Die Wahrheiten 1 + 2

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Die grundlegendsten Unterweisungen des Buddha sind die Vier edlen
Wahrheiten.
Es ist das Dharma, das Buddha seinen ersten fünf Schülern unterrichtete. Nicht nur
sind das die grundlegendsten Unterweisungen des Buddha, sondern die Essenz aller
Unterweisungen des Buddha ist darin enthalten. Kurz ausgedrückt sind es vier
Punkte: Wahrheit des Leids, Wahrheit des Ursprungs, Wahrheit der Beseitigung und
Wahrheit des Weges.
Die Wahrheit des Leids
Die Wahrheit des Leides beschreibt unsere gegenwärtige Situation. Das bedeutet
aber nicht, daß unsere gegenwärtige Lage nur aus Schmerzen und Traurigkeit
besteht. Buddha hat deutlich gemacht, daß es drei Ebenen von Leid gibt. Diese
werden Leid der Schmerzen, Leid der Veränderung und allumfassendes Leid
genannt.
Das, was wir Menschen und auch die Tiere als Leid erkennen, ist diese erste Ebene
von Leid, das Leid der Schmerzen. Das sind Krankheiten und Leiden, Schmerzen
des Körpers und Traurigkeit, körperliche und geistige Schmerzen.
Viele Arten von Erfahrungen, die wir im allgemeinen als Glück bezeichnen, gehören
zur zweiten Art von Leid. Auch davon gibt es sowohl körperliches als auch geistiges
Leid. Das ist zum Beispiel das Wohlbehagen der Wärme, wenn wir frieren, das
Wohlbehagen der Kühlung, wenn uns zu heiß ist, das Wohlbehagen des Essens,
wenn wir hungrig sind, und so weiter. Auch geistiges Wohlbehagen, das wir aufgrund
von Reichtum, von gesellschaftlich guter Stellung und gutem Ruf oder einer
Begleitung erfahren. Das ist geistiges Glück. Diese Erfahrungen sind zweifellos nicht
schmerzhaft.
Was Buddha deutlich macht, ist, daß diese Erfahrungen jedoch kein reines Glück
sind. Vielmehr haben diese Erfahrungen die Eigenschaft, daß wir das Abnehmen
eines vorher vorhandenen Leides als Glück erfahren. Wenn wir zum Beispiel hungrig
sind und Nahrung einnehmen, wird mit fortschreitender Einnahme von Nahrung das
Unbehagen des Hungers abnehmen; und das erfahren wir als Glück. Aber das ist
kein bleibendes und kein reines Glück. Denn diese Erfahrung hat eine Grenze. Wenn
die Grenze überschritten wird, wird die gleiche Erfahrung leidvoll.
Aus diesem Grund hat Buddha diese Art von Erfahrung als veränderliches Leid
bezeichnet. Buddha hat nicht gesagt, daß diese Art von Glück nicht erfahren werden
darf, sondern vielmehr macht er deutlich, daß diese Erfahrungen eine Grenze und
eine Verbindung mit Leid haben und wir sie deshalb nicht als wirkliches Glück
mißverstehen sollen und beim Erfahren dieser Art von Glück bedacht vorgehen
müssen. Wenn wir dieses Glück mit Zufriedenheit und Genügsamkeit verwenden,
kann es nützlich sein; wenn es ohne Zufriedenheit und Genügsamkeit angestrebt
wird, wird es zusätzliches Leid erzeugen.
Da diese Erfahrungen nicht vollständig frei von Leid sind, werden sie als Leid der
Veränderung bezeichnet. Diese Tatsache kann man nur verstehen, wenn man eine
etwas schärfere Intelligenz besitzt. Ein Tier zum Beispiel ist nicht in der Lage, diesen
Zusammenhang zu erkennen. Nicht nur das, selbst die meisten Menschen
betrachten diese Art von Erfahrung als das eigentliche, erstrebenswerte und höchste
Glück.
Nun die dritte Art von Leid: sie ist die Basis der ersten zwei Arten von Leid. Ein
Dasein ohne Freiheit ist darunter zu verstehen. Es ist die Tatsache, daß wir über
unsere Geburt, über die grundlegenden Erfahrungen während unseres Lebens, über
unser Alter und über unseren Tod keine Freiheit besitzen und darüber nicht nach
Wunsch bestimmen können. Daß unsere Geburt und unser Tod nicht entsprechend
unseren Wünschen verlaufen, ist klar zu sehen. Mit dem Ende des Lebens hört das
Dasein jedoch nicht auf, sondern man nimmt wieder Geburt. Nun, wo man Geburt
nimmt, in welcher Umgebung, ist wiederum nicht durch den eigenen Willen
bestimmbar.
Diese Tatsache, daß wir zwar wohl gegenwärtige Freiheit, aber keine grundlegende
Freiheit besitzen, wird als umfassendes Leid bezeichnet. Und auf dieser Grundlage
erfahren wir in unserem Dasein die anderen Arten von Leid. Um diese dritte Art von
Leid erkennen zu können, muß man präzisen Überlegungen folgen.
Das war eine kurze Beschreibung der grundlegenden Situation unseres Daseins, der
Wahrheit des Leides.
Die Wahrheit des Ursprungs
Unter der zweiten edlen Wahrheit, der Wahrheit des Ursprungs, versteht man die
Ursachen für die Situation, in der wir uns befinden. Um eine leidvolle Situation
verändern zu können, ist es äußerst wichtig, die präzisen Ursachen dieser Situation
zu kennen.
Vielen von uns scheint es so, als ob die Ursachen für unsere Erfahrungen von Glück
und Leid Objekte außerhalb der eigenen Person seien. Wir sehen entweder andere
Wesen, die Gesellschaft oder unbelebte Gegenstände oder selbst das Wetter als die
eigentlichen Ursachen für unser Glück und Leid. Manche kommen zu besonderen
Auffassungen und betrachten übernatürliche gute und schlechte Wesen als Quelle
ihres Glücks und Leids. Aber der größte Teil dieser äußeren Objekte entspringt
unserer Fantasie und hat keinerlei Beziehung zu unseren Erfahrungen von Glück
und Leid.
Diejenigen äußeren Objekte, die tatsächlich unser Glück und Leid beeinflussen, sind
lediglich ein Faktor in dieser Erfahrung, aber nicht die eigentliche Ursache. Ein Faktor
ist etwas Veränderliches. So kann ein und dieselbe Person für den einen ein Faktor
des Glücks und für den anderen ein Faktor des Leids sein. Was heute ein Faktor von
Glück ist, kann morgen ein Faktor von Leid sein, und auch umgekehrt.
Was ist die letztliche Ursache für unsere Erfahrungen von Glück und Leid? Buddha
machte deutlich, daß diese Ursachen nicht außerhalb der Person, sondern in einem
selbst liegen. Es sind zwei Ursachen; diese werden Karma und Klescha genannt.
Karma sind die Handlungen von Körper, Rede und Geist. Kleschas sind die
Verblendungen des Geistes. Die eigentliche, tiefste Wurzel unseres Leides sind die
Verblendungen unseres Geistes. Verblendungen sind Zustände unseres Geistes, die
uns recht gut bekannt sind, wie Begierde, Haß, Stolz, Eifersucht und Geiz. Die
Wurzel aller Verblendungen sind Egoismus und Unerkenntnis. Es gibt zwei Arten von
Unerkenntnis: Das Unverständnis des Gesetzes von Ursache und Wirkung und die
Unerkenntnis der letztlichen Art des Bestehens der Objekte. Alles Leid, das wir
erfahren, hat seine Wurzel in unseren Verblendungen und den Handlungen, die wir
durch den Einfluß der Verblendungen ausführen.
Als die eigentliche Ursache unseres Glücks betrachten wir andere Personen, Orte,
Besitz oder bestimmte Gegenstände. Die ersehnten Objekte versuchen wir zu
bekommen oder zu verändern.
Diese Objekte sind jedoch lediglich Faktoren für die Erfahrung von Glück. Die
wirklichen Ursachen für Glück sind Zustände des eigenen Geistes wie Zufriedenheit,
Genügsamkeit, Liebe, Erbarmen, Wertschätzen anderer, Weisheit und ebenso die
Handlungen, die unter dem Einfluß solcher Faktoren ausgeführt werden.
Diese Aussage, daß sich die Ursachen sowohl für das individuelle als auch das
kollektive Glück und Leid im eigenen Geist befinden, ist eine der wichtigsten
Aussagen des Buddhismus.
Wenn die Ursachen für Glück im eigenen Geist stark und stabil sind, dann wird selbst
in Situationen, wo die äußeren Umstände schwierig und unangenehm sind, eine
Person ihre geistige Ruhe und Zufriedenheit nicht verlieren. Wenn dagegen die
Ursachen für Leid in einer Person stark und dominant sind, dann wird selbst in einer
sehr angenehmen Umgebung, in der alle Faktoren für Glück und Wohlbehagen
vorhanden sind, vor allem Leid und nur selten Glück erfahren werden.
Das war eine kurze Beschreibung der edlen Wahrheit der Ursprungs.
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