1852/AB-BR BR Eingelangt am: 20.11.2002 Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2020/J-BR/2002 betreffend neuerliche Bedrohung durch SPÖ-Bildungspolitik, Abschaffung der Sommerferien, “Lehrer verdienen zu viel", die die Bundesräte Mag. Gerhard Tusek, Kolleginnen und Kollegen am 1. Oktober 2002 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet: Zunächst ist festzuhalten, dass bei allen Überlegungen im Bereich von Schulzeit und Frei- und Ferienzeiten die pädagogischen Erfordernisse für einen bestmöglichen Lernertrag der Kinder und Jugendlichen im Zentrum stehen müssen. Ad 1. Kinder und Jugendliche brauchen Erholungszeiträume zwischen längerfristigen Lern- und Arbeitsphasen, im höheren Schulwesen - vor allem in den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen - werden die Ferienzeiten darüber hinaus für den Erwerb von Berufspraxis benötigt, so dass hier keinesfalls mit 5 Wochen das Auslangen gefunden werden könnte. Ad 2.: Die Behauptung, dass Lehrerinnen und Lehrer nur 10 Monate im Jahr eine Arbeitsleistung erbringen, ist falsch. Die OECD-Studie hat gezeigt, dass die österreichischen Lehrerinnen und Lehrer die dritthöchste Jahresarbeitszeit aller untersuchten Staaten, EU-Länder und andere Industriestaaten, erreichen. Dabei handelt es sich bei den nationalen Werten nicht nur um ein Ergebnis der Lehrerstudie 2000, sondern im Landeslehrerdienstrechtsgesetz 2001 wurde die Jahresarbeitszeit in Form einer zu erbringenden Jahresnorm mit 1792 (bzw. 1776, je nach Zusammenfallen von gesetzlichen Feiertagen und Sonntagen) festgelegt. Ad. 3.: Wie bereits zu Frage 1 dargestellt, hätte eine solche Kürzung der Frei- und Erholungzeiten negative pädagogische Auswirkungen. Die österreichischen Schülerinnen und Schüler erhalten bereits derzeit mehr Unterrichtsstunden als die Schüler in nahezu allen anderen OECD-Staaten; eine weitere Erhöhung wäre nicht vertretbar. Ad. 4.: Eine Reduktion der Ferienzeiten auf 5 Wochen wäre de facto eine Erhöhung der Arbeitszeit der Lehrerinnen und Lehrer, die zur Folge hätte, dass Lehrerinnen und Lehrer rund 10 % mehr Arbeitszeit zu leisten hätten als alle anderen Dienstnehmer in Österreich; der Vorschlag bedeutet somit die Forderung nach einer zehnprozentigen Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung. Ad. 5.: Für die Eltern schulpflichtiger Kinder bedeutet dies, dass deren Urlaubsplanung auf eine im Schulzeitgesetz geregelte 5-Wochen-Frist eingeschränkt wird. Die erzieherischen Auswirkungen durch die Überlastung der Kinder, vor allem bei Kindern im Pflichtschulalter, sind nicht vorhersehbar, da ein solches Modell in keinem europäischen Land besteht. Ad. 6.: Theoretisch sind diese Vorschläge umsetzbar, sie bedeuten aber massive Einschnitte in die gesamte österreichische Schulorganisation und in die Gesellschaft. Die Folgen sind in ihrer gesamten Bandbreite nicht abschätzbar, z.B. inwieweit sich eine Ballung der Urlaube auf wenige Wochen auf die Preise im Tourismus auswirken, kann nicht abgeschätzt werden. Bei einer Umfrage der Eltemverbände hat sich gezeigt, dass die Eltern mit über 80 % mit der derzeitigen Regelung zufrieden sind, eine Änderung wäre daher nur gegen den Widerstand der Schulpartner umzusetzen. Die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung um rund 10 % würde mit hoher Wahrscheinlichkeit zu verstärktem Auftreten von Berufserkrankungen bei Lehrerinnen und Lehrern fuhren (Stimmbandschädigungen, die bereits derzeit den größten Teil der berufsbedingten Erkrankungen ausmachen, wie eine arbeitsmedizinische Untersuchung gezeigt hat, an zweiter Stelle stehen Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates). Im Bereich der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen wäre eine solche Änderung mit dem Ende der praxisbezogenen, partnerschaftlichen Ausbildung mit der Wirtschaft, verbunden.