Ein neuer Blick auf eine Zukunftstechnologie

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11. Juni 2014
Ein neuer Blick auf eine Zukunftstechnologie
40 Jahre nachdem DECHEMA-Wissenschaftler weitsichtig die große Bedeutung der
Biotechnologie und Gentechnik vorhersagten, unternehmen junge Forscher jetzt wieder den
Versuch, das Potential der modernen Biotechnologie für die Lösung der drängendsten
globalen Probleme einzuschätzen. Ihre Ergebnisse stellen sie in der Studie "Biotechnologie –
Schlüssel zur Bioökonomie" vor.
Vor vierzig Jahren – die ersten Gentechnik-Experimente lagen wenige Monate zurück - machten
sich Wissenschaftler für die DECHEMA - Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie
e.V. bereits Gedanken, welches Potential in der zukünftigen Biotechnologie stecken könnte. Die
Möglichkeit, fremde Gene in Zellen transferieren zu können, bedeutete einen gewaltigen Schub für
die biologische Forschung und die Biotechnologie. In der weltweit ersten Studie zu diesem Thema,
die im Auftrag des Bundesforschungsministeriums erstellt wurde, benannten sie die Möglichkeiten
und die wichtigsten Herausforderungen für Forschung und Entwicklung. Ihr klares Plädoyer für die
Förderung dieser Forschung in Deutschland fiel auf fruchtbaren Boden, z.B. beim Aufbau der vier
deutschen Genzentren Anfang der 1980er Jahre.
Viel wurde in den letzten vier Jahrzehnten erreicht: Mehr als 200 Biotech-Medikamente haben
lebensbedrohende Krankheiten therapierbar gemacht, einige sind sogar heilbar geworden. Auch
Pflanzenzüchtung, Lebensmittel- und industrielle Biotechnologie haben einen beispiellosen
Aufschwung erlebt. Schädlingsresistente transgene Nutzpflanzen sind außerhalbs Europas fest
etabliert, 2013 addierten sich ihre Anbauflächen weltweit auf 175 Millionen Hektar. In der
Lebensmittel- und Chemieindustrie sind gentechnisch veränderte Produktionsorganismen heute
unverzichtbar, rekombinante Enzyme dienen zur Herstellung von Lebensmitteln, Feinchemikalien
und Alltagsprodukten wie Waschmitteln. Die Biotechnologie ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor
geworden, wie schon die Zahlen aus der pharmazeutischen Industrie belegen: 2013 entfielen 71%
des Gesamtumsatzes der 10 umsatzstärksten Medikamente auf Biotech-Medikamente, 2001 waren
es noch 7%. Der Markt für Biotech-Medikamente wuchs seitdem um das 3,5-fache auf heute 163
Mrd. US$.
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DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V.
Theodor-Heuss-Allee 25  60486 Frankfurt am Main  Germany  T + 49(0)69 75 64-0  F +49(0)69 75 64-201  [email protected]
www.dechema.de
Trotz dieser beeindruckenden Erfolge sind heute, 40 Jahre später, wichtige Aufgaben noch immer
ungelöst, manches Problem hat sich eher noch verschärft. Der Kampf gegen viele Krankheiten ist
längst nicht gewonnen – mit der Rückkehr gefährlicher Infektionskrankheiten sind sogar
Rückschläge zu verzeichnen. Auch die Versorgung der Menschheit mit Nahrung, Wasser und
Rohstoffen unter Bewahrung der natürlichen Ressourcen ist ein zunehmend drängenderes Problem
geworden. Seine Lösung wird ohne Innovationen und Produkte der Biotechnologie eine Vision
bleiben. Die Regierungen in Europa und den USA setzen deshalb auf die Innovationskraft der
"angewandten Biologie" und haben mit der „Bioökonomie“ bereits einen Begriff geprägt, der zugleich
Agenda ist.
Vor diesem Hintergrund nahmen junge Wissenschaftler des DECHEMA-Zukunftsforums
Biotechnologie jetzt das Jubiläum der ersten Studie zum Anlass, den Blick aufs Neue nach vorn zu
richten. In ihrer Publikation "Biotechnologie – Schlüssel zur Bioökonomie" zeigen sie, welche
Chancen sich aus dem gegenwärtigen Zusammenwachsen von Biologie und
Ingenieurwissenschaften ergeben, um den großen Herausforderungen zu begegnen, wie sie u.a.
auch in den Handlungsfeldern der "Nationalen Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030" der
Bundesregierung benannt sind.
Die Autoren stellen fest, dass eine neue Phase der Biotechnologie begonnen hat, die viele
Innovationen hervorbringen wird. Neue Technologien ermöglichen es immer besser, biologische
Systeme quantitativ zu erfassen, zu verstehen und zu modellieren. Zugleich reifen Methoden heran,
um ganze Genome gezielt zu verändern, umzubauen und sogar komplett zu synthetisieren. Damit ist
das rationale, zweckgerichtete Design von Zellen möglich geworden. Es verspricht visionäre
Lösungen: Biotech-Pflanzen, die auch auf minderwertigen oder trockenen Böden wertvolle Rohstoffe
produzieren, „Mikrobielle Chemiefabriken“, die Holz als Nahrungsquelle nutzen, um daraus
Chemikalien herzustellen, Algen, die mit der Energie des Sonnenlichts Kohlendioxid und Wasser
direkt in Kraftstoffe umwandeln, oder Bakterien, die elektrische Energie dazu nutzen. Diese
Designer-Organismen könnten helfen, den Kraftstoffbedarf ressourcenschonend zu decken, ohne
wertvolle landwirtschaftliche Flächen zu beanspruchen. Nützlich werden auch neu konstruierte
Mikroorganismen werden, die aus rohstoffarmen Erzen und Recyclinglaugen seltene Metalle
gewinnen oder Umweltbelastungen mindern. Das Potential dieser „Synthetischen Biologie“ ist kaum
abschätzbar - insbesondere in der Medizin, wo es um die Möglichkeiten von Gentherapie und
Stammzellforschung erweitert werden wird.
Alle diese Projekte bedeuten auch für die nächsten 40 Jahre große gemeinsame Anstrengungen,
viel Forschungsarbeit und (hoffentlich) viele Erfolge.
Die Studie "Biotechnologie – Schlüssel zur Bioökonomie" wird am 11. Juni 2014 in Berlin vorstellt
werden und ist auch online verfügbar unter http://biotech.dechema.de/publikationen.
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