Seminaren 4

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Neuropsych. sem. 4
PTE ÁOK Pszichiátriai Klinika
Alkohol- und Sunstanzabhängigkeit
Mit der Einnahme von psychotropen Substanzen wird
versucht, unterschiedliche Aspekte von Stimmung,
Bewusstsein, Aufmerksamkeit und Denken gezielt zu
verändern.
Je nach Substanz, Dosis, Dauer und Kontinuität des
Konsums einerseits und individueller Vulnerabilität
andererseits ist immer auch mit unerwünschten Wirkungen
zu rechnen.
Diese Änderungen sind jedoch der Introspektion nur
teilweise zugänglich und vom Individuum kaum
differenziert zu beschreiben. Beeinträchtigungen kognitiver
Funktionen sind dabei von zentraler Bedeutung, da sie für
die Selbststeuerung und die Bewältigung von
Lebensaufgaben entscheidend sind.
Die neuropsychologische Forschung hat die anspruchsvolle
Aufgabe, Art und Ausmaß solcher Beeinträchtigungen, die
Risikofaktoren für das Auftreten von kognitiven
Beeinträchtigungen und schließlich deren Auswirkungen
auf den Lebensvollzug aufzuklären.
Kognitive Beeinträchtigungen als Folge des
Konsums psychotroper Substanzen
Das diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen DSMIV, unterscheidet den Missbrauch einer Substanz und die Abhängigkeit
von einer Substanz.
Die Symptome beider Störungen beschreiben Veränderungen im
Konsumverhalten, im Erleben der Konsumwirkungen und in den
psychischen und sozialen Folgen des Konsums für das Individuum.
Im Fall der Abhängigkeit wird der Konsum einer Substanz und die
Bewältigung der Folgen des Konsums für das Individuum vorrangig
und schränkt andere Interessen und Aktivitäten so ein, dass langfristig
die gesamte Lebensweise auf Erwerb und Konsum der Substanz
ausgerichtet ist. Zeichen einer körperlichen Abhängigkeit sind nicht
notwendig für die Diagnose einer Abhängigkeit.
Mit den kritischen Änderungen im Erleben und Verhalten im Verlauf einer
Abhängigkeitsentwicklung gehen quantitative und qualitative
Veränderungen zentralnervöser Reaktionen auf die Substanz und auf
konsumassoziierte Reize einher, die auch durch bildgebende Verfahren
dargestellt werden können.
Die Gruppe der substanzinduzierten Störungen
Symptome bei akuter Substanzeinwirkung, nach Absetzen einer
kontinuierlich genommenen Substanz sowie nach Langzeitkonsum.
Für alle hierunter aufgeführten Störungen sind gravierende
vorübergehende oder andauernde Beeinträchtigungen kognitiver
Funktionen zentral.
Intoxikationssymptome mit Beeinträchtigung kognitiver Funktionen treten
bei allen aufgeführten Substanzen außer Nikotin auf.
Entzugssymptome mit einer Verminderung kognitiver Leistungen sind zu
erwarten bei: Alkohol, Amphetamin, Kokain,Nikotin,Opiaten und
Anxiolytika.
Delire und psychotische Störungen können bei allen Substanzen unter
Intoxikation auftreten, mit Ausnahme von Nikotin und Koffein. Bei
Alkohol und der Gruppe der hypnotisch, sedierend und anxiolytisch
wirkenden Substanzen können Delire und psychotische Störungen
auch im Entzug auftreten.
Bei diesen beiden Substanzgruppen sind auch persistierende
amnestische Störungen und Demenzen als mögliche
substanzinduzierte Störungen angegeben.
Persistierende substanzinduzierte amnestische
Störung: Das Korsakoff-Syndrom
Klinisches Bild
Es wurde erstmalig in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von
Korsakoff und Lawson unabhängig voneinander als ein Syndrom
beschrieben, bei dem das Gedächtnis stark beeinträchtigt war,
während andere kognitive Funktionen intakt blieben. Die Betroffenen
erfüllen die Kriterien der Alkoholabhängigkeit und sind meist über 40
Jahre alt. Die Störung ist normalerweise persistierend, die
Beeinträchtigung ist gewöhnlich schwer und kann eine lebenslange
Betreuung notwendig machen.
Kennzeichen sind also eine Störung des Erlernens neuer Informationen in
Verbindung mit einer retrograden Gedächtnisstörung, während
Aufmerksamkeit und andere kognitive Leistungen vergleichsweise
unbeeinträchtigt sind.
Konfabulationen kommen vor als Versuch, fehlende Gedächtnisinhalte zu
konstruieren.
Die Ursache sind Hirnläsionen in Folge eines Thiaminmangels (Vitamin
B1) in der Ernährung.
Neuropsychologische Befunde I
Das neuropsychologisch herausragende Merkmal des Syndroms ist die
ausgeprägte anterograde und retrograde Gedächtnisstörung. Das
Muster der Gedächtnisstörung beim Korsakoff-Syndrom: Lernen ist
massiv beeinträchtigt, ebenso die Erinnerung an zurückliegende
Ereignisse. Die retrograde Amnesie geht dabei über den Beginn der
Erkrankung hinaus, betrifft also nicht nur jene Zeiten, in denen
aufgrund der anterograden Störung keine Einprägungen mehr
stattfanden..
Zwar wird das Korsakoff-Syndrom über die Ausprägung der
amnestischen Beeinträchtigung bei relativ intakter Intelligenzleistung
operationalisiert, meist schneiden jedoch Korsakoff-Patienten beim
Vergleich mit gesunden Kontrollen oder nicht amnestisch gestörten
alkoholabhängigen Patienten im Intelligenzvergleich schlechter ab als
die Vergleichsgruppen.
»Memory of object locations in Korsakoffs amnesia«
Schlussfolgerungen: Erwartungskonform zeigen Patienten mit
Korsakoff-Syndrom massive Defizite in der Erinnerung des räumlichen
Kontextes. Entgegen der Erwartung betrifft dieses Defizit jedoch alle
drei hier experimentell differenzierten Aspekte des
Kontextgedächtnisses.
Neuropathologisch lassen sie sich durch Läsionen im Dienzephalon und
den Mammillarkörpern, möglicherweise auch mit
Funktionsbeeinträchtigungen im Parietalkortex erklären.
Neuropsychologische Befunde II
Insbesondere in Tests, die Beeinträchtigungen exekutiver Funktionen prüfen
sollen, wie der »Wisconsin Card Sorting Test« (WCST), wurden konsistent
Minderleistungen von Patienten mit Korsakoff-Syndrom berichtet.
Das Muster erhaltener und beeinträchtigter Gedächtnisfunktionen war
Gegenstand vieler Untersuchungen. Diesen lagen meist Konzeptionen des
Gedächtnisses zugrunde, bei denen zwischen drei Gedächtniskomponenten
unterschieden wird:
sensorisches, modalitätsspezifisches Gedächtnis,
primäres Arbeitsgedächtnis und sekundäres Langzeitgedächtnis.
Im sekundären Gedächtnis lassen sich weiter unterscheiden
-explizites Gedächtnis (Konzepte, Sprache) und
-implizites Gedächtnis (Fertigkeiten, Assoziationseffekte).
Das explizite Gedächtnis wird darüber hinaus unterteilt in
semantischen Speicher (Faktenwissen) und episodischen Speicher
(Erinnerungen)
Dahinter stand die Frage, ob die Gedächtnisbeeinträchtigung auf eine Störung der
initialen Enkodierung von Information im Kurzzeitgedächtnis vor dem
Transfer in das Langzeitgedächtnis zurückgeht oder ob der Abruf von
Gedächtnisinhalten beeinträchtigt ist.
Ein unbeeinträchtigtes Arbeitsgedächtnis spräche eher für Abrufprobleme,
eine Störung des Arbeitsgedächtnisses eher für Enkodierungsprobleme.
Verbalen wie nonverbalen Span-Tests zufolge ist das Arbeitsgedächtnis
tatsächlich wenig beeinträchtigt.
Beeinträchtigungen verschiedener
Gedächtniskomponenten
Die »explizite« Komponente des Sekundärgedächtnisses umfasst jene
Gedächtnisinhalte, die bewusst sind bzw. bewusst gemacht werden können.
Per definitionem ist diese Komponente bei Patienten mit Korsakoff-Syndrom
massiv beeinträchtigt. Es erscheint plausibel, dass dieses Defizit von einer
Dysfunktion der Konsolidierungsmechanismen herrührt.
Das implizite Gedächtnis umfasst Lernprozesse, die nicht bewusst sind bzw.
bewusst gesteuert werden. Dazu gehören einfache Konditionierungsaufgaben,
perzeptuell-motorische Fertigkeiten (prozedurales Gedächtnis) und Primingeffekte, bei denen eine Reaktion auf einen Reiz durch einen vorangegangenen
Hinweisreiz erleichtert wird. In solchen Aufgaben sind Patienten mit KorsakoffSyndrom meist nicht beeinträchtigt. Diese Befunde weisen auf ein implizites
Gedächtnissystem hin, das auch bei amnestischen Störungen erhalten bleibt.
Auch affektive Reaktionen und Bewertungen bleiben bei Patienten mit
Korsakoff-Syndrom erhalten.
Der Konglomeratbegriff des semantischen Gedächtnisses bezieht sich auf
Kenntnisse der Sprache und von Konzepten sowie gut eingeübte Fakten, die
sämtlich ohne die Erinnerung an bestimmte Episoden oder Kontexte abrufbar
sind. Im Allgemeinen ist das semantische Gedächtnis bei Patienten mit
Korsakoff-Syndrom besser erhalten als z.B. bei Patienten mit einer Demenz.
Patienten mit Korsakoff-Syndrom sind jedoch immer dann beeinträchtigt, wenn
der Abruf aus dem semantischen Gedächtnis unter Zeitdruck erfolgt, wie z.B.
in Wortflüssigkeitsaufgaben.
Neuropathologische Befunde
Das Korsakoff-Syndrom folgt oft auf eine akute Episode einer WernickeEnzephalopathie. Symptome dieser neurologischen Erkrankung sind u. a.
Störungen der Augenbewegungen (Blicklähmungen, Nystagmus), Ataxie und
Verwirrtheit.
Die charakteristischen pathologischen Kennzeichen des Korsakoff-Syndroms
sind im paraventrikulären und im periaquäduktalen Grau lokalisierbar.
Läsionen im Thalamus und den Mamillarkörpern verursachen die
Gedächtnisstörung. Es ist jedoch nicht völlig geklärt, welche Bedeutung dabei
dem Thalamus und den Mamillarkörpern zukommt, ob der anteriore oder der
dorsomediale Thalamus entscheidend ist und auf welche Weise die Interaktion
zwischen dem Dienzephalon, dem Hippokampus und dem basalen Vorderhirn
bei den berichteten Gedächtnisstörungen verändert ist. In neueren
Untersuchungen wird die Bedeutung der Verbindungen zwischen
Mamillarköpern, dem mamillothalamischen Trakt und dem anterioren Thalamus
betont. Ein weiterer häufiger Autopsiebefund bei Patienten mit KorsakoffSyndrom, eine ausgeprägte frontale Atrophie, wurde in bildgebenden
Verfahren bestätigt.
Thiaminmangel allein zu amnestischen Störungen und spezifischen Läsionen
führt. Der neurotoxische Effekt von Alkohol, der unabhängig von den
Thiaminmangel-effekten zu kognitiven Störungen führt, kann sich jedoch mit
dem Bild der Gedächtnisstörung überlagern. Unklar ist jedoch immer noch,
warum manche Menschen besonders empfindlich auf Thiaminmangel
reagieren und auf welche Weise Thiaminmangel die genannten
charakteristischen, eng lokalisierten Läsionen erzeugt.
Das Ausmaß kognitiver Beeinträchtigungen
alkoholabhängiger Patienten
Testpsychologische Befunde
Anfänglich wurden überwiegend Intelligenztests und andere globale
Verfahren verwendet In den letzten Jahren sind Prüfungen exekutiver
Funktionen und experimentelle Verfahren zur Differenzierung einzelner
Prozesse hinzugekommen
Eine tabellarische Zusammenfassung von Knight und Longmore (1994).
Eine bedeutsame Abnahme der in Intelligenztests geprüften
Leistungen ist außer Zweifel und auch, dass die Minderleistungen im
Handlungsteil ausgeprägter sind als im Verbalteil.
In der Metaanalyse von Knight und Longmore (1994) wurde bei einem Teil
der Studien eine Subanalyse für die 11 WAIS-Subtests durchgeführt.
Wenig beeinträchtigt erschienen alkoholabhängige Patienten in den
Untertests Wortschatz, allgemeines Wissen und Gemeinsamkeiten
finden. Stark beeinträchtigt waren die Patienten dagegen im
Mosaiktest, im Zahlensymboltest und im Figurenlegen.
Die differenziellen Beeinträchtigungen der alkoholabhängigen Patienten
in den elf Untertests der WAIS sind aber nicht als spezifisches Profil zu
interpretieren, sondern spiegeln lediglich die unterschiedliche
Sensitivität der Untertests wider. Dafür spricht auch, dass diverse
hirnorganisch beeinträchtigte Gruppen im Vergleich zu Gesunden bei
den hier sensitiven nonverbalen Tests auch besonders schlecht
abschneiden
a
Dimensionen der kognitiven Beeinträchtigung
alkoholabhängiger Patienten
Sorgfältig durchgeführte Vergleiche zwischen Alkoholabhängigen und
Gesunden stammen aus der Arbeitsgruppe von Parsons. Dieser Befund
steht im Gegensatz zu früheren Studien, in denen der Bereich verbaler
Leistungen durchwegs als wenig beeinträchtigt behandelt worden war.
Parsons (1998) interpretiert die Befunde als Hinweis auf diffuse, nicht
lokalisierbare Effekte chronisch überhöhten Alkoholkonsums.
Die Zusammenfassung der Einzeltests nach der Zugehörigkeit zu einer der vier
Dimensionen erlaubt eine differenziertere Darstellung der Defizite
alkoholabhängiger Patienten als die Einteilung in Verbal- und
Handlungstests aus den Intelligenztests.
So entsprechen dem Faktor »verbale Leistungen« Funktionen die eher
linkshemisphärisch lokalisiert werden. Dem Faktor »visuellräumliche
Leistungen« sind eher rechtshemisphärisch lokalisierbare Funktionen
zugeordnet.
Aus diesen Gründen sind die vier von Parsons et al. ermittelten Dimensionen
auch für nachfolgende Arbeiten richtungsweisend geworden.
Beeinträchtigungen spezifischer Funktionsbereiche
Die aus herkömmlichen Leistungstestbatterien gewonnenen Befunde machen
zwar das Ausmaß der kognitiven Beeinträchtigung deutlich, sie geben
jedoch keine Hinweise auf spezifische Störungen Alkoholabhängiger.
Im Folgenden werden Befunde dargestellt, die den Eindruck diffuser
Leistungsveränderungen bei Alkoholabhängigen differenzieren.
In der Studie von Mann et al. (1999) wurden Beeinträchtigungen im verbalen
wie im nichtverbalen Bereich festgestellt. Bemerkenswert ist, dass der
Benton-Test nicht unterschiedlich für die beiden Gruppen ausfiel, obwohl
dieser Test von Praktikern häufig eingesetzt wird, um hirnorganische
Beeinträchtigungen nachzuweisen.
Während die in der Metaanalyse zusammengefassten Arbeiten den
Gedächtnisbereich eher sporadisch prüfen, wurde in dieser Studie die
Gedächtnisleistung mit zwei verschiedenen Verfahren, einem Subtest der
WMS und dem AVLT geprüft. Durch den direkten Vergleich dieser beiden
Verfahren kann erstmalig aufgeklärt werden, warum in älteren Arbeiten keine
oder nur geringe Gedächtnisprobleme auffindbar waren. Gerade durch das
Fehlen einer logischen Verbindung zwischen den zu erinnernden Elementen
fällt alkoholabhängigen Personen das Enkodieren bzw. der Abruf schwer.
Lokalisierbarkeit von Defiziten
Die in früheren Untersuchungen auffällige Beeinträchtigung räumlichperzeptueller Leistungen bei insbesondere rechtshemisphärisch lokalisierte
Funktionen beeinträchtigt ist.
Nach Parsons (1998) sind die Befunde am besten mit der Hypothese einer
globalen und diffusen Schädigung des Gehirnes vereinbar. Eine Übersicht
über neuropsychologische, hirnmorphologische und hirnfunktionelle
Veränderungen bei Alkoholabhängigen legt jedoch nahe, dass die
Unterschiede zwischen Alkoholabhängigen und Gesunden besonders
deutlich in solchen neuropsychologischen Testverfahren ausfallen, die auch
auf Schädigungen des Frontalhirns ansprechen, In neueren Studien wird
hierfür häufig der WCST verwendet. Bei einer Gruppe von männlichen
Alkoholabhängigen fanden sich schlechtere Leistungen im WCST und dem
»Halstead Reitan Category Test«, die mit entsprechenden Veränderungen
des Stoffwechsels in der medialen frontalen Region einhergingen. Diese
Unterschiede zwischen den Gruppen waren nicht auf Unterschiede in
anderen Leistungsbereichen zurückzuführen.
In der Zusammenschau mit den später zu berichtenden Befunden zu
Änderungen der Hirnmorphologie und -funktion scheint es gegenwärtig
deshalb plausibel, zumindest einen Teil der Varianz der Testleistungen
Alkoholabhängiger auf Beeinträchtigung exekutiver Funktionen und somit
frontal lokalisierbarer Funktionen zurückzuführen.
Risikofaktoren für kognitive Beeinträchtigungen
Alkohol und sein Metabolit Azetaldehyd wirken neurotoxisch, sodass
Zusammenhänge zwischen Art oder Schwere der kognitiven Beeinträchtigung
und der Dauer und Menge des Konsums zu erwarten sind.
Ein wichtiger Einflussfaktor auf die Testleistung ist die Dauer der Abstinenz
vor der Testung, und das Ausmaß der Depressivität zum Zeitpunkt der
Testung.
Kognitive Beeinträchtigungen und vorausgegangener Alkoholkonsum. Bei Mann
et al. (2001) ergab sich z.B. ein Zusammenhang von r = -o.32 zwischen der
Dauer der Abhängigkeit und der Leistung bei der Prüfung der räumlichen
Vorstellung.
Angewandte Tests:
exekutive Funktionen (z.B. WCST; dorso-lateraler präfrontaler Kortex),
kurzzeitgedächtnis/Produktion (z.B. Brown-Peterson-Distractor-Test,
Wortflüssigkeit; orbitofrontaler Kortex),
deklaratives Gedächtnis (z.B.Verzögerte Wiedergabe,medialer
Temporallappen, Dienzephalon)
visuell-räumliche Leistungen (z.B. Rey-Osterrieth-Figur; parietale und
okzipitale Hirnregionen),
Gang/Gleichgewicht (z.B. Ataxietest; Kleinhirnoberwurmwindung) und
Funktion der oberen Extremitäten (z. B. Griffstärke; Basalganglien oder
präzentraler Gy-rus).
Schlussfolgerungen: Vier Wochen nach der Entgiftung: Ca. 90% der Patienten
hatten niedrigere Werte im Bereich exekutive Funktionen als der Mittelwert der
Gesunden. Die Defizite sind nicht systematisch lateralisiert. Das Defizitmuster
legt nahe, dass mindestens ein zerebellär-pontin-präfrontales System und ein
präfrontal-parietal-kortikales System gestört sind.
Restitution der kognitiven Beeinträchtigungen
Bilden sich die dargestellten kognitiven Defizite bei alkoholabhängigen
Patienten in der Abstinenz zurück und wie lange benötigt diese
Rückbildung?
Die Rückbildung kognitiver Defizite gleich welcher Genese ist bei älteren
Patienten langwieriger und häufiger unvollständig. Dies scheint auch
für die Restitution der kognitiven Defizite alkoholabhängiger Patienten
zu gelten. Die auch nach sechsmonatiger Abstinenz nicht
rückgebildeten kognitiven Beeinträchtigungen sind also überwiegend
dem Bereich Gedächtnis und exekutive Funktionen zuzurepersistieren.
Eine allgemeine Übungseffekt galt insbesondere für Bereiche mit
komplexeren Anforderungen (Abstraktion und kognitive Flexibilität,
Problemlösen, Lernen und Gedächtnis), nicht aber für die einfachen
Fertigkeiten der Bereiche Aufmerksamkeit bzw. Konzentration und
Sensumotorik.
Die Befunde legen nahe, dass bestimmte kognitive Leistungsbereiche
durch die toxischen Effekte des Alkohols mit zunehmendem Alter
stärker beeinträchtigt werden. Entsprechend länger braucht die
Restitution der beeinträchtigten Fertigkeiten. Auch bei traumatischer
Hirnschädigung sind kognitive Leistungseinbußen bei älteren
Patienten (>50 Jahre) schwerer, ebenso stagniert die Restitution bei
diesen Patienten eher als bei jüngeren Patienten
Strukturelle Veränderungen des Gehirnes
Ein geringeres Gehirnvolumen,die Schrumpfung der weißen Substanz der
zerebralen Hemisphären, im präfrontalen Bereich. Korreliert mit Maßen der
Menge und Dauer des Alkoholkonsums und ist unter Abstinenz weitgehend
reversibel
Dehydrierung - Nach Mann et al. (1999) liegen der Volumenminderung potenziell
reversible strukturelle Veränderungen zugrunde, vermutet werden subtile
strukturelle Veränderungen der Myelinisierung.
Neuropathologische Studien belegen einen Verlust insbesondere frontaler
kortikaler Neuronen und Dendriten. Strukturelle Veränderungen im
Zwischenhirn setzen einen spezifischen, durch Thiaminmangel bedingten
Krankheitsprozess voraus. Die eher unspezifischen Veränderungen des
Hirnvolumens und der Neuronen- und Dendritendichte, die allen drei Gruppen
gemeinsam sind, scheinen dagegen direkt auf die Neurotoxizität von Alkohol
zurückzugehen. Die axonale Degeneration in der Folge solcher Neuronenverluste in kortikalen oder subkortikalen Regionen zieht bleibende
Volumenreduktionen der weißen Substanz nach sich. Die hirnstrukturellen
Veränderungen scheinen den kognitiven Veränderungen vorauszugehen.
Nach verschiedenen Befunden wäre das weibliche Gehirn sensitiver gegenüber
den neurotoxischen Effekten von Alkohol. Eine einfache Aussage, dass
weibliche Gehirne empfindlicher auf Alkohol reagieren als männliche, wird
durch die Befunde von Pfefferbaum et al. (2001) nicht gestützt.
Der Einfluss kognitiver Beeinträchtigungen auf den
Therapieerfolg
Die vielfachen kognitiven Defizite wirken hinderlich auf die während der Therapie
zu leistenden Umstellungen aus. Meist berücksichtigen Therapieprogramme
die vielfältigen subklinischen kognitiven Defizite alkoholabhängiger Patienten
nicht. (Screening-Verfahren für kognitive Defizite, gezielt Hilfen für Patienten
mit solchen Defiziten, Module zur kognitiven Remediation)
Neuropsychologische Befunde sind insbesondere dann informativ, wenn sie nicht
bzgl. ihres direkten Beitrags zum Outcome, sondern im Zusammenwirken mit
weiteren intrapersonalen und Umgebungsfaktoren gewertet werden.
Formal sind drei Grundformen des Zusammenwirkens kognitiver
Beeinträchtigungen mit anderen Faktoren zu unterscheiden: als Mediator, als
Risikofaktor oder als Moderator
Patienten mit schlechten Testleistungen in verschiedenen Leistungsbereichen
haben anscheinend größere Schwierigkeiten, Fertigkeiten zu erwerben, die für
Abstinenz und psychosoziale Anpassung nach der Behandlung wichtig sind.
Dies gilt für die Erinnerung an therapierelevante Informationen, das Erlernen
von sozialer Kompetenz beim Ablehnen von Einladungen und das Engagement
in der Gruppentherapie.Das Leugnen alkoholbedingter Probleme könnte durch
kognitive Defizite mitbestimmt sein.
Solche Befunde sprechen dafür, dass kognitive Beeinträchtigungen den Erfolg
einer Behandlung mitbestimmen. Demnach profitieren beeinträchtigte
Patienten mehr von stationärer als von ambulanter Therapie und mehr von
einer stützenden Gruppentherapie als von einem »Coping Skills Training«
Rehabilitationansätze bei kognitiven
Beeinträchtigungen alkoholabhängiger Patienten
zwei Ansätze; die als restitutiv und als kontextbezogen bezeichnet werden
können Systematische Untersuchungen mit alkoholabhängigen
Patienten wurden jedoch fast ausschließlich mit dem restitutiven
Ansatz gemacht, in dem beeinträchtigte Funktionsbereiche durch das
Training spezifischer Funktionen verbessert werden sollen. Dies
geschieht anhand von Aufgaben und Übungen, für deren Erledigung
exekutive Funktionen, Aufmerksamkeit oder Gedächtnisfunktionen
benötigt werden.
Die Verbesserungen in den trainierten Funktionen hängen von der
neuronalen Plastizität ab und in dem Maße fortschreiten, wie der
Umbau neuronaler Verbindungen und die Übernahme bestimmter
Funktionen durch unversehrte Hirnteile möglich ist.
Goldman et al.: Wiederholte Übungen in verschiedenen Bereichen
kognitiver und psychomotorischer Defizite verbessern diese
Funktionsbereiche bei alkoholabhängigen Patienten über die spontane
Verbesserungsrate hinaus. Ein Übungsfortschritt scheint jedoch
speziell für Gedächtnis und exekutive Funktionen schwieriger als für
andere Funktionsbereiche zu sein.
Seit den 8oer Jahren sind wiederholt Programme zur kognitiven
Remediation alkoholabhängiger Patienten mit dem Anspruch der
Generalisierung auf Abstinenz bzw. Substanzkonsum und
psychosoziale Anpassung vorgestellt worden.
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