Psychodynamische Grundlagen und ihre Anwendung im Bereich der Therapie Medizinische Psychologie Petra Beyer SS 06 Definition „Psychodynamik“ Sigmund Freud (1856-1939) Zusammenspiel bewusster und unbewusster Kräfte Psychische Determiniertheit menschl. Erlebens und Verhaltens Alles was wir tun, denken und fühlen hat immer eine Ursache oder ein Motiv, dessen wir uns i.d.R. nicht bewusst sind Entstehung von Krankheit = Folge eines unbewussten Konflikts Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Grundannahmen Duale Triebtheorie (innerpsychisch): 1. Lebenstrieb – Eros, die Libido 2. Todestrieb – Thanatos, Aggression, Destruktionstrieb bis zur Rückkehr zum Tod Der Charakter einer Person resultiert aus einem Kampf zwischen Gut und Böse Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Topographisches Modell Die 3 Instanzen bewusst vorbewusst unbewusst Das Bewusste stellt nur die Spitze des Eisberges dar Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Das „ES“ Primitive Motive und Triebe Dynamische Urkraft (Hunger, Sexual- und Aggressionstrieb) Der Ursprung eines neurotischen Konflikts Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Das „ICH“ reguliert zwischen innerer Tendenz (Hunger, Aggression, Sexualtrieb) + vermittelt mit der Außenwelt (Regeln, Werte) „Ich“ leitet die Fluchttendenz, Angsttendenz „Ich“ leitet die Abwehrmechanismen Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Das „ÜBER-ICH“ Ort der Zensur & Gewissen, Kultur, Normen Bildet sich über Normen, Regeln, Eltern etc. „Über-Ich“ leitet die Schuldgefühle => je stärker und strenger, desto schärfer die Ausprägung des Über-Ich Ich-Ideal der inneren Welt: wie wir sein müssen, damit das Über-Ich mit uns zufrieden ist Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Strukturmodell als Weiterentwicklung des topographischen Modells Triebenergie ES: „Trieb/Lustprinzip“ ICH: „Realitätsprinzip“ Regulation der Triebansprüche ÜBER-ICH: „Gewissen“ Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Triebbefriedigung mit der Umwelt Therapieziele Abbau Über-Ich (Gewissen) Stärkung Ich Erweiterung Es (Triebe) Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Das psychodynamische Konfliktmodell / Krankheitsmodell Krankheit ist in der PA Folge von Konflikten: aus der Diskrepanz zwischen inneren Bedürfnissen und Versagung dieser Bedürfnisse Intention Abwehr Affektsignal Schuld-Angst Scham-Angst Verletzungs-Angst Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Typische psychodynamische Konflikte: 1. Abhängigkeit versus Autonomie 2. Unterwerfung versus Kontrolle 3. Versorgung versus Autarkie 4. Selbstwertkonflikte 5. Schuldkonflikte 6. Ödipal-sexuelle Konflikte (Fehlen von Sexualität versus Übersexualisierung) 7. Identitätskonflikte Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Psychosexuelle Entwicklungslehre => wichtig zur Beurteilung einer Entwicklungsverzögerung 1. Verschiedene Entwicklungsphasen folgen aufeinander 2. Störung / Versäumnisse einer Phase, wirkt sich auf alle späteren aus Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Psychosexuelle Entwicklung Orale Phase (bis 1. Lebensjahr) Beziehung und Entwicklung wird über die Nahrungsaufnahme organisiert; Wünsche nach Geborgenheit und Liebe Lustbetontes Essen, Küssen etc.. Das Kind erfährt alles über den Mund Über Mund wird die Libido befriedigt Störung der oralen Entwicklung => depressive Struktur (Unentschlossenheit, Sucht, Überforderungsbereitschaft, Katastrophe bei Rückzug (bis zu Suizid), Enttäuschungsprophylaxe) Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Psychosexuelle Entwicklung Anale Phase (2. und 3. Lebensjahr) Die Beziehung und Entwicklung wird charakterisiert durch die Motorik und Sauberkeitserziehung; Wünsche nach Kontrolle, Macht und Besitz Lustvolles Behalten vs. Hergeben Störung der analen Entwicklung => zwanghafte Struktur (Bremsung dynamischer Impulse, Sicherheitsstreben, Schuldgefühle, Furcht vor Triebhaftem, Ordnungsstreben, Trotz statt Aggression) Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Psychosexuelle Entwicklung Phallische Phase (4. bis 6. Lebensjahr) Beginnende Geschlechtsidentifikation, Ödipuskomplex, Geltungswünsche Selbstbefriedigung über den Genitalbereich Ödipuskomplex: Todeswunsch gegenüber dem Rivalen als Person gleichen Geschlechts und sexueller Wunsch gegenüber der Person des entgegen gesetzten Geschlechts Störung der Realitätsneugier & Geschlechtsrollenfindung, misslungene Bewältigung des Ödipuskomplexes => hysterische Struktur, Phobien, Geltungssucht, Konkurrenz, Rollenspiel, Wunschweltdenken, Missachtung von Ursache und Wirkung Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Psychosexuelle Entwicklung Latenzphase (6. Bis 10. Lebensjahr) Verringerung der maifesten Sexualisierung Genitale Phase (ab 10. Lebensjahr) Reife Übernahme der Geschlechtsrolle Liebes- und Bindungswünsche Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Übersicht von Triebschicksalen Durch Frustration eines bestimmtes Triebes folgt eine mögliche Fixierung Oraler Charakter: Depression, Sucht Analer Charakter: Zwangserkrankung (Waschzwang, alles festhalten wollen z.B. Geiz) Ödipaler Charakter: Hysterie, Phobien, Geltungssucht Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Therapeutische Techniken Bewusstwerdung unbewusster Motivationen und Konflikte: 1. Freie Assoziation + Liegen 2. 3. Widerstandsdeutung /Traumdeutung Übertragungsneurose (als regressiver Prozess) 4. Pat. überträgt frühkindlich verdrängte Konflikte z.B. mit dem Vater Gegenübertragung 5. Löst regressive Prozesse aus Therapeut wird mit dem Ich des Kindes konfrontiert spürt z.B. Tendenz Patient als „Vater“ zu strafen Neudeutung im Hier und Jetzt Veränderung/Heilung beginnt dann beim Patienten, wenn er erlebt, dass der Therapeut anders reagiert als z.B. Bezugsperson. Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Abwehrmechanismen Fixierung Projektion Verleugnen Verdrängung Rationalisierung Intellektualisierung Askese Sublimierung Wendung gegen die eigenen Person Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Weitere Abwehrmechanismen Reaktionsbildung „Das Gegenteil kommt durch“ Eine Person beschreibt zunächst einen sie massiv kränkenden Konflikt mit ihrer Schwester, dann betont sie, wie sehr sie sich um das Wohlergehen der Schwester sorgt. Spaltung „Wenn gut und böse nicht zusammen finden“ Eine Person schimpft über ihre Freundin, mit der sie ständig auf Kriegsfuß stünde, ohne ihr etwas getan zu haben, später beteuert sie, diese Freundin über alles zu lieben und keinerlei Konflikte mit dieser zu verspüren. Projektive Identifikation „Wenn innere Maßnahmen nicht ausreichen“ Ein Patient kommt und sagt: “Heute muss ich pünktlich zum Zug“. Dann vergeht die Stunde, der P. kümmert sich nicht um die Zeit, der Th. macht auf die verbleibende Zeit aufmerksam und übernimmt damit unbewusst die Verantwortung. Der P. antwortet auf dieses Verhalten:“ Ich habe ja immer gewusst, dass sie mich loshaben wollen“ Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Abwehrniveaus: Reife Abwehr: Sublimierung, Verdrängung, Rationalisierung, Verschiebung Mäßig reife Abwehr: Verleugnung, Wendung gegen die eigene Person, Reaktionsbildung, Projektion Unreife Abwehr: Spaltung, projektive Identifizierung Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06 Die Weiterentwicklung der Psychoanalyse (Neofreudianer) Einbezug der: aktuellen sozialen Umwelt Lebenserfahrung nach Abschluss der psychosexuellen Entwicklung sozialen Motivation und interpersonellen Beziehungen Ich-Funktionen und Selbstkonzept Petra Beyer - Medizinische Psychologie SS06