Erfolgsreserven im B2B-Marketing Ingenieure, Buchhalter oder

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Erfolgsreserven im B2B-Marketing
Ingenieure, Buchhalter oder Einkäufer sind auch Menschen. Dennoch gibt es
einige grosse Unterschiede zwischen dem B2B- und dem B2C-Marketing. Beim
B2B sind die oft in Gruppen auftretenden Zielpersonen nicht so einfach zu
erfassen und zu erreichen. Produkte und Dienstleistungen sind meist komplex
und erklärungsbedürftig. Der Kaufprozess und somit das Bei-Laune-Halten der
Kunden dauern vielfach Jahre. Und schliesslich haben die Entscheidungsträger
sehr unterschiedliche Kaufmotive, die alle von einer Marke angesprochen
werden müssen. Lassen Sie uns einige Erfolgsreserven aufdecken und probate
Lösungsansätze für ein wirksames B2B-Marketing formulieren.
Längst handelt es sich beim B2B-Marketing um weit mehr als die Paralympics
der Werbung. Dessen ungeachtet sehen in einschlägigen Fachblättern die
meisten Inserate aus wie Gebrauchsanleitungen. An Messen stehen Produkte
oft genauso gleichgültig nebeneinander wie die Kühe an der Herisauer
Viehschau. Und die Newsletter der meisten B2B-Werbetreibenden sind gerade
mal reif für den Papierkorb. Da ist Professionalisierung angesagt. In den
zunehmend mit austauschbaren Produkten und Leistungen gesättigten Märkten
ist dies ein erster, übergeordneter Aspekt, der Erfolg verspricht. Lassen Sie uns
diesen sowie neun weitere potenzielle Erfolgsfaktoren für B2B-Marketer näher
beleuchten. (Falls Sie mit B2B nichts am Hut haben, lohnt es sich nicht
weiterzulesen – trotzdem danke für Ihre Aufmerksamkeit.)
1. Professionalisierung
Unter Professionalisierung im weiteren Sinne versteht Wikipedia «die
Entwicklung einer privat oder ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit zu einem
Beruf». Professionalisierung geht deshalb oft einher mit Effizienzsteigerungen,
Qualitätsverbesserungen und Standardisierungen. Die «Profession» wird
abgegrenzt zum Job als befristete Tätigkeit, die ausschliesslich dem
Gelderwerb dient. So weit zur Theorie – nun zur Praxis: Im B2B geht es immer
um Geld. Meist um sehr viel. Da wäre es doch verfehlt, das Marketing zum
Hobby des CEOs oder zum Nebenjob des Verkaufsleiters zu degradieren.
Genauso wie in den Entwicklungs-, Finanz- oder Produktionsabteilungen
braucht es heute für B2B- Kommunikationsaufgaben ausgebuffte Fachleute.
Jeder werbliche Approach kämpft heute täglich mit 6000 anderen Botschaften
um die Aufmerksamkeit des Betrachters. Da gibt es keine Entschuldigung für
kleine Budgets, fehlende Attraktivität oder dilettantische Umsetzung – oder
haben Sie schon mal aus purem Mitleid ein schlechtes Mailing gelesen?
2. Fokussierung
Erstaunlich, aber wahr: Auch heute noch lesen sich viele Inserate, Mailings
oder E-Newsletter wie Gebrauchsanleitungen von Produkten und Leistungen –
dabei hat sich der Angesprochene noch gar nicht zum Kauf entschieden!
Fokussieren Sie Ihre Botschaften – und zwar nach dem Prinzip «weniger ist
mehr». Nicht nur in der Optik wird das Licht gebündelt, um ein Maximum an
Effizienz und Effektivität zu erzeugen. Starten Sie einen Versuch: Werfen Sie
Ihrem Gegenüber unaufgefordert sechs Bälle zu und schauen Sie, was
passiert. Dann wiederholen Sie das Spiel mit einem Ball. Alles klar?
3. Systematisierung
Technisch ausgebildete Menschen verstehen sehr viel von Prozessen und
handeln strikt danach. Doch warum sehen sie das Marketing so selten als
prozessorientierte Aufgabe? Soll sich ein Noch-nicht-Kunde zum Fan oder
sogar zum Botschafter einer Marke entwickeln, muss er einen Loyalitätsprozess
durchlaufen. Dies tut er aber nicht von sich aus. Vielmehr müssen Sie diesen
Prozess
planen,
den
Kunden
führen
und
an
allen
möglichen
Berührungspunkten Ihre Botschaften rüberbringen. Richten Sie sich ein auf ein
langfristiges People Business – und begeistern Sie die Menschen! So können
Sie Ihren Erfolg systematisch planen.
4. Positionierung
Beziehen Sie Stellung. Slogans wie «Ihr Partner für ...» oder «Mehr als ...» sind
keine Alleinstellungen, sondern zaghafte Versuche, möglichst wenig zu sagen,
um nichts falsch zu machen. Was weder Künstler noch Politiker schaffen,
werden auch Sie nie erreichen: als Everybody’s Darling in die Geschichte
einzugehen. Denn Marken ohne Ecken und Kanten bleiben unbeachtet.
Schaffen Sie daher marktrelevante Stärken. Stellen Sie diese heraus, so dass
sich Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung klar, positiv und wohltuend von den
Angeboten der Mitbewerber unterscheidet. Unterschätzen Sie diese Arbeit nie.
Ihre Mitarbeitenden müssen die Leuchttürme der von Ihnen geschaffenen
Alleinstellung mit Begeisterung und Mut in den Markt tragen können – nur so
springt der Funke auf die Kunden über. Dass Sie dabei von NichtSympathisanten oder Quoten-Stänkerern kritisiert oder gar verunglimpft
werden, soll Sie nicht stören, sondern anspornen.
5. Harmonisierung
Für eine unverwechselbare Orchestrierung der Instrumente ist der Dirigent
zuständig und nie der Stiftungsrat oder der kaufmännische Leiter. Im B2BMarketing treffen wir leider oft auf disharmonische Gesamterlebnisse einer
Marke:
Technisch
innovative
Kommunikationsunterlagen
Unternehmen
auf.
treten
Hersteller
mit
uninspirierten
aussergewöhnlicher
Qualitätsprodukte haben eine dilettantisch umgesetzte Website. Umfassend
beratende
Unternehmen
versenden
Mailings
ohne
klaren
Mehrwert.
Harmonisierung bedeutet, alle Instrumente so aufeinander abzustimmen, dass
sie sich gegenseitig verstärken.
6. Individualisierung
Im B2B haben Sie es immer mit Menschen zu tun. Kennen Sie Ihre Kunden mit
Namen? Gut. Wissen Sie noch mehr über sie? Sehr gut. Nutzen Sie das auch
planmässig für Ihr Marketing? Fühlen sich Ihre Kunden als Individuen
angesprochen? CRM mag inzwischen als etwas abgedroschen gelten, doch
noch immer gilt: Wer mehr über sein Gegenüber weiss, gewinnt das Spiel und
den Kunden – sofern er dieses Wissen gewinnbringend in einen aktiven,
individuellen Dialog umsetzt.
7. Emotionalisierung
Die Hirnforschung hat belegt, dass erst das Fehlen von emotionaler
Markenstärke
das
rationale
Abwägen
von
Qualität
und
Preis
als
Entscheidungsgrundlage zulässt. Glauben Sie ja nicht, dass gerade Ihre
Kunden ein dual funktionierendes Hirn besitzen – eins für die Freizeit und eins
für den Beruf bzw. eins für die wichtigen Entscheide (Partnerwahl, Familie usw.)
und eins für die anderen. Auch Ihre Kunden entscheiden höchst emotional.
Erinnern Sie sich noch an den 80er-Spruch «You’ll never get fired if you buy an
IBM»? Emotionalität ist allein verantwortlich für die Affektsteuerung und die Art,
wie Affekte verarbeitet werden – immer und überall.
8. Dramatisierung
Menschen lieben Geschichten. Seit Jahrtausenden. Auch heute noch sitzen wir
gerne am Feuer und lauschen einem guten Erzähler. Wie ein guter Storyteller
sollten auch Sie im B2B mit Ihren Kunden kommunizieren, sie unterhalten und
für Ihre Sache gewinnen. Dramatisieren Sie Ihre Botschaft zusammen mit
Profis, denn nur die entdecken die versteckten kleinen Geschichten, die Sie
vielleicht nicht für erwähnenswert halten. Bereits Aristoteles bezeichnete das
Drama als die Darstellung der Handlung durch Dialoge – und zu einer
Handlung wollen Sie Ihre Kunden ja bringen.
9. Priorisierung
Ordnen Sie Ihrem Marketing die notwendige Priorität zu. Rücken Sie dabei
auch die Zuteilung finanzieller Ressourcen in den Vordergrund. Zwar ist
hinlänglich bekannt, dass der Markenwert den bilanzierten Unternehmenswert
oft
übersteigt.
Dennoch
verbuchen
Industrieunternehmen
ihre
Marketingausgaben meist bloss als Jahresaufwand. Sie tun sich schwer damit,
diese Ausgaben als Investition in ihre Marke und somit auch in den
Unternehmenswert zu betrachten. Wie viel Erfolg dies bringen könnte, haben
Steve Jobs, Mark Zuckerberg oder ein gewisser Dietrich Mateschitz
vorgemacht. Übrigens: Auch das Marketing braucht manchmal eine Position für
F&E, um alleinstellende Dinge auszuprobieren, ohne gleichentags einen ROI
erzielen zu müssen.
10. Loyalisierung
Der loyale Kunde ist ein Markenfan oder gar ein Markenapostel. Er hat ein
starkes Commitment zum Unternehmen, das ihn relativ resistent macht gegen
die Angebote anderer Wettbewerber. Loyalisierung ist ein langwieriger Prozess,
denn er setzt eine permanente Bearbeitung des Kunden voraus. Halten Sie Ihre
Kunden bei Laune. Überraschen und begeistern Sie sie immer wieder – auch
ausserhalb des Daily Business –, statt sie mit stets gleich aussehenden
Newslettern anzuöden. Hand aufs Herz: Selbst die meisten Ehen werden aus
Langeweile geschieden.
Genug der guten Rat-Schläge und Anregungen. B2B-Marketing mag auf den
ersten Blick wenig sexy erscheinen da viel Knochenarbeit dahinter steckt, da es
Erfahrung und den nötigen Background braucht und der Glamourfaktor sowie
der wirtschaftliche Ertrag sich in überschaubaren Grenzen halten. Doch der
Schein trügt: Professionell angepackt, mit viel Herzblut für etwas komplexere
Produkte mit den entsprechenden Abläufen, ist B2B-Marketing eine der
spannendsten Berufungen der Welt, bei der es noch viele versteckte
Erfolgsreserven auszuschöpfen gibt. Helfen Sie mit!
Autor
René Eugster (49) ist seit über 25 Jahren aktiv in der Weiterbildung tätig. Unter
anderem als Inhaber und Dozent beim iQ ManagementCenter. Zudem ist er
Captain und Kreativchef der Agentur am Flughafen AG, der momentan
führenden B2B-Agentur im Raum DACH.
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