So oder ähnlich mag sie geklungen haben, die berühmte Hofkapelle

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Mannheimer Mozartorchester: Dieses
Orchester hat mehr Aufmerksamkeit
verdient
Limburg
So oder ähnlich mag sie geklungen haben, die berühmte Hofkapelle des pfälzischen
Kurfürsten Karl Theodor im Mannheim des 18. Jahrhunderts. Sie gilt bis heute als die Wiege
des modernen sinfonischen Orchesterklangs und die Mitglieder des Mannheimer
Mozartorchesters demonstrierten in der Limburger Stadthalle gekonnt, warum das so ist.
Das Mannheimer Mozartorchester bot in der Limburger Stadthalle großartige Unterhaltung
und wurde mit begeistertem Applaus belohnt
Spritzig, lebendig, kraftvoll, selbstbewusst: All diese Attribute charakterisieren den
Musizierstil des jungen Mannheimer Mozartorchesters, das gleichermaßen mit Virtuosität wie
mit Spielfreude praktizierte, was zu Mozarts Zeit den Orchesterstil revolutionierte. Knackige,
fast mutwillige Akzentuierung, rasante Läufe, die von einer Gruppe zur anderen
weitergereicht werden, hingetupfte Töne, die im Pianissimo verschwinden, um sofort von
einem wuchtigen Forte-Einsatz des Orchesters kontrastiert zu werden. Dazu gesellten sich
feine Bläsercantilenen, Triller und Schleifer der Violinen und ein manchmal regelrecht
perkussiv daher kommender Unterbau
Dass das Orchester wegen einer Erkrankung des Dirigenten Thomas Fey vom Konzertmeister
Benjamin Spillner vom ersten Pult aus geleitet wurde, minderte den Hörgenuss dabei
keineswegs. Die Musiker waren mit größter Aufmerksamkeit in Verbindung und fanden sogar
noch Zeit, sich lächelnd an ihrem Tun zu freuen.
Die kompakte dreisätzige Sinfonie G-Dur KV 129 von Wolfgang Amadeus Mozart … in der
pfiffigen Interpretation der Mannheimer eroberte sie mit ihrem heiter-beschwingten Ton
dennoch schnell die Herzen der Zuhörer.
Ein etwas anderes Kaliber ist da schon die Sinfonie Nr. 83 g-Moll von Jospeh Haydn, wegen
der witzigen Schleifer der Violinen und dem lautmalerischen „Gackern“ der Oboe auch „La
Poule“ genannt. Köstlich, wie die Musiker mit Augenzwinkern und einer gewissen Penetranz
diese Klangeffekte herausstellten. Schwungvoll und mitreißend kam das Werk über die Bühne
und bescherte den Ensemblemitgliedern den begeisterten Schlussapplaus der Besucher.
Im Mittelpunkt des Konzerts standen zwei Kompositionen, bei denen die Klarinette
brillierte… Martin Vogel, Soloklarinettist der Heidelberger Sinfoniker, verstand es, mit
perlenden Läufen und weichem, einschmeichelnden Ton die schönen Klangeigenschaften der
Klarinette ins rechte Licht zu rücken….. das tat er in schönster Zusammenarbeit mit dem
Orchester, das ihn auch ohne Dirigenten präszise und einfühlsam begleitete.
Das war ein heiterer Abend voll schöner musikalischer Eindrücke, den alle genossen. Einziger
Wermutstropfen: Er hätte deutlich mehr Besucher verdient. Wer nicht dabei war, hat etwas
verpasst.
Anneke Jung
Die Köpfe machen die Musik
Mannheim
"Wir wollen die Tragödie umdeuten in eine Chance für die Zukunft." So hieß es vor einem
halben Jahr aus Orchesterkreisen, als deutlich wurde, dass die Heidelberger Sinfoniker und
das Mannheimer Mozartorchester - weitgehend identisch - ihre Zukunft ohne ihren Gründer
und Dirigenten Thomas Fey würden gestalten müssen. Jetzt hat auch in der Christuskirche die
Zukunft begonnen, als das Mozartorchester sein zehnjähriges Bestehen konzertant beging:
unter Leitung von Reinhard Goebel, dem Miterfinder einer "historisch informierten
Spielweise".
Goebel hat sich geändert, vielleicht sogar geläutert. Sein Stil, der nun deutlich kompatibel mit
dem Mozartorchester ist, verlangt nicht mehr quasi ideologische Strenge, sondern betont die
Eigenwertigkeit von Frische der Empfindung: Nicht die Instrumente, sondern die Köpfe
machen die Musik. Natürlich lässt er die Streicher weiter ohne Vibrato spielen und die Hörner
haben keine Ventile. Doch die Artikulation ist präzise und auf Akzente zugespitzt, Dirigat und
Tempi sind straff, das Orchester hat ein spieltechnisches Niveau, das sich lustvoll Vergleichen
stellen kann.
Kurzum, der Hörer freut sich über gewohnte Qualitäten beim Mannheimer Mozartorchester.
Zum Beispiel die Schauspielmusik von Abbé Vogler zur Hamlet-Trgödie, die in dunkelgeschliffener Abgründigkeit auftauchte und als eigenständig-eigenwillige Musik aufbereitet
wurde. Oder die Cannabich-Sinfonie in B-Dur mit kontrastreichem Biss und zielgerichteter
Festlichkeit, oder die Sinfonia concertante von Johann Christian Bach in ihrem zielgerichteten
Dialog von Holz und Tutti. "Con brio" ging es mit Mozarts "Pariser Sinfonie" (KV 297) ab.
Die Selbstsicherheit des jungen Komponisten übertrug sich aufs Orchester. Stolz und
durchlichteter Zauber.
Musikalische Momentaufnahme: Nur ein Flirt mit Goebel oder eine beständige
Liebesbeziehung? B.E.
© Mannheimer Morgen, Mittwoch, 03.02.2016
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