Programmheft Texte

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DIE HEILIGEN DREI KÖNIGE
Mali Wali (dt.: Mutterseelen allein) trad. arabisches Lied
Soltani yeqah (dt.: Tonart des Sultans) trad. aus der Türkei, Komp.: Sami Beeq Weasm
Ayoub
O magi magnifici Erzdiözesan- und Dombibliothek Köln
Saltarello anonym, 14. Jahrhundert
DER LEUCHTENDE STERN
Parlamento Estampie, anonym 14. Jahrhundert
Stella splendens Llibre Vermell, 14. Jahrhundert
Hidschra (dt.: Auswanderung) Komp.: Bassem Hawar
La Manfredina – Rotta anonym, 14. Jahrhundert
PILGER- UND KREUZFAHRERLIEDER
Salterello anonym, 14. Jahrhundert
Reis glorios Alba, Guiraut de Bornelh (tätig um 1162-99)
Hadasa marra (dt.: Es war einmal) Komp.: Bassem Hawar
Ja nuns hons pris Chanson de croisade, Richard Löwenherz (1157-99)
La Rotta di Tristano anonym 14. Jahrhundert
Istanpitta Gaetta Estampie, anonym 14. Jahrhundert
Orientalische und europäische Musik – nicht erst mit dem Einzug des Kaffees in europäische
Salons im 17. Jahrhundert hat sich die europäische Kultur an arabischen Gepflogenheiten
orientiert: durch die Handelswege, die Pilgerwege und die Kreuzzüge u.a. gab es seit jeher
einen regen kulturellen Austausch. Nicht zuletzt zeigt sich dies in der Musik: die Engel im
Binnenchor des Kölner Doms tragen Instrumente mit unter anderem arabischem Einfluss
und bezeugen eine neue Mode im Instrumentenbau des 13. Jahrunderts. Die Musiker des
arabischen und des europäischen Mittelalters schöpften ihr Repertoire aus mündlicher
Überlieferung und waren der Improvisation kundig. Die (meist einstimmige) Musik beider
Kulturen baute sich aus einem System von Modi auf, verschiedene Tongruppierungen, mit
jeweils charakteristischen Melodiefloskeln und zentralen Tönen. In Europa spricht man von
Modi oder Kirchentonarten, in arabischen Ländern und der Türkei sind heute noch die
sogenannten Maqams üblich (s. u.). Mali Wali und Soltany Yeqah sind typische
Kompositionen aus dem Orient, deren Entstehung und Art sich am besten mit „uralte
folkloristische Lieder“ umschreiben lässt.
„Die Könige von Tarsos und den Inseln bringen Geschenke, die Könige von Saba kommen mit
Gaben.“ heißt es in den Psalmen (72,10-15). Die Heiligen Drei Könige sind in Köln nicht nur
durch den Dreikönigsschrein im Dom zu gegen: Messen und Hymnen wurden ihnen zu
Ehren komponiert, wie z. B. die Antiphon O Magi magnifici aus einer Messe zur Translatio
der Hl. Drei Könige (Codedx 263, Erzdiözesan- und Dombibliothek Köln). Ursprung und
Geschichte der Reliquien der Heiligen Drei Könige sind bis ins 12. Jahrhundert nur in
legendarischer Form überliefert. Danach soll die hl. Helena, die Mutter des Kaisers
Konstantin I., auf einer Pilgerfahrt in Palästina um das Jahr 326 die Gebeine der Könige
gefunden und mit sich genommen haben. Nach einer Legende aus dem 12. Jahrhundert soll
Bischof Eustorgius von Mailand († um 350) einige Jahre später die Reliquien als Geschenk
des Kaisers erhalten und persönlich nach seinem Bischofssitz Mailand überführt haben. Nach
der Eroberung Mailands erhielt der damalige Kölner Erzbischof Rainald von Dassel die
Gebeine 1164 als Geschenk von Kaiser Barbarossa. In dem Geschenk des Kaisers drückte
sich auch eine politische Absicht aus: Die Gebeine der sozusagen „ersten christlichen Könige“
sollten dem Reich Barbarossas eine sakrale Rechtfertigung ohne Abhängigkeit vom Papst
verleihen. Am 23. Juli 1164 gelangten die Reliquien nach Köln, wo sie bis heute im Kölner
Dom verehrt werden. 1903 wurde ein Teil der Reliquien an die Mailänder Eustorgius-Kirche
zurückgegeben.
Die Instrumentalisten schöpften ihre Melodien aus dem reichen Fundus bekannter Gesänge,
wie gregorianische Melodien, Messgesänge, Gesänge der Trobadors und Trouvères und
improvisierten darüber alle Arten von Instrumentalmusik. Diese Improvistionen wurden
später von der Schrift kundigen Mönchen niedergeschrieben und dienen den heutigen
Musikern als Orientierung. Eine solche Niederschrift ist das Manuskript London Add. 29987,
einer der wenigen Quellen für Instrumentalmusik aus dem Mittelalter, dem die Estampien
und Saltarelli des Programms entnommen sind. Weitere Instrumentalmusik,
Improvisationen und Arrangements hat das Ensemble Beltatz aus den Kompositionen für
Gesang entwickelt, so wie es im Mittelalter üblich war.
Stella splendens aus dem Llibre Vermell de Montserrat (Katalanisch: Rotes Buch von
Montserrat) ist eines der bekanntesten Pilgerlieder des Mittelalters. Der leuchtende Stern,
die Gottesmutter Maria, wird hier besungen, dem alle Völker folgen – wie damals die
Heiligen Drei Könige aus Saba dem Stern über Bethlehem - und von der frohen Botschaft
verkünden. Das Llibre Vermell ist eine Sammlung spätmittelalterlicher Lieder und
liturgischer Texte. Das Benediktinerkloster auf dem Montserrat war zu dem Zeitpunkt der
Entstehung des Buches ein wichtiger Wallfahrtsort der Marienverehrung. Das Manuskript
aus dem 14. Jahrhundert wird bis heute im Kloster Montserrat bei Barcelona aufbewahrt.
Reis glorios und Ja nuns hons pris sind Lieder der Trobadors, die im Zusammenhang mit
dem 3. Kreuzzug von Richard Löwenherz entstanden sind. Im Gegensatz zu den ersten
Kreuzzügen wurde der dritte weniger aus religiösen Gründen, sondern eher aus
wirtschaftlichem Interesse geführt – es ging dabei um Gewürze und die damit verbundenen
Handelniederlassungen. Reis glorios gehört zu der Gattung der Alba, der Morgenlieder, mit
dem der Wächter in diesem Fall nicht nur die Geliebten vor der Dämmerung warnt, sondern
auch den Ritter auffordert dem Stern des Ostens zu folgen, d. h. sich dem Kreuzzug
anzuschließen. In Ja nuns hons pris kommt Richard Löwenherz selbst zu Wort: der Herzog
von Aquitanien und König von England gerät auf dem Rückweg des Kreuzzugs auf Burg
Trifels in Gefangenschaft. Er fühlt sich von seinen Baronen und Lehnsleuten verraten, die in
der Heimat sowohl gegen ihn intrigieren als auch ihm (zunächst) das Lösegeld verweigern.
Kompositionen von Bassem Hawar zeigen die arabische Musik und die Reflektion
europäischer Kultur in der heutigen Zeit. Neben den bekannten Maqamat kreieren
Komponisten immer wieder neue Modi. Maqam (arabisch ‚Standort‘, Plural Maqamat,
türkisch Makamlar) ist die in der arabischen und türkischen Kunstmusik benutzte
Bezeichnung für den Modus eines Musikstückes, der vor allem durch die ihm zugrunde
liegende heptatonische Tonleiter bzw. Tonart charakterisiert ist. Jedoch gibt es je nach
Maqam eine Reihe weiterer Charakteristiken, darunter die Dominante, die Tonika, der
Bewegungsverlauf der Melodie, typische Melodieanfänge und -endungen. Die einzelnen
Maqamat/Makamlar bringen verschiedene Affekte zum Ausdruck. Die Gesamtzahl der
Maqamat/Makamlar geht in die Hunderte, diese sind bzw. waren aber nicht alle überall und
gleichermaßen gebräuchlich. Außerdem unterscheiden sich arabische Maqamat und
türkische Makamlar mehr oder weniger in ihrem Aufbau.
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