Dr. Thomas Freund/Mathias Schulz Ausländerrecht Übersicht 2 RECHTMÄßIGKEIT DER AUSWEISUNG 0. Definition und Rechtsfolgen Verwaltungsakt, der dem Ausländer gebietet, die BRD zu verlassen und ihm verbietet, das Land erneut zu betreten, Rechtsfolgen: Ausreisepflicht (§ 50 I AufenthG), Einreise und Aufenthaltsverbot (§ 11 I 1 AufenthG), Zurückweisung an der Grenze (§§ 15 I, 14 I Nr. 3 AufenthG) I. Ermächtigungsgrundlage: § 53 AufenthG Beachte: Für freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger kommt keine Ausweisung, sondern nur eine Feststellung des Verlusts des Rechts der Freizügigkeit nach § 6 FreizügigG/EU in Betracht (Folge; Ausreisepflicht gem. § 7 I FreizügigG/EU); zur Sonderstellung privilegierter türkischer Arbeitnehmer vgl. Art. 14 ARB EWG-Türkei II. Formelle Rechtmäßigkeit 1. Zuständigkeit a. sachlich: § 71 I AufenthG i.V.m. § 1 I Nr. 3 ZuwZLVO M-V Kreisordnungsbehörden b. örtlich: § 3 I Nr. 3 a VwVfG M-V 2. Verfahren a. Handlungsfähigkeit (§ 80 I AufenthG): grds. mit Vollendung des 18. Lebensjahres b. Anhörung (§ 28 VwVfG M-V) c. ggf. Beteiligung der zuständigen Staatsanwaltschaft (§ 72 IV 1 AufenthG) 3. Form (§ 77 I AufenthG: Schriftform), Begründung und Bekanntgabe, zwingende Verbindung mit Befristung (§ 11 II 2 AufenthG) III. Materielle Rechtmäßigkeit 1. Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage a. Aufenthalt des Ausländers gefährdet (= tatsachenbasierte Prognoseentscheidung): aa. öffentliche Sicherheit und Ordnung o. bb. freiheitliche demokratische Grundordnung o. cc. sonstige erhebliche Interessen der BRD b. Abwägung zwischen Ausweisungsinteresse und Bleibeinteresse aa. Ausweisungsinteresse, § 54 AufenthG (1) besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse, Katalog in § 54 I AufenthG (2) schwerwiegendes Ausweisungsinteresse, Katalog in § 54 II AufenthG bb. Bleibeinteresse, § 55 AufenthG (1) besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse, Katalog in § 55 I AufenthG (2) schwerwiegendes Bleibeinteresse, § Katalog in § 55 II AufenthG cc. Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, § 53 II AufenthG - u.a. Zweck der Ermächtigung: Die Ausweisung soll einer künftigen Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorbeugen (Prognoseentscheidung). Zu unterscheiden sind: (1) Spezialprävention: Abwehr erneuter Verstöße des auszuweisenden Ausländers gegen die durch die Ausweisungsinteresse geschützten Werte. (2) Generalprävention: Anhalten anderer Ausländer zu einem ordnungsgemäßen Verhalten während ihres Aufenthalts zur Vermeidung der ihnen sonst drohenden Ausweisung (str. ob und inwieweit nach neuer Rechtslage zulässig) - Berücksichtigung der persönlichen Belange des Ausländers (§ 53 II AufenthG), v.a. Dauer des Aufenthalts, familiäre und soziale Bindungen (Art. 6 GG, Art. 8 EMRK) c. Beachtung höherrangigen Rechts, insbes. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Prüfung milderer Alternativen wie Verwarnung, Strafen oder Geldbußen nach §§ 95, 98 AufenthG, Rücknahme oder Widerruf von gewährten Vergünstigungen). 2. Rechtsfolge: gebundene Entscheidung („wird ausgewiesen“) 3. § 53 III AufenthG: besondere Anforderungen bei anerkannten Asylberechtigten o. Flüchtlingen oder bei Inhabern von Erlaubnis Daueraufenthalt EU oder Aufenthaltsrecht nach Assoziationsabkommen EWG-Türkei; keine Ausweisung aus generalpräventiven Gründen 4. für Asylbewerber gilt § 53 IV AufenthG Ausw-Üb.docx 25.05.2016