Aus Glauben leben (Heb 11,1-6)

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Predigt zum Reformationssonntag; 4. Nov. 2012
Gehalten von Pfr. Samuel Hertner in der ev.-ref. Kirche Rheineck
Aus Glauben leben (Heb 11,1-6)
Martin Luther ist in unseren Breitengraden
eine doch eher bekannte Persönlichkeit. Er
hat‘s in unsere Geschichtsbücher geschafft –
und ja auch zu recht. Hat er doch das Gesicht
Europas massgeblich geprägt. Wenn ich also
euch von Martin Luther erzähle, dann ist klar,
wer gemeint ist, nämlich Martin Luther der
deutsche Reformator. Dass das aber nicht
selbstverständlich ist, musst ich während
unserem Karibikaufenthalt lernen. Denn als
ich denen von Martin Luther erzählte, war
zumindest für sie auch klar, wer gemeint war –
nämlich Martin Luther King Jr. Dieser lebte
aber nicht im Mittelalter und ist auch kein
Deutscher, sondern ein afroamerikanischer
Bürgerrechtler aus dem 20. Jh.
Nun haben wir also einen Ausschnitt aus dem
Lutherfilm gesehen. Martin Luther, wie er
seine 95 Thesen über den Ablasshandel in
Wittenberg an die Türe schlug. Mit diesem Akt
hat Luther einen Weg betreten, von dem er
eigentlich nicht mehr weg konnte. Mit diesem
offenen Akt der Rebellion gegen das
institutionell-kirchliche System seiner Zeit hat
er sich und seine Freunde in Lebensgefahr
gebracht.
Was aber führte Martin Luther dazu, diesen
Weg
zu
betreten?
Sicherlich
keine
kirchenpolitischen Ränkespiele, sicherlich
nicht die Lust an der Provokation und
sicherlich war es auch kein schlechter Scherz.
Es war seine Gottesbeziehung. Oder besser
gesagt die eigene Erfahrung zu merken, dass
Gott eben nicht so war, wie die Kirche seiner
Zeit behauptete. Im Bibelstudium und im
persönlichen Ringen mit Gott lernte er das
reine Evangelium kennen ohne dem Ballast
der Tradition: Nämlich, dass wir alle Sünder
sind, von Gott getrennt und Vergebung allein
durch das Blut Christi gegeben ist. Keine
menschliche Leistung, weder Ablass, noch
Pilgerreise noch Reliquien und auch nicht gute
Taten – nein, nur das was Gott für uns getan
hat.
Es war seine Leidenschaft für die Wahrheit,
die ihn antrieb und die ihn stärkte. Die
Leidenschaft, die Menschen wieder in eine
freie und lebendige Beziehung mit Gott zu
führen. Aber es war eben mehr als
menschliche Leidenschaft: Nämlich sein
Glaube. Gott wirkte in ihm derart, dass Martin
Luther von innen heraus der Überzeugung
war, dass das, was er verkündete, dass die
Sache, für die er kämpfte eben das reine
Evangelium war. Er vertraute sein Leben Gott
an – durch alle Anfeindungen und
Verfolgungen hindurch vertraute er seinem
Gott. Und gerade wenn man bedenkt, dass er
seine grössten geistlichen Kämpfe auf der
Wartburg ausgefochten hat, da bekommt das
Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“, eine ganz
neue Tiefe.
Der Glaube – Dreh-und Angelpunkt jeder
Beziehung zu Gott – ja sogar vom Leben
überhaupt! Jeder Mensch glaubt. Als sie heute
die Kirche betraten und sich auf die Bank
gesetzt haben, war dies ein Akt des Glaubens
– Sie haben geglaubt, dass die Bank nicht nur
sie, sondern eine ganze Menge Leute tragen
würde und nicht zusammenkracht. Falls sie
heute mit dem Auto über eine Kreuzung
gefahren sind, war das ein Akt des Glaubens –
Sie taten das im Vertrauen darauf, dass die
anderen Ampeln rot sind und, dass sich die
anderen Verkehrsteilnehmer an die Regeln
halten. Oder von wo wissen Sie, dass diese
Decke (zeigen) hält?
Gerade im Verkehr legen wir unser Leben
immer wieder in die Hände wildfremder
Menschen. Menschen, die allesamt sich nicht
an die Regeln halten und einen Unfall
provozieren können. Sie sehen also – ohne
Glauben kein Leben.
Drei Dinge sind wichtig:
1. Der Gegenstand des Glaubens
Jeder Mensch lebt aus Glauben, doch die
Gegenstände des Glaubens ändern sich. Und
das ist genau der springende Punkt. Wie
vertrauenswürdig ist das oder der dem ich
glaube? Wie häufig endet das Überqueren
einer Kreuzung in einem Unfall? Immer
wieder. Wie häufig stürzen Decken grosser
Gebäude ein? Immer wieder. Da fragt man
sich: Wie sehr kann man wirklich den
Menschen und das von ihnen Geschaffene
vertrauen? Sicherlich nicht unbegrenzt und
unüberlegt.
Predigt zum Reformationssonntag; 4. Nov. 2012
Gehalten von Pfr. Samuel Hertner in der ev.-ref. Kirche Rheineck
Auch unsere Beziehung zu Gott beruht auf
Glauben – und sie haben es vielleicht gemerkt,
glauben heisst primär vertrauen. Ich vertraue
den Kirchenbänken, der Verkehrstechnik und
–teilnehmern und den Ingenieuren, die diese
Kirche konstruiert haben.
Paulus schrieb:
So kommt der Glaube aus dem Hören, das
Hören aber durch das Wort Christi (Röm
10,17).
Gott ist aber das ultimative Vertrauensobjekt
– denn er ist derselbe gestern heute und
morgen. Er verändert sich nicht – und dies
macht ihn so vertrauenswürdig. Deshalb
können wir auf ihn zählen, uns auf ihn
verlassen.
Wenn die Ampel an der Kreuzung grün wird,
ich aber nicht fahre, dann glaube ich nicht. Ich
kann nicht sagen, ich vertraue in die
Verkehrstechnik
und
die
anderen
Verkehrsteilnehmern und stehen bleiben. Wer
glaubt, muss fahren! So ist es auch bei Gott.
Unser Glaube zeigt sich ausschliesslich in
unserem Handeln. Wenn ich glaube, dass Gott
durch Gebete wirken kann und will – wieso
bete ich nicht? Wenn ich glaube, dass ich in
Christus gerettet bin – warum fürchte ich mich
vor dem Tod? Wenn ich glaube, dass ich ein
von Gott geliebtes Kind bin – warum fürchte
ich mich denn vor Anderen?
2. Die Weite unseres Glaubens
An Gott zu glauben, sprich ihm zu vertrauen,
sagt aber noch nichts darüber aus, wie weit
unser Vertrauen reicht. Viele Menschen
hadern mit Gott, zweifeln, klagen an. Auch ich
gehöre immer wieder mal zu denen. Dass wir
uns immer wieder am Kämpfen finden, ist
nicht überraschend. Denn damit wir
jemandem vertrauen können, müssen wir
diese Person kennen.
Erst wenn ich mich aufmache, Gott Stück für
Stück kennen zu lernen, kann mein Vertrauen,
sprich mein Glaube wachsen. Und dies ganz
bewusst. Erst wenn ich verstehe, tief in
meinem Herzen, dass Gott der Ewige ist, der
Schöpfer, der Versorger, der Arzt, der
Allgegenwärtige,
der
Unendliche,
Selbstgenügsame und vieles mehr, erst dann
kann ich den nächsten Schritt im Vertrauen
tun. Erst dann kann ich meine Komfort-Zone
verlassen und wissen, dass Gott mich
begleiten wird.
Und woher weiss ich das? Aus der Bibel! In
diesem Buch stellt sich Gott persönlich vor! In
den Geschichten mit den Menschen, durch die
Propheten etc. spricht er zu uns, gibt er sich
uns zu erkennen – warum? Damit wir ihn eben
besser kennen lernen, damit wir ihm mehr
vertrauen, damit wir unser Leben um ihn
herum gestalten können! Hier begegnet mir
Gott, hier spricht Gott zu mir, hier stellt er
mich in Frage, fordert heraus, tröstet, gibt
Mut, Hoffnung, Vision u.v.m.
3. Glaube ist ein Handlungs-Wort
Nehmen Sie sich doch mal Zeit, ein Inventar
ihres Glaubens, Ihres Vertrauens zu Gott zu
machen. Wo können Sie Gott vertrauen, wo
nicht? Kennen Sie Gott wirklich, wissen Sie,
was er für Sie getan hat, wie er Sie sieht?
Wissen Sie schon, was mit Gott alles möglich
ist in Ihrem Leben?
Amen
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