Rede10102013 Schließung der NWLandebahn

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10.10.2013
Flughafen Redebeitrag Ursula auf der Heide
Schließung der NW-Landebahn - jedenfalls bis 2020
Stadtverordnete Ursula auf der Heide, GRÜNE: Frau
Stadtverordnetenvorsteherin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe
Zuhörer!
Zunächst einmal ist festzustellen, dass die letzten Wochen keine guten für die
Lärmbetroffenen in Frankfurt waren. Bei den Wahlen zum Hessischen Landtag
haben sich die Ausbaubefürworterparteien, CDU und SPD, gestärkt
hervorgetan, und heute durfte ich in der Zeitung lesen, dass man in den ersten
Sondierungsgesprächen schon Gemeinsamkeiten gefunden hat, nämlich beim
Verkehr in Sachen Flughafen-Frankfurt und Kassel-Calden.
Der VGH hat die Klagen des Main‑ Kinzig-Kreises und der Stadt Offenbach
hinsichtlich der Flugrouten zurückgewiesen und das EU‑ Parlament hat
vorgestern gegen die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung bei Flugrouten
entschieden. Zwei weitere Studien aus London und Boston weisen ein
signifikant erhöhtes und Lärmdosis abhängiges Risiko für bestimmte
Erkrankungen durch Fluglärm nach. Und was macht das Frankfurter
Stadtparlament? Es debattiert über die völlig unrealistische und deswegen für
mich auch völlig untaugliche Forderung nach Stilllegung der
Nordwestlandebahn, wenigstens bis 2020.
Ich teile die Auffassung von Herrn Dr. Rahn, dass diese Nordwestlandebahn
überflüssig ist, und es ist auch eine verständliche Forderung aufgrund dieses
Hintergrunds von den Lärmbetroffenen in den Frankfurter Bürgerinitiativen.
Solch eine Forderung nach der Stilllegung der Nordwestlandebahn hatte und
hat in seriöser Politik, unserer Meinung nach, aber nichts
verloren.
(Beifall)
Sie ist für wirksamen Lärm- und
Gesundheitsschutz keineswegs hilfreich. Im Gegenteil, sie verstellt den Blick
und die Stoßrichtung für das Machbare, für das, was Lärmschutz bringt und
zusätzlichen Lärm verhindert. Den Bau der Nordwestlandebahn ungeschehen
machen, das ist das, was der Antrag im Grunde fordert. Jetzt tun wir doch
einmal so, als gebe es keine rechtlichen Hindernisse, als gebe es politische
Mehrheiten dafür. Was würde das denn bedeuten? Wegfall des
Nachtflugverbotes und Verlagerung des Lärms wieder zurück auf die
Menschen, die ihn schon seit Jahren hatten? Es kann doch niemand ernsthaft
glauben, bei all dem, was man sich als Sachsenhäuserin dazu persönlich
wünscht, dass es sich diese lärmbetroffenen Bürger und deren Bürgermeister
gefallen lassen, dass so eine Forderung durchgesetzt wird. Mit Zähnen und
Klauen werden sie einfordern, dass diejenigen, die auch die Hauptnutznießer
dieses Ausbaus sind, in Gestalt von Dividenden und Gewerbesteuer, auch
ihren Anteil der Lasten tragen. Das war in den Vorverfahren das Thema,
warum wir hier unser Fett abbekommen haben, und das wird sich jetzt,
nachdem der Widerstand so erstarkt ist, auch nicht ändern lassen.
Da sind wir bei einem grundlegenden Interessen- und Zielkonflikt, der bisher,
meines Erachtens, in diesem Stadtparlament überhaupt noch nicht richtig
angegangen oder vernünftig gelöst wurde. Es gibt mittlerweile eine ganze
Menge Diplomarbeiten und auch schon Dissertationen zu der Frage, wie eine
Kommune, die einerseits beteiligt ist, auf der anderen Seite Aktienanteile in
einer Aktiengesellschaft hat und die drittens im Rahmen der Bauaufsicht
Fachaufsicht ist, mit diesem Konflikt, dass sie gleichzeitig auch für
Gesundheitsschutz der Bevölkerung zu sorgen hat, eigentlich vernünftig
umgeht. Und wir eiern hier mit vielen Anträgen auch darum herum.
Wir haben heute lange über den S‑ Bahn‑ Anschluss Gateway Gardens
diskutiert. Die Ausweisung und Entwicklung von Gateway Gardens als
Gewerbegebiet - da besteht der Zusammenhang mit dem weiteren Ausbau
von Flugkapazitäten, von Landekapazitäten - trägt dabei dem globalen,
strukturellen Wandel von Flughäfen zu multifunktionalen
Dienstleistungsstandorten Rechnung. Mit dem Fliegen, nur dem reinen
Aviationgeschäft, lässt sich heute ein Flughafenbetrieb nicht mehr
wirtschaftlich betreiben. Jedenfalls ist er nicht entwicklungs- und
wettbewerbsfähig, außer mit sehr starken staatlichen Subventionen. Das kennt
man aus anderen Ländern, aber nicht im Wettbewerb. Aufgrund dieser
Entwicklung und der Dynamik, die dadurch erzeugt wird, war es insofern die
folgerichtige Entscheidung für Gateway Gardens. Wenn wir sagen, der
Standort - da habe ich noch keinen Widerspruch in diesem Haus gehört -, der
Flughafen hat seine Berechtigung und soll Entwicklungsmöglichkeiten haben,
dann war das gerade hinsichtlich dieses Gewerbegebietes eine sinnvolle
Maßnahme, insbesondere wo wir innerhalb des Stadtgebietes Frankfurt jeden
Quadratmeter und -kilometer gebrauchen können, um zusätzlichen Wohnraum
zu gewinnen. Wenn sich Firmen in Gateway Gardens ansiedeln, wo sowieso
kein Mensch wohnen kann oder auch keine anderen Ansiedlungen möglich
sind, ist das vielleicht ein recht guter Deal. Insofern ist dieser Teil des
Flughafenausbaus durchaus akzeptabel.
Es sieht aber bei der Nordwestlandebahn völlig anders aus. Wir teilen in
vielem die Einschätzung, die Herr Dr. Rahn heute vorgetragen hat, was die
Notwendigkeit und die Problematik angeht. Die Nordwestlandebahn ist in
vieler Hinsicht - das sagen auch viele externe Raumplaner - die schlechteste
aller denkbaren Varianten gewesen, nur wir haben sie jetzt. Wie ich vorhin
sagte, wir bekommen sie jetzt nicht weg, auch nicht mit einer Stilllegung bis
zum Jahr 2020.
Als ich heute Mittag meinem Mann gesagt habe, ich muss wahrscheinlich
wieder um 23.30 Uhr eine Rede für die Stilllegung der Landebahn bis zum
Jahr 2020 halten, hat er gelacht und gedacht, ich nehme ihn auf den Arm. Ich
habe dann gesagt, doch, so steht das in dem Antrag. Egal, ob es das Jahr
2020 ist, ich sage nicht, dass dieses Design sich sozusagen für alle Zeiten
halten wird. Es wurden viele Punkte genannt und wir wissen auch, wo die
Probleme sind. Nur ist es jetzt keine taugliche Variante, um mit dem
Lärmproblem für die Frankfurter Bevölkerung umzugehen. Die Anträge, die
gestellt wurden - Herr Dr. Rahn, den Vorwurf an die GRÜNEN muss ich
zurückweisen -, sind sämtlich an den Magistrat gerichtet und der hat bei der
Bestimmung von Flugrouten, bei der Verlagerung von Flügen auf die Schiene
überhaupt nichts zu melden. Wie gesagt, das muss man trennen, man muss
schauen, was da zusammengehört.
Herr Kliehm, auch wenn Sie keine Redezeit mehr haben, aber das letzte Mal
beim Thema Terminal 3 zugehört hätten, wüssten Sie, dass Sie wieder einmal
alles wunderbar durcheinandergebracht haben,
Stadtverordnetenversammlung, Magistrat, Bauaufsicht, Fachbehörden und
Aufsichtsrat, eine wunderbare Gemengelage. Das ist nicht einfach, aber
dieses Thema gehört nach Wiesbaden, und wir sind alle sehr gespannt, wie es
weitergeht. Das heute dazu.
(Beifall)
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