1. Warum Methodenlehre in der Psychologie?

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Einführung in die Forschungsmethoden der Psychologie
1. Warum Methodenlehre in der Psychologie?
Zwei Gründe:
1. Die Alltagspsychologie ist fehlerbehaftet
2. Die wissenschaftliche Psychologie ist weniger fehlerbehaftet, weil sie bestimmte Methoden
einsetzt, um psychologische Fragen zu beantworten
1.1 Die Fehler der Alltagspsychologie
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Der alltagspsychologische Sprachgebrauch ist mehrdeutig und ungenau (Begriffe sind nicht
operationalisiert)
Alltagspsychologische Fehler beim Wahrnehmen, Erinnern und Denken
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Primacy-Effekt: Die zuerst dargebotenen Informationen werden am besten erinnert und
tragen zur Meinungsbildung bei (empirisch nachgewiesen durch Salomon Asch in seinen
Experimenten zur Eindrucksbildung)
Recency-Effekt: Die zuletzt erhaltenen Informationen werden am besten erinnert und tragen
zur Meinungsbildung bei (meistens tritt eher der Primacy auf, der Recency-Effekt tritt vor
allem dann auf, wenn ALLE Informationen gemerkt werden sollen
Akteur-Beobachter-Fehler/actor-observer-bias: Die Ursache eines Verhaltens einer anderen
Person führt man oft auf Charaktereigenschaften dieser Person zurück (fundamentaler
Attributionsfehler), die Ursache des eigenen Verhaltens führt man eher auf situative
Bedingungen zurück
o Mögliche Erklärung: Man sieht als Beobachter eher die handelnde Person, während
man als selbst handelnde Person aus dem Fokus tritt, dabei sieht man eher die
Situation
Negativitätsbias: auch persönliche Eigenschaften können zu Fehlern und Urteilsverzerrungen
führen, so wird eine sozial ängstliche Person die ein Referat vorträgt, das Tuscheln des
Publikums z.B. als abfälliges Flüstern über sie selbst wahrnehmen, obwohl gerade z.B. nur die
nächste Kaffeepause besprochen wird.
Fehler beim Umgang mit Wahrscheinlichkeiten: intuitiver Umgang mit Wahrscheinlichkeiten
stimmt oft nicht mit tatsächlichen Ergebnissen der Stochastik überein (AIDS-Test Beispiel,
Geburtstagsparadoxon, Ziegen-Problem)
Unzureichende Prüfung alltagspsychologischer Vermutungen: „Hypothesen“ werden nicht
systematisch untersucht, oft verzerren z.B. prägnante Einzelfälle das Bild. Will man eine
Alltagshypothese untersuchen, sucht man in der Regel hauptsächlich nach Hinweisen, die die
Hypothese stützen (z.B. durch Suggestivfragen)
o Pygmalion-Effekt bzw. Rosenthal-Effekt: Die Tendenz, eine soziale und
psychologische Wirklichkeit aufgrund einer bloßen Vermutung zu erzeugen
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Einführung in die Forschungsmethoden der Psychologie
1.2 Was die Psychologie als Wissenschaft anders macht
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Unterschied zwischen Alltagspsychologie und wissenschaftlicher Psychologie: Nicht das
„Was“ (Gegenstand), sondern das „Wie“ (Methode).
Was Wissenschaft ausmacht, ist Gegenstand der Wissenschaftstheorie, Methodologie ist ein
Teilgebiet der Wissenschaftstheorie
Methoden sind „Wege zur Wissenschaft“ (griechisch „methodos“ = Weg zu etwas hin)
Die Psychologie als empirische Wissenschaft setzt Methoden ein, die eine systematische
Überprüfung und Weiterentwicklung von Theorien durch die geplante und wiederholbare Erhebung,
Analyse und Interpretation von Erfahrungsdaten (Daten zum Erleben und Verhalten) ermöglichen.
Welche Methoden setzt die Psychologie als Wissenschaft ein?
Aus einer bestehenden Theorie werden
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Hypothesen abgeleitet, die dann
empirisch überprüft werden, indem Erfahrungsdaten erhoben
analysiert
und im Lichte der Theorie interpretiert werden
Problem: erst einmal muss eine Theorie da sein, die dann überprüft werden kann, es gibt aber in
kaum einem Lehrbuch Methoden zur Generierung von Theorien oder Hypothesen
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damit aus einer alltäglichen Idee eine neue wissenschaftliche Theorie wird, müssen viele
methodisch kontrollierte Einzelschritte (mehrmals) durchlaufen werden. Eine Theorie enthält
Begriffe, die durch Explikations- und Definitionsmethoden festgelegt werden. Begriffe
werden nach den Regeln der Logik zu Aussagen verknüpft
 im Gegensatz zur Alltagspsychologie geht wissenschaftliche Psychologie viel
präziser und kontrollierter mit Sprache um
Psychologie als empirische Wissenschaft
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Methoden zur Erhebung und Analyse von Erfahrungsdaten
Die Methoden der Datenerhebung zielen insbesondere darauf ab, die Ausprägungsgrade von
psychologischen Konzepten wie z.B. Stress zu messen
Die Messung psychischer Phänomene trägt erheblich zu deren empirischer Präzisierung bei
Präzision ist besonders dann wichtig, wenn etwas bewertet werden soll
Eine wissenschaftliche Messung muss dem Kriterium der Objektivität genügen (würde ein
anderer Wissenschaftler mit der selben Methode das gleiche Ergebnis bekommen?)
Kritische Prüfung der Hypothese: Versuch der Falsifikation statt der Verifikation
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Einführung in die Forschungsmethoden der Psychologie
Analyse erhobener Daten
Erhobene Daten stehen z.B. in Form von Zahlen zur Verfügung, die mit statistischen Methoden
analysiert werden können
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Arithmetisches Mittel: im Alltag als „Durchschnitt“ bezeichnet
Streuungs- oder Dispersionsmaße: Liefert einen zusammenfasenden Wert, aus dem
hervorgeht, wie stark sich die einzelnen Messungen voneinander unterscheiden
Deskriptive Statistik: Verfahren, die Daten summarisch beschreiben
Inferenzstatistik: Verfahren, die es erlauben, von Stichproben auf Populationsparameter zu
schließen
Interventionsmethoden: In den psychologischen Anwendungsfächern wird von
Interventionsmethoden gesprochen, diese Methoden zielen nicht darauf ab, die Wissenschaftlichkeit
von Aussagen zu sichern, sondern bestimmte Wirkungen zu erzielen (z.B. Arbeitszufriedenheit
erhöhen, psychische Probleme verringern etc.) Damit die IM als wissenschaftlich bezeichnet werden
können, müssen sie mit Methoden der systematischen und wiederholbaren Datenerhebung- und
auswertung unter Anwendung geeigneter Untersuchungsdesigns evaluiert werden
1.3 Was gewinnen wir durch den Einsatz wissenschaftlicher Methoden in der
Psychologie?
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Überprüfung von alltagspsychologischen Vorstellungen auf ihre Richtigkeit hin
Neues Wissen durch wissenschaftliche Methodenw
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