Integration durch Sport War das zentrale Thema des 3. Netzwerktreffens für Toleranz Waldeck-Frankenberg, das am gestrigen Abend im Kreishaus durchgeführt wurde. Rund 60 Personen waren der Einladung der Koordinatorin Ursula Müller gefolgt und zeigten damit, dass das Netzwerk mittlerweile gut aufgestellt ist und in breiten Bevölkerungsteilen auf gute Resonanz stößt. Landrat Dr. Reinhard Kubat ging zunächst auf die Ausschreitungen der Hooligans gegen die Salafisten Ende Oktober in Köln ein, wie auch auf den Jahrestag der Aufdeckung der NSUMorde. Flagge zeigen und frühzeitig solchen Entwicklungen entgegen wirken, dies ist die Aufgabe des Netzwerks, das aufgrund eines Kreistagsbeschlusses im vergangenen Jahr ins Leben gerufen wurde. Stärkung der Demokratie- und Toleranzerziehung, interkulturelles und interreligiöses Verständnis fördern, dies sind Ziele, die das Netzwerk verfolgt. Insbesondere die Integrationsförderung nimmt einen wichtigen Bereich der Arbeit ein. Der Landrat bedankte sich für das intensive ehrenamtliche Engagement und die Bereitschaft, sich für diese Themen im Landkreis einzusetzen. Er wünschte der Veranstaltung einen guten Verlauf. Im Anschluss berichtete die Koordinatorin, Ursula Müller, über den Sachstand der Netzwerkarbeit. Insgesamt wurden 12 Steuerungsgruppen-, sowie 25 Arbeitsgruppensitzungen bislang durchgeführt. Verschiedene Produkte sind entstanden, die kostenfrei genutzt werden können: so ist ein Vortrag durch Helge von Horn erstellt worden zum Thema Rechtsextremismus und seiner Ausprägung in Waldeck-Frankenberg, zwei Videos, ein Flyer, eine Homepage befindet sich im Aufbau (www.toleranzwafkb.de), ein Banner sowie zwei Roll Ups. Als Zielgruppen wurden Jugendliche sowie Multiplikatoren, als auch Flüchtlinge und Migranten sowie Multiplikatoren definiert. Zu den Aktivitäten gehören verschiedene Seminare und Workshops an Schulen sowie mit dem Kreisschülerrat, aber auch der Aufbau eines Pools ehrenamtlicher Übersetzer zur Unterstützung von Migranten und Flüchtlingen. Der Landkreis hat an der Interessensbekundung für das neue Programm „Demokratie leben“ teilgenommen. Bei positiver Begutachtung wird dann das Netzwerk durch die Bundesförderung weitergeführt werden können. Der Schwerpunkt der lokalen Aktionspläne wird auf der Demokratieförderung und Beteiligung von jungen Menschen gelegt. Erstmalig führt das Netzwerk eine Multiplikatorenschulung zum Thema Rassismus und Courageförderung durch. Für die ehrenamtlichen Übersetzer sind Schulungen geplant und ein Flyer in der Entwicklung. Insgesamt wurden bislang 14 Projekte gefördert, weitere Projekte befinden sich in der Beantragungsphase. Nach diesem Überblick leitete sie zum Thema „Integration durch Sport“ über. „Integration durch Sport“; so berichtet Peter Schreiber, Bildungsreferent der Sportjugend Hessen, „dieser Prozess ist so alt wie der Sport selbst. Es findet täglich statt, denn der Sport bietet viele Möglichkeiten der Begegnung – beim Training, bei Wettkämpfen und geselligen Aktivitäten der Vereine. Sport spricht alle Sprachen. Die gemeinsamen Erlebnisse von Erfolg und Niederlage können schnell ein Gefühl der Verbundenheit schaffen und bieten Verständigung über alle kulturellen Grenzen hinweg.“ Die Sportjugend Hessen unterstützt Vereine in diesen Bemühungen und finanziert dies über ein Bundesprojekt. Peter Schreiber bietet als Bildungsreferent neben der Beratung auch konkrete Schulungen wie interkulturelles Training an und hat dies bereits auch an der Ederseeschule in zwei Klassen umgesetzt. Unter seiner Mitwirkung sind in verschiedenen Vereinen in ganz Nordhessen zahlreiche Angebote für Migranten und Flüchtlinge entstanden, darunter auch Fußballgruppen für Frauen oder andere geschlechtsspezifische Sportgruppen. Beratend steht Peter Schreiber Vereinen zur Seite, die Flüchtlinge in ihr Angebot einbinden möchten, er unterstützt in der Frage von Spielerpässen und vielem anderen mehr. Christopher Vogel vom Verein Dynamo Windrad aus Kassel stellte zwei unterschiedliche Projekte vor. Dynamo Windrad, der 1200 Mitglieder in 20 Sparten hat, wurde 2011 mit dem hessischen Integrationspreis ausgezeichnet. Der Verein arbeitet eng mit der Caritas in Kassel zusammen, die für die Betreuung der Gemeinschaftsunterkünfte zuständig ist. Die Initialzündung für ein kontinuierliches Angebot gab ein Fußballturnier in einer Unterkunft, das sich an Kinder und Jugendliche, aber auch an Erwachsene richtete. Gemeinsam mit den Ausländerbeiräten und anderen Initiatoren wurde das Turnier ausgerichtet, Ziel war aber von Beginn an, ein dauerhaftes Sportangebot zu implementieren. Dazu wurde ein Antrag beim BAMF gestellt und es entstand ein kombiniertes Sport- und Sprachangebot. Mittlerweile nehmen durchschnittlich 20 Personen unterschiedlichster Nationalität daran teil. Für die Betreuer ist es immer schwierig, mit dem Thema Abschiebung umzugehen. Die Flüchtlinge ergreifen das Angebot gerne, es wirkt sich auf alle Beteiligten sehr positiv aus. Das 2. Projekt, das er vorstellte, heißt Kick rechts weg. Ein Event, der in Kooperation mit den Jugendorganisationen in Kassel jährlich durchgeführt wird. Hier wird Fußball mit Inhalt kombiniert. Ein erfolgreiches Konzept, das vorsieht, dass alle Plätze nach Fairplayregeln ausgespielt werden, die Teilnahme an einem Quiz zu Themen wie Rechtsextremismus und Vielfalt obligatorisch ist und alle Teilnehmende einen Preis erhalten. Das Projekt wird seit Jahren in Kassel durchgeführt. GGf. könnte man noch darauf hinweisen, dass mein Part in einer offenen Fragerunde stattfand und neben Eierdanz und Schäfer auch noch Trainer Müller sowie die Spieler Daniel Fein und die beiden Asylbewerber mit dabei waren. Als praktisches Beispiel, wie Integration in einen Sportverein und kleinen Ort gelingen kann, präsentierte Matthias Schäfer, vom Fachdienst Sport in einer offenen Fragerunde den Sportverein Fürstenberg. Der Vorsitzende Gerhard Eierdanz erzählte von anfänglichen Vorbehalten im Dorf, die durch das Einführen von gemeinsamen Sportveranstaltungen schnell aufgebrochen werden konnte. „Aus Flüchtlingsströmen wurden auf einmal Menschen“, sagt er. Menschen mit Schicksalen, Menschen, die zum Ortsbild dazu gehören, die freundlich grüßen und sich über jede Art der Zuwendung freuen. Stefan Schäfer schilderte die konkreten Angebote, die jetzt schon auf Kinder und Frauen erweitert wurden. Fußballtrainer Müller sowie Spieler Daniel Fein schilderten Ausflüge und gemeinschaftliche Veranstaltungen, die das Angebot abrunden. Die beiden Flüchtlinge Theo Schätte schilderte als letztes Praxisbeispiel sein Projekt „Straßenfußball für Toleranz“. Seit bereits 10 Jahren führt er das Projekt im Kreis durch und hat dies in den letzten Jahren auf verschiedene Schulen ausgeweitet. Das Besondere daran ist, dass im Vorfeld Schiedsrichter ausgebildet werden, die nicht direkt sondern beobachtend das Spiel begleiten. Faktoren wie Toleranz, Fair Play spielen eine genau so große Rolle wie das Fußballspiel selbst. Begeistert und begeisternd zeigte er auf, dass über diese besondere Form des Fußballspiels Verhaltensmuster deutlich gemacht werden können und die Kinder zur Veränderung angeregt werden. In seinem Fazit dankte Fachdienstleiter Jürgen Römer den Referenten für ihre anschaulichen Projektbeiträge sowie den Teilnehmenden am Netzwerktreffen für ihr Engagement. Auch in 2015 soll die Netzwerkarbeit fortgeführt werden. Interessenten wenden sich an die Koordinatorin Ursula Müller, [email protected].