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Die Zulassung von Ausländern zur Ausübung
einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet
"Erwerbstätigkeit" ist gemäß § 2 Abs. 2 AufenthG sowohl die "selbständige Tätigkeit"
(vgl. § 21 Abs. 1 AufenthG) als auch die – nichtselbständige und weisungsabhängige –
"Beschäftigung" im Sinne von § 7 SGB IV.
Von der Verwaltungspraxis zumindest in Rheinland-Pfalz weitgehend unbeachtet hat
sich insoweit bereits zum 1. Januar 2005 einiges grundlegend geändert.
Bis zum 31. Dezember 2004 bedurfte ein Ausländer, der eine Beschäftigung ausüben wollte, gemäß § 284 Abs. 1 Satz 1 SGB III grundsätzlich arbeitsrechtlich einer
Arbeitsgenehmigung. Ausnahmen galten zuletzt insbesondere für EU-Ausländer
und für die Besitzer von unbefristeten Aufenthaltserlaubnissen. Eine Arbeitsgenehmigung wurde früher vom Arbeitsamt und zuletzt von der Agentur für Arbeit erteilt,
und zwar gemäß § 284 Abs. 4 SGB III regelmäßig als – befristete – Arbeitserlaubnis. Ausnahmsweise wurde einem Ausländer die Arbeitsgenehmigung gemäß § 286
SGB III oder gemäß § 2 der Arbeitsgenehmigungsverordnung vom 17. September
1998 auch als – unbefristete – Arbeitsberechtigung erteilt. Dies war insbesondere
dann der Fall, wenn der Ausländer im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder -befugnis war und bereits fünf Jahre rechtmäßig eine versicherungspflichtige Beschäftigung
ausgeübt hatte oder aber wenn er mit einem deutschen Familienangehörigen in familiärer Lebensgemeinschaft zusammenlebte oder anerkannter Flüchtling oder einem
solchen gleichgestellt war.
Ausländerrechtlich war hingegen bis zum 31. Dezember 2004 die Aufnahme einer
Erwerbstätigkeit Ausländern zufolge der Ausländergesetze 1965 und 1990 grundsätzlich erlaubt, konnte allerdings, zuletzt gemäß § 14 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 AuslG 1990,
durch Auflagen zur "Aufenthaltsgenehmigung" – so hieß damals die Sammelbezeichnung für die jetzigen "Aufenthaltstitel" – bzw., zuletzt gemäß § 56 Abs. 3 Satz 2
AuslG 1990, durch Auflagen zur "Duldung" verboten oder eingeschränkt werden.
Seit dem 1. Januar 2005 bedarf ein Ausländer hingegen arbeitsrechtlich grundsätzlich keiner Arbeitsgenehmigung durch die Agentur für Arbeit mehr. Es kann
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mithin seit dem 1. Januar 2005 grundsätzlich keine "Arbeitsgenehmigung", keine
"Arbeitserlaubnis" und keine "Arbeitsberechtigung" mehr erteilt werden. Ausnahmen
gelten insoweit nur für Staatsangehörige von EU-Mitgliedstaaten, insbesondere solange sie noch keine vollständige Arbeitnehmerfreizügigkeit genießen.
Hingegen darf ein Ausländer seit dem 1. Januar 2005 gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1
AufenthG – also ausländerrechtlich – eine Erwerbstätigkeit nur dann ausüben,
wenn ihm dies der Aufenthaltstitel erlaubt oder wenn ihm aufgrund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung, eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung die Erwerbstätigkeit auch ohne den Besitz eines solchen Aufenthaltstitels gestattet ist. Andernfalls ist ihm ausländerrechtlich kraft Gesetzes die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
untersagt, ohne dass es hierfür irgendwelcher Nebenbestimmungen zum Aufenthaltstitel, zur Aufenthaltsgestattung oder zur Duldung bedürfte. Zwar muss zum Teil die
Bundesagentur für Arbeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gegenüber der
Ausländerbehörde zustimmen. Dieses Zustimmungsverfahren bleibt aber ein Verwaltungsinternum. Der Ausländer hat nur einen einzigen Ansprechpartner, nämlich die
Ausländerbehörde. 2005 wurde das als große Erleichterung für die Ausländer gepriesen und – die Amtssprache ist nun einmal deutsch – als "one-stop-government"
bezeichnet.
Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1 AufenthG berechtigt ein Aufenthaltstitel dann
zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, sofern dies nach "diesem Gesetz", also nach
dem Aufenthaltsgesetz, so bestimmt ist.
Das Aufenthaltsgesetz kennt zehn Aufenthaltstitel bzw. Aufenthaltstitelgruppen, die
nicht zum Zwecke der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, sondern zu einem anderen
Zweck erteilt werden, die aber die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder zumindest
Beschäftigung dennoch ausdrücklich erlauben. Dies sind neben der Niederlassungserlaubnis im Sinne von § 9 Abs. 1 AufenthG die Aufenthaltserlaubnisse
 für Studierende, die gemäß § 16 Abs. 3 AufenthG zu einer Beschäftigung an
120 Tagen oder 240 halben Tagen im Jahr oder zu studentischen Nebentätigkeiten berechtigt sind,
 für Absolventen einer Bildungsmaßnahme zur Anerkennung einer ausländischen
Berufsqualifikation, die gemäß § 17a Abs. 2 und 3 AufenthG zu einer – zum Teil
eingeschränkten – Beschäftigung berechtigt sind,
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 für Ausländer, deren Aufnahme aus dem Ausland durch das BMI oder die von ihm
bestimmte Stelle gemäß § 22 AufenthG zur Wahrung politischer Interessen der
Bundesrepublik Deutschland erklärt wurde,
 für Ausländer, denen unanfechtbar die Asylberechtigung, die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist (§ 25 Abs. 1 und 2 AufenthG,
 ausreisepflichtige, aber besonders gut integrierte Ausländer im Sinne von § 25a
und § 25b AufenthG sowie für Ausländer in "Altfällen" im Sinne von § 104a
AufenthG (ermöglicht nur noch deren Verlängerung),
 für Ausländer zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft
bzw. der lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft sowie als Ehehatten und Kinder
mit inzwischen eigenständigem Aufenthaltsrecht (§ 27 Abs. 5 AufenthG),
 für Ausländer, die gemäß § 37 AufenthG von ihrem Recht auf Wiederkehr
Gebrauch machen,
 für ehemalige Deutsche oder De-facto-Deutsche im Falle ihrer Wiederkehr oder
Wiedereinreise (§ 38 AufenthG), und
 für in anderen EU-Mitgliedsstaaten langfristig aufenthaltsberechtigte Ausländer im
Sinne von § 38a AufenthG.
Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 AufenthG berechtigt ein Aufenthaltstitel zur
Ausübung einer Erwerbstätigkeit, wenn er die Ausübung der Erwerbstätigkeit ausdrücklich erlaubt. Das ist in fünf Fällen der Fall:

bei der Aufenthaltserlaubnis, die Ausländern speziell zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit erteilt wird (§ 21 AufenthG)

bei der Aufenthaltserlaubnis, die Ausländern speziell zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt wird (§ 18 AufenthG)

bei der Aufenthaltserlaubnis für qualifiziert Geduldete zum Zweck der Beschäftigung (§ 18a AufenthG)

bei der die Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte (§ 19 AufenthG) und

bei der Blauen Karte EU für Hochqualifizierte (§ 19a AufenthG).
Die vier letztgenannten Aufenthaltstitel setzen indes allesamt voraus, dass die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 39 AufenthG ihrer Erteilung zugestimmt hat, sofern
nicht durch Rechtsverordnung oder durch zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt
ist, dass es einer solchen Zustimmung nicht bedarf. Bedarf es einer solchen
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Zustimmung, so kann diese gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 AufenthG nur erteilt werden,
wenn dies in einer zwischenstaatlichen Vereinbarung, durch ein Gesetz oder durch
eine Rechtsverordnung bestimmt ist.
Eine solche zwischenstaatliche Vereinbarung und ein solches Gesetz gibt es (noch)
nicht.
Es gab und gibt aber solche Rechtsverordnungen. Bis zum 30. Juni 2013 galten die
"Verordnung über die Zulassung von neueinreisenden Ausländern zur Ausübung
einer Beschäftigung" – kurz: Beschäftigungsverordnung (BeschV) – sowie die "Verordnung über das Verfahren und die Zulassung von im Inland lebenden Ausländern
zur Ausübung einer Beschäftigung" – kurz: Beschäftigungsverfahrensverordnung
(BeschVerfV). Diese beiden Verordnungen sind in der am 1. Juli 2013 in Kraft
getretenen" Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern"
zusammen- und neugefasst worden. Leider heißt diese kurz ebenfalls Beschäftigungsverordnung (BeschV), was zu Missverständnissen führen kann.
In deren §§ 2 bis 27 wird geregelt, in welchen Fällen ein Aufenthaltstitel, der einem
Ausländer die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt, nach § 39 Absatz 1 Satz 1 des
Aufenthaltsgesetzes ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteilt werden
kann, und, falls eine solche Zustimmung erforderlich ist, in welchen Fällen die Bundesagentur für Arbeit der Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels zustimmen kann.
Dies geschieht in den §§ 2 bis 27 BeschV etwas unübersichtlich und unsystematisch.
In diesen Bestimmungen werden alle möglichen Beschäftigungen aufgezählt, bei
denen die Bundesagentur für Arbeit nicht zustimmen muss oder aber zustimmen
kann.
Zufolge dieser Beschäftigungsverordnung bedarf keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit meist nur die Erteilung eines Aufenthaltstitels für die Beschäftigung
von besonders qualifizierten oder nur kurzfristig im Bundesgebiet tätigen Ausländern.
Im Regelfall ist hingegen eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zwecke der Ausübung einer Beschäftigung erforderlich. Diese kann auch nur eher in Ausnahmefällen erteilt werden, etwa zu einem
Aufenthaltstitel für Hochqualifizierte, für Sprachlehrer, Spezialitätenköche, Au PairBeschäftigte in deutschsprachigen Familien, Hausangestellte bei im diplomatischen
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oder konsularischen Dienst tätigen oder sonst ins Bundesgebiet entsandten
Personen zur Betreuung von Kindern unter 16 oder Pflegebedürftigen, für durch
die Bundesagentur für Arbeit vermittelte Ausländer zur Saisonbeschäftigung in der
Land- und Forstwirtschaft, im Hotel- und Gaststättengewerbe, in der Obst- und
Gemüseverarbeitung und in Sägewerken, für durch die Bundesagentur für Arbeit als
Schaustellergehilfen oder als Haushaltshilfen in Haushalten mit Pflegebedürftigen
vermittelte Ausländer, für von ihrem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland entsandte Personen zum Aufstellen, Montieren, Warten, Reparieren, Abnehmen oder Demontieren
von Maschinen, Anlagen oder Programmen der elektronischen Datenverarbeitung,
für Künstler und Artisten und deren Hilfspersonal, für Ausländer, die als Grenzgänger
im Bundesgebiet tätig werden wollen, sowie für Staatsangehörige von Andorra,
Australien, Israel, Japan, Kanada, Monaco, Neuseeland, San Marino, Südkorea und
den USA zur Ausübung jeglicher Beschäftigung unabhängig vom Sitz des Arbeitgebers.
Lässt die Beschäftigungsverordnung die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit
der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke einer Beschäftigung nach § 18
AufenthG überhaupt zu, so ist dies nach § 39 Abs. 2 Satz 1 AufenthG im konkreten
Einzelfall zudem nur dann möglich,
wenn entweder sich durch die Beschäftigung von Ausländern nachteilige Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, insbesondere hinsichtlich der Beschäftigungsstruktur,
der Regionen und der Wirtschaftszweige, nicht ergeben
und zudem für die Beschäftigung deutsche Arbeitnehmer sowie Ausländer, die einen
Anspruch auf vorrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, nicht zur Verfügung stehen (Nr. 1 = Vorrangprüfung; vgl. § 1 Abs. 2 der Beschäftigungsverordnung)
oder wenn die Bundesagentur für Arbeit für die betreffende Berufsgruppe oder für
den betreffenden Wirtschaftszweig festgestellt hat, dass die Besetzung offener Stellen mit ausländischen Bewerbern arbeitsmarkt- und integrationspolitisch verantwortbar ist (Nr. 2),
und wenn in beiden Fällen zusätzlich feststeht, dass der Ausländer nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt wird.
Ist danach noch immer eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit möglich, kann
der Erteilung der Zustimmung § 40 AufenthG entgegenstehen, der Versagungsgründe
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enthält. Nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ist die Zustimmung zwingend zu versagen,
wenn das Arbeitsverhältnis auf Grund unerlaubter Vermittlung oder Anwerbung
zustande gekommen ist. Nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ist die Zustimmung
zwingend zu versagen, wenn der Ausländer als Leiharbeitnehmer tätig werden will.
Nach § 40 Abs. 2 kann die Bundesagentur für Arbeit nach ihrem pflichtgemäßen
Ermessen die Zustimmung insbesondere dann versagen, wenn der Ausländer
schuldhaft gegen bestimmte Vorschriften des die Arbeitsförderung regelnden Dritten
Buches Sozialgesetzbuch oder des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes verstoßen
hat oder aber wenn der potentielle Arbeitgeber wegen solcher oder ähnlicher Verstöße zu einer Geldbuße oder gar Geld- oder Freiheitsstrafe verurteilt worden ist.
Dieses Regelungsgeflecht macht m.E. deutlich, dass die Bundesrepublik Deutschland weiterhin kein Einwanderungsland für Arbeitsmigranten ist.
Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3 AufenthG muss dem Ausländer die Ausübung einer
Erwerbstätigkeit indes nicht unbedingt durch einen Aufenthaltstitel erlaubt werden,
sondern kann ihm auch durch zwischenstaatliche Vereinbarung, durch Gesetz oder
durch Rechtsverordnung gestattet sein.
Eine solche zwischenstaatliche Vereinbarung gibt es (noch) nicht.
Es gibt jedoch zwei solche Gesetzesbestimmungen.
Die eine ist § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG. Danach kann die Ausländerbehörde einem
Ausländer, der zwar eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die ihn jedoch nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt, nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen die
Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung erteilen, wenn die Bundesagentur für
Arbeit zugestimmt hat oder aber wenn durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass
die Ausübung einer Beschäftigung ohne die Zustimmung der Bundesagentur für
Arbeit zulässig ist. Auch insoweit gelten gemäß deren § 1 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 die
Beschäftigungsverordnung sowie trotz des unklaren Gesetzeswortlautes nach
einhelliger Auffassung auch die §§ 39 und 40 AufenthG. Es gelten also dieselben
Regelungen wie bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18 AufenthG.
Einzige Ausnahme: Gemäß § 31 BeschV bedarf die Erlaubnis einer Beschäftigung an
Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis nach Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes,
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also insbesondere aus humanitären Gründen, erhalten haben, nicht der Zustimmung
der Bundesagentur für Arbeit. Ansonsten dürfte aber die Erlaubnis nach § 4 Abs. 2
Satz 3 AufenthG an Inhaber einer nicht bereits zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit
berechtigenden Aufenthaltserlaubnis wohl nur selten erteilt werden.
Bei dieser Erlaubnis nach § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG handelt es sich rechtstechnisch um eine nach Erteilung der Aufenthaltserlaubnis von der Ausländerbehörde
gesondert erteilte Beschäftigungserlaubnis. Es handelt sich dabei also nicht um
eine Nebenbestimmung zum Aufenthaltstitel. Die Beschäftigungserlaubnis ist keine
Verpflichtung zu einem bestimmten Handeln oder Unterlassen, die einem begünstigenden Verwaltungsakt beigefügt wird, und somit keine Auflage. Auch ist die Wirksamkeit des Aufenthaltstitels nicht von der Beschäftigung abhängig. Die Beschäftigungserlaubnis ist somit auch keine Bedingung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht
etwa aus § 4 Abs. 2 Satz 2 AufenthG. Danach muss jeder Aufenthaltstitel erkennen
lassen, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlaubt ist. Der deshalb erforderliche
Vermerk auf dem Aufenthaltstitel ist jedoch nur ein deklaratorischer Hinweis ohne
eigenen Regelungsgehalt. Bei der Beschäftigungserlaubnis nach § 4 Abs. 2 Satz 3
AufenthG handelt es sich nach alledem um einen zur Aufenthaltserlaubnis hinzutretenden eigenständigen begünstigenden Verwaltungsakt. Das ist bedeutsam
für die Frage der Schriftform und der Begründung (vgl. dazu unten in anderem
Zusammenhang).
Die andere Gesetzesbestimmung im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 3 AufenthG, nach der
einem Ausländer ohne ihn dazu berechtigenden Aufenthaltstitel die Ausübung einer
Beschäftigung erlaubt werden kann, ist § 61 Abs. 2 AsylG (vgl. dazu am Ende).
Die einzige Bestimmung in einer Rechtsverordnung, nach der einem Ausländer ohne
Aufenthaltstitel die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden kann, ist § 32
BeschV. Diese Bestimmung ist sprachlich und inhaltlich missglückt, aufgrund der Altfassung (§ 10 BeschVerfV) und des Regelungszusammenhangs aber dahin zu verstehen, dass die Ausländerbehörde nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen einem Ausländer, der sich seit drei Monaten erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet
aufhält und aktuell eine Duldung besitzt, mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit
die Ausübung einer Beschäftigung erlauben kann. Dabei gelten § 39, § 40 Abs. 1 Nr. 1
und Abs. 2 und § 41 AufenthG entsprechend, also auch § 39 Abs. 1 Satz 2 AufenthG
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in Verbindung mit den Bestimmungen der Beschäftigungsverordnung, sowie § 39
Abs. 2 AufenthG, sodass die Bundesagentur für Arbeit grundsätzlich nur nach umfassender Prüfung und nur in den oben zu § 18 AufenthG erwähnten eher seltenen
Fällen, also insbesondere bei qualifizierter Berufsausbildung, der Erteilung einer
Beschäftigungserlaubnis zustimmen kann.
Da grundsätzlich die Bundesagentur für Arbeit der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nur nach umfassender Prüfung einschließlich der so genannten Vorrangprüfung zustimmen kann, setzt ein Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis die Vorlage einer durch den potentiellen Arbeitgeber ausgefüllten so genannten
"Stellenbeschreibung" voraus. Diese wurde in der Praxis entwickelt, um eine Prüfung
nach § 39 Abs. 2 Satz 1 und nach § 40 AufenthG überhaupt erst zu ermöglichen. Der
potentielle Arbeitgeber ist insoweit gemäß § 39 Abs. 2 Satz 3 AufenthG auskunftspflichtig. Es genügt also nicht, dass ein Ausländer oder sein Rechtsanwalt, wie in der
Praxis vielfach üblich, ohne Rücksicht auf die Rechtslage bei der Ausländerbehörde
allgemein die Erteilung einer "Arbeitserlaubnis" oder aber eine "Änderung der Nebenbestimmung 'Beschäftigungsverbot' zur Duldung" beantragt. Dies wird allerdings
durch die Neigung der meisten rheinland - pfälzischen Ausländerbehörden mitverursacht, die seit dem 1. Januar 2005 bestehende neue Rechtslage zumindest weitgehend zu ignorieren und weiterhin in Duldungsbescheinigungen auf Seite 6 unter
"Nebenbestimmungen" zu vermerken: "Erwerbstätigkeit nicht gestattet".
Denn die Beschäftigungserlaubnis nach § 32 der Beschäftigungsverordnung ist
– wie diejenige nach § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG – ein eigenständiger begünstigender Verwaltungsakt und keine Nebenbestimmung zur Duldung. Zwar ist in der Duldungsbescheinigung im auf Seite 5 des amtlichen Vordrucks aufzuklebenden Klebeetikett nachrichtlich auf die Art der durch die erteilte Beschäftigungserlaubnis gestatteten Beschäftigung, andernfalls auf die nach § 4 Abs. 3 AufenthG bestehende Gesetzeslage hinzuweisen, wonach die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht gestattet
ist. Diese kraft Gesetzes bestehende Rechtslage verbietet die – überflüssige – Ergänzung der Duldungsbescheinigung um eine "Nebenbestimmung", wonach eine
Erwerbstätigkeit nicht gestattet ist. Hiervon gehen auch die "Ausfüllhinweise für Klebeetiketten" des Bundesinnenministeriums aus. Diese Ausfüllhinweise sehen für den
letzteren Fall im auf Seite 5 der Duldungsbescheinigung aufzuklebenden Klebeetikett in der Rubrik "Erwerbstätigkeit" leider den Eintrag vor: "nicht gestattet". Für die
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Arbeitsplatzsuche ist ein solcher Hinweis nämlich nachteilig. Besser wäre in der
Rubrik "Erwerbstätigkeit" der Eintrag: "nur mit Erlaubnis der Ausländerbehörde gestattet". Die Ausländerbehörde kann natürlich einem geduldeten Ausländer ein behördliches Schreiben aushändigen, in dem potentiellen Arbeitgebern zur Förderung
ihrer Bereitschaft, eine "Stellenbeschreibung" auszufüllen, die Möglichkeit der Beantragung und Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis erläutert wird, gegebenenfalls
ergänzt um eine Absichtserklärung, im Falle der Zustimmung der Bundesagentur für
Arbeit zur Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis bereit zu sein. Eine verbindliche
Zusicherung, eine Beschäftigungserlaubnis zu erteilen, ist wegen § 38 Abs. 1 Satz 2
VwVfG nicht möglich, und auch die Aushändigung eines unverbindlichen Schreibens
ist freiwillig; es gibt keinen Rechtsanspruch darauf.
In jedem Fall aber ist der Erwerbstätigkeitshinweis im auf Seite 5 der Duldungsbescheinigung einzuklebenden Klebeetikett rein deklaratorisch, stellt keine Nebenbestimmung zur Duldung dar und hat deswegen nicht etwa auf Seite 6 des amtlichen
Vordrucks für Duldungsbescheinigungen unter der Überschrift "Nebenbestimmungen"
zu erfolgen. Auch die "Ausfüllhinweise Trägervordrucke" des Bundesinnenministeriums sehen dies nicht vor. Gleichwohl entspricht dies in Rheinland-Pfalz – soweit für
mich ersichtlich – weiterhin der ganz überwiegenden Verwaltungspraxis.
Der Grund dafür liegt auf der Hand. Wie sich aus der Überschrift von § 60a AufenthG
ergibt, ist eine "Duldung" nicht etwa eine irgendwie geartete Aufenthaltszulassung,
sondern ein vorübergehender Verzicht auf Maßnahmen der Zwangsvollstreckung
der bestehenden Ausreisepflicht durch eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung. Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AufenthG bedürfen verschiedene, einzeln aufgezählte Verwaltungsakte einschließlich der Aussetzung der Abschiebung, also der
Duldung, der Schriftform, und sind mit Ausnahme der Aussetzung der Abschiebung,
also der Duldung, mit einer Begründung zu versehen. Tut man nun so, als sei die
Ablehnung der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nur eine Nebenbestimmung
zur Duldung, dann bedarf dies nur des Eintrages auf Seite 6 der amtlichen Duldungsbescheinigung "Erwerbstätigkeit nicht gestattet", nicht aber eines schriftlichen Verwaltungsaktes mit Begründung und Rechtsmittelbelehrung. Die Beschäftigungserlaubnis nach § 32 BeschV unterfällt zwar nicht § 77 AufenthG, muss also nicht
zwingend schriftlich erlassen und begründet werden. Auch sonst muss ein Verwaltungsakt gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 VwVfG nicht unbedingt schriftlich, sondern kann
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auch mündlich, elektronisch oder in anderer Weise erlassen werden. Ein solcher
Verwaltungsakt ist jedoch gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 VwVfG auf unverzügliches Verlangen des Betroffenen schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, auch ist gemäß
§ 37 Abs. 6 Satz 2 VwVfG ein schriftlicher oder aber schriftlich bzw. elektronisch
bestätigter Verwaltungsakt mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und gemäß § 39 Abs. 1
Satz 1 VwVfG mit einer Begründung zu versehen. Dies bedeutet indes im Ergebnis,
dass auf unverzügliches Verlangen des Ausländers über die Ablehnung der Erteilung
der von ihm beantragten Beschäftigungserlaubnis durch schriftlich zu begründenden
und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehenden Bescheid zu entscheiden ist,
dass also nicht nur auf Seite 6 der amtlichen Duldungsbescheinigung "Erwerbstätigkeit nicht gestattet" einzutragen bzw. dieser Eintrag beizubehalten ist. Das macht
natürlich mehr Arbeit und führt überdies häufiger zu einem Widerspruch gegen die
Ablehnung einer Beschäftigungserlaubnis, der dann weitere Arbeit verursacht.
Dies alles gilt übrigens entsprechend für die Beschäftigungserlaubnis nach § 4
Abs. 2 Satz 3 AufenthG und für deren Ablehnung. Auch insoweit handelt es sich
nicht um eine Nebenbestimmung zu einem Aufenthaltstitel, sondern um einen eigenständigen Verwaltungsakt. Dieser unterfällt damit zwar nicht § 77 AufenthG, auch
nicht etwa § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b) AufenthG. Eine Nebenbestimmung
zu einem Aufenthaltstitel, welche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit untersagt, ist
allenfalls denkbar bei den oben erwähnten zehn Aufenthaltstiteln bzw. Aufenthaltstitelgruppen, die zwar nicht zum Zweck der Ausübung einer Erwerbstätigkeit erteilt
werden, hierzu aber kraft Gesetzes gleichwohl berechtigen. Eine die Ausübung einer
Erwerbstätigkeit untersagende Nebenbestimmung zu einem solchen Aufenthaltstitel
dürfte jedoch in jedem Fall rechtswidrig sein und ist deswegen kaum vorstellbar.
Unterfällt die Ablehnung einer Beschäftigungserlaubnis im Sinne von § 4 Abs. 2
Satz 3 AufenthG mithin nicht § 77 AufenthG, so ist sie also nicht zwingend schriftlich
zu erlassen und zu begründen. Sie unterfällt aber ebenfalls §§ 36 ff. VwVfG, sodass
auch im Falle der Ablehnung der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nach § 4
Abs. 2 Satz 3 AufenthG auf unverzügliches Verlangen des Ausländers durch schriftlich zu begründenden und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehenden Bescheid zu entscheiden ist.
Gemäß § 32 Abs. 2 der Beschäftigungsverordnung bedarf keiner Zustimmung der
Bundesagentur für Arbeit die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis
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
zu einem Praktikum nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 4 des Mindestlohngesetzes

zur Absolvierung einer Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder
vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf

zur Ausübung einer Reihe von Beschäftigungen, für die auch die Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedürfte,

zur Ausübung einer Beschäftigung von Ehegatten, Lebenspartnern, Verwandten
und Verschwägerten ersten Grades eines Arbeitgebers, mit dem sie in häuslicher
Gemeinschaft zusammenleben, sowie

zu jeder Art der Beschäftigung, wenn sich der aktuell geduldete Ausländer bereits vier Jahre erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält.
Anmerkung: Die Fallgruppen 2 (Berufsausbildung) und 5 (vierjähriger zumindest geduldeter Aufenthalt im Bundesgebiet) gab es auch schon im alten § 10 BeschVerfV,
doch entfiel danach nicht wie jetzt das Zustimmungserfordernis als solches, sondern
lediglich die Prüfung nach § 39 Abs. 2 AufenthG. Da aber mit Blick auf § 40 AufenthG
eine Restprüfung durchzuführen war, mussten der potentielle Arbeitgeber gleichwohl eine "Stellenbeschreibung" ausfüllen und die Ausländerbehörde gleichwohl bei
der Bundesagentur für Arbeit um Zustimmung nachsuchen.
Auch jetzt gibt es noch Fallgruppen, in denen nur die Vorrangprüfung entfällt oder
doch entfallen kann, das Zustimmungserfordernis als solches aber gilt.
So wird gemäß § 32 Abs. 5 BeschV die Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung Ausländerinnen und Ausländern ohne Vorrangprüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1
Nr. 1 AufenthG erteilt, wenn sie entweder eine Beschäftigung nach § 2 Absatz 2, § 6
oder § 8 BeschV, insbesondere also in einem Ausbildungsberuf aufnehmen oder
aber sich bereits seit 15 Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit einer
Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhalten.
Ferner kann gemäß § 37 BeschV einem Ausländer die Zustimmung zur Ausübung
einer Beschäftigung ohne Vorrangprüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG
erteilt werden, wenn die Versagung der Beschäftigungserlaubnis eine besondere
Härte bedeuten würde. Wegen des Erfordernisses einer besonderen Härte und
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wegen des Ermessensspielraums der Ausländerbehörde kommt dieser Bestimmung
aber wohl keine große praktische Relevanz zu.
Eine weitere Sonderregelung findet sich in § 32 Abs. 3 BeschV. Danach kann
die Bundesagentur für Arbeit unter den Voraussetzungen von § 32 Abs. 5 BeschV
– anders als nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG – die Zustimmung zu einem Tätigwerden als Leiharbeitnehmer erteilen.
Ist – wie im Regelfall – die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Ausübung
einer Beschäftigung weiterhin erforderlich, so enthält § 36 Abs. 1 BeschV diesbezüglich eine gewichtige Erleichterung. Nach dieser Bestimmung gilt nämlich die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit als erteilt, wenn sie nicht innerhalb von zwei Wochen nach Übersendung der Zustimmungsanfrage der Ausländerbehörde reagiert hat.
§ 32 Abs. 5 BeschV wird gemäß Art. 2 der Zweiten Verordnung zur Änderung der
Beschäftigungsverordnung vom 6. Oktober 2014 (BGBl. I S. 1683) am 10. November
2017 wieder außer Kraft treten. Dies bedeutet wohl, dass danach die Zustimmung
zu einem Tätigwerden als Leiharbeitnehmer nach § 32 Abs. 3 BeschV – wie nach
§ 40 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG – nicht mehr erteilt werden kann.
Gemäß § 60a Abs. 6 Satz 1 AufenthG, der dem jüngst aufgehobenen § 33 BeschV
entspricht, darf einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, die Ausübung einer
Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn er sich in das Inland begeben hat, um
Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen (Nr. 1), oder wenn
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten
hat, nicht vollzogen werden können (Nr. 2), oder wenn er Staatsangehöriger eines
sicheren Herkunftsstaates nach § 29a AsylG ist und sein nach dem 31. August 2015
gestellter Asylantrag abgelehnt wurde (Nr.3). Diese Nummer 3 ist neu und stellt
sich deshalb im Vergleich mit den Vorgängerregelungen in § 33 BeschV und in § 11
BeschVerfV als Verschärfung der Rechtslage dar. Zugleich enthält § 60a Abs. 6
AufenthG aber auch eine Erleichterung im Vergleich zu § 11 BeschVerfV. Gemäß
dessen Satz 2 hatte der Ausländer die Gründe für das Unterbleiben aufenthaltsbeendender Maßnahmen bei ihm insbesondere dann zu vertreten, wenn er das
Abschiebungshindernis durch Täuschung über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit oder durch falsche Angaben herbeigeführt hatte. Anders als dies das
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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz gesehen hatte, hat nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls zu § 25 Abs. 5 AufenthG (Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen) und zu § 104a AufenthG (Aufenthaltserlaubnis in so genannten Altfällen) ein Ausländer ein Abschiebungshindernis auch
dann zu vertreten, wenn während seiner Minderjährigkeit seine Eltern als seine
gesetzlichen Vertreter über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit getäuscht
hatten. Wie schon § 33 Abs. 2 BeschV setzt § 60a Abs. 6 Satz 2 AufenthG demgegenüber ausdrücklich voraus, dass der Ausländer das Abschiebungshindernis
durch eigene Täuschung herbeigeführt hat.
Die zweiten Gesetzesbestimmung im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 3 AufenthG, wonach
einem Ausländer ohne Aufenthaltstitel die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt
werden kann, ist § 61 AsylG. Nach dessen Absatz 1 darf allerdings einem Asylbewerber, der noch in einer Aufnahmeeinrichtung wohnen muss, keine Beschäftigung erlaubt werden. Grundsätzlich müssen Asylbewerber gemäß § 47 Abs. 1 AsylG
bis zu sechs Monaten – es können also auch weniger sein, was das rheinlandpfälzische Integrationsministerium zu erreichen sucht – in einer Aufnahmeeinrichtung
wohnen. Gemäß § 47 Abs. 1a AsylG sind Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne von § 29a AsylG, also aus Albanien, Bosnien und Herzegowina,
Ghana, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Senegal, und Serbien sowie demnächst
wohl auch aus Algerien, Marokko und Tunesien, sogar verpflichtet, bis zur Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag und im Falle der Ablehnung des
Asylantrags nach § 29a AsylG als offensichtlich unbegründet oder nach § 27a AsylG
als unzulässig bis zur Ausreise in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen mit der
Folge dass sie durchgängig keiner Beschäftigung nachgehen dürfen.
Muss ein Asylbewerber nicht mehr in einer Aufnahmeeinrichtung wohnen und hält er
sich seit drei Monaten gestattet im Bundesgebiet auf, kann ihm die Ausländerbehörde gemäß § 61 Abs. 2 AsylG die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden. Ein
Asylbewerber musste sich ursprünglich ein Jahr, musste sich seit 2007 nur noch neun
Monate und muss sich seit Oktober 2014 nur noch drei Monate gestattet im Bundesgebiet aufgehalten haben. Nachdem aber zum 24. Oktober 2015 die Höchstdauer
des Aufenthaltes in einer Erstaufnahmeeinrichtung von drei auf sechs Monate
erhöht worden ist, ist die Dreimonatsfrist in § 61 Abs. 2 AsylG wieder etwas relativiert.
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Derzeit ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge so überlastet, dass Asylsuchende einen Termin zum Stellen eines förmlichen Asylantrages erst mehrere
Monate, zum Teil weit über ein Jahr später erhalten werden. Erst dann aber wird
gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung
ausgestellt. Zuvor erhält der Asylsuchende gemäß § 63a AsylG lediglich eine
Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender, bislang als BüMA bekannt, die
aufgrund einer am 5. Februar 2016 in Kraft getretenen Gesetzesänderung (und einer
am 6. Februar 2016 in Kraft getretenen Rechtsverordnung) jetzt "Ankunftsnachweis",
kurz AKN heißt. Auch diese Gesetzesänderung zeigt das Ausmaß des Engpasses
auf: Nunmehr wird der Ankunftsnachweis für längstens sechs Monate erteilt und
ausnahmsweise um jeweils längstens drei Monate verlängert, zuvor war die BüMA
auf längstens einen Monat zu befristen und konnte ausnahmsweise um jeweils
längstens einen Monat verlängert werden. Die Aufenthaltsgestattung entsteht zwar
gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylG kraft Gesetzes, sobald der Ausländer um Asyl
nachgesucht hat, sodass ihm die Ausländerbehörde eine Beschäftigungserlaubnis
nach § 61 Abs. 2 AsylG bei Erfüllung der insoweit geltenden Voraussetzungen erteilen kann. Dies gilt gemäß § 55 Abs. 1 Satz 3 AsylG allerdings nicht bei unerlaubter
Einreise aus einem sicheren Drittstaat, also aus jedem an die Bundesrepublik
Deutschland angrenzenden Staat. Unerlaubt ist die Einreise dann, wenn der Ausländer ohne den nach § 4 Abs. 1 AufenthG erforderlichen Aufenthaltstitel einreist,
was bei Ausländern, die im Bundesgebiet um Asyl nachsuchen wollen, die Regel ist.
Deswegen stellt die augenblickliche Überlastung des Bundesamtes für Migration
und Flüchtlinge doch ein ernstliches Problem dar. In Rheinland-Pfalz haben deshalb
die Ausländerbehörden zumindest mit Billigung des Integrationsministeriums Asylsuchenden vielfach neben der BüMA auch eine Duldungsbescheinigung ausgestellt.
Dies erfolgte wohl deswegen, weil die BüMA und jetzt der Ankunftsnachweis
– anders als die Duldungsbescheinigung – kein Ausweisersatz sein kann (vgl. jetzt
§ 63a Abs. 1 Satz 2 Nr. 19 AsylG), weil gegen Geduldete kein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Aufenthaltes eingeleitet werden kann
und weil geduldeten Asylsuchenden gemäß § 32 der Beschäftigungsverordnung eine
Beschäftigungserlaubnis erteilt werden kann.
Voraussetzung für die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nach § 61 Abs. 2
AsylG ist zudem, dass die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder dass durch
Rechtsverordnung bestimmt ist, die Ausübung einer Beschäftigung sei auch ohne
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Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig. Insoweit gelten §§ 39, 40 Abs. 1
Nr. 1 und Abs. 2, 41 und 42 AufenthG entsprechend. Grundsätzlich muss also der
potentielle Arbeitgeber eine "Stellenbeschreibung" ausfüllen und die Bundesagentur
für Arbeit eine Prüfung im Sinne von § 39 Abs. 2 und § 40 AufenthG durchführen
(vgl. dazu oben). In § 32 Abs. 4 der Beschäftigungsverordnung ist sogar ausdrücklich
geregelt, dass die Absätze 2 wonach es in bestimmten Fällen einer Zustimmung der
Bundesagentur für Arbeit nicht bedarf, und 3, wonach die Zustimmung zu einer Tätigkeit als Leiharbeitnehmer nur unter den engen Voraussetzungen des Absatzes 5
erteilt werden darf, auch für einen Ausländer gilt, der im Besitz einer Aufenthaltsgestattung ist. Ferner wird gemäß § 32 Abs. 5 der Beschäftigungsverordnung die
Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung Ausländerinnen und Ausländern auch
mit einer Aufenthaltsgestattung dann ohne Vorrangprüfung erteilt, wenn sie eine
Beschäftigung nach § 2 Absatz 2, § 6 oder § 8 der Beschäftigungsverordnung,
insbesondere also einen Ausbildungsberuf aufnehmen, oder sich seit 15 Monaten
ununterbrochen erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten.
Der am 24. Oktober 2015 in Kraft getretenen § 61 Abs. 2 Satz 4 AsylG enthält
das Verbot der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis an Ausländer, die aus einem
sicheren Herkunftsstaat kommen und nach dem 31. August 2015 einen Asylantrag
gestellt haben, für die Dauer ihres gesamten Asylverfahrens. Diese Regelung sollte
den weiteren Zustrom von Asylbewerbern aus den Westbalkanländern vermindern.
Ein Erteilungsverbot wie nach § 60a Abs. 6 AufenthG gilt für Asylbewerber, die im
Besitz einer Aufenthaltsgestattung sind, nicht.
Auch bei der Beschäftigungserlaubnis nach § 61 Abs. 2 AsylG handelt es nicht um
eine Nebenbestimmung zur Aufenthaltsgestattung, sondern um einen eigenständigen begünstigenden Verwaltungsakt, sodass im Falle seiner Ablehnung auf unverzügliches Verlangen des Asylbewerbers ein schriftlicher Bescheid mit Begründung
und Rechtsmittelbelehrung zu erteilen ist.
Wird der Asylantrag unanfechtbar abgelehnt, erlischt die Beschäftigungserlaubnis
nach § 61 Abs. 2 AsylG. Erhält der Ausländer anschließend eine Duldung, so benötigt er eine Beschäftigungserlaubnis nach § 32 BeschV. Dabei wird die Dauer der
Aufenthaltsgestattung auf die Dreimonatsfrist des § 32 Abs. 1 BeschV angerechnet.
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Anhang: Der Zugang von ausländischen Kindern zum Schulbesuch
Dieser richtet sich nach dem Schulrecht des jeweiligen (Bundes-)Landes, in Rheinland-Pfalz nach § 56 SchulG. Nach dessen Abs. 1 Halbsatz 1 ist der Besuch einer
Schule Pflicht für alle Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden, die in Rheinland-Pfalz ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Eine gesetzliche
Definition des gewöhnlichen Aufenthalts fehlt in § 56 Abs. 1 Halbsatz 1 SchulG,
findet sich aber beispielsweise in § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I, der in diesem Zusammenhang allerdings keine unmittelbare Anwendung findet. Danach hat jemand
den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen
lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend
verweilt.
Angesichts dessen wurde § 56 Abs. 1 Halbsatz 1 SchulG zunächst dahin verstanden, dass einen gewöhnlichen Aufenthalt nur ein bestandskräftig als Asylberechtigter
oder Flüchtling anerkannter Ausländer hat, nicht aber ein Asylbewerber und ein
Ausländer, dessen Asylantrag bestandskräftig abgelehnt worden ist und der nur geduldet wird, bei dem also lediglich die Vollziehung ihrer Abschiebung ausgesetzt ist.
Die Rechtsprechung zu § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I verstand allerdings den Begriff
des gewöhnlichen Aufenthaltes bald weiter. Gewöhnlich ist danach der Aufenthalt,
wenn und solange er nicht auf alsbaldige Beendigung angelegt, sondern "zukunftsoffen" ist. Ein gewöhnlicher Aufenthalt wurde z.B. vom Bundessozialgericht bei
Ausländern angenommen, die mehrfach lediglich befristete Aufenthaltserlaubnisse
erhalten hatten (Urteil vom 27. Januar 1994 – 5 RJ 16/93 –), und später sogar bei
so genannten displaced persons, die sich in einem Lager aufgehalten hatten, um auf
ihre Auswanderung zu warten (Urteil vom 3. April 2001 – B 4 RA 90/00 R –).
Zwischenzeitlich hatte das Bundesverwaltungsgericht einen gewöhnlichen Aufenthalt
bei Personen angenommen, die ihren Aufenthalt "bis auf weiteres" in einem Übergangswohnheim für Spätaussiedler haben, sofern dort nicht etwa wie bei der Unterbringung in einer Turnhalle abgeschlossene Räumlichkeiten fehlen und die Unterkunft zur Begründung eines vorläufigen Lebensmittelpunktes ersichtlich nicht bestimmt und geeignet ist (Urteil vom 18. März 1999 – 5 C 11/98 – Buchholz 436.0
§ 107 BSHG Nr. 1). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof äußerte daraufhin mit
Beschluss vom 8. Februar 2001 (12 B 99.2202), dass ein Asylbewerber, der sich
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aufgrund einer Zuweisung in einer Gemeinschaftsunterkunft aufhalte, dort in aller
Regel seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründe.
Angesichts dessen wurde seit Frühjahr 2005 § 56 Abs. 1 Halbsatz 1 SchulG dann
dahin verstanden, dass auch Asylbewerber, sobald sie eine Zuweisung aus einer
Erstaufnahmeeinrichtung in eine Gemeinde erhalten haben, dort einen gewöhnlichen
Aufenthalt haben (so dann auch Nummer 2 der Verwaltungsvorschrift "Unterricht
für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund" vom 22. November 2006
[Amtsbl. 2007, S. 2]), und dass dies auch für Geduldete nach rechtskräftiger Ablehnung ihres Asylantrages gilt.
Mit Urteil vom 2. April 2009 (5 C 2.08 – BVerwGE 133, 320 ff.) hat das Bundesverwaltungsgericht dann ausdrücklich entschieden, dass auch ein ausreisepflichtiger
Ausländer im Bundesgebiet einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann, wenn bis
auf weiteres nicht mit seiner Abschiebung zu rechnen ist – allerdings in einem
jugendhilferechtlichen Verfahren angesichts von § 6 Abs. 2 SGB VIII. In dieser
Bestimmung geht der Gesetzgeber davon aus, dass ein Ausländer aufgrund einer
Duldung einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben kann. Allerdings ist
§ 6 Abs. 2 SGB VIII möglicherweise lex specialis und gilt deshalb möglicherweise nur
im Jugendhilferecht. Die Sozialgerichte gehen jedenfalls zumindest ganz überwiegend
davon aus, dass ein ausreisepflichtiger geduldeter Ausländer keinen gewöhnlichen
Aufenthalt im Sinne von § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I im Bundesgebiet hat.
Von daher ist zu begrüßen, dass der rheinland-pfälzische Gesetzgeber zum 1. August
2013 folgenden neuen Absatz 2 in das Schulgesetz eingefügt hat:
" 1Die Pflicht zum Schulbesuch besteht für Kinder von Asylbewerberinnen und
Asylbewerbern und sich ohne ihre Eltern in Rheinland-Pfalz aufhaltende Kinder
und Jugendliche, die einen Asylantrag gestellt haben, sobald sie einer Gemeinde zugewiesen sind und solange ihr Aufenthalt gestattet ist.
2Für
ausreise-
pflichtige Kinder und Jugendliche besteht die Pflicht zum Schulbesuch bis zur
Erfüllung ihrer Ausreisepflicht. 3Im Übrigen unterliegen Kinder von Ausländerinnen und Ausländern der Pflicht zum Schulbesuch, sofern die Voraussetzungen
des Absatzes 1 vorliegen."
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Damit besteht nämlich in Rheinland-Pfalz für Ausländerkinder, sobald eine Zuweisungsentscheidung nach § 50 Abs. 4 Satz 1 AsylG ergangen sowie ein förmlicher
Asylantrag gestellt ist, die Möglichkeit zum Schulbesuch bis zur Wiederausreise bzw.
bis zum Ende der Schulzeit. Allerdings ist nach meiner Einschätzung offen, was
vorher gilt. So könnte durch § 56 Abs. 2 Satz 1 SchulG als lex specialis zuvor die
Möglichkeit zum Schulbesuch ausgeschlossen sein, was angesichts der derzeitigen
Überlastung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und der bis zur förmlichen Asylantragstellung vergehenden Zeit sehr bedauerlich wäre. Es könnten aber
auch insoweit § 56 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Halbsatz 1 SchulG anzuwenden und
dabei die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 30 Abs. 3 Satz 2
SGB I und den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches Achtes Buch zu berücksichtigen sein. Die Gesetzgebungsmaterialien (LT-Drucks. 16/2223 S. 8) geben insoweit
leider nichts her. Ich bin gespannt, ob, wann und wie der für das Schulrecht zuständige 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz diese Frage entscheiden
wird. Die tatsächliche Verwaltungspraxis geht in Rheinland-Pfalz derzeit dahin, dass
in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebrachte Kinder – anders als nach meinem
Kenntnisstand etwa in Baden-Württemberg – nicht die örtliche Grundschule besuchen, sondern in den Erstaufnahmeeinrichtungen ein wenig unterrichtet bzw. auf
den späteren Schulbesuch vorbereitet werden. Nach dem Verlassen der Erstaufnahmeeinrichtung haben sie zwar oft noch keinen förmlichen Asylantrag gestellt, wie
§ 56 Abs. 2 Satz 1 SchulG voraussetzt, doch sind sie in der Praxis meist jedoch im
Besitz einer Duldung (s.o.), sodass § 56 Abs. 2 Satz 2 SchulG angewendet werden
kann; auch wird eine BüMA bzw. ein AKN in der Praxis einer Bescheinigung über
eine Aufenthaltsgestattung meist gleichgestellt.
Trier, 17.02.2016
ROVG Alexander Wolff, Koblenz
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