Hallo! Dürfen wir uns vorstellen? Wir sind die reformpädagogisch geführte Mehrstufenklasse 4A der VS Andritz. Unsere Klasse besuchen 7 Kinder der 3. Schulstufe und 14 Kinder der 4. Schulstufe. Wir, das sind 7 Mädchen und 14 Buben, haben uns nun entschlossen, mit unseren Klassenlehrerinnen an diesem Projekt teilzunehmen, nachdem wir gerade unser druckfrisches Buch „Lügengeschichten aus Grazhausen“ in Händen halten. Unser Buch, auf das wir sehr stolz sind, haben wir selbst geschrieben und illustriert, ganz im Stile von Baron Münchhausen, der uns dazu inspiriert hat. Jeder und jede von uns hat eine Geschichte beigesteuert. Mit Hilfe unserer Lehrerin Sabine, die die Geschichten getippt hat und mit der Unterstützung von Tristans Mutter, die Druck und Layout des Buches gemanagt hat, ist es uns gelungen, ein richtiges Buch zu veröffentlichen. Ein Präsentationsabend mit Dichterlesung und eine „Vorlesetournee“ durch die Klassen unserer Schule werden unser 4 Jahre dauerndes Leseprojekt beenden. Wir hoffen, damit unsere jüngeren Schulkollegen und Schulkolleginnen für das Lesen zu motivieren und wünschen uns, dass sie vielleicht einmal genauso viel Spaß daran haben werden wie wir. Ja, und wer gut und viel liest, der hat auch einen großen Wortschatz und kann dann auch selbst gute Geschichten schreiben. Aber nun alles der Reihe nach. Unser Projekt begann vor 4 Jahren so: Ziel war es, herauszufinden, ob Volksschüler und Volksschülerinnen durch gutes und sehr früh erworbenes Leseverständnis mehr vom Unterricht haben und mit größerem Spaßfaktor bei der Sache sein können. Es war klar, dass natürlich dem täglichen Lesen viel mehr Zeit eingeräumt und der gesamte Unterricht dahingehend strukturiert werden musste. Unsere Klassenlehrerin Cornelia hatte mit einer ihrer Kolleginnen ein spezielles Konzept zusammengestellt, um Kindern mit möglichst viel Spaß das Lesen schnell und effizient beizubringen. Zu Beginn des ersten Schuljahres musste sie herausfinden, welche Buchstaben wirklich allen Kindern bereits bekannt waren. Das waren 6 Großbuchstaben, mit denen wir zu arbeiten begannen. Mit vielen verschiedenen Spielen festigten wir diese. Danach, meist nach jeweils einer Woche, kam ein weiterer Block mit 4-6 Buchstaben dazu. Das ging immer so weiter, bis die Kleinbuchstaben an der Reihe waren. Unterstützt wurde unser Leselernprozess mit speziell für uns zusammengestellten Leseblättern, dadurch konnten (fast) alle zu Weihnachten des ersten Schuljahres sinnerfassend lesen. Nach nur 22 Leseblättern! Wer nicht so schnell war und mehr Übung und Zeit benötigte (schließlich besuchen auch 4 Kinder mit einer anderen Erstsprache als Deutsch unsere Klasse), der durfte solange wie nötig mit seinen Buchstaben arbeiten, bevor er das nächste Leseblatt mit den neuen Buchstaben begann. Jeder arbeitete in seinem individuellen Lerntempo. Da unsere Klassenlehrerin zu dieser Zeit noch ohne ihre Teamkollegin Sabine mit uns lernte, bildete sie in den Förderstunden „Leseassistenten und Leseassistentinnen“ im Rahmen der Begabungsförderung aus. Diese Kinder waren den anderen dadurch einen Schritt voraus und konnten nun mit ihren Schulkollegen und Schulkolleginnen lesen üben. Es waren dann gleich vier bis fünf Lehrer und Lehrerinnen mehr in der Klasse und wir kamen schnell voran. Jeden Tag lasen wir im offenen Eingang eine halbe Stunde bis Stunde. Alleine, zu zweit oder in Form von Lesespielen im Team. Die einzige Hausübung in dieser Zeit war: LESEN! Zu Weihnachten wünschten wir uns bereits Erstlesebücher und unsere Klassenbibliothek in der Wohnecke war ab nun jeden Morgen stark frequentiert. Mit eigenen Arbeitsblättern und Büchern zum Training des Leseverständnisses arbeiteten wir von nun an auch jeden Tag. Das Schreiben war im ersten halben Jahr bei uns „nur“ Nebensache. Das heißt, wir schrieben schon, aber nur in Blockschrift. Manche begannen schon, kleine Minigeschichten zu verfassen. So wie sie es hörten, also in Lautschrift. Oft konnte man es nur verstehen, wenn man laut las. Das war bereits sehr lustig für uns. Unsere Lehrerin ließ alle Geschichten so, wie wir sie geschrieben hatten. Es wurde noch nichts verbessert. Das war sehr angenehm für uns. Wir beschäftigten uns eingehend mit unserer Sprache, mit Silben, mit Lauten, mit dem Heraushören von Buchstaben. Das alles aber meist ohne Schreiben. Alles war mündlich und in viele Spiele verpackt, was vor allem jenen Kindern zugutekam, die noch nicht so geschickt mit dem Bleistift umgehen konnten. Wir hatten dadurch auch viel mehr Zeit zur Verfügung und es war nie langweilig. In der zweiten Klasse behielten wir das Ritual des morgendlichen Lesens bei. Es war so angenehm und entspannt, in die Schule zu kommen, sich in die Leseecke zu setzen oder es sich auf einem Teppich mit seinem Buch gemütlich zu machen, um zu lesen. Es war immer wunderbar leise in der Klasse und wir hörten dabei unsere entspannende Mozart-CD. Nun waren wir schon so weit, Sachbücher zu lesen und selbst interessante Dinge und Details über die Dinos oder über die Planeten herauszufinden. Wir erzählten uns im Sitzkreis den Inhalt von Büchern, die uns besonders gut gefallen hatten und begannen damit, diese uns auch gegenseitig zu borgen. Zu unserer sehr umfangreichen Klassenbibliothek kam nun auch noch die neu eingerichtete Schulbibliothek dazu, die wir immer wieder besuchten, wenn uns der Lesestoff auszugehen drohte. Sehr interessant waren auch die vielen Bücher, die die Kinder zu den jeweiligen Projekten von zu Hause mit in die Schule brachten. Wir begannen, Referate über die verschiedensten Themen, die uns interessierten, zu halten und lernten dadurch auch, Gelesenes zusammenzufassen und vorzutragen. In der dritten Klasse beschäftigten wir uns jeden Morgen mit unserem „Leseprofi“-Buch. Da musste man sehr genau lesen und mit Köpfchen bei der Sache sein, um die Aufträge ausführen zu können, die dort geschrieben standen. Nichts zu tun haben, das gab es bei uns nicht. Wer in der freien Arbeit mit seinem Arbeitspensum fertig war, der durfte sein Buch weiter lesen, in Sachbüchern schmökern oder Rätsel lösen. Die Geschichten, die wir schrieben, wurden von unseren Lehrerinnen noch immer weitestgehend in Ruhe gelassen. Das Feedback, das wir bekamen, bezog sich in erster Linie auf den Inhalt. Wir lernten Skelettsätze auszubauen und in lebendige Sätze zu verwandeln. Wir begannen, uns unsere Geschichten vorzulesen und gaben uns gegenseitig Rückmeldungen, was uns gut gefallen hatte. Den meisten Kindern war es immer sehr wichtig, dass ihre Geschichten vorgelesen wurden. Bei den Textaufgaben in Mathematik war unser gutes Leseverständnis nun auch bereits sehr hilfreich, ebenfalls bei verschiedensten Arbeitsaufträgen in unseren Lernunterlagen. „Was soll ich denn da tun?“ war nämlich genau die Frage, die nur im „Notfall“ beantwortet wurde. Da musste man schon eine konkretere Frage formulieren können. Eventuelles „Nicht-genaulesen-wollen“ wurde und wird von unseren Lehrerinnen nämlich nicht unterstützt. Die Anstrengung lohnte sich: Nun sind wir in der 4. Klasse. Wir sind sehr selbständig und auch in der Lage, uns gegenseitig zu unterstützen, ohne Lösungen vorwegzunehmen. Unser morgendliches Lesen gehört natürlich auch dieses Jahr zum täglichen Ritual wie das Zähneputzen. Nur die Themen haben sich etwas verändert. Statt „ Leseprofi“ ist heuer passende Kinderliteratur unser Schwerpunkt. Jeden Tag können wir unser gewähltes Buch weiterlesen und die meisten Kinder können schon von einer stattlichen Anzahl in der Schule gelesener Bücher berichten. Viele von uns sind richtige „Bücherfresser“ geworden und unsere Lehrerinnen und Eltern kommen mit dem „Füttern“ kaum nach. Durch das Viellesen fällt uns das Formulieren bei unseren Geschichten immer leichter und das Schreiben geht immer schneller von der Hand. Die Viertklässler in unserer Klasse haben sich zu richtigen Vielschreibern entwickelt, was unseren Lehrerinnen bei der Korrektur der Schularbeiten mächtig viel Arbeit, aber nach deren Aussage, auch viel Spaß bereitet. Nun geht’s für uns in die Zielgerade! Wir verstehen, was wir lesen und wir haben (noch immer) Spaß daran. Gemeinsam haben wir heuer im ersten Halbjahr MOMO von Michael Ende gelesen. Momentan sind wir im Harry Potter - Fieber. Band 1 lesen wir gemeinsam, aber manche von uns haben schon etliche Bände davon verschlungen. Unser Leseprojekt wurde heuer auch noch durch den Besuch der Buchbinderei in der Landesbibliothek abgerundet. Schließlich müssen wir Buchautoren ja wissen, wie so ein Buch gebunden wird, oder? Haben wir unser Ziel erreicht? Wir meinen: JA! PS.: So viele Bücher hat die 4A in den letzten 4 Jahren (bis jetzt) ungefähr gelesen: 910 Die Dunkelziffer liegt weit höher! Das macht in Seiten laut Hochrechnung ungefähr: 159460 Das könnten in kg ungefähr sein: 173 Unser Buch senden wir Ihnen natürlich zu! Mit lieben Grüßen Die Mehrstufenklasse 4A mit ihren Lehrerinnen Sabine Lienbacher & Cornelia Leitner-Linke