lebensumfeld schaffen, sondern vor allem die gegenseitigen Vorhaltungen beenden, um dem Kind die Gewissheit zu bieten, es selbst stehe im Mittelpunkt der elterlichen Bemühungen. Denn den Stellungnahmen der Beteiligten war deutlich zu entnehmen, dass "das Kind eine Sorge bedrückt, die mit dem Gegenstand des Verfahrens nur in mittelbarer Verbindung steht. Es möchte die Sicherheit und Dauerhaftigkeit seiner tatsächlichen Lebensverhältnisse nicht mehr in Frage gestellt wissen. Es reagiert deshalb abweisend und ängstlich, wenn ein eventueller erneuter Umzug in einen anderen Haushalt zur Sprache kommt."94 Durch die gemeinsame Sorge soll dem Kind das Gefühl folglich zusätzlich vermittelt werden, dass sich beide Eltern pflichtbewusst gegenüber dem Kind verhalten wollen und es weiterhin ohne Verlustängste und ständige Umzüge aufwachsen kann.95 c. Fazit Das AG erteilte dem Vater die alleinige Sorge nach § 1626a BGB, da der vorliegende Sachverhalt dem Kindeswohl widerspreche. Das OLG richtete die gemeinsame Sorge ein und führte an, dass das erforderliche Mindestmaß an Übereinstimmung trotz allem vorliege und das Leitbild der gemeinsame Sorge nach § 1626a BGB überwiege. 38. OLG Brandenburg Beschluss vom 3.8.2015 (13 UF 50/15) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss des AG Perleberg Vorliegend hat der Vater eines nichtehelichen Kindes die gemeinschaftliche Sorge für dieses beantragt, woraufhin die Mutter die Abweisung des Antrags beantragte. Sie führte an, dass massive Spannungen zwischen den Eltern eine Kommunikation unmöglich machen würden, der Vater ihr Informationen bezüglich des älteren Kindes vorenthalten, sie ausgrenzen und ihr das Kind wegnehmen wollen würde. Das Jugendamt und der Verfahrensbeistand führten zudem an, dass die Eltern sich wegen jeder Kleinigkeit vor Gericht streiten würden und eine gemeinsame Sorgeausübung deshalb unmöglich sei. Bei gemeinsamer Sorge müssten sämtliche Entscheidungen dem Gericht vorgelegt werden. Erst wenn die Elternkommunikation sich verbessert habe, könnte über gemeinsame Sorge nachgedacht werden. Derzeit sei Nachgeben oder Entgegenkommen auf keiner Seite erkennbar. Das AG Perleberg wies den Antrag des Vaters und somit die Einrichtung der gemeinsamen elterlichen Sorge ab, nachdem es beiden Elternteile angehört hatte. Als Grund wurde aufgeführt, dass die gemeinsame Sorge mit dem Kindeswohl unvereinbar sei, künftige Konflikte und daraus resultierend Belastungen des Kindes vorprogrammiert seien. Hierauf legte der Vater erneut Beschwerde ein und führte an, dass eine gemeinsame Sorge dem Wohl des Kindes nur dienen könne und die Kommunikation zwar mangelhaft aber immerhin vorhanden sei.96 b. Beschluss des OLG Brandenburg Das OLG hat daraufhin entschieden, dass die gemeinsame Sorge zugelassen werden solle. Es führte an, dass gemäß der neuen negativen Kindeswohlprüfung, zukünftige Streitereien sowie mühevolle Diskussionen zur Entscheidungsfindung dem Kindeswohl nicht widersprechen. Der Vortrag der Mutter, des Verfahrensbeistandes und des Jugendamtes, die Eltern seien zur Kommunikation miteinander nicht in der Lage, ist nicht geeignet, die Vermutung zu erschüttern, die gemeinsame Sorge diene dem Kindeswohl. Vollständige Kommunikationsverweigerung kann jedenfalls nicht festgestellt werden. Die Alleinsorge diene zudem nicht dem Ziel die Eltern von Auseinandersetzungen zu befreien oder ihnen die Last der Infragestellung ihrer eigenen Ansichten zu nehmen. Es wies zudem daraufhin, dass das bestimmende Tatbestandsmerkmal des §1626 a BGB nicht das Befinden der Eltern, sondern das Wohl des Kindes ist, woraus folgt, dass man umstrittene Entscheidungen der Eltern der Alleinsorge der Mutter trotzdem vorzuziehen hat. Hierdurch könne das Kind in einem einsichtsfähigen Alter ein höheres Maß an Zuwendung und Bemühung der Eltern erkennen. Des weiteren ordnete das OLG die Inanspruchnahme professioneller Hilfen für die Eltern an, um ihm die Gewissheit, dass es und nicht die Eltern im Mittelpunkt stehen, zu verschaffen.97 c. Fazit Die unterschiedliche Auslegung der nachhaltig gestörten Kommunikationsbereitschaft im Rahmen des § 1626 a BGB führte beim AG zur Verneinung und beim OLG zur Bejahung der gemeinsamen Sorge. 39. Beschluss des OLG Brandenburg vom 28.09.2015 (13 UF 96/15) (L.B.) a. Sachverhalt und Beschluss des AG Perleberg Die Beteiligten sind die nicht miteinander verheirateten Eltern eines 2011 geborenen Kindes. Sorgeerklärungen wurden nicht abgegeben. Das Kind lebte bei der Mutter, pflegte aber regelmäßigen Umgang mit dem Vater. Der Vater beantragte die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Er habe sich stets bestrebt gezeigt, an der Erziehung und Betreuung des Kindes teilzuhaben. Schwerwiegende Kommunikationsstörungen gebe es seiner Ansicht nach nicht. Die Mutter war der Ansicht, dass es keine Möglichkeit gebe, Angelegenheiten des Kindes vernünftig zu besprechen; der Vater werde leicht aufbrausend und beschimpfe sie. Sie beantragte die Zurückweisung seines Antrags, hilfsweise solle ihr jedoch das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen werden. Das AG übertrug die elterliche Sorge, mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts, beiden Eltern zur gemeinsamen Ausübung. Der Beschluss erging im regulären Verfahren. Nach Ansicht des AG ließ sich nicht feststellen, dass die auf diese Weise eingeschränkte Sorgebeteiligung des Vaters dem Kindeswohl widerspreche. Der regelmäßige Umgang des Vaters mit dem Kind spreche für ein Mindestmaß an Kommunikation zwischen den Eltern.98 b. Beschluss des OLG Brandenburg Gegen den Beschluss des AG legte die Mutter Beschwerde ein und beantragte die Aufhebung des Beschlusses. Das OLG gab der Beschwerde der Mutter nicht statt. Die Einwendungen der Mutter, der Vater belaste die Kommunikation durch Beschimpfungen, seien nicht geeignet die Vermutung zu erschüttern, die gemeinsame Sorge diene dem Kindeswohl. Eine Verständigung zwischen den Eltern sei offensichtlich möglich. Dafür würden die getroffene Vereinbarung über den Umgang des Vaters mit dem Kind und die regelmäßige Durchführung dieses Umganges sprechen. Dass es auch in Zukunft immer wieder Auseinandersetzungen zwischen den Eltern geben könne, rechtfertige die Ablehnung einer gemeinsamen Sorge nicht. Dass gemeinsame Entscheidungen nur mühevoll und nach langwierigen und eventuell unerfreulichen Diskussionen erreicht werden könnten und dass beide Eltern vielleicht Vorbehalte gegen diese Entscheidungen behalten würden, spreche nicht gegen eine gemeinsame Sorge.99 c. Fazit Das AG übertrug die gemeinsame Sorge nach dem neuen § 1626a BGB anhand der negativen Kindeswohlprüfung, das OLG stimmte der Entscheidung des AG zu. 40. Beschluss des OLG München vom 04.11.2015 – Az. 12 UF 1302/15 (G.O.) a. Sachverhalt Der Beteiligten sind die nicht miteinander verheirateten Eltern zweier Kinder. Das Sorgegerecht stand der Mutter nach der Geburt der Kinder alleine zu. Eines der Kinder leidet an einem Gendeffekt und an Epilepsie. Die Mutter zog mit den Kindern von München nach Jena. Der Vater beantragte am 14.8.2015, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung das gemeinsame Sorgerecht und das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen. Zur Begründung führte er an, dass das Kindeswohl des erkrankten Kindes gefährdet sei, weil es in Jena nicht in dem Maße gefördert werden könne, wie es in München der Fall sei. Außerdem würden ihm die Kinder durch den Umzug der Mutter entfremdet werden.100 b. Beschluss des AG München vom 14.09.2015 Das AG München hat mit Beschluss vom 14.9.2015 nach mündlicher Verhandlung die gemeinsame elterliche Sorge begründet und dem Vater das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen. Zur Begründung hatte das AG ausgeführt, dass weder der Aspekt der Kontinuität, noch die Erziehungsfähigkeit für oder gegen den einen oder anderen Elternteil sprechen würden, aber die Kooperationsbereitschaft und Bindungstoleranz eher für einen Aufenthalt der Kinder beim Vater sprechen würden, zumal das erkrankte Kind in München besser gefördert und betreut werden könnte. Wegen der Eilbedürftigkeit und um das Kindeswohl nicht zu gefährden, war die Entscheidung im Verfahren der einstweiligen Anordnung zu erlassen. c. Beschluss des OLG Die Mutter beantragte den Antrag des Vaters zurückzuweisen. Das OLG gab der Beschwerde der Mutter statt. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §§ 49 ff FamFG setze ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden voraus. Ein solches liege u.a. vor, wenn ein Abwarten bis zu einer Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren die Interessen eines Verfahrensbeteiligten konkret gefährden würde. Bei dem Verfahren gem. §§ 155a, 155 FamFG handele es sich bereits um ein beschleunigtes Verfahren. Um mit Erfolg den Erlass einer einstweiligen Anordnung in dieser Kindschaftssache beantragen zu können, bedürfe es daher einer darüber hinausgehenden Eilbedürftigkeit und Gefährdung des Kindeswohls. Daher sei die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Verfahren nach § 155a FamFG im Wege der einstweiligen Anordnung auf kindeswohlrelevante Extremfälle zu beschränken. Der Ortswechsel und die möglicherweise unterschiedliche Behandlung des Kindes rechtfertigten die Beantragung einer einstweiligen Anordnung nicht. Mangels Eilbedürftigkeit infolge fehlender Kindeswohlgefährdung fehle für die beantragte einstweilige Anordnung eine wesentliche Antragsvoraussetzung, sodass der angefochtene Beschluss aufzuheben sei.101 d. Fazit Die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Verfahren nach § 155a FamFG ist im Wege der einstweiligen Anordnung auf kindeswohlrelevante Extremfälle zu beschränken.