Die Weisen aus dem Osten in Kunst und Brauchtum oder: Wie aus

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Die Weisen aus dem Osten in Kunst und Brauchtum
oder: Wie aus den Gaben auf die Geber gedeutet wurde
Matthäus 2,1-12:
Sterndeuter (magoi > Magier)
aus dem Osten (anatolon (Sonnen-)Aufgang > Anatolien)
Frühe Darstellungen zeigen sie als Perser,
später werden sie verteilt als Vertreter der Lebensalter
oder der Erdteile.
Vielfältig sind die Bezüge ins Erste Testament:
"Die Könige von Tarschisch und den Inseln bringen Geschenke,
die Könige von Saba und Seba kommen mit Gaben." (Psalm 72,10)
Kantate "Sie werden aus Saba alle kommen", Johann Sebastian Bach (BWV 65)
Nach der Gabengeschichte fragt der Bass (Rezitativ):
Was aber bring ich wohl, du Himmelskönig?
Ist dir mein Herz nicht zu wenig,
so nimm es gnädig an,
weil ich nichts Edlers bringen kann.
Später deutet der Tenor die Gaben (Rezitativ):
Des Glaubens Gold, der Weihrauch des Gebets, die Myrrhen der Geduld
sind meine Gaben…
was schliesslich in die (Tenor)Arie mündet:
Nimm mich mir zu eigen hin,
Nimm mein Herze zum Geschenke.
Alles, alles, was ich bin,
was ich rede, tu und denke,
Soll mein Heiland, nur allein
Dir zum Dienst gewidmet sein.
Die Magusch (>Magier) waren ursprünglich ein medischer Stamm, der in
der altiranischen und zoroastrischen Religion priesterliche Funktionen hatte.
Der Stern (astera) bezeichnet im Griechischen immer einen Einzelstern, nie
ein Sternbild.
Mit den "orientalischen Magiern" aus Psalm 72 argumentiert der Kirchenvater Tertullian
(um 160-200) gegen die Abschaffung des Ersten Testaments durch Marcion. Damit
werden die Magier in die Nähe von Königen gerückt. Darstellungen von den Magiern als
Könige sind aber vor dem 10. Jahrhundert noch unbekannt; vom 12. Jahrhundert an
haben die Könige die Magier endgültig verdrängt.
Aus der Dreizahl der Geschenke wurde in der westlichen Kirche die Dreizahl der
Magier/Könige – im Osten hat sich hingegen die Zahl Zwölf eingebürgert.
Aus einer alexandrischen Schrift aus dem fünften Jahrhundert stammen die legendären
Namen:
Kaspar > persisch für "Schatzmeister" (seit den spanischen und orientalischen Kreuzzügen als Mohr gedacht, daher dann auch die Kasperli-Figur!);
Melchior > hebräisch für "König des Lichts";
Balthasar > vom aramäischen Beltsazzar "(Gott) schütze das Leben des Königs".
Irenäus von Lion (geboren um 140) deutet die Gaben auf Jesus als Gott (Weihrauchopfer), König (Gold) und Mensch (Myrrhe, gehörte auch zur Versorgung Verstorbener).
Neben vielen anderen Deutungen ist jene des Franziskaners Niklaus von Lyra (ca. 12701350) am materiellsten und originellsten: Gold zur Behebung der Armut , Weihrauch
gegen üblen Stallgeruch, Myrrhe als "Buschi-Salbe"…
Seit dem frühen vierten Jahrhundert kennt der Osten und Westen das Epiphanie-Fest mit
vier Elementen: Geburt / Taufe / Magier und Hochzeit zu Kana. Später trennt der Westen
die Geburt von Epiphanias (Vorverlegung auf den 25. Dezember). Der Osten konzentriert
darauf die Taufe als Hauptmerkmal der Epiphanie (und blendet die Magier fast völlig aus)
– der Westen erinnert vor allem an die Magier/Könige (aus Christusfest wird gewissermassen
ein Heiligenfest). Und entwickelt dazu vielfältigstes Brauchtum:
Christus mansionem benedicat: Christus segne dieses Haus.
Dreikönigskuchen (Bohnenkönig) und Sternsingen gehen zurück auf kirchliche Dreikönigsspiele,
die im Frankreich des 11. Jahrhunderts aufkamen.
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