Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Philosophie und Erziehungswissenschaften WiSe 2013/2014 Erziehungswissenschaften Dozent: Prof. Dr. Kullmann Seminar: Unterrichtsanalyse: Fragestellungen, Methoden, Ergebnisse und praxisbezogene Nutzung Luisa Andreizak und Cristina Pelixo 18.11.2013 Wissenschaftliche Videoanalysen und –Studien Grundlagen 1. Datenerhebung • • • Kontaktherstellung und • Genehmigung Erste Auseinandersetzung mit Aufzeichnungsgeräten (u.a. Kamerastandpunkt) • Datenerhebungsprotokoll • • 2. Datenaufbereitung Übertragung und Speicherung der Daten auf einen multimediafähigen Computer (MPEG-2) Synchronisation mithilfe eines Videobearbeitungs-programms Kopieren auf DVD Herstellung Worttranskript, Beobachtungsprotokoll, Bildtranskript, Still(folge), Skizze oder Bild und Wort 3. Datenanalyse • a) b) c) d) 4 Grundverfahren zum Beheben des Problems der Verschränkung von Simultaneität und Sequentialität: Segmentierungsanalyse Konfigurationsanalyse Sequenzanalyse Konstellationsanalyse Kombination möglich und sinnvoll Zweck - Arbeit mit neuen Datentypen und erziehungswissenschaftlichen Methoden - Aufbau von Forschungskompetenz & Repertoir an Handlungsalternativen - Reflexive Haltung gegenüber dem eigenen Agieren als Professioneller Ziel: Professionalisierung - Lehrerfortbildung zur Unterstützung, Beratung & Stärkung - Schulentwicklung - Reflexionshilfe: Klärung Rollenverständnis und konkreter Kommunikationssituationen im Unterricht TIMSS Studie 1. Allgemein - Forschungsorganisation: IEA - der Bildungsmonitoring begann 1994/1995 in Deutschland mit der TIMS Studie - Die Studie wurde in drei verschiedenen Untersuchungskohorten durchgeführt • TIMSS I3. und 4. Jahrgangsstufe • TIMSS II 7. und 8. Jahrgangsstufe • TIMSS III gymnasiale Oberstufe, Berufsschule - 1999: Videostudie unter der Leitung von Stigler, Hiebert und Gallimore - Studie über den Mathematikunterricht in der achten Klasse in Japan, USA und Deutschland 2. Stichprobe - 3 Wissenschaftler filmten 7 Monate MaU ihrer Länder in der 8. Klasse - An der Videostudie nahmen nur diejenigen teil, die auch schon an den Tests und den Fragebögen teilgenommen haben - Es wurden 100 deutsche, 50 japanische und 81 us- amerikanische Klassen gefilmt - die Stichprobe wurde in Deutschland und den USA zufällig ausgewählt, in Japan war sie nicht zufällig - Ein Team mit je 2 Wissenschaftlern jedes Landes untersuchte die Videos 3. Erkenntnisse und Folgerungen - Videos geben Aufschluss über das Unterrichten - Jedes Land verfügt über eine Unterrichtskultur, die Lehrer, Schüler und Wissenschaftler prägt 4. Ziel nach Baumert (1997): „Hauptziel der TIMSS-Videostudie ist es, objektive Indikatoren zur Beschreibung von Unterrichtsprozessen im Fach Mathematik für Deutschland, Japan und die USA bereitzustellen“ (S. 217) Technische Voraussetzungen - Digitaler Camcorder - (Drehbein-)Stativ (Stativkopf, Mittelsäule und Stativbeinen): stabil, da der Stativkopf über eine Schnellwechselplatte verfügt, welche unter dem Camcorder befestigt wird und somit das Verbindungsstück zwischen Stativ und Camcorder darstellt, um über die Köpfe der S&S hinweg zu filmen - der Griff (über den man den Camcorder schwenken kann) sollte leicht zu bedienen sein, um nicht während der Aufnahme am Stativ Veränderungen vornehmen zu müssen - Ton: Bei Gruppenarbeit: externes Mikrofon mit ausreichend langem Kabel, Voraussetzung: Camcorder mit externem Mikrofoneingang; besonders gute Tonqualität: Camcorder mit XLR Stecker - Licht: Fensterseite, denn Gegenlicht muss vermieden werden - Ziel der Lehrperson durch Schwenks folgen und dabei viel des interaktionsrelevanten Kontextes mitbekommen - Bei großer Aufmerksamkeit auf Tonqualität: Richtmikrofon - Zum Bearbeiten: Videosoftware (z.B.: Windows Life Moviemaker) Take- Home Message Chancen - Regt zum Nachdenken über die eigene Unterrichtstätigkeit an - Praxisnähe in der Lehrerausbildung wird ermöglicht - Vergegenwärtigung erfolgt: es wird nichts ungeschehen gemacht, sondern festgehalten Chance zur Auseinandersetzung (anstatt wegzulaufen) - Die Selbstreflexionskompetenz wird gesteigert, dadurch können Handlungsalternativen gesucht werden - erlaubt Austausch in den binationalen professionellen Lerngemeinschaften -> Blick ins andere Land, Wie funktioniert Unterricht dort? - Probleme zeitlicher Aufwand - Technische Probleme - Lehrkraft ist möglicherweise nicht willens Videographie durchzuführen, Grund: Scham - Kontext bleibt womöglich aus, dadurch können Videoaufnahmen unverständlich bleiben - Verhalten der SuS ist künstlich - Datenschutzprobleme Medium „Bild“ kann irritieren, manchmal steht die verbale Kommunikation im Vordergrund - Nicht immer passend Objektive Analyse? Unabhängig von der Lehrkraft? Literatur Baumert, J., Lehmann, R. (Eds.) (1997). TIMSS - Third International Mathematics and Science Study: Dritte Internationale Mathematik- und Naturwissenschaftsstudie: Anlage, Fragestellungen und Durchführung der TIMSS-Studie in der Bundesrepublik Deutschland. Berlin: Max-Planck-Inst. für Bildungsforschung Helmke, A. (2009): Videographie des Unterrichts. In: ders.: Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts (S. 340-382). 4. Auflage. Seelze: Kallmeyer. Herrle, M., Kade, J. & Nolda, S. (2010): Erziehungswissenschaftliche Videographie. In: B. Friebertshäuser, A. Prengel & A. Langer (Hrsg.): Handbuch Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft (S. 599–619). 3. Aufl. Weinheim: Juventa. Ratzka, N., Lipowsky, F., Krammer, K. & Pauli, C. (2005): Lernen mit Unerrichtsvideos. Ein Fortbildungskonzept zur Entwicklung von Unterrichtsqualität. Pädagogik, 5, 30-33. Seidel, T., Prenzel M., Rimmele R., Schwindt, K., Kobarg, M., Herweg, C. & Dalehefte, I. M. (2006): Unterrichtsmuster und ihre Wirkungen. Eine Videostudie im Physikunterricht. In: M. Prenzel & L. Allolio-Näcke (Hrsg.): Untersuchungen zur Bildungsqualität von Schule. Abschlussbereicht des DFGSchwerpunktprogramms (S.99-126). Münster: Waxmann. Trautmann, M. & Sacher, J. (Hrsg., (2010): Unterrichtsentwicklung durch Videofeedback - besser kommunizieren lernen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Weiterführend: http://www.unterrichtsdiagnostik.de/ [zuletzt aufgerufen: 17.11.2013] www.unterrichtsdiagnostik.info/media/files/Unterrichtsvideos.pdf [zuletzt aufgerufen: 17.11.2013] Göbel, Kerstin (2005), Qualität im interkulturellen Englischunterricht. Eine Videostudie. Münster: Waxmann. Helmke, A., Helmke, T., Schrader, F.-W. & Wagner, W. (2007). Der Schüler-Kurzfragebogen der DESI Videostudie. Universität Koblenz-Landau Helmke, A., Helmke, T. & Schrader, F.-W. (2012). Unterrichtsdiagnostik mit EMU - Unterricht aus mehreren Perspektiven betrachten und diskutieren. Unterrichtsqualität Sekundarstufe. In M. Reese, W. Homeier, M. Bonsen & K. Tschekan (Hrsg.), Unterrichtsqualität sichern - Sekundarstufe. 17. Ergänzung. Stuttgart: Raabe Verlag. Dorlöchter, H., Krüger, U., Stiller, E., Wiebusch, D. (2005): Schau in den Spiegel – Unterrichtsvideos im Vorbereitungsdienst. In: Journal für LehrerInnenbildung.Videos in der LehrerInnenbildung. 2/2005.