13 Definition Märchen (Auf mündlicher Überlieferung beruhende, kurze Erzählung, oft mit fantastischen und wunderbaren Begebenheiten unwahre, erfundene Geschichte.) Typischer Märchenheld: das tapfere Schneiderlein Typisches Ende: Der Held bekommt die Prinzessin Das Märchen (mhd. maere = Kunde, Bericht, Erzählung) ist eine kürzere Prosaerzählung, welche wunderbare Begebenheiten (Wunder, wunderbare Begebenheit, Wundererscheinung, Wunderwerk; (bildungssprachlich) Mysterium ) zum Gegenstand hat. In der Literatur wird zwischen Volks- und Kunstmärchen unterschieden. Während Kunstmärchen von einem namentlich bekannten Autor ausgedacht wurden, lässt sich bei Volksmärchen kein bestimmter Urheber feststellen. Volksmärchen wurden zunächst über große Zeiträume hinweg mündlich überliefert. Die Brüder Grimm "sammelten" diese und hielten sie in ihren "Kinder- und Hausmärchen" (1812/15) schriftlich fest. Nach Max Lüthi sind die Wesens- und Stilzüge des Märchens (* 11. März 1909 in Bern; † 20. Juni 1991 in Zürich) war ein Schweizer Literaturwissenschaftler und herausragender Märcheninterpret des 20. Jahrhunderts. - die Flächenhaftigkeit (typisierte Figuren ohne seelische Tiefe), - die Isolation (u. a. die Helden) und Allverbundenheit ("jenseitige" Helfer der Helden), - die Eindimensionalität (Diesseitiges und Jenseitiges verkehren selbstverständlich miteinander), - der abstrakte Stil (präzise Handlungsführung), - die Sublimation (erotische Motive u. ä. werden entwirklicht) und Welthaltigkeit. Die Sammlung "Kinder- und Hausmärchen" der Brüder Grimm umfasst neben Märchen aber auch anderes mündliches Erzählgut, wie zum Beispiel Sagen, Legenden oder Fabeln. Laut André Jolles handelt es sich bei den Grundtypen sprachlichen Gestaltens (Märchen, Mythos, Sage, Legende, Witz, Rätsel, und so weiter) um sogenannte "Einfache Formen". Charakteristisch für diese sind unter anderem einfache Erzählhaltungen und Grundmotive sowie ein schlichter Sprachduktus. Genauere Abgrenzungen und Unterschiede des Märchens zu anderen "Einfachen Formen" (Sage, Legende und Fabel) werden im Folgenden beschrieben. 14 Abgrenzung zur Sage (alte Erzählung unwahrer Ereignisse, welche oft historische Sachverhalte erklären soll) Sagen schöpfen aus dem demselben Stoffbereich (mystische Wesen wie zum Beispiel Zwerge) und Motivschatz (zum Beispiel Erlösungsmotiv) wie das Märchen, sind ebenso anonym und mündlich überliefert. Während im Märchen Diesseitiges und Jenseitiges selbstverständlich miteinander verkehren, wird in der Sage die dies- und die jenseitige Welt getrennt, denn im Gegensatz zum Märchen haben Sagen einen höheren Realitätsanspruch, welcher unter anderem durch genaue Lokalisierung und Datierung erreicht werden soll. Im klassischen Märchen fehlen solche geographischen und historischen Bezüge. Sagen enthalten in der Regel einen "wahren Kern", sie gehen also auf wahre Begebenheiten zurück und versuchen deren Ursache und Ablauf zu erklären. So geben Sagen beispielsweise auf (zu damaligen Zeiten) unerklärbare Naturphänomene Antworten und Erklärungsversuche, auch wenn diese oft frei erfunden sind. Sagen spiegeln also auch den jeweiligen Stand volkstümlicher Glaubensvorstellungen wider und besitzen daher auch einen Aussagewert in religions- und sozialgeschichtlicher Hinsicht. Abgrenzung zur Legende (verbreitete Behauptung, Erzählung, die nicht belegt werden kann, oder grotesk übertrieben wirkt) Wie die Sage beinhaltet auch die Legende einen wahren Kern. In ihr werden meist vorbildhafte Lebensgeschichten oder Geschehnisse von Heiligen dargestellt. Diese religiöse Dimension macht eine Legende aus und grenzt diese somit zum Märchen ab. Wie die Sagen sind Legenden in der Regel mit einem bestimmten Ort verknüpft. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Sagen und Legenden liegt in der engen Beziehung der Legende zur literarischen Tradition und der Tatsache, dass es in den Erzählungen hauptsächlich um überragende, religiös-sittliche Persönlichkeiten und Heilige geht. Legenden werden auch als kirchlich-religiöses Gegenstück zur Sage bezeichnet. Die Unterschiede zum Märchen sind demnach unter anderem der historische Bezug, die realen Schauplätze sowie die namentlich benannten Personen. Abgrenzung zur Fabel eine Form der Erzählung, in der menschliche Verhaltensweisen auf Tiere (seltener auf Pflanzen oder Dinge) übertragen werden, um so auf unterhaltsame Weise eine bestimmte Moral zu vermitteln Die Akteure der Fabeln sind Tiere – hier: Die Grille und die Ameise Fabeln sind knappe, lehrhafte Erzählungen, in denen vorwiegend Tiere oder Pflanzen in einer bestimmten Situation so handeln, dass sofort eine Parallele zu menschlichen Verhaltensweisen deutlich wird. Der dargestellte Einzelfall dient als Beispiel, aus welchem eine allgemeingültige Regel, Moral oder Lebensweisheit abzuleiten ist. Häufig werden Tiermärchen mit Fabeln verwechselt, wobei die Formen sich in zwei Merkmalen deutlich unterscheiden: 15 1. Fabeln verfügen in der Regel über einen namentlich bekannten Verfasser (z.B. Aesop, Lessing), bei Volksmärchen sind sowohl Verfasser, Entstehungszeit und -ort unbekannt. 2. Fabeln enthalten eine, meist sogar ausführlich im Text formulierte, Moral und gehören somit zur didaktisch-reflexiven Zweckdichtung – es wird ein Übergang zwischen der alltäglichen Lebenswelt und den unterrichtlichen Lernprozessen geschaffen. Fehlt diese Zweckausrichtung, nähert sich die Fabel dem Märchen an. Tabellarische Übersicht über die Unterschiede Märchen Sage Frei erfunden, Volksmärchen = mündlich Historische Bezüge, überliefert mündlich überliefert Kunstmärchen = von einem Autor verfasst Legende Historische Bezüge, „Geschichte zum Vorlesen“ (enge Frei erfunden, von Beziehung zur einem Autor verfasst literarischen Tradition) Keine Orts- und Genaue Orts- und Zeitangaben, da Zeitangaben irrelevant für die Moral Genaue Orts- und Zeitangaben (Hoher Realitätsanspruch) Teilweise Aufhebung von Aufhebung der Natur- und Natur- und Kausalgesetze Kausalgesetzen Keine Aufhebung (Verwandlungen, (Auftreten von der Natur- und sprechende Tiere, Auftreten Fabelwesen), aber Kausalgesetze von Fabelwesen, usw.) deutliche Trennung von dies- und jenseitiger Welt Handlung / Inhalt Handlung / Inhalt wird Handlungsstereotypen wird bestimmt von bestimmt von (Auszug des Helden – der Biographie der historischem Ereignis, auf Bewährung – Lösung des historischer Person, welchem die Sage Problems) auf welcher die beruht/beruhen soll Legende beruht Raum- und Zeitlosigkeit Stereotype Schauplätze (Schloss, Wald, usw.) und Reale Schauplätze Requisiten (Zauberspiegel, ring, usw.) Typisierte, namenlose Personen (der König), Allerweltsnamen (Hans, Gretel), sprechende Namen (Schneewittchen) Fabel (sprechende) Tiere agieren anstelle von Menschen Lehre oder Moral als Quintessenz Stereotype Eigenschaften der Reale Schauplätze Figuren (Fuchs = schlau, Esel = dumm, usw.) Personen werden oft namentlich genannt, Tierbezeichnungen manchmal haben sie Personen werden statt Namen (ein auch nur Bezeichnungen namentlich genannt Fuchs, der Rabe usw.) (eine Jungfrau, der Rattenfänger, usw.) 16 ARBEITSBOGEN Erstelle selbst eine Liste von Märchen, Sage, Legenden und Fabel die du kennst oder erzählt bekommen hast. Verschönere deine Arbeit mit Bilder oder Zeichnungen die zu deinem Text oder Titel passen. Kleine Hilfestellung: denkt an die Römische Entstehungsgeschichte oder an das Legendäre Atlantis, 17